PRAXISPROBLEME Bestandsschutz in Küche und Bad DIN VDE 0100-410 (VDE 0100-410) und DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701) FRAGE In einer Wohnung aus den frühen 60er Jahren wird das Bad im Zuge einer Renovierung komplett neu installiert. In die Küche sollen zusätzliche Steckdosen installiert werden. In der Unterverteilung sind Diazed-Sicherungen im Einsatz. Die Zuleitung ist folgendermaßen belegt: • Außenleiter schwarz, 4 mm2; • Erde gelb-grün 4 mm2 (für das Bad habe ich einen eigenen FI-Kreis aufgebaut). An die Erdung wurde zusätzlich die neue Wasserinstallation und Duschwanne angeschlossen. Was mir komisch vorkommt ist, dass in der UV der blaue Draht nicht verwendet wird, der gelb-grüne ist also stromführend. Auch für die Deckenbeleuchtung wurde der schwarze und der gelb-grüne Draht verwendet. Ist das zulässig? Darf ich in der Küche eine bestehende Steckdose um zwei zusätzliche Steckdosen erweitern? H. H., Bayern de 19 /2008 Altanlage mit »klassisch« genullten Stromkreisen, d. h. mit PEN-Leiter < 10 mm2. PEN-Leiter ist mit den Schutzkontakten verbunden, von denen eine Brücke zur Neutralleiteranschlussstelle führt. Im Verteiler muss dieser Leiter an die PENSchiene angeschlossen sein. grauer PEN »klassische Nullung« mit grüngelbem PEN-Leiter (PEN < 10 mm2) vorhandener Abgang, aber schon PE und N getrennt PEN Abzweigdose Neue Anlage Aufteilung, vorzugsweise auf mind. zwei Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD), vorhandene TN-S-Abgänge sollten mit einbezogen werden IΔN IΔN N PEN Gestrichelt dargestellte Leiter bei Drehstromausführung Blauen Leiter nur auf isolierte Klemme führen Zuleitung, blauer Leiter wird erst bei Umstellung der gesamten elektrischen Anlage verwendet Bild 1: Mögliche Ausführung des Verteilers mit alten und neuen Anlageteilen und dem – zumindest für Steckdosen bis 20 A und Räume mit Badewanne oder Dusche – geforderten zusätzlichen Schutz durch Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) mit einem Bemessungsdifferenzstrom von ≤ 30 mA 17 ANTWORT Altanlage mit klassischer Nullung Ich gehe davon aus, dass die elektrische Anlage nicht in der kompletten Wohnung neu errichtet wird. Somit ergibt sich in der Wohnung eine Mischtechnik aus klassisch genullten Stromkreisen (stromführende Nullung bzw. TN-C-Abgänge) und TN-S-Abgängen. Die Elektrofachkraft, welche seinerzeit die Zuleitung zur Unterverteilung verlegte, handelte richtig, weil bisher am Unterverteiler (nur) TN-C-Abgänge angeschlossen sind. Somit musste diese Elektrofachkraft den grün-gelben Leiter als PEN-Leiter verwenden und den blauen Leiter unbenutzt lassen (Bild 1). Hier noch ein Hinweis zur farblichen Gestaltung gemäß Bild 1: Die Farben Braun, Schwarz und Grau im Verteiler für Außenleiterschienen und bei den Aderleitungen für die Außenleiter sind so nicht in VDE gefordert, jedoch zulässig. Für neue Kabel / Leitungen außerhalb des Verteilers müssen jedoch diese Farben verwendet werden. Auch wenn nun ein Teil der elektrischen Anlage nach den heute gültigen Normen neu errichtet wird (alle neuen Stromkreise werden normgerecht als TN-S-Abgänge ausgeführt), aber im Unterverteiler noch TN-C-Abgänge angeschlossen bleiben, bleibt auch weiterhin nur die Möglichkeit, auch die Zuleitung so zu belassen, d.h. als TN-CZuleitung. Damit wird der grün-gelbe Leiter (auch wenn sein Querschnitt kleiner als 10mm2 ist) weiterhin als PEN-Leiter verwendet werden müssen. Der blaue Leiter bleibt bis auf Weiteres (bis zur vollständigen Umstellung der gesamten elektrischen Anlage) ohne Funktion und ist vorzugsweise auf eine isolierte Klemme zu führen. Erst wenn die elektrische Anlage vollständig auf ein TN-S-System umgestellt ist, wird auch der blaue Leiter als Neutralleiter verwendet. Der grün-gelbe Leiter darf dann nur noch als Schutzleiter verwendet werden. Hierzu noch folgender Hinweis: Nach der Aufteilung in N und PE im Verteiler dürfen beide Leiter nicht mehr miteinander verbunden und der N darf nicht mehr geerdet werden. Daher ist bis auf Weiteres ein PEN-Leiter zu verwenden. Teilerneuerungen von Altanlagen sind möglich Vom Grundsatz her ist es zulässig und möglich, einige Anlagenteile nach neueren Normen zu ertüchtigen und andere Anlagenteile in ihrer bisherigen Ausführung zu belassen. Dass die Altanlagen nach gültigen Normen errichtet wurden, setze ich voraus. Genauso wie die Altanlage keine signifikanten Schäden (z. B. zu geringer Isolationswiderstand) aufweisen darf. Altanlage mit »klassisch« genullten Stromkreisen, d. h. mit PEN-Leiter < 10 mm2. PEN-Leiter ist mit den Schutzkontakten verbunden, von denen eine Brücke zur Neutralleiteranschlussstelle führt. Im Verteiler muss dieser Leiter an die PENSchiene angeschlossen sein. grauer PEN »klassische Nullung« mit grüngelbem PEN-Leiter (PEN < 10 mm2) vorhandener Abgang, aber schon PE und N getrennt Hinweise zur RCD Neue Anlage PEN Abzweigdose Aufteilung, vorzugsweise auf mind. zwei Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD), vorhandene TN-S-Abgänge sollten mit einbezogen werden IΔN IΔN PEN Gestrichelt dargestellte Leiter bei Drehstromausführung Blauen Leiter nur auf isolierte Klemme führen Zuleitung, blauer Leiter wird erst bei Umstellung der gesamten elektrischen Anlage verwendet Bild 2: Mögliche Variante mit nur einer PEN-Schiene, an welcher sowohl die Schutzleiter als auch die PEN- und Neutralleiter angeschlossen werden 18 Die PEN-Leiter (grün-gelber Leiter mit 4 mm2) der Zuleitung muss auch bei der Teilsanierung an eine PENSchiene / Klemme angeschlossen sein (Bild 1). Von der PEN-Schiene / den PENKlemmen muss eine N-Schiene / NKlemme für die neuen Abgänge (mit getrenntem Neutralleiter und Schutzleiter) abgezweigt werden. Bei Einsatz von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) für die neuen Abgänge müssen die abgehenden Neutralleiter sowieso hinter den jeweiligen RCDs angeschlossen werden. Somit kann man ggf. auf diese getrennte N-Schiene / N-Klemmen verzichten. Die Neutralleiter, die über die RCDs geführt werden, dürfen schließlich auch direkt an die PENSchiene / PEN-Klemmen angeschlossen werden (Bild 2). Für die TN-S-Abgänge (insbesondere für die neuen Anlagenteile mit Steckdosen) müssen Sie eine (besser zwei oder mehrere) RCD mit einem Bemessungsdifferenzstrom von ≤ 30 mA im Verteiler errichten. Hinweis: Theoretisch wäre auch ein Schutz in der Steckdose (Fehlerstrom-Schutzschalter in einer Baueinheit mit einer Steckdose) möglich. Dies ist aber nur sinnvoll, wenn die Kabel nicht gewechselt werden und nur zwei Adern enthalten. In solchen Fällen muss jedoch der Schutz durch automatische Abschaltung der Stromversorgung am Stromkreisanfang durch eine andere Schutzeinrichtung – z. B. eine Sicherung, unter Beachtung der geänderten Abschaltzeiten für fest angeschlossene Verbraucher – erreicht werden. Der Bemessungsdifferenzstrom von ≤ 30 mA ergibt sich durch die Forderung für Steckdosen bis 20 A aus der neuen DIN VDE 0100-410 (VDE 0100410):2007-06. Weiterhin aus der Forderung von DIN VDE 0100-701 (VDE 0100701):2002-02, in der es für Stromkreise zur Versorgung von elektrischen Verbrauchsmitteln (ausgenommen Wassererwärmer) in Räumen mit Badewanne oder Dusche ebenfalls eine solche Anforderung gibt. Die restlichen neuen Stromkreise, z. B. für einen reinen Lichtstromkreis (außerhalb von Räumen mit Badewanne oder Dusche), für die es noch keine Forderung nach RCD gibt, sollten vorzugsweise mit über die RCD geführt werden. Anderenfalls sollte eine zusätzliche RCD dafür vorgesehen werden. Altabgänge de 19/2008 PRAXISPROBLEME mit PEN-Leitern dürfen nicht – auch nicht zur Schutzpegelerhöhung – über die RCD geführt werden. Bitte beachten Sie, dass für die neu hinzugefügten Steckdosen bis 20 A in der Küche seit 1.6.2007 ebenfalls ein zusätzlicher Schutz durch RCD mit einem Bemessungsdifferenzstrom von ≤ 30 mA gefordert wird. Entweder lässt sich der gesamte Stromkreis (Schutzund Neutralleiter sind getrennte Leiter) durch die geforderte RCD schützen, oder bei einer Zweileiterzuleitung (d. h. mit PEN) muss dieser Schutz – unter Beachtung des notwende 19 /2008 digen Fehlerschutzes – durch die oben im Hinweis erwähnten FehlerstromSchutzschalter in einer Baueinheit mit einer Steckdose erfüllt werden. Geänderte Anforderungen beim Schutzpotentialausgleich beachten Außerdem sei darauf hingewiesen, dass ein zusätzlicher Schutzpotentialausgleich (bisher zusätzlicher Potentialausgleich) an der leitfähigen Badewanne / Duschwanne seit 1.2.2002 nicht mehr gefordert ist. Nur noch be- stimmte leitfähige Teile, die in den Raum mit Badewanne oder Dusche eingeführt werden, müssen in den zusätzlichen Schutzpotentialausgleich einbezogen werden. Hierzu lohnt sich ein Blick in die DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701):2002-02. Dieser Schutzpotentialausgleich muss auch mit den Schutzleitern – vorzugsweise im Verteiler – verbunden werden. Abschlusshinweis: In der nächsten »de«-Ausgabe beschreibe ich die Variante eines TN-S-System in Kombination mit TN-C-Abgängen. W. Hörmann 19