Praxisprobleme Fehler bei der Versorgung von Motorantrieben an Außenrollläden aus Metall DIN VDE 0100-701 (VDE 0100-701), DIN VDE 0100-753 (VDE 0100-753), DIN EN 60335-2-96 (VDE 0700-96) Problem Ich bin Elektroinstallateur. Von meinem örtlichen Rollladenbauer habe ich für mein eigenes Haus ein Außenrollo mit Rohrmotor geliefert bekommen. Mein Haus ist schon nach dem TT-System installiert. Es ist also eine Schutzerdung vorhanden. Die Außenrollos bestehen aus Aluminium. Der Motor wurde lediglich über ein dreiadriges Kabel mit der Netzspannung versorgt. Normal wäre eine vieradrige Ausführung mit Schutzleiter. Als Adernfarben sind vorgesehen Schwarz und Braun für Links- / Rechtslauf und der Neutrallleiter in blau. Das Rollo wird über einen AufputzJalousieschalter angesteuert. Die Spannungsversorgung erfolgt aus einer UPSteckdose unter dem Fenster heraus. Der Anschluss soll über einen Schukostecker realisiert werden. Leider habe musste ich feststellen, dass der Neutrallleiter auf das Gehäuse geklemmt wurde, d. h. es liegt eine Ausführung in klassischer Nullung vor. Das Gehäuse steht nach Drehen des Netzsteckers natürlich unter Spannung. Ebenso wäre das bei Unterbrechung des Neutrallleiters der Fall. www.elektro.net 1) Dürfen heutzutage noch Geräte ausgeliefert werden, die mit klassischer Nullung geschützt sind? 2) Müssen nachträglich eingebaute Rollos, für die ja kein eigener Stromkreis vorhanden ist, fest angeschlossen werden? Ist dies – so wie in meinem Fall – erlaubt, an eine vorhandene Schuksteckdose über Schukostecker anzuschließen? A. F. expertenAntwort Schutzklasse I erfordert Schutzleiter Ob der Rollladen oder die Rollladenwelle aus Metall besteht, hat nur bedingt Einfluss darauf, ob ein Schutzleiter notwenig ist. Aber ein Schutzleiter wird grundsätzlich für jedes Betriebs- / Verbrauchsmittel der Schutzklasse I benötigt, wenn im versorgenden Stromkreis der Schutz durch automatische Abschaltung zur Anwendung kommt. Diese gilt auch für die früher zulässige Nullung und somit auch für die klassische Nullung, bei der ein gemeinsamer Schutzleiter und Neutralleiter (auch bei Querschnitten kleiner 10 mm2) zur Anwendung kam. Selbst für einen Motorantrieb in der Ausführung mit doppelter oder verstärk­ ter Isolierung (Schutzklasse II) muss seit 2007 ein Schutzleiter zu den Betriebs- / Verbrauchsmitteln mitgeführt und an eine Klemme angeschlossen werden. Lebensgefährliche Konstellation Vollkommen inakzeptabel ist jedoch das Vorgehen des Rolladenbauers, an der Anschlussstelle des Rollladens einen Schutzkontaktstecker vorzusehen und den Neutralleiter auf das Motorgehäuse zu klemmen. Schon bei der klassischen Nullung war es nicht erlaubt, in einer beweglichen Anschlussleitung mit Stecker einen PENLeiter mitzuführen, d. h. hier mussten Schutzleiter und Neutralleiter schon immer als getrennte Leiter ausgeführt werden. Es läuft einem kalt den Rücken herunter, wenn man sich vorstellt, dass jemand – z. B. die Hausfrau – den Stecker »gedreht« in die Steckdose einführt. Schließ- 23 Praxisprobleme lich kann ein solches Vorgehen nicht ausgeschlossen werden. Somit stehen, so wie auch Sie angeführt haben, die gesamten leitfähigen Teile unter Spannung. Solchen Leuten sollte man das Handwerk legen, wie man bei uns in Franken so schön sagt. Zu Frage 1 Die Antwort zu dieser Frage muss unterteilt werden. Elektrische Betriebsmittel der Schutzklasse I mussten schon immer getrennte Anschlussstellen für Schutzleiter und Neutralleiter aufweisen. Bei steckerfertigen Betriebsmitteln / Verbrauchsmitteln der Schutzklasse I ist immer ein Stecker mit Schutzkontakt notwendig. Außerdem muss eine Anschlussleitung mit getrenntem Schutzleiter und Neutralleiter vorhanden sein. Anders ist das beim versorgenden Stromkreis. Sofern zum Zeitpunkt der Errichtung die klassische Nullung (Zweidrahtnullung) zulässig war, darf dieser Stromkreis weiter verwendet werden, sofern nicht andere Punkte – z. B. ein zu geringer Isolationswiderstand – dagegen sprechen. Beim Anschluss an eine Steckdose muss dieser »PEN-Leiter« (früher Nullleiter) zuerst an den Schutzleiteranschluss und dann an den Neutralleiteranschluss geführt werden. 24 Auch bei fest angeschlossenen Betriebs- / Verbrauchsmitteln darf analog so verfahren werden. Fakt ist, wenn man diese Anschlussfolge beachtet, kann es nur sehr bedingt zu einer Gefährdung kommen. Sie tritt dann auf, wenn es bei diesem PEN-Leiter mit kleinem Querschnitt in der fest errichteten elektrischen Anlage zu einer Unterbrechung kommt. Ein Fehler, der zwar äußerst selten vorkam / vorkommt, der aber nicht ausgeschlossen werden kann. Dies war letztlich auch der Grund, dass man in Neuanlagen seit 1973 die klassische Nullung nicht mehr erlaubt hat. Und man sollte bedenken, dass auch in Neuanlagen mit einer Unterbrechung des Schutzleiters gerechnet werden muss. Allerdings ist hierbei eine Gefährdung erst gegeben, wenn auch noch gleichzeitig ein Körperschluss aufgetreten ist. Zu Frage 2 Diese Frage lässt sich nicht eindeutig beantworten. Ein Verbot hierfür – sofern Schutzleiter und Neutralleiter als getrennte Leiter ausgeführt sind – gibt es in den Normen der Reihe DIN VDE 0100 (VDE 0100) nicht. Auch die Betriebsmittelnorm DIN EN 60335-2-97 (VDE 0700-97):2007- 02 enthält kein Verbot. Ob ein Anschluss über Stecker überhaupt praktikabel ist, sei dahingestellt. Letztlich müsste ja dann der Schalter für »Auf / Ab« in diese Konfigura­ tion integriert sein. Ich persönlich halte einen Festanschluss für notwendig. Veraltete Begriffe führen zu Missverständnissen Lassen Sie mich bitte zum Schluss noch auf folgende von Ihnen getätige Aussage eingehen »Mein Haus ist schon nach dem TT-System installiert. Das heißt Schutzerdung ist vorhanden.« Mir ist nicht klar, was Sie damit zum Ausdruck bringen wollen. Einerseits müssen die Schutzmaßnahmen »Schutz durch automatische Abschaltung« gleichwertig sein, d. h. es darf keine der Schutzmaßnahmen unsicher sein. Ich persönlich bin ein Anhänger des TN-Systems, da es sich insbesondere im industriellen Bereich das TTSystem kaum eignet, bzw. es können dafür aufwändige Maßnahmen notwendig sein. Der Begriff Schutzerdung wird nicht mehr für eine Schutzmaßnahme, so wie etwa in früheren Zeiten, verwendet. Werner Hörmann de 23 – 24.2012