- Das Forschungsprojekt.

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U. Ammon / H. Martens
www.standortkonflikte.de
Gewerkschaften und Nachhaltigkeit – Das Beispiel der IG
Bauen-Agrar-Umwelt
Abstract:
Der folgende Beitrag diskutitiert zentrale Befunde einer empirischen Untersuchung zum Thema „Gewerkschaften und Nachhaltigkeit“ im Kontext aktueller Debatten um eine Erneuerung
der Gewerkschaften, die gegenwärtig eher auf klassische Politikfelder und, angelsächsische
Erfahrungen ausgreifend, auf neue Ansätze zur Rekrutierung von Mitgliedern fokussiert
ist.. Am Beispiel der IG Bauen-Agrar -Umwelt fragen wir zunächst, ob und wie sie in ihrer
eigenen politischen Krise angesichts tiefgreifender gesellschaftlicher Umbrüche einen Nachhaltigkeitsdialog entfalten und zur Rückgewinnung arbeits- und gesellschaftspolitischen
Handlungspotentials nutzen konnte. Dazu werden zentrale Dimensionen von Nachhaltigkeit diskutiert und konzeptionell und empirisch im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit für eine
zu erneuernde gewerkschaftliche Arbeitspolitik untersucht. Vom exemplarischen Einzelfall
ausgehend werden Fragen der Übertragbarkeit von Erfahrungen erörtert und Bezüge zur aktuellen Debatte um eine Revitalisierung der Gewerkschaften hergestellt. Die Analyse zeigt,
dass Nachhaltigkeit als Element einer programmatisch erneuernden Antwort auf die politische Krise der Gewerkschaften, diesen Diskurs über eine Revitalisierung von Gewerkschaften
durchaus befruchten kann.
Der folgende Beitrag beruht auf Ergebnissen des Forschungsprojekts „Gewerkschaften und Nachhaltigkeit“
(Ammon u.a. 2006), das, von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert, vom Herbst 2004 bis zum Sommer 2006 an
der sfs Dortmund durchgeführt worden ist. Der Untersuchung liegen - auf Basis von Sekundär- und Dokumentananalysen sowie qualitativen Interviews mit haupt- und ehrenamtlichen Funktionären in der Vorstandsverwaltungund in ausgewählten dezentralen Organisationsgliederungen - zum einen eine differenzierte Analyse
praktischer gewerkschaftlicher Handlungsansätze im Bereich von Nachhaltigkeit sowie organisationspolitischer Reaktionen der zunehmenden Mitgliederkrise seit Mitte der 1990er Jahre zugrunde, zum anderen eine
Analyse des von der IG BAU im Zuge dieser Organisationsentwicklung angestrebten internen Nachhaltigkeitsdialogs zugrunde.
1.
Einleitung
Der folgende Beitrag nimmt Ergebnisse eines gerade abgeschlossenen Forschungsprojekts
zum Thema „Gewerkschaften und Nachhaltigkeit“ zum Anlass, zentrale Befunde dieser Untersuchung auf die aktuelle gewerkschaftssoziologische Diskussion zu beziehen, um hier unterschiedliche Diskussionsstränge innovativ miteinander zu verknüpfen. Schon die Verknüpfung von Gewerkschaften und Nachhaltigkeit ist alles andere als selbstverständlich. Aktuelle
Debatten um eine Erneuerung der Gewerkschaften sind eher arbeitspolitisch fokussiert (Detje u.a. 2005, Sauer 2005), oder sie orientieren sich, wie die angelsächsische Diskussion um ein
„union renewal“ (Arbeitsgruppe Strategic Unionism 2006, Hälker, Vellay 2006) v.a. auf unterschiedliche Organizing-Konzepte. Die Fragen, von denen wir im folgenden ausgehen, zielen
zum einen auf Nachhaltigkeit – in der Tradition von Nachhaltigkeitsforschung an der sfs (Ammon 2003) - als vielleicht die zentrale Herausforderung für die fortgeschrittenen westlichen
Gesellschaften, zum anderen – in der Tradition der Gewerkschaftsforschung des Instituts
(Martens 1992, 2005 und 2007) - darauf wie Gewerkschaften angesichts ihrer eigenen tiefen
politischen Krise mit dieser gesellschaftspolitischen Herausforderung umgegangen sind und
umgehen können.
Wir beginnen mit einigen konzeptionellen Überlegungen zu Gewerkschaften und Nachhaltigkeit (Kapitel 2) und diskutieren dann Nachhaltigkeit als zugleich Herausforderung und
Chance für Gewerkschaften angesichts ihrer eigenen institutionellen und politischen Krise im
Epochenbruch (Martens 2005, Scholz u.a. 2006) im Zeichen eines „neoliberalen Einheitsdenkens“ (Bourdieu) bzw. einer „finanzmarktgetrieben Globalisierung“ (Zinn 2004) (Kapitel 3). Im
nächsten Schritt geht es um ökologische, soziale, ökonomische und institutionelle Nachhaltigkeit als die zentralen Dimensionen eines entfalteten Nachhaltigkeitsbegriffs im Hinblick
auf dessen Zugänglichkeit für gewerkschaftliche Arbeitspolitik (Kapitel 4). Darauf folgen einige zentrale Befunde unserer aktuellen Untersuchung zum Nachhaltigkeitsdialog der IG BAU,
die wir innerhalb ihres spezifischen zeitgeschichtlichen Kontextes interpretieren. Hier ist zu
beachten, dass die Nachhaltigkeitsinitiativen der IG BAU seit der zweiten Hälfte der 1990er
Jahre eben nicht in eine Zeit ökologischer Erneuerung (etwa nach Rio 1992) fielen, sondern in
eine Zeit einer neoliberalen Uminterpretation von Nachhaltigkeit (Kapitel 5). Ein erster vertiefender Analyseschritt führt uns zu der Frage, was aus den Erfahrungen zu lernen ist, die die
IG BAU gemacht hat – im Hinblick auf ihre Übertragung auf andere Gewerkschaften und unter der Annahme, dass Nachhaltigkeit im Sinne einer ökonomisch tragfähigen ökologischen
und sozialen Modernisierung eher wieder wachsende Bedeutung erlangen wird (Kapitel 6).
Abschließend beziehen wir uns auf die aktuelle Diskussion um eine mögliche Erneuerung
von Gewerkschaften, die ihre Impulse bislang v. a. aus angelsächsischen Debatten erhält. Wir
möchten zeigen, dass Nachhaltigkeit als Element einer programmatisch erneuernden Antwort auf die politische Krise der Gewerkschaften, diesen Diskurs über eine Revitalisierung von
Gewerkschaften durchaus befruchten kann (Kapitel 7).
2.
Der gesellschaftliche Nachhaltigkeitsdiskurs als gewerkschaftliche Herausforderung und Chance
Im Hinblick auf die Entwicklung von industriellen Beziehungen und Gewerkschaften gewinnt
angesichts der tiefgreifenden Umbrüche im Ausgang des fordistischen Regulationsmodells
kapitalistisch verfasster industrieller Arbeitsgesellschaften (Aglietta 1993, Castel 2000, Dörre/Röttger 2003) die Hypothese eines wirklich epochalen Bruchs zunehmende Plausibilität.
Sie wird zunehmend in unterschiedlichen einzeldisziplinären Bezügen vertreten und erweist
sich als sehr fruchtbar (Wiesenthal 1998, Bauman 2003; Altvater 2006, Scholz u.a. 2006, Negt
2006, Martens 2007). Sie impliziert zugleich die Annahme, dass wir es im jeweiligen nationalstaatlichen Rahmen mit tiefgreifenden Krisenphänomenen in Bezug auf die tragenden Institutionen der „institutionell verfaßten Arbeitsgesellschaft(en)“ (v. Ferber 1961) zu tun haben.
Die Gewerkschaften sind hiervon massiv betroffen. Dies bedeutet u. a., dass auch ihre überkommenen institutionellen Leitideen, die einmal einen „Dreiklang“ von „(Erwerbs)Arbeit,
Fortschritt und Glück“ (Martens u. a. 1984) versprochen haben, zunehmend erschöpft sind.
Konzepte und Strategien einer nachhaltigen Entwicklung als Transformationsaufgabe gewinnen vor diesem Hintergrund ihren Stellenwert.
Wir verstehen nun Nachhaltigkeit, anknüpfend an die im Projekt „Vision 2020“ herausgearbeiteten Kriterien (Spangenberg 2003), als ein relativ gleichgewichtig zu verknüpfendes
Bündel von ökologischen, sozialen, ökonomischen und institutionellen Kriterien von hoher
Bedeutsamkeit für zukunftsfähige Leitbilder gesellschaftlicher Entwicklung. Nachhaltigkeit
meint dabei nicht ein (wissenschaftlich) bestimmtes Verständnis der hiermit umrissenen
Themenfelder sondern spezifische Herangehensweisen zu deren (Um)Gestaltung, die jeder
gesellschaftliche Akteur für sich bestimmen muss. Nachhaltigkeit verstehen wir also als ein
Gestaltungskonzept. Auf Basis wissenschaftlicher Arbeit können dazu Vorschläge entwickelt
und Schwächen in den gewählten Politiken hervorgehoben werden. Unter den hier gegebenen
Bedingungen weitgehender Entlastung von Handlungsdruck sind dies möglicherweise auch
Vorschläge von hoher Konsistenz. Es wird aber immer so sein, dass unterschiedliche (institutionelle) Akteure in den gesellschaftlichen Diskursen Nachhaltigkeit aus ihren je spezifischen
Handlungszwängen und -logiken heraus in unterschiedlicher Weise fassen, wobei sie Impulse
aus dem gesellschaftlichen wie auch wissenschaftlichen Diskurs aufgreifen und umgekehrt
den gesellschaftlich-politischen Diskurs zu beeinflussen versuchen werden – etwa über die
Formulierung entsprechender Leitbilder und Handlungsstrategien. Alles spricht dafür, dass
wir in entsprechenden Prozessen tagespolitischer Auseinandersetzungen und alltäglicher
Lebenspraxis auf weniger konsistente Konzepte, auch auf Brüche und Widersprüche stoßen
werden.
Vgl. zum Begriff der Leitidee im Rahmen des politikwissenschaftlichen institutionentheoretischen Diskurses
vgl. zuletzt Rehberg 1994.
Im Unterschied zum institutionentheoretisch definierten Begriff der Leitidee (Hauriou 1925/1965) als gestaltendem Zugriff weitgehend entzogene „motivierende Bindung und Verpflichtungsgefühle schaffende Vergegenwärtigung eines möglichen Ordnungssinns (Rehberg 1994,69) zielt der eher der Organisationssoziologie
entstammende Begriff des Leitbildes auf die planvolle Entwicklung und Durchsetzung der Geltungsstabilisierung einer Ordnung.
Weiterhin gehen wir davon aus, dass die uns interessierende Gewerkschaft, die IG BAU, als ein
solcher Akteur nur dann gesteigerte Chancen hat, sich im gesellschaftlich-politischen Diskurs
um Nachhaltigkeit wirksam zu positionieren, wenn es ihr gelingt, ihr Leitbild von Nachhaltigkeit im Rahmen eines internen dialogischen Prozesses zunehmend zu konturieren und zu
schärfen. Ein solcher dialogischer Prozess wiederum läßt sich wohl nur als Teil eines Organisationsentwicklungsprozesses denken.
•
Wir verstehen einen solchen Organisationsentwicklungsprozess im Sinne des Konzepts der lernenden Organisation. Er soll, systemtheoretisch formuliert, dazu verhelfen, eine Organisation an zunehmend turbulentere und dynamischere Umwelten aktiv anzupassen (Epskamp 2003).
•
Wir gehen, mit H. Epskamp, davon aus, dass sich systemtheoretisch gefasste Konzepte von Organisationsentwicklung auch auf Gewerkschaften anwenden lassen, auch
wenn diese sich von Wirtschaftsorganisationen, für die solche Konzepte ursprünglich
entwickelt wurden, erheblich unterscheiden. Allerdings sind die spezifischen Probleme zu beachten, die sich aus dem Charakter von Gewerkschaften als institutionell
befestigten freiwilligen Mitgliederorganisationen von zugleich bürokratischem und
politischem Charakter ergeben (vgl. Zech 1998, Martens 2005, 105-126).
•
Organisationsentwicklung als durchgreifende und nachhaltige Veränderung ist für
Gewerkschaften eine immense Herausforderung, wie der Blick auf gewerkschaftliche
OE-Prozesse in der Bundesrepublik Deutschland während der 1990er Jahre eindrücklich belegt..Soweit sich empirisch gesicherte Vergleiche anstellen lassen, kann man
in diesem Zusammenhang aber sagen, dass die IG BAU auf diesem Feld beachtliche
Anstrengungen unternommen hat.
•
Im Rahmen eines gewerkschaftlichen Organisationsentwicklungsprozesses halten
wir es im Hinblick auf das uns interessierende Thema für zentral, ein Verständnis von
Nachhaltigkeit als neuem Leitbild im Wege eines Dialogs zu entwickeln und zugleich
zu implementieren. Dialog verstehen wir dabei, allgemein formuliert als einen Prozess bei dem „verschiedene Inhaber von zweifelhaften und bezweifelten Informationen bei vertieftem Austausch eine neue Information zu erlangen“ versuchen (Peter
1997,18).
Damit ist konzeptionell ein ausgesprochen anspruchsvoller Rahmen zur Bewertung der Praxis
der von uns ausgewählten Gewerkschaft aufgespannt. Es ist von vornherein davon auszugehen, dass das praktische Handeln gesellschaftlicher Akteure solchen Maßstäben nicht entsprechen wird. In unserem Fall, also bei der Praxis von Menschen im institutionellen Handlungsrahmen einer Gewerkschaft, gibt es spezifische, institutionell ausgeprägte Handlungslogiken
und –zwänge, die nicht einfach übersprungen werden können – selbst dann nicht, wenn die
Die sind in den 1990er Jahren allerdings nur wenig beforscht worden (vgl. aber Fröhlich u.a. 1996, Frerichs/
Martens 1999, Martens 2005).
. Dies unterscheidet den Dialog vom Diskurs. Er „ bewahrt Informationen auf, verbindet sie im kulturellen Zusammenhang, verbreitet aber auch Informationen, kumuliert sie und treibt sie in der Zeit voran“ (Peter 1997,
18).
gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen für die Implementation eines neuen Leitbildes
relativ günstig sind, wie es die Akteure auf Seiten der IG BAU um die Mitte der 1990er Jahre
erwartet hatten. Tatsächlich waren sie aber mit wachsenden Widerständen und mit zusätzlichen, neuen Herausforderungen konfrontiert, die die Entfaltung eines Nachhaltigkeitsdialogs
erschwert haben. Im Anschluss an unsere konzeptionellen Ausgangsüberlegungen begnügen wir uns zunächst mit vier Thesen:
1.
Gewerkschaften als freiwillige Mitgliederorganisationen, deren Handeln vorrangig
auf die arbeitspolitische Gestaltung des Systems der Erwerbswirtschaft gerichtet ist,
können mit Nachhaltigkeit nicht so umgehen, wie z. B. NROs wie etwa Greenpeace.
Unterschiedliche Handlungslogiken spielen hier ihre Rolle. Für eine Gewerkschaft
gilt, dass sie für die Durchsetzung von Interessen im Zweifel vor allem ihre Mitglieder mobilisieren können, dann aber zugleich auch auf die Suche nach Kompromissen
orientiert sein muss. Das macht bestimmte dezentrale Beteiligungsstrukturen zwingend erforderlich, ohne die die Verbindlichkeit der gefundenen Kompromisse nicht
garantiert werden kann. Eine NGO wie Greenpeace ist eine One-Issue-Organisation.
Sie will nach dem Muster erfolgreicher Kampagnenpolitik öffentliche Wirkungen erzielen. Das legt eine starke zentrale Steuerung nahe. Die dezentralen Gliederungen
benötigen in deren Rahmen wenig Spielräume und die angestrebten Ziele können
kompromisslos verfolgt werden. Das gilt gerade auch für eher langfristige Ziele einer
nachhaltigen (Um)Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft, die wiederum für Gewerkschaften auch deshalb schwerer zu handhaben sind, weil diese für gewöhnlich
auf Ergebnisse für ihre Mitglieder aus sein müssen, die in kurzer Frist greifbar sind.
.
Um sich im gesellschaftlich-politischen Nachhaltigkeitsdiskurs wirkungsvoll zu positionieren, brauchen Gewerkschaften Leitbilder, die mit Konzepten von Nachhaltigkeit
angereichert sind. Solche Leitbilder lassen sich nur über dialogische Prozesse in den
Gewerkschaften selbst implementieren, die mit Prozessen der Organisationsentwicklung verknüpft sind. Gleichzeitig können Gewerkschaften aber auch mit Organisationsentwicklung nicht so umgehen wie Wirtschaftsorganisationen, für die entsprechende Konzepte ursprünglich entwickelt wurden. Ihr Doppelcharakter als bürokratische und politische Organisation (vgl. Zech 1998) steht dem entgegen.
.
Wenn Gewerkschaften bei allen diesen komplizierten Voraussetzungen gleichwohl
versuchen wollen, das Thema Nachhaltigkeit offensiv selbst zu besetzen, müssen
sie die Bedingungen, die in den beiden ersten Thesen angedeutet worden sind, berücksichtigen. Ihre Handlungsspielräume werden zugleich durch die Entwicklung des
allgemeinen gesellschaftlich-politischen Nachhaltigkeitsdiskurses wesentlich beeinflusst. Angesichts des neoliberalen Rollbacks in den „verlorenen“ 1990er Jahren muss
deshalb jeder denkbare Versuch, ein relativ emphatisches Meta-Leitbild von Nachhaltigkeit zu entwickeln und zu implementieren, unweigerlich an Grenzen stoßen.
4.
Die Ergebnisse der entsprechenden vielfältigen Anstrengungen der haupt- und ehren-
Zu den Gründen vgl. die Ausführungen in Kapitel 4
amtlichen Funktionäre der IG BAU sind nur unter Berücksichtigung der in den Thesen
eins bis drei umrissenen Überlegungen angemessen zu bewerten. Eine vierte These
lautet demzufolge, dass Nachhaltigkeit für Gewerkschaften sehr wohl in spezifischer
Weise zu handhaben ist und neue Chancen für arbeitspolitische Gestaltungsansätze
eröffnen kann, gerade weil die alten Leitideen oder Visionen der in der alten und vergangenen Arbeiterbewegung wurzelnden Gewerkschaften immer weniger tragen.
3.
Die zentralen Dimensionen von Nachhaltigkeit und ihre Zugänglichkeit für gewerkschaftliche Politik
Der ökologische Diskurs (beginnend mit den „Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome)
impliziert auch eine Stoßrichtung gegen das für die westliche Moderne (und auch für die
Arbeiterbewegung) prägende Fortschrittsparadigma („(Erwerbs)Arbeit-Technik-Fortschritt“
(Kreibich 1986 und 1997, Altvater 2006a)). Nachhaltigkeit, auch im Sinne der Argumentation
der Brundtlandkommission, ist vor diesem Hintergrund für Gewerkschaften als „Kindern des
Fordismus“ (Frerichs 2001) einerseits „sperrig“, weist aber andererseits doch unmittelbare
Anknüpfungspunkte auf. Sie ist sperrig, weil sie quer zu dem Fortschrittsparadigma steht, das
gerade auch die Gewerkschaften, als Teil der alten, vergangenen Arbeiterbewegung, ursprünglich in hohem Maße prägte („mit uns zieht die neue Zeit“). Sie bietet Anknüpfungspunkte,
weil soziale Nachhaltigkeit und Solidarität, insbesondere im Nord-Süd-Verhältnis, eine bedeutende Rolle spielen. Viele gewerkschaftliche Aktivitäten in den klassischen Handlungsfeldern
der Tarif-, Betriebs- und Sozialpolitik lassen sich unschwer unter dem Label der sozialen Nachhaltigkeit präsentieren und – im Falle einer systematischen Berücksichtigung entsprechender
Kriterien als Elemente einer übergreifenden Nachhaltigkeitspolitik konzipieren und arbeitspolitisch vertreten. Gerade in Zeiten, in denen eine wuchernde neoliberale Marktgesellschaft
immer mehr Elemente des Ordnungsrahmens im Interesse einer „Entgrenzung von Arbeit“
und mit der Forderung nach unternehmerischen Freiheiten für alle („Arbeitskraftunternehmer“) zu zersetzen sucht, könnten Argumente für eine soziale Nachhaltigkeit Grundlagen
für auch öffentlich überzeugende Gegenstrategien abgeben. Wie unser empirisches Material zeigt, gibt es zwar viele Themen, die die IG BAU im vergangenen Jahrzehnt mit z. T. sehr
elaborierten eigenen Vorstellungen angegangen ist, z. B. die Frage der Alterssicherung, diese
Themen sind aber in aller Regel nicht unter dem Label sozialer Nachhaltigkeit intern kommuniziert und in die öffentlich-politische Auseinandersetzung eingebracht worden.
Nachhaltigkeit zu entfalten müsste allerdings im gleichen Zuge einschließen, auch Kriterien
einer ökonomischen Nachhaltigkeit bei der Beurteilung realwirtschaftlicher Prozesse anzulegen und so die Definitionsmacht der Wortführer des neoliberalen Rollbacks in der Wirtschaft
kritischen Zweifeln auszusetzen. In unserem empirischen Material zeigt sich hier allerdings
eine deutliche Tendenz dazu, dieses Feld den Arbeitgebern zu überlassen, denen hier gleichsam
ein „natürlicher“ Kompetenzvorsprung eingeräumt wird. Dabei wäre doch mit guten Gründen
in Zweifel zu ziehen, dass die Steuerung ökonomischer Prozesse auf Basis einer kurzfristigen,
Der korrspondierende industriesoziologische Diskurs hat erst relativ spät die Frage nach den Grenzen der Entgrenzung aufgenommen (Heidling u.a. 2004, Deiß/Schmierl 2005). Erst neuerdings wird in diesem Zusammenhang die Frage nach neu aufbrechenden „Grenzkonflikten der Arbeit“ aufgeworfen (Peter 2007).
an finanzwirtschaftlichen Zielen ausgerichteten Shareholder-Value-Ökonomie ernstlich mit
Nachhaltigkeit etwas zu tun haben könnte.
Im öffentlichen Bewusstsein und auch im Verständnis etlicher der von uns befragten GewerkschafterInnen ist Nachhaltigkeit in besonderem Maße mit der Umweltproblematik verknüpft.
Das Thema der ökologischen Nachhaltigkeit taucht zu einem Zeitpunkt im gesellschaftlichen
Diskurs auf, zu dem die sogenannten „goldenen Jahrzehnte“ des Fordismus bereits vorüber
sind und der „Traum immerwährender Prosperität“ (Lutz 1984) ausgeträumt ist. Von Beginn
an erweist es sich für die Gewerkschaften deshalb als zentral, Fragen ökologischer Nachhaltigkeit mit solchen der Sicherung oder Schaffung von Arbeit verknüpfen zu können. Insofern
ist es nicht zufällig, dass insbesondere die IG BAU gut in der Lage gewesen ist, das Thema
Nachhaltigkeit – potenziell in allen drei bislang genannten Dimensionen – programmatisch
zu besetzen. Das Bauhauptgewerbe als zentraler Organisationsbereich der alten IGBSE ist einerseits unter ökologischen Gesichtspunkten eine in vielerlei Hinsicht problematische Branche; aber mit Forderungen nach deren ökologischer Umgestaltung ließen sich andererseits
gerade auch Erwartungen an neue und zusätzliche Beschäftigungseffekte in höherwertigen
Marktsegmenten verknüpfen.
Schließlich hat sich gezeigt, dass die IG BAU stärker als manche andere Mitgliedsgewerkschaft
im DGB in ihrer Kernbranche (Bauhauptgewerbe) von ökonomischen Krisenprozessen, Deregulierung der Arbeitsbeziehungen und in der Folge von beidem von massiven Mitgliederverlusten betroffen gewesen ist. Sie hat darauf mit einem umfassenden Organisationsentwicklungsprozess reagiert. Allerdings waren in diesem Prozess andere Fragen wichtiger als eine
Leitbilddebatte zum Thema Nachhaltigkeit – es ging v. a. um interne Kommunikationsprozesse
im Zuge einer tiefgreifenden Reorganisation angesichts des Zwangs zu einer deutlichen Einsparung von hauptamtlichem Personal und zugleich um die wirkungsvollere Ausschöpfung
ehrenamtlicher Ressourcen. Soweit ohne eine systematische wissenschaftliche Evaluation zu
beurteilen, waren die Restrukturierungen des ‚Apparats‘ mit ihren Personaleinsparungseffekten und veränderten Kommunnikationsprozessen im zwischengewerkschaftlichen Vergleich
zumindest für einige Jahre erfolgreich (FR 24.04. 2006). Es überrascht nicht, dass maßgebliche
Akteure innerhalb der IG BAU angesichts des relativen Erfolges dieser Anstrengungen zum
Zeitpunkt unserer Untersuchung v. a. davon sprechen, ihre Gewerkschaft sei nun jedenfalls institutionell nachhaltig aufgestellt. In verschiedener Hinsicht lassen sich dafür überzeugende
Argumente anführen. Allerdings zeigt sich inzwischen, dass eine Gewerkschaft beim Versuch
tiefgreifender Erneuerung amgesichts stegit neuer schwieriger externer Bedingungen auf erhebliche Schwierigkeiten stößt.
Die Zugänglichkeit von Nachhaltigkeit als zusätzlich orientierendes Leitbild stellt sich für andere Gewerkschaften im DGB durchaus unterschiedlich dar. Die IG BCE beispielsweise versammelt in ihrem Organisationsbereich in besonderer Weise Branchen mit ökologisch problematischer Industrieproduktion, deren Umbau unter ökologischen Gesichtspunkten zunächst
einmal Ängste vor drastischem Arbeitsplatzabbau weckt. Hinzu kommt, dass in diesen großindustriellen Bereichen die für die Bundesrepublik Deutschland charakteristischen korporatistischen Strukturen vielfach immer noch stark befestigt und tragfähig geblieben sind. Dere
gulierungsprozesse sind vor diesem Hintergrund nicht in gleicher Weise durchgängig spürbar,
Mitgliederverluste zwar auch schmerzlich, aber doch nicht so dramatisch. Mithin wird zwar,
selbstredend, auch hier der ökologischen Dimension des allgemeinen gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskurses Rechnung getragen, Nachhaltigkeit aber eher jeweils im „Fahrwasser“
von mit den Großunternehmen der jeweiligen Branchen (Chemie, Energiewirtschaft, Pharmazeutische Industrie) abgestimmten industriepolitischen Konzepten definiert. Der Dialog mit
NROs – gar noch als herausgehobenen gesellschaftspolitischen Bündnispartnern, die hier klar
industriekritische Positionen einnehmen - ist vor diesem Hintergrund für die Gewerkschaft
keine Option – ganz im Unterschied zur IG BAU. Das Leitbild oder der Entwurf für die Zukunftsgestaltung der Arbeitsgesellschaft ist das der Modernisierung und offensiven Verteidigung der „Deutschland AG“, des „Modell Deutschland...zuerst der Mensch“ (IG BCE. 2004). Andere Mitgliedsgewerkschaften im DGB bewegen sich zwischen diesen beiden Polen. Im Blick
auf die Frage der Übertragbarkeit ist dies von großer Bedeutung. Es geht dann um die Frage
nach jeweiligen konkreten Konzepten, die im Blick auf solche oder ähnliche Branchenbedingungen soziale und ökologische Nachhaltigkeit zusammenbringen können. Organisationsentwicklungsprozesse zur Sicherung der organisatorischen Grundlagen gewerkschaftlichen
Handelns und zu dessen Effektivierung haben allenthalben stattgefunden, dürften seitens
der Gewerkschaften allerdings kaum unter der Überschrift institutioneller Nachhaltigkeit bewertet werden. Ob und wie ökonomische Nachhaltigkeit hier im gewerkschaftlichen Denken
eine Rolle spielt, oder ob, ähnlich wie in einigen unserer Gespräche bei der IG BAU, unterstellt
wird, dass die schon von den jeweiligen Arbeitgeberverbänden mit allem Nachdruck zur Geltung gebracht werden dürfte, können wir nicht abschließend beurteilen.
4.
Zum Nachhaltigkeitsdialog der IG BAU als OE-Prozess
Seit dem Zusammenschluss von IGBCE und GGLF zur IG BAU Mitte der 1990er Jahre hat diese
Gewerkschaft Nachhaltigkeit in ihrer eigenen programmatischen Orientierung einen herausragenden Stellenwert eingeräumt. Insbesondere seit Ende der 1990er Jahre wurde eine Vielzahl entsprechender Projekte aufgelegt. Es bestand die Vorstellung, von ihnen ausgehend
Nachdem sich z.B. ver.di IG Metall und IG BAU im Mai 2004 aktiv an dem mit attac organisierten „Perspektiven-Kongress“ in Berlin beteiligt haben, konnte man hierzu eine Gegenposition, im Sinne einer aus eigener
Sicht deutlich sachlicheren und konstruktiveren Kritik an der rot-grünen Regierungskoalition – in den jeweiligen institutionellen Handlungskontexten – einer verhalteneren öffentlichen Distanzierung und des Verzichts
auf gemeinsame Aktivitäten mit neuen sozialen Bewegungen, dann etwas später in einem offenen Brief von
Vorsitzendem und stellvertretendem Vorsitzende der IGBCE nachlesen, der in der Frankfurter Rundschau veröffentlicht wurde (Schmoldt/Freese 2004).
Zu den wichtigsten Aktivitäten rechnen: Die Gründung der Initiative „Plus für Arbeit und Umwelt“ gemeinsam
mit Greenpeace (1998) zur Beförderung ökologischen Bauens, das von 2000 bis 2001 gemeinsam mit den Naturfreunden betriebene Projekt „Arbeitnehmerinteressen und Nachhaltigkeit“, die Gründung eines „Forums
NROs und Gewerkschaften“, das von 2002 bis 2004 gemeinsam mit polnischen und tschechischen Gewerkschaften betriebene Projekt „Soziale Standards in der Landwirtschaft“ sowie im Jahre 2004 die Gründung der
Stiftung „Soziale Gesellschaft- Nachhaltige Entwicklung“ um eine kontinuierliche Beteiligung an der Gestaltung einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung besser sicherstellen zu können (ausführlich Ammon
u.a. 2006)..
und unter Nutzung einer eigens eingerichteten Nachhaltigkeitsabteilung10, im Blick auf die
von der Gewerkschaft vertretenen Branchen und die Interessen der dortigen Beschäftigten
und Mitglieder ein klar umrissenes Konzept von Nachhaltigkeit in einem dialogischen Prozess
zu entfalten und innerorganisatorisch breit zu verankern. Diese Erwartungen wurden enttäuscht. Bei der Auswertung unserer Interviews konnten wir drei Gruppen von Funktionären
identifizieren, die das Themenfeld Gewerkschaften und Nachhaltigkeit höchst unterschiedlich bewerten. Wir sehen dies als Bestätigung unserer Hypothese, dass ein neues Leitbild von
Nachhaltigkeit nur als integrierter Bestandteil eines Organisationsentwicklungsprozesses
entfaltet und implementiert werden kann, in dem auch offene Dialoge über Leitbilder und
Zielsetzungen stattfinde. Wir unterscheiden (1) eine „Kerngruppe“ von für den beabsichtigten Nachhaltigkeitsdialog strategisch maßgeblichen Personen, (2) die Gruppe weiterer hauptamtlicher Funktionäre und schließlich (3) diejenige aktiver ehrenamtlicher Funktionäre.
•
Für die Akteure unserer Kerngruppe läßt sich ein weitgehend gleiches und konsistentes Verständnis von Nachhaltigkeit im Sinne gleichgewichtiger Beachtung seiner sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen ausmachen. In diesem Sinne ist
sie für sie alles in allem auch Bestandteil der für die IG BAU maßgeblichen Leitbilder
geworden, auch wenn sie einräumen, dass es ein wirklich konsistentes Leitbild für die
Organisation noch nicht gebe. Zugleich findet sich eine bemerkenswerte Verschiebung der Bedeutung von Nachhaltigkeit dahingehend, dass die Organisation insgesamt im Sinne gestärkter Zukunftsfähigkeit nachhaltiger geworden sei. Prägend ist
hier der für die Durchsetzung eines neuen Modells von Beteiligung und Führung (v.a.
in Bezug auf das Zusammenspiel von Vorstand, Bezirksleitern und Geschäftsführern)
als erfolgreich bewertete OE-Prozess. Zugleich haben innerhalb dieser Akteursgruppe
die Erfahrungen des vergangenen Jahrzehnts zu einer nüchternen und realistischen
Einschätzung der Möglichkeiten der Gesamtorganisation geführt, auf gesellschaftspolitische Themen und Diskurse Einfluss auszuüben. Um so wichtiger wird die Frage,
wie geeignete Instrumente aussehen könnten, um intern zusätzliches Handlungspotenzial aufzubauen. Neue Kommunikationsformen, partizipative Ansätze, der Aufbau
von vernetzten, durch neue Medien gestützten, Strukturen kommen in den Blick.
•
Aus der Perspektive anderer hauptamtlicher Funktionäre ergibt sich ein sehr viel uneinheitlicheres Bild: Was Nachhaltigkeit ist, wird z.T. ausgesprochen unterschiedlich
gesehen. Einigkeit besteht vor allem darüber, dass es ein integriertes Konzept hierzu
in der Organisation nicht gebe. Ganz überwiegend wird vermutet, dass im Begriff
der Nachhaltigkeit aber ein entsprechendes Potenzial enthalten sei. Der jeweilige
Blickwinkel, der dann ganz ausdrücklich als „persönlich“ gekennzeichnet wird, ist i.
d. R. deutlich von der jeweiligen Fachbereichsperspektive bestimmt. Zumeist werden
einzelne Dimensionen von Nachhaltigkeit, v.a. die ökologische, in den Vordergrund
gerückt, einmal in Verbindung mit spezifischen eigenen Aufgabenstellungen und ein
anderes Mal in scharfer Absetzung davon. Nur vereinzelt wird die Auffassung vertreten, dass es darauf ankomme, Nachhaltigkeit als Querschnittsthema zu entfalten.
10
Federführend dafür war die frühere GGLF als „ökologische Speerspitze“ innerhalb des DGB mit Zuständigkeit für die Forstwirtschaft, aus der ja der deutsche Begriff der Nachhaltigkeit stammt.
Überwiegend skeptisch sind die Beurteilungen der Vermittlung des Themas Nachhaltigkeit in die Organisation hinein. Auf der Ebene der Bezirke sei das Thema eigentlich
nicht angekommen.
•
In den Gesprächen auf dezentraler Ebene (Branchen und Bezirke) ergibt sich das uneinheitlichste Bild. 11 Einerseits ist an vielen Statements - v. a., aber durchaus nicht
nur seitens der beteiligten Bezirksvorsitzenden - zu bemerken, dass der OE-Prozess
gegriffen hat. Die IG BAU habe sich verändert und sei offener geworden. Es gibt Berührungspunkte auch zu NROs, u.a. über die von der IG BAU initiierten Projekte. Wo
diese angesprochen werden, wird aber zugleich das Fehlen von Nachfolgeaktivitäten und Kontinuität kritisiert. Auf der Suche nach neuen Leitbildern oder Visionen,
die viele beschäftigt, hat Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert, z. T. verbunden mit
der Kritik, dies sei bei Gründung der IG BAU 1995 schon allgemein klarer erkannt gewesen. Die Erwartung, der Bundesvorstand müsse hier klare Vorgaben machen, wird
mehrfach geäußert. Gerade angesichts des Drucks der aktuellen tagespolitischen
Aufgaben und der Gefahr „in den trübsten Kapitalismus zurückzufallen“ in dem „das
Soziale hinten runter falle“, sagen bemerkenswert viele Gesprächspartner aus dieser
Gruppe bei der Diskussion von Nachhaltigkeit, dass dauerhaftes Engagement in der
Gewerkschaft auch daran gebunden sei, dass man neue „Visionen“ entfalte.
Wenn wir über dieses erste Bild hinaus gelangen wollen, müssen wir uns nach einer auf unseren engeren Bezugsrahmen aber auch den weiteren zeitgeschichtlichen Rahmen bezogenen
Systematik analytisch vertiefend unterschiedlichen Aspekten unseres Untersuchungsthemas
zuwenden. Die Unterscheidung nach Organisationsebenen und -gliederungen steht dann
nicht mehr im Vordergrund. Statt dessen geht es etwa darum, wie unter stetig schwieriger
werdenden Bedingungen überhaupt Beteiligungsansätze entfaltet werden können, wo sich
Vorstellungen von Beteiligung und Dialog an überkommenen (bürokratischen) Organisationsverständnissen, aber auch –zwängen brechen, welcher unterschiedliche Stellenwert aus
Sicht der Befragten neuen Leitbildern zukommen kann usw.
Ganz sicher kann man bei einer solchen Betrachtung nicht davon sprechen, dass die IG BAU
gemessen an ihren eigenen Ansprüchen einfach gescheitert ist. Vielmehr ist zunächst einmal
zu konstatieren, dass sie die schwierige Herausforderung, überhaupt Organisationsentwicklungsprozesse in Richtung auf die Entwicklung einer „lernenden Organisation“ zu vollziehen,
im zwischen-gewerkschaftlichen Vergleich gut bewältigt hat: Auf einen ersten Handlungsrahmen hierzu (1997) folgte auf einem außerordentlichen Gewerkschaftstag zwei Jahre
später eine Organisationsentschließung „Die neue IG BAU“ (IG Bau 1999). Sie definierte als
wesentliche Ziele: die Stärkung der dezentralen Bezirksverbandsebene, eine direktere Beteiligung der ehrenamtlichen Funktionäre, eine stärkere Branchenorientierung und eine höhere
Flexibilität zur Stärkung der Durchsetzungsfähigkeit. Es dauerte aber noch einmal zwei Jahre
und bedurfte weiterer „intensiver interner Diskussionen“, in denen der nun weiter konkreti11
Dabei ist zu berücksichtigen, dass unsere Auswahl eine „Positivauswahl“ ist. Es geht um Branchen und örtliche Gliederungen, in denen Nachhaltigkeit entweder „sowieso“ (Forstwirtschaft als „Grüner Bereich“) oder aber aufgrund der Befassung mit bestimmten Projekten eine vergleichsweise heraus gehobene
Rolle spielt.
10
sierte Handlungsrahmen „als so eine Art Bibel aufgefasst wurde“, bis dann auf dem Gewerkschaftstag 2001 wirklich weitreichende Beschlüsse gefasst wurden. Am gravierendsten ist
die vollständige Einsparung der mittleren Organisationsebene der Landesverbände und der
drastischen Reduzierung der Zahl der Bezirksverbände.12 Im Hintergrund dieser Entscheidungen steht ein massiver Mitgliederrückgang von 722.576 (1995) auf 539.744 (IG BAU 2000),
der sich seither weiter fortgesetzt hat.
Systemtheoretisch gesprochen geht es bei all dem um geeignete Schritte einer aktiven Anpassung an turbulente und dynamische Organisationsumwelten, einer aktiven Anpassung,
die die Organisation später vielleicht wieder in die Lage versetzen kann, auf eben diese Organisationsumwelt ihrerseits neue Zwänge zur Anpassung an sie auszuüben. Solche OE-Prozesse können nur dann erfolgreich sein, wenn sie von der Organisationsspitze gewollt und
systematisch und stetig betrieben werden. Sie müssen, wie einer unserer Gesprächspartner
gesagt hat „durch den Kopf des Vorsitzenden“ gegangen sein, top-down betrieben, zugleich
aber auch in hohem Maße beteiligungsorientiert und dialogisch, also bottom-up, vollzogen
werden. Insofern rückt – und das ist nur folgerichtig, wenn ein konkreter Einzelfall hinreichend tief analysiert wird – immer auch die Bedeutung der konkret handelnden Personen von
einem bestimmten Punkt an mit in den Vordergrund. Bedeutsam ist im Falle der IG BAU aber
noch ein anderer Umstand. Die Krise, auf die es zu reagieren galt, war besonders tiefgreifend.
Auch dies ist im Vergleich zur IGBCE besonders augenfällig. ) 13
Die Ziele jeglicher OE-Prozesse ergeben sich nun aber, wiederum systemtheoretisch formuliert, allein aus dem, was eine Organisation als ihre Entwicklungsprobleme angesichts turbulenter und dynamischer Organisationsumwelten definiert. Hier geht es also um die Problemwahrnehmung der verantwortlichen Funktionsträger an der Organisationsspitze. Ggf. erfolgt
sie unter Einbeziehung externer Berater. Dann steht eine gemeinsam geteilte Situationsdefinition am Beginn eines entsprechenden Prozesses. Im Falle der IG BAU kann man feststellen,
dass der nach 1995 eingeleitete OE-Prozess vor allem auf die seit dem Ende des Vereinigungsbooms zunehmend dramatisch sinkenden Mitgliederzahlen reagieren sollte. Eine drastische
Reduzierung des hauptamtlichen Personals und tiefgreifende Veränderungen interner Prozesse in Bezug auf Führung und Kommunikation (Wegfall der mittleren Organisationsebene,
neue Kommunikationsformen und mehr Transparenz zwischen zentralen und dezentralen Organisationsgliederungen, Restrukturierung der Vorstandsverwaltung im Hinblick auf je spezifische Branchenbezüge) standen im Zentrum. Zugleich sollten auf bestimmte, schon vorher
als gravierend erkannte, Probleme („Beteiligungslücke“) neue Antworten gefunden werden.
12
Zum Zeitpunkt des Organisationszusammenschlusses 1995 gab es 12 Landesverbände und darunter
auf der untersten Organisationsebene 150 Bezirksverbände. Der Geschäftsbericht für die Jahre 1997 bis 2000
weist noch 62 Bezirksverbände aus. Allein diese Zahlen machen die einschneidenden Veränderungen im Zuge
dieses OE-Prozesses sehr deutlich.
13
Vgl. in diesem Zusammenhang auch die Ausführungen des Geschäftsführers des „Modellunternehmens“ Mettler-Toledo im Rahmen der DGB-Programmreformdebatte um die Zukunft der Arbeit, der als Bedingung erfolgreicher OE allererst hervorhob, es komme darauf an, für die Entwicklung gemeinsam getragener
Zielvorstellungen zunächst einmal die katastrophalen Folgen der einfachen Verlängerung bisheriger Strukturen und Entwicklungslinien drastisch auszumalen, um so die Herausforderungen der Veränderung der Alltagsarbeit allen Anwesenden klar vor Augen zu führen (Tiekart 1994).
11
Letzteres scheint bislang nur in ersten Ansätzen gelungen zu sein und unsere Erhebungen
zum Thema Nachhaltigkeit - insbesondere den Schwierigkeiten, das Thema als Querschnittsdimension zu entfalten - weisen außerdem darauf hin, dass die Kommunikation quer zu Vorstandsabteilungen/Branchenbezügen nur eingeschränkt funktioniert.
14
Parallel zu den Anstrengungen der IG BAU, die sich v.a. auf Projekte im Bereich ökologischer
Nachhaltigkeit und die Auslotung von Kooperationsmöglichkeiten mit NROs fokussierten, und
im Verlauf des Organisationsentwicklungsprozesses, in dem die Nachhaltigkeitsproblematik
keine besondere Rolle spielte, rückten neue Herausforderungen der Alltagsarbeit, nämlich die
fortschreitende Reduzierung und Gefährdung früher selbstverständlicher sozialer Sicherheiten, zunehmend in den Vordergrund. Nachhaltigkeit, die schon zu Beginn dieses Prozesses
gewissermaßen den Status einer gesicherten Beschlusslage erreicht hatte, wurde im gleichen
Maße zunehmend an den Rand der von der IGBAU als vorrangig erachteten Probleme und
Herausforderungen gedrängt. Wie ältere gewerkschaftliche Programmatiken auch lief sie so
Gefahr, zum Inventar sogenannter „Sonntagsreden“ zu werden.
Der relative Erfolg des OE-Prozesses der IGBAU ist aus unserer Sicht gemessen an den selbst
gesteckten Zielen wie auch im innergewerkschaftlichen Vergleich beachtlich. Die IG BAU verfügt heute über ein System der Führung und des Controllings der Organisation unter Einschluss der dezentralen, bezirklichen Organisationsebene und der diese Ebene repräsentierenden ehrenamtlichen Bezirksvorstände, das so im zwischengewerkschaftlichen Vergleich
bemerkenswert gut entfaltet sein dürfte. Verschiedenen Hinweise auf die zwischen den einzelnen Fachbereichen/Branchen deutlich eingeschränkte Kommunikation schlagen allerdings
negativ zu Buche. Nochmals zweifelhafter sind die Erfolge des OE-Prozesses im Hinblick auf
die angestrebte Aktivierung der ehrenamtlichen Funktionäre und Mitglieder, also die Schließung der „Beteiligungslücke“. Das Problem ist lange im Blick, dezentrale Beteiligungsangebote im Wege virtueller Vernetzung, z.B. über Chatrooms mit den Vorstandsmitgliedern, werden
zunehmend angeboten, stoßen aber nicht auf die erhoffte Resonanz. Wie neue Formen von
Netzwerkpolitik neben den formalen Entscheidungsstrukturen, die durch Beteiligung und
Controlling belebt wurden, geschaffen werden können, bleibt das ungelöste Problem. Ein
vergleichender Blick auf Netzwerke bei anderen Gewerkschaften, die über längere Zeit gut
funktionieren und dazu beitragen Eigentätigkeit von Funktionären und Mitgliedern zu entwickeln (vgl. TBS-NRW 2003, Elsholz,Dehnbostel 2004, Martens 2005, 100 und 117ff), kann
zeigen, dass es hier vor allem bei der Bewältigung konkreter Probleme alltäglicher Interessenvertretungsarbeit oder in Reaktion auf einen akuten Konflikt15 gelungen ist, über Beteiligung
Laien- und Expertenwissen in neuen Formen produktiv zusammenzubringen, wobei für das
„Selbertun“ von Betroffenen entsprechende Räume geschaffen wurden.
Die eher ernüchternden Ergebnisse der Entwicklung des OE-Prozesses bei der IG BAU im Hinblick auf den Nachhaltigkeitsdialog, nach dem wir gefragt haben, kommen in unseren oben
14
Wobei diese „Beteiligungslücke“ um die Mitte der 1990er Jahre von allen Mitgliedsgewerkschaften im
DGB mehr oder weniger deutlich beklagt worden ist (vgl. Martens 1997).
15
Für den ersten Fall könnten verschiedene Betriebsräte- und Beraternetzwerke bei der IG Metall als Beispiele genannt werden, für den zweiten Fall neue Formen der Vernetzung zwischen Beschäftigten oder auch
Betriebsräten im Zusammenhang mit Konflikten um den Erhalt einzelner Produktionsstandorte.
12
skizzierten Befragungsergebnissen schlagend zum Ausdruck: Dies hat sicherlich mit den zunehmend widrigen Bedingungen für die Forcierung entsprechender konkreter Projekte angesichts des Verlaufs des gesellschaftlichen Nachhaltigkeitsdiskurses zu tun, ist aber auch
Ausdruck von Schwächen im Umgang mit dem Thema – und wohl auch von seiner im vergangenen Jahrzehnt zu beobachtenden Separierung vom stattfindenden OE-Prozess der IG BAU.
Eine dialogische Entfaltung des Themas hätte erfordert, Nachhaltigkeit einerseits top-down
im Sinne der Darlegung und Entfaltung eines für die IG BAU konsistenten Konzepts stetig
zu vermitteln und so andererseits auch eine lebendige, ggf. kontroverse Diskussion von den
Alltagserfahrungen der Funktionäre und Mitglieder vor Ort zu induzieren. Der Erfolg solcher
Bemühungen wäre daran gebunden, mit langem Atem bestimmte „Leitprojekte“ zu forcieren, anhand derer gezeigt werden kann, dass ein entsprechend konturiertes Leitbild mit alltagspraktisch bedeutsamen Aktivitäten verknüpft werden kann und dass dies in den jeweiligen Fällen dazu beiträgt, zum einen konkrete Mitgliederinteressen wirksamer zur Geltung zu
bringen und zum anderen die Organisation in den entsprechenden gesellschaftspolitischen
Auseinandersetzungen und Diskursen als Zukunft gestaltenden Akteur wirkungsvoll zu positionieren. Zugleich wäre an solchen Zielvorstellungen das „Zusammenspiel“ der federführenden und zuständigen und der anderen Fachabteilungen – etwa erstere als Initiator und
kompetenter Begleiter von „Leitprojekten“ – und alle als Mitakteure in einem allgemeinen
dialogischen Prozess – zu orientieren und zu entwickeln.
Dies gelang aus den genannten Gründen nicht zureichend. Ein wichtiges Ergebnis unserer
Befragungen, das dagegen auf ungenutzte Potentiale verweist, soll aber noch einmal hervorgehoben werden: In den Aussagen von aktiven ehrenamtlichen Funktionären findet sich
vergleichsweise häufig der Hinweis, dass man für die erfolgreiche Bewältigung tagespolitischer Aufgaben – gerade im Hinblick auf die Bindung alter aber auch die Gewinnung neuer junger Mitglieder – immer auch Visionen benötige. Was unsere Gesprächspartner genau
darunter verstehen, bleibt oft ungeklärt. Sie führen den Begriff in einem auf Nachhaltigkeit
fokussierten Gespräch ein und verknüpfen ihn in der Regel mit diesem ebenfalls oft unscharf
gebrauchten Begriff. Deutlich wird aber zweierlei: Die Forderung nach solchen (neuen) Visionen verweist zum einen darauf, dass alte institutionelle Leitideen der Gewerkschaften z.T.
verbraucht sind und lässt sich so als empirischer Beleg unserer These von Epochenbruch und
Krise der überkommenen Institutionen der Arbeit lesen. Sie verweist zum anderen darauf,
dass Zukunftsfähigkeit und ein „nachhaltiges Aufstellen“ der eigenen Organisation aus Sicht
dieser Befragten mehr erfordert als den bislang in wichtigen Teilen erfolgreich umgesetzten
Organisationsentwicklungsprozess der IG BAU. Die Vision, die da gefordert wird, ist eine vom
guten Leben in einer gerechten Gesellschaft, zugeschnitten auf die Herausforderungen der
Gegenwart, in der ihnen die Errungenschaften der Gewerkschaftsbewegung bedroht, ja z. T.
die Gewerkschaften selbst existentiell gefährdet erscheinen. Für einige könnte Nachhaltigkeit hier ein Begriff sein, unter dem „sich alles zusammenfassen“ ließe. Aber augenscheinlich
bedarf dies der Konkretisierung in einem Dialog, der diesem Erfordernis entsprechend nicht
stattgefunden hat.
13
5.
Zum
zeitgeschichtlichen
der IG BAU
Kontext
der
Nachhaltigkeitsinitiativen
Die IGBAU hat das Thema der Nachhaltigkeit zu einem Zeitpunkt aufgegriffen, zu dem die Organisationsspitze noch begründet davon ausgehen konnte, dass nach der Weltkonferenz von
Rio 1992 die Herausforderung für ein Jahrzehnt der ökologischen Erneuerung erkannt worden
seien, so dass darauf mit entsprechenden Handlungsempfehlungen im Rahmen der Agenda
21 reagiert werden könnte. Allgemeiner gesellschaftlicher Diskurs und konkrete eigene Branchenbedingungen fügten sich in Bezug auf die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit gut
zueinander. Eine übergreifende programmatische Orientierung auf Nachhaltigkeit ergab sich
so fast wie von selbst. Allerdings war seitens der Gewerkschaften eher eine besondere Akzentsetzung auf die soziale Nachhaltigkeit zu erwarten, während z.B. der Sachverständigenrat für
Umweltfragen deutlich der ökologischen Dimension eine vorrangige Rolle vor der sozialen
und ökonomischen gab (Wolf, Paust-Lassen 2001, 23). Andererseits konnte man davon ausgehen, dass Gewerkschaften nicht so eindeutig wie der Sachverständigenrat im Kontext einer
allgemeinen Einpassung von Nachhaltigkeit in den herrschenden neoliberalen Diskurs den
„verantwortlichen homo oeconomicus (postulieren) würden, der egoistisches unternehmerisches Handeln mit moralischem Handeln in Einklang bringt“ (Wolf, Paust-Lassen 2001,24)
und eher staatliche Eingriffe in ökonomische Prozesse fordern würden.
Bei der Bewertung des Nachhaltigkeitsdialogs bei der IG BAU selbst und dann der Verallgemeinerbarkeit/Übertragbarkeit der dort gemachten Erfahrungen ist nun vor allem folgendes
zu bedenken: Einerseits haben wir statt des Jahrzehnts der ökologischen Erneuerung ein Jahrzehnt der neoliberalen Offensive erlebt, in deren Verlauf der Begriff der Nachhaltigkeit im gesellschaftlichen Diskurs mit einigem Erfolg im Sinne einer OECD-Philosophie als Wirtschaftswachstum plus Beseitigung von Marktversagen durch ökonomische Instrumente umgedeutet
worden ist (vgl. Wolf, PaustLassen 2001). Andererseits sind die Gewerkschaften durch die Metamorphosen der Arbeit und der sozialen Frage (Castel 2000, Martens u. a. 2001) massiv unter
Druck geraten. Nicht die Agenda 21 sondern die Agenda 2010 prägte die gesellschaftspolitische Wirklichkeit in der Bundesrepublik. Mit einer zunehmenden Infragestellung gegebener
sozialer Standards – im Hinblick auf die Zwänge des Standortwettbewerbs im Zeichen der
Globalisierung oder auch im Blick auf die „alternde Gesellschaft“ und eine ganz neue Wendung des Problems intergenerativer Gerechtigkeit hat der Begriff der Nachhaltigkeit, der von
Beginn an eine eher unglückliche Übersetzung von „sustainable development“ ins Deutsche
gewesen ist, im gesellschaftlichen Diskurs erhebliche Bedeutungsverschiebungen erfahren.
Die Anstrengungen der IG BAU, sich im gesellschaftspolitischen Nachhaltigkeitsdiskurs profiliert zu positionieren, und zwar nicht nur in entsprechenden Gremien sowie durch eigene
Initiativen auf nationaler Ebene, sondern auch in internationalen Gremien, kann man vor diesem Hintergrund kaum hoch genug bewerten. Aber zunächst einmal ist zu konstatieren, dass
die Entwicklung der 1990er Jahre und das im darauf folgenden Jahrzehnt weiter forcierte
neoliberale Rollback den Bemühungen der IG BAU, Nachhaltigkeit im gesellschaftlich-politischen Diskurs offensiv zu besetzen, immer engere Grenzen gezogen hat. Ginge man nun von
14
einer Verstetigung dieses allgemeinen Entwicklungstrends aus, so müsste dies einen Transfer
von Erfahrungen und richtungsweisenden Handlungsansätzen aus dem hier analysierten Einzelfall zusätzlich kompliziert machen. Aber gesellschaftliche Kontexte verändern sich. Man
kann begründet argumentieren, dass wir „gerade jetzt (…) vor einer Renaissance der Umweltpolitik stehen, (weil es) dauerhafte ökonomische Stabilität (…) nur gibt, wenn wir uns auf ein
ökologisches System hinbewegen“ (Töpfer 2006). Und dies gilt weniger deshalb, weil die Anzeichen eines irreversiblen Klimawandels allgemein spürbarer werden als vielmehr aufgrund
massiver ökonomischer Zwänge, wie etwa drastisch steigender Ölpreise16. Nachhaltigkeit und
Gewerkschaften bleibt deshalb ein durchaus zukunftsträchtiges und für die Zukunft und Zukunftsfähigkeit der Gewerkschaften selbst höchst bedeutsames Thema (Scholz u. a. 2006,
272ff, Altvater 2006b). Dabei wird es um alle Dimensionen von Nachhaltigkeit gehen, auch
wenn für die Gewerkschaften aus nahe liegenden Gründen soziale Nachhaltigkeit einen besonders herausgehobenen Stellenwert hat.
Es spricht allerdings auch einiges dafür die andere Bedeutungsverschiebung zu nutzen, die
der Begriff der Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund derjenigen Veränderungen und Organisationsentwicklungsprozesse erfahren hat, die die IG BAU und ihre Vorläuferorganisationen
seit dem Beginn der 1990er Jahre durchlaufen haben. Danach wäre Nachhaltigkeit v. a. als Zukunftsfähigkeit zu fassen und die entscheidende Frage würde lauten, ob die IG BAU in diesem
Sinne im Ergebnis der Entwicklung der vergangenen zehn Jahre „nachhaltig aufgestellt“ ist,
bzw. wie sich dies im Blick auf eine Übertragung von Erfahrungen für andere Gewerkschaften
darstellt. Im Blick auf die heute weitgehend erodierten Traditionslinien der alten, vergangenen Arbeiterbewegung, in der die Gewerkschaften ihre Wurzeln haben, ist dies tiefgreifend
genug: An die Stelle der festen Überzeugung, an der Spitze des gesellschaftlichen Fortschritts
zu stehen, rückt nun immerhin die Frage ob überhaupt, und wenn ja wie, man als Gewerkschaft in der heraufziehenden postindustriellen Gesellschaft noch einen gesellschafts- und
arbeitspolitisch bedeutsamen Platz legitim behaupten kann. Insofern drückt diese Umdefinition von nachhaltig in zukunftsfähig jedenfalls deutlich aus, was weiter vorne schon gesagt
wurde: Es geht um Antworten auf eine tiefgreifende Krise der Gewerkschaften als überkommener Institutionen der Arbeit in einer institutionell verfassten Arbeitsgesellschaft, die sich
so nicht einfach in die Zukunft hinein verlängern lässt.
Diese Akzentsetzung auf eine nachhaltige Zukunftsfähigkeit war das Fazit eines Teils der befragten Gewerkschafter angesichts der zunehmenden strukturellen Defensive seit Mitte der
1990er Jahre. Als Akzentverschiebung auf institutionelle Nachhaltigkeit ist sie aber nur eine
halbe Wahrheit. Dies muss man so sagen, weil der Turnaround in der Mitgliederentwicklung
bislang ebenso wenig erreicht ist, wie die gesellschaftlich-politische Defensive der Gewerkschaften wenigstens punktuell wirksam durchbrochen werden konnte. Die vor allem von Aktiven auf der dezentralen Organisationsebene in wachsendem Maße artikulierte Forderung
nach neuen Visionen ermöglicht erst einen vollständigeren Blick auf das, was nachhaltige
Zukunftsfähigkeit bedeuten müsste. Zunächst bestätigt diese Forderung noch einmal allgemeine gewerkschaftssoziologische Ausgangshypothesen dieser Untersuchung (institutionel16
Mit denen unabhängig von eher kurzfristigen politischen Konjunkturen bei Erreichen des „Peak Oil“
zunehmend zu rechnen ist (Altvater 2006 a und b).
15
le Krise im Epochenbruch). Sie lässt aber zugleich erkennen, dass mit solchen Visionen in der
Tat neuer Bewegungs- und Gestaltungsspielraum gewonnen werden könnte.
Wenn wir unsere Ausgangshypothesen ernst nehmen, geht es aber keinesfalls darum, dass
externe wissenschaftliche Beobachter „zweiter Ordnung“ gewissermaßen von Außen solche
neuen Leitbilder im Sinne von visionären Entwürfen als Blaupause liefern könnten. Sie können
sich allenfalls an entsprechenden dialogischen Prozessen mit ihren spezifischen Möglichkeiten - im Sinne der Wahrnehmung einer „Brückenfunktion“ (Wolf 2001, 214)) - beteiligen.17
Entscheidend ist also, ob Gewerkschaften als institutionelle Akteure sich auf solche dialogischen Prozesse einlassen wollen – und ob und wie sie dazu angesichts bislang immer noch
eher schrumpfender Ressourcen und zugleich wachsender Aufgaben beim Versuch wenigstens einer gewissen Eindämmung des neoliberalen Rollbacks in der Lage sind. Was die IG BAU
anbelangt, so wird man abwarten müssen, ob es ihr mit der Einrichtung der „Stiftung Soziale
Gesellschaft – Nachhaltige Entwicklung“ gelingen wird, zusätzliche Mittel zu akquirieren, externe Expertise zu mobilisieren und neue Projekte auf den Weg zu bringen. Und selbstredend
wird es dabei auch darauf ankommen, wie sich in der absehbaren Zukunft der gesellschaftlich-politische Diskurs um Nachhaltigkeit entwickeln wird, ob es zu einer Renaissance der Umweltpolitik, einer Re-Politisierung der nationalen und internationalen Wirtschafts-, Geld- und
Finanzpolitik kommt und Chancen für neue Verknüpfungen entstehen.
6.
Was läßt sich aus dem exemplarischen Fall im Hinblick auf eine mögliche
Übertragung von Erfahrungen lernen?
Bis zu diesem Punkt der Analyse ging es um eine Bewertung der Erfahrungen der IG BAU im
Hinblick auf eine Erweiterung gewerkschaftssoziologischer Zugriffe auf unser Thema einerseits und die Frage nach möglichen Ansatzpunkten für eine weitertreibende Praxis durch die
IG BAU selbst andererseits. Am Beginn unserer Untersuchung haben wir zusätzlich – vielleicht von einer etwas optimistischeren Erwartungshaltung ausgehend, als sie im Lichte der
heutigen Kenntnisse angebracht gewesen wäre – auch die Frage nach der eventuellen Übertragbarkeit dieser Erfahrungen für andere Gewerkschaften ins Auge gefasst. Im Licht der diskutierten Ergebnisse ergibt sich nun zunächst die Feststellung, dass ein Nachhaltigkeitsdialog, der als solcher eben gerade nicht wirklich stattgefunden hat, selbstredend auch nicht
einfach übertragen werden kann. Will man die Frage der Übertragbarkeit von Erfahrungen
gleichwohl im Blick nach vorne aufwerfen, so muss man die Frage nach verallgemeinernden
Schlussfolgerungen von den heute gegebenen Ausgangsbedingungen aus noch einmal in anderer Weise stellen. Es geht dann nicht länger darum, ob und wie die IG BAU Intentionen, die
erklärtermaßen seit ihrer Gründung am Beginn ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen gestanden
17
Dabei ist das Verhältnis von Gewerkschaften und Wissenschaft generell nicht unkompliziert und „im
Maße wie die Gewerkschaften selber institutionell und in ihrem Selbstverständnis in kritische Zerreis-Situationen geraten sind, (ist) die Abwehr gegen (scheinbar unpraktische) theoretische Spekulationen gewachsen.“ Ein
immer dringlicherer Bedarf nach „zusammenhängender Theoriebildung“ und „ein durch Orientierungsschwierigkeiten zusätzlich zementierter Pragmatismus“ treffen aufeinander während „gesellschaftstheoretische Reflexionszusammenhänge das gewerkschaftliche Existenzinteresse“ berühren (Negt 2004, 16f ).
16
haben, unter schwieriger gewordenen Bedingungen gleichwohl mit Aussicht auf größere und
nachhaltigere Wirkungen weiter verfolgen kann, sondern es geht dann um die Frage, was andere Gewerkschaften angesichts der hier diskutierten bisherigen Erfahrungen einer Schwestergewerkschaft veranlassen könnte, sich unter den heute gegebenen Bedingungen – und
möglicherweise im Zuge einer zukünftigen Renaissance des Nachhaltigkeitsdiskurses - auf
vergleichbare Prozesse einzulassen und was sie dabei zu beachten hätten. Wirft man diese
Frage auf, dann kommt man im Kern auf fünf zentrale Punkte:
1.
Die Möglichkeit eines wirklichen, neue Orientierung schaffenden Dialogs über Nachhaltigkeit ist für die Gewerkschaften nur dann gegeben, wenn sie selbst die Krisenhaftigkeit der gegenwärtigen gesellschaftlichen Umbrüche - und die darin liegenden
neuen Herausforderungen, aber auch Chancen – so sehen, dass sie einen wirklichen
Bedarf nach neuen Leitbildern erkennen. In der gegenwärtigen Lage ergibt sich hierzu, wie oben angedeutet, ein durchaus deutlich differenziertes Bild. WissenschaftlerPraktiker-Dialoge die auf eine „neue Politik der Arbeit“ im Sinne eines Konzepts orientieren, in dem soziale und ökologische Nachhaltigkeit einen herausgehobenen Stellenwert haben – verbunden mit einer Stärkung demokratischer zivilgesellschaftlicher
Strukturen und Prozesse – sind zwar im gewerkschaftsnahen Bereich festzustellen
(vgl. www.forum-neue-politik-der-arbeit.de ), bewegen sich bislang eher am Rande
der offiziellen Diskurse und Debatten, die oft von dem „zusätzlich zementierten Pragmatismus“ geprägt sind, von dem O. Negt gesprochen hat (vgl. Fn 17). Wissenschaftler-Praktikerdialoge, über die Gewerkschaften sich zusätzliche Expertise erschließen
und gegenüber den Gewerkschaften aufgeschlossene WissenschaftlerInnen erweiterte Zugänge zur sozialen Wirklichkeit, und damit auch neue Forschungsimpulse
verschaffen könnten, wären also für eine verallgemeinernde Übertragung von Erfahrungen von großer Bedeutung.
.
Erfolgreiche Nachhaltigkeitsdialoge wären im Licht der vorliegenden Analyse daran
gebunden im Rahmen konsequenter Organisationsentwicklungsprozesse vorangetrieben zu werden. Bislang muss nun aber konstatiert werden, dass solche Organisationsentwicklungsprozesse in Gewerkschaften ganz überwiegend „steckengebliebene Reformvorhaben“ (Martens 2003) gewesen sind. Der vergleichsweise sehr erfolgreiche Organisationsentwicklungsprozess bei der IG BAU hat in diesem Zusammenhang viel damit zu tun, dass hier seitens der gewerkschaftlichen Akteure die Krise
und existentielle Gefährdung der Organisation besonders deutlich gespürt worden
ist. Das führt unmittelbar zu der Frage, ob vergleichbar große und ähnlich erfolgreiche Anstrengungen anderer Gewerkschaften erst zu erwarten sind, wenn sie ähnlich
massive Krisenerfahrungen machen müssen. Weitergehende Fragen müssten sich allerdings auch auf die immer noch gewichtigen Grenzen auch vergleichsweise erfolgreicher OE-Ansätze richten.
.
Auch der Organisationsentwicklungsprozess der IGBAU, der im zwischengewerkschaftlichen Vergleich als relativ erfolgreich gelten muss und von dem die maßgeblichen Akteure mit einiger Berechtigung sagen können, er habe wesentlich dazu beige17
tragen, die IGBAU „nachhaltig aufzustellen“, konnte nicht alle selbst gesetzten Ziele
erreichen, wie sich insbesondere im Hinblick auf die über ihn angestrebte Schließung
der „Beteiligungslücke“ anhand des vorliegenden Materials zu bestätigen scheint.
Unter dem Druck tagespolitischer Zwänge und eines Alltagsgeschäfts unter dem
Vorzeichen des Widerstandes gegen fortschreitenden Sozialabbau konnte dieser OEProzess ferner auch nicht dazu genutzt werden, in seinem Rahmen auch noch einen
Dialog über ein neues Leitbild von Nachhaltigkeit zu initiieren und verstetigt zu führen. Eher muss man sagen, dass sie als in Kernbereichen ihrer Organisation positiv auf
den Zusammenhang von Arbeit und Umwelt orientierte Organisation Impulse des
allgemeinen gesellschaftspolitischen Diskurses zu Beginn der 1990er Jahre erfolgreich aufgegriffen und für ihre Programmatik genutzt hat. Die Entfaltung von Dialogfähigkeit setzt deshalb eine weitere Arbeit an eingeschliffenen Formen interner wie
externer Kommunikation voraus.
4.
Dort wo es um dialogische Prozesse in einer Gewerkschaft geht, über die neue orientierende Leitbilder als wichtiges Moment eigener Zukunftsfähigkeit entfaltet, vermittelt und breit verankert werden sollen, ist immer auch die Frage aufgeworfen ob
und wie diese Gewerkschaft sich im Wege der Entfaltung und Nutzung eines solchen
Prozesses auch erfolgreich in allgemeinen gesellschaftspolitischen Diskursen positionieren kann. Es geht also - sofern die erste These zutrifft und sofern die Erfahrungen
der IGBAU gut begründet sind, dass die Gewerkschaften nicht „der Nabel der Welt“
sind, also über begrenzte Problemlösungskapazitäten verfügen und immer wieder
auf Kooperationspartner verwiesen sind – für die Gewerkschaften darum, sich als
gesellschafts- und v.a. arbeitspolitisch kompetenter und verantwortlicher Akteur zu
profilieren und so Legitimation und Attraktivität im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Bündnis- und Kooperationspartnern zu gewinnen. Mindestens mit einzelnen
Bündnispartnern muss dazu auch nach außen Dialogfähigkeit hergestellt werden.
5.
Wenn es schließlich richtig ist, dass es in Dialogen um die Gewinnung sicherer gemeinsamer Orientierung unter den Bedingungen von Unsicherheit geht, dann hat
dies Konsequenzen für Formen demokratischer Beteiligung – und im Übrigen auch
für das Verhältnis von Wissenschaft und Praxis. Wissenschaft mag privilegierte Erkenntniszugänge haben – u.a. aufgrund ihrer Methodenreflexion, ihrer Orientierung
an einer regulativen Idee von Wahrheit und ihrer Entlastung von praktischen Handlungszwängen – aber auch sie kann zur Entwicklung neuer orientierender Leitbilder
nur in dialogischen Prozessen beitragen, ist auf das Wissen von Laien angewiesen.
Der Erfolg von Nachhaltigkeitsdialogen in Organisationen, die neues gemeinsam orientierendes Wissen generieren sollen, ist also daran gebunden, das Potential von Laien-Experten zu aktivieren.
Nimmt man diese fünf Punkte zusammen, so könnte man in Bezug auf das Thema unserer Untersuchung - Nachhaltigkeit und Gewerkschaften - leicht zu einem skeptischen Gesamturteil
18
zu kommen.18 Uns ist es hingegen wichtig einen gerade entgegengesetzten Akzent zu setzen.
Es ist ja wahr, dass wir hier viele in- und externe Widerstände sichtbar gemacht haben, die
dem bemerkenswerten Versuch einer Industriegewerkschaft in der Bundesrepublik Deutschland entgegenstanden, sich offensiv innerhalb des gesellschaftlich-politischen Nachhaltigkeitsdiskurses zu positionieren und entsprechende Anstrengungen zugleich dafür zu nutzen,
um das eigene Selbstverständnis besser den Herausforderungen der Zeit entsprechend zu
entwickeln. Der Versuch war gleichwohl bemerkenswert und angesichts dieser Widerstände
auch beachtlich erfolgreich. Ein Nachhaltigkeitsdialog ist in den Gewerkschaften fortgeschrittener westlicher Gesellschaften keineswegs aussichtslos. Die Frage, ob die Gewerkschaften
in der Bundesrepublik entsprechende Anstrengungen in Zukunft unternehmen werden, entscheidet sich nicht aufgrund der zweifellos vorhandenen internen Widerstände, mit denen
sie rechnen müssen – aufgrund ihres spezifischen Charakters als freiwilliger Mitgliederorganisationen und politischer Verbände. Er entscheidet sich vielmehr vor allem darüber, wie sie angesichts der sich absehbar weiter fortsetzenden tiefen gesellschaftlich-politischen Umbrüche, denen eine wachsende Zahl von Beobachtern einen epochalen Charakter beimisst, sowie
einer absehbar weiter fortschreitenden Krise ihrer eigenen überkommenen Orientierungen
und Handlungsmuster und eines weiter wachsenden Drucks auf eine Anpassung an ökonomische Zwänge bei weiter zunehmendem Verlust von tragfähigen Gestaltungsoptionen - selbst
die Herausforderungen beurteilen, denen sie als Organisationen der lebendigen Arbeit gegenüberstehen.
7.
Nachhaltigkeit als programmatischer Fokus einer Erneuerung von Gewerkschaften
Unser Beitrag steht u.a. im Kontext aktueller Debatten um eine Erneuerung der Gewerkschaften, die aktuell Impulse v.a. aus dem angelsächsischen Raum erhält (vgl Hälker, Vellay 2006;
Arbeitsgruppe Strategic Unionism 2006) Und in der Tat verweist jede Debatte um ein „union
renewal“ heute zwingend mindestens auf die EU als einer zusätzlichen, immer wichtigeren
Handlungsebene. Zugleich geht es nicht einfach um eine „technisch“ verengte Frage danach,
wie Gewerkschaften den „Turnaround“ in Bezug auf die sie gefährdende Mitgliederentwicklung durch eine geeignete Kampagnenpolitik schaffen können. Es geht vielmehr v. a. um die
Frage, wie die Gewerkschaften das hegemoniale „neoliberale Einheitsdenken“ (Bourdieu)
durchbrechen können, um aus ihrer politischen Defensive herauszukommen. Richard Sennett
macht in einem Gespräch über „die US-Gesellschaft in der Passivitätskrise“ den in diesem Sinne sehr umfassenden Charakter der Frage nach einem „union-renewing“ als Frage nach der
Möglichkeit des Wandels des Bewußtseins einer ganzen Gesellschaft deutlich. Er sagt:
„Das ist der Grund, weshalb ich mich so sehr für die Erneuerung der Gewerkschaftsbewegung einsetze. Sofern es den Gewerkschaften gelingt, sich zu
entnationalisieren und zu viel flexibleren Organisationen heranzureifen, die
18
Einige Praktiker, die die begrenzten Erfolge ihrer erheblichen Anstrengungen gerade durch unsere Untersuchung noch einmal vor Augen gefühgrt bekamen und manche Wissenschaftler, die unsere optimistischeren Ausgangshypothesen geteilt haben mögen haben bei der Diskussion unserer Befunde im Beirat unseres
Projekts entsprechend argumentiert.
19
noch einmal überdenken, was ihre eigentlichen Zwecke sind, könnten sie sich
zu Räumen entwickeln, in denen und aus denen heraus sich Formen eines viel
mehr zielgerichteten und spezifischen Handelns entfalten können, die über
das institutionelle Wahren eines Gleichgewichts der Kräfte zwischen zwei
Formen der Macht, von denen die eine aus den kapitalistischen Unternehmen
besteht, hinausgehen“ (Sennett 2006,34f).
Mit unserer Frage nach dem möglichen Beitrag von Gewerkschaften zum gesellschaftlichen
Nachhaltigkeitsdiskurs zielen wir in eine ähnliche Richtung. Unsere Überlegungen haben folgerichtig einen entsprechend weit gefaßten arbeitspolitischen Hintergrund (vgl. Scholz u.a.
2006).
Kampagnenorientiertes Organizing verfolgt demgegenüber zunächst einmal durchaus begrenztere Ziele, ist in seiner anspruchsvollsten Variante aber auch darauf aus, Gewerkschaften
von innen heraus zu verändern (Banks/Metzgar 1993). Auch transnationale Kampagnen (Greven 2003) wären ein Beispiel für anspruchsvolle Varianten. In national-spezifischen Kontexten
entwickelt, und nicht einfach daraus zu lösen (Scherrer 2005), geht es aber vornehmlich um
die Organisierung von Beschäftigten in geringer qualifizierten Produktions- und Dienstleistungsbereichen – in den USA insbesondere dort, wo zuvor nahezu keine gewerkschaftliche
Präsenz gegeben ist. Erst wenn eine Gewerkschaft hier mehr als 50% der Beschäftigten eines
Betriebes repräsentiert, kann sie einen Anspruch auf Vertretung von deren Interessen gegenüber dem Management geltend machen. Wie am Beispiel der Spaltung der US-Gewerkschaften zu sehen, liegt in entsprechenden Organizing-Konzepten und ihrer jeweiligen gewerkschaftspolitischen Gewichtung auch eine enorme Sprengkraft für die Gewerkschaften selbst
(Greven 2006). Organizing ist aber, wie das Beispiel LIDL zeigt, durchaus kreativ auf bundesrepublikanische Verhältnisse zu übertragen (Schreieder 2005). Es braucht allerdings Ressourcen
und langen Atem, führt bislang noch nicht zu raschen Mitgliederzuwächsen und ist unter den
Bedingungen immer noch hochgradig institutionalisierter, wenn auch deutlich erodierender,
Interessenvertretungsstrukturen in Kernbereichen gewerkschaftlichen Handelns (vgl. schon
Dörre 2002) vermutlich auf absehbare Zeit noch kein zentraler Ansatzpunkt..
Zwar ist Vieles an solchen Kampagnen bemerkenswert und innovativ: Die gezielte Suche nach
verwundbaren Stellen eines Konzerns, an denen man ansetzen kann, das Bemühen darum,
Bündnispartner für eine zunächst von außen ansetzende Kampagne zu finden, die Herstellung einer breiten Öffentlichkeit - u.a. um die Konzerne in ihren Kundenbeziehungen, ihrem
Image etc. zu treffen - und schließlich der Versuch, öffentliche Unterstützung für eher durchsetzungsschwache Beschäftigungsgruppen zu erreichen. All dies kann Gewerkschaften im öffentlichen Diskurs in die Offensive bringen, erfordert dazu aber qualifizierte und sorgfältige
Vorbereitung und Organisation. Zentral bleiben für die deutschen Gewerkschaften – unbeschadet aller Symptome einer fortgeschrittenen Erosionskrise, oder gerade deswegen – aber
immer noch die Kernbereiche ihres tarif- und betriebspolitischen Handelns. Allerdings finden
sich hier in der jüngsten Vergangenheit z.T. ähnliche Formen einer bisweilen sehr erfolgreichen Herstellung von Öffentlichkeit zur Skandalierung von Managementpraktiken oder auch
–strategien. Zu beobachten waren solche Vorgänge v. a. im Zusammenhang mit strategischen
20
Konzernentscheidungen deutscher Großkonzerne mit starker Marktposition, die Standorte
in konsequenter Durchsetzung der Imperative des Shareholder-Value-Kapitalismus in Frage
stellen (Siemens 2003/2004; Conti 2005; Siemens im Herbst 2006).19 Hier geht es um neue
Initiativen im Kernfeld. Hier können Gewerkschaften die Chance nutzen, gerade auch hochqualifizierte Beschäftigte in neu entstehenden öffentlichen Räumen in Dialoge zu ziehen oder
dort, wo Beschäftigte dieser Gruppe selbst von Prekarität bedroht werden, auch deren eigenständiges, primäres arbeitspolitisches Handeln zu unterstützen.20 Dies sind Beispiele konflikthaltiger sozialer Prozesse, die sich z. T. durch ganz neue Formen des Konflikthandelns ausgezeichnet haben. Auch dies bringt unter den bundesdeutschen Bedingungen von (noch) hohen
Institutionalisierungsgraden bislang nur in Einzelfällen rasche Mitgliedergewinne, aber doch
deutliche Positionsgewinne – in den konkreten Auseinandersetzungen und gegenüber einem
hegemonialen „neoliberalen Einheitsdenken“. Was im Blick auf die europäische Handlungsebene relativ nahe liegen würde, wäre sicherlich die Entwicklung transnationaler Kampagnen, in denen auf Konzernstrategien reagiert werden könnte, die zu Konflikten wie den hier
beispielhaft genannten, Anlass geben.
Die zentrale Herausforderung eines „union-renewal“ liegt dabei für die Gewerkschaften in
der Bundesrepublik u. E. in der Frage, ob und wie sie ihre institutionellen Strategien (also der
Verteidigung verbliebener institutioneller Bastionen - immer auch verknüpft mit dem Argument ihrer effizienzsteigernden Funktion nicht zuletzt durch Schaffung sozialen Ausgleichs
und Wahrung sozialen Friedens) mit einer Politik der aktiven Unterstützung von Neuansätzen primärer Arbeitspolitik verknüpfen können. J. Kocka (2003) hat den deutschen Gewerkschaften eine stärkere Rückbesinnung auf ihre Wurzeln als soziale Bewegung nahegelegt,
aber nichts dazu gesagt, wie die Bewahrung erkämpfter Institutionalisierung und die Wiederbelebung von sozialer Bewegung denn zusammengehen könnten. Und hier sind zweifellos
schwierige Fragen aufgeworfen, nicht zuletzt auch theoretischer Art (Martens 2005b). Eine
Voraussetzung dafür, zugleich selbst Institution und soziale Bewegung zu sein, liegt wohl,
allgemein formuliert, in der gezielteren, Konflikte nicht scheuenden (Schumann 2005), Anregung und Unterstützung des „Selbertuns“ der Beschäftigten. Die sind so zugleich als neue
„unselbständige Selbständige“ - also als Träger der neuen unternehmerischen Freiheit für alle
und als Erduldende der damit geschaffenen Ambivalenzen „zwischen Selbstbestimmung und
Selbstausbeutung“ (Martens u.a. 2001) - und als „neue individuelle zivilgesellschaftliche Subjekte“ anzuerkennen. Was kann für die Gewerkschaften hilfreicher sein, als dem „Selbertun“
der Menschen gegen eben seine neoliberale Einforderung Raum zu verschaffen? Und welche
prägenden institutionellen Orientierungen, vielleicht aber auch schwer kalkulierbaren Risiken
einer entsprechenden arbeitspolitischen Umorientierung halten sie von der Nutzung solcher
Chancen ab und wirken hier immer noch hemmend? Die Schaffung und Nutzung neu entstehender öffentlicher Räume für arbeitspolitische Initiativen wäre auf diese Weise doch denkbar. Wir haben auf einzelne Beispiele verwiesen, in denen dies gelungen ist. Im nationalen
19
Zum Siemenskonflikt in den Jahren 2002-2004 vgl. Martens 2005a,94-101 und Martens 2006, zum
Contkonflikt läßt die IGBCE derzeit eine Dokumentation erstellen, zu den Auseinandersetzungen bei Siemens
im Herbst 2006 vgl. Seith 2006 sowie Magenheim 2006.
20
Zum Begriff der „primären Arbeitspolitik“ vgl. Wolf 2001.
21
Handlungsrahmen liegen Verknüpfungen zu gewerkschaftlichen Initiativen in Kernbereichen
ihrer Betriebs- und Tarifpolitik („besser statt billiger“, Tarif aktiv“) (VGL: Schild 2005) nahe.
Im Blick auf die europäische Ebene bedeutet dies allerdings immer auch sofort: Positionierung
in der Standortkonkurrenz nach dem bekannten Muster, nach dem einem ‚das Hemd näher ist
als der Rock’. Hier sind also neue arbeitspolitische Initiativen, die ja als konkretes Handeln in
betrieblichen, lokalen und regionalen Kontexten beginnen müssen, auf Dauer nur dann produktiv zu nutzen, wenn die Gewerkschaften selbst in diesen neu entstehenden öffentlichen
Räumen aktiver als bislang und im offenen Dialog mit ihren (potentiellen) Mitgliedern Alternativen zum „neoliberalen Einheitsdenken“ entwickeln helfen würden. Dabei kommt Vorstellungen eines „qualitativen Keynesianismus“ (Zinn 2003) oder einer „nachhaltigen Entwicklung“ –gegen das neoliberale Rollback einige Bedeutung zu. Hier ergibt sich die Verknüpfung
zu den in diesem Aufsatz erörterten empirischen Befunden. Wir haben darauf verwiesen, dass
der Begriff der Nachhaltigkeit erstens nur eine unbefriedigende Übersetzung von „sustainable development“ ins Deutsche und zweitens im öffentlichen Diskurs zunehmend verwässert
worden ist. Wir verfügen aber dennoch über keinen besseren Begriff für die hier angezielten
Sachverhalte und wir haben nach der möglichen Bedeutung von Nachhaltigkeit für die Gewerkschaften im Hinblick auf die Entwicklung von Orientierungspunkten für eine neue Politik
der Arbeit gefragt. Er ist eben von den Gewerkschaften inhaltlich neu zu füllen und wieder zu
schärfen, um gegen die TINA-Politik (there is no alternative“) unserer Tage inhaltliche Alternativen stärker in die Diskussion zu bringen. Für die Gewerkschaften kommt der sozialen Nachhaltigkeit – als neben ökologischer, ökonomischer und institutioneller Nachhaltigkeit einer
von vier Dimensionen – sicherlich besondere Bedeutung zu. Aber nur dann, wenn sie diese für
ein soziales Europa ganz wesentliche Dimension stark machen können, und wer außer ihnen
könnte das tun, wird eine Chance bestehen, Debatten und Politikoptionen für ein soziales Europa neu zu beleben.21
Auf der Linie dieser Argumentation interpretieren wir das folgende Zitat eines hauptamtlichen Funktionärs der IG Bauen-Agrar-Umwelt interpretieren, den wir wie viele andere hauptamtliche Funktionäre im Rahmen unseres Projekts befragt haben.
„Ich sehe die Stärke einer Gewerkschaft (…) wenn sie den Sprung schafft, weg
von der großen Kampfgewerkschaft hin zu einer Dialogorganisation, die (…)
mit Worten, mit intelligenten Aktionen, mit Beratung es schafft, Arbeitnehmerinteressen in einer immer komplexer werdenden Welt (…) zu entwickeln.
(…) Nachhaltigkeit ist, nicht mehr auf die Straße zu gehen, sondern Nachhaltigkeit sind Projekte (...) mit Greenpeace zusammen oder in der Zementindustrie, aber mit Know-How, mit Intelligenz. Mit rhetorischen Fähigkeiten, mit
politischen Connections. (…) und im Kern verstehe ich unter Nachhaltigkeit,
dass eine Gewerkschaft dieses Spiel beherrscht, die Leute hat, die dieses Spiel
können (…) und dieses Spiel auch wollen.“
21
Zur aktuellen Debatte vgl. die Beiträge in Widerspruch, Heft 48,
22
Die in diesem Zitat gebündelten Einschätzungen dazu, ob und in welcher Weise Gewerkschaften als freiwillige Mitgliederorganisationen und politische Verbände das Thema Nachhaltigkeit offensiver aufgreifen und im politischen Diskurs der Gesellschaft besetzen können, sind
aufschlussreich und, im Hinblick auf die zu Beginn dieses Schlusskapitels im Anschluss an
R. Sennett aufgeworfenen Fragen, weiterführend. Es liegt auf der Hand, dass entsprechende Handlungsoptionen sich mit der Forderung nach einem „strahlkräftigen Bild unseres Gesellschaftsentwurfs“ verknüpfen lassen, den A. Schildt auf einem Workshop der IG Metall im
Sommer 2005 über arbeitspolitische Perspektiven der Gewerkschaften erhoben hat. In dieser
Debatte ging es darum zu vermeiden, dass gewerkschaftliche Initiativen wie z. B. „besser statt
billiger“ sich letztlich doch an der Shareholder-Value-Logik brechen, auf die sie reagieren und
die ihnen zunächst einmal vorgegeben ist. Entsprechende arbeitspolitische Zielvorstellungen
lassen sich überzeugend unter der Überschrift einer sozialen Nachhaltigkeit formulieren. Und
es geht bei der Mobilisierung von (potentiellen) Mitgliedern dann auch wieder um veränderte
Kommunikationsprozesse, nach innen wie nach außen, um das Schaffen neuer Dialogräume,
um die Entwicklung gewerkschaftlicher Vorstellung in Richtung auf ein „strahlkräftiges Bild“
von guter Arbeit und gutem Leben in einer immer noch immer reicher werdenden Gesellschaft, mit dem sich dann z. B. auch ein eigener – eben nachhaltiger - Begriff von Wettbewerbsfähigkeit ebenso verknüpfen läßt wie mit den in der aktuellen Debatte um gewerkschaftliche Erneuerung oft genannten Organizing-Konzepten.
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