ÖSTERREICH UND DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH Ausstellung des Österreichischen Staatsarchivs Katalog zur Ausstellung des Österreichischen Staatsarchivs Haus-, Hof- und Staatsarchiv 25. April - 22. Oktober 2006 Herausgegeben von der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs Umschlagfoto: Entwurf Höhere Graphische Bundes-Lehr- und Vesuchsanstalt Wien, Klasse 3/4 KGD Kuratoren: Michael Göbl (MG), Thomas Just (TJ) Mitarbeiter: Leopold Auer (LA), Michael Göbl (MG), Gerhard Gonsa (GG), Herbert Hutterer (HH), Thomas Just (TJ), Eva Ortlieb (EO), Irmgard Pangerl (IP), Ernst Petritsch (EP), Robert Rill (RR), Elisabeth Springer (ES) Redaktion und Layout: Michaela Follner © 2006 Österreichisches Staatsarchiv, A-1030 Wien, Nottendorfergasse 2 © Die Herausgeber Alle Rechte vorbehalten Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. 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Gedanken zur Ausstellung................................................................................................... 3-5 Karl Otmar von A r e t i n Österreich und das Heilige Römische Reich deutscher Nation nach 1648 ................................................................................................... 7-26 KATALOGTEIL I Kaiser, Könige und Landesfürsten............................................................ 27-52 II Österreich in den Friedensschlüssen des Reiches ..................................... 53-63 III Türkenabwehr und Reichstürkenhilfe....................................................... 64-79 IV Wien als Kaiserresidenz ........................................................................... 80-95 V Das Kaisertum Österreich und das Ende des Heiligen Römischen Reiches ................................................................................ 96-107 VI Symbole und Strukturen ....................................................................... 108-113 ANHANG Abkürzungen ....................................................................................................... 114 ZUM GELEIT Der 18. Mai 1804 mit der Selbstproklamation Napoleons zum „Kaiser der Franzosen“ war nicht von ungefähr gekommen und auch die daraus resultierenden Wünsche des Korsen gegenüber dem „Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation“, das der Reichsdeputationshauptschluss von 1803 schon nur mehr als „Deutsches Reich“ bezeichnet hatte, waren absehbar. Es ging dabei nicht allein um die Herausgabe des Schwertes und des Evangelienbuches Karls des Großen, die durch Frankreich von Kaiser Franz II. verlangt wurden, Staatskanzler Johann Philipp Graf Cobenzl sah in der Folge unter anderem als Möglichkeiten: Es sey nun, daß dieser erbliche Titel auf die eigenen Hauslande radiziert werde, wodann die so ansehnlichen in der Österreichischen Monarchie vereinigten Königreiche und Staaten allerdings einen der Kaiserkrone würdigen Komplexus darbiethen würden […]. Zwei Jahre lang war Franz II./I. somit Träger zweier Kaiserkronen, eine politisch/diplomatisch nicht immer klare Situation. Am 11. August 1806 erfolgte in Wien die feierliche Proklamation des Erbkaisertums Österreich. Seine Majestät haben Sich in dieser Hinsicht nach reiflicher Überlegung entschlossen, den neuen erblichen Kaiser-Titel nicht auf eines von Ihren Erbländern in Sonderheit, sondern auf den Complex um aller ihrer unabhängigen Staaten und auf die Person des Regenten, der diese Staaten unter seinem Szepter vereinigt, dergestalt zu radizieren, daß die einzelnen Königreiche und Staaten Ihre bisherigen Titeln, Verfassungen und Vorrechte ungeschmälert beibehalten; desgleichen auch jene Verhältnisse vollkommen aufrechterhalten werden, durch welche Ihre deutschen Erblande mit dem deutschen Reich verknüpft sind. Franz I. von Österreich hatte mit seiner Würde keine Freude und er entwickelte auch keine innere Beziehung zur Österreichischen Kaiserkrone. Dass ihm die deutsche Kaiserkrone nichts bedeutete, lag an den Zeitumständen, dass er aber aus der österreichischen Kaiserwürde so gar nichts gemacht hat, ist weniger verständlich, wie der Historiker Helmut Rumpler mit Recht meint.1 Ging das 200-Jahrgedenken der Gründung des Österreichischen Kaisertums ohne spezielle Veranstaltungen vorüber, so steht 1806/2006 im Mittelpunkt mehrer „Erinnerungen“. 1 Vgl. allgemein dazu R u m p l e r , Helmut: Eine Chance für Mitteleuropa. Bürgerliche Emanzipation und Staatsverfall in der Habsburgermonarchie (= Österreichische Geschichte 1804–1914, hrsg. v. Herwig Wolfram), Wien 1997, 9. S. 57 ff. 1 Im Rahmen der EU-Präsidentschaft eine Ausstellung zu veranstalten war schon seit längerem ein Anliegen der Präsidialsektion des Bundeskanzleramtes und der Generaldirektion des Österreichischen Staatsarchivs. Dass dafür die Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv mit den dort verwahrten einschlägigen Materialien zu 1806 und seiner Vorgeschichte als Ort der Exposition bestens geeignet wäre, stand nach einer vorerst anders angedachten Version, die bedauerlicherweise nicht zustande kam, sofort fest. Die anderen historischen Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs wurden wie stets bei Veranstaltungen der Gesamtinstitution eingebunden. Es ist das Vorrecht des Generaldirektors allen an der Planung und Durchführung Beteiligten Dank zu sagen, besonders dem Direktor des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Hofrat Hon.-Prof. Dr. Leopold Auer und den unmittelbaren Mitarbeitern für diese Ausstellung, Herrn Hofrat Mag. Dr. Michael Göbl und Herrn Mag. Thomas Just. Sie waren diejenigen, die das Konzept und gemeinsam mit den Damen und Herren ihrer Abteilung sowie den übrigen Leihgebern die Ausstellung erarbeitet haben. Für die Informationsarbeit und den Katalog zeichnet die Stabsabteilung des Österreichischen Staatsarchivs mit Herrn Hofrat Dr. Gerhard Artl und Frau Amtsdirektorin Michaela Follner in bewährter Weise verantwortlich. Diese Ausstellung bietet den Besucherinnen und Besuchern ein informatives Bild der für Österreich sehr entscheidenden Zeit am Beginn des 19. Jahrhunderts und auf ihr aufbauend sollte das Interesse an der Geschichte der behandelten Zeit, gerade auch während der Präsidentschaft in der Europäischen Union, bei den Besucherinnen und Besuchern noch erhöht werden. Hon.-Prof. Dr. Lorenz MIKOLETZKY Generaldirektor des Österreichischen Staatsarchivs 2 ÖSTERREICH UND DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH. GEDANKEN ZUR AUSSTELLUNG LEOPOLD AUER Mit der vom Österreichischen Staatsarchiv veranstalteten Ausstellung soll zum Jubiläum des Reichsendes die Beziehung Österreichs zum Heiligen Römischen Reich thematisiert werden, die gleichzeitig mit der Frage nach dem Platz Österreichs in der deutschen Geschichte verbunden ist. Die Antwort auf diese Frage ist – unnötig zu erwähnen – eng mit der jeweiligen Gegenwart und politischen Situation verknüpft und sieht für 1848 anders aus als für 1867, für einen Historiker wie Heinrich von Srbik anders als für uns, wobei es auch in der gegenwärtigen österreichischen Historiographie Strömungen gibt, die die Verbindung zur deutschen Geschichte stärker betonen, und andere, die den habsburgischen Vielvölkerstaat stärker in den Vordergrund stellen Das Heilige Römische Reich, das vor zweihundert Jahren zu Ende gegangen ist, war ein politisches Gebilde ganz eigener Art. Nach den immer wieder zitierten Worten Samuel von Pufendorfs, der im Zusammenhang damit auch den Begriff des Monstrums verwendet hat, stellte es weder eine beschränkte Monarchie noch ein System von mehreren durch ein Bündnis verknüpften Staaten dar, sondern am ehesten ein Mittelding zwischen beiden. Aus dem Wunsch nach einer Fortsetzung des westlichen Teiles des Imperium Romanum unter Karl dem Großen in Konkurrenz zu Byzanz entstanden, entwickelte es sich seit dem 15. Jahrhundert in Richtung eines Staates der Deutschen, auch wenn es das nie ganz geworden, sondern bis zu seinem Ende ein übernationales Gebilde eigener Prägung geblieben ist. Eben deshalb drängt sich auch bei aller Unterschiedlichkeit der Vergleich mit der heutigen Europäischen Union auf, der der Beschäftigung mit dem Alten Reich neue Aktualität verleiht. Österreich war bis zur Niederlegung der römischen Kaiserkrone durch Kaiser Franz II. ein Teil dieses Reiches. Alles was zum heutigen Österreich gehört, hatte stets auch einen Teil des Reiches gebildet, auch wenn Österreich seit 1526 seine Bestimmung zunehmend in der durch die Vereinigung Böhmens und Ungarns mit den österreichischen Erblanden entstandenen Habsburgermonarchie fand, die seit Philipp Wilhelm Hörnigks bekanntem Buch „Österreich über alles, wenn es nur 3 will“ (1684) immer häufiger und mit der Errichtung des Kaisertums 1804 auch offiziell als Österreich bezeichnet wurde. Das Verhältnis zwischen diesen beiden zeitweise ganz unterschiedlichen Reichsgebilden und den ihnen zugrunde liegenden Konzeptionen, das im Verhältnis zwischen deutscher und österreichischer Geschichte eine gewisse Entsprechung findet, war über Jahrhunderte hinweg ein komplexes und ambivalentes. Einerseits entwickelte sich schon früh das Bewusstsein einer auserwählten Stellung innerhalb des Reiches, wie es unter Rudolf dem Stifter in der Bezeichnung Herz und Schild des Reiches und später in der Türkenabwehr zum Ausdruck kommt; andererseits lässt sich ebenfalls schon ab dem späten Mittelalter das Entstehen einer gewissen Distanz beobachten, die zu Ausnahmen im Verhältnis zu Reichsinstitutionen führen konnte. Die Doppelfunktion der Habsburger als Reichsoberhaupt und Herrscher der Habsburgermonarchie führte immer wieder zu „Parallelaktionen“ (z. B. österreichische neben kaiserlichen Gesandten wie in Münster und Osnabrück, doppelte Vertragsabschlüsse mit dem Reich und der Monarchie wie z. B. Rastatt/ Baden) aber auch zu Konflikten zwischen Reichs- und österreichischen Institutionen oder zwischen Reichs- und österreichischer Politik (z. B. in der Behandlung der italienischen Reichslehen, bei der San Remo-Frage, beim Reichshofratsprozeß gegen Friedrich den Großen etc.). Die Ideologie von der auserwählten Stellung des Erzhauses, die letztlich auf Rudolf den Stifter (aufgegriffen von Friedrich III.) zurückgeht, wurde aus einer Haltung gegen das Reich entwickelt, erhielt ihre reale Basis aber erst durch das Kaisertum der Habsburger, das im Bewusstsein späterer Zeiten mit dem anschließenden österreichischen Kaisertum zu einer Einheit verschmolz (so wenn etwa Maria Theresia im Gedächtnis volkstümlicher Überlieferung als österreichische Kaiserin erscheint). Mit der Auflösung des Reiches wurde, um mit der österreichischen Historikerin Brigitte Mazohl-Wallnig in ihrem aus Anlass des Reichsendes veröffentlichten Buch zu sprechen, „in Österreich eine politische Tradition hinterlassen, welche dem Siegeszug des Nationalstaats bis zuletzt das Modell einer multinationalen Ordnung gegenüberstellte“. Ähnliches gilt für die Traditionen der Geschichtswissenschaft. Die österreichische Geschichtswissenschaft konnte nicht wie die deutsche nach der Reichsgründung von Versailles die Reichsgeschichte als Vorgeschichte eigener nationaler Staatlichkeit verstehen. Vielmehr suchte sie die übernationale Tradition des Reiches mit der übernationalen Struktur der Habsburgermonarchie in Einklang zu bringen, und entwickelte daher ein besonderes Verständnis für die Spätzeit des Reiches, das von Fritz Fellner als Kennzeichen der österreichischen Geschichtswissenschaft vor und nach dem Ersten Weltkrieg im Verhältnis zum Reichsproblem angesehen wird. Das Jahr 1945 hat diese Tradition vorerst unterbrochen, weil die Beschäftigung mit dem Reich durch 4 die nationalsozialistische Reichsideologie diskreditiert war. Gerade der Rückgriff auf Positionen wie jene Hans von Voltelinis könnte aber einen neuen Zugang zur Reichsgeschichte eröffnen, der über Österreich hinausweist und die übernationale Komponente der Reichsgeschichte hervorhebt, die auch mit deutscher Geschichte nie einfach deckungsgleich gewesen ist. Deutsche, österreichische und Reichsgeschichte erscheinen in solcher Sicht wie Kreise unterschiedlicher Größe und unterschiedlicher Mittelpunkte, deren Flächen sich teilweise überlagern. Für den Entschluss zur Ausstellung hat neben dem Umstand, dass sie Teil des kulturellen Rahmenprogramms der EU-Präsidentschaft Österreichs sein soll, die Überlegung eine Rolle gespielt, dass Österreich einige wesentliche Stücke aus der Erbmasse des Reiches wie die Reichskleinodien oder die Reichsarchive besitzt. Auch sonst hat die Zugehörigkeit zum Reich ihre Spuren in der österreichischen Geschichte hinterlassen; vor allem die Entwicklung Wiens ist stark von seiner Rolle als Kaiserresidenz geprägt worden. Die Ausstellung präsentiert in sechs Gruppen ausschließlich archivalische Dokumente aus den Abteilungen des Österreichischen Staatsarchivs, vornehmlich der Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv, die die Rolle Österreichs im Reich veranschaulichen sollen. Schwerpunkte bilden dabei die Doppelfunktion der Habsburger als Kaiser bzw. Könige und Landesfürsten, die häufig eine Entsprechung in dem konkurrierenden oder parallelen Abschluss von Verträgen zwischen dem Reich und/oder Österreich einerseits und europäischen Mächten andererseits findet, die das Reichs- mit dem österreichischen Interesse verbindende Türkenabwehr und der schriftliche Niederschlag, den die Rolle Wiens als Kaiserresidenz seit der frühen Neuzeit in archivalischen Dokumenten gefunden hat. Ein besonderes Kapitel ist dem Übergang zum Kaisertum Österreich und dem Ende des Reiches gewidmet, womit zugleich die Verbindung zum zweihundertjährigen Jubiläum des Reichsendes als Anlass der Ausstellung hergestellt wird. Zahlreiche Veranstaltungen werden auf dieses Jubiläum aufmerksam machen, vor allem auf die große kulturhistorische Reichsausstellung, die ab Ende August 2006 in zwei Teilen in Magdeburg (für das Mittelalter) und in Berlin (für die Neuzeit) zu sehen sein wird, ist hier hinzuweisen. Ihr soll die im Verhältnis dazu kleine Ausstellung des Österreichischen Staatsarchivs, die aber nichtsdestoweniger wichtige Objekte präsentieren kann, die zum Teil dann auch in Magdeburg und Berlin gezeigt werden, gleichsam als Präludium vorangehen. 5 ÖSTERREICH UND DAS HEILIGE RÖMISCHE REICH DEUTSCHER NATION NACH 1648 KARL OTMAR VON ARETIN Nach Ansicht der Historiographie des 19. Jahrhunderts stellte der Westfälische Friede einen Tiefpunkt in der Geschichte der Römischen Kaiser dar2. Als die Vertragsinstrumente in Münster unterschrieben wurden, war der Kaiser militärisch besiegt. Seine Rechte sah man in einer Weise beschränkt, die Gustav Droysen zu der Überzeugung brachte, das Heilige Römische Reich deutscher Nation habe 1648 zu existieren aufgehört3. Im Dreißigjährigen Krieg und in den ersten Jahren nach dem Westfälischen Frieden erschienen so viele Schmähartikel gegen das Haus Habsburg, dass es nicht verwunderlich gewesen wäre, wenn die Kaiserwürde auf eine andere Dynastie übergegangen wäre4. Aber weder im Frieden noch in den ersten Jahren danach war die Idee, Kaiser Ferdinand III. abzusetzen, ernsthaft erwogen worden. Seine Politik wurde aber mit Argusaugen dahin beobachtet, wie er sich zu den Bedingungen des Westfälischen Friedens verhalten würde. Würde er die Beschränkungen seiner Macht hinnehmen oder würde er versuchen, den Frieden zu seinen Gunsten zu revidieren. Um das zu verhindern, hatten die Siegermächte Frankreich und Schweden den Frieden garantiert. Es blieb zwar unklar, was diese Garantie konkret bedeutete, aber eine von Ferdinand III. angestrebte Revision des Friedens hätte mit Sicherheit eine Reaktion der Garantiemächte herausgefordert. Aber Ferdinand dachte nicht daran. Er ließ, als der erste Reichstag nach dem Frieden 1653 in Regensburg zusammentrat, den Text des Friedens mit allen seinen Paragraphen in den Reichsabschied aufnehmen und damit zu einem Teil der Reichsverfassung machen. Er blieb auch bei dieser Haltung, als 1649 die französische Monarchie durch den Frondeaufstand (1649– 1653) in eine schwere Existenzkrise geriet. Der spanische Vetter Philipp IV. drängte ihn, den Kampf wieder aufzunehmen. Aber Ferdinand versagte sich, wohl wissend, dass er mit einer Entscheidung für einen Krieg sein Kaisertum aufs Spiel 2 Die vorgetragenen Gedanken sind die Quintessenz meiner vierbändigen Darstellung „Das Alte Reich 1648–1806“, Stuttgart 1993–2000. Auf dieses Werk sei allgemein verwiesen. D r o y s e n , Gustav: Geschichte der preußischen Politik. Teil 3 Abt. 1, 1861, S. 338 f. Der härteste Angriff auf das habsburgische Kaisertum ging von Borislaw von Chemnitz und seinem unter dem Pseudonym Hippolithus a Lapide zwischen 1640 und 1647 erschienen Schrift Dissertatio de ratione status in Imperio nostro Romano-Germanico aus. 3 4 7 setzen würde. Die 158 Jahre bis 1806 blieben der Kaiser und das Reich den Bedingungen des Westfälischen Friedens unterworfen. Ferdinand III. schuf mit seiner Entscheidung die Voraussetzung für das Römische Kaisertum des Hauses Österreich nach 1648. Sein Sohn Leopold fügte in seiner langen Regierungszeit eine zweite wichtige Tatsache hinzu. Indem er sich für die Existenz mindermächtiger Reichsstände einsetzte und mit seiner Politik die politische Bedeutung der Landstände bei den mächtigeren Reichsfürsten unterstützte, gab er dem Einfluss des Kaisers im Reich eine Basis, die bis zur Säkularisation tragfähig blieb. Die von ihm herbeigeführte Lösung der Reichsverfassung band alle Glieder des Reiches in die Reichsverteidigung ein. Die Bedrohung des Reiches durch die Kriege Ludwigs XIV. und den Ansturm der Türken ließ diese Leistung des Kaisers in den Hintergrund treten. Sie wurde zur Belastung, als Österreich nach dem Spanischen Erbfolgekrieg in den Rang einer Großmacht aufstieg. Leopolds Reichspolitik entsprach zwar der im Westfälischen Frieden konzipierten Rolle des Reiches als Kernstück einer europäischen Friedensordnung, sie wurde aber zum Hindernis, als mit Preußen eine protestantische Großmacht im Reich entstand. Reichspolitik und österreichische Großmachtpolitik gingen seither in Wien getrennte Wege. Im Kaisertum Österreichs von 1804 vollendete sich die in der Pragmatischen Sanktion Karls VI. angelegte Entwicklung Österreichs zur eigenständigen souveränen Existenz außerhalb des Reiches. I Zunächst galt es, das Vertrauen der Reichsstände zu gewinnen. Es war ein kluger Schachzug Kaiser Ferdinands III., den Reichstag in Regensburg mit allem Pomp, den das Reich entwickeln konnte, zu eröffnen. Noch vor Beginn der Verhandlungen gelang dem Kaiser ein wichtiger Erfolg. Die Kurfürsten wählten am 31. Mai 1653 in Regensburg seinen Sohn Ferdinand zum Römischen König. Damit war klar, dass an der Kaiserwürde der österreichischen Habsburger nicht gerüttelt werden sollte. Am 30. Juni eröffnete der Kaiser feierlich den Reichstag5. Neben der Aufnahme des gesamten Textes des Westfälischen Friedens in den Reichsabschied sind auf diesem Reichstag eine Reihe wichtiger Beschlüsse gefasst worden. Das Reichskammergericht wurde reformiert und eine Exekutions- und Visitationsordnung beschlossen. Die Stellung des Städtekollegiums am Reichstag gegenüber dem Kurfürstenkollegium und dem Fürstenrat wurde geregelt. Mit großem Geschick wehrte der Kaiser alle Angriffe auf seine Stellung ab. Dieser 5 Der Regensburger Reichstag von 1653/54 hat in der Arbeit von M ü l l e r , Andreas: Der Regensburger Reichstag von 1653/54, eine Studie zur Entwicklung des Alten Reiches nach dem Westfälischem Frieden, 1992, eine erschöpfende Darstellung gefunden. 8 Reichstag hatte bewiesen, dass das Reich auch unter den Bedingungen des Westfälischen Friedens von einem Kaiser regiert werden konnte. Ferdinands Stellung auf diesem Reichstag war gegen Ende so stark, dass er am 16. März 1654 aus eigener Machtvollkommenheit und ohne die Kurfürsten und Fürsten zu fragen eine neue Reichshofratsordnung erließ. Der Reichshofrat war oberste Instanz, Verfassungsgericht und oberster Lehenshof. In bestimmten Fällen konnten Untertanen, ebenso wie vor dem Reichskammergericht, gegen ihren Landesherren klagen. 1654 starb der ein Jahr zuvor zum Römischen König gewählte Ferdinand IV. Der zweite Sohn des Kaisers, Leopold, war erst 14 Jahre alt und konnte als Minderjähriger nicht zum Römischen König gewählt werden. Als Ferdinand III. 1657 starb war es daher zweifelhaft, ob Leopold zum Kaiser gewählt werden würde. Es herrschte lange Zeit Unstimmigkeit darüber, ob man den gerade 18 Jahre alt gewordenen Habsburger zum Kaiser nominieren sollte. Mehr als ein Jahr war seit dem Tod Ferdinands III. am 2. April1657 vergangen, als Leopold I. am 1. August 1658 gewählt wurde6. Die Wahl seines Onkels Erzherzog Leopold Wilhelm, Erzbischof von Magdeburg, des bayerischen Kurfürsten Ferdinand Maria, ja sogar Ludwigs XIV. wurde erwogen und wieder verworfen. Der junge, ungewöhnlich hässliche, aber hochbegabte Leopold musste sich erst das Vertrauen im Reich erobern. Leopolds Ansehen im Reich hatte gleich zu Beginn seiner Regierungszeit einen Dämpfer erhalten. Die mächtigeren Fürsten verbanden sich im selben Jahr 1658 im ersten Rheinbund und gaben damit unmissverständlich zu verstehen, dass sie die Reichspolitik bestimmen wollten. Der Protektor des Rheinbundes war Ludwig XIV. Dieser verspielte durch seine aggressive Politik jedoch die Möglichkeiten, die er als Garant des Westfälischen Friedens im Reich besaß. Im Devolutionskrieg, dem Pfälzischen Erbfolgekrieg und den berüchtigten Reunionen, riss der französische König im Elsaß und der Pfalz Stück für Stück des Reichsgebietes an sich. Ludwig XIV. wurde vom Partner zum bedrohlichen Aggressor. Die Besetzung Straßburgs 1681 war ein Höhepunkt dieser Politik, die im Reich Empörung auslöste. Schon 1667 ließ sich der Rheinbund nicht mehr verlängern. Das Ansehen Leopolds I. hatte zugenommen, auch wenn er nicht die Macht besaß, die verlorenen Gebiete zurückzuerobern. Seine Armeen wurden während der Kriege zum großen Teil durch Subsidien von den Seemächten Holland und England bezahlt. Das hatte zur Folge, dass in den Friedensschlüssen die Forderungen von Kaiser und Reich von den Geld gebenden Mächten nur selten berücksichtigt wurden. Leopold I. hat die französischen Eroberungen nie 6 Neben der älteren Literatur sind die Verhandlungen, die zur Wahl Leopolds I. führten ausführlich dargestellt bei R e d l i c h , Oswald: Weltmacht des Barock. Österreich in der Zeit Kaiser Leopold I., 1961, S. 43-47. 9 anerkannt. Im Regensburger Stillstand 1684 wurde er gezwungen, zwanzig Jahre auf Rückforderungen zu verzichten. Die Siege Prinz Eugens gegen die Türken verliehen dem Kaisertum den Glanz, Verteidiger des Christentums gegen die Ungläubigen zu sein. Die im Ganzen erfolgreiche Abwehr gegen die aggressive Politik Ludwigs XIV. und die Erfolge im Kampf gegen die Türken nach der Belagerung von Wien 1683 erhöhten das Ansehen Leopolds als Kaiser. Fast noch wichtiger waren die Erfolge, die Leopold I. in der inneren Reichspolitik errang. Im ersten Rheinbund hatten sich die mächtigeren Fürstenstände unter den Schutz der Garantiemacht Frankreich gestellt. Sie hatten damit eindrucksvoll bestätigt, dass sie die im Westfälischen Frieden enthaltenen Möglichkeiten, das Reich in eine Föderation mächtiger Fürsten zu verwandeln, verwirklichen wollten. Die in diesem Frieden besonders hervorgehobene Landeshoheit der Reichsfürsten und deren Recht, Bündnisse mit auswärtigen Mächten zu schließen, betonten diese Tendenz. Derselbe Friede sprach aber auch eine Garantie für die Existenz aller Reichsstände, also auch der Mindermächtigen und der geistlichen Fürsten, der Reichsgrafen, der Reichsstädte und der Reichsritterschaft aus. Für diese hatte das Bündnisrecht mit auswärtigen Mächten, zum Teil auch die Landeshoheit keine bzw. nur eine untergeordnete Bedeutung. In einem zähen Kampf gelang es Leopold I., die föderalistischen Tendenzen der größeren Stände zurückzudrängen und die Rechte der so genannten Mindermächtigen zu stärken. Mit Recht sah er in ihnen seine eigentliche Klientel, deren Existenz durch ihn und die obersten Reichsgerichte gesichert wurde. Die Reichsstädte und die Reichsritterschaft unterstanden dem Kaiser direkt. Die geistlichen, die mindermächtigen Fürsten und Reichsgrafen sahen im Kaiser ihren Schutzherren vor der Bedrohung durch die so genannten armierten Fürsten, wie sich jene Fürsten nannten, die genügend Geld besaßen, um eine eigene Truppe zu unterhalten. Die im Westfälischen Frieden den Reichsfürsten eröffnete Möglichkeit, Bündnisse mit auswärtigen Mächten zu schließen, war für die armierten Stände Anlass, Überlegungen anzustellen, um eigene größere Armeen zu unterhalten. Ohne solche war ja dieses Bündnisrecht kaum zu verwirklichen. Die in den meisten Ländern existierenden Landstände, mit ihrem Recht, Steuern zu bewilligen, konnten hier leicht eine Behinderung bilden. Zahlreiche Fürsten fühlten sich durch die Landstände auch in ihrer Landeshoheit eingeschränkt. Bei seinen Bestrebungen, die Mindermächtigen zu schützen, engagierte sich Leopold I. daher für die Rechte der Landstände und insbesondere für ihr Privileg, Steuern zu bewilligen. Bei den Verhandlungen, die zum Westfälischen Frieden führten, wurde von protestantischen Fürsten zum ersten Mal die Forderung erhoben, die Landstände zu verpflichten, alle Kosten für die Landesverteidigung zu tragen. Mit 10 dieser Forderung konnten sich die Fürsten in Münster und Osnabrück nicht durchsetzen. Sie wurde aber auf dem ersten Reichstag nach dem Frieden 1653 erneut erhoben. Auch da gelang es den Fürsten nicht, ihr Anliegen ganz zu verwirklichen. In der auf dem Reichstag von Regensburg von 1653/54 beschlossenen Exekutionsordnung wurden die Landstände jedoch zum ersten Mal verpflichtet, die ihrem Land in Reichs- und Kreisangelegenheiten verfassungsmäßig erwachsenen Belastungen mit zu tragen. Was die Kosten für die Landesverteidigung betraf, wurde im § 180 des Reichsabschieds den Landständen auferlegt, für den Unterhalt der Landesfestungen und Garnisonen, „einen beihilflichen Beitrag“ zu leisten. Das war wieder einer jener unklaren Bestimmungen, wie sie auch im Text des Westfälischen Friedens mehrfach zu finden waren, und natürlich einen heftigen Streit über die Auslegung auslösten. Im so genannten Reichsabschied waren die Ergebnisse des Reichstages in schriftlicher Form zusammengefasst und wurden damit Reichsgesetz. In der Wahlkapitulation für Leopold I. von 1658 setzten die Kurfürsten Bestimmungen durch, die den Landständen erhebliche Beschränkungen auferlegten. Ohne Genehmigung des Landesherren durften sie keine Versammlung abhalten. Sie durften nicht von sich aus die Höhe der Steuern bestimmen, und sie durften nicht am Reichshofrat gegen ihren Landesherren klagen. Seit 1663 tagte der Reichstag in Regensburg als Gesandtenkongress ständig. Auf diesem Reichstag brachte Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern einen Entwurf eines Reichsgesetzes ein, das die Landstände verpflichtete, die gesamten Kosten der von den Fürsten unterhaltenen Armeen zu übernehmen. Der Antrag fand im Reichstag eine breite Mehrheit. Die Forderung war berechtigt, denn das Recht, mit auswärtigen Mächten Bündnisse abzuschließen, hatte ja nur Sinn, wenn die Fürsten über eigene Truppen verfügten. Kaiser Leopold I. weigerte sich jedoch, den vollen Wortlaut des Gesetzes zu ratifizieren. Ein Gutachten des Reichshofrates hatte ihn gewarnt, dass bei In- Kraft- treten des Gesetzes die Fürsten die Kosten ihrer Armeen so hochtreiben würden, dass die Landstände daran zugrunde gehen würden. Der Kaiser ratifizierte daher nur jenen Teil des Reichstagsbeschlusses, der die Landstände verpflichtete, den Unterhalt der zur Reichsverteidigung notwendigen Truppen zu übernehmen. Das war eine kluge Lösung, die nur den Nachteil hatte, dass die zur Reichsverteidigung notwendigen Mittel nicht näher fixiert wurden. Zwar gab es eine Matrikel aus dem Jahre 1521. Aber die hier festgehaltenen Werte und Angaben waren längst überholt. Die Kurfürsten und Fürsten, die den Beschluss des Reichstages getragen hatten, waren über das Verhalten des Kaisers so empört, dass sie einen Bund gründeten, der den Kaiser zwingen sollte, das Gesetz doch mit vollständigem Wortlaut zu ratifizieren. Sie wollten bis dahin alle kaiserlichen Geldforderungen am Reichstag ablehnen. Das war eine ernste Warnung, denn das 11 Reich wurde in dieser Zeit von Ludwig XIV. und den Türken bedroht. Aber Leopold blieb hart. Er ließ sich wegen der Ratifizierung des Reichsgesetzes in keine Verhandlungen ein. Wohl aber begann er 1680 Gespräche über eine Reichskriegsverfassung. Die Fürsten größerer Länder, die so genannten Armierten, boten eine Reichsarmee an, die aus ihren eigenen Armeen gebildet werden sollte. Die kleineren Territorien, die mindermächtigen Reichsfürsten, Reichsgrafen und Reichsstädte, sollten mit Geldzahlungen zum Unterhalt der Privatarmeen der Fürsten beitragen. Damit hätten die Fürsten zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Die Landstände hätten die Kosten dieser Armeen, die ja nun Teile der Reichsverteidigung gewesen wären, tragen müssen. Der Kaiser aber wäre von diesen Armeen abhängig gewesen. Leopold ließ sich deshalb auf dieses Angebot nicht ein. In eingehenden Verhandlungen erreichte er in der vorläufigen Reichskriegsverfassung die Bildung einer Reichsarmee von im Frieden 40 000 Mann, die in Kriegszeiten verdoppelt und verdreifacht werden konnte. Sie sollten nicht von den Fürsten, sondern von den Reichskreisen gebildet werden. Die Reichskreise legten fest, wie viele Soldaten der einzelne Reichsstand zu stellen hatte. Das Reich war seit dem 16. Jahrhundert in zehn Reichskreise aufgeteilt. Die Kreise hatten beim Unterhalt und der Organisation des Reichskammergerichtes eine wichtige Funktion. Nun kam die Organisation der Reichsverteidigung dazu. Was dabei herauskam, war eine merkwürdige Armee. Wie sollte ein schlagkräftiges Heer entstehen, wenn kleinere Reichsgrafen oder Reichsstädte z. B. nur einen Infanteristen und zwei Reiter zu stellen hatten, Johann Jacob Moser schrieb denn auch im 6. Band seines „neuen Teutschen Staatsrechts“: Die bei einem Reichskrieg und einer Reichsarmee sich äußernden Gebrechen sind groß, auch viel und mancherlei, daß man, so lange das Teutsche Reich in seiner jetzigen Verfassung bleibt, demselben auf ewig verbieten sollte, einen Reichskrieg zu führen, so lange es möglich ist7. Kaiser Leopold war es damit gelungen, den für die Mindermächtigen so bedrohlichen Gegensatz zwischen den Armierten und Nichtarmierten zu beseitigen. Zur Reichsarmee trugen alle bei, auch wenn sie nur wenige Mann zu stellen hatten. Mit dieser Reichskriegsverfassung waren auch die Kosten fixiert, die die Landstände für das Militär zu tragen hatten. Eine reine Verteidigungsarmee war entstanden, die z. B. die Grenzen des Reiches nicht überschreiten durfte. In der akuten Bedrohung durch die Kriege Ludwigs XIV. und den Ansturm der Türken war Leopold ein großes Risiko eingegangen. Diese Armee war nur in Verbindung mit der kaiserlichen österreichischen Armee einsetzbar. 1681 war die vorläufige Reichskriegsverfassung vom Reichstag beschlossen und vom Kaiser ratifiziert worden. Kaiser Leopold hatte damit auch die Absicht vieler Fürsten durchkreuzt, 7 M o s e r , Johann Jacob: Neues Teutsches Staatsrecht. Band 6, S. 810. 12 über eigene Armeen zu verfügen. Das Bündnisrecht der Fürsten war damit ziemlich wertlos geworden. Über diese Reichsarmee ist viel gespottet worden. Wenn man sie vom militärischen Standpunkt her betrachtet, ist der Spott nicht unberechtigt. Aber Leopold I. ging es nicht um eine schlagkräftige Armee. Er wollte den seit dem Westfälischen Frieden möglichen Aufstieg von Reichsfürsten zu bündnisfähigen völkerrechtlichen Partnern verhindern. In diesem Zusammenhang war es wichtig, die absolutistischen Neigungen der Reichsfürsten zu hemmen, indem die Existenz ihrer Landstände gesichert wurde. Nach 1681 ist es auch keinem Reichsfürsten mehr gelungen, sich seiner Landstände zu entledigen. Andererseits ist auch Leopold damit gescheitert, Landstände, die vor dieser Zeit von ihren Landesherren beseitigt worden waren, wieder zum Leben zu erwecken, aber insgesamt hatte er sich als Kaiser durchgesetzt. Die Zähigkeit mit der er für die Rechte der Landstände eintrat zeigt, dass er erkannt hatte, dass er in den so genannten Mindermächtigen seine treueste Klientel besaß. Eine Verpflichtung, für die gesamten Kosten der fürstlichen Armeen aufzukommen, hätte das wichtige Recht der Landstände, das Steuerbewilligungsrecht ausgehöhlt. Indem sie nur die zur Reichsverteidigung notwendigen Ausgaben als feste Summe in ihrem Etat hatten, konnten die Landstände bei den Postulatsverhandlungen an den Landesherren Forderungen stellen und Anregungen geben. Entgegen dem Text seiner Wahlkapitulation ließ der Kaiser Klagen der Landstände am Reichshofrat zu. Das Ansehen des Kaisers war Anfang des 18. Jahrhunderts so gestiegen, dass die Fürsten Entscheidungen des Reichshofrates zu Gunsten ihrer Landstände akzeptierten. Das Eintreten Leopolds für das Steuerbewilligungsrecht der Landstände zeigt seinen Willen, sich nicht den absolutistischen Neigungen der großen Reichsstände zu unterwerfen. Am Reichshofrat scheiterten alle Versuche selbst so mächtiger Herren, wie des Kurfürsten von Bayern oder der Herzöge von Württemberg, ihren Landständen das Steuerbewilligungsrecht zu entreißen8. Oft genügte im 18. Jahrhundert die Drohung der Landstände mit einer Klage am Reichshofrat, damit die Fürsten ihr Vorhaben aufgaben. Auch auf eine andere Art hatte Leopold das Ansehen des Kaisers gestärkt. Er protegierte die geistlichen Fürsten und stärkte auf diese Weise die Stellung seiner treuesten Anhänger, der Reichsritterschaft. Die katholische Reichsritterschaft besaß nämlich durch ihre Bedeutung für die geistlichen Fürstentümer eine wichtige Stellung im Reich und auf dem Reichstag. Die geistlichen Fürsten verbürgten dem Kaiser am Reichstag die Mehrheit im Kurkolleg und im Fürstenrat. Die adeligen Domkapitel waren nicht nur Versorgungseinrichtungen, über sie gewann die 8 Vgl. dazu S e i t z , Jutta: Die landständische Verordnung in Bayern im Übergang von der altständischen Repräsentation zum modernen Staat. Göttingen 1999, S. 74 u. ö. sowie H a u g M o r i t z , Gabriele: Würrtembergischer Ständekonflikt und deutscher Dualismus. Ein Beitrag zur Geschichte des Reichsverbandes Mitte des 18. Jahrhunderts, 1992. 13 Reichsritterschaft auch Einfluss im Reich. Auch die Reichsstädte band Leopold in sein System ein. Es gelang ihm, den Reichshofrat zur obersten Regierungsinstanz für die Reichsstädte zu machen, indem er in verstärktem Maße die Finanzen vieler Reichsstädte vom Reichshofrat überwachen ließ. Mit diesem schwer zu durchschauenden System schaffte es Leopold I., das Ansehen des Kaisers nach dem Westfälischen Frieden trotz dessen gegen das Kaisertum gerichteten Bestimmungen wieder herzustellen. Natürlich hatte seine Reichspolitik auch Schwächen. Eine davon betraf seine Finanzpolitik. Es ist ihm nie gelungen, aus eigenen Mitteln eine schlagkräftige kaiserliche Armee aufzubauen. Durch seine Unterstützung der Landstände erreichte er, dass die Privatarmeen der Fürsten verfielen. Die Armeen des Kaisers in den Kriegen gegen Ludwig XIV. und in den Türkenkriegen wurden durch Subsidien auswärtiger Mächte finanziert. Über Subsidien gelang es auch einigen Fürsten, Armeen zu unterhalten, mit denen sie sich an den Kriegen der Zeit beteiligten. Die Zerstörung der Pfalz im Pfälzer Erbfolgekrieg und die Leiden der Reichsstände im Westen konnten von Leopold nicht verhindert werden. Den Aufstieg der größeren Reichsfürsten zu selbständigen völkerrechtlichen Subjekten konnte er zwar durch seine Unterstützung der Landstände behindern, doch musste er zu Beginn des 18. Jahrhunderts hinnehmen, dass erst der Kurfürst von Sachsen als König von Polen und wenig später der Kurfürst von Brandenburg als König von Preußen zu internationaler Bedeutung aufstiegen. Als Herrscher Österreichs gelang es Leopold, in bescheidenem Umfang Reformen durchzuführen. Durch seine betont katholische Politik, die auch im Reich oft mit Befremden registriert wurde, und die er mit großer Härte in Ungarn durchführte, erlebte er einige Rückschläge. Trotzdem gelang es ihm, seinen Herrschaftsbereich in Ungarn beträchtlich zu erweitern. Eine Ergänzung, die für die spätere österreichische Politik in Italien wichtig war, ging von der Reichsitalienpolitik Leopolds I. aus. Mit derselben Zähigkeit, die er in seiner Politik den mächtigeren Reichsständen gegenüber zeigte, erneuerte er die Rechte des Reiches auf Lehen in Oberitalien. Sowohl gegenüber den Türken, wie in Italien gab er der künftigen österreichischen Politik wichtige Impulse. Seine große Hoffnung betraf das spanische Erbe. Die ältere Tochter Philipps IV. von Spanien hatte Ludwig XIV. geheiratet. Die jüngere Tochter war die erste Gemahlin Leopolds. Von ihr hatte er nur eine Tochter. Seinen Erbanspruch leitete er von der durch viele Ehen zwischen den habsburgischen Linien befestigten Verbundenheit und Einheit des Hauses Habsburg ab. Als der letzte spanische Habsburger, Karl II. am 1. November 1700 starb, hinterließ er ein Testament, in dem er den Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou zum Erben des spanischen Weltreiches einsetzte. Die Seemächte, durch den Pfälzer Erbfolgekrieg erschöpft, erkannten das Testament an. Erst als Ludwig XIV. den Fehler beging, seinen Enkel nicht aus der 14 französischen Erbfolge zu entlassen und die Gefahr bestand, dass in der Vereinigung von Frankreich und Spanien ein gewaltiger Machtblock entstehen würde, begannen sie sich für die Rechte Leopolds zu interessieren. Zunächst stand Österreich allein da. Da es sich um Interessen des Hauses Habsburg handelte, war auch die Erklärung eines Reichskrieges gegen Frankreich fürs erste nicht durchzusetzen. Leopold war aber nicht gewillt, das spanische Erbe kampflos seinem Feind Ludwig XIV. zu überlassen. Auch nach der Anspannung aller Geldmittel war Leopold als Herrscher Österreichs nur imstande, eine Armee von nicht ganz 30 000 Mann aufzustellen. Sie sollte die spanischen Reichslehen in Italien, besonders das Herzogtum Mailand in Besitz nehmen. Es gelang zwar Prinz Eugen, mit seiner weit unterlegenen Armee mehrfach den Gallospaniern, wie die vereinigte französisch-spanische Armee genannt wurde, kleinere Niederlagen beizubringen. Mailand konnte er jedoch nicht erobern. Allzu lange hätte Österreich diese Armee nicht unterhalten können. Leopold I. hatte zwar dafür gesorgt, das Amt des Kaisers fest im Hause Österreich zu verankern und seinen Einfluss zu sichern. Als jedoch im spanischen Erbfolgekrieg die Machtfrage gestellt wurde, zeigte sich, dass Österreich ohne seine Verbündeten noch keine Achtung gebietende europäische Macht darstellte. II Der spanische Erbfolgekrieg hat das Verhältnis Österreichs zum Reich erheblich verändert. Mit dem Kampf um das spanische Erbe erweist sich der Aufstieg Österreichs zur europäischen Großmacht9. Am 5. Mai 1705 starb Kaiser Leopold I. Der Übergang im Amt des Kaisers auf seinen Sohn, Joseph I. war garantiert. 1690 hatten ihn die Kurfürsten zum Römischen König gewählt. Joseph I. war fest entschlossen, für Österreich alle Möglichkeiten, die das spanische Erbe bot, zu nutzen. Er umgab sich mit einem Kreis bedeutender Berater, wie Prinz Eugen, die Grafen Wratislaw, Seliern, Starhemberg, – um nur diese zu nennen –, mit denen er die Maßnahmen seiner Regierung besprach. Die Siege, die Prinz Eugen zusammen mit Marlborough im spanischen Erbfolgekrieg errang, brachten Frankreich an den Rand der völligen Niederlage. Der Tod Kaiser Josephs I. am 17. April 1711 veränderte die politische Lage. Auf einmal schien das Reich Kaiser Karls V. wieder zu erstehen. Der von den alliierten Mächten als König von Spanien vorgesehene Erzherzog Karl wurde im Oktober desselben Jahres zum Römischen Kaiser gewählt. An der Vereinigung von Spanien 9 Dazu vgl. R e d l i c h , Oswald: Das Werden einer Großmacht. Österreich von 1700 bis 1740. Wien 1938; der auch auf die Verhandlungen Österreichs auf den internationalen Kongressen eingeht. Neben Redlich ist die Arbeit von M e c e n s e f f y , Grete: Karls VI. spanische Bündnispolitik. Wien 1934 vielleicht die beste, ganz aus den Akten gearbeitete Studie zu nennen. 15 und Österreich in einer Hand hatten die Seemächte kein Interesse. Obwohl der Sieg über Ludwig XIV. in greifbare Nähe gerückt war, gelang es dem französischen König, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Karl VI. erlebte im Frieden von Utrecht, was sein Vater in den Friedensschlüssen von Nijmegen und Rijswijk hatte hinnehmen müssen. Die Seemächte gingen über die Wünsche von Kaiser und Reich hinweg. Spanien und die Kolonien gingen an den Enkel Ludwigs XIV. Die Erbrechte des Kaisers wurden mit den spanischen Niederlanden, dem heutigen Belgien, und in Italien mit Mailand und dem Königreich Neapel abgegolten. Die Forderungen des Reiches auf Rückgabe Straßburgs und einer Sicherung der Westgrenze wurden gar nicht erwähnt. Karl VI. weigerte sich, die Bedingungen des Friedens von Utrecht anzuerkennen und brach die Verhandlungen ab. Er hoffte mit Hilfe des Reiches, den Krieg fortsetzen zu können. Die durch die Reichsarmee verstärkte kaiserliche Armee war jedoch nicht in der Lage, das schwer angeschlagene Frankreich zu einem für Österreich günstigeren Frieden zu zwingen. In den Friedensschlüssen von Rastatt und Baden wurden jedoch Österreich und das Reich gezwungen, die Bedingungen von Utrecht zu akzeptieren. Die Spanier blieben aus Italien vertrieben. In der Vorstellung, dass die spanischen Niederlande nur von Spaniern regiert werden konnte, bildete Karl VI. aus spanischen Emigranten, die die Pyrenäenhalbinsel hatten verlassen müssen, einen spanischen Rat. Diesem unterstanden Mailand und Neapel. Mit den spanischen Niederlanden, dem Königreich Neapel und den Eroberungen in Ungarn hatte Österreich seine größte Ausdehnung erreicht. Österreich war unabhängig vom Reich zur europäischen Macht aufgestiegen. Allerdings trugen diese Erweiterungen auch den Keim neuer Konflikte in sich. Ebenso wie Karl VI. den Verlust Spaniens nur schwer verwand, ging es Philipp V. mit den italienischen Nebenländern. Dass Karl VI. sie von einem spanischen Rat regieren ließ, machte die Sache nicht einfacher, wurde doch auf diese Weise von Karl VI. bestätigt, dass es sich um spanische Länder handelte. Dazu kam, dass die Söhne Philipps V. aus seiner zweiten Ehe mit der ehrgeizigen Elisabeth Farnese, der Erbtochter von Parma und Piacenza, Erbrechte in Italien besaßen. Von Frankreich ging nach 1715 keine unmittelbare Bedrohung des Friedens aus. Am 1. September 1715 starb Ludwig XIV. Herzog Philipp von Orléans übernahm die Regentschaft für den minderjährigen Ludwig XV. Das Land war hoch verschuldet und völlig heruntergekommen. Nach dem die Ressourcen aller Beteiligten erschöpfenden spanischen Erbfolgekrieg ging es den europäischen Mächten nicht mehr um Krieg, sondern das Verhindern von Vorherrschaftsplänen über Europa. Sie taten nach diesem großen europäischen Krieg das, was sie hundert Jahre später nach den napoleonischen Kriegen und zweihundert Jahre später nach dem ersten Weltkrieg auch taten: Sie sicherten durch eine Kette internationaler Kongresse den Frieden. Bei diesen Bemühungen war Österreich der gleichberechtigte Partner der europäischen Mächte Frankreich, England und Holland. Es war eine eigenständige europäische Großmacht geworden. 16 Die Bedrohung ging diesmal von Spanien und seinen Versuchen aus, in Italien wieder Fuß zu fassen. Während Prinz Eugen gegen die Türken bei Peterwardein 1716 und Temesvar 1717 glänzende Siege errang, griff Spanien 1717 unter dem Minister Kardinal Alberoni Sardinien und Sizilien mit dem Ziel an, das Königreich Neapel zu erobern. Militärisch hatten die Spanier leichtes Spiel. Aber die europäischen Mächte waren nicht gewillt, den Frieden durch ein ebenso leichtsinniges, wie dilettantisches Abenteuer gefährden zu lassen. Frankreich und England schlossen mit Österreich 1718 eine Allianz, die durch den Beitritt Hollands zur Quadrupelallianz wurde. Noch im August 1718 wurde die spanische Flotte von den Engländern vernichtend geschlagen. Das gedemütigte Spanien trat der Quadrupelallianz bei. In dem von den vier Mächten geschlossenen Vertrag wurden, sehr zum Ärger des Kaisers, die Erbrechte Elisabeth Farneses in Parma und der Toskana auf ihren damals dreijährigen Sohn Carlos übertragen. Sowohl die Farnese in Parma-Piacenza, wie die Medici im Großherzogtum Toskana standen vor dem Aussterben. Noch lebten Herzog Anton von Parma-Piacenza, der letzte Farnese, und Gian Gastone, Großherzog der Toskana, der letzte Medici. Das einzige Zugeständnis, das Karl VI. erreichte, war, dass Toskana und ParmaPiacenza als Reichslehen an den Infanten Carlos kommen sollte. Das war für Kaiser Karl ein geringer Trost, zumal in diesem Vertrag Spanien das Recht eingeräumt wurde, Truppen in Parma und Toskana zu stationieren. Mit einer unglaublichen Zähigkeit wusste der Kaiser, mit allen möglichen und unmöglichen Ausflüchten, auf den internationalen Kongressen von Cambrai (1724) und Soissons (1728) die Rückkehr der Spanier nach Italien zu verzögern. Es ging um den europäischen Frieden. Deshalb waren die europäischen Mächte zufrieden, die Erbfolgen in Parma und Toskana geregelt zu haben, auch wenn der Kaiser alles unternahm, um die Rückkehr der Spanier nach Italien zu verhindern. Keine der europäischen Großmächte verspürte Lust, in einen toskanischen Erbfolgekrieg verwickelt zu werden. Österreich entfernte sich mit seiner Politik immer mehr von den Problemen des Reiches. Dazu kam, dass Karl VI. Österreich unter ein Sonderrecht stellte. 1713 regelte er die Erbfolge in Österreich in der so genannten Pragmatischen Sanktion. Diese war ein Gesetz, das die zu Österreich gehörenden Länder zu einer Einheit zusammenfasste. Sowohl die zum Reich gehörenden Erblande, wie Ungarn und die italienischen Besitzungen bildeten die Großmacht Österreich. In der Pragmatischen Sanktion war für den Fall, dass kein männlicher Erbe vorhanden war, für die gesamte Monarchie die weibliche Erbfolge festgesetzt worden. Gegen Ende der zwanziger Jahre des 18. Jahrhunderts war klar, dass Karl VI. keine männlichen Erben mehr zu erwarten hatte. Die weibliche Erbfolge widersprach jedoch der Reichsverfassung. Sie musste für die zum Reich gehörenden Gebiete vom Reichstag gebilligt werden. Auch international war sie ungewöhnlich und musste 17 von den Mächten anerkannt werden. Gegen Ende der zwanziger Jahre verstärkte Karl VI. seine Bemühungen, die Pragmatische Sanktion im Reich und international anerkennen zu lassen. Die Anerkennung des Reichstages erreichte er gegen erheblichen Widerstand am 3. Februar 1732. Im Jahr davor hatte sie Karl VI. von England erhalten. Dasselbe gelang ihm mit Spanien und Frankreich. Österreich war eine unter einem eigenen Erbgesetz stehende Großmacht geworden. Das Reich wurde zum Anhängsel, das mit seiner Rechtsordnung und seinen Besonderheiten in Wien immer weniger Verständnis fand. Reichspolitik und österreichische Großmachtpolitik folgten anderen Gesetzen, wobei die Reichspolitik immer öfter hinter der Großmachtpolitik zurückstehen musste. Die Verstrickung in die Konflikte um die italienischen Reichslehen Toskana und Parma war von ernsten Krisen begleitet. Mehrfach schien Europa vor einem Krieg zu stehen, versuchte Kaiser Karl VI. das Reich in einem möglichen Waffengang auf seine Seite zu ziehen. Daher wurden diese Friedensjahre zwischen 1718 und 1732 im Reich auch als eine Zeit ständiger Bedrohungen empfunden. Andererseits ist die Regierung Karls VI. in Österreich und im Reich die Zeit einer hohen kulturellen Blüte. Wien als die Hauptstadt Österreichs entwickelte sich in dieser Zeit zu einer europäischen Metropole. Die reichen österreichischen Adelsfamilien, die Dietrichstein, Lobkowitz, Auersperg, Seilern und wie sie alle hießen, bauten sich auf dem 1683 bei der Belagerung von Wien vor der Stadtmauer niedergelegten Glacis prunkvolle Palais. Wien war aber auch die Hauptstadt des Reiches und wurde auch als solche im Reich angesehen. Für Reichspublizisten, wie Stephan Pütter, bürgerte sich eine Art Kavalierstour durch die Städte ein, in denen die Reichsverfassung lebte10. Sie ging von dem Sitz des Reichskammergerichtes, der engen Stadt Wetzlar, zur Stätte des Reichstages, der Reichsstadt Regensburg, mit ihrem Gesellschaftsleben der Reichstagsgesandten und des diplomatischen Korps, zur Reichshauptstadt Wien, die mit ihrem kulturellen Leben faszinierte. Die Bauten der Barockbaumeister Fischer von Erlach und Lucas von Hildebrandt verliehen Wien einen Glanz, der weit ins Reich und nach Böhmen ausstrahlte. Hildebrandts Hauptwerke, das Gartenpalais Belvedere Prinz Eugens mit seinem Park und das Palais Schwarzenberg waren barocke Anlagen, die in Europa nichts Vergleichbares hatten. Der Barock als Reichsstil wurde von den geistlichen Fürsten und Äbten des Reiches aufgenommen. In vielen reichsunmittelbaren Klöstern entstanden in dieser Zeit Kaisersäle und Kaiserappartements. Sie waren Ausdruck der engen Verbundenheit mit dem Kaiser. In der eigentümlichen Mischung von italienischen und deutschen Einflüssen entstand ein spezifisch österreichisches Staatsgefühl. Wien stellte eine ausgeprägt katholische Pracht zur Schau, deren Faszination sich keiner, der diese Stadt besuchte, entziehen konnte. Für den protestantischen Teil 10 B u r g d o r f , Wolfgang: Die Reichsrechtliche Peregrinatio Academica im 18. Jahrhundert, in: Reichspersonal, Funktionsträger für Kaiser und Reich, hrsg. v. Anette Baumann u. a., KölnWeimar-Wien 2003, S. 21-57. 18 des Reiches hatte diese Hauptstadt aber auch etwas Befremdliches. Nicht alle konnten sich wie der Reichsrechtler Johann Jacob Moser dieser Faszination entziehen. Ihm war in Wien am Reichshofrat eine glänzende Karriere in Aussicht gestellt worden, wenn er zum Katholizismus übertreten würde. Ebenso wie seinem Kollegen Stephan Pütter, dem es ähnlich ging, verließen sie Wien. Aber sie blieben von dem Glanz des Wiener Hofes und des Kaisertums tief beeindruckt. Am Ende seines Lebens wurde Karl VI. in zwei Kriege, in die Auseinandersetzung um die polnische Königswahl 1733–1735 und in einen Türkenkrieg 1736–39 verwickelt. In beiden Kriegen rächte sich der schlechte Zustand der österreichischen Armee. Zur Überraschung des Wiener Hofes griff Frankreich in den Kampf um die polnische Königswahl ein und erklärte Österreich den Krieg. Weil französische Armeen die Reichsgrenze überschritten, erklärte der Reichstag 1734 Frankreich den Krieg. Die Folge war, dass die französische Armee die Rheinlande plünderte und von den betroffenen Reichsständen hohe Kontributionen forderte. Die unter dem inzwischen alt gewordenen Prinz Eugen versammelte österreichische Armee verharrte völlig passiv in der Gegend von Heilbronn. Es war das eingetreten, was man seit Jahren im Reich befürchtete: Das Reich war in einen Krieg verwickelt worden, dessen Ursprung in der internationalen Politik lag und in dem es nicht um Interessen des Reiches ging. Das Ergebnis war der Friede von Wien. Herzog Franz von Lothringen musste sein Herzogtum nach seiner Hochzeit mit der Erzherzogin Maria Theresia an den unterlegenen König Stanislaus von Polen abtreten, nach dessen Tod es an Frankreich fiel. Er erhielt dafür nach dem Aussterben der Medici Toskana. ParmaPiacenza kam an Österreich. Don Carlos wurde König von Neapel-Sizilien. Der Friede von Wien regelte die internationalen Probleme. Das Reich ging wieder leer aus. Ja, es wurde beim Friedensschluss vergessen, so dass es im polnischen Thronfolgekrieg keinen Frieden Frankreichs mit dem Reich gab. Seine Position hatte sich insofern sogar verschlechtert, als Lothringen an Frankreich kam. Der westliche Nachbar rückte damit näher an die Rheinlande heran. Dieser Friede war ein typisches Produkt des Absolutismus, bei dem jeder etwas, aber nur nicht das erhielt, auf das er einen Rechtsanspruch besaß. In einem wenig später ausgebrochenen Krieg mit dem Osmanischen Reich (1736–1739) offenbarte sich wieder die Schwäche der österreichischen Armee. Im Frieden von Belgrad ging mit Belgrad alles verloren, was im Frieden von Passarowitz 1718 gewonnen worden war. Am 20. Oktober 1740 starb mit Karl VI. der letzte Habsburger. Er hinterließ Österreich seiner damals 23 Jahre alten Tochter Maria Theresia. Es war ein fast verzweifeltes Erbe. Der Zustand der österreichischen Armee war besorgniserregend. Die von so vielen garantierte Pragmatische Sanktion erwies sich als wertlos. Im Norden besetzte Friedrich II. von Preußen Schlesien. Im Westen rückte eine französisch-bayerische Armee gegen Wien vor. Im Süden 19 griffen spanische Truppen Parma-Piacenza an. Es schien das einzutreten, wovor Karl VI. Österreich in der Pragmatischen Sanktion hatte bewahren wollen. Von Feinden umgeben, schien es in viele Teile zerrissen zu werden. In einer gewaltigen Anstrengung überstand Maria Theresia die Krise. Zwar gingen Schlesien und in Italien Parma verloren, aber im Ganzen konnte sich Maria Theresia durchsetzen. Das Reich allerdings ging nach dem Aussterben der Habsburger andere Wege. Es gelang Maria Theresia nicht, ihren Gemahl Franz Stephan zum Kaiser wählen zu lassen. Es folgte das Schattenkaisertum des Wittelsbachers Karl Albrecht, der als Karl VII. am 25. Januar 1742 zum Kaiser gewählt wurde. Es sollte ein ständischer Kaiser sein, dessen Politik nicht von den Interessen der europäischen Mächte bestimmt wurde. Stattdessen wurde der Wittelsbacher zum Spielball der europäischen Mächte. Die Regierungszeit dieses gutwilligen, aber machtlosen Kaisers wurde zum allgemeinen Fiasko. Sie hatte allerdings weit reichende Folgen für das Verhältnis Österreichs zum Reich. Es spielte kaum eine Rolle bei den Schwierigkeiten, die Kaiser Karl VII. in den drei Jahren seiner Regierung als Kaiser hatte, dass Maria Theresia die Wahl nicht anerkannte. Erheblich wichtiger war, dass die Einrichtungen des Reiches, Reichskanzlei und Reichshofrat von Wien nach Frankfurt zogen. Österreich war in seinem Schicksalskampf auf sich gestellt. Das Reich und Österreich hatten sich getrennt. III Als Karl VII. am 25. Januar 1745 starb, herrschte Ratlosigkeit, wer sein Nachfolger werden sollte. Ludwig XV., der das Kaiserabenteuer des Wittelsbachers finanziert hatte, schlug vor, das Reich wie die Schweiz oder Holland zur Republik zu erklären und den Kaiser abzuschaffen11. Diese nur in Italien und Friedrich II. von Brandenburg-Preußen vorgetragene Idee fand keine Zustimmung. Ein Dreivierteljahr später wurde der Gemahl Maria Theresias, Franz Stephan von Lothringen zum Kaiser gewählt. Welche Rolle künftig das Reich in der Wiener Politik spielen würde, enthüllte Maria Theresias Bemerkung, als Franz I. sie bat, sich zur Kaiserin krönen zu lassen: sie wolle diese Komödie nicht mitspielen. In Wien wurde nun in erster Linie österreichische Politik betrieben. Maria Theresias Ziel war die Rückeroberung Schlesiens, der sie alles andere unterordnete. Ihr Gemahl Franz Stephan musste sich im Reich gegen die Politik Friedrichs II. und des Corpus evangelicorum durchsetzen, denen es im Grunde darum ging, das Kaisertum in seinen Rechten weiter auszuhöhlen. Franz Stephan besaß als Kaiser nur geringen Einfluss auf die Politik des Wiener Hofes. Das Reich 11 Vgl. A r e t i n , Karl Otmar v.: Das Alte Reich, 1648–1806, Band 2, Stuttgart 1987, S. 461 ff. 20 wurde auch im Spiel der europäischen Mächte als ein quantité négligeable angesehen. Als der spätere Staatskanzler Kaunitz als österreichischer Botschafter in Paris 1749 erste Fühler in Richtung auf ein österreichisch-französisches Bündnis ausstreckte, stieß er auf klare Ablehnung. Es war nicht nur der alte Gegensatz gegen Österreich, der hier zum Vorschein kam. Man hatte in Paris auch Zweifel an der Bündnisfähigkeit einer Macht gegenüber, die mit unwägbaren Besonderheiten des Reiches belastet war. Vor dem Versuch, Friedrich in einer Koalition mit Frankreich und Russland zur Herausgabe Schlesiens zu zwingen, warnte Franz mehrfach. Die europäischen Mächte hatten Maria Theresia im Frieden von Aachen 1748 gezwungen, auf Schlesien zu verzichten und Friedrich II. als rechtmäßigen Besitzer Schlesiens anzuerkennen. Die offensichtlich auf einen Angriff auf Preußen hin strebende österreichische Politik brachte Franz Stephan in die größte Verlegenheit. Österreich wäre der Angreifer gewesen und hätte mit einer negativen Reaktion des Reiches rechnen müssen. Das war Maria Theresia ziemlich gleichgültig. Der Überfall Friedrichs auf Sachsen 1756 befreite Franz Stephan von seinen Sorgen. Nun war Friedrich der Angreifer. Das Reich beschloss eine Reichsexekution gegen den Friedensbrecher Preußen. Die Reichsarmee kämpfte im Rahmen einer französischen Armee. Bei Rossbach wurde diese am 6. November 1757 von Friedrich vernichtend geschlagen. Sie löste sich praktisch auf. Der Spottvers: Und wenn der Alte Fritz nun kommt Und klopfet auf die Hosen, Dann läuft die ganze Reichsarmee Panduren und Franzosen hat bis heute den Ruf dieser merkwürdigen Armee verdunkelt. Sie erkämpfte zwar später im Siebenjährigen Krieg noch einige kleinere Erfolge, doch war klar, dass diese Truppe in einem modernen Krieg nicht einsetzbar war. Am Ende hatten die meisten Fürsten des Reiches, die noch 1756 aus Empörung über Friedrichs Überfall auf Sachsen sich der Exekution gegen Preußen angeschlossen hatten, das Gefühl auf der falschen Seite zu stehen. Friedrichs Feldherrenruhm beeindruckte im Reich. Frankreich als Bündnispartner, in dem man eigentlich gewöhnt war, einen Erbfeind zu sehen, verwirrte mehr, als dass man darin Positives erblickte. 21 IV Das Reich und die Reichspolitik waren Faktoren in der österreichischen Politik, auf die man nur wenig Rücksicht nahm. Man stand nun in der Rivalität mit Preußen, das zu einer Art evangelischem Gegenkaisertum aufgestiegen war. Im Siebenjährigen Krieg hatte sich Friedrich II. gegen eine übermächtige Koalition von Feinden durchgesetzt. Preußen war endgültig die zweite deutsche Großmacht. Man war im Reich „fritzisch“ gesinnt oder man hatte auch Sympathien für das katholische Österreich. In der Rivalität der beiden Großmächte wurde das Reich zerrieben. Das zeigte sich, als nach dem Tode Franz I. am 18. August 1765 der ein Jahr zuvor zum Römischen König gewählte Joseph II. Kaiser wurde. Er war damals 24 Jahre alt, tatendurstig und hochbegabt. Er legte dem Reichsvizekanzler Rudolf Graf Colloredo und Kaunitz 22 Fragen vor, wie das Reich zu regieren wäre. Auch hier stand das Interesse Österreichs über dem des Reiches. Schon bei der ersten Frage ging es um das Verhältnis Reichspolitik und österreichische Interessen. „Wie sollte eine Politik beschaffen sein“, heißt es da die einerseits der hiesigen Monarchie bei ihren damaligen Umständen keinen allzu beschwerlichen Aufwand verursacht und andererseits die kaiserliche Autorität so erhebt, daß die Stände die unumgängliche Notwendigkeit zu ihrer Selbsterhaltung einsehen.12 Während Colloredo sehr ins Detail ging und die besondere Reform des Justizwesens im Reich anmahnte, ging Kaunitz vom Primat der österreichischen Interessen vor denen des Reiches aus: „Der Endzweck der kaiserlichen Regierung“13, schrieb er, „ist Wohlfahrt des gesamten Reiches und die Vereinbarung dieser Wohlfahrt mit jener des durchlauchtigsten Erzhauses selbst.“ Mit der ihm eigenen Impulsivität nahm Joseph die Vorschläge auf und stürzte sich auf eine Reform der Reichsjustiz. Als erstes nahm er sich den Reichshofrat vor, dessen Tätigkeit er steigern konnte. Schon bei diesen Bemühungen war er auf den harten Widerstand des Corpus evangelicorum gestoßen, das dem Reichshofrat die Kompetenz in Religionsstreitigkeiten nehmen wollte. Hier setzte sich der Kaiser durch. Die Schwierigkeiten bei der Reform des Reichshofrats waren aber nur ein Vorspiel zu dem, was Joseph bei der Reichskammergerichtsvisitation erleben sollte. Das Reichskammergericht wurde von den Reichsständen über die von den Reichskreisen erhobenen Kammerzieler finanziert. Eine Reichskammergerichtsvisitation musste daher vom Kaiser in Zusammenarbeit mit dem Reichstag durchgeführt werden. Als Joseph II. die Reichskammergerichtsvisitationen 1766 dem Reichstag ankündigte, waren wegen des schleppenden Eingangs der 12 13 Denkschrift Josephs II., HHStA Wien, Reichskanzlei Vorträge 1a, veröff. in: Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch des Fürsten Johann Joseph Metsch, Kaiserlicher Obersthofmeister 1742–1776, hrsg. von Rudolf Graf Khevenhüller-Metsch und Hanns Schlitter, Band 7, 1764–1767, Wien 1917, S. 479-482. Vgl. e b e n d a S. 502-518. 22 Kammerzieler an Stelle der 27 vorgesehenen Richter nur 17 tätig. Auch ging das Gerücht von der Bestechlichkeit einiger Richter um. In einem aufreibenden Kampf mit dem alle Beschlüsse hemmenden Corpus evangelicorum setzte der Kaiser durch, dass künftig die Zahlungen so eingingen, dass 27 Richter bezahlt werden konnten. Die drei korrupten Richter wurden abgesetzt14. Insofern war die Visitation ein Erfolg, da das Kammergericht in der letzten Phase des Reiches wie nie zuvor tätig war. Joseph II. war aber nach zehnjährigem Kampf mit dem Corpus evangelicorum um die Reform des Gerichtes überzeugt, dass das Reich nicht mehr reformierbar war. Er teilte nun die Meinung des Reichsvizekanzlers Colloredo, dass das eigentliche Ziel, zumindest der Kurfürsten von Brandenburg und Hannover die Zerstörung des Reiches war. Seine zukünftige Aufgabe sah er daher in einer Politik zur Stärkung der Großmacht Österreich. In einer tief greifenden Reform wollte er Österreich zu einem nach den Maximen der Aufklärung gestalteten modernen Staat machen. Um dieses Ziel zu erreichen, schreckte er auch vor Brüchen der Reichsverfassung nicht zurück. Mit seinen zweimaligen Versuchen, Bayern gegen die österreichischen Niederlande zu vertauschen (1778 und 1784) erregte er im Reich Misstrauen. Friedrich II. benutzte die Erregung im Reich, indem er 1785 den Fürstenbund gründete, dessen Ziel angeblich die Erhaltung der Reichsverfassung war. Unter dieser Maxime gelang es Friedrich II., den Einfluss des Kaisers auf das Reich weitgehend zu zerstören. Der österreichische Gesandte in Mainz schrieb in seinem Bericht vom 6. Februar 178615, „er wüßte fast gar keinen Fürsten im Reich anzugeben, auf den Österreich zählen könne.“ Mit einer Neuordnung der geistlichen Verhältnisse Österreichs wollte Joseph II. die Kirche Österreichs nach den Vorstellungen der katholischen Aufklärung reformieren. Da er innerhalb Österreichs einheitliche Verhältnisse schaffen wollte, ging er, als er nach dem Tod seiner Mutter 1780 Alleinherrscher Österreichs wurde, daran, die auf österreichisches Territorium ausgreifenden Teile reichischer Diözesen abzutrennen und österreichischen Diözesen zuzuteilen. Er verletzte damit die Rechte seiner 14 15 Zu den Vorgängen bei der Reichskammergerichtsvisitation vgl. meine Darstellung, Altes Reich 1648–1806, Band 3, S. 135-159. Sie stützt sich auf H e t t f l e i s c h , B.: Politische Geschichte der Reichskammergerichtsvisitation unter Joseph II., Dissertation Wien 1929. Das Verfahren, des wegen Bestechlichkeit abgesetzten Assessors des Burgundischen Kreises, Johann Hermann Frhr. v. Papius, schildert J a h n s , Sigrid: Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichtes im Alten Reich. Teil II Biographien, Band 1, 2003, S. 585 ff. Dort auch die Verfahren der beiden anderen entlassenen Richter Christian Frhr, v. Nettelbladt, e b e n d a Band 2, S. 1 207 f und Philipp Heinrich Frhr. v. Reuss, e b e n d a Band 1, S. 245 f. Bericht des Grafen Trauttmansdorff von 6. 2. 1786, veröff. in: A r e t i n , Karl Otmar v.: Heiliges Römisches Reich, 1776–1806. Reichsverfassung und Staatssouveränität, Band 2, 1967, S. 142-150. In dem sehr ausführlichen Bericht ging es um die Frage, auf welche Stände Österreich in seinem Gesandtschaftsbereich zählen könne. 23 treuesten Klientel, der geistlichen Fürsten. Am Ende seines Lebens 1790 galt Joseph II., der 1765 sein kaiserliches Amt mit großem Enthusiasmus angetreten hatte, als Zerstörer der altehrwürdigen Reichsverfassung. Mit seiner Kirchenpolitik hatte er eine wichtige Verbindung zwischen Österreich und dem Reich gekappt. Leopold II. (1790–1792) konnte in seiner Regierungszeit keine Reichspolitik mit anderen Akzenten entwickeln. Kurz nach seinem Tod am 1. März 1792 traf die Kriegserklärung des revolutionären Frankreichs (20. April 1792) ein. Diesmal waren Österreich und Preußen Verbündete. Der Krieg gegen Frankreich, der erst als ein einfacher Spaziergang nach Paris geplant war, wurde zum Schicksalskampf, in dem nach dreizehn Kriegsjahren das Reich unterging. Zwei Tage nachdem das Reich Frankreich 1793 den Krieg erklärt hatte, ernannte Kaiser Franz II. Johann Amadeus von Thugut zum leitenden österreichischen Minister. Thugut hatte sich dem Kaiser mit einer Denkschrift empfohlen, in der er zum Ausdruck brachte, dass er in diesem Krieg auf das Reich und seine Interessen keine Rücksicht nehmen würde. „Das Reich ist verloren“, hieß es da16, und kann nur noch von Österreich und Preußen Rettung erwarten. Deshalb sind diese Mächte berechtigt, eine dauerhafte Ordnung im Reich auch ohne Befragung der Reichsstände vorzunehmen. Am Schluss zog Thugut ein Fazit seiner Überlegungen: Das Reich muß sich mithin alles gefallen lassen, was diese beiden Höfe Österreich und Preußen, wenn auch zum Nachteil eines oder des anderen individuellen Standes, über die Erhaltung eines oder des anderen bestimmen werden und könnten allenfalls hierzu gezwungen werden. Was Thugut nicht weiter thematisierte, sprach man in Berlin deutlicher aus. Dort wurden zur selben Zeit Überlegungen angestellt, ob man diesen Krieg nicht dazu benutzen könne, um die treueste Klientel des Kaisers, die geistlichen Fürsten abzuschaffen. Auf dieser merkwürdigen, nur im Reich anzutreffenden Einrichtung beruhte ja auf dem Reichstag in Regensburg die katholische Mehrheit im Kurfürstenkollegium und im Fürstenrat, die den kaiserlichen Einfluss in den beiden wichtigsten Gremien verbürgte. Trotz großer Anstrengungen des Reiches konnte Frankreich nicht bezwungen werden. 1795 schied Preußen aus dem Krieg aus. Im Frieden von Basel trat Preußen das linke Rheinufer an Frankreich ab. Die dort geschädigten Reichsstände sollten entschädigt werden. Zum ersten Mal war offiziell von der Säkularisation der geistlichen Fürsten und der reichsunmittelbaren Klöster als Entschädigung für die Verluste die Rede, die die Fürsten auf dem linken Rheinufer erlitten hatten. In einem Flugschriftenkrieg wurden die Vor- und 16 Denkschrift Thuguts über die österreichische Politik, undatiert Anfang 1783, veröff. e b e n d a , S. 249-255, das Zitat S. 253. 24 Nachteile einer solchen Maßnahme erörtert17. Bezeichnend für diese Diskussion war, dass die Verteidiger der geistlichen Fürsten nicht deren Wert diskutierten, sondern davon sprachen, dass die Säkularisation gleichbedeutend mit der Zerstörung der Reichsverfassung sei. Vielleicht, dass ein rascher Friede, wie er 1795 in greifbare Nähe gerückt schien, die Säkularisation verhindert hätte. Im Frieden von Campo Fornio (12. Oktober 1797) ließ sich Österreich von Frankreich die Säkularisation des Erzbistums Salzburg zusagen. Auch willigte Österreich in die Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich ein. Thugut hielt beides geheim, was die Stellung des Kaisers auf dem Friedenskongress von Rastatt 1798/99 schwierig machte. Der Friedenskongress beschloss am 4. April 1798 den Grundsatz, dass die am linken Rheinufer von territorialen Verlusten betroffenen Fürsten durch Säkularisationen .entschädigt werden sollten. Dieser Grundsatz konnte auch durch die Fortsetzung des Krieges 1799–1801 nicht rückgängig gemacht werden. Im Frieden von Luneville (9. Februar 1801) wurde das Prinzip der Entschädigung durch Säkularisationen festgelegt. Im Reichsdeputationshauptschluss (24. März 1803) wurde die Totalsäkularisation aller geistlichen Fürsten und reichsunmittelbaren Klöster festgelegt. Die Reichsfürsten wurden darüber hinaus ermächtigt, die Klöster in ihren Territorien aufzuheben. Wenig später verloren auch 45 Reichsstädte, bis auf Hamburg, Lübeck, Bremen, Frankfurt am Main, Augsburg und Nürnberg ihre Selbständigkeit. In der einsetzenden Verfassungsdiskussion wurde rasch klar, dass das reichische Deutschland, das heißt die vom Kaiser abhängigen Reichsstände nicht zu retten waren. Am 11. August 1804 zog Kaiser Franz die Konsequenz aus dieser Lage, in dem er den Titel eines erblichen österreichischen Kaisers annahm. Als sich die Gewinner der Säkularisation 1806 im Rheinbund in einem föderativen Staatenbund organisierten, trat Franz II. als Römischer Kaiser zurück und erklärte das Heilige Römische Reich deutscher Nationen für beendet. V Mit seltener Zähigkeit hatte Kaiser Leopold I. die im Westfälischen Frieden mögliche Umgestaltung des Reiches in einen Bund mächtiger Fürsten verhindert. Im reichischen Deutschland besaß der Kaiser eine enge Verbindung mit dem Reich. Viele aus dem Reich machten in Wien, in der kaiserlichen Armee, dem diplomatischen Korps oder der Verwaltung Österreichs Karriere. Als Österreich nach dem spanischen Erbfolgekrieg in den Areopag der europäischen Mächte aufstieg, lockerten sich die Verbindungen mit dem Reich. Das Reich mit seiner komplizierten Verfassung und seiner Unfähigkeit, Macht auszuüben, wurde für Österreich zur Belastung. Für die Kaiser wurde die Politik der Großmacht Österreich wichtiger als die Beziehungen und Bindungen mit dem Reich. Als in der 17 Zu diesem Flugschriftenkrieg vgl. W e n d e , Peter: Die geistlichen Staaten und ihre Auflösung im Urteil der zeitgenössischen Publizistik, Lübeck-Hamburg 1966, S. 61-93. 25 Säkularisation viele Fürsten ihr Territorium auf Kosten der kleineren reichsunmittelbaren Reichsstände vergrößern konnten, bewahrheitete sich die Sorge Leopolds I. vor einer solchen Entwicklung: Deutschland war nicht mehr als Reich, sondern nur noch als Bund der Fürsten und Freien Städte zu regieren. Die Funktion des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation war überflüssig geworden. Der noch aus der Antike stammende Titel eines Römischen Kaisers hatte in einer Zeit ausgedient, in der die militärische Macht der Großmächte die Politik bestimmte. Der österreichische Kaisertitel war ein Obertitel für die verschiedenen Königreiche und Länder der Habsburger Monarchie. Unter diesem Titel wurde Österreich ins 19. Jahrhundert zu einer wichtigen Großmacht unter den europäischen Mächten. 26 I KAISER, KÖNIGE UND LANDESFÜRSTEN Das Verhältnis Österreichs zum Reich ist seit seinem Bestehen von einer gewissen Ambivalenz geprägt. Einerseits das Bestreben, sich als besonderen Teil, als Herz und Schild des Reiches, wie es bei Rudolf dem Stifter heißt, zu verstehen, andererseits der Wunsch nach Ausnahmeregelungen, der eine gewisse Distanz zum Reich zum Ausdruck brachte. Österreich als volkssprachlicher Begriff tauchte – noch vor seiner schriftlichen Fixierung durch die Ostarrichi-Urkunde von 996 – zuerst wohl in der Zeit der Karolinger zur Bezeichnung des fränkisch-bairisch besiedelten Grenzlandes im Osten wie auch im engeren Sinn für das heute niederösterreichische Donauland auf; in der ottonischen Mark der Babenberger wurde er zur Bezeichnung eines politischen Gebildes, das zum Ausgangspunkt der staatlichen Entwicklung Österreichs werden sollte. Für die Mark der Babenberger stand anfangs die militärische Funktion im Dienst des Reiches gegen Ungarn im Vordergrund. Mit dem Privilegium minus wurde die Zugehörigkeit zum Herzogtum Baiern beendet; die Bestimmungen über Gerichtsbarkeit, Hof- und Heerfahrt des neuen österreichischen Herzogs trugen den Keim zu einer Sonderentwicklung in sich, die später verstärkt aufgegriffen wurde. Schon vorher war ein Markgraf wie Leopold der Heilige aber auch als möglicher Kandidat für die Wahl zum Reichsoberhaupt genannt worden. Der Wiener Hof der Babenberger stellte einen besonderen Anziehungspunkt dar, während sich die politische Bedeutung der babenbergischen Länder auch im Projekt einer Erhebung zum Königreich durch Kaiser Friedrich II. manifestierte. Die Habsburger haben die Traditionen der Babenberger vielfach aufgegriffen. Nachdem sich die territoriale Basis für eine Behauptung der Königswürde als zu schmal erwiesen hatte, wurde durch die Erwerbungen Kärntens und Tirols der Ostalpenraum politisch geeinigt und die Brücke zu den althabsburgischen Besitzungen in der Schweiz und im Südwesten Deutschlands hergestellt. Das Privilegium minus blieb dabei sichtlich nicht vergessen, und als Karl IV. die Habsburger bei den Bestimmungen der Goldenen Bulle über die Königswahl unerwähnt ließ, nahm dies Rudolf IV. zum Anlass, sich durch den Fälschungskomplex des Privilegium maius eine hervorgehobene Stellung zu verschaffen. Friedrich III., in vielem ein Nachahmer Rudolfs IV., hat dessen Bestrebungen aufgegriffen und reichsrechtlich sanktioniert. Ab dieser Zeit gingen die Idee des Kaisertums und die Idee der besonderen Auserwähltheit des Erzhauses eine Verbindung ein, hinter der seit der Wahl Ferdinands I. zum König von Böhmen und Ungarn und mehr noch seit der Rückgewinnung Ungarns gegen die 27 Türken das politische Gewicht der sich zur Großmacht entwickelnden Habsburgermonarchie stand, deren Gesamtheit – Ungarn eingeschlossen – ab dem 17. Jahrhundert gelegentlich als Österreich bezeichnet wurde. Die Habsburger Kaiser als Reichsoberhaupt waren auf ihre politische Hausmacht angewiesen, die letztlich auch der Stärkung des Reiches und seiner Institutionen zugute kam – man sieht das am Gegenbeispiel der Herrschaft Karls VII. –, aber damit ergab sich auch oft ein gewisses Konfliktpotential zwischen den österreichischen Interessen und jenen des Reiches, Doppelgleisigkeit bei Institutionen und Aktivitäten (z. B. bei Friedensschlüssen und -verhandlungen) und groteske Situationen wie etwa die Selbstbelehnung der Habsburger Kaiser mit ihren Erbländern (Karl VI. schwört in die eigene Seele). Schließlich war die Funktion der Habsburger als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches die Voraussetzung für die Errichtung des Kaisertums Österreich, das immer wieder in gewisser Weise als eine Fortsetzung des Alten Reiches angesehen wurde und seinen Splendor nicht zuletzt aus dessen Traditionen herleitete. LA I/1 Österreich erweitert sein Territorium Haselbach bei Augsburg, 1002 November 1 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1002 XI 1 Pergament, Majestätssiegel aus naturfarbenem Wachs, Latein Sechs Jahre nachdem das Wort „ostarrichi“ erstmals in einem Dokument festgehalten worden war, erweiterten die babenbergischen Markgrafen die materielle Basis ihrer Herrschaft. König Heinrich II. schenkte dem Markgrafen Heinrich Güter zwischen der Dürren Liesing und der Triesting sowie zwischen den Flüssen Kamp und March. Damit erhielt der Markgraf Güter sowohl südlich als auch nördlich der Donau. Das Stück selbst ist in knapper Form ausgefertigt, auf rhetorisches Beiwerk, das man sonst häufig in Urkunden findet, wird fast gänzlich verzichtet. Die Güter werden dem Babenberger als freies Eigen geschenkt, er konnte also damit tun und lassen, was er wollte. Wo sich die durch die Urkunde definierten Grenzen des markgräflichen Machtbereichs tatsächlich befanden, ist schwer zu sagen. Da die Liesing und die Triesting in die Schwechat münden, nimmt man an, dass dieser Fluss die Grenze markierte. Für das Gebiet nördlich der Donau bietet der Text der Urkunde, der dem Markgrafen erlaubt, zwischen March und Kamp 20 Königshuben frei auszuwählen, eine größere Interpretationsvielfalt. Fest steht, dass die March damals wie heute die Grenze darstellte. TJ 28 I/2 Abschrift des Privilegium minus im so genannten Formelbuch Albrechts I. Wien, um 1300 Signatur: HHStA, HS Weiß 279, p. 70/71 Papier, Latein Das so genannte Formelbuch Albrechts I. kompiliert ältere Formularsammlungen und Urkundenabschriften und ist im Umkreis der Kanzlei Albrechts entstanden oder vielleicht sogar von einem seiner Kanzleibeamten zusammengestellt worden. Die darin enthaltene Abschrift des Privilegium minus, die zweitälteste der erhaltenen Abschriften, beweist das Interesse, das die Habsburger und ihre Kanzlei an diesem Stück hatten und ist ein weiterer Beleg für die Anbindung der habsburgischen Herrschaft an die vorangegangene Herrschaft der Babenberger. Die Kenntnis des Minus, dessen Original die Habsburger wohl mit dem landesfürstlichen Archiv der Babenberger übernommen hatten, lieferte unter Rudolf IV. den Ansatzpunkt zum Fälschungskomplex der „Österreichischen Freiheitsbriefe“. Aus dem Formelbuch Albrechts I. entnahm Thomas Ebendorfer den Text des Minus für seine „Cronica Austrie“. LA I/3 Rudolf I. belehnt seine Söhne Albrecht und Rudolf mit den Herzogtümern Österreich und Steier(mark) sowie mit Krain und der Windischen Mark Augsburg, 1282 Dezember 27 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1282 XII 27 Pergament, Majestätssiegel als Goldbulle an gelb-roten Seidenfäden, Latein Vier Jahre nachdem Rudolf von Habsburg seinen Gegenspieler König Ottokar von Böhmen in der Schlacht bei Dürnkrut besiegt hatte, vollzog er den endgültigen Erwerb der österreichischen Länder für seine Familie. Dem eigentlichen Belehnungsakt waren einige wichtige Schritte wie der österreichische Landfriede von 1276 und die Übertragung der durch die Niederlage Ottokars freigewordenen Kirchenlehen vorangegangen. Die Belehnung der Söhne Rudolfs besiegelte den endgültigen Aufstieg der Familie Habsburg aus dem Grafenstand in den Fürstenstand und sicherte der Familie eine wichtige eigene Machtbasis. Im Text der Belehnungsurkunde werden neben den beiden Herzogtümern Österreich und Steier auch Krain und die Windische Mark angeführt. Das 29 Herzogtum Kärnten fehlt allerdings, es ging im Jahre 1286 an Meinhard II. von Tirol. Die Urkunde selbst lehnt sich in ihrer Form an kaiserliche Vorgängerurkunden an, allerdings ist sie viel einfacher ausgeführt als beispielsweise die Urkunden der Staufer. Die Bedeutung des lehensrechtlichen Vorganges unterstreicht die Besiegelung mit einer „Goldenen Bulle“. TJ I/4 Grabmal Friedrichs des Schönen in der Kartause Mauerbach 1670 Februar 16 Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Familienakten 17 Zwei lavierte Federzeichnungen auf Papier (Beilage zum Schreiben Leopold Brenners an Arnold Brenner) Friedrich der Schöne (1289–1330) war nach dem frühen Tod seines Bruders Rudolf der älteste unter den verbleibenden Söhnen König Albrechts I. und der Elisabeth von Görz-Tirol. Die Ermordung seines Vaters 1308 hatte in Österreich politische Unruhen zur Folge und schuf im Reich eine höchst komplizierte Situation. Bei der Thronvakanz von 1314 kam es zur Doppelwahl zwischen Friedrich und Ludwig dem Bayern, die auf militärischem Wege, in der Schlacht bei Mühldorf 1322, durch einen Sieg des Bayern entschieden wurde. In die Zeit dazwischen (1314–1316) fällt die Stiftung der Kartause Mauerbach durch Friedrich und seine Brüder, sozusagen als gemeinschaftliche Bitte um göttlichen Beistand in der Auseinandersetzung mit dem Gegner. Friedrich und sein Bruder Heinrich gerieten in der Schlacht bei Mühldorf in bayerische Gefangenschaft. Prior Gottfried von Mauerbach trat als Vermittler zwischen den feindlichen Königen auf. 1325 wurde tatsächlich ein Vertrag über eine Art Doppelkönigtum geschlossen, der aber kaum praktische Folgen hatte. Friedrich starb schon 1330 und wurde in Mauerbach begraben, doch war sein Grab damals offensichtlich nicht besonders hervorgehoben. Das aus zwei Zeichnungen mit Ansicht der rechten, der linken und der Vorderseite bekannte Grabmal ist nicht zeitgenössisch, sondern stammt aus dem 17. Jahrhundert. Es befand sich in der Mitte der so genannten Mönchskirche und zeigte den König im Harnisch auf einer tischförmigen Bahre auf vier Säulen liegend mit dem Gesicht zum Hochaltar. Da diese Art Hochgrab damals nur mehr vereinzelt vorkam, könnte es sich um die Nachahmung eines älteren Werkes handeln. Das Grabdenkmal wurde während des Türkenkrieges 1683 zerstört, so dass diese Zeichnungen das einzige Zeugnis für dieses Kunstwerk darstellen. ES 30 I/5 Zeichnungen der Siegel Friedrichs des Schönen und seiner Brüder Albrecht und Otto 18. Jahrhundert Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Familienakten 17/5 Kupferstich mit drei Siegelabbildungen a) +FRIDERICUS. DEI. GRACIA. ROMANORUM. REX. SEMPER. AUGUSTUS. b) +ALBERTUS. DEI. GRA(CIA). DUX. AUSTRIE. & STIRIE. DNS. CARNIOLE. MARCHIE. PORTUSNAO (2. Zeile) NIS. COME S. D. HABSBURCH. & . KYBURCH & LANTGRAVIUS. ALSACIE c) +OTTO. DEI. GRA(CIA). DUX. AUSTR’ & STYR. DNS. CARNIOLE. MARCHIE. AC. PORTUSNAOIS (2. Zeile) COMES. D’. HABSPURCH. &. KYBURCH. & . LANTIGUIVS. SVP(ER)IOR(IS) ALSACIE Diese drei Siegelabdrucke wurden als Kupferstiche im 18. Jahrhundert von Anton Edler von Weinkopf (? –1808), einem künstlerisch begabten Beamten des Hausarchivs, angefertigt. Sie stehen im Zusammenhang mit der Gründung des Klosters durch Friedrich den Schönen und seiner Grablege in der Kartause Mauerbach. Ad a) Der Typus des Siegels ist ein Majestätssiegel. Friedrich (1289–1330) siegelte mit diesem Siegel von 1315 bis 1330. Die zwischen Perlenschnüren gezeigte Umschrift weist den Siegelführer als römischen König aus. Friedrich wurde am 19. Oktober 1314 von vier Kurfürsten in Sachsenhausen zum König gewählt, am nächsten Tag wählten jedoch ebenfalls vier Kurfürsten seinen Cousin Ludwig den Bayern zum König. Da Papst Johannes XXII. keinen der Beiden als rechtmäßig anerkannte, musste die Entscheidung auf dem Schlachtfeld gesucht werden. Am 28. September 1322 kam es zur Schlacht von Mühldorf, wo Friedrich gefangen genommen wurde. Drei Jahre später kam es zu einem Vertrag, der Friedrich Mitkönigtum und gemeinsame Regierung zusicherte. Trotz diplomatischer Bemühungen lehnte der Papst Friedrich weiterhin als König ab. In seinen letzten Lebensjahren griff er nicht mehr in die Reichspolitik ein und zog sich nach Österreich zurück, wo Wien mehr und mehr den Charakter einer Hauptstadt erhielt. Ad b) Dieser Siegeltypus ist ein Reitersiegel, das der Bruder Friedrichs, Albrecht II. (1298–1358) führte. Albrecht erhielt nach dem Ableben seines Bruders die österreichischen Länder und erwarb nach dem Tode Heinrichs 1335 das Herzogtum Kärnten, das auch bereits in der Siegelumschrift berücksichtigt wird. Ad c) Das dritte Siegel, ebenfalls ein Reitersiegel, führte ein weiterer Bruder, Otto der Fröhliche (1301–1339). Beide Siegel sind einander sehr ähnlich. Während die albertinische Darstellung des Pferdes noch weitgehend innerhalb des Bildfeldes 31 verbleibt, scheint das Pferd auf dem Siegel Ottos aus dem durch die Bildumschrift vorgegebenen Rahmen hinaus zu springen. MG I/6 Die „Goldene Bulle“ Kaiser Karls IV. bestimmt Zahl und Vorrechte der Kurfürsten des Reiches Nürnberg, 1356 Jänner 10 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1356 I 10 Pergamentlibell mit Goldsiegel, 72 Blatt, Latein (Abb. 1) Die „Goldene Bulle“ regelte die Wahl des römisch-deutschen Königs durch die Kurfürsten bis zum Ende des Alten Reiches im Jahre 1806. Der Name leitet sich von dem an der Urkunde befindlichen goldenen Hängesiegel her. Verfasst in lateinischer Sprache, wurde sie unter Beteiligung der deutschen Reichsstände auf einem Hoftag zu Nürnberg verkündet. Das Gesetz sieht die Wahl des Königs durch die sieben Kurfürsten (die Erzbischöfe von Mainz, Trier und Köln, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen) vor und stellt nach Meinung der heutigen Forschung einen Kompromiss zwischen den Reformplänen Karls IV. und den Ansprüchen der Kurfürsten dar. Die Bestimmungen über das Wahlverfahren schrieben vor, dass jeder Kurfürst selbst die Stimme abgeben musste, die Entscheidung für einen Kandidaten hatte mehrheitlich zu erfolgen, wobei der Erzbischof von Mainz als letzter seine Stimme abgab und bei Unstimmigkeiten den Ausschlag gab. Überliefert ist die „Goldene Bulle“ heute in sieben Originalausfertigungen, eine für König Wenzel hergestellte Prunkabschrift befindet sich im Besitz der Österreichischen Nationalbibliothek. Die „Goldene Bulle“ wurde bereits 1474 in Nürnberg erstmals gedruckt, bald darauf erschien sie auch in deutscher Übersetzung. TJ 32 I/7 Porträts Kaiser Karls IV. und Kaiser Sigismunds 16. Jahrhundert Signatur: HHStA, HS Weiß 1039, fol. 35/36 Papier, Federzeichnungen koloriert, gebunden (Abb. 2) Die vorliegende Handschrift „Wappenbuch der Kron Beheim“ genannt, bezieht sich auf damals im Schloss Karlstein aufbewahrte böhmische Urkunden und reicht bis ins Jahr 1596. Im Anschluss an die Listen der Adeligen mit ihren Wappen folgen auch einige ganzseitige Miniaturen der böhmischen Könige des 14. und 15. Jahrhunderts. Alle Illustrationen sind mit Deckfarben auf Papier ausgeführt. Uns interessiert hier vor allem der Luxemburger Kaiser Karl IV. (1316–1378), der die deutsche Königswahl in der Goldenen Bulle erstmals regelte. Wir sehen ihn als Halbfigur im kaiserlichen Ornat in säulengerahmter Nische auf einem Thronsessel sitzend, mit dem Szepter in der Hand, den Reichsapfel seitlich auf dem Tisch liegend. Oberhalb der Nische sind Namen und Wappen seiner Eltern angebracht, seitlich befinden sich Namen und Wappenschilder seiner 16 Ahnen, von denen nicht alle Wappen bekannt sind. Auf der rechten Seite ist sein Sohn, Kaiser Sigismund (1368–1437) in gleicher Weise dargestellt. Der Text unterhalb der Bilder zitiert Chroniken zur Geschichte der beiden Herrscher. ES I/8 Standeserhöhung durch Urkundenfälschung (Privilegium maius) Regensburg, 1156 September 17, tatsächlich Fälschung von 1358/59 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1156 IX 17 Pergament mit an roten Seidenschnüren hängender (echter) Goldbulle Kaiser Friedrichs I., Latein Das so genannte „Privilegium Maius“ stellt das Juwel unter den österreichischen Freiheitsbriefen aus der Kanzlei Rudolfs IV. dar. Nachdem Rudolf von seinem Schwiegervater Karl IV. in der „Goldenen Bulle“ übergangen worden war, wollte er sich und seinen Ländern auf anderem Wege die erhofften Vorrechte sichern. So entstand ein Komplex von insgesamt fünf gefälschten Urkunden, die Karl IV. zur Bestätigung vorgelegt wurden. Der Kaiser forderte daraufhin von Francesco Petrarca ein Gutachten über die Echtheit der Stücke an, der Humanist bezeichnete die inserierten Urkunden Neros und Caesars als Werk eines Esels. 33 Die im Maius enthaltenen Forderungen basierten sehr wohl auf den Privilegierungen des Privilegium Minus von 1156, allerdings mit beträchtlich erweiterten Vorrechten, die allesamt die Reduzierung der Pflichten des Herzogtums Österreich gegenüber dem Reich auf ein Minimum zum Ziel hatten. Von einer Erhebung des Territoriums zum Erzherzogtum zusätzlich zum Titel eines Erzherzogs – er wird nur im Zusammenhang mit dem Besuch von Hoftagen erwähnt – ist im Maius allerdings nicht die Rede. Die Vorrechte, die Rudolf IV. für sich reklamierte, wurden erst durch die reichsrechtliche Bestätigung durch Kaiser Friedrich III. im Jahre 1453 Realität. Von der Ausführung her ist das hier abgebildete Hauptstück des Maius-Komplexes, das Diplom von 1156, eine derart gelungene Fälschung, dass es erst der Forschung des 19. Jahrhunderts gelang, die Urkunde als gefälscht zu enttarnen. TJ I/9 Rudolf der Stifter urkundet und siegelt als Erzherzog von Österreich Wien, 1360 Juni 23 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1360 VI 23 Ausfertigung, Pergament mit vier anhängenden Siegeln Im Laufe des Jahres 1360 verwendete Rudolf IV. mehrmals die mit der Fälschung des Maius beanspruchten Titel eines Erzherzogs von Österreich bzw. palatinus archidux Austrie, deren Führung ihm durch Karl IV. am 5. September dieses Jahres untersagt wurde. Bei der gezeigten Urkunde handelt es sich um einen Schutzbrief für den Grafen Rudolf von Montfort und seine Erben. Im Titel der Urkunde bezeichnet sich Rudolf als Erzherzog von Österreich und Herzog von Schwaben, sein großes Reitersiegel, das zugleich ein hervorragendes Beispiel der gotischen Siegelschneidekunst in Österreich darstellt, zeigt in der Umschrift der Aversseite nach Namen und Devotionsformel den lateinischen Erzherzogstitel (palatinus archidux Austrie). LA 34 I/10 Bestätigung der so genannten Österreichischen Freiheitsbriefe durch Kaiser Friedrich III. Wien, 1453 Jänner 6 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1453 I 6 Pergament, Goldbulle an grau schimmernder Seidenschnur Knappe hundert Jahre nachdem Herzog Rudolf IV. versucht hatte, sich durch Fälschungen ein Vorrecht seiner Familie vor den anderen im Reich zu sichern, sah Kaiser Friedrich III. die Zeit gekommen, das Werk seines Vorfahren zu vollenden. Friedrich war vom Herzog der Steiermark zum römischen König und durch die Krönung in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches aufgestiegen. Friedrich zeichnete sich durch hochfliegende Pläne einer imperialen Sonderstellung des „Hauses Österreich“ aus und wusste diese Pläne auch umzusetzen, ganz im Gegensatz zur bis heute tradierten, aber mittlerweile überholten These, dass er ein untätiger Kaiser gewesen sei. Bereits 1442 hatte Friedrich auf Bitten seines Bruders Albrecht VI. mit einer goldfarbenen Bulle die auf den Fälschungen Rudolfs IV. beruhenden Privilegien des Hauses Habsburg allgemein ohne die Aufzählung jedes einzelnen bestätigt. 1453 allerdings, in seiner neuen Stellung als Kaiser und in Anwesenheit bedeutender Persönlichkeiten des Reiches wie Kardinal Nikolaus Cusanus, dem päpstlichen Nuntius Aeneas Silvius Piccolomini, Herzog Wilhelm von Sachsen, Markgraf Albrecht von Brandenburg, seinem Bruder Herzog Albrecht VI. sowie den Trägern der österreichischen Hofämter und kaiserlichen Räten, ließ Friedrich eine lateinische und eine deutsche Ausfertigung ausstellen, die konkret die Urkunden Caesars und Neros nannte, die im Diplom Kaiser Heinrichs IV. inseriert sind; weiters nahmen die Stücke Bezug auf das Diplom Heinrichs IV. selbst, auf Heinrich (VII.), Kaiser Friedrich II. und König Rudolf I. Völlig unerwartet ist allerdings, dass das „Privilegium maius“ nicht inseriert ist. Der Text wurde aber in der Bestätigung Kaiser Friedrichs II. übernommen, ging also nicht verloren. Ungeklärt ist allerdings bis heute, warum Friedrich auf den Text des Maius verzichtete. Friedrich III. nahm jedoch einige Änderungen an den Bestimmungen der Freiheitsbriefe vor. So sollte der Titel des Erzherzogs auf die steirische Linie der Habsburger beschränkt bleiben, also auf jenen Zweig der Familie, aus dem Friedrich selbst stammte. Nur wer die Steiermark, Kärnten und Krain beherrschte, sollte Erzherzog mit Vorrang vor anderen Fürsten sein. Friedrich schuf damit zwei Klassen von Habsburgern, wie Christiane Thomas richtig feststellte: Die steirischen Erzherzöge und die österreichischen Herzöge. An der Ausfertigung fällt vor allem das kaiserliche Monogramm auf, das im späten Mittelalter bei Herrscherurkunden kaum mehr im Gebrauch stand. Das 35 Majestätssiegel Friedrichs ist sein übernommenes Königssiegel, der Stempel wurde umgearbeitet; so wurden die Königskrone zu einer kaiserlichen Mitrenkrone und der einköpfige Adler zum seit Sigismund gebräuchlichen Doppeladler umgeschnitten. TJ I/11 Beglaubigung einiger Urkunden aus dem Komplex des Privilegium maius 1512 Dezember 19 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1512 XII 19 Pergamentlibell, 8 Folien mit rot-weißer Seidenschnur verbunden, Rats-Siegel der Stadt Wien Dem ersten Anschein nach präsentiert sich das wohl von Maximilian I. selbst angeregte Stück als eine durch Richter und Rat der Stadt Wien beglaubigte Abschrift aus einem alten Codex in Form eines Libells. Der Text zitiert die Urkunden von 1058, 1228 und 1245 aus dem Komplex des Privilegium maius, das Rudolf IV. Kaiser Karl IV. vorgelegt hatte (vgl. Kat. I/8). Das eigentliche Privilegium maius scheint wie bei Friedrich III. wieder nur als Insert der Urkunde von 1245 auf. Die beiden Miniaturen auf fol. 1v und 2r sind vielfach abgebildet und in historischen wie kunsthistorischen Werken behandelt worden. Bei näherer Überlegung bietet das Libell jedoch etliche Überraschungen, die in der bisherigen Literatur nicht erwähnt wurden. Eine genaue Analyse der beiden Bilder lässt die Schlussfolgerung zu, dass die Darstellungen auf zwei völlig verschiedenen Maltraditionen beruhen. Die recht auffällige Kombination der Jagdszene als Hintergrund für den österreichischen Bindenschild steht den von Jörg Kölderer für Maximilian gemalten Tiroler Fischund Jagdbüchern nahe und kommt auch in zwei Porträts des Kaisers von Bernhard Strigel im Fensterausblick vor. In all diesen Werken sind bei aller Realistik im Einzelnen die Proportionen von Mensch und Tier gegenüber der Landschaft nicht richtig erfasst, bzw. bewusst außer Acht gelassen. Auch muss im Landschaftsbild der Urkunde auffallen, dass es keinen natürlichen Lichteinfall gibt und dass kein Objekt einen Schatten wirft. Gerade dieser letzte Punkt ist bemerkenswert, denn die in einer Blumenranke untergebrachte Porträtgalerie auf fol. 2 arbeitet gekonnt mit allen denkbaren Effekten von Schattenbildung. Jede Blumenranke, jede der Halbfiguren, jedes Detail, wirft einen deutlichen Schatten auf den Untergrund, um so die Illusion der Wirklichkeit zu erzeugen. Diese Miniatur lässt sich mit den Bildern in der Handregistratur Friedrichs III. (vgl. Kat. I/12) durchaus vergleichen und steht in 36 der Tradition der von Matthias Corvinus in Buda geschaffenen Werkstatt von Buch- und Wappenmalern. Die am unteren Rand angebrachte Signatur A.S. (=A. Schöffel) kann folgerichtig nur auf den Künstler für diese eine Seite bezogen werden. Auf Blatt 2 beginnt der Text der Urkundenabschrift, der offensichtlich zuerst geschrieben wurde; erst dann wurde der Rand mit Deckweiß eingefärbt und darauf die von Putten getragene Ranke mit den Figuren einiger Babenberger und Habsburger aufgetragen. Es sind dies Markgraf Leopold III., Herzog Heinrich Jasomirgott, Rudolf von Habsburg, Albrecht I., Albrecht II. (V.), Ladislaus Postumus, Friedrich III., Maximilian I., Philipp der Schöne, Karl (mit dem Wappen Österreich-Burgunds), Ferdinand (mit dem Wappen Aragons). Die Auswahl der Personen bzw. die Verwendung von Porträts überhaupt geht aus den Urkunden nicht zwingend hervor. Auch die durch die Miniatur auf Blatt 1 vermittelte Idee geht teilweise über den im Anschluss folgenden Text hinaus und kann nur im Kreis der Hofkünstler Maximilians entstanden sein. Die Verbindung der Tiroler Landschaft mit dem alt-österreichischen Bindenschild gehört ebenso in des Kaisers Programm, wie der Wortlaut der Schriftbänder um das Wappen. Der oberhalb wiedergegebene Text „Austria cor et clypeus Sacri Romani Imperii“ (Österreich als Herz und Schild des Reiches) gibt den Wortlaut des Privilegium maius wieder; ebenso entspricht der Herzogshut in Verbindung mit Zackenkrone und Bügel der dort geforderten Insignie. Anders ist es mit dem Text des unteren Schriftbandes „Archidux Austriae Romani Imperii supremus venator“. Das Maius verlangt weder generell den Terminus Erzherzog, noch kommt die Funktion des Reichs-Jägermeisters vor. Beide Würden sind von Rudolf IV. jedoch als Teil seines großen Titels im Rahmen feierlicher Urkundenausfertigungen im Jahr 1360 verwendet worden. Aus technischer Sicht, ist die Ausführung der beiden Miniaturen durch zwei verschiedene Künstler durchaus möglich, da die Jagdszene als einziges Werk auf dem sonst völlig frei gebliebenen Umschlagblatt gemalt ist. Die Verbindung dieses äußeren Bogens mit den drei übrigen Bögen und damit mit der zweiten Miniatur erfolgte erst mit dem Durchziehen der Seidenschnur und der Anbringung des Siegels. Schon Rudolf der Stifter hatte bei seiner Fälschung von 1358/59 die Tendenz befolgt, nicht nur den Landesfürsten, sondern auch sein Herrschaftsgebiet, das heißt das Land Österreich zu betonen. Im gleichen Sinn ist auch die Absicht Maximilians zu sehen, der 1512 durch Hinweise auf die historische Verknüpfung der einzelnen Teile seiner Erbländer (Tirol war erst 1490 direkt an ihn gekommen) deren Zusammengehörigkeit betonen wollte. Die Verwendung des Allianzwappens Österreich-Burgund bei Philipp dem Schönen und Karl (V.) weist auf einen anderen politischen Plan Maximilians hin. Jedenfalls gehört die Urkunde von 1512 in sein umfangreiches Programm, seinen Ländern eine hervorgehobene Stellung innerhalb des Reiches zu verschaffen. 37 ES I/12 Der österreichische Erzherzogshut 1764 Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Titel und Wappen Aquarellierte Federzeichnung Bez. unten: Wahre Gestalt des Österreichischen Erzherzogshuts./den Kaiserl: und Königl: Freyheitsbriefen von 1156. 1228/und 1745 gemäß entworfen Bald nach der Regulierung der Siegel und Wappen Maria Theresias 1753 ergab sich die Notwendigkeit, auch für Joseph ein entsprechendes Wappen zu entwerfen. Als Bekrönung sollten beide Wappen den Erzherzogshut tragen. Dabei traten offensichtliche Diskrepanzen zwischen dem in Klosterneuburg aufbewahrten Erzherzogshut und der Beschreibung des Erzherzogshutes in den Hausprivilegien Karls V. zutage. Als dann im Verlauf der Vorbereitungsarbeiten zur Krönung Erzherzog Josephs in Frankfurt am Main zum Römischen König im Jahre 1764 neuerlich die Frage, wie denn das „ächte Erzherzogshuetl“ aussehe, virulent wurde, stellte man ausgedehnte Nachforschungen an, um eine möglichst genaue Vorlage des Erzherzogshutes zu bekommen. Der Hausarchivar Taulow von Rosenthal studierte daraufhin alle greifbaren Akten, Bücher, Siegel, Münzen und Gemälde, ging sogar in den Dom zu St. Stephan, kletterte auf eine Leiter, um an der dort befindlichen Statue Rudolfs des Stifters die Originalmaße des Erzherzogshutes abzumessen. Nach diesem Vorbild fertigte man dann eine neue Insignie an, ohne den in Klosterneuburg verwahrten Hut anzutasten. Der in Klosterneuburg verwahrte österreichische Erzherzogshut war 1616 von Maximilian III. für das Stift Klosterneuburg gestiftet worden und durfte nur in zwei Fällen das Kloster verlassen: zur Erbhuldigung oder zum Empfang der Lehen aus der Hand des Reichsoberhauptes. Den neu angefertigten Erzherzogshut trug nun Joseph vor seiner Königskrönung in Frankfurt, die in Anwesenheit seines Vaters Franz I. stattfand. Der Hut wurde danach gebrochen und existiert nicht mehr, lediglich die Karkasse ist noch in der Wiener Schatzkammer erhalten. Der aquarellierte, schön ausgeführte Entwurf ist deshalb das Einzige, was von diesem Kleinod heute noch erhalten ist. MG I/13 AEIOU und Wappen des römisch-deutschen Handregistratur Friedrichs III. Reiches in der 38 (Wien ?), 1446 Signatur: HHStA, HS Weiß 10 Pergament, prunkvolle Buchmalerei, Latein Die als „Handregistratur“ bekannte großformatige Handschrift war als Sammlung von Behelfen und Dokumenten angelegt, die der römische König Friedrich IV. – erst 1452 wurde er als Friedrich III. zum Kaiser gekrönt – stets zur Hand haben wollte. Der Codex enthält Abschriften wichtiger Privilegien, Verzeichnisse der Besitzungen des Herrschers, der wichtigsten Reichsterritorien sowie der Kurfürsten, Päpste und Kaiser. Vier ganzseitige, in kräftigen Farben gemalte Schmuckblätter mit Wappendarstellungen machen aus dem nüchternen, aber sorgfältig geschriebenen Gebrauchsbuch eine kostbare Prunkhandschrift. Wappenschild, Helm, Helmzier und -decken scheinen auf Brokatstoff mit breiter Perlenborte aufzuliegen. Umrahmt ist die Darstellung von Friedrichs berühmter Devise „AEIOU“ und der Jahreszahl „1446“ sowie drei Rosenzweigen. Buchstaben und Ziffern werfen ebenso wie der plastisch modellierte Rahmen Schatten, ganz besonders aber suggeriert die illusionistische Blumenumrahmung durch ihren Schlagschatten sowohl Plastizität als auch Distanz zum Pergamentuntergrund, wodurch wir ein einmaliges Kunstwerk vor Augen haben, zu dem in dieser Zeit keine Vergleichsstücke ähnlichen Stils oder gleichwertigen Ranges existieren. EP I/14 Bericht über die Ereignisse, die zur Hochzeit Erzherzog Maximilians I. mit Herzogin Maria von Burgund führten Einsiedeln 1479 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1479 III 17 Pergamentlibell, 7 Folien, sepiagetönte Federzeichnung fol. 1v Für Maximilian I. und seinen Vater Friedrich III. war die Ehe mit der Erbin von Burgund der Schlüssel für den Aufstieg des Hauses Habsburg zu einer europäischen Großmacht. Nach dem frühen Tod der Herzogin fiel das Erbe von Burgund an den gemeinsamen Sohn Philipp (1478–1506). Nach schweren Kämpfen gegen Frankreich gelang es den Habsburgern schließlich, dieses Erbe zu sichern. Philipp wiederum ehelichte die kastilische Prinzessin Johanna, die Schwester Philipps, Margarete (1480–1530), heiratete den Bruder Johannas, Johann (1478–1497). Diese aus politischen Überlegungen geschlossene Doppelhochzeit gab Habsburg die Möglichkeit, Frankreich mit einem erstarkenden Königreich Spanien als Partner in die Zange zu nehmen. Nachdem Johannas Bruder Johann 1497 gestorben war und auch ihre ältere Schwester im Jahr darauf verstarb, war Johanna nun Thronfolgerin. Maximilian I. verfolgte diese Strategie 39 der politischen Heiraten meisterlich, nach der spanischen Doppelhochzeit schuf er mit der Wiener Doppelhochzeit von 1515 die Voraussetzung für die Erwerbung Böhmens und Ungarns nach der Niederlage des ungarischen Reiterheeres bei Mohacs 1526. Maximilian hatte diese Hochzeit jahrelang geplant und die habsburgischen Ansprüche auf Ungarn niemals aufgegeben. Auch das vorliegende Stück repräsentiert einen Teil dieser jahrelangen habsburgischen Planungen. Es stellt die Dokumentation des Gelingens des habsburgisch-burgundischen Heiratsprojektes dar. Kaiser Friedrich III. hatte diesen Plan lange und zäh verfolgt, sein Gelingen war ein persönlicher Triumph des Kaisers. Die Verhandlungen mit Karl dem Kühnen, dem Vater Marias, waren lange und schwierig, man traf sich bereits 1473 in Trier, um die Verlobung abzuschließen. Dieser Plan scheiterte damals wohl an den Forderungen des burgundischen Herzogs, der ein „burgundisches Königtum“ forderte, ein Vorhaben, das sich wohl nie gegen Frankreich durchsetzen hätte lassen. Erst militärische Niederlagen brachten Karl von Burgund wieder an den Verhandlungstisch. Nachdem Karl in der Schlacht von Nancy am 5. Januar 1477 im Kampf gegen die Eidgenossen gefallen war, hielt Maria von Burgund am Heiratsversprechen ihres Vaters gegenüber Maximilian fest, die Ehe wurde am 21. April 1477 per procurationem abgeschlossen. Danach war es wichtig, dass Maximilian so rasch als möglich nach Burgund gelangte, damit die Trauung vollzogen werden konnte. Am 18. August ritt Maximilian schließlich in Gent ein, am nächsten Tag wurde die Trauung vorgenommen. Die bildliche Darstellung zeigt nun genau diesen Moment. Die beiden Brautleute stehen einander vor einem Geistlichen gegenüber, Maria ist in geistlicher Begleitung, Maximilian wird von seinem Schwertträger begleitet. Zu den Füssen der handelnden Personen befinden sich die beiden Wappenschilde, der österreichische Bindenschild neben dem burgundischen Schild. Die beiden Wappen fallen durch ihre Farbigkeit auf und symbolisieren für den Betrachter der Szene sofort, dass die Verbindung zwischen Habsburg und Burgund trotz aller Irrungen nun zustande gekommen ist. Der Bericht über die Hochzeit wurde anscheinend im Kloster Einsiedeln verfasst, möglicherweise ist es eine Auftragsarbeit des Innsbrucker Hofes, da sich der Verfasser als Anhänger Erzherzog Sigmunds von Tirol zu erkennen gibt. Gedacht war der Bericht für den Dogen und die Senatoren von Venedig, allerdings wurde das Stück nie abgeschickt. Siegmund von Tirol hatte sich für die österreichisch-burgundische Heirat stark eingesetzt, er wurde dafür von Friedrich III. auch mit dem Titel eines Erzherzogs belohnt. Dieser Titel stand nach der Bestätigung des Privilegium maius durch den Kaiser im Jahr 1453 nur der steirischen Linie der Habsburger zu. TJ 40 I/15 Historia Friderici et Maximiliani: Regierungsantritt Maximilians im Reich Wunderzeichen beim 1514/15 Signatur: HHStA, HS Blau 9, fol. 85r Papier, gebunden, mit kolorierten Federzeichnungen (Abb. 4) Die „Historia Friderici et Maximiliani“, deren lateinischer Text von Joseph Grünpeck und deren Zeichnungen (nach Mathias F. Müller) von Albrecht Altdorfer stammen, gehört in den Umkreis der von Kaiser Maximilian in Auftrag gegebenen zahlreichen Werke zum „Gedechtnus“. Sie war als eine Art Lehrbuch für seinen Enkel Karl V. gedacht, um ihn mit der Größe seiner Familie und den Taten seiner Vorfahren vertraut zu machen. Die komplizierte Entstehungsgeschichte der Historia soll hier nicht weiter verfolgt werden. Das vorliegende Blatt zeigt Maximilian mit drei Astrologen, die ihm die am Himmel sichtbaren Wunderzeichen deuten. Der beigegebene Text behauptet, bei seinem Regierungsantritt nach dem Tod des Vaters habe man in der Gegend um Augsburg und anderswo Wunderzeichen am Himmel gesehen, und große Steine seien heruntergefallen. Man erkennt zwei Ritter im Turnierkampf, zwei wilde Männer, Sonne, Komet, Rute und Schwert und eine große Zahl verschieden geformter Kreuze und Steine. Diese Zeichnung und die zugehörige Erklärung wurden wie auch andere astrologische Auslegungen Grünpecks bei einer Art Schlussredaktion von Maximilian durchgestrichen, obwohl die Erwähnung ähnlicher Ereignisse anderswo beibehalten wurde. Die Beschäftigung mit Astrologie war im Hofkreis um Maximilian ja durchaus üblich. Grünpeck war Sekretär und Historiograph Maximilians und verfasste auch andere Werke, die sich speziell mit der Sterndeutung beschäftigen. So ist eine Innsbrucker Handschrift Grünpecks mit Widmung an den königlichen Sekretär Blasius Hölzl überliefert. Diese beschäftigt sich ausschließlich mit astrologischen und prophetischen Problemen. Eine der darin enthaltenen Zeichnungen von himmlischen Erscheinungen entspricht weitgehend der vorliegenden Darstellung, so dass man hier die Einflussnahme des Autors auf den Zeichner annehmen muss. ES 41 I/16 Marcus Schynnagl, Politisches Horoskop für das Reich zum Jahr 1491 1491 Signatur: HHStA, HS Weiß 321, fol. 254-267 Papier Bekanntlich sind schon im Alten Orient die Wissenschaften der Astronomie und Astrologie in kaum unterscheidbarer Einheit aufgetreten. Dies ändert sich auch nicht mit dem Fortschritt der Naturwissenschaften im spätmittelalterlichen Europa. Im Gegenteil, – die durch den Buchdruck ermöglichte Massenproduktion von Kalendern für Jedermann brachte der Astrologie und den damit verbundenen Vorhersagen aller Art ein neues Aufgabengebiet. So wird im Allgemeinen die Zeit von 1400 bis 1650 als Höhepunkt der astrologischen Prognosenstellung angesehen. Die Bandbreite der in Handschrift oder Druck überlieferten Dokumente solcher Art reicht von weit ausholenden Prophezeiungen, über Horoskope für einzelne Persönlichkeiten, bis hin zu den jahrweise vorgelegten Vorhersagen über Wetter, Kriege, Naturkatastrophen und medizinische Ratschläge für den Hausgebrauch. Das vorliegende Dokument ist offenbar ein Unikat, das als Dedikation für Erzherzog Sigmund von Tirol abgefasst ist. Es entspricht inhaltlich aber völlig dem, was in den seit dem frühen 16. Jahrhundert üblich werdenden Kalenderschriften unter dem Begriff „Practica“, also praktische Vorschläge, angeboten wurde und bis in die neueste Zeit im so genannten Hundertjährigen Kalender in verschiedenen Varianten zu finden ist. Als Verfasser gibt sich Marcus Schynnagl zu erkennen, ein Gelehrter (dottore) der Freien Künste und besonders der Astronomie. Da die Fürsten als Vollstrecker des göttlichen Auftrages zu sehen sind, die Menschheit insgesamt zu schützen und ihr ordentliches Zusammenleben zu garantieren, will er den Fürsten im Reich und vor allem den Erzherzögen mit Hilfe der Planeten-Konstellation den vorgesehenen Ablauf des Jahres mitteilen und somit ihre Regierungstätigkeit erleichtern. Nach dem bewährten Muster der Astrologie werden in die einzelnen „Häuser“ des quadratischen Horoskop-Schemas die Reichs-Territorien, Städte, Herrscher und andere Einzelpersonen eingetragen, offenbar um für jedes angegebene Individuum das zukünftige Schicksal samt Verhaltensregeln für das kommende Jahr vorhersagen zu können. Im Text ergeht sich Schynnagl in ausführlichen Prognosen zu einzelnen Teilgebieten. Die Sonnenfinsternis, die am 8. Mai im achten Haus eintreten wird, bedeute viel Tod und Betrübnis für die Hochgeborenen. Es folgen getrennte Vorhersagen für die Christen, Juden, Heiden, Tataren und Türken. Ferner werde es sehr viel Krieg und „Auflauf“ geben. Die weltlichen Fürsten würden mehr Glück haben als die geistlichen Fürsten. Dem Papst wird viel Ärger durch manche seiner Kardinäle vorhergesagt. Dem Kaiser wird viel Glück bei seinen Gütern 42 versprochen, aber er werde schwere Krankheiten und „Blödigkeit“ erleiden. Dem König Maximilian dagegen werde es sehr gut ergehen, tausendmal besser als im vorhergehenden Jahr. Erzherzog Sigmund werde besonders bei seinen Bergwerken viel Erfolg haben. Zum Schluss verrät uns der Autor auch, was er in den Figuren des Himmels an Vorzeichen für verschiedene andere Stände gefunden habe: „Die Weiber und weibischen Männer wie Singer, Harpfenschlacher (Harfenspieler), Maler und Saitenspiler werden mit tötlicher Traurigkeit beladen.“ Eine weitere Auslegung und Bewertung des vorliegenden Stückes und vor allem die vollständige Analyse der beiden Zeichnungen muss speziellen Forschungen überlassen bleiben. ES I/17 Reichskammergerichtsordnung 1495 Worms, 1495 August 7 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1495 VIII 7 Ausfertigung, Pergament mit anhängendem Siegel Auf dem Wormser Reichstag des Jahres 1495 kam nach einem zähen Ringen zwischen Maximilian I. und den Reichsständen unter der Führung des Mainzer Kurfürsten Berthold von Henneberg eine Reichsreform zustande, die in der Verkündung des Ewigen Landfriedens und einer neuen Ordnung des Reichskammergerichts gipfelte. Durch die neue Ordnung tagte das Gericht unabhängig von der Anwesenheit des Königs und seines Hofes an einem dauernden Gerichtsort (zuerst Frankfurt, dann Nürnberg, Speyer und Wetzlar) und war damit dem unmittelbaren Einfluss des Königs entzogen. Allerdings blieb dem König bzw. Kaiser die Ernennung von Kammerrichter, Präsidenten und eines Teils der Assessoren vorbehalten, während der Rest von den Reichsständen nominiert wurde, wobei den Reichskreisen (und damit auch dem österreichischen Kreis) eine wichtige Rolle zukam. Das Gericht sollte den Landfrieden sichern und als Appellationsinstanz die fürstliche Gerichtsbarkeit kontrollieren. Zu seiner Finanzierung diente der gleichfalls auf dem Wormser Reichstag verabschiedete Gemeine Pfennig, eine Art allgemeiner Reichssteuer. Gegen das ständisch dominierte Reichskammergericht schuf sich Maximilian I. mit der 1497 erfolgten Gründung eines auch für Gerichtsangelegenheiten zuständigen Hofrats ein Gegengewicht, was in weiterer Folge zum Entstehen des Reichshofrats als eines konkurrierenden und in mancher Hinsicht dem Reichskammergericht sogar übergeordneten Höchstgerichts führte. LA 43 I/18 Plan einer Erhebung der österreichischen Erblande zu einem Königreich Köln, 1521 November 7 Signatur: HHStA, Familienurkunden 1141 Konzept, französisch und Latein, Papier Die Pläne einer Erhebung der österreichischen Länder zu einem Königreich gehen bis auf die Zeit Kaiser Friedrichs II. zurück, der auf dem Hoftag von Verona 1245 einen entsprechenden Entwurf vorbereiten ließ. Sie sind in vielfältiger Weise mit der durch das Privilegium minus eingeleiteten und durch den Fälschungskomplex des Privilegium maius weiter ausgebauten Sonderstellung Österreichs innerhalb des Reiches verbunden. 1516/17 ließ Maximilian I. nochmals einen Entwurf dieser Art ausarbeiten, der seinen Enkel Ferdinand als König vorsieht. Bei den Verhandlungen mit seinem Bruder über die Teilung des gemeinsamen Erbes, die wiederum mit den Verhandlungen zwischen Karl V. und den Gesandten Ludwigs II. über die Verheiratung seiner Schwester Anna mit Ferdinand verknüpft wurden, kam Karl nochmals auf diese Pläne zurück und nahm sie in den Text der Vereinbarung auf, die von Karl zehn Tage später ratifiziert und damit rechtskräftig wurde. Ferdinand ratifizierte die Vereinbarung im April des folgenden Jahres in Worms, hat von den Bestimmungen über die Königswürde aber anscheinend keinen Gebrauch machen wollen. Die Pläne sind auch ein Versuch, die österreichischen Länder zu einem Ganzen zusammenzufassen und nehmen damit bis zu einem gewissen Grad die späteren Bestrebungen der Pragmatischen Sanktion vorweg. LA I/19 Überlassung der österreichischen Erblande an Ferdinand I. (Brüsseler Vertrag) Brüssel, 1522 Februar 7 Signatur: HHStA, Familienurkunden 1151 Ausfertigung, Pergament mit den anhängenden Siegeln und Unterschriften Karls V. und Ferdinands I. Die Regelung der Erbschaft nach Maximilian I., aber auch die weite Ausdehnung des Herrschaftsbereiches Karls V. bei gleichzeitiger Notwendigkeit eines Vorgehens gegen die ständische Opposition in Österreich und die drohende Türkengefahr führten zu einer einvernehmlichen Teilung der Herrschaftsbereiche zwischen den beiden Brüdern, die letztlich auch dem Eigenleben der 44 österreichischen Erblande innerhalb des Reiches Rechnung trugen. Nach ersten Verständigungen in Köln 1520 und in Worms 1521, die einerseits mit einer Teilung der Erblande – Tirol und Vorderösterreich sollten bei Karl bleiben – , andererseits mit der Option der erwähnten Erhebung der restlichen Länder zu einem Königreich Österreich verbunden waren, kam es bei Verhandlungen in Brüssel im Jänner und Februar 1522 zu einer Einigung über die Nachfolge Ferdinands in allen österreichischen Erblanden. Durch diese Einigung, die aber für die nächsten sechs Jahre geheim bleiben sollte, wurde eine Zerreißung der österreichischen Erblande verhindert und die Teilung der habsburgischen Herrschaftsbereiche in jene der spanischen und österreichischen Linie bei gegenseitiger Erbfolge, aber völliger Unabhängigkeit beider Linien begründet. LA I/20 Briefregister Kaiser Maximilians II. 1557–1576 Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Sammelbände 1 (SB 2), aufgeschlagen fol. 255 Papier, moderner Einband Von Maximilian II. (1564–1576) sind zwei Bände erhalten, die als vollständiges Register seiner spanischen Privat-Korrespondenz von 1557 bis 1576 bezeichnet werden. Dieser Titel wurde im 19. Jahrhundert eingefügt, wobei weder die Charakterisierung als vollständig, noch die als Privatkorrespondenz ohne eingehende Forschungen behauptet werden könnte. Dass es sich um Korrespondenz in spanischer Sprache handelt, ist dagegen evident, auch wenn der Brief an einen Empfänger in Italien oder an den kaiserlichen Botschafter in Konstantinopel gerichtet ist. Die Bände enthalten teils vollständige Texte angekommener und ausgelaufener Briefe, teils Kurzfassungen davon. Die Reihenfolge ist im Allgemeinen chronologisch, aber nicht immer streng durchgehalten; auch lassen sich verschiedene Schreiberhände feststellen. Die aufgeschlagene Seite zeigt zwei Empfehlungsbriefe Kaiser Maximilians aus Wien von 1572 an Don Juan de Austria zur Unterbringung von zwei Personen im Kriegsdienst ES 45 I/21 Triumphpforte für Kaiser Matthias 1612 Signatur: HHStA, Inv. Nr. 111-4 Bez.: „Durch Fridrich von Valckenburg, Mahler und Conterfetter daselbst aufgerichtet und in Druck gegeben. Petrus Iselburg Agrip. Sculpsit.“ Papier, Kupferstich, gerahmt Die von Friedrich von Valckenburg entworfene und unter dem Titel Aigentliche Abbildung der ienigen Ehrenportten, so dem Allerdurchleuchtigsten Fürsten Herrn Matthias der Rat der Stadt Nürnberg hat aufrichten lassen, als Se. Maj. Von der Krönung in Frankfurt den 9. Juli 1612 auf der Rückreise in Nürnberg einritt auch im Druck veröffentlichte Triumphpforte wurde in Nürnberg oberhalb der Burg errichtet und bot, wie bei Werken dieser Art üblich, ein reiches allegorisches Programm. Oben standen die vier Kardinaltugenden, dann folgten Jupiter, Pallas Athene, die alten Könige Ninus, Cyrus, Alexander der Große und Julius Cäsar. Weiters folgten die Vorfahren Matthias’ und die früheren Kaiser von Maximilian I. bis zu Matthias selbst. Über den Nebentoren waren zwischen zwei Obelisken die Personifikationen der vier Erdteile zu sehen. Der Adler an der Spitze des mittleren Obelisken hielt die Kaiserkrone in der Klaue und – wie im erklärenden Text besonders betont wird – bei Einzug und Auszug des Kaisers erweise er diesem seine Reverenz durch Verneigen, Darreichen der Krone und Erheben seiner Flügel. ES I/22 Huldigungsprotokoll der schwäbischen Reichsstädte 1705 Aulendorf, 1706 Februar 26 Signatur: HHStA, Reichskanzlei, Wahl- und Krönungsakten 24 b Papier, teilweise gedruckt, gebunden (Abb. 3) Da Joseph I. als römischer König den Kaiserthron ohne Krönung bestiegen hatte und man sich außerdem in Kriegszeiten befand, wurde die offizielle Inthronisation durch kaiserliche Kommissäre, die von Reichsstadt zu Reichsstadt reisten, verkündet und anschließend die Huldigung entgegengenommen. Die Huldigung im Schwäbischen Reichskreis erstreckte sich auf die Reichsstädte Ulm, Biberach, Esslingen, Schwäbisch Hall, Heilbronn, Rottweil, Weil der Stadt und Wimpfen. Die Reise des kaiserlichen Kommissärs Franz Maximilian Eusebius Graf zu Königsegg und Rotenfels begann am 10. August 1705 in Ulm und endete am 27. November 1705 in Heilbronn. Das Protokoll hält den Ablauf der Feierlichkeiten, die meistens nach demselben Muster erfolgten, in 69 Beilagen mit ausführlichen 46 Beschreibungen fest: Nach Entgegennahme des Treueides des Bürgermeisters und der Bürgerschaft versicherte der kaiserliche Gesandte die Stadt des Schutzes und der Gnade des Kaisers. Anschließend wurde ein Gottesdienst gefeiert und ein Festbankett abgehalten. In einigen Städten brachte man zusätzlich ein kleines Theaterstück zur Aufführung. Zuweilen wurden dem Kommissär auch Petitionen oder Beschwerdebriefe wegen verschiedener Missstände überreicht. Die aufgeschlagene Doppelseite zeigt die Huldigung der Reichsstadt Schwäbisch Hall. Die untergehende und aufgehende Sonne symbolisieren den verstorbenen Kaiser Leopold I. und den neuen Kaiser Joseph I., dem auf diese Weise gehuldigt werden soll. Mit dem Morgenstern, der über der Stadt Schwäbisch Hall aufgeht, wird auf die Ankunft des kaiserlichen Kommissärs Königsegg angespielt, der den Huldigungsfeierlichkeiten anstelle des Kaisers beiwohnte. MG I/23 Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände für Kaiser Joseph I. Signatur: ÖStA, Bibliothek Gelb 23 Druck, Papier, mit zeitgenössischem Einband Nach vorausgehenden Verhandlungen kam es am 22. September 1705 zur feierlichen Huldigung der vier niederösterreichischen Stände (Prälaten, Herren, Ritter und Städte) gegen Anerkennung ihrer Privilegien durch den Landesherrn. Die Stände holten dabei den Kaiser in der Burg ein, zogen mit ihm in feierlicher Prozession über Kohlmarkt und Graben zu einem Gottesdienst in den Stephansdom und in die Burg zurück, wo sie den Huldigungseid leisteten. Nach einem Te Deum in der Burgkapelle schloss die Zeremonie mit der Aufwartung der Stände beim Huldigungsmahl und ihrer anschließenden Bewirtung in den Räumen der Burg durch den Kaiser. Die Darstellung zeigt in der linken Bildhälfte die Vertreter der Erbämter mit den Insignien einschließlich des Erzherzogshutes, dahinter den Erbmarschall (Nr. 16), der dem Kaiser mit gezücktem Schwert voran reitet. Hinter dem Kaiser marschieren die Hauptleute und Soldaten der kaiserlichen Garde, gefolgt vom leeren kaiserlichen Leibwagen. LA I/24 Karl VI. belehnt sich selbst mit den österreichischen Erblanden Wien, 1728 März 10 47 Signatur: HHStA, Reichshofrat, Reichslehensakten deutscher Expedition 129 Ausfertigung, Papier, mit aufgedrücktem Oblatensiegel und eigenhändigen Unterschriften Auf Grund der engen Verflechtung des Kaisertums mit dem Erzhaus Österreich gerieten die habsburgischen Kaiser in das Dilemma, sich selbst belehnen zu müssen. Solange mehrere Familienmitglieder am Leben waren, konnte man sich mit dem Ausweg behelfen, einem jüngeren Mitglied im Namen des Gesamthauses die Lehen zu verleihen. Häufig wurde überhaupt auf Mutung und feierliche Belehnung verzichtet, wie sie im Privilegium maius vorgesehen war, sondern die Belehnung weitgehend formlos in den kaiserlichen Privatgemächern vorgenommen. Neben der speziellen Situation durch die Identität von Lehensherr und Lehensträger spielte dabei sicher auch die zunehmende Verselbständigung des österreichischen Staates gegenüber dem Reich eine Rolle. Im vorliegenden Fall ernannte Karl VI. die Inhaber vier oberster Ämter (Obersthofmeisteramt, Hofkanzlei, Ministerial-Bancodeputation und Spanischer Rat) zu Kommissaren, die in seinem Namen die Lehen empfangen und den Lehenseid in seine „selbst eigene Seele“ schwören sollten. Die Belehnung, die danach am 9. April 1728 wieder unter ausdrücklichem, aber nicht präjudizierlichem Verzicht auf die Bestimmungen des Privilegium maius erfolgte, war die letzte dieser Art. Maria Theresia wäre 1769 um der Beispielwirkung gegenüber Preußen willen bereit gewesen, sich von ihrem Sohn mit der böhmischen Kurwürde belehnen zu lassen, doch kam es letztlich nicht dazu. Bei dieser Gelegenheit fiel auch der Ausspruch, dass sie sich aus dieser Demonstration der Verbundenheit mit dem Reich „eine Ehre machete“. LA I/25 Johann Ludwig Schönlebens Dissertatio polemica de prima origine augustissimae domus habspurgo-austriacae Laibach, 1681 Signatur: ÖStA, Bibliothek Blau 754 Druck, Papier, mit zeitgenössischem Einband Der 1681 verstorbene Laibacher Theologe und Domdekan Schönleben stellte in seiner teilweise auch heute noch nützlichen Dissertatio polemica die verschiedenen Theorien über den Ursprung der Habsburger nebeneinander und unterzog sie einer kritischen Überprüfung. Während er die etwa vom Zwettler Abt Seyfried vertretene These einer Abstammung der Habsburger von der spätantiken Kaiserdynastie der Anicier entschieden zurückwies, war ihm ihre Darstellung als Nachfolger wie Nachkommen Karls des Großen von zentraler Bedeutung, um die auserwählte Stellung der Habsburger als Kaiserdynastie zu demonstrieren. Diesem Konzept entsprechend zeigt das Titelkupfer seines Werkes in Nachahmung des Bildes vom 48 Pfingstwunder alle Könige und Kaiser aus der Familie der Habsburger von Rudolf I. bis Leopold I. als vom Geist des ersten mittelalterlichen und noch dazu heiligen Kaisers Karl erleuchtet, der wie in der Darstellung bei Dürer wenn auch unhistorisch die ottonische Reichskrone trägt. LA I/26 Annahme der Pragmatischen Sanktion durch die Stände der Habsburgermonarchie und den Reichstag in Regensburg Mit der Pragmatischen Sanktion vom 19. April 1713 wurde nicht nur die Erbfolge im Falle eines Aussterbens der Habsburger in männlicher Linie zu Gunsten der – damals noch gar nicht geborenen – Nachkommen Karls VI. festgelegt, sondern auch die Unteilbarkeit des vielgestaltigen Komplexes der Habsburgermonarchie verfügt, der sich aus den österreichischen Erblanden, den Ländern der ungarischen und böhmischen Krone sowie – in weiterer Folge – den im Spanischen Erbfolgekrieg erworbenen Gebieten (Niederlande, italienische Territorien) zusammensetzte. Es wurde damit ein wichtiger Schritt zur Vereinheitlichung und zur Entwicklung eines Staatsganzen gesetzt, der der Pragmatischen Sanktion bis 1918 den Rang eines Staatsgrundgesetzes für die Habsburgermonarchie verlieh. Ihrer Bedeutung entsprechend wurde die Pragmatische Sanktion sowohl den Ständen der einzelnen Länder der Monarchie zur Annahme vorgelegt wie auch durch Garantieerklärungen des Reichstags und einzelner europäischer Mächte abgesichert. Es kommt darin nicht zuletzt auch die komplexe rechtliche Situation der Habsburgermonarchie innerhalb und außerhalb des Reiches zum Ausdruck. Alle diese Garantien konnten jedoch nach dem Tod Karls VI. 1740 nicht verhindern, dass die Nachfolge seiner Tochter Maria Theresia sowohl in Europa wie im Reich angefochten und erst nach Beendigung des Österreichischen Erbfolgekriegs durch den Frieden von Aachen 1748 anerkannt wurde. a) Annahme der Pragmatischen Sanktion durch die oberösterreichischen Stände Linz, 1720 April 19 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1720 IV 29 Originalbeschluss, Papier, mit den Siegeln und Unterschriften der oberösterreichischen Landstände und beglaubigte Abschrift, Pergament, von 1725 Juni 27 Die Annahme der Pragmatischen Sanktion durch die einzelnen Länder der Habsburgermonarchie erfolgte in den Jahren 1720 und 1723. Den Anfang machten die oberösterreichischen Stände, gefolgt von den Ständen der übrigen österreichischen Erblande und jenen der Länder der böhmischen Krone. 49 Siebenbürgen und Ungarn folgten 1723 nach. Das Instrument der oberösterreichischen Stände lag bis 1725 im Landschaftsarchiv und wurde damals auf Wunsch Karls VI. in das Schatzgewölbearchiv nach Wien gebracht. b) Dankschreiben Karls VI. an den Mainzer Kurfürsten Franz Ludwig von PfalzNeuburg nach der Garantie der Pragmatischen Sanktion durch den Reichstag Wien, 1732 Jänner 22 Signatur: HHStA, Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten 440 Ausfertigung, Papier, mit eigenhändiger Unterschrift Karls VI. Die Garantie der Pragmatischen Sanktion durch den Reichstag und damit ihre reichsrechtliche Sanktion war für Karl VI. von besonderer Bedeutung. Um sie zu erlangen, war vor allem eine Mehrheit im Kurfürstenkolleg nötig, die sich der Kaiser in separaten Verhandlungen sicherte, wobei vor allem Köln, Mainz und Brandenburg-Preußen von Bedeutung waren. Wichtig war auch die im Bündnis mit England von 1731 enthaltene Garantieerklärung. Auf diese diplomatischen Vorarbeiten gestützt richtete Karl VI. am 18. Oktober 1731 ein so genanntes Kommissionsdekret an den Reichstag, in dem eine Garantieerklärung verlangt wurde. Sie kam nach langwierigen Verhandlungen am 11. Jänner 1732 zustande und wurde am 3. Februar durch die Ratifikation des Kaisers reichsrechtlich gültig. In diese Situation fällt das kaiserliche Dankschreiben. Der Mainzer Kurfürst war nicht nur mit dem Kaiser verwandt – seine Schwester Eleonore war die Mutter Karls VI. –, als Erzkanzler des Reiches hatte er auch die Möglichkeit, die Beratungen des Reichstags und vor allem der kurfürstlichen Kurie im Sinne des Kaisers zu beeinflussen. LA I/27 Kaiser Franz I. Stephan im Krönungsdiarium 1746 Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Sammelbände 86, fol. 1 Druck, Papier, mit Samteinband Der Frankfurter Buchdrucker Johann David Jung legte 1746 ein „Vollständiges Diarium von der Erwählung Franz I. zum Römischen König und Kayser“ vor. Dem ausführlichen Text sind mehrere Stiche beigebunden, die sich auf den Einzug Franz Stephans in Frankfurt und die verschiedenen Momente der Krönungszeremonien beziehen. Das Titelblatt bietet eine eindrucksvolle Würdigung des neuen Kaisers mit Beiziehung aller allegorischen seit der Antike üblichen Zitate für den „guten Herrscher“ und sein Wohlergehen. Das Medaillon mit dem Porträt des Kaisers von 50 I. F. le Clerc ist vor einem Obelisken in einem offenen Tempietto aufgestellt. Er wird umringt von Fahnen und Adlern, oberhalb sind die Reichskrone, ein Phönix, Palmbaum, Sonne und Lorbeerkranz angebracht. Seitlich sind die böhmische und die ungarische Krone sowie weitere Allegorien und Posaunenengel sichtbar. In der Beschreibung des Titelkupfers wird jedem dieser Symbole eine sowohl für den Kaiser als für sein Reich positive Deutung beigelegt. ES I/28 Antrag des Reichshofrats, ein Achtverfahren gegen Friedrich den Großen einzuleiten. Wien, 1756 Oktober 9 Signatur: HHStA, Reichshofrat, Denegata recentiora 976 Druck, Papier Nach dem preußischen Einfall in Sachsen kam der Reichshofrat in seinem Conclusum zu dem Schluss, gegen Friedrich den Großen ein Achtverfahren wegen Landfriedensbruchs einzuleiten. Nach dem Überfall auf Mecklenburg 1757 kam es zu einem zweiten Antrag, der ein Jahr später zur Einleitung eines förmlichen Verfahrens und eines entsprechenden Antrags an den Reichstag führte. Da die Mehrheit der Reichsstände im Vorgehen des Kaisers eine Instrumentalisierung des Reichshofrats für österreichische Interessen erblickte, verlief das Verfahren schließlich im Sande und bedeutete für den Reichshofrat als Höchstgericht des Reiches letztlich einen erheblichen Prestigeverlust. LA I/29 Reichsgutachten zur Erklärung des Reichskrieges gegen Preußen Regensburg, 1757 Jänner 17 Signatur: HHStA, Reichshofrat, Denegata recentiora 977 Druck, Papier Auch wenn es dem Kaiser nicht gelang, ein Achtverfahren gegen Friedrich den Großen in Gang zu setzen, entschlossen sich Kurfürstenrat und Fürstenrat in ihrem Gutachten vom 17. Jänner 1756, dem Kaiser die Erklärung des Reichskriegs zu empfehlen. Auf Grund dieses Gutachtens erging noch im Februar ein kaiserlicher Befehl an die Reichskreise zur Aufstellung einer Reichsarmee, die unter dem 51 Eindruck der Schlacht von Kolin im Juni 1757 auch wirklich zustande kam. Die Reichsarmee spielte im Krieg nur eine Nebenrolle. Sie wurde bei Rossbach 1757 schwer geschlagen, konnte aber umgekehrt zwei Jahr später Dresden einnehmen. LA I/30 Denkschrift Josephs II. über die Regierung des Reiches Wien, 1766 November Signatur: HHStA, Reichskanzlei Vorträge 7a Papier Joseph II., der gemäß den Vereinbarungen des Hubertusburger Friedens 1764 zum römischen König gewählt worden war, versuchte nach dem Tod seines Vaters, eine Reichsreform in Gang zu setzen und die kaiserliche Position zu festigen. Dazu gehörten eine Reform des Reichshofrats, der Plan einer Visitation des Reichskammergerichts und die Einrichtung einer ständigen Reichskonferenz, die sich jedoch nach relativ kurzer Zeit wieder auflöste. In seiner Denkschrift, die viele Detailfragen von der Reichsjustiz bis zu Handwerksordnungen erörtert, bemühte er sich um einen Ausgleich zwischen den Interessen der österreichischen Monarchie und der kaiserlichen Autorität, der die Stände von seiner Notwendigkeit für ihre eigene Selbsterhaltung überzeugen sollte. Dabei betonte er besonders die Bedeutung des Reiches als eines friedliebenden und Frieden verbürgenden Systems. Josephs Reformbestrebungen scheiterten am Gegensatz zu Hannover und Preußen, an den konfessionellen Streitigkeiten, aber auch an seiner Reichskirchenpolitik und der Haltung Österreichs im Bayerischen Erbfolgekrieg, die bei den kleineren Reichsständen die Angst erweckte, österreichischen Interessen geopfert zu werden, und in weiterer Folge zum Fürstenbund von 1785 unter preußischer Führung führte. LA 52 II ÖSTERREICH IN DEN FRIEDENSSCHLÜSSEN DES REICHES Seit dem Mittelalter verfolgten die Habsburger im Reich und in ihren Territorien – oft gleichzeitig und nebeneinander – gesonderte Interessen. Anfangs war es die Stellung im Reich, die die Schaffung eines größeren eigenen habsburgischen Herrschaftsbereiches im Südosten erst ermöglichte – man denke nur an die durch König Rudolf I. vorgenommene Belehnung seiner Söhne mit den heimgefallenen ottokarischen, einstmals babenbergischen Reichslehen. In einem übernationalen Personenverband wie dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation war das dynastische Prinzip der wichtigste stabilisierende Faktor, wobei den ersten Rang unbestritten die Herrscherdynastie einnahm. Dementsprechend konnten die Habsburger, seit sie sich die Reichskrone auf Dauer gesichert hatten, daran gehen, die hervorragende Stellung, die sie als römisch-deutsche Könige und Kaiser unter den Dynastien Europas einnahmen, auch zum Ausbau ihrer eigenen Hausmacht zu nützen. Die wohl einmalige Intensität, mit der sie Reichspolitik und dynastische Politik zu verbinden verstanden, brachte ihnen seit dem 16. Jahrhundert einen ungeheuren Gebietszuwachs. Im Zeitalter der Territorialstaaten nahm die Bedeutung des Reiches als Faktor der Machtpolitik kontinuierlich ab, seit dem 17. und 18. Jahrhundert galt die Hauptsorge wohl schon dem eigenen habsburgischen Gesamtstaat, der sich allmählich aus dem Reich abzulösen begonnen hatte. Angesichts der entschiedenen und erfolgreichen Machtpolitik Preußens, die die alte „Einheit“ des Reiches unter österreichisch-habsburgischer Führung zunehmend in Frage stellte, und unter dem Druck der französischen Armeen im Zeitalter der Revolutions- und Koalitionskriege hatten die Habsburger letztlich kaum eine Wahl: Sie mussten die Option Reich zugunsten jener für den eigenen Staat aufgeben. Die Bedeutsamkeit, die die nunmehr aufzugebende Stellung im Reich für die Dynastie nach wie vor hatte, zeigt sich aber in der ersatzweisen Schaffung eines eigenen österreichischen Kaisertums durch Kaiser Franz II./I. Die Reichsinteressen und die genuin österreichischen Interessen sind oftmals nicht voneinander zu trennen. Einerseits diente die Stärke der Habsburgermonarchie dem Erhalt des Reiches und der Verteidigung von dessen Interessen, andererseits trugen sie ihre eigenen Interessen ins Reich hinein bzw. nützten dessen territoriale und personelle Ressourcen für die Verfolgung ihrer eigenen, dem Reich mitunter schädlichen Interessen, insbesondere zur Führung 53 ihrer Kriege. In den gezeigten Friedensschlüssen kommt die Ambivalenz der habsburgischen Politik über die Jahrhunderte gut zum Ausdruck: So entsandte Kaiser Ferdinand III. neben den kaiserlichen auch eigene österreichische Gesandte zu den Westfälischen Friedensverhandlungen nach Münster und Osnabrück. In späteren Vertragsinstrumenten wird peinlich zwischen dem Reich und den Erblanden unterschieden – sie wurden sozusagen doppelt geschlossen und unterschrieben, wobei die unverhältnismäßig vorteilhaften Resultate für Österreich den kräftigen Machtverlust des Kaisers im Reich kompensierten. Im 18. und 19. Jahrhundert tritt der bedenkenlose Eigennutz der europäischen Großmachtpolitik klar zu Tage, spätestens dann zeigen sich die dementsprechenden Prioritäten auch der habsburgischen Politik deutlich. Abgesehen vom eklatantesten Beispiel dieser Art, den Polnischen Teilungen, enthielten auch die hier gezeigten Friedensschlüsse von Rastatt und Lunéville Kompensationsbestimmungen zugunsten Österreichs für an ganz anderer Stelle erlittene territoriale Verluste. Mit dem Frieden von Lunéville (1801) wurde indirekt schon das Schicksal des Reiches besiegelt: Der zwei Jahre später geschlossene Reichsdeputationshauptschluss beseitigte die geistlichen Fürstentümer und die meisten kleinen Reichsstände und verteilte deren Gebiete als Ersatz für die an Frankreich verlorenen linksrheinischen Territorien auf die übrig bleibenden großen weltlichen Reichsstände, unter ihnen auch Österreich. GG II/1 Instruktion Kaiser Ferdinands III. für Georg Ulrich Grafen von Wolkenstein zu den Verhandlungen in Münster Wien, 1645 Juni 1 Signatur: HHStA, Staatskanzlei Friedensakten 1, Konv. VI, fol. 2-3 Konzept, Papier, deutsch Ferdinand III. war bei den Westfälischen Friedensverhandlungen sowohl als Kaiser wie als österreichischer Landesfürst und König von Böhmen durch eigene Gesandte vertreten. Noch vor dem Prinzipalgesandten Trauttmansdorff bekam Georg Ulrich von Wolkenstein (um 1584–1663) vom Kaiser die Weisung, sich auf schnellstem Wege von Frankfurt als Bevollmächtigter zu den Friedensverhandlungen nach Münster zu begeben. Wolkenstein, der zuvor schon am Frankfurter Reichsdeputationstag als österreichischer Gesandter teilgenommen hatte, sollte insbesondere bis zum Eintreffen des zweiten österreichischen Gesandten, Dr. Leonhard Richtersberger (gest. 1650), an den 54 notwendigen Beratschlagungen teilnehmen und einstweilen verhindern, dass dem Haus Österreich und den Erblanden irgendein Nachteil – etwa der Verlust des Direktoriums im Fürstenrat – durch „praeiudicirliches Vorgehen noch Gehandlen“ erwachse. Die Auslagen seiner plötzlichen Abreise und für seinen Unterhalt im Allgemeinen wurden Wolkenstein mit 1 000 Gulden abgegolten. GG II/2 Bericht Wolkensteins an Kaiser Ferdinand III. von der Unterzeichnung des Westfälischen Friedens Münster, 1648 Oktober 27 Signatur: HHStA, Staatskanzlei Friedensakten 4, Konv. XLVIII, fol. 6 und 16 Original, Papier, mit der Unterschrift Georg Ulrichs Grafen zu Wolkenstein, deutsch Georg Ulrich von Wolkenstein führte am Friedenskongress die Gesandtschaft Ferdinands III. für die österreichischen Erblande. In seinem Bericht schildert er anfangs den allgemeinen Ablauf des Friedensschlusses: Erwähnt werden die Unterfertigung und Besiegelung durch alle Unterhändler am 24. Oktober, der feierliche Gottesdienst und die folgende öffentliche Kundmachung unter Pauken und Trompeten sowie die Aussendung von Kurieren an die Generäle mit dem Auftrag, die Kampfhandlungen einzustellen am 25. Oktober. Danach geht Wolkenstein auf die näheren Modalitäten seiner Unterschrift für den Kaiser als Erzherzog von Österreich ein. Insbesondere hätte er nicht die ihm nahe gelegte Formel „nomine domini Archiducis Austriae“ gewählt, sondern „nomine domus Austriacae“ unterzeichnet. GG II/3 Westfälischer Friede – Unterhändlerinstrument des Friedensschlusses zwischen Kaiser Ferdinand III., dem Reich und König Ludwig XIV. von Frankreich (Münsterer Friedensinstrument) Münster, 1648 Oktober 24 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1648 X 24 Original, Papierlibell, mit den Unterschriften und Siegeln der bevollmächtigten Gesandten, Latein Mit dem Westfälischen Frieden wurde dem Dreißigjährigen Krieg ein Ende gesetzt – die Zeit der Konfessionskriege war vorüber. Die Kirche hatte an äußerer 55 Macht eingebüßt, der Partikularismus der Reichsstände an Bedeutung gewonnen. Auch der Kaiser büßte gegenüber den Ständen durch deren Bündnisfähigkeit und die Aufwertung des Reichstags an Macht ein, obwohl es ihm gelungen war, wichtige Teile seiner verfassungsmäßigen Rechte zu behaupten. Der Friede mit Frankreich wurde im katholischen Münster, jener mit Schweden im protestantischen Osnabrück ausverhandelt. Seine Bestimmungen stellten nicht nur die politische und konfessionelle Verfassung des Reiches auf eine neue Grundlage, sondern schufen gleichzeitig eine lange nachwirkende neue Ordnung der europäischen Staatenwelt. Abseits der notwendigen Kompromisse des Kaisers gegenüber den Reichsständen gelang es den Habsburgern als Territorialherren, mittels Ausnahmeregelungen insbesondere ihren Besitzstand in Böhmen ungeschmälert beizubehalten und so die Voraussetzungen für die kommende Entwicklung eines absolutistischen habsburgischen Gesamtstaates zu schaffen. Von den Besitzungen in Vorderösterreich konnten immerhin der Breisgau, die Ortenau und die so genannten Waldstädte gegenüber den Forderungen Frankreichs behauptet werden. Die kaiserlichen Bevollmächtigten für die Unterzeichnung des Münsterer Instruments waren Graf Johann Ludwig von Nassau und Dr. Isaak Volmar, im Namen Frankreichs unterschrieb der Comte de Servien, daneben unterzeichneten die Gesandten zahlreicher deutscher Reichsstände. GG II/4 Westfälischer Friede – Unterhändlerinstrument des Friedensschlusses zwischen Kaiser Ferdinand III., dem Reich und Königin Christine von Schweden (Osnabrücker Friedensinstrument) Osnabrück, 1648 Oktober 24 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1648 X 24 Original, Papierlibell mit den Siegeln und Unterschriften der bevollmächtigten Unterhändler, Latein Gemeinsam mit Frankreich wurde auch Schweden zum vertraglichen Garanten der neuen Friedensordnung. Neben einer beträchtlichen Kriegsentschädigung erhielt es mehrere norddeutsche Küstenterritorien zugesprochen (Bremen, Verden, Vorpommern). Die Forderungen auf Hinterpommern und Rostock konnten hingegen abgewehrt werden. In das Osnabrücker Instrument sind auch die Bestimmungen über die Entschädigung Brandenburgs, Mecklenburgs und Braunschweigs aufgenommen. Die kaiserlichen Bevollmächtigten waren Graf Johann Maximilian von Lamberg und Dr. Johann Crane, für Schweden unterzeichneten Graf Johan Oxenstierna, ein Sohn des schwedischen 56 Reichskanzlers, und Johann Salvius, außerdem wie beim Münsterer Instrument die Gesandten zahlreicher Reichsstände. GG II/5 Französische Ratifikation des Münsterer Friedens Paris, 1648 November 26 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1648 X 24 Original, Pergamentlibell in rotem Samteinband mit Unterschrift und anhängendem Siegel (in Goldkapsel) König Ludwigs XIV., Latein/französisch Die französische Ratifikation des Münsterer Friedensinstruments ist von dem damals zehnjährigen, unter der Vormund- und Regentschaft seiner Mutter Anna von Österreich stehenden Ludwig XIV. unterschrieben. In der Einleitung wird auf die lange Dauer und die Mühsamkeit der Verhandlungen hingewiesen, im Schlussteil werden neben der Regentin und Königinmutter der Herzog von Orléans, der Prinz Condé und Kardinal Mazarin als Berater des Königs genannt. Die Ratifikation ist mit dem Wachssiegel des Königs in einer aufwändigen und kunstvoll gravierten Siegelkapsel aus purem Gold besiegelt. LA II/6 Schwedische Ratifikation des Osnabrücker Friedens Stockholm, 1648 November 18 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1648 X 24 Original, Pergamentlibell, mit der Unterschrift und dem Siegel Königin Christines von Schweden, Latein (Abb. 5) Die schwedische Ratifikation des Osnabrücker Friedensinstruments ist von der bis 1644 gleichfalls unter Vormundschaft stehenden Königin Christine (geboren 1626), der Tochter Gustav Adolfs unterschrieben. 1654 dankte sie zugunsten ihres Vetters Karl Gustav von Pfalz-Zweibrücken ab, trat zum Katholizismus über und widmete sich fortan bis zu ihrem Tod (1689) in Rom den Künsten und Wissenschaften. Die Ratifikation ist gleichfalls mit dem königlichen Siegel in einer allerdings nur vergoldeten Siegelkapsel beglaubigt. GG 57 II/7 Friede von Rastatt zwischen Frankreich und dem Kaiser Der Tod Kaiser Josephs I. (1711) und der auf ihn folgende politische Umschwung in England führten zur Auflösung der Allianzen im Spanischen Erbfolgekrieg. Nachdem England, Holland, Savoyen, Portugal und Preußen im Jahre 1713 in Utrecht mit Frankreich Frieden geschlossen hatten, musste letztlich auch Kaiser Karl VI., der dem Frieden zunächst nicht beigetreten war, angesichts der Unmöglichkeit, den Krieg alleine siegreich zu beenden, seine Ambitionen auf den spanischen Thron aufgeben und den Ausgleich mit Frankreich suchen. Der Friede von Rastatt zwischen Frankreich und dem Kaiser brachte aufgrund des Verhandlungsgeschicks des Prinzen Eugen ein für Karl VI. relativ vorteilhaftes Ergebnis: Ohne formal auf die spanische Krone verzichten zu müssen – das bourbonische Spanien Philipps V. blieb im Vertrag unerwähnt –, erhielt er die spanischen Nebenländer (Spanische Niederlande, Mailand, Neapel und Sardinien) zugesprochen. a) Unterhändlerinstrument Rastatt, 1714 März 6 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1714 III 6 Original, Papierlibell, mit den Unterschriften und Siegeln der Unterhändler Prinz Eugen von Savoyen und Marschall Villars, französisch b) Französische Ratifikation Versailles, 1714 März 23 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1714 III 6 Original, Pergamentlibell mit Wachssiegel König Ludwigs XIV. in silberner Siegelkapsel an blau-goldener Siegelschnur, französisch GG II/8 Instruktion Kaiser Karls VI. für die kaiserliche Gesandtschaft am Friedenskongress zu Baden im Aargau Wien, 1714 April 26 Signatur: HHStA, Staatskanzlei Friedensakten 22, Konv. III Kopie, Papier, deutsch Annähernd die Hälfte der umfangreichen Instruktion ist den „Ceremonialia“ und dem „modus tractandi“, also den formalen Bedingungen der Verhandlungen gewidmet; die Regelungen gehen von zu beachtenden Rangfragen bis hin zur 58 Anordnung der Unterschriften unter dem Vertragstext. Der dritte und letzte Teil widmet sich den „Realia“, also der Textgestaltung der einzelnen Vertragspunkte. Eingangs wird festgehalten, dass Prinz Eugen und Villars die ersten Botschafter seien, zur Unterschrift aber sehr wohl auch die Grafen von Goëss und von Seilern und die weiteren beiden französischen Herren erwünscht seien. Bezüglich der Unterschriften wird genau geregelt, dass die österreichische Seite am Ende des Vertrages rechts, die französische links zu unterzeichnen hätte, wobei die Namen jeweils untereinander geschrieben werden mussten. Weitere detaillierte Regelungen – oftmals waren sie dem Vorbild des Friedensschlusses von Rastatt nachempfunden – galten beispielsweise der Art und Weise, wie die Gesandten ihre Vollmachten ohne die Anwesenheit eines dafür zuständigen „Mediators“ selbständig auszutauschen hätten, oder auch dem Aufbau und der Sitzordnung der gemeinsamen Tafel. GG II/9 Unterhändlerinstrument des Friedens von Baden/Aargau Baden im Aargau, 1714 September 7 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1714 IX 7 Original, Papierlibell, mit den Unterschriften und bevollmächtigten Gesandten, Latein aufgedrückten Siegeln der Den Schlusspunkt der Friedensverträge nach dem Spanischen Erbfolgekrieg setzte der Friede von Baden im Aargau. Er umfasste den Friedensschluss zwischen Frankreich und dem Reich, der wegen der 1702 erfolgten Erklärung des Reichskrieges formal notwendig war. Inhaltlich decken sich die Artikel des Badener Friedens mit jenen des Friedens von Rastatt. Bemühungen, dem Reich an Frankreich verlorene Gebiete zurückzugewinnen, blieben erfolglos. Zwar hatte Frankreich auf seine rechtsrheinischen Eroberungen zu verzichten, es behielt jedoch die wichtige Festung Landau und das Elsaß. Neben den Hauptbevollmächtigten Prinz Eugen und Marschall Villars unterzeichneten auch die für die Erstellung des Textes entsandten Peter Graf Goëss und Johann Friedrich Graf Seilern für das Reich und von französischer Seite François-Charles Comte du Luc und Dominique de Barbarie, Sieur de Saint-Contest. GG 59 II/10 Unterhändlerinstrument des Friedens von Hubertusburg Hubertusburg (bei Leipzig), 15. Februar 1763 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1763 II 15 Original, Papierlibell, mit der Unterschrift und dem Lacksiegel des preußischen Unterhändlers Ewald Friedrich von Hertzberg, französisch Der Friede von Hubertusburg markiert das Ende der vergeblichen österreichischen Bemühungen um Rückgewinnung Schlesiens, das Friedrich II. von Preußen in der für ihn günstigen Situation des Österreichischen Erbfolgekrieges – Maria Theresia hatte gegen Bayern, Sachsen, Frankreich und Spanien einen Existenzkampf geführt – an sich gerissen hatte. Den Verlust des reichen und strategisch wichtigen Schlesien wollte die Kaiserin nicht hinnehmen. Trotz bedeutender österreichischer Schlachtenerfolge im Zuge des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) scheiterte die Rückgewinnung Schlesiens letztlich am Zerfall der europäischen antipreußischen Koalition. 1763 wurde der Krieg mit dem Frieden von Hubertusburg beendet. Weitere Kämpfe waren aussichtslos. Der Friede wurde zwischen den Krieg führenden Großmächten Österreich und Preußen unter Einschluss der jeweiligen Verbündeten, jedoch nicht mit dem Reich abgeschlossen. Er schrieb den unveränderten Status quo des Besitzstandes vor dem Krieg allerdings auch im Reich endgültig fest (Art. 19). Preußen konnte den größten Teil Schlesiens und die Grafschaft Glatz behalten. GG II/11 Separatartikel des Friedens von Hubertusburg Hubertusburg (bei Leipzig), 1763 Februar 15 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1763 II 15 Original, Papier, mit der Unterschrift und dem Lacksiegel des preußischen Unterhändlers Ewald Friedrich von Hertzberg, französisch Nicht für die Allgemeinheit bestimmt waren zwei geheime Zusatzvereinbarungen zum ausverhandelten Friedensschluss: Friedrich II. versprach darin, dem Sohn Kaiser Franz I. und Maria Theresias, Erzherzog Joseph, seine Kurstimme bei der anstehenden Wahl zum Römischen König – und damit Nachfolger seines Vaters – zu geben. Daneben stimmte er dem Eheprojekt eines noch unbestimmten jüngeren Erzherzogs mit der Erbtochter des Hauses Modena-Este zu. Habsburgischer Hintergedanke war dabei, dieses italienische Herzogtum als Erbe des letzten männlichen Este zu erwerben und sich dafür – insbesondere für die Verleihung der 60 mit betroffenen Modeneser Reichslehen an das Haus Habsburg – die preußische Stimme am Reichstag zu sichern. GG II/12 Unterhändlerinstrument des Friedens von Lunéville Lunéville, 1801 Februar 9 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1801 II 9 Original, Papier, mit den Unterschriften und Siegeln der Unterhändler Ludwig Graf Cobenzl und Joseph Bonaparte, französisch Der von einer europäischen Koalition unter Führung Großbritanniens, Russlands und Österreichs – Preußen blieb neutral – seit 1799 geführte Krieg gegen Frankreich („Zweiter Koalitionskrieg“) brachte anfangs wiederholte militärische Erfolge der Alliierten, die zum Zusammenbruch von Napoleons italienischen Tochterrepubliken führten. Nach dem Ausscheiden Russlands aus der Koalition musste das auf dem Kontinent isolierte Österreich nach Niederlagen in Oberitalien und insbesondere bei Hohenlinden (in der Nähe Münchens) den Frieden von Lunéville schließen, der die Bestimmungen des Friedens von Campoformio bestätigte: Es blieb bei der Abtretung sämtlicher linksrheinischer Gebiete, für Belgien und Mailand erhielt Österreich Venedig. Für das Reich hatte diese Entwicklung bald gravierende Änderungen zur Folge: Mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 wurden die geistlichen Fürstentümer und die meisten kleinen Reichsstände beseitigt und deren Gebiete als Ersatz für die verlorenen linksrheinischen Territorien den großen Reichsfürstentümern Preußen, Österreich, Bayern und Baden zugewiesen. Aus dem für das Alte Reich typischen bunt gemischten Konglomerat kleiner Fürstentümer wurden territorial weitgehend geschlossene große Staaten. GG II/13 Französische Ratifikation des Friedens von Lunéville Pavia, 1801 März 11 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1801 II 9 Original, Pergamentlibell in dunkelblauem Samteinband, mit den Unterschriften Napoleons, Talleyrands und Marets und dem Siegel der Republik, französisch (Abb. 6) 61 Napoleon ratifizierte den Friedensvertrag als Erster Konsul im Namen der Französischen Republik; Vertragspartner Kaiser Franz´ II. war das französische Volk. Dies kommt durch die Buchstaben P. F. für peuple français auf dem Einband und „R“ (république) auf der prächtig gearbeiteten Siegelkapsel zum Ausdruck. GG II/14 Brief Napoleons an Talleyrand über die Preßburger Friedensverhandlungen Schönbrunn, 1805 Dezember 14 Signatur: HHStA, Staatenabteilung Frankreich Varia 57 Original, Papier mit eigenhändiger Unterschrift, französisch Bei den Friedensverhandlungen zwischen Österreich und Frankreich nach dem Sieg Napoleons bei Austerlitz spielte die ungewisse Haltung Preußens lange Zeit eine Hauptrolle, da beide Teile versuchten, Preußen zu einem Eingreifen auf der eigenen Seite zu bewegen. In der Nacht vom 14. zum 15. Dezember kam Napoleon in Schönbrunn zu einer Einigung mit dem preußischen Gesandten Haugwitz, der für Preußen auf ein Eingreifen zu Gunsten Österreichs verzichtete. In der Erwartung dieser Übereinkunft informierte Napoleon seinen Außenminister mit den Worten: “Sur de la Prusse, l’Autriche en passera par où je voudrai“. Tatsächlich war Österreich daraufhin praktisch dem Diktat Napoleons ausgeliefert. Sein Brief hat im übrigen eine eigene Geschichte: Talleyrand hat ihn in den Jahren 1816/17 zusammen mit 72 anderen Briefen Napoleons an ihn an Metternich bzw. die österreichische Regierung verkauft. LA II/15 Französische Ratifikation des Friedens von Preßburg Wien Schönbrunn, 1805 Dezember 26 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1805 XII 26 Original, Pergamentlibell, in blauem Samteinband mit Goldstickerei, mit den Unterschriften Napoleons, Talleyrands und Marets und dem großen kaiserlichen Siegel, französisch Der dritte Koalitionskrieg gegen Napoleon Bonaparte endete mit einem für Österreich verlustreichen Friedensschluss in Preßburg und Wien Schönbrunn. Die österreichische Hauptstadt war im November 1805 von den Franzosen erobert 62 worden, die anschließend auch in der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz in Mähren siegten. Die Niederlage der Alliierten führte zu härteren Friedensbedingungen für Österreich, das Venetien, Tirol, Vorarlberg und die Vorlande an Napoleon und dessen Verbündete abtreten musste. Dem Kaiser von Österreich wurde das Kurfürstentum Salzburg überlassen. Das Heilige Römische Reich wird im Text nur einmal beiläufig erwähnt, Kaiser Franz II. stets als Kaiser von Deutschland und Österreich (Empereur d’Allemagne et d’Autriche) bezeichnet. GG 63 III TÜRKENABWEHR UND REICHSTÜRKENHILFE Mit dem ersten Auftreten der Osmanen in Europa, also seit dem Jahr 1354, war die „Türkengefahr“ zu einem gesamt-europäischen Problem geworden. 1396 wurde bei Nikopolis ein französisch-deutsches Ritterheer von den osmanischen Türken geschlagen, eine ungarisch-polnische Armee 1444 bei Varna. Bis zum Jahr 1526 hatte Ungarn für den Rest Europas gewissermaßen als Schutzschild vor den Osmanen fungiert, doch nach dem Tod von König Ludwig II. in der Schlacht von Mohács übernahmen die Habsburger als Erben der Jagiellonen die Hauptlast der Türkenabwehr. Eineinhalb Jahrhunderte lang war Ungarn freilich geteilt, den Habsburgern verblieb lediglich ein relativ schmaler Anteil im Norden und im Westen des Landes. Diese Pufferzone, die etwa bis zum Plattensee reichte, schützte die habsburgischen Erblande und zugleich die Grenzen des Heiligen Römischen Reiches. Dafür nahmen die Habsburger im Waffenstillstand von 1547 sogar in Kauf, in ihrer Funktion als gewählte Könige von Ungarn den Osmanen Tribut entrichten zu müssen, – Zahlungen, die sie euphemistisch als „Ehrengeschenke“ bezeichneten. Erst mit dem Frieden von Zsitvatorok fiel 1606 diese lästige Bürde weg. Mit der Residenzstadt Wien war zugleich auch das Territorium des Heiligen Römischen Reiches unmittelbar bedroht. Unter diesem Eindruck forderten die Kaiser aus dem Hause Habsburg auf den in unregelmäßigen Abständen einberufenen Reichstagen Unterstützung für ihren Abwehrkampf. Eine „Reichstürkenhilfe“ war freilich nur in langwierigen Verhandlungen zu erzielen, diese mussten gut vorbereitet und propagandistisch untermauert werden, dabei erlaubte man sich auch durchaus gewisse Übertreibungen der Türkengefahr. Diesem Zweck diente etwa die Verbreitung der so genannten „Absagebriefe“, also fiktiver Kriegserklärungen seitens der Osmanen, die es in solcher Form freilich nie gegeben hat. Die in großer Zahl gedruckten „Neuen Zeitungen“ sollten die militärische und die politische Bedrohung deutlich vor Augen führen, die Adeligen wurden darauf hingewiesen, dass ihre privilegierte Position bei einem Türkeneinfall grundsätzlich gefährdet wäre. „Türkenpredigten“ ermahnten die Christen zur Buße und zur „Besserung ihres sündhaften Lebens“ und appellierten zugleich an ihre – offenbar mangelnde – Spendenbereitschaft, betrachtete die Bevölkerung die Türkengefahr doch viel nüchterner als ihre weltlichen und geistlichen Obrigkeiten. Als „Gegenspieler“ des Kaisers versuchten die Vertreter der Reichsstände, die kaiserlichen Forderungen und die damit verbundenen Steuerlasten für ihre 64 Territorien möglichst gering zu halten, in Zeiten reformatorischer Auseinandersetzungen außerdem als Gegenleistung religiöse Zugeständnisse zu erzwingen. In e i n e r Hinsicht waren sich die Reichsstände aber, gleich welcher Konfession, einig: Solange nicht unmittelbar das Reichsterritorium bedroht war, stellte die „Reichstürkenhilfe“ bloß eine „freiwillige“ Unterstützung dar, deren Höhe allein im Ermessen des dafür zuständigen Reichstages stand. Außerdem durfte die bewilligte Türkenhilfe nur zur Verteidigung der Reichsgrenzen verwendet werden, militärische Aktionen auf ungarischem Territorium sollten hingegen nicht finanziert werden. Nach dem Augsburger Religionsfrieden (1555) war die rechtliche Position der protestantischen Reichsstände so weit gesichert, dass sie die Bewilligung der Reichstürkenhilfe nicht mehr mit der Bedingung religiöser Zugeständnisse verknüpfen konnten. In ihrer Argumentation verlegten sie sich folglich auf die Frage, ob der Türkenkrieg gerechtfertigt („rechtmäßig“) sei, während sich die katholischen Reichsstände weiterhin der Idee eines Kreuzzugs gegen die Osmanen verpflichtet fühlten. Es lässt sich aber nicht leugnen, dass die Bedrohung durch einen äußeren Gegner dem Reichsbewusstsein letztlich Auftrieb und Stärke verliehen hat. Nach dem Frieden von Zsitvatorok waren die Reichsstände schließlich auch bereit, einen finanziellen Beitrag für die Grenzsicherung an der von den Habsburgern eingerichteten Militärgrenze zu leisten, die immerhin – weit entfernt von den Grenzen des Reichs – einen wirksamen Kordon bildete. Direkt und effektiv haben Reichstruppen nicht oft in den Kampf gegen die Osmanen eingegriffen, gelegentlich unterstützten sie aber den Abwehrkampf gegen die Osmanen sogar in entscheidender Weise. Im Jahr 1532 hielt das Reichsheer Süleymans Armee davon ab, Wien zum zweiten Mal zu belagern. Den Reichstruppen kam aber auch beim Entsatz von Wien im Jahr 1683 ein wesentlicher Anteil zu, die strategische Planung lag vor allem bei Herzog Karl V. von Lothringen, dem Oberkommandierenden des Reichsheeres. Reichskontingente griffen aber auch noch in den folgenden Jahren in die Kriegsgeschehnisse ein, etwa unter dem Kommando des nicht gerade vom Kriegsglück verwöhnten Kommandanten August von Sachsen „dem Starken“, dem späteren polnischen König. Die größten militärischen Erfolge errangen die kaiserlichen Truppen allerdings unter seinem Nachfolger Prinz Eugen von Savoyen. EP 65 III/1 Proviantordnung für das Reichsheer gegen die Türken Ohne Ort, [1532 Mai] Signatur: HHStA, Fridericiana 9, fol. 74-77 Papier, deutsch Drei Jahre nach der vergeblichen Belagerung Wiens brach die osmanische Armee unter dem Kommando Sultan Süleymans I. „des Prächtigen“ im April 1532 abermals in Richtung Wien auf; zur selben Zeit beschloss der Reichstag in Regensburg erstmals eine „Reichstürkenhilfe“. Tatsächlich versammelte sich im August 1532 bei Wien das größte Reichsheer, das jemals gegen die Türken aufgeboten werden konnte unter dem nominellen Oberbefehls Karls V., der damals das einzige Mal in seinem Leben in Wien war; zum Obristen Feldhauptmann war Friedrich II. von der Pfalz ernannt worden. Insgesamt umfassten die Truppen Karls V., Ferdinands I. und des Heiligen Römischen Reichs rund 150 000 Fußsoldaten und Reiter. Das auf dem Regensburger Reichstag im April 1532 beschlossene Türkenaufgebot sollte mit dem Tross auf eine Stärke von 222 820 Mann gebracht werden. Zur Versorgung dieses Heeres ließ König Ferdinand I. durch seinen obersten Proviantmeister Joseph von Lindenberg seit dem Frühjahr Getreide, Wein und Hafer ankaufen. In der vorliegenden Proviantordnung wurde folgender Bedarf veranschlagt: 27 852 Muth (ca. 500 000 hl) Getreide, 220 500 Muth (ca. 4 000 000 hl) Hafer, 37 880 Zentner Schmalz, 10 500 Zentner Käse, 47 300 Dreiling (ca. 500 000 hl) Wein und 47 700 (!) Ochsen. Süleyman, dessen Armee mehr als drei Wochen durch die Belagerung der kleinen Festung Güns/Kőszeg aufgehalten worden war, wich einer offenen Feldschlacht aus und zog durch das Pittental und die Steiermark wieder ab. Die durch die Untätigkeit des Reichsheers vertane Chance, die Osmanen zu schlagen, wurde von vielen Zeitgenossen bedauert und heftig kritisiert. Allerdings fügten die Reichstruppen bei Leobersdorf den bei uns als „Renner und Brenner“ bekannten Akindschis (Angehörigen der irregulären leichten Reiterei), die Streifzüge bis Waidhofen an der Ybbs unternommen hatten, eine vernichtende Niederlage zu. Schließlich kam es beim Abzug der spanischen und italienischen Söldner durch die Steiermark zu Plünderungen und Verwüstungen, die jenen durch die Türken um nichts nachstanden. EP/LA 66 III/2 Goldene Kugeluhr als „Verehrung“ für den Großwesir [Augsburg?, um 1576] Signatur: FHKA, Karten- und Plansammlung S 94/2 (aus: Reichsakten 190) Aquarellierte Zeichnung, Papier Der kaiserliche Hof musste nach dem Waffenstillstand von 1547 den Frieden mit dem Osmanischen Reich teuer erkaufen. Neben „Verehrungen“, so wurde der Tribut verschämt umschrieben, in klingender Münze wurden die osmanischen Würdenträger auch durch Geschenke gnädig gestimmt. Dabei wurden zumeist qualitativ hochwertige Handwerksprodukte wie Uhren oder luxuriös ausgestattete Harnische als Geschenk überreicht. Die Kugeluhr für Mehmed Pascha wurde in Augsburg hergestellt, mit Laubwerk ohne figürliche Darstellungen verziert, die obere Halbkugel durchscheinend, damit man das Glockenläutwerk sehen konnte. Die Uhr wurde an einer Kette um den Hals getragen und ihre Glocken sollten einen hellen und lauten Klang haben. Das Ziffernblatt hatte arabisch-islamische Zahlzeichen zu tragen und befand sich am Fuß der Kugel. HH III/3 Germania eilt der von den Osmanen gemarterten Hungaria zu Hilfe München, 1581 Signatur: ÖStA, Bibliothek C 267 Kolorierter Holzstich, Papier (Abb. 7) Der Holzstich von Johann Noel erschien im „Wappenbuch des Heiligen Römischen Reichs und allgemainer Christenheit in Europa […]“ (München 1581) von Martin Schrot und sollte die Aufmerksamkeit der deutschen öffentlichen Meinung auf die schwierige Lage Ungarns lenken und zum Krieg gegen die Osmanen mobilisieren. In der allegorischen Darstellung erscheint Hungaria als gefesselte Frauengestalt mit Krone. Ein Türke ist im Begriffe sie zu enthaupten, Hunde nagen an ihren abgeschlagenen Armen, während drei deutsche Ritter zu Hilfe eilen. Auf der rechten Seite liegen Heldengestalten aus der ungarischen Geschichte – nicht alle sind jedoch im Kampf gegen die Osmanen ums Leben gekommen: György Thúry, der 1571 in eine Falle gelockt wurde und im Kampf fiel, Niklas Graf Zrínyi, der 1566 bei der Eroberung von Szigetvár sein Leben verlor, Johann Hunyadi, der die Osmanen bei Belgrad besiegte, der in der Schlacht von Esseg 1537 gefallene Paul Bákics, König 67 Wladislaw II., Matthias Corvinus und Ludwig II., der 1526 bei Mohács ums Leben kam. EP III/4 Abschied des Reichstags von Augsburg Augsburg, 1582 September 20 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1582 IX 20 Pergament, 8 Wachssiegel, 7 davon in Holzkapseln, deutsch Zu den wichtigsten Verhandlungspunkten auf den in unregelmäßigen Abständen tagenden Reichstagen zählte die so genannte Reichstürkenhilfe, um welche die habsburgischen Kaiser die Fürsten und Stände des Reiches „zur Rettung der hochbelästigten Christen“ ersuchen mussten. Dabei wurde die Gefahr, die vom „türkischen Erbfeind“ ausging, auch bewusst übertrieben; auf der anderen Seite ließen sich die Reichsstände ihre Unterstützung gerne durch allerlei, vor allem religiöse Zugeständnisse abgelten. Generell legten sie aber großen Wert darauf, dass die bewilligte Reichstürkenhilfe nur zur Verteidigung der Reichsgrenzen, jedoch nicht zum Türkenkrieg in Ungarn verwendet werden durfte. Die „Reichstürkenhilfe“ wurde in Form einer Sondersteuer entrichtet, die in adäquatem Verhältnis zur Größe des jeweiligen Territoriums stand. Seit dem Romzug Kaiser Karls V. im Jahr 1521 wurde der entsprechende Anteil nach so genannten „Römermonaten“ berechnet. 1582 bewilligte der Reichstag von Augsburg eine „Reichstürkenhilfe“ in der Höhe von 40 Römermonaten. Der Reichstag von Regensburg 1576 hatte 60 Römermonate bewilligt, im Jahre 1594 bewilligte der wiederum in Regenburg tagende Reichstag sogar 80 Römermonate. Seine Rechtsgültigkeit erhielt der „Reichsabschied“ von Augsburg durch Unterschrift und Siegel Kaiser Rudolfs II. sowie der Siegel der Vertreter der Reichsstände, des Kurfürsten und Erzkanzlers Erzbischof Wolfgang von Mainz, des kurpfälzischen Großhofmeisters Friedrich zu Limburg, des Domherrn zu Salzburg Joachim Berner, des bayerischen Abgeordneten und Rates Joachim Vetter von der Gülgen, Matthäus’ Abtes zu Salmansweiler, des Grafen Hermann Adolf zu Solms und des Bürgermeisters der freien Reichsstadt Augsburg. EP 68 III/5 Schlachtenbild des Reichsheeres gegen die Türken [Niederlande?, Ende 16. Jh.] Signatur: HHStA, Kartensammlung Ke 3-5/1 (aus: Ungarische Akten 427) Federzeichnung, Papier Im Juni 1593 hatten habsburgische Truppen unter dem Kommando des steirischen Adeligen Ruprecht von Eggenberg dem osmanischen Heer, das die Festung Sisak in Kroatien belagerte, eine schwere Niederlage zugefügt. Die bereits zum Alltag zählenden Grenzscharmützel weiteten sich danach zum regelrechten Krieg aus, der als „Langer“ oder „Rudolfinischer Türkenkrieg“ in die Geschichte einging. 1594 eroberten die Osmanen die strategisch wichtige Festung Raab/Győr, im Jahr darauf nahmen die Kaiserlichen hingegen die Städte Gran/Esztergom und Visegrád ein. Unter dem Oberbefehl Erzherzog Maximilians III., des Hochmeisters des Deutschen Ordens, eines Bruders Kaiser Rudolfs II., konnte 1596 dank der „Reichstürkenhilfe“ endlich wieder ein Reichsheer aufgestellt werden. Am 26. Oktober 1596 unterlag das Heer jedoch bei Mezőkeresztes, etwa 25 Kilometer südöstlich von Erlau/Eger am Flüsschen Labor gelegen, der osmanischen Armee, die daraufhin Eger erobern konnte. In der Federzeichnung könnte eines jener Geplänkel dargestellt sein, die in den Tagen vor der Schlacht stattfanden. Hinweise auf die zeitliche Einordnung der nicht datierten Darstellung liefern etwa die Anwesenheit der „Königlichen Würden“ (1: Maximilian III.), von Christoph Teuffenbach (4: „De Heer von Tiffenbac“), des Kommandanten von „Erla“ (Erlau/Eger, 9) Nyáry Pál oder von Reichstruppen und niederländischen Kontingenten. Mit dem Reichsheer vereinigten sich auch siebenbürgische Truppen unter dem Kommando des Fürsten Sigismund Báthory. Bei Nr. 10 („Der Bater Istvan“) handelt es sich vermutlich um eine Verwechslung von Sigismund mit Stefan/István Báthory. Der Fürst von Siebenbürgen und König von Polen Báthory István war 1586 gestorben, andererseits übte um 1596 ein anderer Stefan Báthory das Amt des Obersten Landesrichters im Königreich Ungarn aus. EP 69 III/6 Der Friede von Zsitvatorok Prag [1606] Signatur: HHStA, Türkische Urkunden und Staatsschreiben 1606 XI 11 Druck, Papier, türkisch Nach der Rückeroberung von Raab/Győr durch die Kaiserlichen am 29. März 1598 gelang den Osmanen im Jahr 1600 die Einnahme der strategisch wichtigen Festung Kanizsa. Danach kam es lediglich zu „kleineren“ Gefechten, Anzeichen einer gewissen Kriegsmüdigkeit wie auch einer militärischen Pattstellung. Beide Seiten waren zudem auch mit anderen Problemen beschäftigt, die Habsburger mit dem Aufstand in Siebenbürgen, der unter Stephan/István Bocskai auch auf ihre Besitzungen in Ungarn übergriff. Andererseits war Sultan Ahmed I., der 1603 im Alter von 13 Jahren den Thron bestieg, sowohl mit einem durch den iranischen Schah Abbas „den Großen“ angezettelten Krieg als auch mit einem bedrohlichen Aufstand in Ostanatolien konfrontiert. Beide Seiten waren demnach ernsthaft an einem Friedensschluss interessiert. Unter Vermittlung einer siebenbürgischungarischen Delegation Bocskais, mit dem die Habsburger am 23. Juni 1606 den Wiener Frieden geschlossen hatten, begannen die Friedensverhandlungen an der Mündung des Flüsschens Zsitva in die Donau. Allerdings wies der am 11. November 1606 unterfertigte Friedensvertrag gegenüber der osmanischtürkischen Übersetzung einige inhaltliche Differenzen auf, die erst auf habsburgischen Protest bereinigt wurden. Ahmed I. ratifizierte den endgültigen Vertrag erst Ende April 1610. Der auf 20 Jahre befristete, mehrfach verlängerte Friede von Zsitvatorok beendete die lästige Tributpflicht der Habsburger und verschonte das Kaiserhaus, während des Dreißigjährigen Kriegs in einen Zweifrontenkrieg verwickelt zu werden. EP III/7 La Città di Vienna 1683 … Signatur: KA, Kartensammlung H III c 169 Papier Sobald das osmanische Heer Wien eingeschlossen hatte, begann der Belagerungskrieg. Er wurde mit der schriftlichen Aufforderung zur Übergabe eingeleitet, die für diesen Fall alternativ Islam oder Tribut vorsah. Der Stadtkommandant Graf Starhemberg wies sie zurück. Er hatte etwa 16 000 Mann 70 zur Verteidigung zur Verfügung. Davon waren 11 000 Soldaten, die weiteren 5 000 setzten sich aus Bürgerwehr und Freiwilligen zusammen. Weiters verfügte er über etwa 310 Geschütze. Bis zu 1 000 Mann konnten täglich für Ausbesserungsarbeiten herangezogen werden. Der nach Südwesten orientierte Plan enthält am linken oberen Rand den Titel, in der Mitte den Maßstab. Eingetragen sind auch die Angriffsstellungen der Türken. In der Stadt selbst sind nur wenige wichtige Gebäude eingezeichnet. Hinsichtlich ihrer Genauigkeit weist die Karte außerordentliche Qualität auf. RR III/8 Der Minenkrieg um die Festung Wien 1683 Signatur: KA, Kartensammlung H III c 168 Papier Wohl um einen rascheren Vormarsch zu ermöglichen, verzichteten die Türken von vornherein auf die Mitnahme von schwereren Belagerungsgeschützen und Mörsern und konzentrierten sich stattdessen auf den Minenkrieg. Unter einer „Mine“ war ein unterirdischer Stollen zu verstehen, in dessen erweitertes Ende, den „Minenofen“, Fässer mit Schießpulver gebracht wurden. Der Minenofen wurde abgemauert und mittels einer Lunte dann das Pulver entzündet, das nun nach oben wirkte und Verteidiger verschüttete oder tötete, Mauern und Gebäude zum Einsturz brachte und je nach Stärke bzw. Geschick der Mineure verheerende Schäden anrichten konnte. Am 20. Juli 1683 zündeten die Osmanen mit wenig Erfolg die erste Mine am „Gedeckten Gang“ vor der Burgkurtine. Später aber, durch die Sprengungen am und unter dem Burgravelin am 12. und 29. August, konnten sie ihre Position verbessern. Die Sprengungen am 4., 6. und 8. September brachten die Verteidiger in eine außerordentlich gefährdete Situation. RR 71 III/9 Aufmarsch der Entsatztruppen durch den Wienerwald und Plan von Wien 1683 Signatur: KA, Kartensammlung H III c 166 Papier (Abb. 8) Die dreigeteilte, hochformatige Karte ist im unteren Teil nach Osten, im oberen nach Süden orientiert. Der unterste, kleinste Teil enthält die Zeichenerklärung. Der darüber befindliche zweite Teil umfasst das Gebiet von Tulln bis nordwestlich von Klosterneuburg, am linken Rand die Donau, mit der Aufstellung und dem Aufmarschweg des Entsatzheeres. Der oberste Teil reicht von Klosterneuburg bis Wien, am linken Rand wieder die Donau. Auch hier ist die Aufstellung des Entsatzheeres eingezeichnet. Wien ist mit den Angriffsarbeiten der Türken und deren Zeltlager zu sehen. In den unteren Ecken dieses Teiles sind links und rechts Soldaten der Entsatzarmee dargestellt. Die Geländedarstellung entspricht weitgehend – wenn auch bei mangelnder Präzision – den örtlichen Gegebenheiten. RR III/10 Dankgottesdienst in Regensburg anlässlich der Befreiung Wiens Regensburg, 1683 September 26 Signatur: HHStA, Reichskanzlei, Berichte der Prinzipalkommission 24 b, fol. 100 Papier, deutsch Der kaiserliche Prinzipalkommissär, Gottlieb Graf Windischgrätz, und sein Vertreter Franz Matthias von May berichten von der Abhaltung des feierlichen Dankgottesdienstes am Sitz des seit 20 Jahren bestehenden „Immerwährenden Reichstags“ in Regensburg. Ähnliche Dankgottesdienste fanden in beinahe allen Reichsstädten, aber auch außerhalb des Reiches statt, etwa in Rom, Venedig oder in Krakau. EP 72 III/11 Papst Innozenz XI. beglückwünscht Herzog Karl V. von Lothringen zum Sieg bei Wien Rom, 1683 Oktober 16 Signatur: HHStA, Lothringische Urkunden 1683 X 16 Pergament, Bleibulle fehlt, Latein Herzog Karl V. (1643–1690), als Neffe des regierenden Herzogs Karl IV. von Lothringen in Wien geboren und nach dem Tod seines älteren Bruders im Jahr 1658 legitimer Thronfolger im Herzogtum, musste zeit seines Lebens um sein Erbrecht kämpfen. 1663 floh er von Frankreich an den Hof seines Paten Kaiser Leopolds I., 1678 heiratete er Eleonore, die Tochter Ferdinands III. und Witwe des polnischen Königs Wisnowiecki. Zum Statthalter von Tirol und Vorderösterreich ernannt, ließ er sich mit seiner Gattin in der Residenz Innsbruck nieder. In der kaiserlichen Armee hatte er sich bereits 1664 in der Schlacht bei Mogersdorf als Regimentskommandant ausgezeichnet. Er war zwar kein bedeutender Stratege wie etwa Prinz Eugen von Savoyen, doch der Aufmarsch des Entsatzheeres basiert auf seiner Planung. Obwohl er Kommandierender der kaiserlichen Armee war, musste er beim Entsatz der Reichshaupt- und Residenzstadt dem ranghöheren polnischen König Jan III. Sobieski den Vortritt lassen. Die Glückwünsche Papst Innozenz’ XI. in Form eines „Breve“ beweisen freilich, dass Karls Anteil wie auch jener der Reichstruppen beim Entsatz von Wien durchaus richtig eingeschätzt und gewürdigt wurde. EP III/12 Plan der Festung Ofen (Buda) 1690 Signatur: KA, Kartensammlung GPA Inland C V alpha Ofen 1 Papier Der Plan zeigt Stadt und Festung Ofen, wie sie sich 1686 bei ihrer Wiedereroberung den Kaiserlichen präsentierte: Die Festung Ofen lag in dreieckigem Grundriss auf dem Berg, der von der Oberstadt gekrönt wurde. Die Wehranlagen bestanden aus einer durch Rondelle flankierten Umfassungsmauer und einem vor ihr liegenden trockenen Graben. Je ein Tor vermittelte den Verkehr nach Osten, nach Norden und nach Westen. Im Süden lag das kastellartige Schloss, dessen Bauanfänge bis auf das Jahr 1247 zurückreichen. Terrassenförmig zur Donau herabführende Mauern bildeten mehrere Zwinger und endigten am Ufer in 73 zwei Wasserrondellen, zwischen denen auch eine Pforte lag. Den äußersten Vorsprung des mächtigen, turmbewehrten Schlosses gegen Süden bildete ein auf einer Bergnase liegendes großes Rondell. Die Oberstadt war von vier Vorstädten umgeben, von denen nur die Wasserstadt durch eine Mauer geschützt war; die Raitzenstadt, die Lange Vorstadt und die Obere Vorstadt lagen außerhalb der Befestigungen. Ein auf dem St. Gerhardsberg (Gellérthegy) erbautes Blockhaus, das dem heutigen Blocksberg den Namen gegeben hat, wurde von den Türken freiwillig geräumt. RR III/13 Der Türkenkrieg 1683–1699 Antwerpen, um 1700 Signatur: KA, Kartensammlung H III c 98-6 alpha Druck, Papier Der vorliegende gestochene Band, eine holländische Arbeit, gibt die wesentlichen Persönlichkeiten des Türkenkrieges von 1683 (beginnend mit Szenen aus der Wiener Türkenbelagerung) bis 1699 wieder. Ebenfalls dargestellt sind die wichtigsten handelnden Personen: Kaiser Leopold I., Sultan Mehmed III., König Jan III. Sobieski, Karl II. von Spanien, der bayerische Kurfürst Max Emanuel, Carl von Lothringen, Julius Franz von Sachsen, Friedrich Wilhelm von Brandenburg, aber auch Emmerich Thököly und (zuletzt) Ernst Rüdiger Graf von Starhemberg. Nach der Niederlage vor Wien und dem Fall der Festung Neuhäusel 1685 zeigte sich die Hohe Pforte friedensbereit. Trotz Differenzen im christlichen Lager konnten die Kaiserlichen mit Hilfe Brandenburgs und Bayerns jedoch 1686 Ofen (Buda) zurückerobern und die Türken 1687 bei Hársany empfindlich schlagen, womit ihnen auch Siebenbürgen offen stand. 1688 fiel Belgrad, weitere Truppen rückten in Bosnien und der Walachei vor. Nach Rückschlägen wurde der weitere Feldzug mit wechselndem Erfolg geführt, bis 1697 (nach Kurfürst August von Sachsen) Prinz Eugen das Kommando übernahm. RR 74 III/14 Koran, angeblich in der Schlacht bei Zenta erbeutet Vollendet 1384 Mai 27 Signatur: HHStA, Orientalische Handschrift n. 402a Papier, Ledereinband, Holzschatulle, arabisch Diese sehr wertvolle Koran-Handschrift soll einer nicht mehr überprüfbaren Legende nach in der Schlacht bei Zenta erbeutet worden sein. In dieser Schlacht fügte das kaiserliche Heer unter Prinz Eugen von Savoyen, der erst am 5. Juli 1697 zum Oberkommandierenden in Ungarn ernannt worden war, der osmanischen Armee eine vernichtende Niederlage zu. Der Koran, die Heilige Schrift der Muslime enthält die dem Propheten Muhammad (ca. 570–632) zuteil gewordenen Offenbarungen des Einen Gottes Allah. Der Koran ist in 114 Suren eingeteilt, gereiht nach ihrer Länge, ohne Rücksicht auf eine zeitliche Ordnung. Er enthält rechtliche Anweisungen, Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre, aber auch Gebete und Predigten. EP III/15 Der Friede von Karlowitz a) Ratifikation durch Leopold I., Wien 1699 Februar 16 Signatur: HHStA, Türkische Urkunden und Staatsschreiben, 1699 I 26 Latein b) Ratifikation durch Mustafa II., Konstantinopel 1699 Februar 22 März 2 Signatur: HHStA, Türkische Urkunden und Staatsschreiben, 1699 I 26 Pergamentlibell bzw. Papier, türkisch (Abb. 9) Nach der vernichtenden Niederlage, welche die kaiserliche Armee unter Prinz Eugen dem osmanischen Heer am 11. September 1697 zugefügt hatte, waren die Osmanen zu ernsthaften Friedensverhandlungen bereit. Unter Vermittlung der Seemächte England und der Niederlande hatten die osmanischen Unterhändler parallel mit der kaiserlichen Delegation auch mit den venezianischen, polnischen und russischen Delegierten jeweils einen eigenen Vertrag auszuhandeln. Keine der Delegationen hatte wegen der eisigen Witterung daran Interesse, die Mitte November 1698 begonnenen Verhandlungen unnötig in die Länge zu ziehen. Diese Gespräche fanden in einem eigens zu diesem Zweck nahe dem Dörfchen Karlowitz an der Donau errichteten hölzernen Gebäude statt. Bereits am 26. Jänner 1699 wurde der Vertrag mit der Republik Venedig sowie jener mit Kaiser Leopold I. unterzeichnet. Österreich erwarb durch diesen Friedensvertrag Ungarn samt 75 Siebenbürgen, ausgenommen das Banat von Temesvár. Die Grenzziehung folgte weitgehend natürlichen Linien, nämlich den Flüssen Una-Save-Theiß-Maros sowie dem Höhenzug der Karpaten, in Syrmien waren zwischen Save und Donau künstliche Grenzmarkierungen notwendig, die durch eigene Kommissionen abgesteckt werden sollten. EP III/16 Porträt des Prinzen Eugen von Savoyen 1701 Signatur: HHStA, Reichshofrat, Gewerbe-, Fabriks- und Handelsprivilegien 8, fol. 226 f. (Beilage) Kupferstich, Papier (Abb. 10) Prinz Eugen von Savoyen-Carignan (1663–1736) war 1683 in die kaiserliche Armee eingetreten, im Juli 1697 übernahm er das Oberkommando über das in Ungarn operierende Heer. Nur wenige Wochen später, am 11. September 1697 fügten seine Truppen bei Zenta dem osmanischen Heer, während dieses auf einer Pontonbrücke den Fluss Theiß überquerte, eine vernichtende Niederlage zu. Von 1703 bis zu seinem Tod hatte Prinz Eugen die Leitung des Hofkriegsrats inne. Er war wohl der erfolgreichste aller kaiserlichen Feldherrn, daneben freilich auch einer der wichtigsten Staatsmänner, Ratgeber dreier Kaiser und nicht zuletzt bedeutender Kunstmäzen. Während des neuerlichen Türkenkriegs in den Jahren 1716–1718 stand er auf dem Gipfel seiner militärischen Erfolge: Nach der siegreichen Schlacht von Peterwardein eroberte die kaiserliche Armee Temesvár (heute Timişoara in Rumänien), im folgenden Jahr 1717 wurde Belgrad eingenommen. Die Eroberungen wurden im Frieden von Passarowitz 1718 sanktioniert. EP 76 III/17 Prinz Eugen von Savoyen gibt seinen bevorstehenden Aufbruch nach Temesvár bekannt Peterwardein, 1716 August 11 Signatur: HHStA, Kriegsakten 218 (alt 269), fol. 287-290 Papier, ganz eigenhändig, französisch Sechs Tage nach dem Sieg in der Schlacht bei Peterwardein (Petrovaradin) berichtete Prinz Eugen – höchstwahrscheinlich – dem Hofkanzler Philipp Ludwig Graf Sinzendorf von seinem kurz bevorstehenden Aufbruch nach Temesvár. Trotz des Sieges befand sich die kaiserliche Armee in einer schwierigen Lage, Prinz Eugen wagte noch keinen Angriff auf Belgrad. In dem ganz eigenhändig geschriebenen Brief gab er bekannt, dass Johann Graf Pálffy mit einem Teil der Artillerie bereits tags zuvor in Richtung Temesvár abmarschiert sei. Die Belagerung von Temesvár begann am 1. September 1716, am 13. Oktober kapitulierte die Festung; damit fiel das gesamte Banat in die Hände der Kaiserlichen. EP III/18 Handelsvertrag von Passarowitz Osmanische Ratifikation, Konstantinopel, 1718 Juli 29-August 7 Signatur: HHStA, Türkische Urkunden und Staatsschreiben, 1718 VII 27 Papier, osmanisch-türkisch Im Frieden von Passarowitz waren erstmals in der Geschichte der habsburgischosmanischen Beziehungen Handelsbestimmungen ausgeklammert worden, einige Tage später, am 27. Juli 1718, wurde freilich ein eigener Vertrag abgeschlossen, der die bilateralen Handelsbeziehungen regelte. Auf der Donau wurde den Kaufleuten freier Handel eingeräumt, und die unter kaiserlicher Flagge segelnden Handelsschiffe wurden von überhöhten und wiederholten Abgaben befreit, Ausund Einfuhrzölle wurden mit 3 Prozent des Warenwerts fixiert. Zur Förderung des Handels durften beide Seiten Konsuln bestellen. Von 1725 bis 1732 residierte erstmals ein osmanischer Vertreter in Wien, der jedoch das Misstrauen der kaiserlichen Behörden erweckte; nach seiner Abberufung wurde kein Nachfolger mehr bestellt. EP 77 III/19 Die Grenzen nach den Friedensschlüssen von Passarowitz und von Belgrad [1739] Signatur: HHStA, Staatenabteilung Türkei IX, 1718–1739 Kolorierte Federzeichnung, Papier Der Friede von Passarowitz brachte der Habsburgermonarchie im Jahr 1718 die größte Ausdehnung gegenüber dem Osmanischen Reich. Nach dem Tod des Prinzen Eugen (1736) und nach dem 1737 begonnenen, äußerst unglücklich geführten Türkenkrieg mussten 1739 im Frieden von Belgrad fast alle Gebiete, die im Frieden von Passarowitz gewonnen worden waren, wieder an die Osmanen abgetreten werden, ausgenommen das Banat von Temesvár. Auf der Karte des k. k. geheimen Hof- und Staatskanzlei-Offizials Max Grimm sind die Gebietszuwächse deutlich gekennzeichnet, sie zeigen aber auch die Gebietsverluste nach dem zweiten Türkenkrieg Kaiser Karls VI. EP III/20 Ratifikation des Friedens von Sistova durch Sultan Selim III. Osmanisch-türkische Ratifikation, Konstantinopel 1791 August 13 Signatur: HHStA, Türkische Urkunden und Staatsschreiben 1791 VIII 4 Papier, Tuğra mit Goldtinte, osmanisch-türkisch Der Friede von Sistova, einem Städtchen an der Donau im heutigen Bulgarien, beendete am 4. August 1791 die letzte direkte militärische Konfrontation mit dem Osmanischen Reich; zum letzten Mal schloss ein römisch-deutscher Kaiser mit einem Sultan aus dem Hause Osman Frieden. Nach seinem Treffen mit Zarin Katharina II. der Großen auf der Halbinsel Krim im Mai 1787 hatte Kaiser Josef II. sich in einen Krieg hineinziehen lassen, der für sein Land lediglich enorme Kosten und Menschenverluste mit sich brachte. Als Reaktion auf die osmanische Kriegserklärung an Russland im August 1787 hatte Kaiser Josef II. am 9. Februar 1788 der Pforte den Krieg erklärt. Nach militärischen Niederlagen feierte die österreichische Armee auch Erfolge, so etwa gelang dem bereits 72jährigen Feldmarschall Laudon im Oktober 1789 die Eroberung von Belgrad, von wo er das vermeintliche Grabmal des Großwesirs Mehmed Pascha, der 1739 Belgrad eingenommen hatte, nach Wien bringen ließ – in Wirklichkeit handelt es sich aber um die Platten vom Grab des Großbotschafters 78 Ibrahim Pascha, der zur Ratifikation des Friedens von Karlowitz nach Wien gekommen war. In der mit Preußen abgeschlossenen Konvention von Reichenbach verpflichtete sich Österreich, mit dem Osmanischen Reich Frieden zu schließen, ohne Gebietsansprüche zu stellen. Tatsächlich verzichtete Österreich auf alle Eroberungen, in einer Zusatzkonvention erwarb es die Donaufestung Alt-Orsova und den Unadistrikt, einen schmalen Landstrich in Bosnien. Russland schloss erst am 9. Jänner 1792 in Iaşi Frieden und konnte dabei seine Grenzen gegenüber dem Osmanischen Reich bis zum Dnjestr vorverlegen. EP III/21 „Esquelette“ sämtlicher Militärgrenzen 1800 Signatur: Kriegsarchiv, Kartensammlung B IX a 750 Papier Die k. k. Militärgrenze, die von 1522 bis 1881 bestand, bildete einen unterschiedlich breiten Grenzstreifen, der sich von der oberen Adria in einem weiten Bogen entlang von Save und Donau bis zu den siebenbürgischen Karpaten hinzog. Seit Beginn des 16. Jahrhunderts wurden hier Christen serbischer und kroatischer Nationalität, die vor den Osmanen geflüchtet waren, angesiedelt. Ausgestattet mit einer Reihe von kaiserlichen Privilegien waren die Einwohner dieses Landstrichs zu lebenslänglichem Militärdienst verpflichtet, dafür erhielten sie Grund und Boden als Lehen und waren nur ihrem militärischen Kommandanten untergeordnet. Mitte des 18. Jahrhunderts umfasste das Grenzland etwa 50 000 Quadratmeter und hatte 350 000 Einwohner. Seit der Rückgewinnung Ungarns und seit den Aufständen in Ungarn (Fürst Ferenc II. Rákóczi, 1704–11) gewannen die Grenztruppen neben ihrer Aufgabe der Türkenabwehr auch innenpolitisch an Bedeutung. Einen letzten Höhepunkt in dieser Hinsicht erlangten sie 1848/49, als während der Revolution Grenztruppen unter dem Banus Jellačić zu den Rettern der kaiserlichen Herrschaft und damit der Monarchie gezählt wurden. RR 79 IV WIEN ALS KAISERRESIDENZ Das Kaisertum der Habsburger prägte Wien seit dem 16., verstärkt seit dem 17. Jahrhundert und machte es zu dem, was es noch heute ist. Wien wurde zur Kaiserstadt par excellence, wobei dieser Charakter nahtlos von der Residenz des römischen auf jene des österreichischen Kaisers überging. Wahrscheinlich verschmolzen im Bewusstsein vieler Menschen beide Funktionen ununterscheidbar miteinander, was auch in einer häufigen falschen Rückprojektion eines österreichischen Kaisertums in die Zeiten des 17./18. Jahrhunderts ihren Ausdruck findet (wo schon früher wie bei Francesco Sbarra oder auf dem Titelblatt der „Politica Austriaca“ Gerhard Hilleprands, Wien 1717 von „Cesari austriaci“ oder „Imperatores Austriaci“ die Rede ist, sind wohl die Kaiser aus dem Hause Österreich gemeint). Als Residenz des Kaisers war Wien eines der Zentren des Reiches, zugleich Sitz von Reichsinstitutionen wie Reichskanzlei und Reichshofrat und Schauplatz zahlreicher Belehnungen. Auch im Reich wurde es vielfach und vor allem ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Hauptstadt des Reiches angesehen. Reichsfürsten und deren Gesandte kamen nach Wien, um den Kontakt zum Reichsoberhaupt aufrecht zu erhalten. Für junge Diplomaten, Gelehrte und Publizisten bürgerte sich eine Art von Kavalierstour durch die für das Verfassungsleben des Reiches wichtigen Städte ein, die von Wetzlar als Stätte des Reichskammergerichts über Regensburg und seinen Reichstag nach Wien führte, das durch die Vielfalt seines höfisch-kulturellen Lebens faszinierte. Die Stellung des Kaisers verlangte eine seinem Rang entsprechende Prachtentfaltung, die in Zeremoniell und Festen, aber auch in der Bautätigkeit von Hof und Adel zum Ausdruck kam. Um die Hofburg, die ganz im Gegensatz zu Versailles durch die Art ihrer Anlage eine über Jahrhunderte gewachsene Tradition repräsentierte, gruppierten sich die Barockpalais des Adels. Der Barock geistlicher wie weltlicher Monumentalbauten, wie er sich gerade in Österreich aus der Umformung italienischer Vorbilder entwickelt hatte, strahlte im Reichsstil der Zeit Karls VI. auch auf das Reich aus. Höfisches wie kirchliches Zeremoniell des Wiener Hofes machten die Stadt zur Kulisse fortgesetzter Feste. Die sakralen Wurzeln des Kaisertums, die in das Mittelalter zurückreichten, verbanden sich mit dem Einsatz der Habsburger für die Gegenreformation. Als von der Gegenreformation geprägt war der Wiener Hof sowohl durch seine Frömmigkeit wie die damit verbundenen Zeremonien bekannt. In weltlicher Hinsicht begründeten die Theater- und Opernaufführungen des Hofes 80 Wiens Rang als Theaterstadt. Die in Wien bis zu einem gewissen Grad bis heute feststellbare Lust am Spektakel mag in der Vielfalt weltlicher wie geistlicher Feste vor allem des Barockzeitalters eine ihrer Wurzeln haben. LA IV/1 Plan der Basteien vor der Hofburg 1809 Signatur: HHStA, Planarchiv Burghauptmannschaft D-2 Beschriftung: Übersichtsplan A des Zustandes in welchem sich die Festungs-Wercke von Wien vorwärts der k. k. Hofburg befinden. Vermessungsplan, kolorierte Federzeichnung auf Karton Nach dem Einzug der Franzosen in Wien 1809 mussten die Augustiner-, Burg-, Löwel- und Mölkerbastei gesprengt werden. Der Übersichtsplan zeigt den Zustand der gesprengten Befestigungen. Die Beseitigung der Festungsanlage machte den Weg frei für eine Neugestaltung. 1821–1824 wurde das Äußere Burgtor, ein Stadttor mit festungsartiger Wirkung, von Peter Nobile neu erbaut. ES IV/2 Georg Matthaeus Vischers Ansicht des Inneren Burghofes und der Burg gegen die Bastei 1672 Georg Matthaeus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris, Wien 1672, Nr. 5 und 6 Signatur: ÖStA, Bibliothek Blau 763 a Papier, Kupferstich (Abb. 11) Nr. 5: Die Innenansicht des kaiserlichen Burgplatzes zeigt rechts die Amalienburg, gegenüber den Leopoldinischen Trakt und links den Schweizertrakt. Die Häuserzeile zur Schauflergasse im Vordergrund ist nur durch die Grundrisse der Fassade und Höfe angedeutet. Links wird das 1604 erbaute innere Burgtor sichtbar. Nr. 6: Fassade der kaiserlichen Burg gegen das Glacis, mit dem Leopoldinischen Trakt und den Befestigungsanlagen davor, in deren Mitte die obere Hälfte des alten äußeren Burgtores sichtbar wird. ES 81 IV/3 Ansicht des Inneren Burghofes von Salomon Kleiner 1724 Privatbesitz Papier, Kupferstich nach Salomon Kleiner von G. D. Heumann. Der Blick ist gegen die Amalienburg gerichtet, links ist der Leopoldinische Trakt, rechts die Reichskanzlei und das innere Burgtor in Richtung Kohlmarkt zu sehen. Die vereinigten Gebäude der Reichskanzlei und der Hofkammer haben noch die ältere Fassade, vor der Neuplanung durch Joseph Emanuel Fischer von Erlach. Das Burgtor zum Kohlmarkt hin zeigt bereits die Form des Triumphbogens, der für den Einzug Karls VI. in Wien 1712 errichtet wurde. ES IV/4 Ansicht der Stadt Wien von Südwesten 1672 Georg Matthaeus Vischer, Topographia Archiducatus Austriae Inferioris, Wien 1672, Nr. 1 Signatur: ÖStA, Bibliothek Blau 763 a Papier, Kupferstich Vischer zeigt die von den Festungsmauern, Gräben und Basteien umgebene Stadt Wien. Den Vordergrund bildet das von vielen Fahrzeugen und Personen belebte Glacis; die Zufahrten links zum Burgtor und rechts zum Kärntnertor fallen durch ihre vielen Kutschen und Fuhrwerke besonders auf. Über den Mauern werden die zahlreichen Kirchen mit ihren Türmen sichtbar: von links die Schottenkirche, Minoritenkirche, die Hofburg mit dem Türmchen der Amalienburg und den drei Türmen des Schweizerhofes, die Michaelerkirche, die Augustinerkirche, das Königinkloster, die Dorotheerkirche, die Bürgerspitalkirche, der alles beherrschende Stephansturm, die Johanniterkirche, St. Anna und die anderen Klöster, die Franziskanerkirche, die Jesuitenkirche und die Dominikanerkirche. Wie die meisten barocken Stadtveduten ist auch diese mit Spruchbändern und Wappen haltenden Engeln versehen. Der Sinnspruch bezieht sich natürlich auf Wien als Residenzstadt: Dis ist die Kaisers Stadt, wo sich der höchste Sitz mit Majestäten rühmt, und der begottert (?) Blitz vom Erzhaus Österreich die feste Mauer rührt […] Hier blinken Szepter, Kron! Hier seind Natur und Kunst vermählt mit gleichem Band durch frohe Himmelsgunst, theilt sich der Adlersflug hier in der Höhen aus und stützt mit Rath und Fleiß das Reich und eigen Haus […]. ES 82 IV/5 Dienstrevers des Steinmetzen Jakob Spazo Wien, 1527 Jänner 26 Signatur: HHStA, Familienurkunde Nr. 1191 Papier, mit aufgedrücktem Siegel mit eigenhändiger Unterschrift des Künstlers „Jachobe de Spazo“, deutsch Jakob Spaz verpflichtet sich König Ferdinand gegenüber, laut dem königlichen Bestellbrief nach Anordnung der niederösterreichischen Kammer an allen Gebäuden Ferdinands, wo es notwendig ist, seine Arbeit zu leisten. ES IV/6 Plan für einen neuen Dachstuhl der Reichskanzlei 1629 Signatur: HHStA, Reichshofrat Verfassungsakten, fol. 23, 24, 43, 44 Papier, Federzeichnung koloriert Zum Jahr 1629 hat sich ein Konvolut von Schriften erhalten, die sich mit der notwendigen Erneuerung des Daches und Dachstuhles im Bereich der Reichskanzlei-Registratur beschäftigen. Neben mehreren Memoranden sind auch Kostenvoranschläge der nötigen Handwerker und zwei Skizzen des Zimmermanns in doppelter Ausführung für einen neuen Dachstuhl erhalten. Der trapezförmige Grundriss deutet auf einen Trakt des älteren Reichskanzleigebäudes oder der Amalienburg in Richtung Schauflergasse hin. ES IV/7 Finanzierung des Neubaus der Reichskanzlei (Wien), 1725 Signatur: HHStA, Reichshofrat Verfassungsakten, fol. 25v-26r und 88r Papier, deutsch und italienisch 1722 erging ein Rundschreiben des Reichsvizekanzlers Karl Friedrich von Schönborn an die Kurfürsten und Reichsstände einschließlich der italienischen Reichsvasallen zur Beitragsleistung bei Erbauung der kaiserlichen Reichshofkanzlei. Trotz des Appells an die „patriotische Willfährigkeit“ ist der 83 Erfolg sehr unterschiedlich, wie die beiliegenden Listen der eingegangenen Gelder beweisen. ES IV/8 Sitzung des Reichshofrats Abbildung aus: Johann Christoph von Uffenbach, Tractatus singularis et methodicus de excelsissimo consilio caesareo-imperiali aulico, Vom Käyserl. Reichs-Hoff-Rath, Frankfurt/M. 1700 Signatur: ÖStA, Bibliothek Blau 809 Kupferstich, Papier Der Reichshofrat gehörte einerseits zu den wichtigsten Reichsinstitutionen, hatte andererseits seinen Sitz aber nicht – wie das Reichskammergericht – in einer Reichsstadt, sondern tagte in Räumen der kaiserlichen Residenz bzw. des kaiserlichen Hoflagers. Als Höchstgericht des Alten Reichs war er in erster Instanz für Klagen gegen Reichsunmittelbare und wegen Landfriedensbruchs sowie für Beschwerden wegen Rechtsverweigerung, Rechtsverzögerung und Nichtigkeit zuständig, in zweiter Instanz für Appellationen gegen Urteile territorialer Gerichte. Als kaiserliche Behörde bearbeitete er Anträge an den Kaiser im Zusammenhang mit dem Lehenswesen sowie Gnadenangelegenheiten (Privilegien und Standeserhöhungen, Schutz- und Geleitbriefe, Pfründe, Vormundschaftsbestellungen). Als kaiserliches Ratsgremium schließlich übernahm er die Beratung des Reichsoberhaupts insbesondere in reichsrechtlichen Fragen. Zumindest bis in das 17. Jahrhundert hinein behandelte der Reichshofrat auch Angelegenheiten der österreichischen Erbländer; darüber hinaus gehörten ihm bis zum Ende des Alten Reichs zahlreiche österreichische Adelige und Gelehrte an. Der Stich stellt eine der raren bildlichen Quellen zur Arbeit des Reichshofrats dar. Gezeigt wird eine reichshofrätliche Sitzung. An der Rückwand hängt ein Bild des Kaisers, in dessen Namen die Reichshofräte Recht sprachen. Unter dem Porträt sitzt der Reichshofratspräsident, der die Sitzungen leitete. Zu seiner Rechten haben die Reichshofräte der so genannten Grafen- und Herrenbank, durchweg Adelige, Platz genommen, zu seiner Linken die Juristen des Rats, auch sie vielfach adelig (sog. Gelehrtenbank). Dem Präsidenten gegenüber sitzen zwei Sekretäre der Reichshofkanzlei, die jeweils für Angelegenheiten des deutschsprachigen und des nicht-deutschsprachigen Reichsteils zuständig waren (deutsche und lateinische Expedition). Sie hatten die Aufgabe, die Beschlüsse des Reichshofrats in den Akten festzuhalten und verschiedene Protokolle zu führen. Der aus einer Frankfurter Patrizierfamilie stammende Johann Christoph von Uffenbach, der selbst die Rechte studiert hatte und die Grafen von Isenburg-Büdingen sowie die 84 Reichsstadt Frankfurt vor dem Kaiser bzw. dem Reichshofrat vertrat, publizierte in seinem 1683 in Wien zum ersten Mal gedruckten Tractatus verschiedene auf den Reichshofrat bezogene Geschäftsordnungen und Reichshofratsakten. Ihnen voran stellte er eine mit zahlreichen Akten belegte und ganz aus Erfahrung geschöpfte Übersicht über die reichshofrätliche Praxis. EO IV/9 Reichshofratsordnung Kaiser Matthias’ Prag, 1617 Juli 3 Signatur: HHStA, Reichshofrat Verfassungsakten 1, Paket 3 Papierlibell in Pergamenteinband mit grünen Seidenbändern, 52 Folien, deutsch Die Ordnungen des Reichshofrats sind eine viele Fragen offen lassende Mischung aus Geschäftsordnung und Gerichtsorganisationsgesetz. Sie regeln Bereiche wie die Qualifikation und die Dienstpflichten der Reichshofräte, den Arbeitsablauf im Rat und den Umgang mit Parteien und ihren Vertretern, sprechen aber auch Grundsatzprobleme wie die Zuständigkeit des Reichshofrats und die gesetzlichen Grundlagen seiner Tätigkeit an. Reichshofratsordnungen sind – in verschiedenen Vorformen – seit dem Ausgang des 15. Jahrhunderts überliefert (1497, 1541, 1550). Besondere Bedeutung erlangten die Ordnung Kaiser Ferdinands I. von 1559, die den kaiserlichen Hofrat zum ersten Mal explizit als Reichshofrat bezeichnet, und die Reichshofratsordnung von 1654, die bis zum Ende des Alten Reichs 1806 in Geltung war. Die Reichshofratsordnung Kaiser Matthias’ von 1617 stellt – obwohl formal nie in Kraft getreten – einen wichtigen Zwischenschritt auf dem Weg zur Reichshofratsordnung von 1654 dar. Bereits seit den 1590er Jahren in diversen Kommissionen am Kaiserhof ausgearbeitet, aber auch dem Kurfürsten von Mainz als Erzkanzler des Reichs zur Stellungnahme zugeleitet, dokumentiert sie in besonderer Weise die Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Reichsständen um die Jurisdiktionsgewalt des Reichsoberhaupts. Während insbesondere die protestantischen Reichsstände ein Interesse daran hatten, die Zuständigkeit des kaiserlichen Gerichts durch ein Reichsgesetz exakt festzulegen und den Reichshofrat an die Verfahrensgrundsätze der Reichskammergerichtsordnung zu binden, wurden allzu detaillierte Regelungen und eine verbindliche Mitwirkung der Stände an ihrer Formulierung vom Kaiser und seinen Verbündeten im Reich als mit der Stellung des Reichsoberhaupts als oberster Richter und Quelle allen Rechts unvereinbar abgelehnt. Mit der Ausarbeitung einer Reichshofratsordnung hoffte der Kaiser, einerseits Beschwerden wegen eines gesetzlich nicht ausreichend geregelten Verfahrens am Reichshofrat als unbegründet zurückweisen zu können. Andererseits sollte das 85 Recht des Reichsoberhaupts, die Arbeit des Reichshofrats aus eigener Machtvollkommenheit zu regeln, behauptet und dem kaiserlichen Gericht ein möglichst großer Handlungsspielraum bewahrt werden. EO IV/10 Handbillet Kaiserin Maria Theresias zu einem Kompetenzstreit zwischen Reichshofrat und Oberster Justizstelle wegen der Osterbergischen Debit- und Administrationssache 1779 März 11 Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, fol. 117-118 Handbillet, Papier, mit eigenhändiger Unterschrift, deutsch Mit der Auseinanderentwicklung von Reichs- und erbländischen Interessen und dem Ausbau der erbländischen Verwaltung insbesondere durch die Reformen Maria Theresias und Josephs II. verschärften sich die Zuständigkeitskonflikte zwischen Reichs- und erbländischen Behörden. Im Bereich der Justiz standen einander dabei der Reichshofrat und die 1749 als Höchstgericht für die österreichischen Erbländer und Böhmen gegründete Oberste Justizstelle gegenüber. Um Blockadesituationen zu vermeiden, mussten, schon im Interesse der Betroffenen, Kompromisse gefunden werden – beispielsweise indem die konkurrierenden Behörden unter der Leitung eines hohen Hofwürdenträgers gemeinsam über das weitere Vorgehen berieten. Johann Michael Adam von Osterberg, der von seinem Vater Johann Michael Mayer mehrere ritterschaftliche Güter in Schwaben und der habsburgischen Markgrafschaft Burgau geerbt hatte, hatte sich derart verschuldet, dass der Reichshofrat 1747 eine kaiserliche Kommission mit der Einsetzung einer Zwangsverwaltung und der Durchführung eines Konkursverfahrens beauftragte. Zum Konflikt mit der Obersten Justizstelle kam es, als mehrere Gläubiger unter Übergehung des kaiserlichen Kommissars beim Burgauer Oberamt die Einsetzung in das in der Markgrafschaft liegende Gut Bühl erwirkten. Darüber hinaus wandten sich der Enkel Johann Michael Adams, der seinerseits hoch verschuldete Anselm von Osterberg, und sein Onkel, der kaiserlich-königliche Oberst Kesporn, mit ihren Vorschlägen zur Entschuldung des Besitzes nicht nur an den Reichshofrat, sondern auch an Maria Theresia als Landesherrin Burgaus. Die Oberste Justizstelle forderte daraufhin 1775 vom Reichshofrat die Aufhebung der kommissarischen Verwaltung für die in Burgau liegenden Güter und eine Zusammenarbeit der österreichischen und kaiserlichen Verwalter bei der Sanierung des Gesamtbesitzes. Der Reichshofrat wies diese Forderung unter Hinweis auf die Reichsunmittelbarkeit Bühls zurück, musste die Angelegenheit schließlich aber dem Kaiser zur Entscheidung vorlegen. Joseph II. befahl dem Reichshofrat, alle Fragen im Zusammenhang mit der Sanierung des Osterbergischen Besitzes mit der Obersten Justizstelle unter der Leitung des Obersthofmeisters Joseph Fürst von Schwarzenberg zu 86 erörtern, und informierte den Fürsten über diese Entscheidung. Doch auch Maria Theresia wies, wie das ausgestellte Handbillet zeigt, Schwarzenberg in einem fast wörtlich dem kaiserlichen Brief entsprechenden Schreiben an, den Vorsitz der geplanten „Concertation“ zu übernehmen, in der „das Geschäft nach vereinigtem Befund zu seiner schließlichen Berichtigung“ gebracht werden sollte, ohne jedoch „beederseits in die circa jurisdictionem habende Grund-Säze einzugehen“. EO IV/11 Gesandtschaft der Republik Lucca Wien, 1705 Dezember Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, Konvolut Gesandtschaft der Republik Lucca fol. 1-17 Papier, deutsch a) Vortrag über die Audienz der lucchesischen Gesandten mit eigenhändiger Resolution Kaiser Josephs I. Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, Konvolut Gesandtschaft der Republik Lucca fol. 1-4, Wien, 1705 Dezember 12 Die Republik Lucca schickte eine Kondolenz- und Gratulationsgesandtschaft an den Wiener Hof, über deren Empfang auf einer Konferenz unter Vorsitz des Obersthofmeisters beraten wurde. Wegen der Verdienste der Republik um das Haus Österreich sollten die Gesandten mit einem sechsspännigen Wagen in den inneren Burghof fahren dürfen. Der Kaiser stimmte in seiner eigenhändigen Resolution den Vorschlägen zu und drängte auf eine rasche Antwort an die Gesandten, „weilen sie sehr ihr audienz solicitiren“. b) Protokoll über die Audienz der Gesandten der Republik Lucca Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, Konvolut Gesandtschaft der Republik Lucca fol. 9-12, Wien, 1705 Dezember 19 Die beiden Gesandten, Ferrante Citadella und Carlo Antonio Marchio, fuhren in einer sechsspännigen Kutsche begleitet von vier weiteren Wagen vor und wurden beim Eingang zur Ritterstube vom Obersthofmarschall, bei der ersten Antecamera vom Oberstkämmerer empfangen und zur Audienz in die Ratsstube geleitet. Auf die Audienz beim Kaiser folgte eine weitere bei der Kaiserin in deren Gemächern, wo sie bei der Antecamera von deren Obersthofmeister in Empfang genommen wurden. LA 87 IV/12 Entwurf für eine Gardekuse Kaiser Rudolfs II. Augsburg, 1577 Signatur: HHStA, Kartensammlung Papier, grauschwarze Federzeichnung, grau laviert Bei der Kuse handelt es sich um eine Stangenwaffe, die von den Hartschieren einer Nobelgarde des Kaisers verwendet wurde. Der Name Kuse kommt aus dem französischen „Couteau“, was Messer bedeutet und daraus lässt sich auch die Herkunft der Waffe vom burgundischen Hof vermuten. Die Waffe diente sowohl als Hieb- als auch als Stichwaffe und hatte eine lange messerartige Klinge. Der hier gezeigte Entwurf für eine Gardekuse Kaiser Rudolfs II. wurde für die Erbhuldigung der niederösterreichischen Stände angefertigt. Auf der einen Seite der Klinge ist die Jahreszahl 1577 sowie die Devise Rudolfs ADSIT, darunter der gekrönte Reichsadler, der in seinem vom Betrachter aus gesehenen linken Fang einen Pfeil mit der Spitze nach unten hält, zu sehen. Unterhalb des Adlers erscheint der Bindenschild. Auf der anderen Seite sind das Monogramm des Kaisers, der Buchstabe „R“ umgeben von den Kroninsignien und das von Ungarn und Böhmen gevierte Wappen dargestellt. Auf dieser Seite befindet sich auch die Signatur HS, auf Grund welcher die Urheberschaft der Zeichnung dem Augsburger Maler Hans Strohmeier zugeschrieben werden kann. IP IV/13 Angehöriger der k. k. Trabanten-Leibgarde um 1790 Signatur: HHStA, Oberststallmeisteramt Sonderreihe 62, fol. 34 Kolorierte Handzeichnung (Abb. 12) Zum Hofstaat des Kaisers zählten auch die Leibgarden, die für die Sicherheit des Kaiserhauses zuständig waren. Die k. u. k. Leibgarde zu Fuß wurde am 1. Juni 1767 in Dienst gestellt und ersetzte die mit 31. Mai aufgelöste Schweizer Garde. Ab 1790 wurde diese Truppe in Trabanten-Leibgarde umbenannt. Es handelt sich dabei nicht um eine Offiziers-, sondern um eine Mannschaftsgarde, die sich vorwiegend aus verdienten Unteroffizieren zusammensetzte. Bis 1840 hatte die Garde ihr Quartier auf der Seilerstätte, danach übersiedelte man in das Gebäude Mariahilferstraße 20. Die Angehörigen der Leibgarde versahen ihren Wachdienst sowohl in der Wiener Hofburg, als auch in den Lustschlössern Schönbrunn und Laxenburg. Neben dem Sicherheitsdienst war es Aufgabe der Garden, den Hof bei 88 offiziellen Anlässen zu begleiten, wobei ihre bunten Uniformen zum prunkvollen Erscheinungsbild des Herrscherhauses beitrugen. Die hier zu sehende Uniform der Leibgarde zu Fuß entspricht noch ganz der Tradition der Schweizer Garde, nur die Farben wechselten von schwarz-gelb zu rot-weiß-schwarz. Mit ihrem blusenartigen Wams, den Pluderhosen mit rotem Beinkleid sowie dem schwarzen Hut mit den rot-weiß-schwarzen Pfauenfedern unterschieden sich die Angehörigen der Leibgarde zu Fuß deutlich von den Mitgliedern der Adeligen Leibgarden. Aus dem schweizerischen Erbe stammte auch die Hellebarde, eine Stangenwaffe aus dem 15. Jahrhundert, die die charakteristische Bewaffnung der Trabanten bildete. IP IV/14 Hoftrompeter um 1790 Signatur: HHStA, Oberststallmeisteramt Sonderreihe 62, fol. 29 Kolorierte Handzeichnung Als Angehörige des Hofstaates trugen die Hoftrompeter bei kirchlichen und weltlichen Festen zur feierlichen, vom Zeremoniell bestimmten, Ausgestaltung bei. Sie kündigten mit ihren Fanfaren das Erscheinen des Herrschers an und waren auch für die musikalische Untermalung der Feste zuständig. Bei den jeweiligen Krönungsfeierlichkeiten kam den Hoftrompetern gemeinsam mit den Hofpaukern eine zentrale Rolle zu. So erfolgte der Einzug in Frankfurt unter ihren musikalischen Klängen, wobei das Hoftrompeter- und Paukerkorps vor dem Wagen des Thronanwärters gehen sollte. Die Ankündigung des Ein- und Austrittes des Herrschers in die Krönungskirche sowie das Te Deum während des Gottesdienstes wurde von den Hoftrompetern intoniert. Um ihren Repräsentationsaufgaben nachkommen zu können, wurden die Hoftrompeter auch mit prächtigen Livreen, die sich bis 1873 von jenen der Mitglieder der Hofkapelle unterschieden, ausgestattet. Auch ihre Musikinstrumente, so waren die Trompeten meist reich verziert und aus Silber hergestellt und mit kostbaren bunten Trompetenschnüren geschmückt, unterstrichen ihre große zeremonielle Bedeutung. Der hier gezeigte Uniformentwurf wurde anlässlich der Krönung Leopolds II. von 1790 angefertigt. IP 89 IV/15 Übersichtsplan der Kapuzinergruft Wien, undatiert Signatur: HHStA, Kartensammlung Mappe Kapuzinergruft AG 42 Papier, kolorierte Zeichnung Die Errichtung der Kapuzinergruft als Begräbnisstätte der Familie Habsburg geht auf eine Stiftung der Kaiserin Anna, Gemahlin von Kaiser Matthias, aus dem Jahr 1622 zurück. Die erste Beisetzung, jene der Stifterin, erfolgte 1633. Ab 1657 erfolgte unter Kaiser Leopold I. eine Erweiterung der Gruftanlage, es entstand die nach dem Kaiser benannte Leopoldsgruft, in der seine drei Ehefrauen und einige seiner früh verstorbenen Kinder ihre letzte Ruhestätte fanden. Der Sarkophag von Kaiser Leopold wurde in der benachbarten Karlsgruft aufgestellt, die ihre heutige Form durch den Erweiterungsbau unter seinen Nachfolgern Joseph I. und Karl VI. bis 1720 erhielt. IP IV/16 Totenbild Kaiser Leopolds I. Wien, 1705 Mai Signatur: HHStA, (ohne Bestandsbezeichnung) Aquarell auf Holz, gerahmt (Abb. 13) Kaiser Leopold I. verstarb am 5. Mai 1705, am Tag danach erfolgten die Sezierung und Einbalsamierung des Leichnams, wobei, wie nach dem habsburgischen Zeremoniell üblich, das Herz und die inneren Organe entnommen und in eigenen Bestattungsgefäßen in der Herzgruft in der Augustinerkirche bzw. in der Herzogsgruft in St. Stephan bestattet wurden. Der einbalsamierte Leichnam wurde dann in der Ritterstube der Hofburg öffentlich aufgebahrt. Die Wände der Ritterstube waren ab 7. Mai zu diesem Zweck mit schwarzem Stoff drapiert, die Leiche des Kaisers lag auf einem Prunktotenbett. Eben diese Szene ist auf dem Totenbildchen zu sehen. Der Kaiser liegt, bekleidet mit dem schwarzen seidenen Mantelkleid, Perücke, Hut, Handschuhen und Degen, auf zwei schwarzen samtenen Polstern. Zu seinen Füßen ist ein silbernes Kruzifix aufgestellt, rechts davon sehen wir Reichskrone, Szepter und die Kollane des Goldenen Vlieses, links davon die ungarische und die böhmische Krone. IP 90 IV/17 Castrum doloris Kaiser Leopolds I. in der Augustinerkirche Wien, 1705 Mai Signatur: ÖStA, Bibliothek Gelb 49 Papier, Kupferstich von Benjamin Kenckel, eingebunden in den XVII Band (1704–1706) des „Theatri Europaei“, Frankfurt am Main 1718 Das Trauergerüst für Kaiser Leopold I. in der Augustinerkirche entstand nach einem Entwurf des kaiserlichen Hofingenieurs Johann Lucas von Hildebrandt. Während der Feierlichkeiten der Exequien war das Castrum doloris, das Trauergerüst, Zentrum der liturgischen Handlung. Hergestellt wurden diese Dekorationen aus Holz, bemalter Leinwand, Gips und Karton, sie sollten die Macht und Größe des Verstorbenen repräsentieren. Erst durch die Anfertigung eines Kupferstiches erhielten die Trauergerüste Denkmalcharakter und erzielten eine Verbreitung in der Öffentlichkeit. IP IV/18 Fußwaschung am Gründonnerstag Wien, 1748. April 11 Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, Konvolut Fußwaschung, fol. 1-7 Druck, deutsch a) Liste der zwölf armen Weiber, an denen Kaiserin Maria Theresia die Fußwaschung vollzogen hat b) Liste der zwölf armen Männer, an denen Kaiser Franz I die Fußwaschung vollzogen hat c) Liste der zwölf armen Weiber, an denen die Kaiserinwitwe Elisabeth Christine die Fußwaschung vollzogen hat d) Dankadresse der zwölf armen Männer Bei der Fußwaschung der Armen am Gründonnerstag handelte es sich um eine der bedeutendsten kirchlichen Zeremonien am Wiener Kaiserhof. Die erste Fußwaschungszeremonie lässt sich für das Jahr 1627 nachweisen: In der Ritterstube der Hofburg wurden zwölf arme Männer und zwölf arme Frauen gespeist und danach vollzogen Kaiser Ferdinand II. und seine Gemahlin Kaiserin Eleonora von Gonzaga die Fußwaschung. Schon damals wurden die Armen neu eingekleidet und mit Geld beschenkt. Die Auswahl der Armen erfolgte einerseits durch den Kammerzahlmeister - er war für die Frauen zuständig - und andererseits durch den Hofburgpfarrer, er 91 suchte die Männer aus. Der Kammerzahlmeister erstellte dann eine Liste mit allen Antragstellern, geordnet nach Alter und unter Angabe von Wohnort und Beruf. Aus dieser Liste wurden dann am Donnerstag nach dem Aschermittwoch die zur Fußwaschung zugelassenen Personen ausgewählt, wobei je Geschlecht zwei Ersatzpersonen zusätzlich aufgenommen wurden. Die Listen der nunmehr zwölf armen Männer und Frauen wurden dann zur Druckerei gebracht, wo im 17. Jahrhundert 1 000 Exemplare, in späterer Zeit bis zu 9 000 Stück, angefertigt wurden. Beamte des Obersthofmeisters überbrachten am Tag vor dem Gründonnerstag diese gedruckten Listen den Mitgliedern der Hofstaaten. Eine Besonderheit dieser gedruckten Listen des 18. Jahrhunderts war es, dass jede Liste eine andere Zierzeile hatte. Neben dem Hofstaat erhielten auch die armen Männer und Frauen je eine gedruckte Liste für den eigenen Gebrauch. Am Gründonnerstag mussten die Armen in der ihnen vom Kaiserhaus geschenkten Kleidung bereits um 6 Uhr 30 in der Hofkapelle erscheinen und besuchten dort den Gottesdienst. Danach gab es für sie und eine Begleitperson ein Frühstück. Nach dem Frühstück wurden die Armen in den Rittersaal der Hofburg oder in die Antecamera der Kaiserin geführt, wo die eigentliche Zeremonie stattfand. Zuerst speisten die Armen gemeinsam mit dem Kaiser und der Kaiserin, erst danach begann die eigentliche Fußwaschungszeremonie: Während der Hofkaplan aus dem Johannesevangelium vorlas, wurde den Männern von dem vor ihnen knienden Kaiser der rechte Fuß gewaschen, getrocknet und geküsst, ebenso machte es auch die Kaiserin bei den Frauen. Abschließend hielt einer der Armen eine Dankesansprache und danach wurden die Teilnehmer noch mit einem aus weißem Leder hergestellten Almosenbeutel beschenkt. Ihren Heimweg traten sie unter Begleitung eines Angehörigen der Leibgarde an, welcher das hölzerne Speisenwandel trug, in welchem sich Teller, Messer, Gabeln, Servietten, Krüge und die Reste des Festmahls befanden. IP IV/19 Ballfest in der Hofburg 1560 Wien unbekannter Meister Signatur: ÖStA, Bibliothek C 229, Nr. 1028 Druck, Papier, gebunden Das große Tanzhaus befand sich auf der Burgbastei zwischen der Burgkapelle und dem Widmer-Turm, es handelte sich nicht um ein aus Stein, sondern aus Holz errichtetes Bauwerk. Im großen Tanzsaal wurden die prunkvollen Ballfeste veranstaltet: Im Zentrum des Bildes ist der paarweise Einzug der Tänzer zu sehen, wobei Hoftrompeter den 92 Zug an der Spitze anführen. Auf der für den Betrachter linken Seite haben sich die männlichen Gäste versammelt, ihnen gegenüber stehen und sitzen die Damen der Hofgesellschaft. Der Saal wird durch Fackeln beleuchtet, welche die Edelknaben in Händen halten. Ganz im Vordergrund, vor der Tanzfläche, sind auf einem Podium die Hoftrompeter und Pauker platziert, die für die musikalische Umrahmung des Balles verantwortlich waren. IP IV/20 Programm für das Rossballett 1667 Jänner Signatur: HHStA, Ältere Zeremonialakten, fol. 5-8 Papier, italienisch Kaiser Leopold I. wollte seine lang geplante Vermählung mit Margarita von Spanien mit allen nur denkbaren Festen und Vorstellungen begehen. So begannen die Vorbereitungen dafür schon gleichzeitig mit der Abreise der Braut aus Madrid. Das aufwendigste Werk war sicher das Rossballett vom 24. Jänner 1667, das im Inneren Burghof aufgeführt wurde. Das schriftliche Programm von „La Contesa dell’Aria e dell’Acqua“, in der deutschen Version als „Sieg-Streit dess Lufft und Wassers“ bezeichnet, stammt von Francesco Sbarra, die Vokalmusik von Antonio Bertalli, die Ballettmusik von Johann Heinrich Schmelzer. Die Choreographie der Ballette besorgte Alessandro Carducci. Für dieses Fest zu Pferde sind fünf Tanzsätze für die Pferde vorgesehen; die Reiter waren der Kaiser selbst, vier Herrn von höchstem Adel, 45 Kammerherrn und ein Page. Dazu kamen natürlich auch Tänzer zu Fuß, Sänger und Musiker mit allen Arten von Instrumenten. Gegenstand des im Titel genannten Streites war die Frage, ob die Perle (= Margarita) von der Luft oder vom Wasser hervorgebracht werde. Auf Seite der Luft kämpfte das Feuer, auf Seite des Wassers die Erde, so dass alle vier Elemente vertreten waren. Die Durchführung dieser Idee konnte nur mit einem enormen Aufwand an „Maschinen“ für die Spezialeffekte verwirklicht werden. So brauchte man vier große Aufbauten zur Darstellung der Elemente, zwei Elefanten, die einen Turm trugen, Wolken die vom Himmel schwebten, einen Sternenhimmel, der sich drehte, sowie ein Schiff, das die „Neuen Argonauten“ brachte. Dazu kamen Wägen mit Trophäen und jede Menge an einheimischen und exotischen Tänzern. Die Darstellung gipfelte im Öffnen einer silbernen Muschel, die eine riesige Perle mit dem Bild der kaiserlichen Braut enthielt. Dazu traten zwölf Genien als Stellvertreter der bisherigen Habsburger Kaiser auf (Cesari Austriaci!!!). Das 93 vierstündige Schauspiel klang mit Lobgesängen auf die große Zukunft des kaiserlichen Hauses aus. ES IV/21 Kupferstich des Rossballetts 1667 Jänner Privatbesitz Papier, Kupferstich (Abb. 15) Das Programm dieses bedeutenden Festes wurde in deutscher und italienischer Sprache gedruckt und mit mehreren Abbildungen einzelner Szenen veröffentlicht. Das vorliegende Blatt zeigt den Aufmarsch der vier Elemente vor dem Tempel der Ewigkeit mit dem jeweiligen Gefolge. Im Vordergrund der Wolkenberg der Luft begleitet von Greifen, der Wassergott Neptun ist von Tritonen umgeben, die Gefährten der Erde sollen Zentauren vorstellen, das Feuer schließlich wird durch Zyklopen symbolisiert. Die Mitte des Platzes nimmt das Schiff Argo mit seiner Mannschaft ein, während vor dem Tempel der Ewigkeit der Kaiser mit dem Wagen der Glorie einzieht. ES IV/22 Versammlungsprotokoll Nationaltheater der Schauspieler am kaiserlichen 1776 April 12-1778 März 6 Signatur: HHStA, Hoftheater Sonderreihe Bd. 57 Papier, deutsch Im März 1776 nahm Kaiser Joseph II. das Theater bei der Burg nach einem Konkurs der Pächter in eigene Verwaltung. Diese Übernahme, in deren Zusammenhang der Ausdruck “Nationaltheater“ verwendet wurde, wird oft als Gründungsdatum des Burgtheaters als einer Sprechbühne für deutschsprachige Stücke angesehen, obwohl auch nach diesem Datum noch italienische Opern aufgeführt wurden. Nach der Eröffnung der neuen Spielzeit am 8. April kamen die Schauspieler wöchentlich zusammen, um die Stücke auszuwählen und die Rollen zu verteilen. Das Protokoll darüber führte der so genannte Wöchner, der 94 Versammlungsleiter. Chef der Schauspieler war seit 1773 Stephanie der Ältere. – Aufgeschlagen sind die Protokolle vom 28. Juni und vom 5. Juli 1776. LA IV/23 Theater am Kaiserhof Wien 1802 Rollenbuch mit Figurinen für ein Theaterspiel am Hofe „L´ Isola di Luciano“ verfasst von Kaiserin Marie Therese Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv Sammelbände 66, fol. 26-42 Papier mit kolorierten Handzeichnungen, italienisch (Abb. 14) Die zweite Frau von Kaiser Franz II. Marie Therese, eine Tochter des König Ferdinands I. beider Sizilien und der Erzherzogin Maria Karolina, war sehr kunstsinnig. Für die gesellige Unterhaltung im Familienkreis schrieb die Kaiserin zahlreiche Theaterstücke, vorwiegend in italienischer und französischer Sprache, da sie Deutsch nur sehr schlecht beherrschte. Bei dem hier gezeigten Manuskript „L´isola di Luciano – Farsa In Due Atti Con Prosa e Musica e Piccolo Ballo Unito“ handelt es sich um ein Theaterstück mit Sprechrollen, Gesang und Balletteinlagen, in welchem die Träume eines Besuchers einer sagenhaften Insel geschildert werden. Das Stück spielt auf der Insel der Träume und beginnt mit einer „Sinfonia“, die den Tagesbeginn charakterisiert. Das Manuskript enthält auch mehrer Kostümentwürfe für die einzelnen Rollen, hier sind aus dem ersten Akt die Figur des türkischen Kriegers und aus dem zweiten Akt die Gestalten eines neapolitanischen Bauernpaares sowie ein Titan, ein Kupido und die Figuren der tanzende Morgenröte und der tanzenden Nacht zu sehen. Kaiserin Marie Therese spielte oft selbst kleinere Rollen in Theateraufführungen bei Hof und trat gelegentlich auch als Sängerin bei Hofkonzerten auf. IP 95 V DAS KAISERTUM ÖSTERREICH UND DAS ENDE DES HEILIGEN RÖMISCHEN REICHES Mit dem Untergang der alten Rechtsordnung in Frankreich im Verlauf der Revolution von 1789 und den Rufen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, geriet auch das Heilige Römische Reich immer mehr unter Druck. Der neuen Form der Kriegführung mit Volksheeren, die national motiviert waren, konnte das Alte Reich nichts Gleichwertiges entgegensetzen. Napoleon I., der einen Großteil Europas in einem beispiellosen Expansions- und Eroberungsdrang unterwarf, diktierte auch die Reichspolitik, wobei der Grundsatz „Macht vor Recht“ galt. Die langwierigen und schwerfälligen Entscheidungsabläufe, bedingt durch die vielen kleinen und größeren Territorien, ebenso wie das Fehlen eines schlagkräftigen Reichsheeres machten sich immer negativer bemerkbar. Der Untergang des Reiches erfolgte von 1792 bis 1806 in mehreren Etappen und ab dem Frieden von Campo Formio 1797 sogar in dramatischer Schnelligkeit. Zunächst mussten die linksrheinischen Gebiete an die französische Republik abgetreten werden. Der zweite Mann im Reich, der Reichserzkanzler und Kurfürst von Mainz, verlor damit sein eigenes Land. Die Entschädigung dafür sollte eine Reichsdeputation treffen, d. h. ein Gremium des Reichstages. Dabei wurden die linksrheinischen Verluste in großzügiger Weise durch Entschädigungen auf dem rechten Rheinufer ausgeglichen. Als Entschädigungsmasse dienten alle geistlichen Territorien und fast alle Reichsstädte, die zu den treuesten Stützen des Reiches gehört hatten. Hauptgewinner waren Preußen, Bayern, Württemberg, Baden und Hessen, die nun nach voller Souveränität strebten. Angesichts dieser Entwicklung geriet auch das Reichsoberhaupt unter Zugzwang. Napoleon, der in Paris 1804 von Papst Pius VII. zum Kaiser der Franzosen gesalbt wurde, schien sich nun anzuschicken, auch das Reich zu übernehmen. Es war daher ein Gebot der Stunde, dass der durch den inneren Verfall des Reiches schwach gewordene römisch-deutsche Kaiser Franz II. ein Zeichen der Gleichrangigkeit setzte und sich am 11. August 1804 zum erblichen Kaiser von Österreich proklamierte. Seinen bildlichen Ausdruck fand dieses doppelte Kaisertum in den neu gestalteten Wappen mit den beiden ineinander geschachtelten Doppeladlern und den übereinander gestapelten beiden Kronen, der ottonischen Reichskrone und der österreichischen Reichskrone (habsburgische Hauskrone). Dazu kam der erstmals als Gesamtstaatssymbol verwendete Rot-weiß-rote Bindenschild, dessen konstitutive Kraft nachfolgend noch mehrmals in der Geschichte Österreichs, nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, erfolgreich benützt werden sollte. 96 Einen letzten Keulenschlag versetzte Napoleon dem in Auflösung begriffenen Alten Reich durch die Gründung des Rheinbundes, der unter seinem Protektorat stand. Der Rheinbund bedeutete durch seine Unterordnung unter Frankreich einen Bruch mit der Reichsverfassung und damit den Austritt seiner Mitglieder aus dem Reich. Die groß und selbstbewusst gewordenen Fürsten des Rheinbundes gaben deshalb ihre alten Reichstitel wie Kurfürst, Herzog, Landgraf oder Markgraf auf und nahmen von Napoleons Gnaden die viel besser klingenden höherrangigen Titel eines Königs oder Großherzogs an. Angesichts dieser Situation sowie eines französischen Ultimatums war es nur konsequent, dass Kaiser Franz II. am 6. August 1806 die Kaiserkrone niederlegte und das Heilige Römische Reich für erloschen erklärte. In dieser Sterbestunde des Reiches schien andererseits die schon zuvor oftmals von österreichischen Herrschern und Staatsmännern erträumte Idee Wirklichkeit zu werden, nämlich durch Zusammenschluss aller habsburgischen Erbländer endlich einen österreichischen Gesamtstaat zu errichten. MG V/1 Die österreichische Monarchie im Jahre 1795 Entworfen und gezeichnet von Joseph Marx Freiherr von Lichtenstern (1765–1828), gestochen von Anton Amon (1761–1798) Signatur: HHStA, Kartensammlung Ke3-2/5 Kupferstich, koloriert Bezeichnet rechts unten: ALLGEMEINE KARTE/DER/OESTERREICHISCHEN MONARCHIE/ Mit Benützung der sichersten und neuesten Beobachtungen/ und Nachrichten der richtigsten geographischen Specialkarten/ und einer Menge verlässlicher Handzeichnungen/ entworfen und gezeichnet/ von/ JOSEPH MARX FREIHERRN VON/ LICHTENSTERN/ VERSCHIEDENER AKADMIEN DER WISSENSCHAFTEN MITGLIEDE/ gestochen von Anton Amon/ UND HERAUSGEGEBEN VON DER KOSMOGRAPHISCHEN GESELLSCHAFT/ WIEN 1795 Die Landkarte der österreichischen Erbländer aus dem Jahre 1795 zeigt in eindrucksvoller Weise einerseits die Verflechtung der Monarchia Austriaca mit dem Reich, andererseits aber auch das Herauswachsen Österreichs aus dem Reich, mit der Zielrichtung in den Südosten Europas. Nur wenige Jahre später sollte diese Tendenz weiter verstärkt und Österreich noch weiter aus dem Reich gedrängt werden. Im Frieden von Campo Formio 1797 musste Österreich die Niederlande (Belgien) an Frankreich abtreten und erhielt dafür die Republik 97 Venedig, 1805 gingen die vorderösterreichischen Gebiete an Württemberg und Baden verloren. MG V/2 Zeitgenössische Deutschland Karikatur auf die politischen Verhältnisse in „Abbildung des jetzigen Politischen L’Ombre Spiels im Hause der Frau Germanien 1757“ Signatur: HHStA, Reichskanzlei, Deduktionen 279 b Papier, Druck, deutsch Das Alte Reich hatte sich seit 1648 immer stärker zu einer Konföderation entwickelt, die durch eine allseits anerkannte Friedens- und Rechtsordnung und durch einige gemeinsame Institutionen zusammengehalten wurde. Dieses relative Gleichgewicht der Kräfte begann in Schieflage zu geraten, als ab 1740 die beiden inzwischen aus dem Reichsverband herausgewachsenen Mächte Preußen und Österreich gegenseitig um die Vorherrschaft im Reich (Dualismus) zu kämpfen begannen und andere europäische Staaten, durch Bündnisse verpflichtet, sich an diesem Gebilde ebenfalls bereichern wollten. Die Karikatur zeigt diese Situation als Glücksspiel im Haus der Frau Germanien: praktisch alle europäischen Mächte sitzen um den Tisch und wollen aus Germanien Profit schlagen. Der preußische Offizier fordert alle Trümpfe, der französische Marquis erklärt nicht verlieren zu können. Frau Germanien steht beiseite und bittet kraftlos, dem Spiel ein Ende zu machen. Zum Schluss tritt noch ein türkischer Nachtwächter hinzu und droht den Spielern zu kommen und die Lichter zu löschen, wenn sie nicht nach Hause gingen. Somit war auch die türkische Gefahr, die Jahrhunderte lang Europa ernsthaft bedroht hatte, mittlerweile zu einem harmlosen Nachwächter geschrumpft. MG 98 V/3 „Bericht von dem dermahligen zerrütteten Zustand der Teutschen Reichsverfassung“ Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, Autor unbekannt Signatur: HHStA, HS Weiß 896 Papier, gebunden, deutsch Der vorliegende Bericht über die Verfassung des Reiches stellt einer von vielen Beispielen dar, wie sich besonders am Ende des 18. Jh. viele Rechtsgelehrten mit diesem Thema auseinandersetzten und Reformvorschläge unterbreiteten. Bei der Verfassung des Heiligen Römischen Reiches handelte es sich nicht um eine formell-rechtliche Verfassung mit entsprechender Gesamturkunde, sondern um eine Sammlung von geschriebenen und ungeschriebenen Rechtsgrundsätzen über den Aufbau und Zusammenwirken des Reichsgebildes und über die Zuständigkeit der zentralen Reichsorgane sowie der einzelnen Mitglieder. Die Reichsgrundgesetze waren: Goldene Bulle 1356, die Deutschen Konkordate 1447, der Ewige Landfriede 1495, die Wormser Reichsmatrikel 1521, die Reichsexekutionsordnung 1555, die Reichskammergerichtsordnung 1555, der Augsburger Religionsfriede 1555, die Reichshofratsordnung 1654, sowie die jeweiligen Wahlkapitulationen des Kaisers, und schließlich die Regelungen der Westfälischen Friedensordnungen 1648. Darüber hinaus wurden auch die jeweiligen Reichsabschiede der Reichstage als Reichsgrundgesetze angesehen. Dieses stark föderative Gebilde mit über 300 Gemeinwesen (große und kleine geist- und weltliche Territorien mit erblichen oder gewählten Monarchen, Stadtrepubliken, Reichsdörfer und Reichsritterterritorien) besaß eine zunehmend schwächer werdende Zentralgewalt, jedoch ein gewähltes monarchisches Oberhaupt und passte in kein staatstheoretisches Verfassungs- und Souveränitätsschema. In den Quellen wird dies treffend mit der Formel „Kaiser und Reich“ zum Ausdruck gebracht, die auf den Dualismus zwischen dem Wahlkaiser und den Reichsständen hinweist. Erst dieses Konglomerat unterschiedlicher Gemeinwesen, die alle irgendwie in das Reich und seine Reichsund Friedensordnung mehr oder weniger eng eingebunden waren, machte das Heilige Römische Reich der Neuzeit aus. MG 99 V/4 Reichsdeputationshauptschluss Regensburg, 1803 Februar 26 Signatur: HHStA, Allgemeine Urkundenreihe 1803 II 26 Druck, 31 Blätter, in gelbem Samteinband mit gelben Seidenbändern, Oblatensiegel, Beglaubigung, deutsch Das hier gezeigte beglaubigte Exemplar vom 26. Februar 1803, eigentlich der Abschied des Immerwährenden Reichstages von Regensburg, stellt das letzte Grundgesetz der Geschichte des Heiligen Römischen Reiches dar, mit dem letztlich seine bisherige Struktur zerstörte werden sollte. Im Frieden von Lunéville 1801 wurde vereinbart, dass die Fürsten des Reiches für die Gebiete links des Rheins, die sie schon 1797, im Frieden von Campo Formio, an Frankreich abtreten mussten, durch andere Reichsgebiete entschädigt werden sollten. Die Entschädigung erfolgte durch die Säkularisation der geistlichen Fürstentümer und die Mediatisierung fast aller Reichsstädte mit Ausnahme von Bremen, Lübeck, Hamburg, Frankfurt, Nürnberg und Augsburg. Während drei der alten Kurfürstentümer (Köln, Trier und Pfalz) mediatisiert, außerdem auch 19 Hochstifte, 44 Reichsabteien und 41 Reichsstädte säkularisiert bzw. mediatisiert und deren Gebiete in einer gewaltigen territorialen Umwälzungs- und Umschichtungsaktion größeren Territorien zugeschlagen wurden, schuf man neue Kurfürstentümer: Salzburg bzw. Würzburg ab 1805, Württemberg, Baden und Hessen-Kassel. Für die territoriale Entwicklung Österreichs ist dabei gesondert festzuhalten, dass ab 1803 das Fürstentum Salzburg den österreichischen Erbländern zugesprochen und vom Land Oberösterreich mitverwaltet wurde. Jedoch wurde dieses Land erst 1849 zum selbständigen Herzogtum und Kronland erklärt und erhielt eine eigene Verwaltung. MG V/5 Patent Kaiser Franz II. über die Annahme des Titels und Wappens eines erblichen Kaisers von Österreich Wien, 1804 August 11 Signatur: HHStA, Staatsrat, Patente und Zirkulare 64 Papierlibell, Druck. Deutsch, slowenisch, italienisch Nachdem Napoleon in Frankreich 1804 ein erbliches Kaisertum errichtet hatte, die bisherige Struktur des Reiches durch den Reichsdeputationshauptschluss 1803 100 weitgehend der Zerstörung preisgegeben war, und außerdem durch die vorangegangenen Gebietsabtretungen die Monarchia Austriaca im Reich ins machtpolitische Abseits zu geraten drohte, geriet der Wiener Hof unter massiven Zugzwang. Intensive Beratungen und Abwägungen aller Vor- und Nachteile führten dazu, dass man glaubte, durch eine Rangerhöhung der habsburgischen Erbländer dem französischen Vorbild folgen zu müssen. In feierlicher Form, jedoch nicht so wie in Frankreich mit einer pompösen Krönungszeremonie, ließ Kaiser Franz die Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Österreich verkünden. Die Reichsfürsten wurden in Kenntnis gesetzt, der Immerwährende Reichstag in Regensburg nur informiert, an die europäischen Höfe wurden Noten geschickt. Um diese Maßnahme als eine rein innerösterreichische zu deklarieren, wurde die Verordnung nicht durch die Staatskanzlei (Außenamt), sondern durch die vereinigte Hofkanzlei ausgestellt. Damit war über die Willenserklärung der Pragmatischen Sanktion hinaus endlich wirklich ein habsburgischer „Gesamtstaat“ geschaffen worden. Diese Entwicklung zeigt auch das neu gestaltete Wappen mit dem Gesamtsymbol des altehrwürdigen Bindenschildes an der Herzstelle des Doppeladlers. MG V/6 Großes Wappen 1804 Wien, 1804 August 11, Beilage zum Patent Signatur: HHStA, Staatsrat, Patente und Zirkulare 64 Papier, Druck, deutsch Der Aufbau des großen Wappens folgt der Abfolge der im Patent festgelegten Titel. Dabei galt es dafür Sorge zu tragen, das Römische und das Österreichische Kaisertum heraldisch so darzustellen, dass das Wappen auch für den Fall bestehen bleiben konnte, dass diese beiden Funktionen nicht mehr in einer Person vereinigt wären: Ein eigenes Wappenbild sollte auch den Complexus Monarchie und die damit verbundene Kaiserwürde – ein anderes das Haus Oesterreich, – und ein drittes das von beiden verschiedene Erzherzogthum und Erbland Oesterreich darstellen. Daher kam es zur Konzeption dieses doppelten Doppeladlers. Dem römisch-deutschen Doppelader wurde ein zweiter Adler mit zwei Köpfen im Rahmen eines Schildes auf die Brust geheftet. Dieser zweite Doppeladler wurde zum österreichischen Doppeladler umfunktioniert und damit klar ist, wer und was gemeint ist, nochmals durch einen Brustschild mit dem rot-weiß-roten Bindenschild bezeichnet. Um jeden Zweifel auszuschalten hat man erstmals in der Geschichte des Alten Reiches die authentische ottonische Reichskrone über den 101 nimbierten Köpfen des Reichsadlers schweben lassen. Die österreichische nunmehrige Kaiserkrone wurde dem Brustschild aufgelegt. Zwei heraldische Novitäten sind dabei besonders festzuhalten, einerseits die Form des österreichischen kaiserlichen Doppeladlers, dessen Köpfe nicht mit Heiligenscheinen (Nimben) versehen waren, um sich vom kaiserlichen Adler des Heiligen Römischen Reiches zu unterscheiden; die Köpfe des Adlers waren gekrönt. Diese Adlerform blieb bis zum Ende der Österreichisch-Ungarischen Monarchie bestehen. Andererseits wurde als Herzschild der rot-weiß-rote Bindenschild verwendet, der hier erstmals im österreichischen Staatswappen als allumfassendes gemeinsames Symbol aller Länder verwendet wird. Dieser Bindenschild hielt sich jedoch nur zwei Jahre in dieser Form, ehe er durch den so genannten genealogischen Wappenschild verdrängt wurde, der die dynastische Konstellation des Erzhauses Habsburg-Lothringen heraldisch-symbolisch besser wiedergab: ein zweimal gespaltener Schild mit den Wappen von Habsburg, Österreich und Lothringen. MG V/7 Großer Siegelstempel 1804 Signatur: HHStA, Typarsammlung n. 96, n. 97, n. 101 Stahl mit 5 mm Silberauflage und stählerner Handhabe Das Siegelbild entspricht ganz dem 1804 geschaffenen Großen Wappen mit der ottonischen Reichskrone und der habsburgischen Hauskrone, nunmehr zum Symbol des österreichischen Erbkaisertums bestimmt. Im Gegensatz zur Reichskrone, die eine authentische Abbildung zeigt, stellt die österreichische Kaiserkrone nur eine heraldische Krone dar. Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurde im offiziellen Wappen die tatsächliche rudolphinische Hauskrone abgebildet. Der Herzschild wird allein auf der Brust des neu geschaffenen österreichischen Doppeladlers getragen. Durch die Nennung von Venedig und Tirol stand das Typar nur bis zum Frieden von Pressburg 1805 in Gebrauch. Um das Wappen sind die Kollanen des Ordens vom Goldenen Vlies und des Ungarischen St. Stephansordens, zwischen diesen das Band und Kleinod des Militär-Maria-Theresien-Ordens angebracht. MG 102 V/8 Kupferplatte mit dem mittleren kaiserlichen Wappen 1804 Signatur: HHStA, Alte Archivbehelfe 520 b Kupferplatte (Abb. 16) Die von Anton Edlen von Weinkopf (?–1808), einem künstlerisch begabten Beamten des Hausarchivs, gestochene Kupferplatte zeigt das mittlere kaiserliche Wappen, wie es 1804 festgelegt wurde: den zweifachen Doppeladler mit dem Bindenschild auf der Brust und den zehn einzelnen Länderwappen, je fünf auf die beiden Adlerflügel verteilt. Abweichend von den im Patent von 1804 festgelegten Wappen der mittleren Kategorie und daher fehlerhaft, erscheinen hier die Schildhalter, die beiden Greifen, die auf einer Konsole stehen. Schildhalter waren nämlich nur für das große Wappen des Kaisertums vorgesehen. Aus diesem Grund dürfte diese Kupferplatte wohl auch nie verwendet worden sein. MG V/9 Napoleon gratuliert Kaiser Franz II.(I.) zur Annahme des Titels eines erblichen Kaisers von Österreich Mainz, 1804 September 23 Signatur: HHStA, Ministerium des k. k. Hauses, Titel und Wappen 2 Papier, eigenhändiges Schreiben mit Unterschrift, französisch Frankreich war die erste Großmacht Europas, die auf die Annahme des österreichischen Kaisertitels reagierte. Napoleon, der sich 1804 selbst zum Kaiser der Franzosen gekrönt hatte, beglückwünscht Kaiser Franz I. zur Erhebung seines Hauses in ein erbliches Kaiserhaus. Dieses Schreiben enthält auch noch eine Pikanterie am Rande, nämlich den gleich an erster Stelle stehenden Ausstellungsort: Mainz (Mayence), die einstige Residenzstadt des Reichserzkanzlers, die wenige Jahre zuvor an Frankreich abgetreten worden war. MG 103 V/10 Ultimatum Napoleons zur Niederlegung der “deutschen“ Kaiserkrone Wien, 1806 August 2 Signatur: HHStA, Frankreich Notenwechsel 18 Papier, mit blauem Heftfaden, französisch Der französischen Botschafters Alexandre François Comte de La Rochefoucauld (1767–1841, Botschafter in Wien 23.Jänner 1805-November 1806) überreichte am 2. August 1806 Kaiser Franz I. (II.) in Wien die Kopie einer Note Napoleons an den Regensburger Reichstag. Nach weit ausholenden historischen Erläuterungen kommt der Kaiser der Franzosen im letzten Teil seines Schreibens zur Sache und erklärt unmissverständlich, dass es in Europa noch nie einen Herrscher gegeben habe, der zwei Kaiserkronen zur gleicher Zeit auf seinem Haupt getragen hätte und er daher auch keinen deutschen Kaiser anerkenne, der zugleich österreichischer Kaiser sei. Die Annahme der österreichischen Erbkaiserwürde 1804 sei für ihn deshalb nur als Übergangsstadium angesehen worden, um dem Haus Österreich die volle Ranggleichheit mit Frankreich zu verschaffen. Angesichts dieser unverhohlenen Drohungen blieb dem Wiener Hof nur die Wahl, einen weiteren Krieg zu riskieren oder die Abdankungsurkunde auszuarbeiten und zu unterschreiben, die schließlich vier Tage später publiziert werden sollte. MG V/11 Erklärung Kaiser Franz II. über die Niederlegung der römischdeutschen Kaiserkrone und die Auflösung des Reichsverbandes Wien, 1806 August 6 Signatur: HHStA, Familienurkunden 2207 Papierlibell in rotem Samteinband, 10 Blätter, 2 Lacksiegel unter schwarz-gelber Seidenschnur; Wachssiegel in Siegelkapsel an goldener Siegelschnur, deutsch (Abb. 18) Beginnend mit der französischen Revolution 1789 und den anschließenden Koalitionskriegen sowie durch den schon länger schwelenden preußischösterreichischen Antagonismus war auch das Alte Reich immer mehr in die Krise geraten und den Anforderungen der Zeit nicht mehr gewachsen. Weder konnte es der modernen Kriegsführung einen adäquaten Widerstand bieten, noch seinen Mitgliedsländern ausreichend Schutz gewähren. Die Auflösungstendenzen, die zwar schon im ganzen 18. Jahrhundert latent vorhanden waren, erfuhren ab 1797 eine dramatische Beschleunigung, als die Gebiete links des Rheins abgetreten werden mussten, und der Kurfürst von Mainz und Erzkanzler des Reiches von 104 seinem Sitz und Kernland vertrieben wurde. Die weiteren Keulenschläge, wie die vernichtende Niederlage gegen Frankreich 1805, die Lossagung des Rheinbundes vom Reich 1806 und die Drohung einen Norddeutschen Bund zu gründen, ließen dem Wiener Hof keinen Spielraum mehr. Unter dem massiven französischen Druck blieb Kaiser Franz II. nichts weiteres übrig, als hier zum letzten Mal den Titel und das Siegel eines römisch-deutschen Kaisers zu gebrauchen, die Kaiserkrone niederzulegen und den Reichsverband für aufgelöst zu erklären. Mit wohl durchdachten und juristisch ausgefeilten Worten wurde ein Dokument veröffentlicht, das weder von Abdankung noch von Verzicht sprach, sondern von der Niederlegung der kaiserlichen Würde und dem damit erloschenen Reich. Damit sollte das etwaige Fortführen des Kaisertums unter Napoleon unmöglich gemacht werden. Ebenso wurden die Verbindungen der österreichischen und böhmischen Länder mit dem Reich gelöst und ihre Einheit mit den übrigen Erbländern im Österreichischen Kaisertum bekräftigt. In einer weiteren Erklärung, die der ersten beigebunden wurde, löste Kaiser Franz II. die Reichsverwaltung auf, wobei er jedoch betonte, dass das Personal, soweit möglich, in die österreichische Verwaltung eingegliedert werden würde. Lediglich das Personal des Reichskammergerichts werde in die Obhut der Kurfürsten und Stände entlassen. MG V/12 Kaiser Franz II. im Ornat des römisch-deutschen Kaisers Frankfurt 1847 Signatur: ÖStA, Bibliothek C-336: Albert Schott/Karl Hagen: Die Deutschen Kaiser nach den Abbildungen des Kaiser-Saales im Römer zu Frankfurt am Main in Kupfer gestochen und in Farben ausgeführt Druck (Abb. 17) Der Römer in Frankfurt am Main ist eigentlich das Rathaus der freien Reichsstadt, zugleich aber ein Gebäude, das mit der Wahl und Krönung der römisch-deutschen Könige in engem Zusammenhang steht. Seitdem König Ferdinand I. seinen Sohn Maximilian 1562 in Frankfurt hatte wählen und krönen lassen, folgten alle Nachfolger diesem Vorbild (Ausnahme Rudolf II. und Joseph II.). Nach der Königswahl, die in einer Seitenkapelle (Konklave) der St. Bartholomäuskirche, auch Dom genannt, stattfand, trat der gewählte Kaiser im vollen Krönungsornat, die Reichskrone auf dem Haupt, den feierlichen Geleitzug in den Römer an, wo das Krönungsmahl im großen Festsaal abgehalten wurde. Vor ihm ging das Kurfürstenkollegium, dessen weltliche Fürsten die Reichsinsignien: den Apfel, das Schwert und das Szepter, trugen. Dieser Festsaal wurde im 105 19. Jahrhundert mit den Bildern aller Kaiser des römisch-deutschen Reiches von Karl dem Großen bis Franz II. geschmückt. Die aufgeschlagene Abbildung zeigt Kaiser Franz II. nach der Wahl in der Bartholomäuskirche. Der neu gewählte Kaiser wurde im Krönungsornat vor dem Altar gesalbt und gekrönt, bevor er im feierlichen Zug über den freien Platz zum Festsaal im Römer schritt und dort das Krönungsmahl einnahm. MG V/13 Schaffung eines neuen Hofstaates für das Österreichische Kaisertum Baden, 1806 August 17 Signatur: HHStA, Neuere Zeremonialakten 1, Konv. 1806, fol. 67 f. Papier, deutsch Mit dem Patent vom 6. August 1806 war nicht nur das römisch-deutsche Reich endgültig zu Ende gegangen, sondern es musste auch der damit verbundene Hofstaat aufgelöst werden. Der neue österreichische Kaiser Franz I. schreibt an den Obersthofmeister Fürst Starhemberg, dass er sich mit dem Außenminister Graf Stadion ins Einvernehmen setzen solle, um mit ihm zusammen ein Gutachten zu erstellen, ob nach der Niederlegung der römisch-deutschen Kaiserwürde die Schaffung eines neuen österreichischen Hofstaats nötig sei. Zum Hofstaat des Kaisers werden alle Würdenträger, Funktionäre, Ämter, Institutionen und Verwaltungen gerechnet, die sich in ihrer Gesamtheit sowohl um die Person des Herrschers als Staatsoberhaupt und obersten Kriegsherrn, als auch um seine weiteren Funktionen als Familienoberhaupt und Privatmann zu sorgen hatten. Genau genommen war Wien sowohl der Sitz des Reichs-Hofstaates, als auch des österreichisch-erbländischen Hofstaates gewesen, eine strenge Trennung zwischen diesen beiden war jedoch - bewusst oder unbewusst – nie erfolgt. Der Bericht des Obersthofmeisters fiel dementsprechend aus: Das Gebäude der Reichshofkanzlei sei auf österreichischem Boden errichtet und der kaiserlichen Majestät zugehörig, weshalb durch die Auflösung des Reiches kein Anspruch der Reichsstände auf die Reichskanzlei erwachse. Schon Maria Theresia hätte dem Reichsvizekanzler zur Zeit Karls VII. seine Wohnung in der Hofburg weggenommen und ihrem Staatskanzler gegeben. Aus den beiden Reichsherolden wurden österreichischkaiserliche Herolde, da sie ohnehin schon seit jeher nicht aus dem Reichskassenfonds bezahlt wurden, sondern aus der österreichischen Staatskasse. Ebenso wenig änderte sich bei den Uniformen und Livreen sowie bei allen öffentlichen Symbolen, da bei der Annahme der österreichischen Kaiserwürde 106 ebenso der schwarze Doppeladler im goldenen Feld verwendet wurde. Salopp gesagt: „Schwarz-Gelb blieb Schwarz-Gelb“. MG V/14 Die Reichskleinodien der österreichischen Monarchie Wien 1847 Signatur: ÖStA, Bibliothek W 6013: Austria. Oesterreichischer Universal-Kalender für das gemeine Jahr 1847 Papier, Druck Das neu geschaffene Kaisertum Österreich benötigte für seine symbolische und herrscherliche Darstellung eine Reihe von Abzeichen der Macht, die aus dem Fundus der bestehenden oder ganz neu geschaffen wurden. Zu den Reichskleinodien sind nicht nur die kaiserlich und erzherzoglich-österreichischen, sondern auch die königlich-ungarischen, böhmischen und lombardischen Insignien zu zählen, die jeweils mit eigenen Kronen, Zepter, Schwert und Mantel auf der Tafel gruppiert sind. Im § 4 des Patents vom 11. August 1804 war festgehalten worden, dass erst in Zukunft die Feierlichkeiten bestimmt werden sollten, welche bei der Krönung zum erblichen Kaiser stattzufinden hätten. Pläne für eine derartige Krönung und Diskussionen darüber gab es immer wieder. Auch die Reichsverfassung vom 7. März 1848 sah in § 12 die Krönung vor, und der Innenminister Bach war sogar beauftragt worden, ein Krönungszeremoniell auszuarbeiten. Jedoch fand letztlich bis zum Ende der Monarchie 1918 keine österreichische Kaiserkrönung statt. Krönungen zu Königen erfolgten dagegen mehrmals: Kaiser Ferdinand I. zum König von Ungarn 1830, zum König von Böhmen 1836 und zum König von Lombardo-Venetien 1838. Kaiser Franz Joseph I. wurde 1867 und Kaiser Karl I. 1916 zum König von Ungarn gekrönt. Obwohl 1865 und 1871 eine böhmische Krönung unmittelbar bevorzustehen schien, kam es jedoch bis zum Ende der Monarchie nicht mehr dazu. MG 107 VI SYMBOLE UND STRUKTUREN Wenn man sich mit den Symbolen des Heiligen Römischen Reiches beschäftigt, denkt man an erster Stelle wohl an die Reichskrone, die von allen Herrschaftszeichen der römisch-deutschen Könige, die zugleich auch Kaiser waren, die größte Bedeutung, ja sogar sakralen Charakter, erlangt hat. Zusammen mit Reichsapfel, Zepter, Reichsschwert und Krönungsornat gehört sie zu den wichtigsten Insignien des Reiches, die bei Königs- bzw. Kaiserkrönungen verwendet wurden. Ungleich häufiger und dadurch der Reichsbevölkerung weit geläufiger war jedoch ein anderes Symbol, der doppelköpfige mit Heiligenscheinen versehene Reichsadler. Diese Form des Doppeladlers war seit der Krönung Sigismunds zum Kaiser, 1433 in Rom, zum offiziellen Symbol des Kaisers und damit auch des Reiches geworden. Deshalb erfuhr das Doppeladler-Reichswappen ab dem 14. Jahrhundert bei allen Reichsstädten und Hansestädten, aber auch bei Reichsstiften eine flächendeckende Verbreitung. Dabei wurde das unveränderte Stadtwappen einer Reichsstadt dem Reichswappen entweder als Herzschild aufgelegt, oder die beiden Wappenschilde wurden neben- oder übereinander angebracht. Diese Kombination war jedenfalls ein beliebtes Medium, um die Reichsunmittelbarkeit der Reichsstädte zum Ausdruck zu bringen. In Österreich erhielten den Reichsadler Wiener Neustadt, Krems und Wien verliehen. Eine weitere Erscheinungsform erfuhr das Doppeladler-Reichswappen durch seine ikonographische Ausgestaltung zum Quaternionenadler. Dabei wurden auf die ausgebreiteten Adlerflügel Vierergruppen von Wappen der Reichsstände gelegt, um sie solcherart als Struktur- und Gliederungselemente zu benutzen. Diese unterschiedlichen Doppeladlerformen waren innerhalb von Gebäuden oder auf Hausfassaden, auf Münzen, in Publikationen oder auf Gegenständen der verschiedensten Art angebracht, repräsentierten auf diese Weise das Reich und schufen bewusst oder unbewusst ein Zusammengehörigkeitsgefühl, vielleicht sogar eine gewisse Reichsidentität. Der Umfang und die Grenzen des Heiligen Römischen Reiches veränderten sich seit dem Mittelalter zwar immer wieder, jedoch blieb das deutschsprachige Gebiet, die Kernzone, im Wesentlichen unverändert. Während die Grenzen im Norden, zum Herzogtum Schleswig, das vom dänischen König regiert wurde, und im Osten und Süden des Reiches Jahrhunderte hindurch die gleichen blieben, wurde das Reich im Nordwesten, Westen und Südwesten zunehmend zurückgedrängt. Wenn man die Geschichte der Westgrenze betrachtet, so zeigt sich, dass sich diese immer mehr nach Osten verschob. Das Reich wurde auf diese Weise immer kleiner und 108 damit weniger universell. Es verlor dadurch zunehmend französischsprachige, 1801 auch deutschsprachige Teile. Trotzdem umfasste es auch noch nach 1648 neben Deutschland und Österreich Gebiete, die heute zu Polen, Tschechien, Slowenien, Italien, Liechtenstein, der Schweiz, Frankreich, Luxemburg und Belgien gehören. Daher könnte man auch noch bis zum Ende des Reiches von einer Art Mitteleuropa der Regionen mit einer Bevölkerung verschiedener Nationalitäten und Sprachen sprechen. MG VI/1 Die Stände des Heiligen Römischen Reiches a) Kalenderblatt: „Almanach auff das Jahr nach der Gnadenreichen Geburt Jesu Christi MDLVIIII. Im 1. Jahr der Regierung Leopoldi I.“ Augsburg 1659 Drucker Andreas Aperger, im Verlag des Marx Antoni Hannas Signatur: HHStA, Kartensammlung Ke3-6/9 Kupferstich, Papier Das Kalenderblatt zeigt in der Mitte die Monats- und Tageseinteilung einschließlich aller astronomischen Abläufe: Sternzeichen, Mondphasen, Sonnenund Mondfinsternisse. Um den Kalenderblock sind die Kurfürsten und ausgewählte Fürsten des Heiligen Römischen Reiches in Porträtdarstellungen abgebildet. Die obere Randleiste zeigt ein Porträt Kaiser Leopolds I. flankiert von den allegorischen Figuren der Weisheit und Standhaftigkeit. In den beiden oberen Ecken sind links der kaiserliche Doppeladler und rechts der österreichische Bindenschild platziert. Dieses Kalenderblatt stellt eine reduzierte Variante des so genannten Quaternionenschemas dar, das oft für die Darstellung des Reiches und seiner Führung verwendet wurde (siehe unten). b) Blätter mit dem Kaiser im Krönungsornat und auf dem Thron sitzend. Die anderen Blätter enthalten jeweils vier (quatuor) Figuren und ihre Wappen, die den hierarchischen Aufbau der Stände des Reiches in Quaternionen repräsentieren sollen. 19. Jahrhundert Signatur: HHStA, HS Weiß 1083 b Kolorierte Handzeichnungen, Papier (Abb. 19) 109 fol. 2 – der Kaiser im Krönungsornat fol. 3 – der Kaiser auf dem Thron sitzend fol. 4 – Die sieben Kurfürsten Die 3 geistlichen Kurfürsten Fig. 1 Erzbischof von Trier, Erzkanzler von Frankreich Fig. 2 Erzbischof von Köln, Erzkanzler von Italien Fig. 3 Erzbischof von Mainz, Erzkanzler des Reichs Die 4 weltlichen Kurfürsten Fig. 4 König von Böhmen, Mundschenk Fig. 5 Pfalzgraf bei Rhein, Truchseß Fig. 6 Herzog von Sachsen, Oberstmarschall Fig. 7 Markgraf von Brandenburg, Kämmerer fol. 5 Die 4 Herzoge zu: Schwaben, Braunschweig, Bayern, Lothringen Die 4 Markgrafen zu: Meißen, Mähren, Baden, Brandenburg fol. 6 Die 4 Landgrafen zu: Thüringen, Hessen, Leuchtenberg, Elsaß Die 4 Burggrafen zu: Magdeburg, Nürnberg, Rheineck, Stromberg fol. 7 Die 4 Grafen zu: Schwarzburg, Cleve, Cilli, Savoyen Die 4 Ritter von: Andlau, Mellingen, Strundeck, Frauenberg fol. 8 Die 4 Freiherrn zu: Limburg, Thusis von Raro, Westerburg, Aldenwald Die 4 Hauptstädte: Augsburg, Metz, Aachen, Lübeck fol. 9 Die 4 Reichsdörfer: Bamberg, Schlettstatt, Hagenau, Ulm Die 4 Bauern: Köln, Regensburg, Konstanz, Salzburg Zeit seines Bestehens wurde im Heiligen Römischen Reich geführt über den „Status imperii“diskutiert, ob dieser nun als Monarchie oder Aristokratie, als Bundesstaat oder Staatenbund, oder eben nur als „Monstrum“ .ohne juristisch eindeutig greifbaren Verfassungsrahmen anzusehen sei. Die Vorstellung, wer und was das „Reich“ eigentlich sei, war für seine Bewohner des 15. bis 18. Jahrhunderts nur schwer begreifbar und erfahrbar. Das Reich war im Grunde nur an wenigen, geographisch verstreuten Punkten präsent: am Kaiserhof in Wien, in der Wahlstadt Frankfurt, am Sitz des Reichskammergerichts in Wetzlar, am 110 Aufbewahrungsort der Reichsinsignien in Nürnberg, an den zunächst wechselnden Orten (zumeist Reichsstädten) der Reichstage, bzw. dann am Immerwährenden Reichstag in Regensburg. Hier erklärend einzugreifen und Darstellungsweisen zu entwickeln, wie der hierarchische Aufbau zu verstehen sei, wie die Organe des Reiches funktionierten, war die Absicht vieler zeitgenössischer Publikationen. Auf Flugblättern, Kalendern, Bildern, Fresken und in Abhandlungen der verschiedensten Art wurde das Reich als Schiff, als Uhr, als Organismus, als Schachspiel oder eben auch anhand des sog. „Quaternionenschemas“ dargestellt. Eine weite Verbreitung erfuhr der Quaternionenadler, der das Quaternionenschema auf den ausgebreiteten Flügeln eines Doppeladlers zeigt, auf den so genannten Reichshumpen. Dieses Schema steht im Zusammenhang mit der Entstehung des Kurfürstenkollegs im Rahmen der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. 1356. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang die symbolische Zahl Vier, die sich auf alle Ebenen erstreckt. Beginnend mit den vier weltlichen Kurfürsten über die Vierzahl der deutschen Stämme (4 Herzöge) bis hinunter zu den vier Mark-, Land- und Burggrafen, Rittern, Freiherren, Städten, Dörfern und Bauern. MG VI/2 Atlas mit den Kreisen des Heiligen Römischen Reiches Nürnberg 1737, Verlag des Johann Baptist Homann Signatur: ÖStA, Bibliothek MB 2902 a Der Kartograph und Kupferstecher Johann Baptist Homann (1664–1724) gründete 1702 in Nürnberg einen Verlag für Landkarten, der bald zum führenden deutschen Unternehmen der Kartographie wurde. Seine Karten waren mit reichem künstlerischen Beiwerk sowie historischen und ethnographischen Abbildungen ausgestattet. In dem 1737 gedruckten Atlas ist das Blatt mit den Kreisen des Heiligen Römischen Reiches aufgeschlagen. Die Reichskreise wurden unter Maximilian I. Anfang des 16. Jahrhunderts geschaffen und umfassten zunächst sechs, seit 1512 zehn Kreise. Geographisch vom Südosten ausgehend handelt es sich um den Österreichischen, Bayerischen, Schwäbischen, Fränkischen, Oberrheinischen und Kurrheinischen, dann weiter im Westen den Burgundischen, NiederrheinischWestfälischen, sowie im Norden den Niedersächsischen und Obersächsischen Reichskreis. Böhmen war ein kreisfreies Gebiet. Die Reichskreise waren regionale Selbstverwaltungskörper mit folgenden Aufgaben: Sicherung des allgemeinen Landfriedens, Wahl der Richter des Reichskammergerichts und Vollstreckung der Urteile dieses höchsten Gerichts, Umsetzung der Beschlüsse des Reichstages, 111 Erhebung der Reichssteuern, Aufstellung und Ausrüstung der Kontingente für das Reichsheer sowie Regelung des Münz- und Geldwesens. MG VI/3 Fahnenträger Signatur: ÖStA, Bibliothek B 2357 Holzschnitte auf Papier, gebunden (Abb. 20) Wappen des Heyligen Römischen Reiches Teutscher Nation als keyserlicher und königlicher Mayestät, auch der Churfürsten, Fürsten, Grafen, Freyherrn, Rittern und mehrer theil Stätt, so zu dem Reich (in Teutschen Land gelegen) gehören und gehört haben […] Die erste Auflage dieses Werkes kam unter dem Namen von Jacob Köbel, Stadtschreiber von Oppenheim, in der Druckerei von Cyriakus Jacobi in Frankfurt am Main 1545 heraus. Offenbar war das Interesse an dieser Publikation so groß, dass der Buchhändler Sigmund Feyerabendt 1579 eine neue Auflage herausbrachte. Diese Ausgabe beginnt mit einer Erklärung der Wappenkunst und erläutert die Struktur der Reichsstände. Der eigentliche Wert des Buches liegt jedoch in den darin enthaltenen 144 Blättern des Zeichners und Formenschneiders I. K., dessen Name nicht bekannt ist, dem aus stilistischen Gründen die Herkunft aus Straßburg zugelegt wird. Offenbar hatte Feyerabendt die Druckerei C. Jacobi übernommen und konnte mit den Originaldruckstöcken weiter arbeiten. Jedes dieser Blätter zeigt einen Fahnenschwinger in Landsknechtmontur in ganzer Figur – oft von der Fahne verdeckt – in verschiedenen Stellungen, meistens vor dem Hintergrund einer stilisierten Landschaft; auf der Fahne wird das Wappen des im Titel angegebenen Reichsstandes wiedergegeben. Die letzten Seiten tragen keine Überschriften und die betreffenden Fahnen sind leer geblieben. ES VI/4 Schreiben von Reichsständen an das Kaiserpaar Signatur: HHStA, Habsburg-Lothringisches Hausarchiv, Familienkorrespondenz B Papier und Pergament Der als Familienkorrespondenz B bezeichnete Fonds enthält die zwischen den europäischen Souveränen üblicherweise ausgetauschten Höflichkeitsschreiben, also 112 etwa die Ankündigung von Geburten, Hochzeiten und Todesfällen innerhalb der betreffenden Familien (Notifikationsschreiben), Gratulationen zu Namenstagen oder die pünktlich eintreffenden Glückwünsche zum Neuen Jahr. Die hier erfassten Briefe sind ausnahmslos an den Kaiser oder die Kaiserin gerichtet. Die äußere Ausstattung und die Länge der Briefe variieren je nach dem gerade herrschenden freundlichen oder feindlichen Verhältnis im Bereich der politischen Beziehungen. Gelegentlich wird betont, wie sehr „des Heiligen Reiches getreue Stände“ über die gute Gesundheit des Kaisers erfreut sind (z. B. Charlotte Sophie Herzogin von Kurland, Äbtissin in Herford im Dezember 1701). ES VI/5 Aquila Austriaca 1657 Signatur: ÖStA, Bibliothek Gelb 193 Druck Paulus Fürst, Kunsthändler in Nürnberg [1657] Papier, Kupferstich Das Werk bietet eine historische Beschreibung und Abbildung aller römischen Kaiser und Könige aus dem Haus Habsburg von Rudolf I. bis zur Krönung Leopolds I. Jeder Herrscher ist mit einem Porträtmedaillon, jeweils zwei kleinen Bildchen mit Szenen aus seinem Leben oder seiner Zeit und einem 4 bis 6-zeiligen lateinischen Sinnspruch von verschiedenen Poeten versehen. Einige der Porträts sind mit “Jac. ab Heyden sculpsit“ signiert. Das Titelblatt zeigt innerhalb eines Säulenaufbaus den Doppeladler und die Reichskrone, dazu das Wappen von Ungarn und den Bindenschild. In die Reihenfolge der Herrscher wird auch der sonst nicht vorkommende Ferdinand IV. aufgenommen. ES 113 ANHANG Abkürzungen Abb. Abt. Art. Bd. Bez. bzw. ca. f./ff. FHKA fol. gest. HHStA hrsg. HS Inv. Jh. KA Kat. k. k. Konv. k. u. k. KA Nr. ÖStA S. SB u. a. u. ö. v. veröff. Vgl./vgl. z. B. 114 Abbildung Abteilung Artikel Band Bezeichnung beziehungsweise cirka folgend/folgende Finanz- und Hofkammerarchiv Folio gestorben Haus-, Hof- und Staatsarchiv herausgegeben Handschriftensammlung Inventar Jahrhundert Kriegsarchiv Katalog kaiserlich-königlich Konvolut kaiserlich und königlich Kriegsarchiv Nummer Österreichisches Staatsarchiv Seite Sammelband und andere und öfter von veröffentlicht Vergleiche/vergleiche zum Beispiel Abb. 1 Goldene Bulle (Kat. Nr. I/6) 1806_Tafelteil_gross1.indd 1 31.03.2006 11:21:08 Abb. 2 Karl IV (Kat. Nr. I/7) 1806_Tafelteil_gross1.indd 2 31.03.2006 11:21:12 Abb. 3 Huldigungsprotokoll 1705 (Kat. Nr. I/22) 1806_Tafelteil_gross1.indd 3 31.03.2006 11:21:15 Abb. 4 Wunderzeichen (Kat. Nr. I/15) 1806_Tafelteil_gross1.indd 4 31.03.2006 11:21:15 Abb. 5 Westfälischer Friede (Kat. Nr. II/6) 1806_Tafelteil_gross1.indd 5 31.03.2006 11:21:18 Abb. 6 Friede von Lunéville (Kat. Nr. II/13) 1806_Tafelteil_gross1.indd 6 31.03.2006 11:21:22 Abb. 7 Germania hilft Hungaria (Kat. Nr. III/3) 1806_Tafelteil_gross1.indd 7 31.03.2006 11:21:24 Abb. 8 Entsatz von Wien (Kat. Nr. III/9) 1806_Tafelteil_gross1.indd 8 31.03.2006 11:21:25 1806_Tafelteil_gross1.indd 9 31.03.2006 11:21:29 Abb. 9 Ratifikation von Karlowitz (Kat. Nr. III/15, b) Abb. 10 Prinz Eugen (Kat. Nr. III/16) Abb. 11 Wiener Hofburg (Kat. Nr. IV/2) 1806_Tafelteil_gross1.indd 10 31.03.2006 11:21:31 Abb. 12 Trabantenleibgardist (Kat. Nr. IV/13) 1806_Tafelteil_gross1.indd 11 31.03.2006 11:21:33 Abb. 13 Leopold I. (Kat. Nr. IV/16) Abb. 14 Theaterfigurinen (Kat. Nr. IV/23) 1806_Tafelteil_gross1.indd 12 31.03.2006 11:21:38 Abb. 15 Rossballett (Kat. Nr. IV/21) 1806_Tafelteil_gross1.indd 13 31.03.2006 11:21:42 Abb. 16 Mittleres Wappen 1804 (Kat. Nr. V/8) Abb. 17 Franz II. im Krönungsornat (Kat. Nr. V/12) 31.03.2006 11:21:45 1806_Tafelteil_gross1.indd 14 Abb. 18 Niederlegung der Kaiserkrone (Kat. Nr. V/11) 1806_Tafelteil_gross1.indd 15 31.03.2006 11:21:51 Abb. 19 Thronender Kaiser (Kat. Nr. VI/1, b) Abb. 20 Fahnenträger Regensburg (Kat. Nr. VI/3) 31.03.2006 11:21:53 1806_Tafelteil_gross1.indd 16