Schulfernsehen Schulfernsehen Leben in der Rotte - Wildschweine Ein Film von Otto Hahn Beitrag: Udo Hampl Inhalt Der Siegeszug des Schwarzwilds Im Jahr 1980 erlegten Bayerns Jäger knapp 3.000 Wildschweine, mittlerweile werden jährliche Abschusszahlen von über 60.000 gemeldet. Sauen gehören zu den einheimischen Tieren, die sich in den letzten Jahren auffallend stark vermehrt haben. Verglichen mit anderen Säugetierarten ist das Vermehrungspotential der Schwarzkittel, die sich an die aktuellen Umweltbedingungen perfekt anpassen können, enorm. sekten, Amphibien und Reptilien. Gelegentlich werden Kleinsäuger ausgegraben, manchmal fallen ihnen sogar Bodenbrüter zum Opfer. Das bedeutet, dass das Vordringen der Wildschweine auch Auswirkungen auf andere Tierarten zeitigt. Besuch im Sauenrevier Eingebettet in den Jahresablauf gibt der Film Einblicke ins Leben der Wildschweine. Wir zeigen den Nestbau im Winter, die Aufzucht und Pflege der Jungen im Frühling und Sommer, die Paarungszeit im Herbst. Daneben stellen wir die Sauen als typische Säugetiere vor, die ein Glied in der Lebensgemeinschaft des Waldes bilden. Auch die ökologischen und ökonomischen Folgen des Populationsanstiegs werden beleuchtet. Wildschweine besiedeln zunehmend neue Lebensräume, sie tauchen vermehrt in Gartenanlagen auf, verwüsten Friedhöfe, verursachen Verkehrsunfälle und suchen die Wiesen und Maisfelder der Bauern heim. Selbst jagdkritische Stadtbewohner fordern inzwischen eine konsequente Regulierung der Bestände. Die Wildsau - ein Allesfresser Wildschweine schätzen - sehr zum Leidwesen der Landwirte - pflanzliche Nahrung. Sie benötigen aber auch tierisches Protein und vertilgen In© Bayerischer Rundfunk Fakten Merkmale des Wildschweins Die Körperlänge beträgt 110-155 cm, der Schwanz ist dünn, etwa 15-20 cm lang, die Schulterhöhe bei starken Ebern beträgt bis knapp 1 m, das Gewicht erreicht 50-190 kg bei Keilern (Ebern) und 35-160 kg bei Bachen (Weibchen). Gebietsweise werden die Wildschweine aber noch erheblich stärker und erreichen etwa in den Karpaten ein maximales Gewicht von 350 kg. Dagegen sind die südeuropäi1 Schulfernsehen schen Wildschweine kaum halb so groß. Sie folgen einer bekannten Klimaregel, wonach Bestände einer Art in wärmeren Gebieten kleinere und leichtere Tiere hervorbringen als in kälteren Zonen. Schulfernsehen Der Anteil der tierischen Kost bewegt sich in der Regel unter 10%. Gefressen werden Wirbellose (Würmer, Insekten, Larven etc.), Aas, Säugetiere (Mäuse, junge Hasen und Rehkitze etc.), Bodenbrüter, Amphibien und Reptilien. Fortpflanzung der Wildschweine Wildschweine paaren sich im Winter zwischen November und Januar. Die Brunft wird als “Rauschzeit” bezeichnet. In Gestalt und Aussehen kann man das Wildschwein mit keiner anderen frei lebenden Tierart Europas verwechseln. Seine Farbe schwankt zwar zwischen fast schwarz, braunrot und isabellfarben, aber das ist zum Teil auch auf die vorherrschende Bodenfarbe der Gegend zurückzuführen, denn die Wildschweine suhlen sich gern. Jungtiere tragen eine charakteristische Längsstreifung und werden “Frischlinge” genannt. Die Eber übertreffen die Sauen oder Bachen an Gewicht beträchtlich und fallen besonders durch die mit zunehmendem Alter immer weiter hervortretenden Eckzähne (Hauer) auf. Die unteren wachsen leicht bogenförmig nach oben, während sich die oberen aufbiegen und dann parallel zu den unteren gerichtet stehen. Sie stellen gefährliche Waffen dar, da sie scherenartig wirkende, scharfe Kanten tragen und mit großer Wucht geschlagen werden. Die Anwesenheit von Wildschweinen verrät mitunter auch ihr ausgeprägter Geruch, den man bei günstigem Wind schon über eine ziemliche Entfernung feststellen kann. Auch die typischen Wühlstellen zeugen von ihnen. Nahrung der Wildschweine Wildschweine sind typische Allesfresser mit einem breiten Nahrungsspektrum. Die Nahrungswahl richtet sich nach dem saisonalen Angebot und ist abhängig vom jeweiligen Biotop. Pflanzliche Nahrung überwiegt. Unter natürlichen Bedingungen bildet die Waldmast ( Eicheln und Buchnüsse) die Grundnahrung. Seit jeher werden auch Feldfrüchte (Mais, Kartoffeln, Weizen, Hafer, Äpfel, Trauben etc.) in einem erheblichen Ausmaß gefressen. © Bayerischer Rundfunk Nach einer Tragzeit von 16-20 Wochen bringt die Bache 4-12 Junge zur Welt. Sie bereitet hierfür eine Art Nestmulde vor, die mit weichem Pflanzenmaterial ausgepolstert, manchmal mit Astwerk überdacht wird. Die Jungen sind helldunkel gestreift. Ihre Augen sind offen, und sie folgen der Mutter, sobald sie trocken sind. Heftig streiten sie sich um die ergiebigsten Zitzen, bis sich nach einigen Tagen eine Rangordnung festigt. Nun hat jeder Frischling seinen Platz. Kleine Junge wie die der Schweine sind bei spärlicher Behaarung ziemlich wärmebedürftig. Sie brauchen die Bache viel mehr als andere Paarhuferjunge ihre Mutter. Die Mutterfamilie hält deshalb eng zusammen. Etwa 3 Monate lang werden die Frischlinge gesäugt, dann nehmen sie feste Nahrung zu sich. Mit einem halben Jahr sind sie schon recht selbständig. Nach etwa 10 Monaten bekommen sie die Färbung der Erwachsenen und werden nun als “Überläufer” bezeichnet. Wildschweine können in freier Wildbahn bis zu 20 Jahre alt werden. 2 Schulfernsehen Lebensraum der Wildschweine Wildschweine richten keine besonderen Ansprüche an ihren Lebensraum. Sie meiden nur ganz offenes Gelände ohne jegliche Deckung und die Hochlagen im Gebirge. Sie fehlen in England und Skandinavien. Wegen intensiver Bejagung, der die Wildschweine ausgesetzt sind, stellt sich ihr heutiges Verbreitungsgebiet recht lückenhaft dar. Zudem schwanken ihre Bestände von Jahr zu Jahr ziemlich stark, so dass es schwerfällt, ein genaueres Bild ihrer Verbreitung zu zeichnen. Es deckt sich gegenwärtig im wesentlichen mit den größeren Waldgebieten, in welchen die Tiere Schutz und Nahrung finden. Feuchte Laub- und Laubmischwälder bilden zweifellos die günstigsten Lebensräume, weil die Wildschweine dort leicht nach Nahrung wühlen und die herbstliche Mast an Eicheln und Bucheckern nutzen können. Auwälder stellten früher sicher die Zentren ihrer Verbreitung dar, aber dieser Waldtyp ist heute in Mitteleuropa nahezu vernichtet. Fichtendickungen im Flachland und im Mittelgebirgsbereich ersetzen jetzt die Auen als Rückzugsgebiete und gewährleisten, dass sich dieses Wild trotz aller Nachstellungen noch immer erfolgreich in unserer Kulturlandschaft behauptet. Schulfernsehen rend die weiblichen Frischlinge im Familienverband bleiben, werden die Frischlingskeiler mit dem Erreichen der Pubertät von der Mutter aus der Gruppe vertrieben. Die von den eigenen Müttern aus der Rotte ausgestoßenen Überläuferkeiler schließen sich dann zunächst selbst zu kleinen Rotten zusammen. Mit Beginn der Paarungszeit, die vom November bis in den Januar dauert, werden auch diese jungen Keiler zu Einzelgängern. Sie betrachten einander als Rivalen und liefern sich heftige Kämpfe. Da die Überläuferkeiler jedoch auch das Revier ihrer ursprünglichen Rotte verlassen müssen, wird so auf natürliche Weise die Gefahr von Inzucht weitgehend vermieden. Gegen die starken, erwachsenen Keiler aber haben die Überläuferkeiler, die sich nur vereinzelt mit gleichaltrigen Bachen paaren können, kaum eine Chance. Sie werden von ihnen aus der Nähe paarungsbereiter Bachen vertrieben. Selbst Frischlingskeiler, die ihre gestreifte Schutzfärbung bereits verloren haben, werden von ihnen angegriffen. Nur die an ihrer Streifenfärbung eindeutig als Frischlinge erkennbaren Keiler bleiben unbeachtet. Lebensweise, Sozialverhalten der Wildschweine Soziale Rangfolge Wildschweine leben gesellig in Familienverbänden, die in der Jägersprache Rotten genannt werden. Den Kern dieses Verbandes bildet die Muttersau, die Bache, mit ihren Jungen, den Frischlingen. Nur diese Frischlinge stehen bis zum Alter von vier Monaten außerhalb der strengen Rangordnung und dürfen sich Älteren gegenüber respektlos benehmen, tragen aber unter sich schon spielerische Kämpfe aus. Ab dem achten Lebensmonat jedoch wird aus dem Spiel Ernst. Jetzt müssen sich auch die Frischlinge ihren Rang erkämpfen und in die Rotte einordnen. Etwa drei Monate nach Festlegung der Rangfolge gibt es allerdings nochmals eine Veränderung. Alle männlichen Tiere aus dem letzten Frischlingswurf werden von den gleichaltrigen Bachen auf den niedrigsten Rang verwiesen. Weitere Tiere können sich dieser Gruppe mehr oder weniger locker anschließen. Auch die vorjährigen Jungtiere bleiben nicht selten mit im Verband, bis sie geschlechtsreif werden. Wäh© Bayerischer Rundfunk Die stärksten Keiler jedoch tragen untereinander erbitterte Kämpfe aus. Mit durchdringenden Kampfschreien galoppieren sie aufeinander los, schlagen mit den Köpfen aneinander und versuchen, sich zu überrennen oder durch Schulterstemmen umzuwerfen. Aber nur selten werden die gefährlich spitzen, scharfkantigen Eckzähne eingesetzt. Zwar sind die Kämpfenden häufig mit blutenden Wunden bedeckt, doch kommt es kaum je zu ernsthaften oder tödlichen Verletzungen, da erwachsene Keiler von der Schulter bis zur letzten Rippe einen Schutzpanzer aus mehrere Zentimeter dicker, verhärteter Schwarte tragen, der oft noch durch zwischen den Borsten eingetrocknetem Baumharz verstärkt wird. Meist 3 Schulfernsehen enden die Kämpfe damit, dass der Schwächere aufgibt und das Feld räumt. Im Gegensatz zum Menschen aber bringt ein Wildschwein einen Artgenossen niemals mit Absicht um. Die Rotte ist somit stets mütterlicherseits miteinander verwandt. Es besteht eine feste Rangordnung, die älteste erfahrenste Bache führt die Rotte an. Sie wird in der Regel auch zuerst rauschig (paarungsbereit). Ausgehend davon findet eine “Brunftsynchronisation” statt, alle fortpflanzungsfähigen Weibchen werden etwa zur selben Zeit paarungsbereit. In der Folge davon sind auch alle Jungtiere der Rotte mehr oder weniger gleich alt. Dies erhöht die Überlebenschance der Frischlinge und somit den Fortpflanzungserfolg der Rotte. Schulfernsehen Selbstaufgabe verteidigt, sie beim leisesten Quieken säugt und wärmt und ständig bewacht. Und die Jungen, die von klein auf spielerisch wild herumtoben, halten sich immer in der Nähe ihrer Mutter. Der Kontakt zwischen Mutter und Frischlingen ist sehr eng und wird durch ständige soziale Körperpflege, das “Putzen”, noch verstärkt. Zwar schließen sich Frischlinge führende Bachen mit anderen Muttertieren und deren Frischlingen zusammen und putzen auch diese und lassen sie sogar saugen, aber sie kennen ihre eigenen Kinder sehr genau. Paarungsverhalten So rabiat Wildschweinkeiler im Rivalenkampf miteinander umgehen, Bachen gegenüber sind sie nahezu zärtliche Liebhaber, umkreisen sie grunzend, beschnüffeln und belecken sie eingehend, stupsen sie sanft in die Flanken und beknabbern zärtlich ihre Rüssel, bevor sie sich mit der aufnahmebereiten Bache paaren. Und die Bache lässt sich das mit angehobenem Bürzel völlig unbeweglich gefallen. Sobald jedoch die Rauschzeit vorüber ist, verschwindet der Keiler, der vorher weite Strecken zurückgelegt, sich oft mit bis zu acht Bachen gepaart, kaum geruht und gegessen und stark an Gewicht verloren hat, aus der Rotte und wird wieder zum Einzelgänger. Aufzucht der Jungen Nach einer Tragzeit von etwa 112 bis 140 Tagen je nach Alter der Bachen - werden in der Regel fünf bis sechs Frischlinge geboren, bei jüngeren Müttern weniger, oft nur zwei. Die Frischlinge, die bei der Geburt das charakteristische gelblichbraune Streifenfell tragen, das erst mit dreieinhalb Monaten verblasst, bleiben in den ersten Lebenstagen dicht aneinandergeschmiegt im sorgsam von der Mutter gebauten Wurfkessel. Wenn die Mutter sich für kurze Zeit entfernt, deckt sie ihre Jungen fürsorglich mit Nistmaterial zu. Sie ist auch sonst eine vorbildliche und aufopferungsvolle Mutter, die ihre Jungen bis zur © Bayerischer Rundfunk Sobald sich nach anfänglichen Rangeleien um die ergiebigsten Milchquellen nach etwa drei Wochen eine feste Saugordnung herausgebildet hat, bleibt jeder Frischling zitzentreu. Doch obwohl sie rund drei Monate gesäugt werden, beginnen sie gleich nach dem Verlassen des Wurfkessels mit ihren kleinen Rüsseln im Boden zu wühlen und nehmen schon nach vierzehn Tagen auch Würmer und Käfer und weichere Pflanzenteile zu sich. Sie lernen also schon früh, Zusatznahrung aufzunehmen, so dass es ihnen gar nicht schwerfällt, sich selbst zu ernähren, wenn die Muttermilch versiegt. Allerdings ist trotz der Fürsorglichkeit der Mutter die Frischlingssterblichkeit verhältnismäßig hoch, obwohl Wildschweine, die mit acht bis zehn Monaten geschlechtsreif werden, durchschnittlich ein Alter von fünfzehn bis zwanzig Jahren erreichen können. Nur etwa die Hälfte der Frischlinge überlebt die ersten sechs Monate. Sie sterben an Erkältungs- und Wurmkrankheiten, durch Verletzungen und in zunehmendem Maße durch Unfälle mit Autos beim Überqueren von Straßen. Lebensweise, Lebensräume Die einzelnen Gruppen halten sich an feste Einstände, wenn sie nicht zu stark gestört oder verfolgt werden. Dorthin ziehen sie sich tagsüber zurück, ruhen in der Deckung oder suhlen sich in 4 Schulfernsehen Schlammpfützen. Gegen Abend wird die Rotte munter und zieht zur Nahrungssuche aus. Vorsichtig nähern sich die Tiere dem Waldrand, stets nach allen Seiten sichernd. Dabei können sie sich erstaunlich leise bewegen, während sie sonst, bei Flucht etwa, mit großem Getöse durchs Dickicht brechen. Wird die Nahrung knapp, streifen sie weit umher und suchen neue, günstigere Futterstellen. Sie laufen meist im Kreuzgang oder in einem leichten Trab. In voller Flucht fallen sie in einen bockigen Galopp, den sie aber nur kurze Strecken, meist bloß ein paar hundert Meter, durchhalten. Sie schwimmen sehr gut und besiedelten daher auch Inseln in breiten Strömen oder in Seen. Entdecken sie besonders ergiebige Nahrungsgründe, sammeln sich mitunter größere Mengen von Wildschweinen dort an. Das war beispielsweise in den Donauauen zur Zeit der Eichelmast der Fall. Die Rotten halten dann nur noch geringen Abstand voneinander und geben Auseinandersetzungen, die sonst für eine stärkere Verteilung im Gebiet sorgen, ganz auf. Die Gruppen selbst bleiben aber bestehen. Die einzelnen Mitglieder kennen sich persönlich und halten über quiekende und grunzende Rufe miteinander Verbindung. Das Wildschwein bringt recht unterschiedliche Stimmlaute hervor, die der erfahrene Wildschweinkenner durchaus zu deuten versteht. Der Gesichtssinn dagegen spielt bei den Schweinen eine untergeordnete Rolle. Mit ihren kleinen Augen sehen sie schlecht, und sie verlassen sich mehr auf ihr Gehör und auf ihre empfindliche, rüsselförmige Nase. Sie dient auch zum Wühlen, wenn die Wildschweine nach Würmern, Insektenlarven, Knollen (Kartoffeln oder andere stärkereiche Speicherwurzeln) oder Pilzen suchen. Die fast scheibenförmige Schnauze ermöglicht einerseits das Aufbrechen der Erde, andererseits den gleichzeitigen Einsatz des Geruchsorgans. (Hausschweine, die ja allein vom Wildschwein abstammen, lassen sich zu besonderen Leistungen abrichten, etwa auf das Suchen und Aufspüren von Trüffeln!) Wildschweine schätzen Hautkontakt mit Artgenossen. Sie lagern zusammen, reiben sich die Schwarte und putzen sich auch gegenseitig. Oft liegen sie so dicht aneinandergeschmiegt, dass man als Beobachter Mühe hat, die einzelnen Körper zu unterscheiden. Die bei den Keilern stark ausgebildeten Hauer dienen nicht nur zum Kampf gegen Rivalen, sondern auch zur Abwehr von Feinden. Die Tiere sind sehr wehrhaft und, in die Enge getrieben, auch recht angriffslustig. Am gefährlichsten aber sind jungeführende Bachen einzuschätzen, die © Bayerischer Rundfunk Schulfernsehen schon manch harmlosen Spaziergänger oder Beerensucher angegriffen und verletzt haben. Durch Wildschweine verursachte Schäden für die Landwirtschaft W ahrscheinlich werden landwirtschaftliche Kulturen seit Beginn des Ackerbaus vom Schwarzwild heimgesucht. Die Feldmast ist für die Ernährung und somit für die Verbreitung des Schwarzwildes von entscheidender Bedeutung. Im Gegensatz zum Rehwild kommt den Wildschweinen die Umstrukturierung der Landwirtschaft zu gute: Der Verlust von offener Weidefläche zu Gunsten des Ackerlandes bedeutet für das Schwarzwild neue Nahrungsquellen. So ist parallel zur rasanten Ausdehnung der Maisanbauflächen der Schwarzwildbestand ebenfalls angewachsen. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen der Zahl der Wildschäden in der offenen Flur und der Anzahl der Wildschweinabgänge. Rund 90 Prozent der Ackerschäden lassen sich direkt oder indirekt (in Folgekulturen) auf den Maisanbau zurückführen. Der Rest verteilt sich auf Kartoffeln und das übrige Getreide in der Milchreife. Die Hauptschadensperioden sind die Zeit der Aussaat und der Milchreife, sowie in den Folgekulturen das Frühjahr, wenn die Wildschweine die im Boden verbliebenen Reste der Maisernte gezielt ausgraben. Neben den Fraßschäden werden in den Sommermonaten zunehmend auch die hohen Kulturen als Tageseinstände oder Wurfplätze benutzt. Dies vor allem dort, wo in den umliegenden Wäldern häufig Störungen (Freizeitrummel) vorkommen. Dabei scheinen die Sauen darauf zu achten, dass die Randzonen der Felder nicht zerstört werden, die Wechsel und zertretenen Einstände werden oft erst bei der Ernte bemerkt. Das Wildschadensrisiko vergrößert sich, je näher die Parzelle am Waldrand liegt. In (Natur-) Wiesen und Weiden suchen die Wildschweine regelmäßig, am häufigsten im Frühjahr, nach Mäusen, Regenwürmern und Insektenlarven, um den Bedarf an tierischem Eiweiß zu stillen. Frische bis nasse, humose Böden werden 5 Schulfernsehen Schulfernsehen dabei bevorzugt. Besonders gefährdet sind beweidete oder stark vermauste Flächen in der Nähe des Waldes. Kurzportrait der Wildschweine Klasse: Säugetiere (Mammalia) Ordnung: Paarhufer (Artiodactyla) Familie: Altweltliche Schweine (Suidae) Gattung und Art: Sus scrofa L Größe, Merkmale: Körper 1,30 bis 1,80 m, Schwanz 0,15 bis 0,20 m lang; Schulterhöhe 0,80 bis 1 m; Gewicht 50 bis 180 kg; starke männliche Tiere 2 m lang und 320 kg schwer Langgestreckte Schnauze mit Rüsselscheibe; ausgewachsene männliche Tiere mit großen Eckzähnen im Oberkiefer und im Unterkiefer; dichtes, borstiges Fell, dunkel graubraun gefärbt; Frischlinge gelbbraun, dabei rotbraun längsge- streift, bekommen im Alter von etwa 10 Monaten die Färbung der erwachsenen Tiere Ernährung: Allesfresser; wühlt mit dem Rüssel den Boden um und frisst Eicheln, Bucheckern, Wurzeln, Pilze, Farnkraut, Würmer, Engerlinge, Fische, Frösche, Schlangen, Vogeleier, Jungvögel, Aas und Abfälle Fortpflanzung: Paarungszeit in Europa von November bis Januar; Tragzeit rund 4 Monate; 4 bis 8, selten bis 13 Frischlinge in einem Wurf; Gewicht bei der Geburt 350 bis 1200 g; Wurfzeit im März und April; 1 Wurf im Jahr; die Frischlinge werden 3 bis 4 Monate gesäugt und sind mit 18 Monaten geschlechtsreif Vorkommen: Bevorzugter Lebensraum sind Laub- und Mischwälder; vom Tiefland bis 4.000 m Höhe anzutreffen; über Teile Europas und das mittlere und südliche Asien verbreitet; in Nordund Südamerika und in Australien als jagdbares Wild eingeführt und verwildert Didaktische Hinweise Die Sendung kann in den Fächern Biologie und PCB ab der 5. Jahrgansstufe eingesetzt werden. Lernziele Die Schülerinnen und Schüler sollen • die wichtigsten Stationen im Leben der Wildschweine auflisten und beschreiben; • die Wildschweine als typische Säugetiere sowohl im Körperbau als auch in ihrem Verhalten kennzeichnen; • Wild- und Hausschwein miteinander vergleichen; • Wildschweine als wildlebende einheimische Waldtiere erfahren; • Ursachen für ihre starke Vermehrung herausfinden und die Folgen abschätzen. Anregungen zur Unterrichtsgestaltung Im Folgenden wird eine Einsatzmöglichkeit für die 5. Jahrgangsstufe vorgestellt: Den Schülern sind aus Vorstunden bereits einige Haustiere bekannt. Während der Motivationsphase wird nun der Begriff “Haustier” problematisiert. Die Frage, welche dieser Urformen heute noch bei uns vorkommen, mündet direkt in die Zielangabe: Wildschweine Bevor der Film zum Einsatz kommt, sollen die Schüler in Form von Fragen äußern, was im Film zu sehen sein soll. Diese werden stichwortartig an die Tafel geschrieben. Der nun zum Einsatz kommende Film kann in Gruppenarbeit, aber auch in Form des Frontalunterrichts ausgewertet werden. Die Arbeits- und Beobachtungsaufträge werden den Schülern/Gruppen bereits vor Beginn des Films gegeben. © Bayerischer Rundfunk 6 Schulfernsehen Schulfernsehen Bei der Gruppenarbeit werden die Schüler der Klasse in fünf Gruppen aufgeteilt. Es sollte darauf geachtet werden, dass innerhalb der Gruppen im Team gearbeitet wird. Wie das gemeinsam erarbeitete Gruppenergebnis vorgestellt wird - ein oder mehrere Sprecher, gesamte Gruppe... -, bleibt den einzelnen Gruppen selbst überlassen. Besonderes Augenmerk ist auf die Gruppe 3 zu legen: Sie soll sich nicht nur auf das Auflisten von Begriffen beschränken, sondern mit Hilfe der Jägersprache kurz auf das Verhalten der Tiere einge hen: Rotte - Leben in der Gruppe, Weibchen mit Jungen Keiler - leben meist als Einzelgänger, usw. Nach dem Vortrag der Gruppe 3 wird die Tafelanschrift in “Wildschweine - Leben in der Rotte" ver vollständigt. In der Schlusszusammenfassung kann man auf die eingangs formulierten Fragen zurückkommen. Als Transfer dient das Problem, ob die gefundenen Ergebnisse auch auf andere Tiere, nicht nur Haustiere, übertragen werden können. Beobachtungsaufträge Gruppe 1 Beschreibt den Lebenslauf eines Wildschweins! Gruppe 2 Nennt möglichst viele Merkmale, die das Wildschwein als Säugetier kennzeichnen! Mit welchen Sinnesorganen nehmen sie die Umwelt wahr? Gruppe 3 Im Film kommen auch Begriffe aus der Jägersprache vor. Schreibt sie auf und erklärt sie euren Klassenkameraden! Gruppe 4 Vergleicht Wild- und Hausschwein miteinander. Welche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede könnt ihr feststellen? Gruppe 5 Sucht nach Ursachen dafür, dass sich die Wildschweine in den letzten Jahren so stark vermehrt haben. Welche Folgen hat ihre starke Vermehrung? Internettipp http://www.wildschweine.net/ © Bayerischer Rundfunk 7