Parteienfinanzierung und deren Auswirkun gen auf innerparteiliche

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Anton Kofler
Parteienfinanzierung und deren Auswirkun­
gen auf innerparteiliche Strukturen, darge­
stellt am Beispiel der ÖVP
1. Grundsätzl iches\
Die Behauptung, wonach die Kanäle, durch die das Geld in die Politik fließt, uner­
forschlich seien2) , kann in ihrer ganzen Schärfe zwar nicht mehr aufrechtge­
halten werden; ein weitverbreitetes Unbehagen über die Finanzierung der Par­
teien ist jedoch nicht zu leugnen; inwieweit sie allerdings tatsächlich das größte
ungelöste Problem der Demokratie isP), soll die vorliegende Arbeit aufzuzeigen
versuchen.
In Österreich gibt es bislang keine wissenschaftlichen Untersuchungen, son­
dern lediglich einige Presseberichte, die - vielleicht auch auf Grund parteipoliti­
scherÜberlegungen -zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen gelangen4). lnter­
essanterweise sind die durch das Inkrafttreten desParteiengesetzes5) veränder­
ten Finanzstrukturen der Parteien noch nicht untersucht worden, wie überhaupt
ein mangelndes Problembewußtsein in der Öffentlich keit und den Parteien fest­
gestellt werden kann. Eine mögliche Begründung dafür kann in der Interessen­
gleich heit der Parteien gesehen werden6), die nach mehreren Wah lkämpfen zu
Beginn der 70er Jahre an " chronischem Geldmangel " litten 7).
Um zu einer "Theorie der Parteienfinanzierung " zu gelangen, wäre auch eine
Untersuchung längerer Zeiträume bei gleichbleibenden äußeren Bedingungen
nötig; es steht außer Zweifel, daß verallgemeindernde Aussagen lediglich hypo­
thetischen Charakter besitzen, da sie in der Realität durch Ereignisse wie neue
G esetze, Wahlkämpfe oder veränderte Machtstrukturen vielfach überlagert
werden. G ründlichere Untersuchungen werden erst dann möglich sein, wenn
die Parteien ihren Anspruch auf innerparteiliche Demokratie8) auch bezüglich
ihrer Rnanzquellen ernst nehmen würden und damit Zugang zu bislang verbor­
genem Material gefunden werden könnte. Die positiven Auswirkungen auf eine
1) Die vorliegende Arbeit ist die Zusammenfassung einer Diplomarbell, die unterder Betreuung von Unlv. Prof. Dr.
AnIon Pelinka Im Oktober
1 979 an der Universitat Innsbruck vorgelegt wurde.
2) Eschenburg, Theodor, Zur politischen Praxis in derBundesrepublik, Band zwei, R. Piper & Co., MOnchen 1961,
S.242.
3) Hard, Alexander, The Costs of Democracy, Garden City 1 962, S. 378.
4) s. Feichtlbauer, Von den Betragen der Mitglieder lebt keine Partei, in: KURIER vom 26. 8. 1976, oderBesenbOck,
Induslrielle schmieren VP-Wahllokomotive, in: Arbeilerzeilung vom
23. 3. 1974.
5) Parteiengesetz, BGBI. 404/1975.
6) Pelinka, AnIon, Parteienfinanzierung Im Parteienstaat, In: Khol-Stlrnemann ( Hrsg.), Osterr. Jahrbuch fOrPolitik,
1 977, Wien-MOnchen 1 978.
7) s. PRORL, Oktober 1970, S. 23.
8) s.lnterview mit dem damaligen Bundesparteiobmann derOVP, Dr. Schleinzer, in: Osterreichische Zeitschrift fOr
Politikwissenschaft,
1 /74, S. 1 7 ff.
361
Demokratie könnten beachtlich sein, wenn dieses Thema nicht mehr den
Nimbus des Geheimen und Unergründlichen besäße.
Trotz unzähliger Gespräche und I nterviews9) kann diese Arbeit wegen des
kurzen Untersuchungszeitraums nur eine situative und z.T. rudimentäre
Momentaufnahme des Finanzwesens der ÖVP liefern. Dennoch wurde stets ver­
sucht, einen Zusammenhang zwischen Finanzierungsformen und innerpartei­
lichen Strukturen herzustellen. Wo jedoch derartige Hypothesen formuliert
werden, wird stets auf das E m pirieproblem hingewiesen werden, um nicht die
Existenz gesicherter wissenschaftlicher Aussagen vorzutäuschen.
2. Defi nition und Fun ktion einer Partei
Es muß deutlich gemacht werden, daß etwa die Frage nach der Zweckmäßigkeit
von staatlichen Finanzierungsformen oder der (Un)-Bedenklichkeit von Spen­
den völlig untersch iedlich beantwortet werden muß, je nachdem ob man den
Parteien eine staatstragende Rolle zuerkennt 1 0 ) oder sie lediglich aisWahlverein
betrachtet11 ).
Ein Rückzug auf verfassungsrechtliche Positionen dürfte wenig zur Klärung bei­
tragen, da die österreichische Verfassung keine normativen Ansprüche an die
Parteien stellt 1 2 ).
Es ist daher nach einer Definition zu suchen, die die bedeutende Rolle der Par­
teien in der österreich ischen politischen Realität ausreichend berücksichtigt,
ohne sie zugleich als "Träger der Verfassung" schlechthin anzusehen. In einer
den Anliegen dieser Arbeit gerecht werdenden Definition wird - unter Berück­
sichtigung neuerer systemtheoretischer und organisatoristheoretischer Arbei­
ten 1 3) - demzufolge eine Partei als Subsystem eines Systems bezeichnet, das
versucht, zusammengefaßte individuelle Interessen zweck- und zielgerichtet
zum Ausdruck zu bringen 14 ).
Diese Vorstellung beinhaltet sowoh l das kurzfristige Motiv der Gewinnung von
Macht als auch längerfristige Bestrebungen, mittels gewonnener Macht eigene
Interessen durchzusetzen bzw. als Katalysator unterschiedlicher Interessen zu
9) Als Informationsgrundlage der Arbeit sind folgende Untersuchungen und Unterlagen anzusehen:
- Befragung der 93 8ezirl(sparteisekretare IROcklaufquote 4 3%)
- Befragung der 27 Landessekretare der TeilorganisatIon n der OB9. Ows und OMB (ROckl ulQuot 30%)
- Kurzbefragung der Mitglieder des Bundesfinanzausschusses
- schriftliches Material der Politischen Akademie der ÖVP
- Materialien Offent/lcher Inst,Mionen (Parlament. Ministerien . .. ) .
10) s. Stenographisches Protokoll der 150. Sitzung des Nationalrats, 1 3. Gesetzgebungsperiode. S. 1459511.,
oder etwa Schulungsunterlage der Politischen Akademie: .Aufbau und Arbeitsweise der ÖVP', o.J.
11) Schleth, Uwe, Parteifinanzen, Eine Studie Ober Kosten und Finanzierung der Parteitatigkeit, zu deren politi­
scher Problematik und zu den MOglichkeiten einer Reform, Verlag Hain, Meisenhelm am Glan, 1973 S 6, oder:
Sternberger, Dolt, Wir wollen keinen politischen Klerus, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 30. 11. 1959.
12) Aufdiesen Umstand wurde bereits Ofters hingewiesen, so etwa bei Pelinka/Welan, Demokratie und Verfassung
in Österreich, 1 971, S. 1 71 .
13) MOh le,sen, Hans-Dtto, Organisationstheorie und Parteienforschung, in: Jager, Wollgang (Hrsg.), Partei und
System, Verlag Kohlhammer, 1 973, S. 59.
14) Diese Definition wurde - auf Parteien abgewandelt - übernommen aus: Hill/Fehlbaum/Ulrich, Organisations­
lehre 1 , Verlag Paul Haupt, Bern 1 976, S. 20 11.
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wirken. Außerdem ist durch eine derartige Aussage noch keinerlei Präjudizie­
rung getroffen, ob denn eine Partei auf Grund ihrer Aufgaben förderungswürdig
erscheint; vielmehr wird davon auszugehen sein, daß einer Partei zwar wichtige
Aufgaben im Rahmen einer funktionierenden Demokratie zukommen, sich die
Notwendigkeit einer staatlichen Finanzierung aber keinesfalls mit deren staats­
tragenden Charakter begründen läßt. Im Gegenteil, es wird zu prüfen sein,
welche Finanzierungsform für die Organisationsstruktur und innerparteiliche
Partizipation am ehesten geeignet scheint, ohne sich stetsaufhöhere " demokra­
tische Argumentationsebenen" zurückzuziehen müssen.
3. Die Finanzierung der ÖVP
3.1 . Allgemeines
I m Bereich der Finanzierung einer Partei, der " zielentsprechenden Gestaltung
des Zahlungsbereiches" 15), wird eine Definition vorgeschlagen, die sowohl
theoretischen Mindestansprüchen genügen als auch der Forderung nach ent­
sprechender empirischer Überprüfbarkeit gerecht werden kann. Wir unter­
suchen die Einnahmen monetärer und geldwerter Art, die einer Partei aIsOrgani­
sation zufließen, sowie deren periodische bzw. wahlkampfspezifische Aus­
gabenstruktur; dabei muß betont werden, daß sich lediglich die Kosten der Partei
als Gesamtorganisation untersuchen lassen, nicht aber die Kosten, die der
Gesellschaft aus der Parteientätigkeit erwachsen, die sog. " costsof democracy" .
Um eine Einbeziehung der Finanzierungsformen in politische "Systemüber­
legungen" vorzunehmen, können wir davon ausgehen, daß die Aufgaben der
Parteien auch finanzielle Mittel erfordern. Die finanzielle Basis muß so ausgestat­
tet sein, daß sich die Vorhaben realisieren lassen, andererseits muß aber sach­
fremder und undemokratischer Einfluß von außen abgewehrt werden 1 6).
Gerade an dieser Überlegung scheitern aber moderne Großparteien: Bedingt
durch moderne Management-Methoden, umfassende Public-Relations-Aktio­
nen und eine ständige Aufgabenerweiterung ist eine explosionsartige Kosten­
steigerung erfolgt, der keine entsprechende G estaltung der E innahmenstruktur
folgen konnte. Es ist allgemein bekannt, daß die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträ­
gen zur Deckung der Aufwendungen nicht annähernd ausreichen 1 7).
Über die Abdeckung der restlichen finanziellen Erfordernisse bestehen große
Differenzen, da bislang keine allgemein akzeptierte Lösung gefunden werden
konnte.
15) Schneider, Dieter, lnveslition und Finanzierung, Opladen 1 964, unterscheidet auch zwischen interner und ex­
terner Finanzierung, was allerdings für eine Partei irrelevant ist, S. 1 6911.
16) vgl. Wicha, Barbara, Parteienfinanzierung aus öffentlichen Mitteln, Sch riftenreihe derOsterreich ischen Gesell­
schaft fOr Politik, die darin das oberste Ziel jeder Finanzierungsform sieht, Wien, o.J., S. 44.
17) So gelingt es der OVP trotz einer sehr hohen Mitgliederzahl, nurea. 35% ihres Budgets aus Mitgliedsbeitragen
aufzubringen; fOr die deutschen Parteien hat Schleth einen Prozentsatz von etwa 25% festgestellt.
363
Auf diese grundsätzliche Problematik muß angesichts der Verharmlosungsver­
suche " in Österreich, wo eine öffentliche Bewußtseinsbildung nicht stattgefun­
den hat und etwa das Parteiengesetz nach einstündiger Diskussion verabschie­
det wurde, aufmerksam gemacht werden'8).
�
Auch für die Parteien scheintsich lediglich die Frage nach einem Meh ran Finanz­
mitteln zu stellen, ohne daß die schwerwiegenden Einwendungen gegen ver­
"
schiedene Quellen beachtet würden. Einem naiven "Wachstumsfetischismus
folgend, treten ständigeAusgabensteigerungen ein, ohne daß bislang ernsthafte
Reduzierungsüberlegungen angestellt worden sind.
Es darf nicht verkanntwerden, daß die Finanzierung einerGroßpartei nicht isoliert
betrachtet werden kann; vielmeh r bestehen auch Rückwirkungen auf den politi­
schen Prozeß; so haben etwa Fragen nach Zentralisierungstendezen, dem
Machtzuwachs der Verantwortlichen, der Zementierung des innerparteilichen
" Status-Quo�, der Chance von Machtwechsel oder der Förderung des Innova­
tionspotentials, die direkt oder indirekt mit Finanzierungsformen zusammenhän­
gen, gerade angesichts gewisser bedenklicher Erscheinungen in modernen
Parteiensystemen besondere Bedeutung erlangt'9).
Man kann wohl von der Hypothese ausgehen, daß "zu einerdemokratischen Par­
tei auch eine demokratische Finanzierung gehört"20).
3.2. Statutarische Regelung
Die sch riftliche statutarische Regelung des Finanzwesens dürfte wohl in umge­
kehrt proportionalem Umfang zur tatsächlichen Bedeutung stehen, da sich das
Bundesparteiorganisationsstatut (BPOSt) lediglich in vier Punkten mit dieser
Frage beschäftigt: h insichtlich der Wahl des Bundesfinanzreferenten, seiner
Aufgaben, der Einnah mekategorien und der Finanzorgane sowie deren Überprü­
fung durch die Bundesfinanzprüfer. Trotz scheinbar exakter Bestimmungen in
den Statuten und der Finanz-und Beitragsordnung bietet sich ein unüberschau­
bares und verworrenes Bild. Zum einen sind gewaltige finanzielle Unterschiede
zwischen den territorialen und funktionalen Bereichen festzustellen, sowohl was
die Höhe der zur Verfügung stehenden Gelder als auch die Behandlung der Ein­
nahmenkategorien anlangt; offensichtlich ist der Bundesfinanzausschuß nicht
imstande, einheitliche Regelungen durchzusetzen bzw. individuelle Vorteile zu
beseitigen. Weiters sind gerade in entscheidenden Bereichen, wie etwa der Auf­
teilung derEinnahmen, keine klaren schriftlichen Regelungen, sondern lediglich
"
" Schlüsselvereinbarungen anzutreffen, was zu regelmäßigen beinharten Ver­
handlungen führen muß.
1 8) S o bedauerten zwar alle Redner die spate Stunde und schOttere Parlamentsbeselzung, wobei aber eine Dis­
kussion aber wesenlliehe Problembereiche des Parteiengeselzes unterblieb. Vgl. Protokoll der 150. Sitzung
des NR, 13. GG-Periode, S. 14.593-14.607.
1 9) In diesem Zusammenhang erscheint nach wievor die ,Mannheimer-Elite-5tudie'von Relevanz; bei dIeserStu­
die, die von Janner bis Mai 1968 durchgefOhrt wurde und bei der die Inhaber der formal hOchstgestellten POSi­
tionen der BRD befragt wurden, sahen 70% der Befragten ,bedenkliche Erscheinungen im Parteiensystem',
40% davon einen ,Mangel an Innerparteilicher Demokratie'.
20) Duverger. Maurice, Die politiSChen Parteien, herausgegeben und Obersetzl von Siegfried Landshut, TObigen
1959, S. 62.
364
Die Ineffizienz des Finanzwesens der Partei, die sich durch sch riftliche Regelun­
gen ohne flankierende organisatorische und inhaltliche Maßnahmen nicht be­
seitigen wird lassen, wird noch durch ein weiteres Beispiel verdeutlicht: Da über
die Zahl der Parteimitglieder zT. erhebliche Differenzen bestehen21 ), scheint die
Behauptung zumindest nicht abwegig, daß die Zahl der M itglieder jeweils davon
abhängig ist, "ob es um die Nominierung von Delegierten oder die Abführung von
Geldern geht".
3.3. Ei n nahmenkategorien
3.3.1. Mitgliedsbeiträge
Ein Mitgliedsbeitrag ist zu definieren als Betrag in beschlußmäßig festgesetzter
Höhe, der regelmäßig entrichtet werden soll. In derÖVP setzt er sich aus dem Par­
teibeitrag, der von der Bundesparteileitung zu besch ließen ist, und dem Mit­
gliedsbeitrag der Teilorganisationen zusammen, wobei die Einhebung unter
"
einem" erfolgen muß.
Einer problemlosen Auflistung der Mitgliedsbeiträge stehen einige Hindernisse
entgegen: Es läßt sich feststellen, daß manche Agenturen die satzungsmäßige
Höhe übersteigendeZahlungen als Spenden verbuch en, während andere keine
Änderungen vorneh men. Weiters wirkt alszusätzliche Erschwernis die Tatsache,
daß 27 Teilorganisationen als Beitragsaufbringer untersc h iedliche Beitrags­
höhen aufweisen. Schließlich muß auch die organisatorische Frage nach der Art
des Inkassos und den damit verbundenen Kontroll- und Sanktionsmöglich kei­
ten gestellt werden, die eng mit dem Vorhandensein einer M itgliederevidenz ver­
bunden ist.
Die Mitgliederevidenz der Partei ist als sehr schlecht anzusehen, differiert aller­
dings sehr stark: Der Österreichische Bauernbund und seine Landesorganisa­
tionen führen sehr exakte Unterlagen, relativ gut ist auch die Evidenz des Öster­
reichischen Wirtschaftsbundes, wogegen die Aufzeichnungen des ÖAAB allge­
mein als schlecht bezeichnet werden, was sowohl mit der unterschiedlichen
Strukturierung in Orts- und Betriebsgruppen als auch fehlenden Kassieraktivitä­
ten auf unterer Ebene zu begründen ist. Diese skizzenhafte Darstellung zeigt be­
reits den Kausalzusammenhang zwischen der Qualität einer M itgliederevidenz
und dem Beitragsaufkommen, da die beiden Teilorganisationen mit diesbezüg­
lich ansprechenden Aufzeichnungen über einen G roßteil der Einnah men aus
dieser Kategorie verfügen.
Grundsätzlich werden in der ÖVP zwei unterschiedliche Inkassoarten ange­
wandt, das persönliche Inkasso und das Erlagscheininkasso. Das persönliche
Inkasso wird vom ÖBB bundesweit und vom ÖAAB in manchen Betriebsgruppen
angewandt, wobei gerade der ÖBB ein hohes Maß an Perfektionierung erreicht
hat. Das Erlagscheininkasso wird in der Regel von den Teilorganisationen auf
21) So schwanken die in den letzten Jahren verOffentlichten Zahlen zwischen 600.000 und 950.000.
365
Landesebene durchgeführt. Auch diese Determinante zeigt den direkten Zu­
sammenhang zwischen der Art des Inkassos und der Höhe der Eingänge auf, da
die Einziehung der M itgliedsbeiträge auf Ortsebene durch persönlich bekannte
Parteirnitgliederzu einer erheblichen Steigerung der Einnahmen führen kann22).
Die Höhe der M itgliedsbeiträge schwankt in Abhängigkeit von Teilorganisation
und Bundesland außerordentlich stark: Sie liegt beim ÖAAB zwischen 60,- und
300,- jäh rlich, beim ÖWB um etwa 300,- und beim ÖBB zwischen 150,- und
600,-. Diese Zahlen dürfen allerdings nicht zu falschen Schlüssen verleiten, da
beispielsweise seh r viele Ausnahmebestim mungen bestehen und beim ÖWB
kau m von verbindlichen Richtlinien gesprochen werden kann, daja " kein Partei­
mitglied um die Ableistung des Beitrages gebeten wird, wenn eine Spende von
100.000,- eingelangt ist" 23).
Im ÖBB-Bereich ist weiters zu berücksichtigen, daß in vielen Landesorganisatio­
nen im Mitgliedsbeitrag auch das Abonnement der Parteizeitung oder sonstige
Vorteile enthalten sind, Faktoren also, die durchaus geeignet sind, das Interesse
an regelmäßigen Zah lungen ansteigen zu lassen. Der ÖBB entscheidet in den
meisten Landesorganisationen nach strengen Kriterien über die Beitragshöhe,
wobei als Bemessungsgrundlage die Höhe des Einheitswertes herangezogen
wird. Im ÖAAB erfolgt eine Art Selbsteinschätzung, wobei h ier auf das Beispiel
der bayrischen CSU verwiesen werden kann, wo die Division der E innahmen
durch die Zahl der Zah ler eine " Partei von Arbeitslosen" ergeben würde2 4).
Der ÖWB führt im G runde keine institutionell fixierte Bindung an bestimmte Bei­
tragshöhen durch, doch spiegelt diese Vorgangsweise die potente finanzielle
Einschätzung der Mitglieder und viel weniger eine organisatorisChe Nachlässig­
keit wider.
Die differierende Höhe des Mitgliedsbeitrags einerTeilorganisation in den Bun­
desländern kann wohl nur mit deren Finanzbedarf und nicht mit sachlichen Argu­
menten gestützt werden. Bei Betrachtung der Teilorganisationen ist allerdings
d ie Hypothese zulässig, daß die Höhe des Mitgliedsbeitrags mit steigender politi­
scher Machtposition steigt; eine politisch nicht exponierte und überdies mitglie­
derschwache Teilorganisation wird - wenn schon nicht durch Macht und damit
verbundene Patronagemöglichkeiten - durch niedrige Beiträge ein gewisses
Interesse zu wecken versuchen. Damit scheint aber die überaus problematiche
Auffassung, daß Geld der Macht folge und damit nicht nur Ursache, sondern vor
allem Folge politischer Prozesse ist, erneut bestätigt.
Um der bereits angedeuteten Gefahr einer .numerischen Isolierung " zu ent­
gehen, darf eine Erklärung desAufkommensan Mitgliedsbeiträgen nicht nurvon
organisatorischen Bedingungen wie Mitgliederevidenz und Art des Inkassos
ausgehen. Neben diesen Determinanten spielen Fragen wie die finanzielle
22) s. Feichtlbauer. Von den Beiträgen der Mitglieder lebt keine Partei. 8.a.0., der einen Palte;funklion<'lr zitiert.
23) Diese Aussage wurde von einem Parteifunktionär auf die Frage nach der HOhe des Mitgliedsbeitrages beim
24)
Owa getroffen.
s. Schleth, a.a.O., der auf die Differenz zwischen Finanzstatut und Realität am Fall der CSU hinweiSt, S. 155.
366
Potenz der Mitglieder, die Stellung der Teilorganisation im politischen Gefüge
der Gesamtpartei und die Möglichkeiten politischer Patronage eine wesentliche
Rolle.
So ist etwa für das hohe Beitragsaufkommen desÖWB die Finanzkraft derMitglie­
der verantwortlich, während der ÖBB dank seines straffen Inkassos und der
guten Beitragsmoral über hohe Einnahmen dieser Kategorie verfügt. Da zweifel­
loszu vermuten ist, daß die Leistung desMitgliedsbeitragsauch von der positiven
Erfüllung von Erwartungen der Parteibasis abhängt, muß auch die Frage gestellt
werden, inwieweit politische Exponenten der jeweiligen Teilorganisation imstan­
de sind, die Wünsche ihrer Mitgliederzu artikulieren und diesen zum Durch bruch
zu verhelfen. DaJVP, ÖFB und ÖSB die Anliegen ihrerMitgliederweder innerpar­
teilich noch in der Öffentlichkeit im Ausmaß der anderen Teilorganisationen er­
folgreich durchsetzen können, ist auch die Zah l der Beitragszah len entschei­
dend geringer25 }; diejenigen Parteimitglieder dieser drei Teilorganisationen und
vermutlich auch des ÖAAB, dem Protektionsmöglichkeiten durch seine schwä­
chere Stellung in den Organisationen der Arbeitneh mer fehlen, die tatsächlich
einen Mitgliedsbeitrag entrichten, können als " ideologische Mäzene" bezeich­
net werden, während vielen Parteimitgliedern von ÖWB und ÖBB bei derZahlung
des Beitrags das Motiv des "interessierten indirekten Kaufs" im Sinne Max
Webers zugrundeliegen dürfte26}.
Es handelt sich also um Parteimitglieder, die eben in Erwartung gegenwärtiger
oder zukünftiger individueller Vorteile ihren Beitrag entrichten.
Die nachfolgenden Tabellen, denen eine Umfrage unter den Bezirksparteisekre­
tären und den Landessekretären der Teilorganisationen zugrundeliegt, sollen
die bisherigen Angaben aufschlüsseln; es ist darauf aufmerksam zu machen, daß
die Schwachstellen in den Einnahmen des ÖWB und den Zuwendungen an die
Bundeszentralen der Teilorganisationen liegen. Die Leistungen an die Bundes­
parteizentrale sind deshalb relativ exakt feststell bar, da jede der drei TeilorganiTabelle
1
Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen der ÖVP (1978/79)
OAAB-Landesorganlsatlonen
OBB-Landesorganisationen
OWB-Landesorganisationen
Bundesparteizentrale
OAAB-Ortsorganlsatlonen
ÖSS-Ortsorganlsatlonen
OAAS-Bundeszentrale
OSS-Bundeszentrale
OWS-Bundeszentrale
24,200.000,28,1 84.991,43,61 5.384.1 4,000.000.4,840.000,2,81 8.499,5,480.000,4,700.000,3,460.000,-
1 8,4
2 1 ,4
131 ,298.874,-
1 00,0%
33,2
10,6
3,7
2,1
4,2
3,6
2,7
25) Diese Schwache außert sich sowohl in der Vertretung In den wiChtigsten Gremien derGesamtpartei als auch
bei einer Betrachtung der von der Partei in der Offentlichkeit ventilierten Themen.
26) Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 4. Auflage, TObingen 1 956, S. 1 68.
367
sationen 20,- je Mitglied und Jahr an diese abzuführen hat. Die Einnah men der
Bundesleitungen sind bewußt vorsichtig angesetzt, sodaß die angagebenen
Zahlen m it Gewißheit absolute Untergrenzen darstellen.
Tabelle 2
Mitgliedsbeiträge (Beitragsmoral, Durchschnittsbeitrag)
Teilorganisation
OMB
OBB
Owe
Beitragsmoral
Durchschnittsbetrag
78,8%
95%
80%
1 1 3,1 26,300,-
3.3.2. Parteisteuern
Bei diesen Sonderbeiträgen der Mandatare und sonstiger von der ÖVP oder
"
einer ihrer Teilorganisationen in Körperschaften oder andere Einrichtungen im
öffentlichen Bereich entsandter Personen"27) handelt es sich um eine Ein­
nahmenkategorie, die sich kontinuierlich seit der Einführung der Politikergehäl­
ter entwickelt hat. Die Parteien haben diese Einnahmequelle in den letzten Jahr­
zehnten entdeckt und seither systematisch auszuschöpfen begonnen. Waren
ursprünglich nur die Spitzenpolitiker einer Partei zur Leistung einer Abgabe ver­
pflichtet, so wird heute mit besonderer Akribie daran gearbeitet, jedes Partei­
m itglied als "Ausgleich für die ihm zugewendeten Chancen" zu besteuern.
Um die Einnahmenhöhen möglichst genau bestimmen zu können, werden
zuerst dieJahresgehälterder ÖVP-Spitzenpolitiker in Bund und Ländern errech­
net und daraus die Höhe der Parteisteuer abgeleitet. Die ÖVP stellt derzeit 363
Mitglieder von Landesregierungen, Landtagsabgeordnete und Abgeordnete im
National- und Bundesrat. Diese Parteielite bezieht ein Jahreseinkommen von
etwa 200 Millionen; geht man von einer Parteiabgabe von 10% aus, beträgt die der
Partei zufließende Summe ca. 20 Millionen jährlich. Zu diesen Abgaben kommt
noch ein sogenannter "Klubbeitrag" in der Höhe von 7% des Gesamtbezugs
eines jeden Nationalrats- und Bundestagsabgeordneten, den dieser an den Par­
lamentsklub abzuliefern hat; dieser Betrag erreicht die Höhe von 6,135.200,­
jäh rlich. Ein Faktor, der die ÖVP-Einnahmen aus Partei steuern sicherlich ge­
schmälert hat, ist die Nicht-Beteiligung der Partei an der Regierung seit 1970, da
ihr dadurch etwa 2 Millionen jährlich entgehen.
Auf kommunaler Ebene wird die Einhebung der Parteiabgabe sowohl h insic;:ht­
lich der Höhe als auch des Empfängers sowie des verpflichtenden Charakters
seh r unterschiedlich gehandhabt. Während in manchen Bezirken beinahe jeder
Gemeinderat einen Beitrag leisten muß, liefern in anderen lediglich die Bürgerm s. § 37, Abs. 1 BPOSt.
368
meister den "Parteizehent" ab. Es dürfte aber keinen österreichischen Bezirk
geben, in dem nicht mindestens ein Großteil der Bürgermeister besteuert wird.
Geht man von einer jährlichen Bürgermeisterabgabe in der Höhe von 15.000,­
und einerBeitragsmoral von 80% aus, ergäbe sich eine jährliche S umme von an­
nähernd 20 Millionen Schilling; diese Berechnung d ürfte aber den strukturellen
und finanziellen Differenzierungen auf kommunaler Ebene entsch ieden zu wenig
Rechnung tragen. Vielmehr kann auf Grund der vorliegenden U nterlagen ange­
nommen werden, daß dieBezirke über etwa 9 Millionen an Einnahmen ausdieser
Kategorie verfügen, während 4,5 Millionen auf örtlicherEbene abgerechnet wer­
den; diese Summe wirdvon annähernd 8.000Personen aufgebracht. Diese hohe
Zahl von Zahlern weist darauf h in, daß sehr viele Bürgermeister lediglich einige
Prozentpunkte ihres Gehalts der Partei überweisen, allerdings ein überwiegen­
der Teil der Sitzungsgelder von Gemeinderäten, die jährlich nur einige Hundert
Schilling betragen, als Parteiabgabe verbucht wird. Diejenigen Bezirke, die im­
stande sind, dieBürgermeisterabgaben mit 1OO"/oiger Beitragsmoral zu sichern,
ersparen sich damit die " lästige Arbeit" des Eintreibens marginaler Beträge.
Da die österreichischen Parteien auch im Bereich der verstaatlichten Industrie
einen dominanten Einflußausüben, haben diese auch eineBesteuerung derVor­
stands- oder Aufsichtsratsmitglieder dieser Gesellschaften vorgenommen.
Während bei der SPÖ die "Besteuerung" dieser Personen perfekt zu funktionie­
ren scheint, dürfte die ÖVP lediglich von einem geringen Teil eine derartige Ab­
gabe beziehen. Man wird davon ausgehen können, daß etwa 500 Aufsichtsrats­
mitglieder und 100 Vorstandsmitglieder betroffen sind, deren Zahlung - bei vor­
sichtiger Schätzung - etwa drei Millionen Schilling betragen würden.
3.3.3. Erträge aus Vermögen und wirtschaftlichen U nterneh mungen
Die Behandlung dieser Einnah mekategorie ist - jedenfalls unter finanziellen
Gesichtspunkten - unschwer möglich, da es sich weniger um die Bestimmung
von Einnahmen als vielmehr die "Abwendung zu hoher Kosten " h andelt.
Die ÖVP - soviel scheint festzustehen - hat nie ernsthafte Initiativen im Hinblick
auf stärkere unternehmerische Aktivitäten gesetzt, wenn derartige Vorhaben
auch von Einzelpersonen forciert worden sein mögen. Vielmehr sind die beste­
h enden Parteiunternehmungen unter den folgenden Aspekten zu betrachten:
Eine offiziell im Handelsregister eingetragene Firma ermöglicht einer Parteiagen­
tur eine quasi nach außen orientierte unterneh merische Tätigkeit mit allen damit
vebundenen Vorteilen; so können Parteiangestellte unter einem R rmendeck­
mantel operieren oder Inserate alsBetriebsausgaben abgesetzt werden. Wollen
Großspender die steuerliche Abzugsfähigkeit einer Spende erhalten, kann
durch einen Auftrag an einen Betrieb die Steuer in der Höhe von 35% u mgangen
werden. Schließlich dürfte auch der Gedanke an einen Vorsteuerabzug die
G ründung einer Firma vorteilhaft erscheinen lassen.
369
Wenn derartige Unternehmungen keine Erträge abwerfen, dann vor allem des­
halb, weil der Partei durch die nicht streng ökonomische Führung ohneh in
Kosteneinsparungen entstehen; es werden also nur die Kosten berech net, die
zur Wahrung der betrieblichen Substanz nötig sind, womit sich allerdings bun­
desweit nicht unerhebliche Einsparungen für die Partei ergeben.
Schließlich ermöglichen eigene Betriebe der Partei auch eine Orientierung an
echten Bedürfnissen anstelle von vorhandenen Mitteln, da keine exakten Zah­
lungsfristen oder strenge Sanktionen gegeben sind; gerade in der Endphase
eines Wah lkampfs d ürfte dieser Aspekt nicht unbedeutsam sein.
Es ist ungemein schwierig, Details über direkte oder indirekte Beteiligungen der
Partei oder deren Teilorganisationen zu erfahren. soweit allerdings in Erfahrung
gebracht werden konnte, werden die wichtigsten Unte rnehmungen von den Teil­
organisationen auf Bundesebene unterhalten; auch verschiedene Landesorga­
nisationen und Landesparteileitungen verfügen über kleinere Unterneh mungen.
Daß die Partei fast ausschließlich über Unternehmungen des Druckereigewer­
bes oder derWerbebranche verfügt, ist ein weiterer Beweisfürderen Kostensen­
kungscharakter.
3.3.4. Öffentliche Zuwendungen
Es wäre verfehlt, wenn man annehmen wollte, daß die öffentliche Finanzierung
der österreichischen Parteien erst mit dem Inkrafttreten des Parteiengesetzes
aktuell geworden wäre; bereits 1970 argwöh nte ein Nachrichtenmagazin, daß
der Steuerzahler ungefragt und uninfomiert der größte Gönner der im Nationalrat
vertretenen Parteien sei28).
So wurde in diesem Jahr eine Summe von 90 Millionen ohne generelle gesetz­
liche Deckung an die Parteien ausgeschüttet.
3.3.4.1. Zuwendungen nach dem Parteiengesetz
Das Parteiengesetz 1975 brachte etliche einschneidende Neuerungen für die
Parteien; Artikel 1 stellt durch eine Verfassungsbestimmung fest, daß die Exi­
stenz und Vielfalt politischer Parteien ein wesentlicher Bestandteil der demokra­
tischen Ordnung der Republik Österreich ist, und hebt damit die Parteien vom
"
"luftleeren, rechtlosen Raum in den Verfassungsrang. Artikel 2 gesteht den
Parteien Förderungsmittel des Bundes fOr die Zwecke der Öffentlichkeitsarbeit
zu. Die Höhe dieser Mittel ist zweigeteilt: Jede politische Partei mit mindestens
fünf Abgeordneten erhält einen jährlichen G rundbetrag in der Höhe von vier Mil­
lionen. Die Höhe der Zusatzbeiträge wird an das Gesetz zur Förderung der Publi­
zistik geknüpft und nach dem Stimmenverhältnis bei den Nationalratswahlen
verteilt. Um die nicht im Nationalrat vertretenen Parteien nicht gänzlich von einer
,
23)
3.
370
profil. Nr. 2/1970, S. 28 11.
Subventionierung auszusch ließen, erhalten auch diejenigen Parteien einen
Z usatzbetrag, die bei der vorangegangenen Wahl mindestans 1% der gültigen
Stimmen erreicht h aben.
Die Parteien wurden auch gezwungen, die widm ungsgerechte Verwendung die­
serGelder nachzuweisen und über die Art der Einnahmen und Ausgaben öffent­
lich Rechenschaft abzulegen. Leider haben sich die I nformationen trotz dieser
Bestimmung nicht erweitert: Die Parteien veröffentlichen dieBerichte m it großer
Verspätung und nur unter Einbezug derBundesparteiorganisation. VonNachteil
ist auch die Tatsache, daß sie in auflagenschwachen Parteizeitungen veröffent­
licht werden und damit die geforderte Publizität wieder untergraben werden
kann.
Der Gesetzgeber verknüpfte mit dieser Förderung auch die Vorstellung, daß eine
Begrenzung derWahlwerbungskosten erfolgen sollte, die in den Artikeln 3 und 4
des Gesetzes präzisiert wurde. Demnach muß jede Partei i h re Wahlwerbungs­
kosten fürden Zeitraum von fünf Wochen vorderNationalratswah l einerKommis­
sion mitteilen29), die diese überprüft und im ,Amtsblatt zur Wiener Zeitung " ver­
öffentlicht. Stellt die Kommission fest, daß eine Partei ihren Werbeaufwand u m
m e h r als 10% übersch ritten hat, so sind 50% desBetrages, um d e n die Angaben
übersch ritten wurden, von der nächsten Zuwendung zur " Förderung derÖffent­
lichkeitsarbeit" abzuziehen. Diese Sanktionsmöglichkeit wurde weder 1975
noch 1979 angewandt, wie überhaupt festgestellt werden kann, daß sich die
Wahlwerbungskosten aller drei Parlamentsparteien von 1975 auf 1 979 nicht
erhöht haben30).
Diese Tatsache und z.T. wesentlich höhere Schätzungen der Wahlwerbungs­
kosten erfordern eine sehr kritischeBeurteilung derveröffentlichten Zahlen, wo­
mit auch die zweite Intention desGesetzgebers, eine längerfristige Senkung der
Wahlkampfkosten herbeizuführen, eher als gescheitert anzusehen ist.
Wie dem "Amtsblatt zurWienerZeitung " vom 7. 2. 1979 zu entneh men ist, sind der
VP 1977 S 25,217.546,40 zur Förderung i h rer Öffentlichkeitsarbeit zugeflos­
n.
3.3.4.2. Zuwendungen an die Klubs
DasBundesgesetz, mit dem die Tätigkeit der Klubs erleichtert wird, wurde 1963
beschlossen und zwischenzeitlich dreimal novelliert. Jedem Klub gebührt zur
rfüllung seiner Aufgaben ein Sockel betrag; Z usatzbeträge werden für je zehn
ngefangene Abgeordnete gewäh rt. Die Höhe dieser Zuwendungen richtet sich
flach dem Jahresbruttobezug von Bundesbeamten, sodaß mit jeder Erhöhung
erBeamtengehälter eine Erhöhung der Klubzuwendungen quasi mitbesch los­
n wird.
) Diese Kommission Ist aus sieben Parteienvertretern und drei Vertretern der Werbewirtschaft zusammenge­
setzt; den Vorsitz fOhrt der Bundesminister fOr Inneres oder dessen Vertreter.
) Die Summe derWahlwerbungskosten allerdrei Parteien betrug demnach 1 975 ca. 60 Millionen Schilling, 1979
ca. 6 4 MillionenSchilling. Vg1. dazu den .Amtlichen Teil derWienerZeitung" vom 1 8. 3. 1 979 und 28. 1 0. 1 975.
371
Ein Jahresbetrag von ca. 22 M illionen an die drei Klubs kann als relativ beschei­
den bezeich net werden im Vergleich zur wichtigen Funktion vor allem eines
Oppositionsklubs für eine funktionierende parlamentarische Dem.okratie. Ob­
wohl die österreichischen Klubs personell und administrativ sehr sch lecht aus­
gestattet sind, ist dieser Zustand bislang kaum beklagt worden; dafür dürfte der
hohe Anteil von Beamten und Verbändevertretern ausschlaggebend sein, die im
österreich ischen " Lobbyistenparlament" sitzen3 1) und auf den Apparat ihrer
Organisation zurückgreifen können. Dadurch entsteht allerdings die Gefahr,
eine Elite innerhalb des Parlaments indirekt zu fördern, die deutlich begünstigt
ist. lm Jahre 1977 wurde zur Förderung derTätigkeit des KlubsderÖVP an diesen
ein Betrag von S 10,275.677,50 überwiesen.
3.3.4.3. Zuwendungen zur staatsbürgerlichen Bildungsarbeit
Unter dieser gesetzlichen Bezeich nung ist eine öffentliche Subventionierung
der zentralen Bildungseinrichtungen der Parteien zu verstehen. Jede im Parla­
ment vertretene Partei erhält einen Sockelbetrag in der Höhe von vier M illionen,
der Restbetrag wird nach der mandatsmäßigen Stärke verteilt.
Das Gesetz schreibt den Parteien strenge Richtlinien über die Verwendung die­
ser Gelder und eine Veröffentlichung vor; die Zuwendungen werden also in der
Realität für die entsprechenden Zwecke verwendet und sehr pünktlich abge­
rechnet.
Wie im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung " vom 13. 3. 1979 zu entnehmen ist, hat die
Vereinigung für Politische Bildung (Politische Akademie) im Jah r 1978 Förde­
rungsmittel in der Höhe von S 14,120.218,60 erhalten.
3.3.4. 4. Zuwendungen von Ländern, Städten und Gemeinden
Die Aussage, wonach der Bund 1975 nurvollzogen habe, was in den Ländern be­
reits längst gehandhabt wurde, ist richtig32 ).
Tatsäch lich besteht in den Bundesländern ein vielschichtiges Förderungs­
system, das sowohl bezüglich der Höhe als auch der inhaltlichen Kriterien stark
differiert. Man möchte meinen, daß sich die Höhe dieser Zuwendungen aus den
Voranschlägen derländer entnehmen läßt; tatsäChlich sind viele Zahlungen hi n­
ter allgemeinen Aussagen verdeckt ( " Förderung der politischen Bildung " ). Auch
die Aussage mancher Länder, wonach derartige Informationen " einen hohen
Verwaltungsaufwand erfordern", trug zur Erschwernis bei. Die im folgenden an­
gegebenen Beträge beziehen sich auf untersch iedliche Jahre und differiere n
31) Der Ausdruck stammt von Pelinka/WeJan, Verfassung und Demokratie in Ö sterreich, aa.O.. S. 1 00. Genauere
Unterlagen s. Pelinka, Volksvertretung als funktionale Elite, Kholl Stirnemann Österreichisches Jahrbuch fOr
Politik 1978, Wien-MDnchen 1979, a.a.O., S. 39 ff.
32) Dieses Faktum wurde anlaßlich der Beratungen Ober das Parteiengeselz vom Klubobmann derSPÖ, Dr. Fischer,
hervorgehoben; s. Stcnographiscre PrCltokolle, 8.8.0., S. 14.596.
372
auch bezüglich der Angabe indirekter Zuschüsse; es h andelt sich also um Unter­
grenzen.
Die Summe, die sich bei Addition aller unmittelbaren Zuwendungen derBundes­
länder an die ÖVP ergibt, beträgt S 102,910.465,- und wird in Tabelle 3 aufge­
schlüsselt33).
Tabelle 3
Zuwendungen der Bundesländer an die ÖVP (1979) 33)
Bundesland
Vorarlberg
Tiral
Salzburg
Kärnten
Burgenland
Wien
NiederOsterreich
OberOsterreich
Steiermark
Klub
628.517.60
330.000.00
797.875,90
530.000,00
1 , 1 00.000,00
1 ,256.640,00
8,948.800,00
1 ,81 0.000,00
7,000.000,00
Partei
1 .851.420.00
7,035.520,00
4,173.453,00
1,670.000,00
1 4,074.1 55,00
4 ,974. 440,00
16,600.000,00
Sonstiges
1 50.000.001)
1 ,062.330.402)
5,1 78.01 7,00 3)
3,1 40.700,004)
1 4 ,500.000,005)
6,100.000,006)
Summe
2.629.937.60
7,365.520,00
6,033.665,30
2,200.000,00
1 , 1 00.000,00
20,509.322,00
1 7,062.020,00
1 6,31 2.000,00
29,700.000,00
1 02,91 0.465,00
1 . . . JVP-Vorarlberg
2 . . . Jugend- und Teilorganisationen
3 . . . Adaptierung und Einrichtung von Parteilokalen
4 . . . Schulung der Gemeindevertreterverbände
5 . . . Schulung der Gemeindevertreterverbände
6 . . Schulung der Gemeindevertreterverbände
.
Zwei Komponenten verdienen an läßlich dieser Aufsch lüsselung, die alle bisheri­
gen Angaben um etwa 200% übertrifft, noch Erwähnung: Die Parteien haben es
verstanden, in den vergangenenJahren immense Beträge " i n eigener Sache " zu
budgetieren, die mit Aufgabenweiterungen nicht mehr rational begründet
werden können und zudem überproportionale jährliche Wachstumsraten auf­
weisen. Weiters würde eine Umrechnung derZuwendungen auf die Parteiwähler
ergeben, daß sich dieser Personenkreis mit einem jäh rlichen indirekten Beitrag
von etwa 70,- quasi zu einem Mitgliedsbeitragszah ler entwickelt hat. In Anbe­
tracht dieser Zahlen erscheint die 1970 vom Bundesfinanzreferenten erhobene
Forderung " nach etwa zwei bis drei Schilling je Wähler" geradezu als fromme lIIu­
sion 34 ).
Die Subventionierung der Parteientätigkeit ist auch im Bereich der Gemeinden
Oblich; da eine Befragung sämtlicher Gemeinden nicht möglich ist, wurde inso­
weit eine Auswah l getroffen, als die Landeshauptstädte direkt befragt wurden.
DieBefragung derBezirksparteisekretäre ergab, daß etwa 52% derBezirkspartei33) DieZah len stammen durchwegsausAntwortsch reiben derLandtagskanzleien,denen inder Regel auch Gesetze
bzw. Jahresvorschläge beigefOgt sind; lediglich in einem Bundesland m ußte die Auskunft der Partei eingeholt
werden. Der Befragungszeitraum erstreckte sich vom 2. April bis 24. Juli 1979.
34) s. Aussage des damaligen Bundesfinanzreferenten, Dr. Klauhs, in: Profil, Nr. 2/1970, S. 26.
373
"
"
Tabelle 4
Zuwendungen der Landeshauptstädte an die ÖVP (1979)3:5)
Stadt
Bregenz
Innsbruck
Salzburg
Klagenfurt
Graz
Linz
Eisenstadt
Klub
Partei
850.000,1 ,700.000,260.000,-
400.000,-
.lII
Sonstiges
Summe
1 30.000,-
1 30.000,850.000,1 ,700.000,160.000,400.000,260.000,-
160.000,-
3,500.000,sekretariate über Zuschüsse der Gemeinden verfügen, die sich durchschnittlich
auf etwa 80.000,-je Bezirk belaufen. Bei Berücksichtigung dieser Angaben und
der Tatsache, daß auch eine Unterstützung der Gemeindeparteien durchaus
üblich ist, kann deshalb ein Betrag von 13,5 Millionen auf kommunaler Ebene als
absolute Untergrenze angesehen werden.
Tabelle 5
Unmittelbare Zusch üsse der öffentlichen Hand zur Förderung der Tätigkeit der
ÖVP
Zuwendungen 11. Parteiengesetz
Klubzuwendungen
Bildungsarbeit
8undesländer
Landeshauptstlldte
Bezirke
Gemeinden
Parteijugend (Bundesjugendring)
25,200.000,1 0,275.000,14,100.000,1 02,91 0.000,3,500.000,7,000.000,3,000.000,4,1 36.000,170,121.000,-
,3 .3.4.5. Sonstige direkte, indirekte oder unmittelbare Zuwendungen
Die bisher angegebenen öffentlichen Subventionierungsmaßnahmen können
als unmittelbare Finanzierung der Parteientätigkeit angesehen werden. Soll aber
zumindest ein Ansatz zu einer umfassenden Finanzierungsrechnung der öffent­
lichen Hand versucht werden, sind eine Unmenge von weiteren U nterstotzungs­
maßnahmen in die Rechnung einzubeziehen. Dabei muß aber darauf aufmerk­
sam gemacht werden, daß eine exakte monetäre Messung nur in den seltenste n
Fällen gelingen kann, weshalb wir uns in manchen Fällen mit einer deskriptiven
Beschreibung begnügen werden müssen. Dennoch wird deutlich werden, daß
die direkten Zah lungen der öffentlichen Hand nur einen Bruchteil der Beträge
ausmachen, die der Staat in die Förderung der Parteientätigkeit investiert.
35) Die Angaben beruhen auf schriftlichen Informationen der Jeweiligen Maglstratsdirektoren; wegen der unklaren
An�Nort muß c.<ie Angabe für die Stadt Linz eher als Schätzwert angesehen werden.
374
'.
Im Folgenden werden einige Beispiele für m ittelbare, i ndirekte und verdeckte
staatliche Finanzierungsmaßnahmen36) angeführt.
Als wesentliche direkte Unterstützung einer Partei ist wohl die Bezah lung der
Politiker durch die öffentliche Hand anzusehen. Bei Addition der mir zur Verfü­
gung stehenden Unterlagen37 ) zeigte sich, daß die 363 Spitzen politiker derÖVP
jährlich etwa 200 M illionen an Gehältern beziehen, was einem durchsc h nitt­
lichen Jahresgehalt von 550.000,- entspricht. In einer zweiten Betrachtungs­
ebene müssen auch die etwa 1.600 Bürgermeister berücksichtigt werden, die
der ÖVP angehören. Geht man dabei von einem durchsch n ittlichen Jahres­
gehalt von 150.000,- aus, so errechnet sich eine Höhe der Bezüge der ÖVP­
Komm unalpolitiker von etwa 240 M illionen jäh rlich. Zusätzlich m üssen bei dieser
direkten staatlichen Leistung noch zwei Aspekte Berücksichtigung finden:
Einerseits gibt es im österreichischen "Beamtenstaat" eine relativ hohe Zahl von
Abgeordneten, die alsBeamte ihre Gehälter beziehen, aber auch als Parteipoliti­
ker entschädigt werden, andererseits ermöglicht die Bestimmung, wonach
Beamte auf den Kandidatenlisten einer Partei für den Wah Ikampf freigestellt wer­
den müssen, den Wahleinsatz von öffentlich Bediensteten für Parteizwecke38 ).
Aus amerikanischen und bundesdeutschen Untersuc h ungen überdie Höhe von
Wahlausgaben kann man deutlich erkennen, welchen Vorteil es für Parteien be­
deutet, kostenlose Sendezeiten zur Verfügung gestellt zu erhalten39).
In dieser H insicht sind die österreich ischen Parteien sehr gut gestellt, da § 5 des
Rundfunkgesetzes bestimmt, daß derÖsterreich ische R u ndfunk 1% seiner Sen­
dezeit a n die im Nationalrat vertretenen Parteien zu vergeben hat. M ü ßte diese
Sendezeit bezahlt werden, entstünden der ÖVP jährliche Aufwendungen von
etwa 25,5 Millionen.
Tabelle 6
Kosten der Organisation und Durchführung der NR-Wahl 1975
Wählerevidenz
Ersatz an Gemeinden
Leistungen ue, Siaatsdruckerei
Druckkosten
Werkleistungen
Sonstige Ausgaben
Postleistungen
Amtserfordernisse
17,800.000,8,600.000,1 ,800.000.425.000.900.000.80.000,70.000.45.000.-
59.6
28.6
6.0
1 ,3
3,0
0,2
0.2
0.1
29.72 0.000,-
1 00.0%
36} s. Wicha. Barbara. a.a.O .• O.J .. Wien. S 48. 49
37} Die Zahlenangaben beruhen aufSchreiben derlandtagskanzleien und den Jeweiligen BezOgegesetzen; es war
In vielen Fallen allerdings nicht mOglich. Zulagen und sonstige Zahlungen exakt festzustellen. Die Landes­
hauptmAnner sind in dieser Aufstellung nicht enthaJte 'll da sie nach dem BezOgegesetz vom Bund bezahJt wer­
den ( Entlohnung analog einem Minister). Die sechs uVP-Landeshauptieute wOrden Jedoch Kosten von ca.
neun Millionen Schilling Jährlich verursachen ( vgl. dazu Profil. Nr. 4 3/1979. S. 24 ).
38} Bei Betrachtung der hinteren Platze auf den Nominierungslisten der Parteien wird man feststellen kOnnen. daß
darunter Oberproportional viele Offentllch Bedienstete aufzufinden sind; nAhere I nformationen bietet eine Bro­
schOre des Bundesministers fOr Inneres: "Die Nationalratswahlen 1 979", Wien 1 979, S. 26.,'30.
39) So sollen allein die Fernseh-Werbezeiten des US-PrAsidentschaftskandidaten Humphrey 1968 etwa 5.3 Millio­
nen Dollar gekostet haben; s. Schleth, a.a.O.• S. 84/85.
375
Es ist in entwickelten Demokratien allgemein üblich, die Kosten für die Durchfüh­
rung und Organisation von Wahlen aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Wie
den Bundesrechnungsabschlüssen zu entneh men ist4 o), betrugen die Kosten
der Nationalratswahl 1975 etwa 30 Millionen Schilling, wobei sich diese Ausga­
ben auf einen Dreijahreszeitraum verteilen. Die nachfolgende Tabelle soll einen
Überblick verschaffen; bei Umrechnung der Angaben auf die Parteien und ent­
sprechender Aufteilung gelangt man zu einer jährlichen Summe von 3,5 M illio­
nen, die sich die ÖVP durch diese staatlichen Leistungen erspart. UnterBerück­
sichtigung der Landtagswahlen wird allerdings der doppelte Betrag als reali­
stisch anzusehen sein.
Es ist bislang keiner Arbeit gelungen, eine systematische Erforschung von indi­
rekten, verdeckten oder getarnten Parteisubventionen auch nur annähernd zu
erreichen; diese Intention würde sehr schwierige Untersuchungen und auch ein
Eindringen in " informelle Kanäle " e rforderlich machen; jeder Versuch, konkrete
Zahlen zu nennen, ist beim derzeitigen Datenmaterial als unwissenschaftlich zu
bezeichnen.
Als Beispiele dieser verdeckten Subventionierung seien die Gründung von
Scheinvereinen, die " Meinungsforsch ung " sowie die Möglichkeit von Manipula­
tionen im Zusammenhang m it der Erteilung öffentlicher Aufträge erwähnt, wobei
das " kick-back-Verfahren " hervorgehoben werden m uß, das darin besteht, daß
die öffentliche Hand A ufträge zu überhöhten Preisen vergibt, ein Teil dieser Zah­
lungen aber wiederum in eine Parteikasse fließt4 1).
Ein beliebter Angriffspunkt ist regelmäßig auch die " Regierungspropaganda",
mit der gleichzeitig für eine Partei geworben werde und die damit auf "eine nur in
Diktaturen übliche Gleichstellung von Staat und Partei h inausläuft "42).
Es dürfte allerdings außer Zweifel stehen, daß ein größerer Teil der den Ministe­
rien alljährlich zur Verfüg ung stehenden Informationsmittel in der Höhe von etwa
120 Millionen für echte Informations- und nicht für Parteizwecke zur Verfügung
stehen43).
Es h ieße aber wohl den Anspruch einer Partei aufWiedererringung der Meh rheit
zu verkennen, wollte man nicht annehmen, daß in vielen Fällen zumindestPositiv­
werbung betrieben würde44).
Leider ist es nicht möglich, einen Großteil der indirekten bzw. verdecktenZuwen­
dungen an Parteien exakt festzustellen. Fur die Zwecke dieser Untersuchung ist
40) vgf. BR-Abschluß 1 977, Ansatz 1/1 1 1 27, BR-Abschluß 1 976, Ansatz 1/1 1 1 27, BR-Abschluß 1 975, Ansatz
1/1 1 1 27.
41) Manche derartige Fälle werden Inoffiziell manchmal erwähnt, sind aber nicht zu verifizieren. Vg. etwaProfif. Nr.
20 ff, 1 980, das im Zusammenhang mit dem ,AKH-Skandal' von angeblichen Parteizuwendungen berichtet.
42) vgf. etwa die Aussagen von Dr. Kohlmaier. Stenographische Protokolle, a.a.O., S. 1 4 .599.
43) Die HOhe dieser Mittel lAßt sich aus dem Bundesvoranschlag nur sehr schwerermil1eln, weshalb als Berech­
nungsgrundlage eine Anfrage der Abgeordneten Dr. Lanner und Genossen ,betreffend Ausgaben für Inserate,
BroschOrenundsoflstigesWerbematerialderBundesregierungsowieMeinungsumfragen'herangezogenwird.
44) Als 1 96 5 eine Anzeigekampagne der CDU-Regierung in der BRD kritisiert wurde. erklärte ein fahrender Jurist.
eine Regierung dOrfe ,sich doch dynamisch dafOreinsetzen, daß siean der Macht bleibt'. s. ,Der Sp,egel' vom
8 9. 1 965.
3 76
es jedoch als ausreichend anzusehen, wen n festgestellt werden kann, daß direk­
e Aufwendungen des Staates zur Förderung der Parteientätigkeit ein Mehrfa­
ches der Zahlungen an die Parteien erreichen.
3.3.5. S enden und deren Problematik
Im Rahmen einer ernsthaften Untersuchung sind n icht vordergründige Skan­
dalisierungen von Relevanz, vielmehr geht es um eine Abschätzung desGesamt­
spendenaufkommens, der Motive der Geldgeber u nd eine Beurteilung deren
potentiellen politischen Einflusses. Es h at sich als gefährlich erwiesen, nur
wegen einigerweniger bedenklicher Einflußversuche zu negativen Aussagen zu
gelangen; man kann feststellen, daß die Aussagen u mso vorsichtiger und diffe­
renzierter werden, je tiefer man in informelle Strukturen eindringt45).
Vorweg kann festgehalten werden, daß Einnahmen, die knapp 20% derfinanziel­
len Basis der Partei repräsentieren, kaum alleinige Determinanten politischer
Entscheidungen sein kön nen. Auch die I nteressengruppenforschung rückt
mehr und mehr davon ab, Geld monokausal als entscheidenden Faktor in der
Politik anzusehen46), sodaß spezielle politische Situationen anzutreffen sein
müssen, damit Geld den Einfluß ausüben kann, der i h m bei oberflächlicher Be­
trachtung gerne zugeschrieben wird.
3.3.5.1. Spenden auf kom mu naler Ebene
Die Tatsache, daß genaue U nterlagen über die Spenden auf Orts- u nd Bezirks­
ebene vorliegen, ermöglicht einen exakten Einblick in dahinterstehende Motive
und potentiellen politischen Einfluß u nd eine Eingrenzung des "demokratisch
bedenklichen Bereichs" .
Drei Faktoren sind fürdie Höhe desAufkommens von Relevanz: Die Parteiagentu­
ren sind in untersch iedlichem Ausmaß in der Lage, für einen geregelten Spen­
denfluß zu sorgen bzw. diesen organisatorisch vorzubereiten. Weiters kann man
feststellen, daß diejenigen Bezirke stark benacnteiligt sind, in denen wenig Mit­
tel- und Großbetriebe angesiedelt sind. Auch die räum liche Lage innerhalb des
Bundesgebietes ist von Bedeutung; so sind beispielsweise bevölkerungsarme
Landbezirke in Grenzregionen klar im Rückstand. Die Zahl der Parteimitglieder
scheint nicht von Bedeutung für die Höhe des Spendenaufkommens zu sein; es
zeigen sich auch keine signifikanten Untersch iede zwischen solchen Bezirken,
In denen die ÖVP über die absolute Mehrheit verfügt, und wählerschwachenBe­
zirken.
Tabelle 7 zeigt die Wirtschaftssektoren, aus denen Großspenden (über 1.000,-)
an die Partei fließen.
45) Beyme, Klaus von, Interessengruppen in der Demokratie, MOnehen
46) s. Beyme, 8.a.0., S. 1 46.
1969, S. 1 46.
377
-
Tabelle
7
Großspenden an die ÖVP auf kommunaler Ebene, aufgagliedert nach Wirt­
schaftssektoren47)
Sektor
Handel und Gewerbe
Industrie
Bauindustrie
Fremdenverkehr
Land- und Forstwirtschaft
Banken
Sonstiges
Nennungen
%
4
14
30.1
22.3
1 9.0
7.9
6.3
3.2
1 1 .2
1 26
1 00.0
38
28
24
10
8
Vier Aspekte, die teilweise auch auf Bundesebene relevant sind, müssen bei
Betrachtung dieser Tabelle hervorgehoben werden : Da die Befragten die Bau­
industrie in der Regel neben der Industrie erwähnen, scheint festzustehen, daß
Industriesektoren, die in hohem Ausmaß auf öffentliche Aufträge angewiesen
sind, als besonders " spendenanfällig " gelten können. Weiters ist der Bereich
" Handel und Gewerbe" als Großspender unterproportional vertreten. Entgegen
manchen bisherigen Erwartungen und Aussagen, wonach auf kommunaler
Ebene der " edle Privatspender ohne Motive" dominiere, scheint auch eindeutig
festzustehen, daß die Wirtschaft auf Orts- und Gemeindeebene 98% der Groß­
spender stellt. Schließlich m u ß auch die Fähigkeitzu individueller Spendenorga­
nisation seitens der Agenturen hervorgehoben werden, die etwa in landwirt­
schaftlichen Bezirken die Landwirtschaft und in Industriebezirken die Industrie
zum Spender Nummer eins werden läßt.
Die Untersuchungen ergaben eine Zahl von etwa 18 M illionen Schilling, die auf
kommunaler Ebene der ÖVP aus dieser Einnahmekategorie zufließt.
3.3.5.2. Spenden bei Teilorganisationen und auf Bundesebene
Zwei Unterschiede zu den Spenden auf kommunaler Ebene sind feststellbar:
Einerseits dürfte auf dieser Parteiebene ein Ansteigen derZahl derGroßspender
und deren Anteil am Spendenaufkommen eintreten, weiters ist auch ein Anstei­
gen der Spenden vonjuristischen Personen gegenüberder kommunalen Ebene
zu registrieren. Ein weiteres, politisch nicht gänzlich unbedenkliches Faktum ist
der zum Teil krasse Unterschied bezüglich des Spendenautkommens, der
zwischen den Teilorganisationen, auch innerhalb einesBundeslandes, besteht;
dieser ist allerdings nicht auf die Zah l der Mitglieder als vielmehr die R nanzkraft
der Anhänger und auf die politische Rolle derTeilorganisation im jeweiligen Bun­
desland rückfüh rbar. Gerade in jenen Ländern, in denen der Landeshauptmann
eine dominante Rolle spielt, verfügt die entsprechende Teilorganisation über ein
47) Diese Tabelle darf nicht als sehrexakt angesehen werden. dadie Kategorisierung von den Partei sekretAren vor­
genommen werden konnte und deshalb gewisse UnschArfen angenommen werden mOssen.
378
sehr hohes Spendenaufkommen. Ähnliche Untersch iede, wie sie für die Einnah­
men aus M itgliedsbeiträgen erarbeitet wurden, dürften also auch für diesen
Bereich Gültigkeit besitzen.
Auf Grund der Unterlagen gelangt man zu einer Einnahmenhöhe der Teilorgani­
sationen von 15 Millionen Schilling, die jedoch als absolute Untergrenze anzu­
sehen ist.
AufBundesebene werden die Einzelspender völlig i n den H intergrund treten; sie
werden ersetzt durch Interessenorganisationen und große Unternehmungen.
Auch bezüglich der Frage nach den Motiven der Spender wird festgestellt
werden können, daß es diesen wohl weniger um persönliche Bekanntschaften
geht, sondern daß in diesen Dunkelbereichen Lobbyisten mit allen M itteln ver­
suchen werden, die I nteressen ihrer Mitglieder durchzusetzen.
Im Rahmen dieser Betrachtung kann auch keine glaubwürdige Trennung
zwischen Spenden an die Bundesparteizentrale und die Bundeszentralen der
Teilorganisationen vorgenommen werden.
Geht man vom Steueraufkommen, das durch die EStG-Novelie 1975 bedingt ist
und 1 978 ca. 22 Millionen betragen hat, aus, so wird wohl die Vereinig ung Öster­
reichischer Industrieller als Hauptspender anzusehen sein; derGeneralsekretär
erklärte ausdrücklich die große Bedeutung dieses Gesetzes mit dem Hinweis
darauf, daß der "Schwarzenbergplatz" (Sitz der VÖI) außerordentlich stark
betroffen sei48).
Geht man im Rahmen eines Schätzverfahrens davon aus, daß m it Sicherheit ein
größererTeil dero.a. Steuerzahlungen ÖVP-nahen Organisationen zuzurech nen
ist, würde man zu einer Spendenhöhe von ca. 43 Millionen Schilling aufBundes­
ebene gelangen49).
3.3.5.3. Motive und Einflußmöglichkeiten von Geldgebern
Die bisherige Analyse hat gezeigt, daß strenge Unterscheidungen zwischen nie­
driger und höherer Ebene sowie Massen- und Großspenden notwendig sind, um
eine realitätsnahe Beurteilung dieser Einnah menkategoerie zu ermöglichen.
Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, daß die kleinen Massenbei­
träge als " ideologischer Mäzenatismus" im Sinne Max Webers50) angesehen
werden können und deshalb demokratietheoretisch ü berzeugend zu rechtferti­
gen sind.
48) Diese Aussage grOndet sich auf ein Schreiben des Generalsekretars der Vereinigung Osterreichischer Indu­
strieller vom 2 4. 8. 1 979.
49) Geht man vom verlaßlichsten Bericht Ober die Parteifinanzen zu Beginn der 70er Jahre, Profil, Nr. 2/1 970, aus,
waren demnach in einem Jahrzehnt die Einnahmen derOVP um mehr als 400% gestiegen. Da auf Grund dieser
Arbeit Im Bereich der Spenden nur eine unterproportionale Steigerung von etwa 200% angenommen wird, lst
die sehr vorsichtige Schatzung deutlich dokumentiert. Die angegebene SpendenhOhe ist also mit Sicherheit
als absolute Untergrenze anzusehen, v.a was die Spenden an dieBundesleitungen derTeilorganisationen an­
gehl
50) Weber, Max, a.aO., S. 168.
379
Im Bereich derGroßspenden wurden die Bezirksparteisekretäre gebeten, deren
Motive zu beurteilen; die nachfoigende Tabelle soll dieAntwortllaufigkeit zeigen:
Tabelle 8
Ansinnen von Großspendern an die ÖVP auf kommunaler Ebene51 )
Interesse an der Fortsetzung
der bisherigen Politik der Partei
Interesse an bestimmten ideologischen Leitlinien
Wunsch nach U nterlassung bestimmter
Maßnahmen oder Gesetzesvorhaben
konkreter Wunsch mit monetären
Folgen fOr die Allgemeinheit
Aufbau pers. Beziehungen
11
12
25,0
22,9
37,5
4 3, 3
7
1 4,8
2 1 ,9
16
2
33,3
42
50,0
48
1 00,0
,
6,2
Während die beiden ersten Antwortkategorien als "Versicherungsprämie "
gegen unangenehme und einsch neidende Änderungen angesehen werden
können, ist der Bereich persönlicher Patronagemöglichkeiten und individueller
Vorteile eindeutig als bedenklich anzusehen. Jedoch ist Schleth zuzustim men,
wenn er die Auffassung vertritt, es gäbe keine überzeugende Rechtfertigung für
Großspenden; in diesem Pokerspiel gehe es tendenziell um die Interessen von
einigen Mächtigen und nicht der großen Masse52),
G roßspenden mit der Intention der " Versicherungsprämie" können vielleicht bei
einer i nteressenpartei als legitim angesehen werden, aber nichtbei einersich als
"
" dynamisches Element einstufenden Volkspartei,
Die Möglichkeit des politischen Einflusses von Großspendern ist grundsätzlich
unter dem "Grenzkostenaspekt" zu betrachten ; kann eine Parteiagentur auf den
Ausfall von G roßspenden durch die Umleitung anderer Einnahmen reagieren,
besteht eine geringere Gefahr der Abhängigkeit als in Bereichen, die zu beinahe
100% auf Spenden angewiesen sind und in denen eine Kompensation etwa
durch öffentliche Gelder nicht möglich ist.
3.3,6, Sonstige Einnahmen
Die ÖVP hat sich bislang kaum unkonventioneller Methoden der Mittelaufbrin­
gung bedient, wie sie international durchaus üblich sind53),
5 1 ) Die zweite Spalte gibt die relative Prozentzahl an, die dritte IstaufdieZahl der Antworten -32 - bezogen und damit
von grOßerer Bedeutung.
52) S. SChleth, Uwe, a.8.0., S. 321 . 322.
53) So sollen etwa in manchen Wahlkreisen bis zu 80% der Einnahmen der Labour�arty aus dem WettgeschAft
stammen. Vor allem die amerikanischen Parteiagenturen haben teilweise erfolgreiche Praktiken der unkonven­
tionellen M ittelaufbri ng ung entwickelt, etwa Lotterien, Golfspiel, Tanzabende, Versteigeru ngen oder Festessen
mit politischen Exponenten. S. SChleth, a.a.O., S. 133, oder Shannon, Joseph, Money and POlitics, New York
1 959.
Auch in derOVP sollen zu Beginn der 70er Jahre, In einem Zeitraum prekArer Finanzen, Essen mit potentiellen
Großspendern Oblich gewesen sein. Vgl. PRORl, Nr. 2/1970, wo ein .Wenger.Jnstitut· angefOhrt wird.
380
Deshalb sind als bedeutendste " Sonstige Einnahmen " die Erlöse aus Veranstal­
tungen, der Verkauf von Zeitschriften und Zeitungen und die E i n nahmen aus
dem " Parteischilling " anzusehen, wobei es sich bei diesem um eine institutionali­
sierte Spendenaktion gerade in Wah lkampfzeiten handelt. Es ist sehr schwierig,
Determinanten für die Höhe dieser Einnahmen zu finden; die Parteiagenturen
scheinen abergerade in Zeiten "chronischer Kassenknappheit " verstärkte Initia­
tiven zu entfalten. DerÖVP dürften jährlich knapp 40 Millionen Schilling aus die­
ser Kategorie zufließen, wobei darin aber völlig u nterschiedliche Einnah men­
arten enthalten sind. Diese Einahmen sind vor allem bei Teilorganisationen auf
Landes- und Bundesebene sowie den Landesparteileitungen anzutreffen 54).
Abschließend sei eine tabellarische Aufschlüsselung der Einnah men der ÖVP
vorgenommen, wobei folgende Feststellungen getroffen werden sollten: Die Par­
teibereiche werden völlig u nterschiedlich finanziert, denn während etwa als
Hauptempfänger der Mitgliedsbeiträge die Teilorganisationen auf Landesebene
anzusehen sind, fließen öffentliche Zuwendungen primär der B u ndesparteizen­
trale und den Landesparteileitungen, in spezifischer Form dem Parlamentsklub
und der Politischen Akademie zu. Die Bezirke u nd Orte sind zu einem Großteil auf
das Machtpotential der Partei in der jeweiligen Region und die Phantasie der
Funktionäre angewiesen.
Tabelle 9
Jährliche Gesamteinnahmen der ÖVP (Ende der 70er Jahre)
Öftentliche Zuwendungen
MitgliedsbeitrAge
Partei steuern
Spenden
Sonstiges
1 70.000.000,1 3 1 ,000.000,42.500.000,75,000.000,38,000.000,-
37,2
28,7
9,3
1 6,4
8,4
456,500.000,-
1 00,0%
Wegen der Unsicherheiten in den Angaben können folgende " Bandbreiten" an­
genommen werden, die eine Revision nach oben oder unten von etwa 20 bis 25
Millionen herbeifüh ren könnten:
Mitgliedsbeiträge: 6 Millionen (= 5%)
Parteisteuern: 2 Millionen (= 5%)
Spenden: 11 Millionen (=15%)
Sonstige Einnahmen: 4 Millionen (=10%)
54) Die wesent l ichsten ,Sonstigen Einnahmen' sind ErlOseaus Veranstaltungen, der Verkauf von Zeitschriften und
Zeitungen oder die Einnahmen aus dem ,Parteischilling', einer institutionalisierten Spendenaktion gerade in
Wahlkampfzeiten. Auf Grund derBefragungen erreichen die ,Sonstigen Einnahmen" je Bezirketwa 25.000,-,je
Teilorganisation etwa 290.000,- sowie 7,000.000,- fOr die Bundesparteizentrale.
381
Tabelle
10
Verteilung der Gesamteinnahmen der Ö VP (Ende der 70er Jah re)
Orte
Bezirke
Teilorganisationen - Land
Landesparteileitungen
Teilorganisationen - Bund
Bundesparteizentrale
Politische Akademie
Parlamentsklub
1 6,1 60.000,37,772,000,1 1 0,000.000,1 50,000.000,62,000.000,50,000.000,1 4, 120.000,1 6,4 10.000,-
3,5
8,3
24,0
32,9
1 3,6
1 1 ,0
3,0
3,6
456,462.000,-
99,9%
3.4. M ittelverwendung
Aus u nschwer durchschaubaren G ründen ist die Einnahmenstruktur einer Par­
tei von u ngleich größerer Relevanz; so sind von der Aufbringung der Gelder
nahezu alle Parteimitglieder betroffen, von der Entscheidung über gewisse Aus­
gaben ledig lich eine kleine Funktionärsschicht. Die gesamte Aufbringung der
Gelder erscheint auch und gerade u nter dem Aspekt der Motive der Geldgeber,
deren Einflußmög lichkeiten und potentieller innerorganisatorischer Auswirkun­
gen problematisch zu sein, während im Ausgabenbereich allenfalls durch Auf­
tragsvergaben politischer Ei nfluß ausgeübt werden kann - sieht man von der
grundsätzlichen Verteilung der Mittel auf die Parteibereiche ab.
Die Tabellen 11 u nd 12 sollen nunmehr die Ausgaben der ÖVP, gegliedert nach
Kostenarten und Parteibereichen, feststellen.
Tabelle
11
Jährliche durchschnittliche Ausgaben der ÖVP (Kostenarten) 55)
Personalkosten
Büro und Verwaltung
Öffentlichkeitsarbeit
Veranstaltungen
Sonstiges
1 00,000.000,1 40,000.000,1 1 0,000.000,46,000.000,60,000.000,-
2 1 ,9
30,7
24,1
1 0,1
13,2
456,000.000,-
100,004
E i n politisch und ökonomisch völlig andersgearteter Bereich muß allerdings von
einer G leichsetzung von Einnahmen und Ausgaben ausgenommen werden: die
Wahlkampffinanzierung. Gerade diese Aufwendungen wären u nter dem Aspekt
der "G renzkostenbeeinflussung " sorgfältig zu untersuchen, da n icht unbedingt
die Höhe der gegebenen Mittel oder deren Geber von großer Bedeutung sind;
55) Die Tabelle muß wegen der unklarenAbgrenzung zwischen Ö ffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungen und Sonsti­
gen Ausgaben vorsichtig beurteilt werden und dürfte lediglich Tendenzen anzeigen. Allerdings ist weniger die
Aufteilung nach KostenElrten als vielmehr nach Parteibereichen von Bedeutung.
382
r
I,
�ielmehr dürften die potentiellen politischen Einflußmöglich keiten von Rnan­
� iers mit derGeldknappheit derPartei, die vorWahlen in derRegel sehrgroß sein
�ird, ansteigen.
abelle
12
Jährliche durchschnittliche Ausgaben der ÖVP (Parteibereiche)
Bezirke
eilorganisatIonen - Land
elIorganisationen - Bund
andesparteizentralen
lBundesparteizentrale
!t<lub
Politische Akademie
Orte (soweit erfa6bar)
35,000.000,1 1 4 ,000.000,60,000.000,1 50,000.000,50,000.000,16,000.000,14 ,000.000,1 1 ,000.000,-
7,7
25,0
1 3,1
32,9
1 1 ,0
3,5
3,1
3,7
456,000.000,-
1 00,0%
Wah lkampfausgaben sind keine isoliert zu betrachtende Größe, sondern hän­
gen auch von einigen gesamtgesellschaftlichen Faktoren ab; zu erwäh nen sind
vor allem die Bedeutung einer Wahl tür das politische System, die Möglichkeit
einesMachtwechselsund die miteinemWahlsiegverbundenenMachtpositionen
und Patronagemöglichkeiten. Auch regionale u nd gesetzliche Umstände wie
etwa die Größe des Landes und das Wahlverfahren sind von Bedeutung 56).
Die einzige einigermaßen verläßliche Quelle über die Höhe der Wahlwerbungs­
kosten bietet das Parteiengesetz, das den Parteien vorschreibt, ihre Kosten einer
fKommission des Innenministeriums bekanntzugeben. Nach dieser Aufstellung
.
!Sind der ÖVP
bei der Nationalratswah l 1975 folgende Kosten entstanden:
�abelle 1 3
iWahlwerbungskosten der Ö VP (1975) 57)
,
lJIakate
�serate
.elangsendungen Im ORF
tierbefl1m
"ublikat,onen
Luftfahrzeuge
6,576.233,54
1 5,321 .093,38
1 .1 40.237,00
978.975,54
4,872.383, 86
279.037.59
22,5
52,5
3 ,9
3,4
1 6,7
1 ,0
9 167.960,9 1
1 00,0%
2 ,
�ür die Richtigkeit dieser Angaben spricht die Tatsache, daß die in der Überprü­
ifungskommission vertretenen Parteifunktionäre als Insider sehr woh l über die
�ufwendungen der jeweils anderen Partei Bescheid wissen und deshalb eine
[Gegenseitige Kontrolle geWährleistet ist; auch die Sanktionsmöglic h keit des
1f6)
Diese u n d andere Determinanten werden von den meisten Autoren genannt, vgl. etwa Schleth, Uwe, aaO.,
S. 93 11. • oder Heard, Alexander, The Costs of Democracy, a.a.O., S. 337 tf.
17) Diese Kosten beziehen sich nur auf den Zeitraum von fOnf Wochen vor dem Wahltag bis zu diesem.
383
Parteiengesetzes spricht für die Richtigkeit der Angaben. Zu einer skeptischen
Beurteilung wird man aus zwei G rOnden gelangen müssen: Einerse;ts k"nme die
Fünf-Wochen-Frist dazu verleiten, Aufwendungen in einen früheren Zeitraum LU
verlagern, während andererseits von dieser A ufstellung wohl nurdie Bundespar­
teizentrale betroffen sein wird. Plakataktionen oder sonstige Aufwendungen von
Ländern oder Teilorganisationen müssen also zusätzlich betrachtet werden. Zu
großer Vorsicht bei der Betrachtung derTabelle soll auch die Tatsache verleiten,
daß lediglich von tatsächlichen Ausgaben, also ohne Berücksichtigung nicht­
monetärer Finanzierungsformen, ausgeht; welche Dimensionen die Wahlwer­
bungskosten in diesem Fall erreichen würden, soll anhand der freiwilligen Wah l­
helfer gezeigt werden: Wenn jeder der etwa 84.000 Wah lhelferS8) lediglich zehn
Stunden für die Partei arbeitet und dafür entlohnt würde, entstünden Kosten in
der Höhe von 336 M illionen Schilling. Ebenso müßten nicht-monetäre Unterstüt­
zungen von Unterneh mungen, wie etwa die Bereitstellung von Textverarbei­
tungsanlagen, Fah rzeugen oder auch q ualifizierten Mitarbeitern, einbezogen
werden; allein diese skizzenhafte Darstellung zeigt die Schwierigkeit bei der
Beurteilung der obigen Tabelle.
4. Finanzierung und i n nerparteiliche Demokratie
Im Rahmen derUntersuchung desZusammen hangszwischen Finanzierung und
innerparteilicherDemokratie wird als Ebene, auf der beide Aspekte von Relevanz
sind, die Masse der " mobilisierungsfähigen Parteimitglieder" 59) herange­
zogen, obwohl diese Auffassu ng nicht zu vorschnellen Schlüssen wie etwa
einem "elitären Demokratieverständnis" führen darf. Doch wären zum Zweck
einer Aktivierung aller Mitglieder Strategien zu beschreiten, die weit über den
Finanzierungsbereich hinausführen, daesfalsch ist, mangelnde innerparteiliche
Demokratie monokausal aufFinanzfragen zurückzuführen. Vielmehr liegen wich­
tige Hindernisse etwa im organisatorischen Bereich , wie die Bezeich nung
"
"Raschheit und "Entscheidungsschnelligkeit" andeuten sollen, in der Verfü­
gung über die Parteipresse, im Informationsflu ß oder derLegitimierungsfunktion
von Parteitagen. Als weitere Hemmnisse sind auch die Notwendigkeit eines ge­
schlossenen Auftretens u nd die zunehmende Gefahr der Expertokratie und
Außensteuerung anzusehen. Es muß auch bedachtwerden, daß wichtige Macht­
mittel, wie etwa Patronagemög/ichkeiten, Vergabe von Parteipositionen oder
Geheiminformationen, eben nur in den Händen einiger weniger liegen60).
58) Diese Zah I errech net sich aus der In einerUmfrage angegebenen durchschnittlichen Zahl von etwa 730 Perso­
nen je Bezirk, die - besonders in Wahlkampfzeiten - zu einem Einsatz fOr die Partei bereit sind. Diese Zahl von
,MobilisierungsfAhigen' zerstOrt wohl manche illusion, es handle sich bel der OVP um eine ,Partei von Akti­
visten'.
59) Eine Reduktion der Frage derinnerparteilichen Demokratie auf ein Eliten�egen-€llten-Modell erscheint weder
notwendig noch angebracht; eine Auseinandersetzung mit allen Mitgliedern Ist ebenfalls nicht zweckmäßig, da
diese grundsätzlich nur als Zahler des MitgliedSbeitrags in Frage kommen.
60) Zur Vielzaht an Literatur aber diese Fragen siehe etwa: Lohmar, Uirich, lnnerparteiliche Demokratie, Stultgart
1 963, Zeuner, Bodo, lnnerparteiliche Demokratie, Colloquium-Vertag, Berlln 1 969, Wimmer Rudoll, Zur inner­
parteilIchen Demokratie in der OVP, Osterreichische Z eitschrift fOrPolitikwissenschafl, 1/74, S. 28 ft, Pelinka,
Anton, Dynamische Demokratie, Stutlgart 1 974, Naschold, Frieder, Organisation und Demokratie. Verlag Kohl­
hammer 1 973,JAger, Wollgang (Hrsg.), lnnerparteilicheDemokratie und Repräsentation, in: Partei und System,
Verlag Kohlhammer, 1 973, Stirnemann, Allred, Innerparteiliche Demokratie in der OVP, In: KohVStirnemann
(Hrsg.) Osterreichisches Jahrbuch fOr Politik 1 980 a.a.O.
384
ei dieser Fülle von H indernissen spielt die Ausgestaltung des Rnanzierungs­
bereichs nur eine wichtige, nicht aber die allein entscheidende Rolle, sehr wohl
ann sie aber bestehende Tendenzen verstärken oder abschwächen.
ie Begriffe Partizipation und Demokratie würden umfassende theoretische Dis­
kussionen erfordern, die allerdings in diesem Zusammenhang n icht notwendig
erscheinen 6 1 ) ; es ist vielmehr - von einer praxeolog ischen Betrachtungsweise
ausgehend - die Frage zu stellen, ob die Finanzierung einer Partei geeignet ist,
eine möglichst breite M itbestimmung der Parteimitglieder in wichtigen Fragen
u nd eine demokratische Auslese und Kontrolle zu gewährleisten bzw. vorhan­
dene Mängel zu verstärken oder abzubauen.
4 . 1 . I nnerpartei l ich e Willensbildung u nd I nteressenaus­
gleich
Soll der E i nfluß von Finanzierungsfragen auf die i n nerparteiliche Willensbildung
u ntersucht werden, ist festzustellen, aufwelcher Ebene finanzielle Entscheidun­
gen getroffen werden , ob sie als Einzel- oder G ruppenentscheidungen gefällt
werden, u nd wer darüber informiert ist. Damit hängt auch u n mittelbar die Ein­
schätzung der Finanzreferenten als " graue Eminenzen " oder " ökonomische
Sachverwalter" zusammen. Es ist auch nötig, die Finanzstärke derTeilorganisa­
tionen zu untersuchen und danach zu fragen, ob finanzielle Erwägungen einen
Einfluß auf politische E ntscheidungen haben könnten, eine Frage, die zwartheo­
retisch erörtert, kaum aber empirisch beweisbar ist. Dieses B ü ndel an Fragen
vermag sicherlich keine Gesamtschau des E ntwicklungsstandes an innerpartei­
icher Demokratie zu bieten, sehr wohl aber gewisse Hemmnisse und Reform­
nsätze aufzuzeigen .
Inanzielle E ntscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung werden von der
undesparteileitung bzw. vom Bundesparteivorstand getroffen, die dabei vom
u ndesfinanzausschuß beraten werden. Auf E bene der Länder und Teilorgani­
tionen werden - wie U mfrageergebnisse zeigen - derartige E ntscheidungen
äufig von eine m sehr kieinen Team getroffen, das aus dem Sekretär, dem jeweili­
en Parteivorsitzenden u nd einigen wenigen M itarbeitern besteht.
ir können drei u nterschiedlich sensible Bereiche feststellen, was AIIeinent­
heidungen der Funktionäre betrifft: Für die Erhöh ung von M itgliedsbeiträgen
nd die E instellung qualifizierter M itarbeiter ist das entsprechend höchste Par­
igremium i n Bund, Land oder Teilorganisation zuständig; diese beiden Berei­
he sind also für Einzelentscheidungen praktisch tabu. In den Bereichen Öffent­
chkeitsarbeit und Organisation haben die Sekretäre gewisse Kompetenzen;
iese hängen von den Kosten und der Dimension der E ntscheidung ab. Es
1 ) Man kOnnte - m i t Stammer - davon ausgehen, daß eine Partei in dem Maße demokratisch ist, wie sie ihre Mitglie­
der zurTeilnahme an derWitlensbildung der Organisation beru<t und befähigt, durch ausreichendetnformation
von oben nach unten fOr eine flOssige Meinungsbildung in der Hierarchie von unten nach oben zu sorgen und
die FOhrung der KontrotJe der M itgliedschaft mit dem Recht aUlf Abberufung zu unterstellen. s. Stamm er, Otto,
Politische Soziologie, In: Gehlen, Schelsky, Soziologie, DOssteldorl-KOln 1 955, S. 29 1 .
385
werden also solche Entscheidungen an höhere Gremien " delegiert" , die entwe­
der die Parteibasis finanziell berühren (Mitgliedsbeitrage) oder Konsequenzen
für den politischen Prozeß haben könnten (Mitarbeiterauswah l).
Die geringe Zahl von finanzinformierten Mitgliedern62) könnte den Schluß nahe­
legen, bei den Finanzreferenten handle es sich um graue E minenzen in der Par­
teihierarchie. Zwar ist es durchaus möglich, daß bestimmte Finanzreferenten in
Zeiten, in denen unumgängliche Ausgaben noch n icht abgedeckt sind, einen
Machtzuwachs aufweisen, besonders wen n sie neben dieser Funktion weitere
politische Ämter bekleiden. Einer allzu großen Machtausweitung steht vor allem
ein technokratisches Argument entgegen: Bedingt durch die Vielfalt der Auf­
gaben eines Parteisekretariats ist es häufig n u r dem Sekretär möglich , einen aus­
reichenden Überblick zu wahren. Machtansprüche von Finanzreferenten dürf­
ten auch durch die Aufmerksamkeit derTeilorganisationen kompensiertwerden,
die auf einen sorgfältigen Interessenausgleich achten. Es sind allerdings durch­
aus Situationen denkbar, in denen Finanzreferenten einen Machtzuwachs erfah­
ren, wenn sie etwa in prekärertinanzieller Lage plötzlich die A ufbringung fehlen­
der Mittel garantieren könnten.
Um komplexere Fragen wie die Gefahr der "A u ßensteuerung " und die Möglich­
keit des Einflusses von Finanzüberlegungen auf den politischen Prozeß zu
beantworten, ist ein Blickaufdie unterschiedliche Rnanzstärke derTeilorganisa­
tionen nötig, deren wichtigste Ursache die I nkassoart, die Zahl und Finanzkraft
der Mitglieder und die Möglichkeiten politischer u nd persönliCher Patronage
sind. Wenn nun die Teilorganisationen wegen i h rer Rnanzstärke politische
Forderungen durchsetzen können, kan n deshalb nicht von einer "Außen­
steuerung ", sondern eher einer Behinderung innerparteilicher Demokratie ge­
sprochen werden.
Ein Faktum darf nicht übersehen werden: Die z.T. gewaltigen finanziellen Unter­
schiede zwischen den Teilorganisationen stellen ein Element der Ungleichheit
dar, das beispielsweise einer finanzschwachen Organisation eine weniger in­
tensive Mitgliederbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit ermöglicht und damit
längerfristig bereits bestehende Untersch iede noch weiter verstärken könnte.
Strategien zur Stärkung innerparteilicher Demokratie müßten deshalb auch
beim Versuch ansetzen, zumindest eine Abschwäc hung allzu großer Unter­
schiede zu bewirken. Die innerparteiliche und gesamtpolitische Schwächerstei­
lung m an cher Tei l organi satfo n en kann damit als indirekte Folge der Finanzierung
bezeichnet werden.
Es muß aber betont werden, daß derfinanzielle Einfluß aufden politischen Prozeß
keineswegs von den Teilorganisationen allein ausgeht; im Gegenteil, als Einfluß­
mittel ersten Ranges wird sicher der Versuch von verstärkter "Außensteuerung "
von Interessenvertretungen, vor allem in Zeiten " unsicherer Einnahmen " , anzu62) Die Fragebogenauswertung ergab etwa 10 Informierte je Bezirk und
Informierte Je Teilorganisation. sodaß
bur.desweit etwa 1 .500 Per�onen - zumindest Ober ihren eigenen Bereich - finanziell informiert sind.
12
386
sehen sein. Über diesen D unkelbereich der Parteipolitik kann äußerst wenig aus­
gesagt werden, jedoch dürften zwei Arten der Einflußnahme möglich sein: Wäh­
rend auf kommunaler Ebene ein " deutlicher Wink" eines Großspenders aus­
reichen könnte, um ein gewünschtes politisches Verhalten hervorzurufen,
werden auf Bundesebene sehr viel subtilere Methoden anzuwenden sein, die
etwa in einer kurzfristigen Geldüberweisung, verbunden mit politischen For­
derungen, oderdergezielten Förderung innerparteilicherGruppierungen beste­
hen könnten.
Die Rolle des Geldes im politischen Prozeß ist sicherlich zu hoch; Gründe dafür
sind die u nterschiedliche Finanzkraft derTeilorganisationen und die vielfältigen
Möglichkeiten politischer Einflußnahme von außen. Betrachtet man weiters die
Tatsache, daß nur sehrwenige Parteimitglieder überdie Finanzen informiertsind,
scheint die Hypothese zulässig, daß die Regelung des Finanzwesens der ÖVP
geeignet ist, andere Hindernisse innerparteilicher Demokratie sogar noch zu ver­
stärken. Wenn nun alle theoretischen Konzepte zurHebung derPartizipation der
M itglieder beinahe utopisch klingen, sollte doch zumindest versucht werden,
den aktivierungsfähigen Teil der Mitglieder zu verstärker Anteilnahme u nd Mit­
sprache anzuspornen. Daß angesichts der obigen Aussagen finanzielle M itspra­
che zwingend in verstärkter Partizipation mitenthalten ist, scheint evident.
4.2. E liten rekrutieru ng
Soll die Finanzierung einer Partei demokratisch unbedenklich sein, muß einer­
seits sowohl die Rekrutierung der Spitzenfunktionäre, andererseits auch deren
Vertretu ng in Spitzengremien der Partei u nd im Parlament frei von finanziellen
Überlegungen sein. Es erscheint jedoch unnotwendig, die Spitzenfunktionäre in
dieser Hinsicht zu u ntersuchen, da ein hoher Anteil von ihnen ex offo in diese
Gremien entsandt wird63).
Die Frage wäre damit auf die Rekrutierung i nnerhalb der Teilorganisationen zu
reduzieren, was auf G rund der erforderlichen desaggregierten Untersuchung
nur mit sehr komplexen Instrumenten möglich sein dürfte.
D ie finanzielle Potenz eines Kandidaten spielt im österreich ischen politischen
System, im Unterschied zu anderen Ländern 64), keine wesentliche Rolle. Auf
Grund des außerordentlich h ohen Anteils von Verbändefunktionären im Natio­
nalrat kann aber doch vermutet werden , daß die Stärke und das Durchsetzungs­
vermögen von Verbänden eine wichtige Variable darstellen 65)
•
•3) Vgl. dazu die Untersuch ungen von Stirnemann. Allred
•
in: Khol-Stirnemann (Hrsg.), OsterrelchischesJ ahrbuch
lOrPolitik, 1 980,a.aO., durch die seit 1 . MBrz 1 980 geBnderten Statuten ist allerdings mittellrlstig durchauseine
Aulweichung dieser Strukturen möglich.
) Gerade in den USA scheint diese finanzJelie HOrde lOr Kandidaten das größte Problem der Politik Oberhauptzu
sein ; so kostete bereits 1 968 der Vorwahlkampl von R. Nixon etwa 14 Millionen D ollar .
'5) Pelinka hat festgestellt, daß 1 978
der Abgeordneten zum Nationalrat VerbandefunklionBre waren. Vgl.
Pelinka, Anton, Volksvertretung als funktionale Elite, in Khol-Stlrnemann (Hrsg.), Osterreichisches Jahrbuch
lOr Politik 1 979, a.8.0.
55.8%
387
Obwohl also die Finanzkraft eines Bewerbers um ein Mandat nicht bedeutsam ist,
könnten doch - bedingt durch den "Streit" von I nteressengruppen um die
Durchsetzung ihrer Exponenten - finanzielle Überlegu ngen von gewisser
Bedeutung sein. Diese Überlegungen sollen lediglich andeuten, daß bei der
Erörterung des Komplexes der i nnerpateilichen Demokratie eine " Durchgriffs­
betrachtung " auf innerverbandliehe Demokratie nötig ist.
5. Finanzieru ng und Organ isation
Auch 70 Jahre nach R. Michels ist eine gewisse Fixierung auf seine zentralen
Thesen, wonach Organisationen eine Tendenz zur Oligarchie beinhalten und
diese damit " die M utter der Herrschaft der Gewählten über die Wähler sei " , nicht
zu leugnen66).
Auf diese grundsätzliche Problematik kann n icht weiter eingegangen werden,
n u r bleibt festzuhalten, daß die zuneh mende Verfeinerung der organisatori­
schen Mechanismen einer Partei, die Statusdiskrepanz oder die Mitglieder­
apathie Faktoren sind, die Oligarch ietendenzen weiterh in fördern könnten.
Deshalb ist bei der Festlegung von Zielen einer Organisation stets zu beachten,
daß neben einem instrumentalen Ziel stets sozio-emotionale Faktoren zu beach­
ten sind; Leistungsziele sind also nur bei entsprechender Befriedigung der
Fu nktionäre und Mitglieder einer Partei erreichbar67).
Werden n unmehr Reformbestrebungen angesprochen, ist eine Verbindung
zwischen einer möglichst großen Effektivität der Partei bzw. ihrer Subsysteme
und einer größtmöglichen Handlungsautonomie anzustreben. Dabei sind im
Finanzbereich zwei Varianten möglich: E inerseits könnte ein sehr kleines
G remium geschaffen werden, das sämtliche zur Verfügung stehenden Gelder
zentral vergibt, andererseits wäre eine finanzielle Gebarung in der bisherigen
Form - m it ungleicher Verteilung und rein quantitativen Kriterien - denkbar. Die
bestehende Variante mit ihren vielfältigen Nachteilen ist ausreichend bekannt,
doch wären auch von einer zentralen Geldvergabe erhebliche Nachteile in sozio­
emotionaler Hinsicht, wie etwa eine Verstärkung von Oligarchietendenzen, zu
erwarten.
Eine mögliche Verknüpfung von Effektivitätsansprüchen u nd autonomen Hand­
l u ngsspielräumen bestünde in einer zentralen Rxkostenabdeckung und einer
dezentralen Abwicklung u nd Rnanzierung von Aktivitäten für Öffentlich keits­
arbeit oder Veranstaltungen.
66) Michels, Robert, Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie, Nachdruck der zweiten Auf·
lage, Alfred-KrOner-Verlag, Stuttgart.
C7) Zuden Fragen n3ch den ZiAle'leinarOrganisatlon s.H/ff/FehlbaumlUlrich.Organlsationslehre 1 ,a.a.O.• S. 1 4 1 11.
388
Diese Variante bedeutet also. daß sämtliche Fixkosten zentral bestritten werden;
für die Verwendung der variablen Ausgaben sollten Kriterien wie Zahl der zu
betreuenden Mitglieder. politische Situation im jeweiligen Parteibereich u nd
prioritätenorientierte Aktionen herangezogen werden.
389
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