Wirbelkörperersatz mit Synex Ergebnisse einer prospektiven, multizentrischen Dokumentationsserie mit 126 Patienten Zusammenfassung Abstract Mit dem Synex steht ein neuer, in situ distrahierbarer TitanWirbelkörperersatz mit Rastenmechanismus zur Verfügung. 126 Patienten wurden innerhalb des ersten Jahres nach Freigabe des neuen Implantats in 13 unfallchirurgischen und orthopädischen Kliniken mit dem Synex operativ behandelt. Das Indikationsspektrum umfasste die Versorgung frischer Frakturen, Korrekturen bei posttraumatischen Fehlstellungen, Infektionen, Tumoren und Metastasen der Wirbelsäule und weitere seltenere Erkrankungen wie Pseudarthrose bei M. Bechterew. Es wurden monobis mehrsegmentale Läsionen der mittleren Brust- bis unteren Lendenwirbelsäule über konventionelle und minimalinvasive Zugänge behandelt. Zur Stabilisierung wurde fast immer ein dorsaler Fixateur interne und/oder ein ventrales Implantat verwendet. Etwa jede zweite Osteosynthese wurde durch eine Spondylodese der kleinen Wirbelgelenke ergänzt. Um die Überbauung der ventralen Spondylodese zu verbessern, wurde bei frischen Frakturen meist autologer Knochen verwendet, ansonsten kamen Knochenersatzstoffe und Knochenzement zum Einsatz. Insgesamt hat das Synex durch ein recht einfaches Handling und die variable Gröûe mit der Möglichkeit des In-situ-Distrahierens für den Einsatz in allen angegebenen Indikationen überzeugt. Der am häufigsten angegebenen intraoperativen Schwierigkeit beim Aufspreizen des Synex wurde durch eine veränderte Distraktionszange Rechnung getragen. Als Konsequenz aus dieser Dokumentationsserie wurde eine zusätzliche Synex-Gröûe etabliert. Bisher ist kein Fall von Implantatversagen bekannt geworden. Dank der Aufspreizung und somit gewährleistetem passgenauen Sitz in situ ist keine Dislokation eines Synex bekannt. The Synex is a new distractable titanium implant for vertebral body replacement. During the first 12 months in clinical course 126 patients in 13 hospitals have been treated with the Synex for vertebral fracture, correction of posttraumatic misalignment, infection, vertebral tumor and metastasis and other disease like Bechterew's disease. There were mono- to multilevel lesions in the thoracic and lumbar spine. Operations were as well done on several open approaches as thoracoscopically. Instrumentation was done with a dorsal internal fixator and/or a ventral implant. A spondylodesis of intervertebral facet joints was done in almost every second operation. Ventral spondylodesis was done with autogenous bone in fracture and also with cement and other materials in tumors. In conclusion the handling is easy and the Synex is suitable for many indications and for defects of variable size because of in situ distraction. Because of frequently reported problems with the distraction device this instrument has been modified for more powerful spreading. An additional implant size has also been added. We have no report of implant failure, none dislocation of the Synex has been occurred either. Institutsangaben Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Chirurgische Universitätsklinik, Universitätskliniken des Saarlandes, Homburg (Direktor: Prof. Dr. T. Pohlemann) 2 Unfallchirurgische Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover (Direktor: Prof. Dr. C. Krettek) 3 Universitätsklinik für Unfallchirurgie, Leopold-Franzens-Universität, Innsbruck, Österreich (Vorstand: Univ.-Prof. Dr. M. Blauth) 1 Korrespondenzadresse Dr. Uta Lange ´ Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie ´ Chirurgische Universitätsklinik ´ Universitätskliniken des Saarlandes ´ 66421 Homburg ´ Tel. +49-6841-16-22601 ´ Fax +49-6841-16-22527 ´ E-mail: [email protected] Bibliografie Akt Traumatol 2002; 32: 1±7 Georg Thieme Verlag Stuttgart ´ New York ´ ISSN 0044-6173 Originalarbeit Vertebral Body Replacement with Synex ± Results of 126 Patients in a Prospective Multicentre Trial 1 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. U. Lange 1 C. Knop 3 L. Bastian 2 M. Blauth 3 Einleitung Zur Wiederherstellung der so genannten vorderen Säule des Wirbelkörpers nach Trauma, Tumor oder Infektion wurden verschiedene Behandlungskonzepte beschrieben: Als rein dorsales Verfahren beim frischen Wirbelsäulentrauma wurde von Daniaux die transpedikuläre Spongiosaplastik zusammen mit einer winkelstabilen dorsalen Instrumentierung beschrieben [1]. Radiologische Verlaufskontrollen zeigten jedoch zum Teil erhebliche Korrekturverluste und häufig keinen vollständigen Durchbau der eingebrachten Spongiosa [6,15,19]. Originalarbeit Zur kombinierten Versorgung posttraumatischer Fehlstellungen sowie Infektionen und Tumoren der Wirbelsäule werden oft Wirbelkörperersatzimplantate wie der MOSS-Wirbelkörperersatz nach Harms verwendet. Wegen der nicht veränderbaren Gröûe dieser Spacer wird aber empfohlen, den Wirbelkörperersatz in einem weiteren dorsalen Operationsschritt mit Hilfe eines Fixateur interne unter Kompression zu setzen und so einen festen Sitz zu gewährleisten. Ziel der vorliegenden Untersuchung war eine Auswertung prospektiv erhobener Daten der ersten Patienten, die mit dem neuen Wirbelkörperersatz Synex stabilisiert wurden. Damit wollten wir Erkenntnisse über das genaue Indikationsspektrum des Spacers erfassen sowie mögliche operations- und implantatbedingte Schwierigkeiten frühzeitig erkennen. Abb. 2 Instrumentensieb mit Synex, Implantathalter, Implantatspreizzange mit passenden Aufsätzen, Diskonnektierungsinstrumentarium. Implantat 2 Abb. 3 In situ distrahiertes Synex in endoskopischer Sichtweise. Patientenkollektiv und Methodik In 13 unfallchirurgischen und orthopädischen Kliniken (Tab. 1) wurden von Beginn der klinischen Verwendung im Februar 1999 bis Februar 2000 126 mit dem neuen Titan-Wirbelkörperersatz Synex behandelte Patienten mit Hilfe eines mehrseitigen Dokumentationsbogens erfasst. Folgende Fakten und Daten wurden ausgewertet: ± Identifikation: Patientendaten, Operationsdatum, ggf. Revisionsdatum und -grund, ± Diagnose: Operationsindikation, ggf. Klassifikation, Höhe der Läsion, ± Operation: operativer Zugang, Entfernung von Ligamenten, Ausdehnung der Vertebrektomie, zusätzliche Fusion, Art der zusätzlichen Instrumentierung dorsal und ventral, Material für eine ventrale Spndylodese, Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Der Titan-Wirbelkörperersatz Synex (Stratec medical, Oberdorf, Schweiz) ist ein neues, in situ distrahierbares Implantat, das bei Verletzungen der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule mit Zerstörung der Tragfähigkeit der vorderen Säule, bei Tumoren, posttraumatischen Fehlstellungen sowie weiteren Indikationen wie Infektionen mit Beteiligung der Wirbelkörper eingesetzt werden kann. Das Implantat ist in neun Gröûen und zwei verschiedenen Durchmessern mit Endplattenwinkeln von ±68 bis 208 in Höhen von 23 ± 73 mm erhältlich (Abb. 1). Damit können an der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule mono- bis trisegmentale Defekte überbrückt werden. Das Synex wird als zusammengeschobenes, kleines Implantat mit Hilfe einer speziellen Haltezange in den Defekt eingesetzt und anschlieûend in situ mit einer Spreizzange über einen Rastenmechanismus auf die benötigte Gröûe distrahiert (Abb. 2 u. 3). Mit Hilfe eines Diskonnektierungsinstrumentariums kann der in situ aufgespreizte Spacer wieder auf die Minimalgröûe zurückgefahren werden. Somit lässt sich innerhalb der konstruktionsbedingten Grenzen jede beliebige Defektgröûe überbrücken. Durch die In-situ-Distrahierbarkeit wird der Montage eine Vorspannung auferlegt. Das Instrumentarium ist einfach zu handhaben, es werden lediglich eine Implantathaltezange, ein Distraktionsinstrumentarium und Diskonnektierungsinstrumentarium benötigt. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Abb. 1 Wirbelkörperersatz Synex in zwei verschiedenen Durchmessern und neun verschiedenen Gröûen (mit freundlicher Erlaubnis von Stratec medical). Infektion 6 Tab. 1 Beteiligte Kliniken und Anzahl der beigetragenen Patienten Anzahl der Patienten Kreiskrankenhaus Bad Homburg 1 Llandough Hospital, Cardiff, UK 3 Alfried-Krupp-Krankenhaus, Essen 12 Medizinische Hochschule Hannover 39 Städtische Klinikum Karlsruhe 3 Klinikum Groûhadern, LMU, München 1 Städt. Krankenhaus Harlaching, München 2 Queens Medical Centre, Nottingham, GB 7 1 Universitätsklinik Würzburg 8 gesamt 31 Tumor 26 35 30 Originalarbeit 16 Center of Spinal Disorders, Thornton, USA Universitätsspital Zürich, Schweiz Fraktur 70 2 Klinik am Eichert, Göppingen Universitätsklinik Regensburg Fehlstellung 21 25 20 126 15 10 ± Komplikationen/Verbesserungen: perioperative Komplikationen, instrument-/implantatbedingt, -unabhängig, ± postoperativer Verlauf: postoperative Komplikationen, Dauer des stationären Aufenthaltes, Dauer der Immobilisation. 5 0 T4 T5 T6 T7 T8 T9 T10 T11 T12 L1 L2 L3 L4 L5 n. bek. Abb. 5 Lokalisation der Wirbelkörperläsionen (n = 126). Ergebnisse 40 Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Patientendaten, Operationsindikationen und Klassifikation Das Patientenkollektiv umfasste 70 Männer (55,6 %) und 56 Frauen (44,4 %), die zum Zeitpunkt der Operation durchschnittlich 46,9 (14 ± 82) Jahre alt waren. 70 Patienten (61 % Männer, 39 % Frauen, Durchschnittsalter 43,1 Jahre) wurden mit frischen Frakturen der thorakalen und lumbalen Wirbelsäule operiert. 26-mal (35 % Männer, 65 % Frauen, Durchschnittsalter 60,7 Jahre) lagen ein Tumor oder Metastase der Wirbelsäule zugrunde. Weitere Operationsindikationen waren bei 21 Patienten (52 % Männer, 48 % Frauen, Durchschnittsalter 41,6 Jahre) posttraumatische Fehlstellungen, Infektionen (6 Patienten) und sonstige Indikationen (3 Patienten), (Abb. 4). Von Frakturen waren am häufigsten die Wirbelkörper T12 bis L3 betroffen, Tumoren betrafen am häufigsten den dritten Lendenwirbelkörper, gefolgt vom LWK 4 und BWK 12 (Abb. 5). Von 70 Patienten mit frischen Frakturen wurden 41 Typ-A-Frakturen, 12 Typ-B-Frakturen und 16 TypC-Frakturen operiert, bei einem Patienten wurde die Verletzung nicht klassifiziert (Abb. 6). Operative Behandlung Der am häufigsten gewählte operative Zugang war eine Thorakotomie (50-mal), davon 11-mal in thorakoskopischer Technik. Transpleural retroperitoneal wurde 28-mal vorgegangen, retroperitoneal extrapleural 38-mal (Abb. 7). Für die Vertebrektomie und das anschlieûende Einbringen des Synex wurden am häufigsten ein (78-mal) oder beide (11-mal) Seitenbänder reseziert, teilweise in Kombination mit Entfernung der vorderen (19-mal) und hinteren (13-mal) Längsbänder. Bei 59 Patienten (46,8 %) wurde eine partielle Vertebrektomie mit einer anschlieûenden monosegmentalen ventralen Fusion durchgeführt. Bei 49 Patienten (38,9 %) wurde der betroffene Wirbelkörper komplett entfernt mit einer anschlieûenden bisegmentalen ventralen Spon- 35 30 3 25 20 15 10 5 0 A1 A2 A3 B1 B2 B3 C C1 C2 C3 n. bek. Abb. 6 Klassifikation der frischen Frakturen (n = 70). sonstige 9 nicht bekannt 1 retroperitoneal extrapleural 38 retroperitoneal transpleural 28 Abb. 7 Operativer Zugang. Thorakotomie 39 Thorakoskopie 11 dylodese, einmal wurden nach tuberkulöser Spondylodiscitis vier benachbarte Wirbelkörper (T11-L2) mit einem Synex-Spezialimplantat ersetzt (16-mal keine Angabe). Bei Tumoren wurde in den meisten Fällen eine komplette Vertebrektomie durch- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Klinik Abb. 4 Operationsindikationen. sonstige 3 25 20 15 10 5 0 Originalarbeit 4 315 316 317 319 321 323 325 327 Spez. nicht Impl. bek. Abb. 8 Anzahl und Gröûe der verwendeten Synex-Implantate. geführt (17/26), während bei Frakturen unabhängig von der Schwere der Verletzung eine inkomplette Vertebrektomie bevorzugt wurde (43/70). Posttraumatische Fehlstellungen und Infektionen wurden etwa gleich häufig ventral mono- und bisegmental fusioniert. Die Anzahl und Gröûe der verwendeten Synex-Spacer sind der Abb. 8 zu entnehmen. Eine zusätzliche dorsale Fusion der kleinen Wirbelgelenke wurde bei 2/3 der Patienten mit frischen Frakturen, jeder zweiten Korrekturoperation und jeder vierten Stabilisierung wegen Tumor durchgeführt. Anmerkungen der Operateure und Konsequenzen Beim Einbringen des Synex erwies sich der Spacer im Halteinstrumentarium teilweise als rotationsinstabil (3-mal), bei minimal invasivem Zugang ist ein zugangsgerechter Haltewinkel nur schwer zu halten, da am Synex nicht ausreichend viele Ösen zum Einrasten der Haltezange vorhanden sind (1-mal). Dieses ist inzwischen durch eine neue Haltezange verbessert worden. Im Folgenden soll anhand von drei radiologischen Beispielen der Einsatz des Synex bei unterschiedlichen Indikationen demonstriert werden: ± 49-jähriger Patient mit frischer LWK-3-Fraktur (C2.1.5) ohne neurologisches Defizit: bisegmentale Instrumentierung L2± 4 mit dem USS Fixateur interne, monosegmentale Spondylodese mit dem Synex. a Unfall, b post. OP, c CT nach 12 Monaten: weitgehender knöcherner Einbau des Synex (Abb. 9). ± 43-jähriger Patient mit auswärts konservativ behandelter und in Fehlstellung verheilter LWK-1-Kompressionsfraktur: kombinierte dorsoventrale Korrektur, bisegmentale dorsale Instrumentierung mit dem USS Fixateur interne, ventrale bisegmentale Spondylodese mit dem Synex. a präoperativ, b postoperativ (Abb. 10). Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Zur Stabilisierung wurde bei 39 Patienten (31,0 %) eine ventrale Instrumentierung ergänzt, 67-mal (53,2 %) ein dorsaler Fixateur interne und bei 18 Patienten (14,3 %) eine kombinierte Versorgung mit dorsalem Fixateur interne plus ventraler Instrumentierung durchgeführt. Zur zusätzlichen Stabilisierung frischer Frakturen wurde am häufigsten ein dorsaler Fixateur interne verwendet (44/70), bei der Versorgung von Tumoren mehrheitlich eine ventrale Stabilisierung (18/26). Etliche Frakturen (13/70) wurden zusätzlich zum Wirbelkörperersatz kombiniert mit einem dorsalen Fixateur interne und einem ventralen Implantat stabilisiert. Für die Behandlung von Fehlstellungen kamen dorsale und ventrale Verfahren etwa gleich häufig zum Einsatz. Als dorsales Implantat wurde am häufigsten der USS Fixateur interne (79/85), als ventrales Implantat das Ventrofix (48/58) verwendet. Bei 93 Patienten (73,8 %) wurde zur Ausbildung der ventralen Spondylodese dem Synex autologer Knochen aus dem entfernten Wirbelkörper, dem Beckenkamm oder aus einer für den operativen Zugang resezierten Rippe angelagert, in einem Fall kombiniert mit Norian. 23-mal (18,3 %) wurden Knochenzement, Sulmycin oder Gelitta als ¹Füllmaterialª verwendet. Bei drei älteren Patientinnen (60, 65 und 65 Jahre alt) wurde nach Korrektur posttraumatischer Fehlstellungen allogenes Füllmaterial verwendet. Der stationäre Aufenthalt von 62 der 126 Patienten betrug durchschnittlich 20,4 (4 ± 51) Tage (64-mal keine Angabe). Die Frage, ob eine streng seitliche Öffnung des Synex mit der Öffnung des Klemmringes oder eine anterolaterale Position bevorzugt werden, scheint von der individuellen Operationstaktik abzuhängen. Für das Aufspreizen des Synex in situ wurde vielfach bemängelt, dass die aufgebrachte Kraft über das Distraktionsinstrumentarium nicht für ein ausreichendes und verwindungsfreies Aufspreizen des Cages ausreicht (18-mal). Auûerdem wurde über ein Verwinden des Cages während des Aufspreizens gerade bei der letzten Distraktionsstufe berichtet (6-mal). Diesem wurde inzwischen durch eine neue Distraktionszange mit einem stärkeren Mechanismus Rechnung getragen. Probleme ergaben sich beim Distrahieren durch vorherige Versorgung mit einem dorsalen Fixateur interne (2-mal), auûerdem bereitete das Montieren eines Ventrofix nach Platzieren des Synex vereinzelt Probleme (1-mal). Bei einem Patienten trat durch zu starke Distraktion beim Aufspreizen des Synex ein inkompletter Querschnitt auf, der sich im Verlauf zurückbildete. Die Zähnchen auf den Endplatten der Stempel behinderten teilweise ein reibungsloses Einsetzen, gerade wenn das zusammengeschobene Synex nur wenig kleiner als der zu überbrückende Defekt ist (1-mal). Auûerdem wurde in einigen Fällen die Basis der Zähnchen als zu breit und verantwortlich für ein Nicht-Anlegen der Stempel an die Endplatten beschrieben (5-mal). In der nächsten Implantat-¹Generationª sollen diese Zapfen daraus folgend etwas gekürzt werden. Die Zähnchen an sich hatten sich in biomechanischen Vorversuchen als notwendig für eine sichere Verankerung des Cages in den Wirbelkörperendplatten und als Schutz vor einer sekundären Dislokation erwiesen. So ist in der vorliegenden Serie in keinem Fall eine Implantatdislokation berichtet worden. Problematisch könnten die Verhältnisse jedoch beim einseitigen Auflaufen des Wirbelkörperersatzes auf Pedikelschrauben des dorsalen Fixateur interne werden (2-mal). Der Versuch, das in situ aufgespreizte Synex wieder zusammenzuschieben, gestaltete sich gerade bei verkantet aufgespreiztem Synex mehrfach schwierig mit dem Diskonnektierungsinstrumentarium (4-mal). Bei Patienten mit geringer Körpergröûe wurde im LWS-Bereich mehrfach der BWS-Spacer (grün) verwendet. Hierbei ¹fehlteª eine Zwischengröûe, die inzwischen durch das Implantat der Gröûe 318 zur Verfügung steht (6-mal). Mehrfach wurde der Wunsch nach einem ¹Modularsystemª geäuûert, um bei Bedarf weitere ¹Zwischengröûenª zusammensetzen zu können (3-mal). Dieses ist mit den vorhandenen Implantaten bereits möglich. Bisher ist kein Fall von Implantatversagen berichtet worden. Ein Einsinken in die Endplatten der angrenzenden Wirbelkörper nach Mobilisation wurde in Einzelfällen bei vorbekannter geringer Knochendichte beobachtet. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 30 Abb. 10 43-jähriger Patient mit auswärts konservativ behandelter und in Fehlstellung verheilter LWK-1-Kompressionsfraktur: kombinierte dorsoventrale Korrektur, bisegmentale dorsale Instrumentierung mit dem USS Fixateur interne, ventrale bisegmentale Spondylodese mit dem Synex. a präoperativ, b postoperativ. Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Diskussion Abb. 9 49-jähriger Patient mit frischer LWK-3-Fraktur (C2.1.5) ohne neurologisches Defizit: bisegmentale Instrumentierung L2±4 mit dem USS Fixateur interne, monosegmentale Spondylodese mit dem Synex. a Unfall, b post. OP, c CT nach 12 Monaten: weitgehender knöcherner Einbau des Synex. ± 57-jährige Patientin mit Riesenzelltumor LWK 3: ventrale bisegmentale Spondylodese mit dem Synex, zusätzliche ventrale Instrumentierung mit 2 Wolter Plattenfixateuren. a präoperativ, b postoperativ (Abb. 11). Ziel der Dokumentationsserie war die prospektive Erfassung der ersten mit dem Wirbelkörperersatz Synex operativ versorgten Patienten, um Vorteile aber auch Probleme in der Handhabung des neu eingeführten Implantates frühestmöglich zu erkennen und mögliche Probleme zu beheben. Auûerdem sollte das angegebene Indikationsspektrum des Implantates bestätigt und dokumentiert werden, ob die vorhandenen Implantatgröûen für den klinischen Gebrauch umfassend sind oder ob weitere Abstufungen nötig und eventuell einzelne Gröûen entbehrlich sind. Darüber hinausgehend wurden instrument- und implantatbedingte Probleme und auch hiervon unabhängige Probleme und Komplikationen erfasst. Das Synex wurde in allen vom Hersteller angegebenen Indikationen eingesetzt. Im Folgenden sollen die Kollektive der drei häufigsten Operationsindikationen (Versorgung frischer Frakturen, Korrektur posttraumatischer Fehlstellungen und Wirbelkörperersatz nach Entfernung von Tumoren und Metastasen) ein- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Originalarbeit 5 zeitig dekomprimiert werden, der ventrale Eingriff kann frühelektiv erfolgen. Abb. 11 57-jährige Patientin mit Riesenzelltumor LWK 3: ventrale bisegmentale Spondylodese mit dem Synex, zusätzliche ventrale Instrumentierung mit 2 Wolter Plattenfixateuren (3 Monate postoperativ). zeln betrachtet werden: Im ¹Frakturkollektivª (70 Patienten) entsprach die Geschlechts- und Altersverteilung in etwa der von Knop et al. [7] angegebenen Verteilung einer multizentrischen Sammelstudie mit 682 Patienten (39,5 Jahre, 64 % Männer). Wie auch von Magerl et al. [12] in einer Klassifikationsstudie mit 1445 Patienten angegeben, war auch in unserem Kollektiv der erste Lendenwirbelkörper der am häufigsten verletzte gefolgt von BWK 12, LWK 2 und LWK 3. Im ¹Tumorkollektivª (26 Patienten) lag das Durchschnittsalter der behandelten Patienten deutlich höher, wie auch in anderen Studien beschrieben [4,13]. Der Altersdurchschnitt im ¹Fehlstellungskollektivª (21 Patienten) entsprach dem bei Frakturen, wobei der Anteil der Frauen in dieser Untergruppe fast die Hälfte ausmachte. In der Frakturversorgung wurden mehrheitlich dorsale Instrumentierungen verwendet: Frakturen werden in vielen Kliniken notfallmäûig zunächst ausschlieûlich von dorsal stabilisiert, die ventrale Spondylodese erfolgt dann meist im Intervall einige Tage später. Mit diesem Prozedere lassen sich gerade auch hochgradig instabile Frakturen zügig stabilisieren, bei neurologischen Ausfällen und hochgradiger Spinalkanaleinengung kann gleich- Der Wirbelkörperersatz Synex ist über einen Rastenmechanismus distrahierbar. Hierdurch ist im Gegensatz zu etablierten Implantaten mit fester Gröûe wie dem Harmskorb eine einfache und sichere Positionierung möglich, anschlieûend ein fester Sitz des Wirbelkörperersatzes durch die Distraktion des Implantates auf die benötigte Gröûe mit einer gewissen Vorspannung der Wirbelsäulenlängsbänder gewährleistet. Ein weiteres Problem entfällt durch die Aufspreizmöglichkeit des Synex: Bei Spacern mit fester Gröûe ist ein abschlieûender dorsaler Operationsschritt notwendig, um den Wirbelkörperersatz unter eine gewisse Kompression zu setzen [17]. Dieses führt aber gleichzeitig zu einer Entspannung der Weichteile und gerade auch der Bandstrukturen, so dass die Kompression auf das Implantat überwiegend durch den Fixateur interne zu leisten ist. Das Synex war in umfangreichen biomechanischen Versuchen getestet worden. Zuletzt waren Kompressionsversuche durchgeführt worden, bei denen das Einsinkverhalten des Synex in den Wirbelkörperendplatten im Vergleich zu dem etablierten MOSS-Wirbelkörperersatz nach Harms untersucht worden war: Bei in der Knochendichte vergleichbaren Wirbelkörperpräparaten waren signifikant gröûere Kompressionskräfte notwendig, um ein Einsinken des Synex in die Wirbelkörperendplatten zu provozieren als beim ¹Harmskorbª trotz Armierung mit Endplattenring [9]. In einer weiteren biomechanischen Studie waren dreidimensionale dynamische Bewegungsmessungen an Wirbelsäulenpräparaten zum Stabilitätsverhalten des Synex und des MOSS in Kombination mit einem USS Fixateur interne und einer Instrumentierung mit dem Ventrofix erfolgt [8]. Hierbei lieû sich mit dem Synex in verschiedenen Bewegungsrichtungen eine höhere Stabilität erreichen, die mutmaûlich durch eine bessere interkorporelle Verspannung durch Distraktion in situ bedingt ist. Diese Versuche lieûen in vivo einen geringeren postoperativen Korrekturverlust und ein kleineres Risiko der Implantatdislokation erwarten. Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Nach kompletter Spondylektomie und Wirbelkörperersatz mit dem MOSS erreichten Oda et al. [14] in einer biomechanischen Studie nur mit kombinierter dorsoventraler Instrumentierung eine suffiziente Stabilisierung in allen Belastungsrichtungen. Von Vahldiek und Panjabi [18] wurde ebenfalls in einer biomechanischen Studie eine geringere Stabilisierung durch eine isolierte ventrale Versorgung nach Vertebrektomie und Wirbelkörperersatz beschrieben als bei dorsaler Instrumentierung mit einem Fixateur interne. Knop et al. [8] wiesen in einer biomechanischen Studie nach Vertebrektomie und Wirbelkörperersatz mit Synex für die Flexion eine Überlegenheit der zusätzlichen dorsalen Instrumentierung mit dem Fixateur interne gegenüber der Stabilisierung mit einem winkelstabilen ventralen Implantat (Ventrofix, 2-Stangen-System) bei ansonsten geringen Unterschieden in den anderen Belastungsrichtungen nach. Bei der Korrektur von posttraumatischen Fehlstellungen war die Art der ergänzenden Instrumentierung uneinheitlich, was durch unterschiedliche Bedingungen der fehlverheilten Läsionen, aber auch entsprechende Erfahrungen der einzelnen Operateure bedingt sein mag. Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Originalarbeit 6 Die zusätzliche Stabilisierung nach Resektion des Tumors erfolgte in der Mehrzahl ausschlieûlich von ventral wie auch von anderen Autoren bei dieser Operationsindikation beschrieben [3,16]. Bei der Versorgung von Tumoren bestehen nur selten primäre Instabilitäten oder Indikationen zu einer Notfalloperation. Entsprechend können die Eingriffe geplant durchgeführt werden. Durch eine ventrale winkelstabile Instrumentierung über einen Zugang mit dem Wirbelkörperersatz kann die Läsion suffizient stabilisiert werden, ein Zweiteingriff über einen dorsalen Zugang ist entbehrlich, zumal die dorsalen Strukturen, die bei Frakturen oft mitverletzt sind (Typ B und C nach Magerl et al. [12]), meist unversehrt sind und eine intakte Zuggurtung, die bei der Frakturversorgung in vielen Fällen erst durch den Fixateur interne wiederhergestellt werden muss, vorhanden ist. Literatur 1 Lange U et al. Wirbelkörperersatz mit Synex ´ Akt Traumatol 2002; 32: 1 ± 7 Daniaux H. Transpedikuläre Reposition und Spongiosaplastik bei Wirbelkörperbrüchen der unteren Brust- und Lendenwirbelsäule. Unfallchirurg 1986; 89: 197 ± 213 2 Goulet JA, Senunas LE, de Silva GL, Greenfield ML. Autogenous iliac crest bone graft. Complications and functional assessment. Clin Orthop 1997; 339: 76 ± 81 3 Harrington KD. Anterior decompression and stabilization of the spine as a treatment for vertebral collapse and spinal cord compression from metastatic malignancy. Clin Orthop 1988; 233: 177 ± 197 4 Hosono N, Yonenobu K, Fuji T, Ebara S, Yamashita K, Ono K. Orthopaedic management of spinal metastases. Clin Orthop 1995; 312: 148 ± 159 Kaneda K, Taneichi H, Abumi K, Hashimoto T, Satoh S, Fujiya M. Anterior decompression and stabilization with the Kaneda device for thoracolumbar burst fractures associated with neurological deficits. J Bone Joint Surg Am 1997; 79: 69 ± 83 6 Knop C, Blauth M, Bastian L, Lange U, Kesting J, Tscherne H. Frakturen der thorakolumbalen Wirbelsäule. Spätergebnisse nach dorsaler Instrumentierung und ihre Konsequenzen. Unfallchirurg 1997; 100: 630 ± 639 7 Knop C, Blauth M, Bühren V, Hax PM, Kinz L, Mutschler W, Pommer A, Ulrich C, Wagner S, Weckbach A, Wentzensen A, Wörsdörfer O. Operative Behandlung von Verletzungen des thorakolumbalen Übergangs. Teil 1: Epidemiologie. Unfallchirurg 1999; 102: 924 ± 935 8 Knop C, Lange U, Bastian L, Blauth M. Three-dimensional motion analysis with Synex. Comparative biomechanical test series with a new vertebral body replacement for the thoracolumbar spine. Eur Spine J 2000; 9: 472 ± 485 9 Knop C, Lange U, Bastian L, Oeser M, Blauth M. Biomechanical compression tests with a new implant for thoracolumbar vertebral body replacement. Eur Spine J 2001; 10: 30 ± 37 10 Kossmann T, Ertel W, Platz A, Trentz O. Die kombinierte Operation von Frakturen des thorakolumbalen Übergangs mit der Inlay-Span-Technik. Orthopäde 1999; 28: 432 ± 440 11 Kostuik JP. 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Krödel), Klinik am Eichert, Unfallchirurgische Klinik, Göppingen (Prof. Dr. C. Ulrich, Dr. J. Nothwang), Medizinische Hochschule Hannover, Unfallchirurgische Klinik (Prof. Dr. M. Blauth, PD Dr. L. Bastian, PD Dr. C. Knop, Dr. U. Lange), Städtisches Klinikum Karlsruhe, Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie (Prof. Dr. U. Pfister, Dr. D. Brücher), Klinikum Groûhadern, LMU, Unfallchirurgische Klinik, München (Prof. Dr. G. Lob), Städtisches Krankenhaus Harlaching, Unfallchirurgische Klinik, München (PD Dr. H. Hertlein), Queens Medical Centre, Nottingham, GB (J. K. Webb, FRCS), Klinikum der Universität Regensburg, Unfallchirurgische Klinik (Prof. Dr. M. Nerlich, Dr. C. Neumann), Centre of Spinal Disorders, Thornton, USA (M.E. Janssen, D.O.), Universitätsklinik Würzburg, Abteilung für Unfallchirurgie (Prof. Dr. A. Weckbach), Universitätsspital Zürich, Unfallchirurgische Klinik (Dr. T. Kossmann). 5 7 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Zusammenfassend kann das Synex für ein breites Spektrum von Läsionen der Brust- und Lendenwirbelsäule eingesetzt werden. Das Einbringen gelingt problemlos und durch das In-situAufspreizen können beliebige Defektgröûen überbrückt werden. In vielen Fällen erwies sich jedoch das Spreizinstrumentarium in der bisherigen Form als nicht kräftig genug, so dass ein neues, kräftigeres Instrument entwickelt wurde. Bisher ist kein Fall von Implantatversagen und keine Synex-Dislokation bekannt geworden. Als weitere Konsequenz aus dieser Dokumentationsserie wurde eine zusätzliche Spacergröûe etabliert und das Implantatdesign an den Abstützplatten modifiziert.