17.11.2016 Großteil der tschechischen Wohngebäude muss energetisch saniert werden Laut Aktionsplan für Energieeffizienz gibt es in Tschechien 1,77 Mio. Wohnhäuser, davon rund 1,5 Mio. Eigenhei­ me und 211.000 Mehrfamilienhäuser. Das Regionalministerium schätzt das Durchschnittsalter der Mehrfamilien­ häuser auf rund 52 Jahre, der Einfamilienhäuser auf 49 Jahre. Damit ist der Gebäudebestand etwas älter als im EU-Durchschnitt. Drei Viertel aller Wohngebäude wurden vor 1990 gebaut, als Energieeffizienz nur eine untergeordnete Rolle spielte. Bis 2014 sollen 25% der Eigenheime und 40% der Mehrfamilienhäuser energetisch saniert worden sein. Allerdings bezog sich das in der Regel nur auf die Wärmedämmung der Fassade und den Austausch der Fenster. Altersstruktur der Gebäude (Anteile in %) Baujahr Wohngebäude (bewohnt) Öffentliche Gebäude bis 1919 13,0 k.A. 1920 bis 1990 62,5 k.A. 1991 bis 2011 22,5 k.A. unbekannt 2,0 k.A. Insgesamt (Anzahl) 1.772.909 600.567 Quellen: Tschechisches Statistikamt - Zensus 2011, Fachverband Sance pro budovy 2014 Im Nichtwohnungssektor ist die Datenlage schwieriger. Dem Aktionsplan für Energieeffizienz zufolge gibt es über 600.000 Gebäude im Land, die nicht als ständiger Wohnsitz genutzt werden. Dazu gehören etwa 280.000 Wochenend- und Ferienhäuser, 90.000 Garagen sowie mehr als 78.000 öffentliche Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten, Sportstätten oder Forschungszentren. Die gesamte Gebäudefläche im Nichtwoh­ nungssektor wird auf über 260 Mio. qm geschätzt, wovon etwa die Hälfte beheizt wird. Wohnungsbau weit entfernt von früheren Volumina Zu sozialistischen Zeiten wurden auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik jährlich bis zu 100.000 Wohnungen fertiggestellt. Dieses Niveau wird inzwischen bei weitem nicht mehr erreicht. Auf dem Höhepunkt des Wirtschaftsbooms nach dem EU-Beitritt wurden pro Jahr maximal rund 40.000 Wohneinheiten übergeben. Inzwischen liegt der Wert bei unter 25.000. Vorgesehene Modernisierung und Neubau von Gebäuden (Anzahl und Wert der erteilten Baugenehmigungen in Mio. Euro) *) 1 www.gtai.de Jahr Neubau Modernisierung Wohngebäude Nichtwohngebäud­ Wohngebäude Nichtwohngebäude e Anzahl Wert Anzahl Wert Anzahl Wert Anzahl Wert 2014 11.929 2.009 6.180 1.345 16.198 777 11.347 1.276 2015 12.926 2.208 5.893 1.371 15.960 782 10.896 1.512 1. Hj. 2016 6.861 1.070 3.159 993 8.632 381 5.779 988 *) Wechselkurs 2014: 1 Euro = 27,533 Kc, 2015 = 27,283 Kc, 1. Halbjahr 2016 = 27,039 Kc Quellen: Tschechisches Statistikamt, Tschechische Nationalbank Seit 1.1.16 sollen alle neuen öffentlichen Gebäude mit mehr als 1.500 qm Fläche dem Standard eines Niedrigener­ giehauses („Fast-Nullenergiehaus“) entsprechen. Der Großteil des Energiebedarfs soll aus erneuerbaren Energie­ quellen stammen. Ab 2020 müssen alle neuen Gebäude Niedrigenergiestandards einhalten. Zeitplan für die Verpflichtung, ausschließlich Niedrigenergiehäuser zu bauen *) Gesamte energiebezogene Fläche des Gebäudes Öffentliche Gebäude Sonstige Gebäude Mehr als 1.500 qm 1.1.16 1.1.18 Mehr als 350 qm 1.1.17 1.1.19 Weniger als 350 qm 1.1.18 1.1.20 *) definiert als „Gebäude mit fast Nullenergieverbrauch“, das heißt Gebäude mit sehr niedrigem Energiever­ brauch, der zu einem großen Teil aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird Quelle: Gesetz über die Energiewirtschaft 406/2000 Eine konkrete Definition des maximalen Energieverbrauchs in verschiedenen Gebäudetypen gibt es bislang nicht. Bei Neubauten von Wohngebäuden, Hotels oder Produktionsgebäuden findet die Verordnung 78/2013 über den Energieverbrauch von Gebäuden Anwendung. Sie legt fest, dass der Wärmekoeffizient neuer Gebäude höchstens 80% des Referenzwertes ähnlicher bestehender Gebäude betragen darf. Bei „FastNullenergiehäusern“ liegt der Höchswert bei 70%. Energetische Anforderungen an Bauteile im Neubau (Stand 2016) *) 2 www.gtai.de Bauteil U (max) Anforderung U Passivhaus empfohlen Außenwand 0,30 0,18 – 0,12 Dach bis 45 Grad Neigung / über 45 Grad 0,24 / 0,30 0,15 – 0,10 / 0,18 – 0,12 Bodenplatte ohne Erdeinfluss / mit Erdeinfluss 0,45 / 0,85 0,22 – 0,15 / 0,45 – 0,30 Fenster im beheizten Raum 1,50 0,80 – 0,60 Dachfenster im beheizten Raum / im temperierten 1,40 / 2,6 0,9 / 1,40 1,7 0,90 Raum Türen und Tore im beheizten Raum *) U = Wärmedurchgangskoeffizient (Watt pro qm und Kelvin; W/K qm), Reduktionskoeffizient des durch­ schnittlichen Wärmedurchgangskoeffizienten für Neubau 0,8 und für Gebäude mit fast Nullenergieverbrauch 0,7 des Referenzwertes Quelle: Technische Norm CSN 73 0540-2:2011, Portal TZB-info Die Regierung hat für ihre Strategie zur Sanierung des nationalen Gebäudebestandes das Einsparpotenzial durchrechnen lassen. So könnte bei einer durchschnittlichen energetischen Sanierung der Wohngebäude allein der Aufwand für Heizung um 45% gesenkt werden. Zusammen mit Warmwasseraufbereitung und Beleuchtung läge der Einspareffekt jährlich bei über 92 PJ. Bei einer Renovierung aller Wohngebäude nach Passivhausstan­ dard könnte der Energieverbrauch sogar um 155 PJ sinken. Die Investitionen dafür sind enorm. Wie der Fachverband Sance pro budovy im Auftrag der Regierung ermittelt hat, kostet allein die Standardmodernisierung der äußeren Hülle aller bislang nicht sanierten Wohngebäude 915 Mrd. Kc (34 Mrd. Euro). Weitere 218 Mrd. Kc (8 Mrd. Euro) müssen in Heizungs-, Lüftungs-, Mess- und Regel­ technik fließen. Außerhalb des Wohnungssektors gibt es ähnlich viel Potenzial. Die Gebäude des Dienstleistungssektors und der Landwirtschaft verbrauchen pro Jahr 124 PJ Energie. Davon entfallen 85% auf Wärmeerzeugung, 7% auf Be­ leuchtung und 6% auf die Warmwasseraufbereitung. Etwa 55 PJ Verbrauch könnten jährlich durch Investitionen in effizientere Gebäude eingespart werden. Sance pro budovy erwartet mindestens 400 Mrd. Kc (fast 15 Mrd. Euro) Investitionsaufwand. Text: Gerit Schulze Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck – auch teilweise – nur mit vorheriger ausdrücklicher Genehmigung. Trotz größtmöglicher Sorgfalt keine Haftung für den Inhalt. © 2017 Germany Trade & Invest 3 www.gtai.de Gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bun­ destages. 4 www.gtai.de