2. Teil: Informationsgrundlagen des internationalen Marketing A. Rahmenbedingungen des internationalen Marketing Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 1 I. Überblick Systematik der Rahmenbedingungen Globale Rahmenbedingungen • Sie betreffen alle Unternehmen, die in einem bestimmten Land tätig sind, unabhängig davon, welcher Branche sie angehören Branchen- und Wettbewerbsfaktoren • Sie betreffen Unternehmen, die in bestimmten Branchen tätig sind • Hier wird die konkrete Marktstruktur analysiert. Unternehmensinterne Situation • Stärken und Schwächen in Bezug auf das Auslandsengagement • Dabei gilt: welche Faktoren relevant sind, hängt von der konkreten Situation ab! Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 2 II. Globale Rahmenbedingungen Faktoren Globale Rahmenbedingungen Ökonomische Faktoren Politisch-rechtliche Faktoren Soziokulturelle Faktoren Geographische Faktoren Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli Beispiele Marktgröße Bruttosozialprodukt Pro-Kopf-Einkommen Kaufkraft Zinsentwicklung Wechselkursentwicklung Lohnkosten Heimat- und Gastlandrecht Internationales Recht politische Stabilität Arbeitskämpfe Wirtschaftsabkommen tarifäre und nichttarifäre Handelshemmnisse Sprache und Religion Werte und Normen Gepflogenheiten Bildungsstand soziale Institutionen und soziales Verhalten Klima Topographie Ressourcen Infrastruktur 3 II. Globale Rahmenbedingungen Ökonomische Faktoren • Größe und Eigenschaften des Marktes • Größe des Marktes ist ein Indikator für Marktvolumen und Marktpotenzial; gibt Ausdruck über die Marktchancen eines bestimmten Produkts. • Beispiel Indien: Ø Pro-Kopf-Einkommen sehr gering, aber: 5 % der Bevölkerung erreichen ein Pro-Kopf-Einkommen wie der Ø amerikanische Bürger • ist immerhin ein Marktpotenzial von der Größe Kanadas! • Bevölkerung • In vielen Entwicklungsländern ist die Bevölkerungszahl immer noch stark wachsend; in vielen westlichen Industrieländern stagniert sie. • Wirtschaftskraft: • Die ärmsten Länder mit weniger als 756 US-$ pro Kopf machen fast 40 % der Weltbevölkerung aus, ihr Anteil am Weltsozialprodukt beträgt aber knapp über 3 %. • Von steigender Bedeutung ist dabei der pazifische Raum (Thailand, die Philippinen und Indonesien) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 4 II. Globale Rahmenbedingungen Politisch-rechtliche Faktoren Rechtssystem Rechtsordnung eines Staates • Common Law: basiert auf Tradition, Praktiken der Vergangenheit etc.; typischerweise für den angelsächsischen Raum (GB, USA, Indien, Australien) • Code Law: basiert auf einem umfassenden Katalog von Vorschriften (D, I, F) • Sonstige Rechtssysteme, z.B. islamische Länder. • Erhebliche Konsequenzen z.B. für Warenzeichen Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 5 II. Globale Rahmenbedingungen Politisch-rechtliche Faktoren Heimatlandrecht • Handelsverbote (z.B. in arabischen Ländern gegen Israel) • Anti-Boykott-Gesetze • Kartell- und Steuerrecht • … Gastlandrecht • Rechtsregeln für die Geschäftsabwicklung, z.B. Export- und Importrestriktionen, Recht des Währungs- und Kreditwesen (Gewinntransfer!), Steuerrecht (wichtig für die internationale Standortwahl!) • Wettbewerbsrecht, z.B. Werbebeschränkungen für bestimmte Produkte • Gesetzliche Regelungen über bestimmte Produkteigenschaften (z.B. Inhaltsstoffe) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 6 II. Globale Rahmenbedingungen Politisch-rechtliche Faktoren Internationales Recht • Supranationale rechtliche Regelungen • dienen dazu, einen internationalen Rechtsrahmen für den grenzüberschreitenden Waren-, Dienstleistungs- und Informationsverkehr zu schaffen • Sie umfassen Regelungen und Abkommen, welche von bestimmten Ländern respektiert werden (z.B. EU-Richtlinien) • Sie können freiwilligen Charakter haben oder aber bindend sein Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 7 II. Globale Rahmenbedingungen Politisch-rechtliche Faktoren • Politisches System eines Landes (kapitalistisch, sozialistisch. Islamisch, Diktatur… • Politische Risiken politische Konflikte (Bürgerkriege) Souveränitätsbestrebungen Rolle des Militärs politische Interventionen (Enteignung, Konfiszierung) Rolle der Religion (insbes. islamische Länder) • Protektionistische Maßnahmen, z.B. Importkontrollen zum Schutz der heimischen Industrie • Nichttarifäre Handelshemmnisse wie Subventionen, Ausgleichszölle, restriktive Devisen-Bestimmungen, Mindestpreisfestsetzungen, u.ä. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 8 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Sprache • Sprache ist eine der größten Barrieren für internationales Marketing • insbesondere relevant für Werbung, Markenname, Verpackungsgestaltung • Bei Übersetzungen ist lokale Unterstützung erforderlich • Beispiel: Slogan „Body by Fisher“ wurde ins Flämische als „Leiche von Fischer“ übersetzt • Selbst in Ländern mit gleicher Sprache werden Begriffe unterschiedlich aufgefasst, oder für denselben Sachverhalt werden verschiedene Begriffe verwendet • Beispiel: „Staubsaugen“ heißt in GB „to hoover“, in den USA „to vacuum“. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 9 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Religion • Religion hat starken Einfluss auf Wert- und Normengefüge; • kann sogar zur grundsätzlichen Ablehnung bestimmter Produkte führen (z.B. Alkohol in islamischen Ländern) • In moslemischen Ländern ist das Zeigen lebender Objekte (Menschen, Tiere) unerwünscht bzw. verboten. • Manche Tiere werden in bestimmten Ländern als heilig empfunden, z.B. die Kuh in Indien Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 10 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Werte und Normen • Kultur im Zielland kann Produkte ablehnen, die nicht im eigenen Land hergestellt wurden • andererseits können kulturelle Unterschiede den Verkauf fördern, wenn dadurch Prestige, Status oder Luxus suggeriert werden (z.B. „American way of life“ in Asien) • Made-in-Image (z.B. „Made in Germany“ bei technischen Produkten). • Wahrnehmung von einzelnen Wörtern, Objekten und Symbolen. (Beispiel: In Europa wird weiß mit Reinheit assoziiert, in Asien oft mit Tod und Trauer) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 11 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Gepflogenheiten • Produktverwendung Beispiel: Orangensaft wird in den USA zum Frühstück getrunken, in Frankreich und in Italien ist es ein Erfrischungsgetränk → unterschiedlicher Produktnutzen →unterschiedliche Produktpositionierung • Unterschiedliche Auffassungen bestimmter Konzepte Beispiel Sauberkeit: Ein Japaner hält es für unhygienisch, sich in einer Badewanne ein- und abzuseifen - das geschieht außerhalb. • Bedarfsstrukturen Beispiel: In Entwicklungsländern sollten Güter des täglichen Bedarfs tendenziell in größeren Packungen angeboten werden, da die Familien i.d.R. größer sind als im Westen; dagegen sollten Luxusprodukte in kleineren Packungen angeboten werden, da sonst zuwenig Leute sich das Produkt leisten können. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 12 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Bildung • Eine hohe Analphabetenquote erfordert den Gebrauch visueller und verbaler Appelle (Fernsehen, Radio) • Kommunikation sollte nicht über Print-Medien erfolgen. • Auch Konsumgewohnheiten hängen oft vom Bildungsniveau ab, z.B. Klassik-CD’s, Bücher, Theater, Museen etc. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 13 II. Globale Rahmenbedingungen Soziokulturelle Faktoren Soziale Institutionen und soziales Verhalten • Soziale Struktur z.B. Anteile der oberen, mittleren und unteren Klasse in der Bevölkerung beeinflusst die Wahl der relevanten Marktsegmente in den verschiedenen Ländern Oft ist sie abhängig von der Religion, z.B. in Indien. • Soziale Institutionen beeinflussen die Art und Weise, wie die Personen miteinander verbunden sind, z.B. Größe und Zusammensetzung von Familien Rolle von Männern und Frauen im KaufentscheidungsProzess. • Soziales Verhalten Art und Weise des Umgangs der Menschen einer Kultur untereinander Verhalten gegenüber Fremden Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 14 II. Globale Rahmenbedingungen Geographisch-infrastrukturelle Faktoren Klima • Höhe, Feuchtigkeit, Temperatur (beeinflussen zum einen Nachfrage nach bestimmten Produkten, zum anderen deren Funktionsfähigkeit z.B. in tropischen oder staubigen Umgebungen) Topographie • Natürliche Barrieren führen zu natürlichen Marktsegmenten, teilweise voneinander isoliert und mit unterschiedlichen Kulturen • logistische Problemen aufgrund großer Entfernungen, Witterungsverhältnisse usw. Ressourcen • Verfügbarkeit von Bodenschätzen • Möglichkeit der Herstellung von Energie • damit Aufkommen von Märkten, die erschlossen werden können. Infrastruktur • Größe und Entwicklungsstand der Verkehrsnetze • vorhandene Transportmittel, Verkehrsknotenpunkte (z.B. Häfen), Umschlagplätze • Kommunikationsinfrastruktur, z.B. Medienstruktur, Telefondichte, Postsystem Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 15 III. Branche und Wettbewerb Branche und Wettbewerb Branchenstruktur Wettbewerber Lieferanten Abnehmer Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli Marktform Eintrittsbarrieren Kapitalintensität der Branche Wertschöpfung innerhalb der Branche technischer Wandel innerhalb der Branche Art, Anzahl und Größe der Konkurrenten Wettbewerbsintensität Leistungsprogramm der Konkurrenten Marktanteile Konzentrationsrate der Lieferanten Art, Anzahl und Größe der Lieferanten Qualität von Rohstoffen und Vorprodukten Angebot an Arbeitskräften und Nominalgütern Endverbraucher Handel Nachfrageverhalten Nachfragemacht des Handels Bedürfnisstruktur Einkaufsvolumen der Händler Beschaffenheit und Größe Konzentrationsrate des der Marktsegmente Handels Preisbereitschaft Distributionsstrukturen Stellung der Produkte im PLZ 16 III. Branche und Wettbewerb Branchenstruktur • Branchenstruktur beschreibt die allgemeinen Charakteristika des Industriesektors, in dem das Unternehmen tätig ist • sie variiert oft von Land zu Land und sie bestimmt in hohem Maße die Art des Wettbewerbs Faktoren: • Marktform (oligopolistisch, polypolistisch) • Eintrittsbarrieren (z.B. Nationalismus führt zur Ablehnung ausländischer Produkte; Subventionen für heimische Anbieter, Importkontrollen etc.) • Kapitalintensität der Branche (z.B. weniger kapitalintensive Technologien in Niedriglohnländern geeignet) • Wertschöpfung innerhalb der Branche (→ Gewinnchancen) • technischer Wandel innerhalb der Branche ( → Dynamik) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 17 III. Branche und Wettbewerb Wettbewerber Konkurrenzfaktoren: • Art der Konkurrenten (lokale, ausländische, etc.) und Anzahl • relative Größe der Konkurrenten • Wettbewerbsintensität/ Rivalität unter den Konkurrenten • Produktions- und Absatzprogramm der Konkurrenten nach Breite und Tiefe • Marktanteilsentwicklung der einzelnen Wettbewerber Generell gilt: • Zunehmender Trend zur Globalisierung des Wettbewerbs • Oft Konsequenz: Ländermarktausgleiche (Cross subsidizing) • Verzicht auf Preis- und Werbeschlachten auf den gleichen Märkten; • Steigende Konkurrenzintensität im europäischen Binnenmarkt Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 18 III. Branche und Wettbewerb Lieferanten • Insbesondere wichtig, wenn man Direktinvestition plant • alle Beschaffungsmärkte des Unternehmens • insbes. ist zu prüfen, ob lokale Lieferanten in Frage kommen oder besser die bisherigen Stammlieferanten im Heimatland beibehalten werden sollen. Lieferantenfaktoren: • Art, Anzahl und Größe der Lieferanten • Konzentrationsrate der Lieferanten • Qualität von Rohstoffen und Vorprodukten • Angebot an Arbeitskräften und Nominalgütern Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 19 III. Branche und Wettbewerb Abnehmer Endverbraucher • Nachfragerverhalten, z.B. Kaufriterien, Bedarfshäufigkeit, spezifische Produktanforderungen, Markenwahlverhalten, Einstellungen, Präferenzen • Entwicklung der Bedürfnisstruktur: Werden durch dasselbe Produkt in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Bedürfnisse befriedigt? (z.B. Fahrrad) • Beschaffenheit und Größe der einzelnen Marktsegmente: Bestehen länderübergreifende Segmente mit gleichen Bedürfnissen? • Preisempfindlichkeit der Konsumenten (ist abhängig von der Kaufkraft in verschiedenen Ländern; →oft internationale Preisdifferenzierung erforderlich) • Stellung der Produkte im Lebenszyklus in den verschiedenen Ländern: Einsatz der Marketing-Instrumente in den verschiedenen Phasen des PLZ unterschiedlich Industrielle Abnehmer • stärker koordiniertes, zentralistisches und einheitliches Nachfrageverhalten • Vor allem Vorprodukte werden auf globaler Basis weitgehend zentral eingekauft, um eine länderübergreifend gleichmäßige Qualität zu erhalten. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 20 III. Branche und Wettbewerb Abnehmer Handel • Nachfragemacht des Handels • Einkaufsvolumen der Händler • Konzentrationsrate • Internationalisierung des Handels (Nutzung eines länderübergreifenden Distributionssystems!) • Handelsstruktur: wichtig für internationale Distribution, z.B. in südlichen Ländern eher viele kleine Einzelhandelsgeschäfte, in nördlichen Ländern mehrere große Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 21 IV. Unternehmensspezifische Faktoren Unternehmensziele Finanzkraft Produktmerkmale Personal Produktionskapazität Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli globale Unternehmensziele sowie spezifische Marketingziele bzgl. des Auslandsengagements Unternehmenskultur (Grundorientierung des Managements, Risikobereitschaft, Einstellungen zu bestimmten Ländern) Eigenkapitalausstattung Höhe des finanziellen Überschusses Möglichkeiten der Eigen- und Fremdfinanzierung Waren-, Forderungs- und Verbindlichkeitsbestand Beziehungen zu Banken Produktqualität Standardisierbarkeit der Produkte Umfang der anzubietenden Nebenleistungen Anforderungen an Markierung und Verpackung Generelle Kenntnisse über internationale Abwicklungstechniken (Vertragsgestaltung, Finanzierungsabwicklung, Risiko-Management) Kenntnisse über die einzelnen Auslandsmärkte (potenzielle Geschäftspartner, Distributionswege...) Praktische Erfahrungen im Ausland vorhandene Kapazität Kapazitätsauslastung 22 2. Teil: Informationsgrundlagen des Internationalen Marketing B. Internationale Marktforschung Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 23 Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 24 I. Besonderheiten der Auslandsmarktforschung (1) Neue Parameter • Das Unternehmen wird mit einer Vielzahl von Faktoren konfrontiert, die im nationalen Markt nicht gegeben sind • Beispiel: Zölle, unterschiedliche Währungen, unterschiedliche Transportmethoden usw. (2) Neues Umfeld • Z.B. Kultur, politisches System, Rechtsnormen, Steuersysteme (3) Breitere Definition des Wettbewerbs • Abgrenzung des relevanten Marktes kann von Land zu Land unterschiedlich sein; • oft unterschiedliche Konstellationen von Wettbewerbern für dasselbe Produkt (4) Hoher zeitlicher und finanzieller Aufwand für Primärforschung • Forschungsdesigns komplexer als bei nationalen Untersuchungen • länderübergreifende Koordination der Forschungsaktivitäten erforderlich • Schwerpunkt daher häufig auf Sekundärforschung. (5) Unzuverlässigkeit der sekundärstatistischen Daten • Veraltetes Datenmaterial • nicht vergleichbare Untersuchungsdesigns bis hin zu politisch bedingten „Verschönerungen“ von Daten. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 25 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Aktualität • insb. bei sekundärstatistischen Daten von Relevanz Güte • Objektivität, Reliabilität und Validität der erhobenen Daten Entscheidungsrelevanz • Datensammlung, welche zur Entscheidungsvorbereitung und –findung wichtig ist Wirtschaftlichkeit • Generell gilt: Zunächst sind kostengünstige Informationsquellen auszuschöpfen • Aber: ist im Zusammenhang mit deren Qualität und Relevanz zu sehen! Vergleichbarkeit (Äquivalenz) • Besondere Bedeutung wg. des vergleichenden Charakters länderübergreifender Marktforschungsmaßnahmen • Vergleichbarkeit ist häufig nicht durch ein standardisiertes Vorgehen in den einzelnen Ländern zu erreichen Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 26 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungseinheiten Äquivalenz der Untersuchungsmethoden Definitionsäquivalenz Auswahläquivalenz Erhebungsmethodische Äquivalenz Befragungstaktische Äquivalenz Übersetzungsäquivalenz Meßmethodische Äquivalenz Äquivalenz der Untersuchungssachverhalte Funktionale Äquivalenz Konzeptionelle Äquivalenz Kategoriale Äquivalenz Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli Äquivalenz der Untersuchungssituationen Zeitliche Äquivalenz Interaktionsäquivalenz Äquivalenz der Erhebungsdaten in der internationalen Marktforschung Äquivalenz der Untersuchungsdatenaufbereitungen Äquivalenz der Responseübersetzungen Äquivalenz der Responsekategorisierungen 27 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungssachverhalte • Funktionale Äquivalenz Die zu erhebenden Daten sollen funktional identische Sachverhalte abbilden Beispiel: unterschiedliche Funktion des Fahrrads in verschiedenen Ländern • Konzeptionelle Äquivalenz Wenn die Operationalisierungen der zu erforschenden theoretischen Konstrukte in einer äquivalenten Relation zu diesen Konstrukten stehen wenn also in jedem Land die interessierenden Konstrukte durch geeignete Indikatoren wiedergegeben werden Beispiel: Messung des Konstruktes „Ehrgeiz“auf Basis länderspezifischer Indikatoren • Kategoriale Äquivalenz Wenn die Kategorisierungen von Objekten, Stimuli oder Verhaltensweisen allen nationalen Besonderheiten Rechnung tragen Z.B. Zuordnung gleicher Produkte zu international unterschiedlichen Produktkategorien (Bier!), unterschiedliche Kategorisierungen von sozioökonomischen Merkmalen (z.B. Berufsklassifikationen) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 28 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungsmethoden • Erhebungsmethodische Äquivalenz Berücksichtigung der Kulturgebundenheit von Untersuchungsmethoden • Befragungstaktische Äquivalenz länderspezifische Anpassung von Frageform, Frageformulierungen sowie Befragungsdauer Ziel: Verhindern ländertypischer Verzerrungen der Untersuchungsergebnisse (z.B. durch Höflichkeitsbias oder sozial erwünschte Anworten) • Übersetzungsäquivalenz Übersetzungen müssen den ursprünglichen Sinn (z. B. eines Fragebogens) wiedergeben Methode: Rückübersetzung • Messmethodische Äquivalenz Einsatz entweder kulturspezifischer Messmethoden (z.B. international differenzierter Rating-Skalen) oder aber kulturfreier Messmethoden (z.B. Semantisches Differenzial) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 29 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungseinheiten • Definitionsäquivalenz fordert eine gleichwertige empirische Definition der Untersuchungseinheiten bei Total- oder Teilerhebungen (z.B. Vielverwender). Ein Vielverwender von Erfrischungsgetränken in den USA konsumiert z.B. ein Vielfaches an Erfrischungsgetränken im Vergleich zu einem sog. Vielverwender in Indien • Auswahläquivalenz Spezifizierung der nationalen Stichprobenpläne, um eine äquivalente Repräsentanz der nationalen Stichproben zu erzielen Z.B. ist davon auszugehen, dass die Streuung in der Grundgesamtheit – und damit die erforderliche Stichprobengröße – von Land zu Land variiert. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 30 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungssituationen • Zeitliche Äquivalenz Feldarbeit in den zu untersuchenden Ländern so durchzuführen, dass sowohl zeitablaufbezogene Einflussfaktoren (insb. gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen) als auch zeitpunktbezogene Einflüsse (natürlicher, politischer, religiöser oder wirtschaftlicher Art) kontrolliert werden • Interaktionsäquivalenz Kontrolle von Interviewer- und Drittpersoneneinflüssen auf die Untersuchungssituation bei länderübergreifenden Erhebungen sind u.a. auch geschlechtsspezifische und statusbedingte Interaktionseinflüsse sowie kulturspezifische Reaktionsmuster zu berücksichtigen Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 31 II. Anforderungen an internationale Marktforschungsinformationen Äquivalenz der Untersuchungsdatenaufbereitungen • Semantische Äquivalenz bei der Auswertung der nationalen Teilerhebungen zwischen den originären und den übersetzten Antworten (ursprüngliche und übersetzte Antworten müssen dasselbe bedeuten!) • Äquivalenz notwendiger Antwortkategorisierungen (Äquivalenz der Responsekategorisierungen) Z.B. Zusammenfassung von Skalen: Zusammenfassung von „stimme voll und ganz zu, stimme weitestgehend zu“ zu Hauptkategorie „stimme zu“ muss gewährleisten, dass „stimme weitgehend zu“ in allen Ländern als tendenzielle Zustimmung aufgefasst wird, und nicht bereits als partielle Ablehnung • Äquivalenz der länderspezifischen Berichte Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 32 III. Methoden der Auslandsmarktforschung 1. Sekundärforschung • Auswertung bereits vorhandener Informationen. • Daten wurden bereits für andere oder ähnliche Bezugsrahmen erhoben und liegen in Form von Analysen, Zusammenstellungen usw. in veröffentlichter Form vor • Besonders relevant: statistische Veröffentlichungen überstaatlicher Behörden (UNO, EG, OECD, EFTA etc.) einheitliche Erhebungsmethoden internationale Vergleichbarkeit. • Möglichkeiten der internationalen Sekundäranalyse sind in der Vergangenheit stark gewachsen (e-Mail, Internet) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 33 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli Zeit- und Finanzplanung Festlegung der Anforderungen an die Informationsqualität und -quantität Identifizierung, Erfassung und Evaluation der Datenquellen Datensammlung Datenanalyse- und interpretation Ergebnisdokumentation und Präsentation der Forschungsergebnisse Organisatorische Abstimmung mit Auslandsniederlassungen Formulierung von Forschungsproblem und Forschungsziel Organisatorische Abstimmung mit Marktforschungsinstituten Prozess der internationalen Sekundärforschung 34 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Ausgewählte unternehmensinterne Informationsquellen Informationsquellen Umsatz- und Absatzzahlen Auftrags- und Bestellstatistiken Kunden- und Lieferanteninformationen aus Korrespondenzen und Dateien Absatz- und Beschaffungsmittlerdateien Allgemeine Mitarbeiterbefragungen, Betriebliches Vorschlagswesen Außendienstberichte Beschwerdeberichte aus Call Center und Kundenkorrespondenz, Kundendienstprotokolle Einkäuferberichte Managementberichte Vorhandene oder fremdbezogene Marketingstudien Messe-, Ausstellungs- und Tagungsberichte Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 35 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Ausgewählte unternehmensexterne Informationsquellen Informationsquellen Ministerien, Behörden statistische Ämter Handelskammern Wirtschaftsverbände Wirtschaftsforschungsinstitute Botschaften und Konsulate Nationalbanken und Banken Beratungsunternehmen Werbeagenturen Marktforschungsinstitute Verlage (Nachschlagewerke etc.) Repräsentanten internationaler Organisationen Elektronische Datenbanken Handelsförderungsstellen, Ländervereine Informationsangebote von Hilfsbetrieben der Sekundärforschung internationale Messen und Ausstellungen (Kataloge und Berichte) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 36 Ausgewählte deutsche Informationsquellen internationaler Sekundärforschung Afrika-Verein e.V. www.afrikaverein.de Der Afrika-Verein stellt seinen Mitgliedern eine Vielzahl von Informationen über die afrikanischen Märkte zur Verfügung und unterstützt die Mitgliedsunternehmen beim Auf- und Ausbau von Geschäftsverbindungen in Afrika. Außenhandelskammern (AHK) In über 80 Ländern rund um den Globus betreuen rd. 120 AHK-Büros Unternehmen mit Interesse am bilateralen Wirtschaftsverkehr mit und aus Deutschland. In Ländern mit weniger starkem unternehmerischem Interesse und dort, wo eine AHK-Gründung nach deutschem Autonomieverständnis nicht möglich ist, exisitieren Delegationen bzw. Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft. Der BasisLeistungskatalog der AHK-Büros beinhaltet kommerzielle Auskunftsdienste, legislative und administrative Dienste, Markt- und Wirtschaftsanalysen, Informationen zu Technologietransfer und Umweltschutz sowie Handels- und Investitionsförderung. www.ahk.de Auswärtiges Amt (AA) www.auswaertiges-amt.de Über das Auswärtige Amt gelangt man neben außenwirtschaftlichen Informationen auch an Adressen von Botschaften, Auslandshandelskammern etc. Bundesstelle für Außenhandels-Informationen (BfAI) Die BfAI ist eine dem Bundeswirtschaftsministerium nachgeordnete Bundesbehörde. Ein Netz von Auslandskorrespondenten und Mitarbeitern in Deutschland forschen und publizieren zu Märkten, Trends und Geschäftschancen im Ausland. Die BfAI bietet (Online-) Datenbanken zu ihren Publikationen an. Zu der Vielzahl an Sammelwerken, Merkblättern und wöchentlichen Veröffentlichungen gehören bspw. Branchenstudien, Länderanalysen, Informationen zu Zoll-, Steuer- und Rechtsbestimmungen sowie Serien zu Werbung, Messeauftritt, Marktforschung, Vertrieb und Niederlassungsgründung für die verschiedensten Länder. www.bfai.de Industrie- und Handelskammern (IHK) Die IHK gibt mit ihrem Zentralorgan Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) eine Reihe von Publikationen heraus, die neben Informationen zu bestimmten Wirtschaftsräumen auch über Förderungsmöglichkeiten unterrichten. Die Kammern beraten Mitglieder kostenlos individuell zu Möglichkeiten und Problemen der Auslandstätigkeit. www.ihk.de Ostasiatischer Verein e.V. www.oav.de Neben Beratung und Unterstützung seiner Mitglieder beim Auf- und Ausbau von Geschäftsbeziehungen zur Asien-Pazifik-Region stellt der Ostasiatische Verein seinen Mitgliedern eine Vielzahl an Informationen und Publikationen zur Verfügung. Statistisches Bundesamt (Stat. BA) www.destatis.de Neben dem "Statistischen Jahrbuch für das Ausland" publiziert das Stat. BA u.a. die nach Warengruppen und Ländern differenzierte jährliche Außenhandelsstatistik sowie einzelne Länderberichte, vierteljährlich und monatlich erscheinende Veröffentlichungen. Wissenschaftliche Institutionen Bei den verschiedensten wissenschaftlichen Einrichtungen sind Auslandsinformationen erhältlich. Neben der Sammlung, Aufbereitung und Archivierung werden auch eigene Primärerhebungen zu Auslandsmärkten durchgeführt. Zu nennen sind u.a. das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin, das HWWA-Institut für Wirtschaftsforschung in Hamburg, das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, das Institut für Weltwirtschaft an der Universität Kiel, das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München, das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, das Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, die Forschungsstelle für den Handel in Berlin. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 37 Ausgewählte internationale Quellen der Sekundärforschung Beratungsstellen der Europäischen Union, Brüssel (EU) Statistisches Amt der Europäischen Union, Luxembourg (Eurostat) www.europa.eu.int Die EU bietet verschiedenste Informationsdienstleistungen an; von Interesse kann bspw. die EUR-OP Datenbank sein, die Informationen u.a. zu EU-Kontakten, Öffentlichen Ausschreibungen, Statistiken, Bibliografien und universitären Forschungen anbietet. Wichtige Publikationen sind das Eurostat Yearbook, die Demographic Statistics und die Europroms. Dem Eurostat obliegt innerhalb der europäischen Kommission die Aufgabe des Aufbaus eines Systems von europaweit vergleichbaren Informationen. Die den Veröffentlichungen zugrunde liegenden Informationen sind in Datenbanken gespeichert. Die wichtigsten Datenbanken sind CRONOS (Zeitreihen aus allen statistischen Bereichen), COMTEXT (Statistik des Außenhandels der Gemeinschaft und des innergemeinschaftlichen Handels), REGIO (Regionaldaten der Mitgliedsländer). Die Datenbanken sind für nichtbehördliche Nutzer größtenteils über Online-Informationsanbieter wie bspw. WEFA in Frankfurt zugänglich. European Investment (EIB) www.eib.org Die EIB publiziert online ein breites Spektrum an Broschüren zu verschiedenen Themen, etwa Strategien, Länderberichte, technische Studien, ökonomische Analysen u.a. Der Zugang zu den Publikationen ist kostenlos. Bank International Bank for Reconstruction and Development (Weltbank), Washington www.worldbank.org Neben regelmäßig erscheinenden Periodika und Zeitungen gibt die Weltbank auch Forschungsstudien heraus. Wichtige Publikationen sind World Tables, Trends in Developing Countries und The World Bank Atlas. Über die Website besteht Zugang zu einer Vielzahl von Informationen und statistischem Material (z.T. gebührenpflichtig). International Monetary Fund (Internationaler Währungsfond) (IMF) www.imf.org Zusätzlich zu den vom Internationalen Währungsfond herausgegebenen Schriften wie International Financial Statistics und World Economic Outlook können auch Publikationen der Mitgliedsstaaten eingesehen werden. Internationale Handelskammer www.iccwbo.org Die Internationale Handelskammer gibt Publikationen unter Anderem zu den Bereichen Banken und Finanzen, Internationaler Handel und Verträge wie Key Words in International Trade und The Law of International Trade heraus. Organisation for Economic Cooperation and Development, Paris (OECD) www.oecd.org Die OECD veröffentlicht eine Vielzahl an Publikationen, bspw. OECD Economic Outlook, Monthly Statistics for Foreign Trade, The OECD Member Countries. Darüber hinaus stellt die OECD – teilweise gegen Gebühr – eine Vielzahl an Berichten, Länderstudien usw. zu den verschiedensten Themen zur Verfügung. Vereinte Nationen (UN), New York www.un.org Die UN veröffentlicht mit ihren Unterorganisationen eine Vielzahl von Publikationen wie Statistical Yearbook of the United Nations, World Economic Survey, World Trade Annual. Online sind zahlreiche Publikationen und Statistiken verfügbar. World Trade Organisation (WTO) www.wto.org Die WTO veröffentlicht bspw. the WTO Annual Report und World Trade in Commercial Services. Darüber hinaus besteht über die Website Zugang zu zahlreichen Publikationen zu verschiedenen Themen wie Wirtschaft, Recht, Umwelt usw. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 38 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Qualitätskriterien Internationaler Sekundärforschung Inhaltliche Qualität: Entscheidungsrelevanz Formale Qualität: Äquivalenz Aktualität Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli Vollständigkeit Datengenauigkeit - Objektivität -Professionalität -Originärität 39 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Äquivalenzprobleme Internationaler Sekundärforschung Äquivalenzprobleme - begriffliche Unterschiede, linguistische Lücken kategoriale/klassifikatorische Unterschiede unterschiedliche Strukturdaten differierende Messeinheiten unterschiedliche Grundgesamtheiten (räumlich, demographisch) divergente Stichprobenziehungen unterschiedliche Erhebungszeiträume/-stichtage/-rhythmen Unterschiede bei den Auswertungsmethoden Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 40 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Vollständigkeit • Die Vollständigkeit wird häufig durch Informationslücken unterlaufen. • Grund: Intensität der Datenerfassung und Bereitschaft zur Veröffentlichung von Land zu Land häufig unterschiedlich Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 41 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Datengenauigkeit Hängt ab von Objektivität, Professionalität und Originärität Objektivität: • wird in hohem Maße durch die ursprüngliche Absicht der Sammlung und Aufbereitung der Daten bestimmt (z. B. Versuch, ausländische Investoren zu gewinnen) Professionalität: • bei fehlenden personellen und finanziellen Ressourcen der datenerhebenden Einheit problematisch Originärität: • ob es sich um erhobene und veröffentlichte Primärdaten handelt oder die Quelle ebenfalls auf Sekundärdaten beruht Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 42 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Aktualität • Mangelhaft, wenn eine hohe Dynamik des zu untersuchenden Umfeldes vorliegt • Bei vergleichsweise stabilem Umfeld kann ohne weiteres auf existierendes sekundärstatistisches Material zurückgegriffen werden • Fazit: • Sekundärdaten können häufig keine ausreichenden Informationen über Auslandsmärkte liefern. • Informationsbedarf ist durch eigens am Markt durchgeführte Untersuchungen zu decken! Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 43 III. Methoden der Auslandsmarktforschung 2. Primärforschung • Erhebung originärer Daten zum konkreten, aktuellen Forschungsproblem • Muss i.d.R. durch Marktforschungsinstitute erfolgen • Meist hohe Komplexität bei Formulierung eines äquivalenten Untersuchungsdesigns Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 44 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Prozess Internationaler Primärforschung Formulierung von Forschungsproblem und Forschungszielen Definition der Grundgesamtheit und Bestimmung der erhebungsrelevanten Merkmale Entscheidung über Voll- bzw. Teilerhebung Bestimmung der Erhebungsmethoden Bei Teilerhebung Festlegung des Auswahlplans Durchführung der Feldarbeit Datenanalyse und Interpretation der Ergebnisse Organisatorische Abstimmung mit Auslandsniederlassungen Organisatorische Abstimmung mit Marktforschungsinstituten Zeit- und Finanzplanung Kontrolle Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 45 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Formulierung von Forschungsproblem und Forschungsziel Forschungsproblem: • Präzisierung des zu untersuchenden Sachverhalts • Festlegung des konkreten Informationsbedarfs • Formulierung konkreter Fragestellungen, z.B. Was ist unser Marktpotenzial im Land X? Was passiert mit der Nachfrage, wenn wir den Preis um 10% erhöhen? Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 46 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Formulierung von Forschungsproblem und Forschungsziel Forschungsziele: • Explorative Analyse geeignet, wenn man Probleme identifizieren oder präzisieren will, oder wenn man neue Aktionsparameter ergründen will. Erhebung qualitativer Daten • Deskriptive Analyse Beschreibung bestehender Marktphänomene, z.B. Konsumentenmerkmale, Konsumentenverhalten Erhebung quantitativer Daten • Kausale Analyse Gewinnung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen; i.d.R. sind hierzu Längsschnittsanalysen oder Experimente erforderlich. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 47 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Auswahl der Erhebungseinheiten • Vollerhebung aus finanziellen und/oder organisatorischen Aspekten i.d.R. nicht möglich → Teilerhebung • Festlegung eines Auswahlplans Bewusste Auswahl (z. B. Quotenauswahl, Auswahl nach dem Konzentrationsprinzip) Zufallsauswahl Probleme bei der Stichprobenauswahl • Melderegister und Telefonbücher sind nicht in jedem Land verfügbar • Oft keine oder nur wenig Information über soziodemographische Zusammensetzung der Bevölkerung • Oft geschichtete Stichproben erforderlich, wenn Bevölkerung aus heterogenen Gruppen besteht Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 48 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Festlegung der Erhebungsmethode Gebräuchliche Methoden internationaler Marktforschung: • Befragung • Beobachtung • Experiment • Für bedeutende Ländermärkte unterhalten die großen Marktforschungsinstitute auch internationale Panels Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 49 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Befragung • Befragung: Erfassung der relevanten Sachverhalte dadurch, dass die Untersuchungseinheit selbst darüber Auskunft gibt • Nicht-standardisierte mündliche Interviews geeignet für explorative Analysen oder zur Befragung von Länderexperten • Gruppeninterviews können durch Interaktionen weitere Aspekte hervorbringen; ebenfalls geeignet für explorative Analysen • Schriftliche Befragung geeignet für deskriptive u. ggf. explikative Analysen (setzt aber funktionsfähiges postalisches System voraus!) • Telefonische Umfragen ungeeignet bei geringer Telefondichte • Mündliche Umfragen dort geeignet, wo eine schriftliche oder telefonische Befragung nicht möglich oder nicht sinnvoll ist Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 50 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Befragung Frageform • Offene Fragen bei internationalen Studien geeignet, um kulturelle Besonderheiten zu berücksichtigen • Direkte Fragen zu sensiblen Bereichen sind in vielen Ländern ungeeignet Frageinhalt • In verschiedenen Ländern unterschiedliche Fähigkeit, Fragen zu beantworten • Bewusste Falschbeantwortung bei sensiblen Themen (Einkommen!) • Frageinhalte müssen den kulturellen Gegebenheiten angepasst werden Sprachliche Umsetzung • Zentrales Problem: Vermeidung von Missverständnissen • Einfache und klare Formulierung • Es muss sichergestellt werden, dass in jedem Land die Frage auch in derselben Weise verstanden wird. • Methode: Rückübersetzung der übersetzten Form Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 51 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Beobachtung Beobachtung Beobachtung: Erfassung sinnlich wahrnehmbarer Sachverhalte im Augenblick ihres Auftretens • Geeignet, um Verhaltensweisen und Praktiken in den verschiedenen Ländern festzustellen. • Geeignet, wenn man gar keine Kenntnisse über den ausländischen Markt hat • Eher für explorative Analysen geeignet, nicht so sehr für deskriptive und explikative Zwecke Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 52 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Experiment Experiment: Analyse von Ursache-Wirkungsbeziehungen mit Hilfe eines Versuchs • kann auf der Grundlage von Befragungen oder Beobachtungen erfolgen • geeignet für kausale Studien • finden vor allem als Testmarktuntersuchungen Anwendung (z. B. Schweiz oder Belgien als Testmarkt für Westeuropa) • das experimentelle Design muss u.U. von Land zu Land angepasst werden Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 53 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Durchführung der Feldarbeit Physische Datensammlung Probleme: • In manchen Ländern werden Befragungen von der Bevölkerung als sinnlos erachtet • Sprache, Dialekt, Rasse, Geschlecht des Interviewers • Befragungsumgebung (z.B. Präsenz weiterer Familienmitglieder) • Erhebungszeitpunkte bzw. Situationen, die für die Befragung wenig günstig sind (z.B. in islamischen Ländern wenn Frauen allein zu Hause sind) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 54 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Datenanalyse und Interpretation • Verfahren zur Datenreduktion (univariate Verfahren wie Häufigkeitsverteilungen, Lokalisations- und Streuungsmaße; multivariate Verfahren wie Faktorenanalyse) • Verfahren zur Klassifikation (Clusteranalyse, Diskriminanzanalyse, MDS) • Verfahren zur Messung von Beziehungen (Dependenzanalyse wie z. B. Regressionsanalyse, Varianzanalyse, Interdependenzanalyse wie z. B. Kontingenzanalyse, Korrelationsanalyse) • Verfahren zur Präferenzmessung (z. B. Conjoint-Analyse) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 55 III. Methoden der Auslandsmarktforschung Datenanalyse und Interpretation • Neben der eigentlichen Auswertung ist die Interpretation der Ergebnisse häufig schwierig („Glas halb leer oder halb voll“) • insbesondere wenn mehrere Personen aus unterschiedlichen Kulturkreisen an der Interpretation beteiligt sind Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 56 IV. Organisation der internationalen Marktforschung Zentralisierte Marktforschung: • die Erhebung wird vom Heimatland aus geplant und gesteuert. • Ausführungsaufgaben werden hingegen Formen – an externe Marktforschungsinstitute delegiert • Analyse-, Datenauswertungs- und Interpretationsaufgaben verbleiben beim Unternehmen im Heimatland. Beurteilung: • Geeignete Vorgehensweise, um eine internationale Vergleichbarkeit der Daten zu erzielen. • Probleme, wenn im Heimatland unzureichende Kenntnisse der ausländischen Märkte vorhanden sind keine Anpassung des Forschungsdesigns an lokale Gegebenheiten möglich. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 57 IV. Organisation der internationalen Marktforschung Dezentralisierte Marktforschung: • der Rahmen der Untersuchung bzw. die Ziele werden grob durch die Zentrale abgesteckt; • die eigentliche Untersuchung wird vollständig im Ausland durchgeführt. • Ansprechpartner sind für die Mafoinstitute die Auslandsniederlassungen des Unternehmens, die die Mafoaktivitäten steuern. Beurteilung: • Geeignet, wenn sich die Auslandsmärkte sehr voneinander unterscheiden, da dadurch die lokale Situation besser berücksichtigen kann. • Gefahr: Doppelarbeit, mangelnde Vergleichbarkeit der Daten. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 58 IV. Organisation der internationalen Marktforschung Koordinierte Marktforschung: • auftraggebendes Unternehmen entscheidet lediglich über Art, Inhalt, Umfang und Zeitpunkt des Informationsbedarfs. • Ausführung sowie Analyse und Interpretation erfolgen durch das bzw. die externen Mafoinstitute. • Folge: hohe Eigenständigkeit des Mafoinstitutes. Beurteilung: • erfordert einen permanenten Austausch- und Koordinationsprozess zwischen dem Unternehmen und den Mafoinstitut(en) Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 59 IV. Organisation der internationalen Marktforschung Weitere organisatorische Frage: • Sollen jeweils nationale oder ein international tätiges Marktforschungsinstitut betraut werden? • Evtl. kann auch auf Netzwerke, die sich aus jeweils nationalen Mafoinstituten konstituieren, zurückgegriffen werden. Institut für Marketing Univ.-Prof. Dr. Fantapié Altobelli 60