Kartellrecht: Kommission gewährt unabhängigen

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IP/07/1332
Brüssel, den 14. September 2007
Kartellrecht: Kommission gewährt unabhängigen
Werkstätten
freien
Zugang
zu
Reparaturinformationen der Kfz-Hersteller
Die Europäische Kommission hat auf der Grundlage von Artikel 9 Absatz 1
der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 vier Entscheidungen angenommen, die die
Kfz-Hersteller DaimlerChrysler, Toyota, General Motors und Fiat rechtlich
binden, allen unabhängigen Werkstätten in der EU technische Informationen
für
Fahrzeugreparaturen
zur
Verfügung
zu
stellen.
Die
Verpflichtungszusagen der betreffenden Kfz-Hersteller erfolgten, nachdem
eine Untersuchung der Kommission ergeben hatte, dass die Vereinbarungen
zwischen diesen Herstellern und den von ihnen zugelassenen Werkstätten
gegen die Bestimmungen des EG-Vertrags über wettbewerbsbeschränkende
Verhaltensweisen (Artikel 81) verstoßen, weil dadurch unabhängige
Reparaturbetriebe vom Markt gedrängt werden könnten, wenn sie keinen
angemessenen Zugang zu sämtlichen technischen Informationen haben. Die
daraus
resultierende
Wettbewerbseinschränkung
zwischen
den
Autowerkstätten würde für die Verbraucher eine geringere Auswahl und
höhere Preise bedeuten, da unabhängige Werkstätten zumeist günstiger sind
als Vertragswerkstätten - mitunter um über 50 %. Außerdem bestünde die
Gefahr, dass Fahrzeuge, die ohne die entsprechenden technischen
Informationen repariert werden, nicht den Sicherheitsanforderungen
entsprechen
und
zu
Umweltverschmutzung
und
erhöhtem
Treibstoffverbrauch beitragen. Die eingegangen Verpflichtungen sind bis
zum Ablauf der Gruppenfreistellungsverordnung für den Kraftfahrzeugsektor
(Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 der Kommission) im Mai 2010 verbindlich.
Dann wird auch die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Rates über KfzEmissionen in Kraft treten, mit der Fahrzeughersteller verpflichtet werden,
unabhängigen Werkstätten standardmäßig Zugang zu allen technischen
Reparaturinformationen zu gewähren.
Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes erklärte: „Der Wettbewerb zwischen den
Reparaturbetrieben wird zu geringeren Arbeitskosten und günstigeren
Ersatzteilpreisen führen, was letztendlich dem Verbraucher zugute kommt. Die
Entscheidungen kommen zum richtigen Zeitpunkt und bringen eine konkrete Lösung
für die Probleme der unabhängigen Werkstätten, die ohne den Zugang zu den
einschlägigen Reparaturinformationen nicht mehr wettbewerbsfähig wären.“
Der Schutz des Wettbewerbs auf den EU-Märkten für Kfz-Reparatur und Wartung ist
eines der Ziele der Gruppenfreistellungsverordnung für den Kfz-Sektor (Verordnung
(EG) Nr. 1400/2002 der Kommission). Unabhängige Werkstätten sind für den
europäischen Verbraucher wichtig, weil sie Wettbewerbsdruck auf die
Vertragswerkstätten ausüben. So haben Studien ergeben, dass die Preise der
Vertragswerkstätten in Deutschland 16 % über den von unabhängigen
Reparaturbetrieben liegen, während im Vereinigten Königreich die Differenz
zwischen dem Preis für einen Standardservice eines unabhängigen Betriebs und
dem der Vertragshändler der höherpreisigen Marken mehr als 120 % beträgt. Wenn
man bedenkt, dass die über den gesamten Lebenszyklus’ eines Autos entstehenden
Reparatur- und Wartungskosten etwa dem Erstanschaffungspreis eines Wagens
entsprechen, fallen diese Unterschiede umso mehr ins Gewicht.
Autos werden immer technisch immer komplizierter, so dass selbst bei
normalerweise
einfachen
Reparaturen
qualifizierte
Techniker
mit
markenspezifischem Fachwissen notwendig sind. In allen vier Fällen kam die
Kommission zu dem vorläufigen Ergebnis, dass die Kfz-Hersteller den unabhängigen
Werkstätten offenbar bestimmte technische Informationen vorenthalten oder in einer
unangemessenen Art zur Verfügung stellen. Diese offensichtliche Diskriminierung
könnte dazu führen, dass die unabhängigen Werkstätten vom Markt verdängt
werden, was sich sehr zum Nachteil der Verbraucher auswirken dürfte. Die
Verordnung (EG) Nr. 1400/2002 verbietet ein derartiges Verhalten; sie sieht vielmehr
vor, dass den unabhängigen Werkstätten ein gleichberechtigter Zugang zu
sämtlichen Informationen gewährt werden muss, und zwar in einer Form, die den
Erfordernissen der unabhängigen Werkstätten entspricht.
Hintergrund
Die Entscheidungen vom heutigen Tag beruhen auf Artikel 9 der Verordnung (EG)
Nr. 1/2003 des Rates und auf eingehenden Untersuchungen der Zusagen von
DaimlerChrysler, Toyota, General Motors und Fiat, dass sie unabhängigen
Reparaturbetrieben technische Reparaturinformationen bereitstellen und dem
Ergebnis der Konsultationen zu diesen Verpflichtungen Rechnung tragen werden
(siehe IP/07/409). Diese durch die Entscheidungen verbindlich gewordenen
Verpflichtungen lauten in etwa gleich und umfassen drei wesentliche Elemente.
Erstens wird der Begriff „technische Informationen“ geklärt und festgelegt, dass alle
derartigen Informationen, die den Vertragswerkstätten bereitgestellt werden, auch
den unabhängigen Werkstätten zur Verfügung gestellt werden müssen.
Zweitens dürfen Kfz-Hersteller Informationen über Diebstahlsicherungen oder
leistungseinschränkende Funktionen der Bordelektronik zwar zurückhalten, sie
müssen allerdings sicherstellen, dass dies nicht zur Folge hat, dass unabhängige
Werkstätten keine nicht unmittelbar mit diesen Funktionen zusammenhängenden
Reparaturen mehr durchführen können.
Drittens wird durch die Verpflichtungszusagen gewährleistet, dass die unabhängigen
Werkstätten die Informationen ungebündelt und zu einem Preis erhalten, der dem
Gebrauch entspricht, den diese davon machen. Die Parteien einigten sich darauf,
dass die technischen Informationen über Websites bereitgestellt werden, die
während der gesamten Geltungsdauer der Verpflichtungszusagen zugänglich
bleiben. Der Zugang erfolgt nach Zeitfenstern; der dafür zu entrichtende
Stundenpreis wurde in einer Höhe festgelegt, die die Gleichbehandlung zwischen
den unabhängigen Werkstätten und Vertragswerkstätten gewährleistet.
Alle vier Fahrzeughersteller akzeptieren das für die Streitbelegung festgelegte
Schieds- bzw. Vermittlungsgremium.
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Die Entscheidungen sind für den Schutz des Wettbewerbs in dieser Branche von
zentraler Bedeutung und sollten Hersteller anderer Marken dazu veranlassen, die Art
und Weise, wie sie ihre technischen Informationen bereitstellen, genauer unter die
Lupe zu nehmen.
Ein Verstoß gegen die verbindlichen Verpflichtungszusagen gemäß Artikel 9 der
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 wird mit Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % des
Unternehmensumsatzes belegt.
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