ATV Österreich.Trend ATV Österreich.Trend 13. Welle, März 2012 Dr. Peter Hajek Mag. Alexandra Siegl, MSc. Inhaltsverzeichnis Beschreibung der Studie ........................................................................................................ 2 Das Sparpaket ........................................................................................................................ 2 Das Pensionsantrittsalter ....................................................................................................... 4 Demokratiezufriedenheit und Gerechtigkeitsempfinden ...................................................... 3 Zufriedenheit mit Arbeit der Regierung ................................................................................. 5 Kanzlerfrage ........................................................................................................................... 5 Sonntagsfrage ........................................................................................................................ 6 Korruption .............................................................................................................................. 7 Causa Grasser ......................................................................................................................... 8 ATV Österreich.Trend Beschreibung der Studie Seit Anfang 2009 publizieren ATV und Peter Hajek gemeinsam den ATV Österreich.Trend, eine quartalsmäßige Umfrage unter wahlberechtigten Österreicher/innen. Diese an den ARD-DeutschlandTrend angelehnte Erhebung gibt ein Abbild der politischen Großwetterlage sowie aktueller Themen im Land. Im Rahmen der 13. Welle des ATV Österreich.Trend wurden von 12. bis 18. März 2012 1.000 Österreicherinnen und Österreicher repräsentativ für die Gesamtbevölkerung ab 16 Jahren zu ihren politischen Einstellungen befragt. Die Schwankungsbreite der Ergebnisse beträgt maximal +/- 3,1 Prozent. Das Sparpaket Ungleiche Belastung der Österreicher/innen Nur eine Minderheit der Bevölkerung sieht eine gleichmäßige Lastenverteilung durch das von der Regierung kürzlich geschnürte Sparpaket. Auf die Frage, ob dieses im Großen und Ganzen alle Bevölkerungsgruppen gleich belastet, antwortete lediglich ein Viertel der Österreicherinnen und Österreicher mit „eher ja“. 67 Prozent sehen eher eine ungleiche Lastenverteilung, 9 Prozent trauen sich eine Bewertung dieser Frage nicht zu. Die Tatsache, dass die Lasten nicht gleich verteilt sind, heißt jedoch nicht, dass die Österreicherinnen und Österreicher das Paket ablehnen. Schließlich ist ein Teil der Bevölkerung vom Paket gar nicht betroffen und wird ihm dementsprechend entspannt gegenüber stehen. Auch die Entwicklung der Zufriedenheit mit der Regierung und der Sonntagsfrage (siehe weiter hinten) lassen nicht auf eine exorbitante Ablehnung des Sparpakets schließen. In stärkerem Ausmaß eine faire Lastenverteilung sehen Anhänger der Regierungsparteien und der Grünen, sowie Leser von Qualitätszeitungen und höhere Bildungssegmente. Am unzufriedensten mit dem Konsolidierungspaket sind Wähler von FPÖ und BZÖ – im Einklang mit den Vorsitzenden ihrer Parteien. 2 ATV Österreich.Trend Das Pensionsantrittsalter Österreicher skeptisch gegenüber Automatik Dass die Finanzierung der Pensionen mehr und mehr zum Problem wird, haben die meisten Österreicherinnen und Österreicher bereits mitbekommen, der Idee, das Pensionsantrittsalter automatisch anheben zu lassen, wenn die Lebenserwartung ansteigt, steht man aber nichtsdestotrotz kritisch gegenüber. 56 Prozent der Bevölkerung lehnen diese Variante eher ab, immerhin 40 Prozent befürworten die Idee allerdings. Auffallend ist die stärkere Gelassenheit der Generation 50+ beim Thema, die ja mehrheitlich selbst nicht mehr betroffen wäre. 45 Prozent der Über-50-Jährigen befürworten den Vorschlag, während die Zustimmung in jüngeren Alterssegmenten erwartungsgemäß deutlich niedriger ist. Mehrheitlich für ein automatisches Anheben des Antrittsalters bei steigender Lebenserwartung plädieren höhere Bildungssegmente, Anhänger der Grünen und des BZÖ, Menschen aus dem urbanen Raum sowie Leser von Qualitätsmedien. Stark ablehnend stehen dem Vorschlag Wähler von SPÖ und FPÖ, Leser von BoulevardMedien, niedrigere Bildungsgruppen und Menschen aus dem ländlichen Raum sowie tendenziell Frauen gegenüber. Demokratiezufriedenheit und Gerechtigkeitsempfinden Demokratiezufriedenheit bricht ein Erst einmal seit Beginn der Studie vor drei Jahren waren die Menschen mit der Demokratie im Land so unzufrieden wie derzeit, und zwar im Winter 2010, als das letzte Sparpaket geschnürt wurde. Deutlich stärker als das aktuelle Sparpaket spielt in der derzeitigen Lage aber das Thema Korruption eine Rolle. Die täglich neuen Meldungen über ‚Freunderlwirtschaft‘, Korruption und Verfilzung zwischen Politik und Unternehmen lassen das Vertrauen der Menschen in die Demokratie im Land einbrechen. Kritisch sind insbesondere Anhänger von FPÖ, BZÖ und politisch Unentschlossene, niedrigere Bildungsschichten, Leser von BoulevardZeitungen, sowie Menschen, die das Sparpaket als ungerecht verteilt wahrnehmen. 3 ATV Österreich.Trend Mehrheit empfindet die Zustände im Land als ungerecht Auch die Frage, ob es in Österreich alles in allem eher gerecht oder ungerecht zugeht, beantwortet eine Mehrheit negativ. Gerade nach einer wirtschaftlich schwierigen und für so Manche sorgenvollen Zeit, wiegt das Sittenbild, das sich derzeit im Rahmen der Korruptionsfälle zeigt, nämlich dass es sich einige Wenige durchaus gut richten können, noch einmal schwerer. Als besonders ungerecht empfinden die Lage Menschen, die das Sparpaket negativ beurteilen, Wähler von FPÖ, BZÖ und politisch Unentschlossene, niedrigere Bildungssegmente, Menschen im ländlichen Raum, sowie Leser von Boulevard-Zeitungen. 4 ATV Österreich.Trend Zufriedenheit mit Arbeit der Regierung Die Regierung agiert – und die Zufriedenheit steigt Mit der Arbeit der Regierung ist weiterhin eine Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher unzufrieden, die Werte stabilisieren sich aber wieder etwas. Während im Vorjahr zwischenzeitlich der Eindruck der gegenseitigen Blockade der Regierungsparteien vorherrschend war, konnte die Koalition nun vor allem mit dem Sparpaket wieder einen agileren Eindruck vermitteln. Auch wenn die Bevölkerung über das Ausmaß des Pakets sowie einzelne Maßnahmen streiten mag, so ist doch zumindest der Eindruck da, dass die Regierung arbeitet. Zufriedener mit der Koalitionsarbeit sind erwartungsgemäß die Anhänger von SPÖ (56% Zufriedenheit) und ÖVP (43% Zufriedenheit), Menschen, die das Sparpaket als gerecht verteilt empfinden, sowie tendenziell höhere Bildungssegmente und Frauen. Kanzlerfrage Strache legt wieder zu Nach einem Formtief zum Jahreswechsel kann Heinz-Christian Strache im März wieder stärker punkten. Nicht nur, dass die Nachrichten über eine mögliche Neuauflage der Wirtschaftskrise, welche viele Menschen stärker Halt bei den traditionellen Großparteien suchen lassen, wieder stärker abgeklungen sind, auch das Sparpaket der Regierung hat Strache eine Bühne geboten, die Koalition zu kritisieren und sich als Kämpfer für den kleinen Mann bzw. Steuerzahler zu positionieren. Strache punktet vor allem bei Unter-30-Jährigen und niedrigeren Bildungsgruppen. 5 ATV Österreich.Trend Sonntagsfrage Gap zwischen SPÖ und FPÖ wird wieder kleiner Die Regierungsparteien liegen im März wieder etwas schlechter, punkten können in diesem Umfeld FPÖ und BZÖ. Vor allem die Diskussion um das Sparpaket hat den beiden Oppositionsparteien eine Bühne für Kritik und eigener Positionierung geboten. Die derzeit im Untersuchungsausschuss diskutierten Korruptionsaffären können offenbar weder FPÖ noch BZÖ viel anhaben. Das mag einerseits damit zu tun haben, dass ihre Wähler die Vorgänge im Untersuchungsausschuss nicht so genau mitverfolgen, zudem fällt die Zuordnung der involvierten Ex-Politiker aus der Ära Schwarz-Blau zur richtigen Partei (FPÖ oder BZÖ) auch nicht immer ganz leicht. Den beiden Parteien gelingt es bislang, sich von den Korruptionsaffären relativ gut abzugrenzen, nicht zuletzt mit dem Argument, nicht mehr Mitglied der betreffenden Partei zu sein. Die ÖVP hat wieder etwas an Boden verloren. Die Korruptionsvorwürfe an die Partei sind massiv, insofern sind die 23 Prozent Wählerzustimmung in der derzeitigen Situation fast schon ein Erfolg. Die Grünen dagegen können (noch) kein wirkliches Kapital aus dem Untersuchungsausschuss erzielen. Betrachtet man das Wahlverhalten nach soziodemografischen Merkmalen, so fällt auf, dass die SPÖ in stärkerem Ausmaß ältere Menschen anspricht. Sie FPÖ punktet vor allem bei Männern, Unter-30-Jährigen und niedrigeren Bildungsgruppen. Die ÖVP würden in stärkerem Ausmaß ältere Menschen und höhere Bildungsschichten wählen, ebenfalls höhere Bildungssegmente, sowie Frauen, Unter-30-Jährige und Menschen aus dem urbanen Raum fühlen sich von den Grünen angesprochen. Das BZÖ kann in geringfügig stärkerem Ausmaß bei Männern und jüngeren Menschen reüssieren. Personen, die das Sparpaket als gerecht verteilt bewerten, würden erwartungsgemäß auch stärker die Regierungsparteien wählen, jene, die das Paket für ungleich verteilt halten, kann in sehr starkem Ausmaß die FPÖ abholen. 6 ATV Österreich.Trend Korruption „Alle gleich!“ Bei der Frage, inwieweit die unterschiedlichen Parteien anfällig für Korruption sind, ist die Einschätzung „Die sind eh alle gleich“ vorherrschend. Auf einer Skala von 1 „sehr anfällig“ bis 5 „gar nicht anfällig für Korruption“ bewerten die Österreicherinnen und Österreicher ÖVP, BZÖ, FPÖ und SPÖ annähernd gleich – schließlich gibt es ja auch gegen alle vier Parteien Anschuldigungen, die im Rahmen des Untersuchungsausschusses behandelt werden sollen. Die einzige Partei, die sich in diesem Umfeld glaubwürdig von Korruption distanzieren kann, sind die Grünen. Gegen diese gibt es weder aktuell ernsthafte Vorwürfe, noch sind sie aus der Vergangenheit mit Korruptionsaffären in Erinnerung. Mehrheit für Offenlegung aller Parteispenden Eine Mehrheit von 60 Prozent ist vor dem Hintergrund der Korruptionsaffären für eine Offenlegung aller Parteispenden, also auch von Kleinstspenden. In stärkerem Ausmaß gegen eine völlige Offenlegung sind Wähler von ÖVP, BZÖ und – ganz leicht über dem Durchschnittswert – die Wähler der FPÖ. Stärker dafür sind Anhänger von Grünen und SPÖ sowie jüngere Altersgruppen. Besonders die Zustimmung der SÖ-Wähler ist interessant, argumentiert doch die eigene Partei immer gegen die Offenlegung von Kleinstspendern – ist es doch die eigene Spendergruppe. 7 ATV Österreich.Trend Causa Grasser Mehrheit glaubt nicht an die weiße Weste Wie schon im Vorjahr ist weiterhin eine Mehrheit der Bevölkerung der Meinung, dass Karl-Heinz Grasser tatsächlich gegen Gesetze verstoßen hat, und ihm das nicht nur von seinen Gegnern unterstellt wird. Die Bewertung Grassers hat sich im Vergleich zum Vorjahr jedoch etwas verbessert – immerhin wurde er nach wie vor gerichtlich nicht verurteilt. Stärkere Glaubwürdigkeit hat Grasser bei Wählern von BZÖ, FPÖ und ÖVP. Auch die steigende Mehrheit jener, die die Causa nicht beurteilen können oder wollen, sind realiter als GrasserPotential zu werten. Alles in allem: Trotz der jahrelangen Untersuchungen sind ‚nur‘ 53 Prozent davon überzeugt, dass Grasser gegen die Gesetze verstoßen hat. Eigentlich ein beachtlicher Wert. Bei der Frage, ob Grasser denn noch wählbar wäre, wenn die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe gegen ihn fallen lassen und er in die Politik zurückkehren würde, zeigt sich ein sehr stabiles Meinungsklima. So wäre der einstige Polit-Star nur für drei Prozent „sicher“ und für zehn Prozent „wahrscheinlich“ wählbar. Stärkere Unterstützung hätte Grasser wiederum bei Anhängern von BZÖ und FPÖ. Man stelle sich jedoch vor, wenn der ExFinanzminister tatsächlich juristisch unbeschadet aus der Causa aussteigt. Ein politisches Comeback ist nichts gänzlich auszuschließen – nachdem es ja auch eine der wenigen beruflichen Optionen sein wird. 8