5 IEC 60950-21 Zum Zeitpunkt der Drucklegung existiert IEC 60950-21 nur als FDIS mit der Nummer 108/22/FDIS. Einer Veröffentlichung als internationale Norm IEC 60950-21, als Europäische Norm EN 60950-21 und einer Umsetzung als nationale Norm DIN EN 60950-21 (VDE 0805 Teil 21) steht jedoch nichts mehr im Wege. 5.1 Zwei gleichwertige Prinzipien In der künftigen DIN EN 60950-21 (VDE 0805 Teil 21) stehen sich zwei gleichwertige Prinzipien gegenüber. Ein ähnlicher Fall ist bereits in DIN EN 60950-1 (VDE 0805 Teil 1) bei den Rufspannungen entsprechend Anhang M bekannt. Auf diesen Fall soll jedoch hier nicht näher eingegangen werden. Die beiden unterschiedlichen Fernspeiseprinzipien beruhen auch auf unterschiedlichen Sicherheitsprinzipien. Entwickelt haben sich beide Fernspeisearten unabhängig in verschieden Gebieten der Erde. So wurden RFT-V-Fernspeisungen in Nordamerika und RFTC-Fernspeisungen in Europa entwickelt. Die tatsächliche Verbreitung hängt mit den Wirtschaftbeziehungen zu den oben genannten Kontinenten und den marktführenden Firmen ab. 5.1.1 RFT-C-Fernspeisung Der strombegrenzte Fernspeisekreis RFT-C beruht auf der Begrenzung des Stroms auf 60 mA, der bei Berührung den menschlichen Körper durchströmen könnte. Der Grenzwert ist dabei nach den verschiedensten Gesichtspunkten festgelegt. • Der Grenzwert hat einen entsprechenden Abstand (mindestens Faktor 2) vom Grenzwert c1 (siehe Bild 2). Oder • Der Grenzwert errechnet sich aus der Grenzwertkurve b (siehe Bild 2) dividiert durch den Herzstromfaktor (etwa 0,4) für die Beeinflussung von Hand zu Hand. Der Herzstromfaktor ist allerdings bei Gleichstrom nicht exakt definiert. Oder: • Dies ist zwar kein Sicherheitsargument, aber die langjährige Erfahrung aus früheren Systemen und den nationalen Normen führt zum selben Grenzwert. Nimmt man alle drei verschiedenen Dimensionierungsregeln her, so erfüllt der Grenzwert von 60 mA alle diese drei Anforderungen mit entsprechendem Sicherheitszuschlag. 5.1.2 RFT-V-Fernspeisung Die spannungsbegrenzte Version einer Fernspeisung nimmt für sich folgende Kriterien in Anspruch: • Ähnlich den Bedingungen von TNV-Stromkreisen wird die Berührfläche sehr klein angenommen. Das heißt, dass der Hautübergangswiderstand sehr hoch ist und damit der Strom durch den menschlichen Körper sehr gering bleibt. 33 • Mit der Begrenzung der Spannung auf Werte unterhalb von 200 V gegen Erde, bei einer eventuellen Unsymmetrie, ist auf jeden Fall gewährleistet, dass die Hautdurchschlagsspannung nicht erreicht oder gar überschritten wird. Damit bleibt der Hautübergangswiderstand als strombegrenzendes Element erhalten. 5.1.3 Vor- und Nachteile Beide Prinzipien haben deutliche Vor- und Nachteile. An Hand von Bild 6 sollen verschiedene Fernspeisungen einander gegenübergestellt und die speziellen Vorteile aufgezeigt werden. Verglichen werden die Speisereichweiten (Schleifenwiderstand der Fernspeisestrecke) einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung bei folgenden Systemwerten: 1. TNV-Speisung mit 120 V, 2. RFT-V-Fernspeisung mit 140 V, 3. RFT-V-Fernspeisung mit 280 V, 4. RFT-C-Fernspeisung mit 400 V / 60 mA Diese vier Fälle wurden bewusst gewählt, um Grenzen aufzuzeigen. Es handelt sich dabei sowohl um technische als auch um wirtschaftliche Argumente. Bevor genauer auf Bild 6 eingegangen wird, sollten erst alle Nebenbedingungen festgelegt werden. Zu Fall 1: Eine Speisung innerhalb der Grenzen von TNV-Stromkreisen ist nur bis maximal 120 V möglich. Wird über das Telekommunikationsnetz gespeist, was hier berücksichtigt wurde, muss auch der Strom auf 1,3 A begrenzt werden. Eine weitere Grenze bei größeren Schleifenwiderständen ist die Leistungsanpassung. Hierbei liegt am Verbraucher gerade noch die halbe Speisespannung an und stellt eine physikalische Grenze dar. Zu Fall 2 und Fall 3: Eine Begrenzung des Stroms auf Werte unterhalb von 1,3 A ist nur für den Kurzschlussfall relevant. Die Speiseleistung ist auf Werte kleiner 100 W zu begrenzen. Auch hier gelten für höhere Schleifenwiderstände die Bedingungen der Leistungsanpassung. Zu Fall 4: Bei der RFT-C-Fernspeisung ist der Strom auf 60 mA begrenzt. Erst oberhalb von 3000 Ω Schleifenwiderstand ist mit Leistungsanpassung zu rechnen. Man kann aber auch bei größeren Schleifenwiderständen noch mit Konstantstrom arbeiten; die übertragbare Leistung wird dann geringer als im Bild 6 dargestellt. In unserem Bespiel würde bei Konstantstrom 60 mA, Speisespannung 400 V und einem Schleifenwiderstand von 6667 Ω die übertragbare Leistung bis auf null sinken. Alle im Bild 6 berechneten Leistungen sind theoretische Werte. Es wurden nur Maximalwerte benutzt. In der Praxis müssen von den in der Norm festgelegten Maximalwerten entsprechend der verwendeten Technik Sicherheitsabstände eingehalten werden. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die übertragbaren Leistungen als Eingangsleistungen zu verstehen sind. Bei Verwendung einer Stromversorgung 34 in der gespeisten Einrichtung ist auch deren Wirkungsgrad zu berücksichtigen. All diese Faktoren mindern die übertragbare Leistung. Vergleich verschiedener Fernspeisungen W theoretische übertragbare Leistung 1000 100 10 1 0,1 10 100 1000 Ω 10000 Schleifenwiderstand TNV 120V RFT-V 280V RFT-V 140V RFT-C 400V Bild 6 Vergleich verschiedener Fernspeisungen einer Punkt-zu-Punkt-Verbindung Die Auswahl der geeignetsten Fernspeisung muss wohl in erster Linie nach den Betriebsparametern (maximaler Schleifenwiderstand und benötigte Eingangsleistung) erfolgen. Eine wesentliche Rolle spielt auch die Netzstruktur. So hat bei einer Parallelschaltung der gespeisten Einrichtungen die RFT-V-Fernspeisung Vorteile. Bei Serienspeisung ist im Allgemeinen eine RFT-C-Fernspeisung besser geeignet. Aus wirtschaftlichen Gründen sollte eine Speisung mit möglichst geringer Spannung gewählt werden. Eine Speisung mit einer TNV-Spannung wird sicherlich die günstigste Variante darstellen. Gehen wir aber davon aus, dass eine Fernspeisung 35