1/3 Österreichisches Kulturinstitut 11 East 52nd Street 10022 New York, Vereinigte Staaten von Amerika © David Plakke Wider dem gängigen Österreich-Image SAMMLUNG oe1.ORF.at ARCHITEKTIN Guillotine, lebender Lift oder gläserner Wasserfall - Zu Raimund Abrahams spektakulärer Fassade fällt jedem etwas ein. Eröffnet wird das Gebäude am 18. April. Raimund Abraham BAUHERRIN Hollein oder Abraham? Noch bevor am 16. Dezember 1992 die hochkarätige Jury des Wettbewerbs um den Neubau des Österreichischen Kulturinstitutes New York im Wiener Messepalast zur entscheidenden Sitzung zusammentrat, war bereits eine Entscheidung gefallen: Der Neubau würde weltweit Aufsehen erregen. Denn beide Projekte, die es aus einem Kreis von 226 Einreichungen in die fünfte und letzte Runde geschafft hatten, waren kühne Würfe für den gerade einmal 28,3 x 7,6 Meter Grundfläche umfassenden Bauplatz in Manhattan. Republik Österreich STATIK Arup & Partners FUNKTION Gemischte Nutzung AUSFÜHRUNG 1998 - 2002 MITARBEIT PLANUNG Doch nicht der Entwurf von Österreichs Stararchitekt und Pritzker-Preisträger Hans Hollein, sondern jener des seit langem in New York ansässigen Osttiroler Raimund Abraham hatte am Ende die Nase vorn. Sein Entwurf stieß sofort auf ein großes, teilweise begeistertes Echo: "So ein Gebäude hat es in Manhattan seit mehr als 25 Jahren nicht mehr gegeben", befand etwa Herbert Muschamp, der prominente Architekturkritiker der "New York Times", "Man muss bis zum Seagram Building, dem Guggenheim und dem Whitney Museum zurückgehen, um Funktion und Konstruktion zu so einem kühnen expressionistischen Effekt vereint zu sehen." Ein Effekt, der durchaus nicht absichtslos war: "Mit seiner Fassade aus scharf geschnittenem Glas, das wie eine Klinge hinuntergleitet, scheint der Bau wie geschaffen dafür, das geläufige Image Österreichs als Heimat tänzelnder weißer Pferde, pausbäckiger Sängerknaben und mit Schlagobers überhäufter Mehlspeisen abzuschneiden", urteilte die New York Times weiter. Aus drei Elementen hat Abraham sein 80 Meter hohes und vermutlich rund 34,3 Mill. Euro teures Gebäude aufgebaut: Aus dem rückwärtig die ganze Breite des Hauses einnehmenden Stiegenturm (für den Architekten "Die Wirbelsäule"), aus dem Stützturm dem zentralen Gebäudekern -, sowie aus dem vorgehängten Glasturm, der "Maske". "Sowohl der Stiegenturm wie auch die vorgehängte Glasfassade streben nach der Unendlichkeit", erläutert Abraham die Grundidee des zwischen seinen Nachbarn eingezwängten Gebäudes. "Während der Stiegenturm nach oben strebt, fällt die durch die Glas- und Metallflächen in Schwebe gehaltene Fassade nach unten." © David Plakke © David Plakke http://www.nextroom.at/building.php?id=1849&sid=1042, 22.08.2017 Simone Giostra, Peter Leeb, John Veikos, Jeff Brown (Projektkoordination); Anders Abraham, Chris Barlieb, Jennifer Whitburn, Catherine Seavitt, Frank Thinius, Mike Derker, Maya Ballen Aufgrund der Bildrechte kann es zu Unterschieden zwischen der HTML- und der Printversion kommen. 2/3 Österreichisches Kulturinstitut Martialischer Eindruck Tatsächlich macht die gläserne, gegliederte Fassade einen starken, martialischen Eindruck und fordert geradezu zu Assoziationen heraus. Guillotine oder Metronom, Fieberthermometer oder Skibindung, gläserner Wasserfall oder lebender Lift - Abrahams Gebäude zwingt die Betrachter offenbar zu Vergleichen. Er selbst sprach einmal von einer gebauten Stele, von einer Kreuzung zwischen Osterinsel-Skulptur und dem Dekor des Science-Fiction-Filmes Blade Runner. Nicht überliefert ist, wie ernst er diesen Vergleich meinte. Auf 23 Stockwerken (und zwei Kellergeschoßen) hat Abraham Veranstaltungsräume, Büros, Besprechungszimmer, eine Wohnung sowie die Haustechnik untergebracht. Dank der nach hinten gelagerten Scherenstiege weisen die Etagen eine durchschnittliche Nutzfläche von 90 Quadratmetern auf. Eine Galerie, ein kleines Cafe, eine Bibliothek und ein für 75 Personen zugelassener Mehrzwecksaal sollen Raum für kulturelle Aktivitäten bieten. Abschließende Terrasse Die spektakulärsten Ausblicke bietet das Gebäude freilich erst weiter oben, im Arbeitsbereich: Das Besprechungszimmer ist wie eine Schublade aus der Fassade herausgezogen (den "Kopf der Figur" nennt dies Abraham), und im 20. Stock befindet sich schließlich eine Terrasse, die im Sommer für Empfänge genützt werden kann. Der Blick ist atemberaubend. Tipp: Die Eröffnungsfeier beginnt am Donnerstag um 10.00 Uhr Ortszeit mit einer Begrüßung durch den Leiter des Kulturforums, Christoph Thun-Hohenstein. Ein Musik-Marathon mit dem Klangforum Wien bis weit nach Mitternacht beendet den Eröffnungstag. Ö1 berichtet live von der Eröffnung des Austrian Cultural Forum: Konzertmitschnitte und Gespräche, präsentiert von Dorothee Frank, Wolfgang Kos und Christian Scheib. 18. April, 23.00 Uhr, Österreich 1 http://www.nextroom.at/building.php?id=1849&sid=1042, 22.08.2017 3/3 Österreichisches Kulturinstitut oe1.ORF.at, 15.04.2002 WEITERE TEXTE Here is Now, Andrea Köhler, Neue Zürcher Zeitung, 23.04.2002 Zwischen Guillotine und Totempfahl, Roman Hollenstein, Neue Zürcher Zeitung, 05.02.1993 Bleistift und Sehnsucht, Andrea Nussbaum, Spectrum, 06.04.2002 Ein Vorbild für Manhatten, oe1, 18.04.2002 Fertigstellung zehn Jahre nach dem Wettbewerb, oe1, 17.04.2002 'Bauen ist ein Verdummungsprozess', oe1, 15.04.2002 Starke Präsenz, oe1, 14.02.2002 'Wir sind keine Propagandamaschine einer Regierung!', Robert Bilek, oe1, 10.07.2000 Kulturforum New York: Streit wegen Kosten, Werner Beninger, Die Presse, 14.09.2002 Das 'besonders häßliche' New Yorker Kulturforum, Die Presse, 06.05.2002 New Yorker Beton und scharfes Glas, Eva Male, Die Presse, 22.04.2002 Kulturforum New York wird genau geprüft, Die Presse, 22.04.2002 Kulturforum New York: Gedränge am "Steilhang", Eva Male, Die Presse, 20.04.2002 Eröffnungsfeier für den neuen Kulturleuchturm, Eva Male, Die Presse, 19.04.2002 Kulturjammer in Beton, Hans Haider, Die Presse, 17.04.2002 Der Neubau des Kulturinstituts in New York wird immer teurer, Die Presse, 23.05.2001 Österreichs 'Hot Spot' in New York wird im Herbst 2001 eröffnet, Eva Male, Die Presse, 11.12.2000 Baubeginn in New York, Die Presse, 02.09.1998 New York: Baubeginn im nächsten Frühjahr, Monica Riedler, Die Presse, 25.09.1997 Abenteuer Kulturinstitut?, Barbara Petsch, Die Presse, 17.05.1997 Verzögerungen am Kultur-Tempel, Salzburger Nachrichten, 10.07.2001 Wenn die Skyline ein bisschen durchdreht, Hermi Amberger, Kurier, 20.04.2002 Österreich im Schaufenster, Werner Rosenberger, Kurier, 07.04.2002 Auszeichnung für Kulturforum in New York, Der Standard, 13.05.2004 Ein Korsett mit fatalen Folgen, Thomas Trenkler, Der Standard, 17.08.2002 Ein Fest mit vielen Vätern, Thomas Trenkler, Der Standard, 20.04.2002 Freudentränen und Wermutstropfen, Thomas Trenkler, Der Standard, 18.04.2002 Mit Schlamm werfen oder Architektur feiern, Ute Woltron, Der Standard, 21.06.2001 Eine architektonische Bravourleistung, Thomas Trenkler, Der Standard, 23.04.2001 Rausch der Höhe, Jörg Häntzschel, Süddeutsche Zeitung, 19.04.2002 http://www.nextroom.at/building.php?id=1849&sid=1042, 22.08.2017 Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)