WIN-Modell – Mit Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen

Werbung
H. Kopp u.a.: WIN-Modell – Mit Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen
WIN-Modell –
Mit Dienstleistungen im
Wettbewerb bestehen
Differenzierung und Imitationsschutz für produzierende
Unternehmen durch Service und Solutions
Harald Kopp und Christian van Husen, Hochschule Furtwangen
Prof. Harald Kopp vertritt die
Lehrgebiete IT-Management
und Controlling im MBAStudiengang Sales & Service
an der Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule
Furtwangen.
Angebots – andererseits sind sie
für den Wettbewerb wenig greifbar
und mangels analysierbarer Merkmale auch nur schwer imitierbar.
Dieser Beitrag stellt ein Modell zur
gezielten Nutzung solcher Wettbewerbsvorteile vor.
Prof. Dr. Christian van Husen
leitet den Studiengang Service Management an der
Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen der Hochschule
Furtwangen.
Mit Dienstleistungen können in den
technologieorientierten Branchen wie
Investitionsgüter, Medizintechnik oder
verarbeitendes Gewerbe hohe Margen
und deutliche Wettbewerbsvorteile erzielt werden. Dies ist seit Jahren eine
Binsenweisheit. In der Praxis ist festzustellen, dass diese Aussagen Allgemeinwissen darstellen. Es fehlt jedoch
Produzierende Unternehmen werden
immer häufiger mit der Tatsache
konfrontiert, dass eine dauerhafte
Differenzierung über Produktmerkmale nur schwer zu erreichen ist.
Innovationszyklen werden generell
kürzer und Wettbewerber folgen
relativ schnell mit vergleichbaren
Produktmerkmalen. Hier können zukünftig veränderte Strategien greifen. Service- und Lösungsansätze
stärken einerseits die Bindung zum
Kunden und die Individualität des
häufig die Einbindung der Dienstleistungen in die Unternehmensstrategie
sowie der Wille in die Dienstleistungsentwicklung (Service Engineering) zu
investieren. Zahlreiche Unternehmen
sind heute noch ausschließlich produktorientiert und sehen Dienstleistungen nur als Ergänzungen.
Im Gegensatz zu Sachgütern sind
Dienstleistungen charakterisiert durch
• die Immaterialität bzw. Intangibilität,
• den hohen Individualisierungsgrad
aufgrund des Einflusses im Kundenkontakt,
• den Verbrauch bei der Erbringung
sowie
Bild 1: Margen im Produkt- und Servicegeschäft [3].
EBIT Marge im ProduktProdukt und Servicegeschäft in Prozent
14
12,5
11 7
11,7
12
10,8
10,3
10
7,7
8
6
47
4,7
46
4,6
Kontakt
Hochschule Furtwangen
Fakultät Wirtschaftsingenieurwesen
Robert-Gerwig-Platz 1
78120 Furtwangen
Tel. +49 7723–920-2228
E-Mail: [email protected]
URL: http://www.furtwangen-university.de
© GITO Verlag
71
7,1
6,3
4,2
3,8
4
3
2
0
Maschinenbau
(Gesamtsysteme)
Anlagenbau
Gebäudetechnik
Industriedurchschnitt
EBIT Marge im Produktgeschäft in Prozent
Elektrotechnik/
Elektronik
Maschinenbaukomponenten
EBIT Marge im Servicegeschäft in Prozent
45
Innovationsmanagement
• die fehlende Lager- und Transportmöglichkeit [1, 2].
Bereits vor einem Jahrzehnt lagen
die Margen insbesondere im Maschinenbau für das Neuproduktgeschäft
deutlich niedriger als in den produktbezogenen Dienstleistungen.
Unternehmen konkurrieren heute auf
der Basis von Dienstleistungen und weniger in Bezug auf physische Produkte
[4]. Nach wie vor werden produktbezogene Services von vielen Unternehmen
reaktiv angeboten und nicht als Gewinnbringer und USPs verstanden, die
die Wettbewerbsposition nachhaltiger
stärken als das Produktgeschäft oder
einfache Dienstleistungen. Die Praxis
zeigt, dass mit der Wissensintensität der
Dienstleistungen die Rendite steigt [5].
Wie mit diesem Beitrag gezeigt wird,
verstärkt sich dieser Effekt, da Dienstleistungen einen wesentlichen Beitrag
leisten, den Imitationsschutz zu verbessern und eine wesentliche Bedeutung
für den langfristigen Unternehmenserfolg haben.
Wettbewerbs- und
Ressourcenstrategien
Die marktorientierte Sichtweise Michael E. Porters erklärte den Erfolg von
Unternehmen durch den erfolgreichen
Aufbau von Markteintrittsbarrieren gegenüber potenziellen neuen Wettbewerbern [6]. Es werden attraktive Branchen
gesucht. Attraktivität bedeutet hohe
Renditen mit einer geringen Wettbewerbsintensität. Die Wettbewerbsintensität kann durch die Analyse der „FiveForces“ bestimmt werden und damit
attraktive Märkte definiert werden [7].
Mit der Wertkette nach Porter werden die strategisch relevanten Tätigkeiten eines Unternehmens erfasst, um
strategische Wettbewerbsvorteile zu
erzielen. Jede Tätigkeit im Unternehmen wird dahingegen überprüft, welchen Kundenwert sie erzeugt. Dabei
tauchen Dienstleistungen lediglich als
„Kundendienst“ auf [8].
In den 1990ern entstand durch
zunehmenden
Wettbewerbsdruck
der Fokus auf die Kernkompetenzen,
den Prahalad/Hamel in ihrem An-
46
satz beschreiben. Diese Orientierung
an den internen Ressourcen ergänzte
die Marktorientierung, um die interne
Analyse und die Erkenntnis der strategischen Bedeutung der eigenen tangiblen und intangiblen Kompetenzen,
denn die Ressourcen können nicht
isoliert von den Wettbewerbskräften
bewertet werden [9].
Wichtige Eigenschaften zur Beurteilung des strategischen Werts von
Ressourcen bzw. Kernkompetenzen
sind [9]:
1. Imitierbarkeit
Ist eine Kompetenz schwierig zu
kopieren? Je schwieriger eine
Kompetenz zu kopieren ist, umso
nachhaltiger ist deren Wertbeitrag.
Samsung hat mit dem Galaxy S3
ein Smartphone im Programm, das
in Tests besser abschneidet als das
iPhone 5. Jedoch ist es Samsung
bisher nicht gelungen bei Marke
und Image auch nur annähernd
das Niveau von Apple zu erreichen.
2. Dauerhaftigkeit
Wie rasch veralten sie? Je länger
ein Vorsprung bei einer Kompetenz
gehalten werden kann, umso wertvoller ist sie. Je kürzer Produktlebenszyklen werden, umso schneller
können technologische Kompetenzen wertlos werden.
3. Nutzbarkeit/Anwendbarkeit
Wer erhält den Wert, den eine
Ressource erzeugt? „Wer erntet die
Früchte?“ Welche Bedeutung hat
eine Kompetenz für die Kunden?
4. Substituierbarkeit
Besteht ein Kopierschutz? Wie lange? Können die Kompetenzen ersetzt, substituiert werden?
5. Vergleichbarkeit im Wettbewerb
Ist der Kundennutzen höher als
bei Konkurrenten? Ist die eigene
Kernkompetenz im Vergleich zu
Wettbewerbern tatsächlich besser?
Nachhaltige und überlegene Kernkompetenzen können durch die Kombination von Fähigkeiten entstehen,
von denen keine alleine überlegen ist,
deren Kombination aber das bessere
Gesamtpaket darstellen.
Es wird deutlich, welchen strategischen Beitrag Dienstleistungen für das
Erlangen von Kernkompetenzen leisten
können, da sie
• alle genannten Eigenschaften erfüllen können,
• für Produkte als Verstärker wirken
können oder
• in Kombination mit Produkten gemeinsam zu unverwechselbaren
Ressourcen werden.
Aufgrund der Globalisierung in Verbindung mit dem technischen Fortschritt,
insbesondere in der IT bis hin zu Social
Media, wurde der Wettbewerb vielschichtiger und Unternehmen verfolgen
viele Faktoren gleichzeitig, um Wettbewerbsvorteile zu erzielen. Dies sind u.a.
vor allem Service und Innovation [10].
Innovationsstrategien
In den meisten Branchen sind Innovationen der Schlüssel zu nachhaltigen
Wettbewerbsvorteilen [11]. Eine Invention ist eine technisch realisierte Erfindung eines neuen Produkts oder Prozesses als Ergebnis der Forschung und
Entwicklung. Klassisch wird unter einer
Innovation die erstmalige wirtschaftliche Nutzung einer Invention durch die
Produktion und den Absatz eines neuen
Produkts oder durch den Einsatz eines
neuen Prozesses in der Produktion verstanden [12]. In dieser traditionellen Definition wird lediglich zwischen Produkt
und Prozessinnovationen unterschieden.
Damit werden Dienstleistungsinnovationen entweder als reine Prozessinnovationen verstanden oder gänzlich ignoriert.
Prozessinnovationen von Dienstleistungen haben durch den Kundenkontakt
meist eine außerbetriebliche Dimension
[13].
In technologieorientierten Branchen
kann eine Dienstleistungsinnovation
als die wirtschaftliche Umsetzung einer
Neuheit einer Dienstleistung verstanden
werden [14]. Diese Neuheit kann sich
auf das Angebot, den Prozess oder die
eingesetzten Ressourcen beziehen. Beispiele für prozess- und ressourcenbezogene Innovationen sind die Einführung
von Self-Service-Elementen oder die
Nutzung von Fernwartung.
Der Erfolg von Dienstleistungsinnovationen beruht auf dem richtigen Mix
Industrie Management 28 (2012) 6
Projektmanagement
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
x
Kultur
x
x
Emotion
x
Problemlösung
Kundenbeziehung
x
x
Wissen
Prozess und
Ressourcen
Kompetenzdimensionen
Produkteigenschaften
Fertigungsverfahren
Vertriebs- und
Logistik-konzeption,
Operatives
Marketing,
After Sales Services
Product
Engineering/
F&E-/ Produktmanagement
Komplexe Services,
Service Prozesse
Marke, Image,
Strat. Marketing
Werthaltungen /
Unternehmensphilosophie
Leistungsergebnis
(immateriell)
Gestaltungsaspekte
Physikalische
Eigenschaften
H. Kopp u.a.: WIN-Modell – Mit Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen
x
Bild 2: Schwerpunkte der Kompetenz-Dimensionen nach Aspekten der Unternehmensführung und Unternehmensfunktionen.
von Produkten und Dienstleistungen,
die die Kundenbedürfnisse befriedigen [15]. Demnach sind Innovationen
nicht nur auf Technologien zu beziehen sondern auch auf Prozesse und
Kundenbeziehungen. Die Entwicklung
von Dienstleistungen erfordert technologisches Know-how in Bezug auf
die Sachgüter sowie für Technologien,
die die Dienstleistungserbringung unterstützen bzw. ermöglichen, vor allem die IT-Unterstützung. Insbesondere
Fortschritte in der IT-Technologie führen zu kürzeren Produktlebenszyklen
und Entwicklungszeiten für Sachgüter
[16]. Dadurch steigt die Bedeutung von
Dienstleistungen zur Differenzierung im
Wettbewerb.
Der Fokus auf Produktinnovationen
führt häufig zu Pattsituationen, da Produktneuheiten schnell durch Nachahmer
imitiert werden. Dies führt zu einer „tragedy of commonness“ mit abnehmender
Differenzierung auf vielen Produktmärkten. Aus diesem Grunde werden Produkte
durch Serviceinnovationen ergänzt, um
den Kundennutzen zu erhöhen [15].
Wird die Serviceorientierung weiter intensiviert, führte dies in vielen Bereichen
zur Entwicklung von Lösungen, die den
© GITO Verlag
Kundennutzen in den Mittelpunkt stellen und das Produkt als Teil der Lösung
sehen [14]. Lösungen sind ein passendes
Angebot zur Bewältigung eines Kundenproblems mit einer gewissen Komplexität.
Die Lösung besteht aus einzelnen Teilleistungen, meist Produktdienstleistungskombinationen, deren Bündelung einen
integrativen Mehrwert schafft [17].
Es entstehen zusätzliche Markteintrittsbarrieren für Wettbewerber, da der
Dienstleistungen zugrundeliegende Kundenkontakt schwierig nachzuahmen ist.
Verstärkt wird dieser Effekt, da der intensive Kundenkontakt eine flexiblere
Reaktion auf Kundenbedürfnisse erlaubt
sowie Produktinnovationen anregt und
diese fördert. Hinzu kommen interkulturelle Hürden, sobald Länder und/oder
Kulturgrenzen überschritten werden [14].
Die Bedeutung von Dienstleistungsinnovationen wird durch bessere Ertragsaussichten gegenüber Sachgütern erhöht:
• Der Preisdruck bei industrienahen
Dienstleistungen ist geringer als bei
Sachgütern.
• Es besteht keine bzw. eine geringe
Preistransparenz.
• Der Kunde bezieht häufig ein Bündel aus unterschiedlichen Sach-
gütern und Dienstleistungen, das
keiner aufwendigen Vertriebs- und
Marketingaktivitäten bedarf.
• Durch die Integration der Prozesse
zwischen Anbieter und Kunde besteht eine hohe Kundenbindung.
Für den Kunden ist es schwierig,
den Anbieter zu wechseln [14].
Die Praxis zeigt allerdings, wie schwierig es ist, diese Vorteile richtig und
konsequent zu realisieren.
Nachhaltige
Wettbewerbsvorteile durch
Dienstleistungen
Die Dauer des Imitationsschutzes ist
ein wichtiges Kriterium, um die strategische Bedeutung unterschiedlicher
Kompetenzdimensionen aufzuzeigen.
Beispielhaft zeigen dies Schulte für die
Logistik und Spath für Dienstleistungen
[18, 19].
Den verschiedenen Arten der angebotenen Leistungen bzw. Lösungen lassen
sich die erforderlichen Know-how-Dimensionen zuordnen. Je mehr Dimensionen gefordert sind, umso schwieriger
ist eine Imitation der Leistung. Der
Imitationsschutz steigt mit der Komplexität und dem Abstraktionsgrad der
Kompetenz sowie durch die mangelnde
Analysierbarkeit bzw. Nicht-Sichtbarkeit
von Prozess- und v.a. Beziehungsfaktoren (Hard vs. Soft Facts). Zusätzlich
steigt der Imitationsschutz dadurch, dass
für den Aufbau solcher Kompetenzen
und qualifizierter Mitarbeiter ein hoher
zeitlicher Aufwand erforderlich ist.
Zusätzlich zur Anzahl der Knowhow-Dimensionen ist der Abstraktionsgrad bei der Umsetzung des Wissens ein
weiterer entscheidender Faktor für den
Imitationsschutz. Während physikalische
Eigenschaften gut analysierbar sind und
somit leichter nachempfunden werden
können, weisen andere Leistungsarten
immaterielle und abstrakte Merkmale
auf, die für Wettbewerber nicht ohne
weiteres transparent sind. Für Services
hängt dies unmittelbar mit den charakteristischen Merkmalen zusammen:
• Immaterialität
Immaterielle Leistungsbestandteile
sind nicht direkt messbar und kön-
47
Innovationsmanagement
Art des Kn
now-how
ws
nen nicht am Produkt analysiert Marke positioniert ist, umso größer ist die Services gezielt nutzen möchten,
werden.
der Anreiz, diese Produkte zu imitie- um den Imitationsschutz zu erhöhen:
• Hoher Individualisierungsgrad und ren. Hinzu kommt, dass Faktoren be- 1. Gezielter Ausbau wissens- und beziehungsintensiver Services
intensiver Kundenkontakt
züglich der Marke und UnternehmensDienstleistungen sind kaum in glei- philosophie nur langfristig veränderbar 2. Verstärkte Integration von Sachgütern und Services zu Solutions
cher Weise standardisiert wie Seri- sind. Services bzw. Solutions als Komenprodukte; durch jeweils kunden- bination aus Sachgütern und Services Services bieten ein hohes Potenzial
individuelle Ausprägungen wird bieten kurz- bis mittelfristig die beste für den Imitationsschutz unter der
eine Analyse und Nachahmung Chance, mit vertretbarem Einsatz gute Voraussetzung, dass sie sich sinnvoll
ebenfalls erschwert. Die Kunden- Effekte im Schutz gegen Imitationen in die Strategie einpassen und auf eibeziehung prägt entscheidend die im Wettbewerb zu erzielen. Zusätzlich nem hohen Qualitätsniveau umgesetzt
Dienstleistung, an der der Kunde wirken erfolgreich eingesetzte und für werden. Das bedeutet, es müssen mit
als Co-Produzent beteiligt ist [20]; den Kunden attraktive Dienstleistun- dem richtigen Wissen, den richtigen
für Außenstehende ist dies weder gen positiv auf die Marke, verstärken Ansätzen und Methoden die richtigen
vollständig erfass- noch kopierbar.
also den Imitationsschutz um einen Services richtig umgesetzt werden, um
• Nichtlagerbarkeit
weiteren Faktor. Dienstleistungen kön- erfolgreich zu sein. Hochwertige ServiFür Dienstleistungen ist eine Vor- nen kurzfristig entwickelt werden und ces entstehen nur wenn,
• Services einen festen Bestandteil
haltung spezieller Ressourcen er- generieren zusätzliche Umsätze.
der Innovationsstrategie darstellen,
forderlich; weder Beschaffenheit
Betrachtet man den gesamten Pronoch Kapazität aller Ressourcen duktlebenszyklus, ergibt sich für die • systematisches Service Engineering
betrieben wird und
sind nach außen für Nachahmer wesentlichen Themen ein Modell, das
transparent.
den Zusammenhang von Wettbewerbs- • komplexe Services in gleichbleibender Qualität angeboten werden
Reine Produkteigenschaften können vorteilen und Innovationsschutz darstellt
können, indem ein funktionierenprinzipiell durch Schutzrechte abge- (WIN-Modell). Bild 3 zeigt die Potenziale
des Qualitätsmanagement zur Absichert werden. In der Praxis zeigt von Dienstleistungen für den Imitationssicherung dient und Kompetenzen
sich jedoch, dass trotz umfangreicher schutz und damit für die nachhaltige
durch langfristiges Human Resource
Schutzrechte die Märkte von teilweise Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit.
Management gesichert werden.
dreisten Plagiaten überschwemmt werService als wesentlicher Bestandteil der
Handlungsempfehlungen
den und ein erheblicher wirtschaftlicher
Strategie und der Kernkompetenzen
Schaden entsteht. Der Umsatzverlust
Abgeleitet aus dem zuvor darge- erfordert eine feste Verankerung im
allein im deutschen Maschinen- und
Anlagenbau in 2011 wird vom VDMA stellten Modell ergeben sich zwei we- gesamten Unternehmen. Mit reinem
sentliche Ansätze für Unternehmen, Beiwerk hat noch kein Unternehmen
auf 7,9 Mrd. EUR geschätzt [21].
Services sind zwar
aufgrund ihrer immateriellen Bestandteile Bild 3: WIN-Modell zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen durch Dienstleistungen.
kaum durch Schutz- verhaltensrechte
abzusichern,
orientiert
Werthaltungen /
ermöglichen aber sehr
U
Unternehmensphilosophie
h
hil
hi
gute
Möglichkeiten
Marke, Image,
Strat. Marketing
zum Imitationsschutz,
da die abstrakten FakKomplexe Services
Service Prozesse
toren für Wettbewerber
nicht transparent und
zunehmender
Product Engineering/
Imitationsschutz
kaum kopierbar sind
F&E-/Produktmanagement
[22]. Zahlreiche UnterVertriebs- und
nehmen sehen Services
Logistikkonzeption,
Operatives Marketing,
als einen wesentlichen
After Sales Services
Faktor zur DifferenzieFertigungsrung im Wettbewerb
verfahren
[23, 24].
ProduktDer Aufbau einer
eigenMarke ist schwierig,
Dauer des
schaften
teuer und dauert lange. vorwiegend
Imitationstechnisch
Je höherwertiger eine
schutzes
48
Industrie Management 28 (2012) 6
H. Kopp u.a.: WIN-Modell – Mit Dienstleistungen im Wettbewerb bestehen
profitable Geschäftszweige hervorgebracht, vielmehr liegt der Schlüssel
zum Erfolg in einer konsequenten Professionalisierung ergänzender Kompetenzen wie es z.B. Caterpillar im
Bereich der Logistik demonstriert hat.
Der Service muss gleichwertig mit den
klassischen Funktionen F&E, Produktion und Vertrieb gesehen werden
und die Serviceleitung benötigt in der
Hierarchie den gleichen Stellenwert.
Dienstleistungen erfordern die gleiche „Management-Attention“ wie die
klassischen Funktionen und ein hohes
Commitment des Topmanagements.
Nur auf diese Weise wird sichergestellt,
dass z.B. Schulungen zur Bedienung
eines Geräts gewinnbringend vermarktet werden. Der Produktvertrieb neigt
ansonsten dazu, diese Leistungen als
Vertriebsunterstützung zu verschenken. Organisatorisch wurde diese Verankerung z.B. bei der Heidelberger
Druckmaschinen AG umgesetzt, die
einen eigenen Vorstandsbereich für
Services eingerichtet hat.
Damit Dienstleistungen fester und
integrierter Bestandteil der Unternehmensstrategie werden, darf es nicht bei
Lippenbekenntnissen bleiben, sondern
es muss in die Erweiterung der Kernkompetenzen um Services investiert
werden. Insbesondere im Bereich der
Entwicklung und Gestaltung der Services besteht häufig noch Bedarf, wirkliche Kernkompetenzen zu entwickeln
und zu etablieren.
Das zweite wesentliche Handlungsfeld nach dem Ausbau von anspruchsvollen Serviceleistungen liegt in der
verstärkten Integration dieser Services
mit den Sachprodukten zu kundenorientierten Lösungen. Unter solchen
Solutions wird ein passendes Angebot
zur Bewältigung eines Kundenproblems verstanden, das folgende Merkmale erfüllt [17]:
• Komplexität
Das Problem muss eine gewisse
Komplexität aufweisen, da der Kunde sonst mit geringem Aufwand
selbst eine Lösung erstellen könnte.
• Bündel
Lösungen sind Bündel verschiedener Teilleistungen, bei denen es sich
© GITO Verlag
um Produkte, Dienstleistungen oder
Kombinationen aus beiden handeln
kann.
• Integrativer Mehrwert
In jedem Fall wird dem Kunden
durch die Bündelung der Teilleistungen ein integrativer Mehrwert
geboten.
Beispiele für erfolgreiche Lösungsangebote sind:
• Kopierer/Drucker werden als Systeme inkl. Druckmanagement angeboten – Bezahlung erfolgt auf Basis
gedruckter Seiten (Océ/Canon).
• Geldautomaten und Kassensysteme
werden in Verbindung mit komplexen Softwarelösungen zur Verarbeitung der Transaktionen angeboten
(WINCOR Nixdorf, NCR).
• Kompressorenhersteller verkaufen
nicht mehr nur Kompressoren als
Produkt, sondern stellen im Rahmen von Contracting Technik auf
dem neuesten Stand einschließlich
der erforderlichen Serviceleistungen
bereit und berechnen nur die verdichteten Kubikmeter Luft (Kaeser).
• Statt des Verkaufs von Filtern für
Industrieanlagen,
z.B. Lackieranlagen, wird ein Filtermanagementsystem mit einem individuell
geschnürten Paket aus Filterprogramm plus Dienstleistungen plus
Gewährleistungen zu garantierten
Fixkosten angeboten (viledon).
• Spezialschmierstoffe werden nicht
mehr nur für eine Anwendung empfohlen und verkauft, sondern die
Prozesse im Kundenbetrieb ganzheitlich betrachtet und individuelle und komplette Systemlösungen
angeboten, die auf die Optimierung
von Energieeffizienz, Effizienz der
Wartungs- und Produktionsprozesse, Wirkungsgrad der Maschinen
und Bauteile oder der Lebensdauer
von Anlagen zugeschnitten sind
(Klüber Lubrication).
• Für Großkunden wird das gesamte
Flottenmanagement von Elektrowerkzeugen übernommen. Mit einem fixen monatlichen Betrag sind
alle Geräte- und Servicekosten wie
auch Reparaturkosten abgedeckt
und der Kunde hat stets einsatz-
bereite Geräte zur Verfügung. Der
Service vereinfacht für Kunden die
Budgetierung und Finanzplanung
durch klare, transparente Kosten
und entlastet von unproduktiven
Administrationsarbeiten (Hilti).
• Aufwändige und teure Systeme zur
diagnostischen Bildgebung werden
mit einem weitreichenden Serviceportfolio angeboten, einem Performance Plan für kalkulierbare
Kosten, hoher Systemverfügbarkeit
und -zuverlässigkeit, Möglichkeiten für flexible Arbeitsteilung zwischen Anbietern und Betreiber, das
komplettes Service Management
oder verschiedene Komponenten
von Remote Service bietet (Siemens
Healthcare).
Ein tiefes Verständnis der Kundenanforderungen ist die Voraussetzung
für integrierte Produkt- und Serviceinnovationen. Hochwertige Lösungen sollten auf eine Ausweitung
des Kundennutzens ausgerichtet sein.
Dies erfordert eine Verbindung zwischen Technologie und innovativen
Geschäftsmodellen sowie die Entwicklung einer intensiven Partnerschaft mit
den Kunden, um den Kundennutzen
zu erhöhen [15].
Bild 4 zeigt die konsequente Umsetzung dieser Schritte. Ausgehend
von den Sachprodukten erfolgt ein
gezielter Aufbau von Services, die
in ihrer Komplexität weiterentwickelt
und schließlich gemeinsam mit den
Sachprodukten zu kundenbezogenen
Solutions integriert werden. Die Erfolge durch kundenorientierte Solutions
werden noch verstärkt durch positive Rückwirkungen auf Produkteigenschaften und -vermarktung sowie das
Image.
Durch die Integration von Sachgütern und Dienstleistungen zu Servicesolutions entsteht ein höchstmöglicher
Imitationsschutz, der genutzt werden
sollte, um leichter imitierbare Sachgüter in Kundenlösungen einzubetten
und so zu einer schwer imitierbaren
Gesamtlösung zu gelangen. Darüber
hinaus können auf diese Weise die
positiven Eigenschaften der Dienstleistungen wie die Erzielung höherer
49
Innovationsmanagement
Margen, die Verbesserung
der Kundenbindung usw.
wirksam genutzt werden.
verhaltensorientiert
Marke, Image
Literatur
Service Solutions
Art d
des Kno
ow-how
ws
[1] Meffert, H.; Bruhn, M.:
Dienstleistungsmarketing:
Grundlagen – Konzepte
– Methoden, 4. Auflage.
Komplexe Services
Wiesbaden 2003.
S i Prozesse
Service
P
[2] Zeithaml, V.A.; Parasuraman, A.; Berry, L.L.:
zunehmender
Problems and Strategies
Imitationsschutz
in Services Marketing. In:
After Sales Services
Journal of Marketing, 49
(1985) Spring, S. 33-46.
[3] Little, A.D. (Hrsg): Service
Innovation – Ergebnisverbesserung durch zielgeProdukteigenschaften
richtete Servicestrategien
Dauer des
und -entwicklungen in vorwiegend
Imitationsder produzierenden Intechnisch
schutzes
dustrie. München 2004.
[4] Grönroos, C.: Service
Management and Marketing: A Customer Re- Bild 4: Langfristiger Imitationsschutz durch Service Solutions.
lationship Management
Approach, 2. Auflage.
London 2001.
ländern - Mit Service-Innovationen zum Schlüsselwörter:
[5] Ritzer, T.; Kautzsch, T.: MaschinenGeschäftserfolg. Wiesbaden 2011.
Service, Solution, Service Engineering,
bau-Analyse: Im Service-Geschäft [15] Shelton, R.: Integrating product and serschlummern ungenutzte Potenziale.
vice innovation. In: Research Technology produktbegleitende Dienstleistung
In: Mercer Management Consulting
Management 52 (2009) 3, S. 38–44.
(Hrsg): Spektrum (2004) 1, S. 7.
[16] Sohel-Uz-Zaman, A.S.M.; Anjalin, U.:
[6] Scheuss, R.: Handbuch der Strategien
Evolution of Service: Importance, ComWIN Model – Persisting in
– 220 Konzepte der weltbesten Vorpetiveness and Sustainability in the New
Competition with Services
denker. Frankfurt 2008.
Circumstances. In: Journal of Service
[7] Porter, M.: The five competitive forces
Science and Management 4 (2011) 3, S.
Facing increasing competition through
that shape strategy. In: Harvard Busi253-260.
globalization and short innovation cyness Review 86 (2008) January, S. 78- [17] Woisetschläger D.; Michaelis, M.; Evancles industry leaders need to include
93.
schitzky, H.; Eiting, A.; Backhaus, C.
services in their innovation strategy. The
[8] Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile –
(Hrsg): Marketing von Solutions: InnovaWIN-model shows that combined stratSpitzenleistungen erreichen und betive Ansätze und Best Practices. Wiesegies for product and service innovation
haupten, Frankfurt/New York, 1999, S.
baden 2010.
are creating sustainable competitive ad66.
[18] Schulte, C.: Logistik. Wege zur Optimievantages. Enhancing product offers with
[9] Collis, D.; Montgomery, C.: Competing
rung der Supply Chain, 5. üb. und erw.
complex services and service solutions
on Resources: Strategy in the 1990s.
Auflage. München 2009.
are long-term investments to sustain
In: Harvard Business Review 73 (1995) [19] Spath, D.: Profitables Wachstum durch
USPs. Integrated product and service
July, S.118-128.
Service Forschung. Vortrag im Rahmen
innovation to create service solutions
[10] Bruhn, M.: Marketing – Grundlagen für
der gleichnamigen Fachtagung des IAO.
require deep understanding of customer
Studium und Praxis, 10. üb. Auflage.
Stuttgart 2010.
needs. Delivering such services lead to
Wiesbaden 2010.
[20] Grönroos, C.: Adopting a service logic
close interaction with the customers
[11] Van Riel, A.C.R.: Strategic Service Infor marketing. In: Marketing Theory 6
which are not visible for competitors. To
novation Management in Retailing.
(2006) 3, S. 317-333.
provide service solutions, services need
In: Kandampully, J. (Hrsg): Service [21] VDMA (Hrsg): VDMA Studie Produktpirato be included in the corporate innovaManagement: The New Paradigm in
terie 2012. Frankfurt 2012.
tion strategy. Services need to be driven
Retailing. New York 2012.
[22] Hurmelinna-Laukkanen, P.; Ritala, P.:
by the C-suite. Great services will push
[12] Vahs, D.; Schäfer-Kunz, J.: Einführung
Protection for profiting from collabthe image and branding of your comin die Betriebswirtschaftslehre, 5. üb.
orative service innovation. In: Journal
pany and interaction with customers will
und erw. Auflage. Stuttgart 2007.
of Service Management 21 (2010) 1, S.
push product innovation. A WIN-WIN
[13] Boss, J.: Innovationserfolg im Dienst6 - 24.
situation!
leistungssektor. Eine empirische Analy- [23] Little, A.D. (Hrsg): Produktbegleitende
se unter Berücksichtigung des DienstServices. Wiesbaden 2001.
Keywords:
leistungsgrads. Wiesbaden 2011.
[24] Husen, C. van: Anforderungsanalyse für
service, solution, service engineering,
[14] Janovsky, J.; Khashabian, B.; Pilarek, D.;
produktbegleitende Dienstleistungen.
product related service
Plug, C.: Marktexpansion in SchwellenHeimsheim 2007.
50
Industrie Management 28 (2012) 6
Herunterladen