Vernetzungstagung Soziale Arbeit im Kindes- und Erwachsenenschutz 7. November 2014 Beilagen Berufsethisches Argumentieren in der Praxis Beat Schmocker Prof. FH, dipl. Sozialarbeiter/Sozialwissenschaftler, Dozent Hochschule Luzern – Soziale Arbeit Präsident Kommission für Berufsethik von AvenirSocial Die Unterlagen finden Sie auch unter: www.hslu.ch/vernetzungstagung-kes Theorien Theorien nomologische nomologische I. Situationsbeschreibung und -erklärung ‚Anlassproblem’ Weshalb? Wohin? (Mechanismen) Was? Woher? Prognostiziere zu erwartende Fakten Erkläre die Fakten in ihren Mechanismen Beschreibe die interessierenden Fakten Zukunftsbild Prognose integriertes Vergangenheits- & Gegenwartsbild Erklärung Was ist nicht gut? Wie1? Methoden Womit? Externe Ressourcen d) Entwickle Bilder der zukünftigen eigenen Handlungen Bild künftiger Handlungen Plan Entscheidung IV. Handlung Interne Ressourcen; Fertigkeiten Wie2? Verändere Fakten und Situationen Handlung Erfahrungswissen Theorie- und Methodenentwicklung © Beat Schmocker (2013) nach einer Vorlage von Werner Obrecht (2006) V. Evaluation Wieso hat es funktioniert? Handlungserfolg Vergleiche Kriterien geleitet Ausgangsbild, Ziele, Prozesses und neues Gegenwartsbild Bild des Endzustandes Evaluation c) Handlungstheoretische (kognitive und praktische) Operationen des professionellen Handelns (Problemlösens) d) bekannte und verfügbare externe Ressourcen, einschliesslich der inneren und äusseren Ressourcen der Klient/innen oder Adressat/innen III. Zielsetzung & Plan Woraufhin? Bestimme die zu erzeugenden künftigen Fakten Bild des angestrebten Zustandes Ziele ‚Praxis‘ Bestimme zu verändernde problematische Fakten Bild der zu verändernden Fakten Probleme II. Problemdefinition Was ist gut? Was ist nicht gut? Bewerte die prognostizierten Fakten Bewertendes Gegenwarts- und Zukunftsbild Bewertung technologische technologische Theorien Theorien Methoden Methoden Beurteilung der bewerteten prognostizierten Fakten unter dem Gesichtspunkt verfügbarer Methoden und Ressourcen Methodenentwicklung handlungswissenschaftliche der Prognose nicht integriertes Vergangenheits- & Gegenwartsbild Beschreibung Theorie als Mittel der Beschreibung der Erklärung Theorieentwicklung basiswissenschaftliche Werte Werte Legende: a) Handlungssituation mit Anlassproblem, Handlungsphasen & Einstiegsfragen (‚W-Fragen’) b) innere Ressourcen des oder der Handelnden: Bilder, Codes, Werte a) c) b) Code Code kognitiver/kultureller kognitiver/kultureller Das handlungstheoretische (normative) Modell professionellen Handelns Luzern, 24.10.2014/bs © Beat Schmocker Der eingenommene Standpunkt der Moralität der Sozialen Arbeit ist konkretisiert und deklariert; die Schlussfolgerungen sind stringent gezogen; die Lösung des moralischen/ethischen Problems ist skizziert und eine Entscheidung mit ‚Allgemeinheitsanspruch‘ (im Sinne der Lösung) ist gefällt! 5. Entscheidung: Präferenzielle Entscheidung, Werturteil Welche berufsmoralische Option(en) / welche(s) berufsethische(n) Argument(e) ist/sind aus welchen Gründen zur Beantwortung der Fragestellung zu wählen? Die ethischen/moralischen Argumentationen sind auf ihren Gehalt und ihre Qualität hin geprüft; die infrage kommenden Normen und Prinzipien (Handlungsmaximen) vor diesem Hintergrund kritisch erwogen und gewichtet; die der Emotionen im Beurteilungsprozess erkannt und kontrolliert! 4. Beurteilung: Berufsethische Bewertung, evaluativ-rationales Begründen Aufgrund welcher Bewertungen lassen sich diese Optionen in welche Richtung erwägen? Mit welchen Kriterien lassen sich die begründeten und integrierten Argumente gewichten? Die infrage kommenden, dem Gegenstandswissen und dem Wertewissen der Sozialen Arbeit entsprechenden, ethischen Erklärungen und Modelle sind erläutert und integriert; die davon ausgehenden Argumentationslinien skizziert! 3. Analyse: Rekonstruktion der berufsethischen Argumente und berufsmoralischen Optionen Vor dem Hintergrund welcher berufsethischer Modelle oder moralphilosophischer Theorien ergeben sich bezüglich der Fragestellung welche moralisch legitimen Optionen? Was sind die relevanten ethischen Argumente der Sozialen Arbeit? Die verletzten Werte und Normen sind herauskristallisiert; die ethischen Dilemmata benannt; die zentralen ethischen, berufsmoralischen Fragen identifiziert; die Fragestellungen zu den anstehenden Werteerwägungen und Handlungsentscheidungen in Termini der Berufsethik ausreichend klar formuliert! 2. ethisch/moralische Fragestellung: Rekonstruktion der zu problematisierenden Situationsaspekte Welche Aspekte der berufsmoralisch relevanten Situation erscheinen aus berufsethischer Sicht als problematisch oder veränderungswürdig? d.h.: Welche zentrale moralische Fragestellung soll bearbeitet werden? Weshalb? Die verwendeten Begriffe und Daten sind hinterfragt und überprüft; die widerstreitenden Interessen vollständig erfasst; die Handlungsalternativen realistisch eingeschätzt! 1. Situationsbeschreibung: Rekonstruktion der berufsmoralisch relevanten Situation Was ist die moralische Situation? Worum geht es? Leitfaden für die (kollegiale) berufsethische Beratung Normentheoretische Bezüge Dürfen Objekttheoretische Aspekte Sollen Spezielle Handlungstheorien Wertetheoretische Bezüge Wollen Metatheoretische Aspekte Können Allg. Normative Handlungstheorie Allgemeine und soziale Problemtheorie (Gegenstandswissen); biopsychosoziale Wertetheorie (an [Menschen-] Rec hten und moralische Pflichten orientierte Ethik ); systemistische Handlungstheorie und Arbeitsweisen (interventionstheoretisches und methodisches Konzept: prozessual-systemisc hes Modell sozialer Probleme und Arbeitsweisen) Philosophische und deskriptive Aspekte des Menschenbildes (Theorie der Person; psychobiologisches Erkenntnis- und Handlungsmodell; Bedürfnistheorie; Bild-Code-Theorie; deskriptive und ex planative Handlungstheorie) Zum Verhältnis Mensch-soziale Umfelder (Theorie sozialer Systeme; Theorie sozialer Probleme) Problemlösungskompetenz (als Beschreibungs-, Codierungs- und Antizipationskompetenz , als auch Bewertungsund Zielkompetenz sowie Interv entions-, Planungs- Entscheidungs-, Evaluationskompetenz) Können: Das ‚Vermögen‘, das ‚im Stande sein‘ der Sozialen Arbeit. Wollen: Das ‚Zweck-Rationale‘, die ‚Abs ic hten‘ der Soz ialen Arbeit. sozialer Sys teme; soziale Systeme mit Menschen (Organismen) als Komponenten Ordnungsparameter der Transformation Menschen (Organismen) als Mitglieder Sollen: Die Aufforderung zur ‚Wirkung‘, das selbstautorisierte ‚Beauftragt sein‘, das was sie soziale Arbeit von sich selbst erwarten kann. Individuelles Unvermögen oder strukturelle Behinderungen beim Lösen sozialer Probleme (i.S. praktischer Aufgaben des Mitges taltens und Nutzen des sozialen Umfeldes, so dass Bedürfnisspannungen hinreichend und et hisch angemessen abgebaut werden können) Dürfen: Die legitimierte ‚Erlaubnis‘, die selbstautorisierte ‚Berechtigung’ bzw. das ‚Verbot‘ der S ozialen Arbeit Imperative Handlungsregeln mit legitimierender Begründung (gültig, wenn mindestens eine Prämisse bereits imperativ und/oder normativ ist) Ordnungsparameter des Handelns Inhaltliche Logik des Grundmodells am Beispiel der kritisch-realistischen Handlungswissenschaft Soziale Arbeit Handlungstheoretische Bezüge Gegenstandstheoretische Bezüge Formale Logik des Grundmodells Didaktisches Modell für das berufsethische Erwägen moralischer Fragestellungen in der Sozialen Arbeit © Beat Schmocker Luzern, 23.10.2014/bs (im Hinblick auf handlungstheoretische bzw. sozial- und gesellschaftspolitische Optionen) Interventionen Bezogen auf die Legitimation der (im Hinblick auf ihre gegenstandstheoretischen und berufspolitischen Intentionen) Profession Bezogen auf die Legitimation der Professionelle der Sozialen Arbeit können den ‚Anderen‘ als den ‚konkret Anderen‘ erkennen und anerkennen; sie fordern von sich und anderen die Gleichbehandlung der Person (BK 8.4) und Selbstbestimmung [≠ artikulierte Wünsche und angemeldete Bedarfe!] (BK 8.5). Bezogen auf ethische Werte (Ethos) Sozialer Arbeit Professionelle der Sozialen Arbeit wollen , dass das Mensch-Sein als Mensch-in-Gesellschaft für alle Menschen möglich wird; sie fordern von sich und anderen die Partizipation (BK 8.6), Integration (BK 8.7) und Ermächtigung (BK 8.8). Bezogen auf moralische Normen (Moralität) Sozialer Arbeit Professionelle der Sozialen Arbeit dürfen menschengerechte Sozialstrukturen einfordern, die das Recht jedes Menschen und Chancen der Bedürfnisbefriedigung und des Wohlbefindens (Abwesenheit von Bedürfnisspannungen) realisieren; sie verlangen deshalb von sich selbst und von anderen die strikte Zurückweisung jeglicher Diskriminierung (BK 9.4), die Anerkennung von – durch allgemein gültige Normen begrenzte – Verschiedenheiten (BK 9.5). Professionelle der Sozialen Arbeit sollen politisch (sozialer Wandel), mediativ (zwischenmenschliche Beziehungen) und sozialpsychologisch (Ermächtigung und Befreiung) motivierte Pflichten und Rechte erfüllen bzw. wahrnehmen; sie verlangen deshalb von sich selbst und von anderen die gerechte Verteilung gesellschaftlicher Ressourcen (BK 9.6), die verurteilende Aufdeckung ungerechter Praktiken (BK 9.7), die Einlösung von Struktur verändernder Solidarität (BK 9.8). Moralphilosophische Denkfigur für das berufsethische Erwägen moralischer Fragestellungen Sozialen Arbeit