Neueste tagesaktuelle Berichte ... Interviews ... Kommentare ... Meinungen .... Textbeiträge ... Dokumente ... MA-Verlag POLITIK / REPORT Elektronische Zeitung Schattenblick Mittwoch, 18. Dezember 2013 Herrschaft in der Krise Populismus, Funktion und Konsequenzen Herrschaft in der Krise - Kurden, Menschen, Repression, Wolfgang Paradigmenwechsel im Zeichen des globalen Mangelregimes Struwe im Gespräch Interview im Café "Tatort Kurdistan" im Centro Sociale in Hamburg­St. Pauli am 20. November 2013 Vortrag von Phillip Becher im Magda­Thürey­Zentrum in Hamburg­Eimsbüttel am 18. November 2013 An der kurdischen Bewegung wird vor allem gehaßt, daß sie sich nicht zum Vasallen imperialistischer Staaten macht ... (Seite 5) UMWELT / REPORT Zukunft der Meere - Tiefsee in Not Die Zukunft der Meere ­ Umwelt und Entwicklung auf See Tagung im Konsul­Hackfeld­Haus in Bremen am 7. Dezember 2013 Bis an den Horizont rollende Wellen, schäumende Gischt - ein Blick über den Deich läßt den ahnungslosen Spaziergänger daran glauben, daß sich das Meer nie verändert hat und nie verändern wird. Seit Jahrmillionen gibt es auf unserem Planeten Ozeane, deren gewaltige Dimensionen und Dynamik für den Landbewohner schwer zugänglich bleiben ... (S. 11) KALENDERTÜRCHEN Slide mit Titel des Vortrags Foto: 2013 by Schattenblick Das uneinlösbare Versprechen kapitalistischer Vergesellschaftung, die bestmögliche Ordnung zu schaffen und Wohlstand für alle zu generieren, hat ausgedient. In einem Paradigmenwechsel nimmt das globale Mangelregime den Charakter unabweislicher Schicksalhaftigkeit an. Was weniger denn je für alle reicht, wird unter forcierter Expansion des Raubes und gestützt von innovativer Verfügungsgewalt im Prozeß unaus- gesetzter Umlastung den Unterworfenen und Ausgegrenzten abgepreßt. Durfte der Mensch vordem zumindest davon träumen, sein Dasein in Würde und bescheidenem Wohlergehen zu fristen, so unterliegt er nun einem Zwangsdiktat, das ihn ausschließlich nach seiner Verwertbarkeit bis ins Mark und seinem Nutzen für die Esse der Unwertproduktion bemißt. Sein Anspruch auf Einkommen, Sozialleistungen, Gesundheitsversorgung und Altersrente ist Makulatur, muß er doch seine Existenz aufimmer niedrigerem Niveau durch Elektronische Zeitung Schattenblick Duldsamkeit, Verzicht und Übernah- Magda-Thürey-Zentrum (MTZ) einme wachsender Lasten rechtfertigen. geladen. Er ist Sozialwissenschaftler an der Universität Siegen, wobei FaNach dieser Maxime hat die Klas- schismus vor und nach 1945, Rechtssenfrage unwiderruflich ausgedient, populismus und Neue Rechte zu seiweil das Vorhandensein einer Klas- nen Forschungsschwerpunkten gese, die unveräußerliche Rechte und hören. In seinem Vortrag zum Thein Sozialkämpfen erstrittene Ansprü- ma "Völkisch oder populär-demoche gegenüber der auf ihrem Rücken kratisch? Der moderne Rechtspopuprosperierenden anderen Klasse gel- lismus" nahm er von einer historitend machen könnte, ideologisch ge- schen Kontroverse ausgehend eine leugnet und praktisch pulverisiert Begriffsbestimmung vor, um daraus wird. Um zu verhindern, daß sich politische Handlungskonsequenzen dennoch aus dieser Asche der Phö- abzuleiten. nix unbeugsamen Aufbegehrens von neuem erhebt, werden Fronten eröff- Da der Rechtspopulismus ein Speknet, Feindbilder produziert und trum im rechten Lager repräsentiert, Denkweisen zementiert, die kultura- das einer genaueren begrifflichen listisch und sozialrassistisch das Ver- und mithin politischen Bestimmung hängnis anderer als einzig verbliebe- bedarf, kreiste Phillip Becher den nen Ausweg zur eigenen Rettung po- Themenkomplex zunächst anhand einer historischen Debatte ein. Ende stulieren. der 1970er Jahre wurde in der von Muten Kampf der Kulturen, Religi- Wolfgang Fritz Haug und seinem onskriege und Chauvinismen jegli- Team herausgegebenen Zeitschrift cher Couleur wie ein Rückfall in "Das Argument" eine Kontroverse überwunden geglaubte Epochen ausgetragen, aus der die beiden maßmenschheitsgeschichtlicher Ent- geblichen Positionen zu dieser Frage wicklung an, so repräsentieren sie in der damaligen Diskussion hervorzugleich die Spitze zukunftsträchti- gehen. Die Kontrahenten waren auf ger Herrschaftssicherung. Reaktio- der einen Seite der 1986 gestorbene näre Bewegungen wie der Rechtspo- Reinhard Opitz, ein westdeutscher pulismus sind daher weit mehr als marxistischer Sozialwissenschaftler, Versatzstücke aus dem Inventar des der den Populismusbegriff verwirft. vielzitierten Monopolkapitalismus, Auf der anderen Seite standen Ernedie dieser bei Bedarf hervorholt, um sto Laclau, ein argentinischer Dissie später wieder zugunsten seines kursanalytiker, und die Soziologin Normalbetriebs zurückzufahren. Sie Karin Priester, inzwischen emeritiergedeihen vielmehr im Windschatten te Professorin an der Universität zentraler gesellschaftlicher Prozesse, Münster. Es ging dabei um die Kläderen Sachwalter wirkmächtiger als rung der Begriffe "Populismus" und die grobschlächtige Apologetik sol- "Faschismus", wobei letzterer in der cher Populismen vordenken und vor- damaligen Diskussion viel promiexerzieren, was man Menschen an- nenter als heutzutage war. tun kann und muß, um sie unwiderOpitz hatte fünf Jahre zuvor im Arruflich zu entmächtigen. gument einen Aufsatz über Entstehung und Verhinderung von Faschis"Völkisch" oder "populär-demo- mus geschrieben. Im Argument 117 kratisch"? Der moderne Rechts- mit dem Themenschwerpunkt "Faschismus und Ideologie", das Beiträpopulismus ge von Fritz Haug, Ernesto Laclau In der Veranstaltungsreihe "Bürger- und Karin Priester enthielt, gingen liche Herrschaft in der Krise" [1] insbesondere Haug und Priester krihatte die Assoziation Dämmerung tisch auf die Faschismustheorie von am 18. November Phillip Becher ins Opitz ein. In Argument 121 folgte eiSeite 2 www.schattenblick.de ne Erwiderung von Opitz, wobei man die Kontroverse vor dem Hintergrund der damaligen Diskussion in der westdeutschen Linken sehen muß. Seinerzeit war eine der ersten Gramsci-Wellen en vogue, die sich zumeist aus Versatzstücken und rudimentären Übersetzungen seiner Werke speiste, als ließe sich daraus der Marxismus neu definieren. Opitz faßte die Ergebnisse von Haug, Laclau und Priester als "einen in der Summe nur katastrophal zu nennenden Rückfall hinter einstige Erkenntnisresultate" zusammen und nannte seine Replik deswegen "Über vermeidbare Irrtümer". Er arbeitete zwei grundlegende Linien hinsichtlich des Begriffs "Rechtspopulismus" heraus, ihn nämlich entweder als eine Art populärdemokratische Anrufung zu verstehen oder seinen völkischen, also bürgerlichen Kern aufzudecken. Karin Priester spricht sich dafür aus, den Faschismus auch über seine Massenbewegung zu definieren, und will ihn nicht zuletzt aus der Ideologie seiner Anhängerschaft erklären. Opitz kritisiert daran, daß die faschistische Ideologie dadurch in ein heterogenes Mosaik aufgelöst wird, und verweist darauf, daß der Faschismus nicht immer eine Massenbewegung braucht, wie das Beispiel des Militärputsches 1973 in Chile belegt. Er selbst hebt demgegenüber auf den monopolkapitalistischen Charakter des Faschismus ab. An Laclau kritisiert Opitz, er wende sich von dem marxistischen Ideologiebegriff ab. Für Laclau ist der Widerspruch zwischen dem Volk und dem Block an der Macht maßgeblich, wobei er beide nicht näher definiert. Jeder Mensch ist demnach Mitglied eines Volkes, doch vermengt Laclau dabei den ethnischen und den plebejischen Volksbegriff. Ideologien haben Laclau zufolge keinen klassenspezifischen Inhalt. Die Enttarnung des faschistischen Popanz als bürgerliche Ideologie wäre demnach eine falsche Analyse, Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick weil der Faschismus eine Volksideologie sei. Klassenkräfte bemühten sich zwar, diese Volksideologien aufzugreifen und in den jeweils eigenen Diskurs einzubinden, aber nur zur Mobilisierung gegen den jeweils herrschenden Machtblock. Laclau hantiert auf diese Weise mit vielen unhinterfragten Begriffen und liefert ein Konstrukt gesellschaftlicher Realität, ohne es zu begründen. Den Versuch, vorhandene Ideologien einzubinden, nennt er populärdemokratische Anrufung. Der deutsche Faschismus sei 1933 deswegen erfolgreich gewesen, weil er es mit seinem populärdemokratischen Anruf verstanden habe, den Mittelstand einzubinden. Die Anrufung des Volkes und der Rasse sei so wirkmächtig gewesen, daß die Nazis erfolgreich waren. Den Machtblock in der späten Weimarer Republik faßt Laclau als eine Antithese zum Faschismus auf. Demnach gab es keine Kontinuität der Eliten zwischen der Weimarer Zeit und dem Dritten Reich, was schlichtweg unzutreffend ist. Bezeichnenderweise zählt Laclau Rassismus und Antisemitismus zum populärdemokratischen Diskurs, obgleich diese zur Verschleierung der gesellschaftlichen Verhältnisse und Ablenkung auf konstruierte Feindbilder eingesetzt werden. Karin Priester, die sich auf Laclau bezieht, verweist aufdas Beispiel des Ruhrkampfs 1923, als die Kommunistische Internationale diskutierte, man müsse unter bestimmten Voraussetzungen den Kampf gegen den Imperialismus mit Unterstützung durch bürgerliche Nationalisten führen. Als Beispiel galt Leo Schlageter, ein Mitglied der Großdeutschen Arbeiterpartei, einer Ersatzorganisation der NSDAP, der im Ruhrkampf umkam und von Karl Radek, einem Funktionär der KPD, als Wanderer ins Nichts und mutiger Soldat der Konterrevolution apostrophiert wurde. An der Basis der KPD war diese Verbrüderung mit Klassenfeinden nicht gerade populär. Karin Priester Mi, 18. Dezember 2013 hingegen fragt, warum man dieses Bündnis nicht noch einmal ins Auge fassen sollte. Opitz verwirft dies als den Versuch, erneut eine Art Querfront zu propagieren. Reinhard Opitz spricht hingegen von völkischem Bewußtsein als einer bürgerlichen Ideologie, die sich mit der Herausbildung des Imperialismus etabliert hat, da sie besser integriere, als es mit Hilfe des liberalen Kapitalismus zu bewerkstelligen war. Völkisch sei nicht demokratisch und könne nicht Teil einer linken Politik sein. Deshalb verneble auch die Suche nach revolutionären oder linken Elementen im Faschismus dessen realen gesellschaftlichen Charakter. Deswegen lehnt Opitz den damals verwendeten Populismusbegriff als verharmlosend und irreführend ab. Phillip Becher Foto: © 2013 by Schattenblick Phillip Becher plädiert dafür, den Populismusbegriff dennoch zu verwenden, ohne allerdings die Positionen von Laclau oder Priester zu übernehmen. Es ließen sich unter Bezug auf Opitz heutige antidemokratische Bewegungen analysieren, die man nicht als neofaschistisch bezeichnen kann. Opitz entwickelt die sogenannte Dimitrow-These dahingehend weiter, daß er den Faschismus als diejenige terroristische Form der monopolkapitalistischen Herrschaft bezeichnet, die alle politischen Organisationen www.schattenblick.de der Arbeiterklasse und der demokratischen Bewegung illegalisiert und der Verfolgung aussetzt. Er schrieb 1984 das Buch "Faschismus und Neofaschismus", in dem er sich damit beschäftigt, daß der Faschismus nicht an der Macht ist, jedoch in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung bestimmte Funktionen erfüllt, die es zu benennen gilt. Opitz nimmt acht Funktionsbestimmungen des Faschismus vor: 1) Auffangbecken, nämlich Ableitung von Protestpotentialen. 2) Barometer, das die Zustimmung zu antiparlamentarischen Lösungen der Krise bemißt. 3) Alibi für reaktionäre Regierungspolitik, wie etwa 1992 die Abschaffung des Asylrechts unter Verweis auf rassistische Gewalttaten. 4) Antreiber in der Rechtsentwicklung der bürgerlichen Parteien. 5) Langfristige ideologische Orientierung. 6) Terroristische Einschüchterung. 7) Destabilisierung. 8) Straßenkampf und Bürgerkrieg. Der Rechtspopulismus unterscheidet sich aufgrund der drei letztgenannten Funktionen vom Faschismus, weil er diese im Unterschied zu den ersten fünf nicht erfüllt. Was aber ist unter "rechts" zu verstehen? Opitz ist als Marxist der Auffassung, daß aufgrund der Entwicklung der Produktivkräfte die Bedürfnisse aller Menschen in der jetzigen Gesellschaft befriedigt werden könnten. Das Privateigentum an Produktionsmitteln und die sich daraus ergebenden Produktionsverhältnisse verhinderten dies jedoch. Opitz versteht unter Linken diejenigen, die zu ihrer Zeit auf den historisch objektiv möglichen nächsthöheren Verwirklichungsgrad von Demokratie hin drängen. Demgegenüber seien rechte Bewegungen solche, die hinter den schon erreichten Grad von Demokratie zurückdrängen und den Artikulationsspielraum von Demokraten einengen wollen. Seite 3 Elektronische Zeitung Schattenblick Der Populismusbegriff ist insofern schillernd, als er oftmals beliebig auf alles und jedes angewendet wird. Um den Begriff "Rechtspopulismus" einzugrenzen, nennt Becher als drei wesentliche Parameter Struktur, Ideologie und Funktion. Strukturell tritt der Rechtspopulismus bewegungsförmig auf und hat keine klassische Parteienstruktur samt entsprechenden Mitgliedsrechten. Beispielsweise hat die Partei von Geert Wilders genau zwei Mitglieder, nämlich ihn selbst und eine Stiftung, über die das Geld gesammelt wird. Silvio Berlusconis Partei Forza Italia war eine Umwidmung seiner Firma Fininvest. Die Satzung der AfD in Deutschland enthielt vor der offiziellen Parteigründung nur einen Passus zu Mitgliedspflichten, jedoch keinen zu Mitgliedsrechten. Um dem deutschen Parteiengesetz Genüge zu tun, wurde auf dem Gründungsparteitag dann doch noch eine entsprechende Ergänzung beschlossen. Zudem weisen solche Strömungen oftmals charismatische Führungspersönlichkeiten auf, da sie eine Komplementärstrategie des Neoliberalismus sind. Wie letzterer dem individuellen Aufstieg das Wort redet, bedient sich auch der Rechtspopulismus persönlicher Mythen. Ideologisch appelliert der Rechtspopulismus an das sogenannte gemeine Volk, womit er sich als eine völkische Ideologie erweist, die gesellschaftliche Konfliktlinien nicht nach sozialen Gesichtspunkten identifiziert, sondern bestimmte Gruppen ausgrenzt. Er geriert sich als Verteidiger des kleinen Mannes gegen die unfähige derzeitige Elite und zugleich gegen Einwanderer, Erwerbslose und Randgruppen. Die vertikale Kritik an der Führung folgt keinem egalitären Standpunkt, sondern repräsentiert selbst ein elitäres Politikverständnis. Diese Stoßrichtung ist also im Spannungsfeld zwischen neoliberaler Wirtschaftskonzeption und antiliberaler autoritärer Ideologie anzusiedeln. Vorgedacht wurde Seite 4 diese Ideologie von Vertretern der sogenannten Neuen Rechten, die vor allem in Frankreich ab den späten 1960er Jahren virulent wurde und bis heute wirkmächtig ist. Grob gesprochen lassen sich zwei Flügel ausmachen, nämlich eher Nationalrevolutionäre und eher Konservative. Der konservative Flügel ist inspirierend für den Rechtspopulismus, und zwar über ein bestimmtes Ideologem, das sich Ethnopluralismus nennt. Bei diesem handelt es sich im Prinzip um die Idee des Multikulturalismus mit umgekehrten Vorzeichen. Menschen werden vor allem als Kulturträger gesehen, also als Träger eines bestimmten Volkscharakters. Man könne zwar Rassen nicht von vornherein als ungleich bezeichnen, doch seien die Individuen durch den Bezug zu ihrer kulturellen ethnischen Identität definiert. Diese beinhaltet zugleich einen Raumbegriff wie etwa den des Abendlandes, das dieser Ideologie zufolge auch nur von abendländischen Kulturträgern bewohnt werden sollte. Hinsichtlich der Funktion unterschied Opitz in neofaschistische Gruppierungen, CDU-Mainstream und dazwischen die Strauß-CSU. Letztere verortete er im Spannungsfeld zwischen Partei und Sammlungsbewegung. Das Feld der damaligen Strauß-CSU beackern heute diverse rechtspopulistische Bewegungen. In den USA ist seit vielen Jahren die Tea-Party-Bewegung aktiv, die fälschlich als Gruppe von Hinterwäldlern oder White Trash abqualifiziert wird. Zu ihr gehört vielmehr der Think Tank "Americans for Prosperity" der Gebrüder Charles und David Koch. Die zwei Ölindustriellen nutzen ihn, um politische Strategien zur Durchsetzung ihrer Interessen zu entwickeln. Was sich im Dunstkreis dieser Einflußnahme bewegt, kann als sozialer Träger des Rechtspopulismus in den USA betrachtet werden. Die Massenbasis der Tea Party vertritt ein breiteres Spektrum an Ideologien, die auf den ersten Blick mitunter irrational wirwww.schattenblick.de ken. So lehnen Segmente der christlichen Rechten den Umwelt- und Naturschutz mit der Begründung ab, dieser greife in den göttlichen Plan ein. Rückgekoppelt auf die Interessen der Ölindustrie ergibt sich indessen ein durchaus zweckrationaler Sinn. Auch in anderen Ländern mit rechtspopulistischen Formationen spiegeln diese in der Regel sozioökonomische Konflikte wider, die kulturell aufgeladen werden. In Italien forciert die Lega Nord einen spezifischen Sozialrassismus gegenüber Süditalienern, Sinti und Roma wie auch Moslems. Sie propagiert die Sezession des Nordens, da Segmente des norditalienischen Kapitals ihren Reichtum nicht mit den unterentwickelten Regionen des Südens teilen wollen. Neofaschismus, Postfaschismus und Berlusconi-Populismus haben ihre Interessen zusammengeführt, um das Land weit nach rechts zu verschieben. Aus Zeitgründen beschränkte sich der Referent auf die genannten Beispiele, denen sich weitere hinzufügen ließen. Wie seine Ausführungen deutlich machten, läßt sich der Rechtspopulismus ungeachtet teilweiser Übereinstimmungen vom Faschismus abgrenzen. Beiden gemeinsam ist die Rückführbarkeit auf eine Strategie kapitalistischer Vergesellschaftung, namentlich in Zeiten der Krise Klassenwidersprüche und soziale Konflikte zu verschleiern und zu negieren, indem rassistische und kulturalistische Fronten eröffnet werden. Antifaschistische Linke in der Defensive? Für Reinhard Opitz war "Formierung" ein zentraler Begriff, worunter er eine Integration unter Preisgabe der eigenen objektiven Interessen verstand. Dementsprechend könnte man den Rechtspopulismus als eine mögliche Antwort auf die NotwenMi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick aktionärer Gesinnung zu belegen. So überläßt man der Rechten Felder, die durch deren Kontaminierung vollends unbegehbar erscheinen. Sozialrassistische Ideologien auf dem Vormarsch Foto: © 2013 by Schattenblick digkeit der Formierung in der gegenwärtigen Epoche bezeichnen. Er ist ohne den Neoliberalismus nicht zu denken, den er als antidemokratische Bewegung flankiert. So geriert er sich als Opposition gegen die Auswüchse des Neoliberalismus, schlägt aber selbst forcierte neoliberale Schritte als angebliche Lösung vor. Hier schließen sich allerdings Fragen an, die über eine solche begriffliche Auch sitzt die Scheidung von Produktiven und Unproduktiven nicht selten tiefer, als es die Linke wahrhaben will. Oftmals verabsolutiert sie Arbeit zu einem positiven Wert, was nicht zuletzt Neue Rechte wie etwa Jürgen Elsässer begünstigt, der in der Sortierung brauchbaren Menschenmaterials den Schulterschluß mit Thilo Sarrazin übt. Wenn Besitzstandswahrung zur Ultima ratio wird, beißt sich der Vorhalt andersgearteter objektiver Interessen schnell die Zähne aus. Wo bleibt demgegenüber eine emanzipatorische, nicht konkurrenzgetriebene Position, der es nicht darum gehen kann, den andern zu übertrumpfen? und konzeptionelle Definition hinausweisen. Offensichtlich hat die politische Linke bestimmte Traditionen und Bezüge preisgegeben, die sie als völkisch mißdeutet. Sie hat nicht nur wie die Kommunistische Partei Italiens Volkshäuser, alternative Projekte und eigene Freizeiteinrichtungen aufgegeben, weil sie diese für Fußnote: nicht mehr zeitgemäß hielt, bis sie [1] http://www.kapitalismus-in-derschließlich 1991 zur Selbstauflösung krise.de/ schritt. Die politische Linke in http://www.schattenblick.de/ Deutschland ist vielmehr dabei, etwa infopool/politik/report/ die eigene Sprache zugunsten der prbe0175.html Anglifizierung zu entsorgen und Kultur als solche mit dem Stigma re- POLITIK / REPORT / INTERVIEW Herrschaft in der Krise - Kurden, Menschen, Repression, Wolfgang Struwe im Gespräch An der kurdischen Bewegung wird vor allem gehaßt, daß sie sich nicht zum Vasallen imperialistischer Staaten macht Interview im Café "Tatort Kurdistan" im Centro Sociale in Hamburg­St. Pauli am 20. November 2013 "Kapitalismus - Krise - Herrschaftssicherung" - unter diesem Titel fand im Rahmen der diesjährigen Hamburger Veranstaltungsreihe "Bürgerliche Herrschaft in der Krise" [1] am 20. November eine Diskussionsveranstaltung mit dem Hamburger Mi, 18. Dezember 2013 Rechtsanwalt Dr. Heinz-Jürgen Schneider statt. Organisiert wurde der Abend, an dem der Referent in historischen wie zeitnahen und tagesaktuellen Bezügen über die repressiven und integrativen Varianten der Herrschaftssicherung sprach, von www.schattenblick.de der Initiative "Tatort Kurdistan" in deren Café im Centro Sociale. [2] Im Anschluß daran hatte der Schattenblick die Gelegenheit, mit Wolfgang Struwe, einem der Organisatoren von "Tatort Kurdistan", über die Seite 5 Elektronische Zeitung Schattenblick aktuelle Situation im kurdisch-türkischen Konflikt zu sprechen und in Erfahrung zu bringen, warum die Initiative grundsätzliche Fragen politischer Repression hier in Deutschland verbunden sehen möchte mit Themen, die speziell vornehmlich in der Türkei lebende Kurdinnen und Kurden betreffen. Schattenblick: Im Moment gibt es sehr viele Proteste wegen der Lage von Flüchtlingen. Man könnte dabei leicht den Eindruck gewinnen, daß der Umgang deutscher Behörden mit ihnen sehr unterschiedlich ist je nachdem, aus welcher Konfliktzone sie kommen. So haben Flüchtlinge aus Syrien, Libyen und den kurdischen Gebieten der Türkei einen recht unterschiedlichen Stand. Einigen tausend Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien soll ein Leben in Deutschland ermöglicht werden. An Kriegsflüchtlingen aus Libyen scheint das Interesse inzwischen gänzlich erloschen zu sein, während kurdische Flüchtlinge im Grunde noch nie als Flüchtlinge wahrgenommen wurden. Wie ist das zu erklären? Wolfgang Struwe: Bei den kurdischen Flüchtlingen muß man ein wenig in die Geschichte zurückgehen. So sind die meisten von ihnen nach Deutschland geflohen, weil sie wegen Unterstützung der PKK in der Türkei angeklagt worden sind. Seit dem PKK-Verbot hat sich das natürlich sehr gewandelt, denn nun wurden PKK-Anhänger oder -Mitglieder, die hier Asyl gefunden hatten, auch in Deutschland verfolgt. Der Asylgrund wandelte sich im Grunde gleich zum Anklagepunkt. Zum anderen kommt hinzu, daß gegen Kurden eine sehr medienwirksame Hetze aufgebaut wurde, so daß das Wort Kurde inzwischen mit "Terrorist" assoziiert wird. Wenn Kurden hier für ihre Rechte eintreten und auf die Straße gehen, verbindet man das gleich mit Krawallen. Von seiten der Herrschenden sind die Fakten einfach umgedreht worden. Daß Menschen gezwungen sind, aus ihrer Seite 6 Wolfgang Struwe Foto: © 2013 by Schattenblick Heimat zu flüchten, liegt in erster Linie daran, daß der Krieg von hier in Länder wie Libyen oder Kurdistan getragen wird. Sie fliehen dann eigentlich nur in ein sogenanntes Schutzland. SB: Nach der offiziellen Version gibt es immer wieder Bemühungen, einen Friedensprozeß im türkisch-kurdischen Konflikt in Gang zu setzen. Wie ist da der aktuelle Stand? WS: Wir sprechen nicht von einem Friedensprozeß, sondern nur von einem Prozeß, der dort stattfindet. Zu einem Friedensprozeß ist es noch nicht gekommen, denn dies würde bedeuten, daß er von beiden Seiten anerkannt und forciert wird. Dazu ist immer ein Mediator erforderlich, also ein Dritter, der die Gespräche zwischen dem türkischen Staat und der kurdischen Freiheitsbewegung verfolgt und auch leitet. Die PKK hat seit 1993 immer wieder versucht, den Konflikt auf eine politische Ebene zu bringen, das heißt, den bewaffneten Kampf einzustellen und einen Dialog mit dem türkischen Staat zu beginnen. Seit Herbst dieses Jahres herrscht erneut ein vom PKK-Vorsitzenden Abdullah Öcalan ausgerufener Waffenstillstand, den die kurdische Bewegung akzeptiert hat. Gleichzeitig wurde vereinbart, daß sich die kurdische Guerilla aus dem türkischen Staatsgebiet in den Nordirak zurückzieht. www.schattenblick.de Dieser Prozeß ist inzwischen gestoppt worden. Es gibt keinen Rückzug mehr, weil von türkischer Seite keine wirklichen Schritte in Richtung Frieden unternommen worden sind. Es gibt momentan keine großen militärischen Auseinandersetzungen, was schon als Erfolg dieses Prozesses angesehen werden kann. Aber die Türkei baut trotzdem ihre Militäranlagen in Nordkurdistan, also in der Osttürkei, weiter aus. So ist für dieses Jahr die Fertigstellung von 67 neuen Militärstationen geplant, und das sind keine kleinen Stationen, sondern große Militäranlagen. Gleichzeitig geht der Staudammbau weiter. Die Staudammprojekte, die zum größten Teil im Grenzgebiet zum Irak verlaufen, dienen dem militärstrategischen Ziel, die Grenze unpassierbar zu machen. Eine andere Forderung der kurdischen Bewegung, das paramilitärische Dorfschützersystem aufzulösen - das sind Kurden, die vom Staat bezahlt werden, um das neue System abzubauen und gegen die Bewegung zu kämpfen -, wurde ebenfalls nicht erfüllt. Das Gegenteil ist der Fall, es wurden viele neue "Dorfschützer" rekrutiert. Das sind so die kleinen Schritte, die die kurdische Bewegung vom türkischen Staat gefordert hat, aber der hat im Grunde nur Zeit geschunden. Ein weiterer zentraler Punkt betraf die Freilassung von 217 schwerkranken politischen Gefangenen. Auch das ist nicht geschehen. Es gibt weiterhin Verhaftungen, wenngleich nicht in dem Maße wie 2009/2010. So gesehen gibt es keine legitimen Verhandlungen. Verhandelt wird nur aufder Gefängnisinsel Imrali, wo der PKK-Vorsitzende Abdullah Öcalan seit 1999 festgehalten wird. Wir wissen aber nicht, mit wem er dort Gespräche führt und ob daran Regierungsvertreter beteiligt sind. Außerdem erhält er nur Besuche von der BDP [3], aber auch das ist nicht offiziell. Der Staat kann mehr oder weniger bestimmen, ob eine Delegation Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick der BDP in einem Monat fahren kann oder nicht. Es liegt also alles im Ermessen der Regierung. Angesichts dessen ist dieser Prozeß sehr wackelig. Die kurdische Bewegung tut alles, daß er ausgebaut wird, aber große Hoffnungen gibt es momentan nicht. schlagen, unterstützt also weder das alte Assad-Regime noch die Freie Syrische Armee. Sie hat die Menschen dort frühzeitig organisiert und eine starke Selbstverteidigung aufgebaut, die es geschafft hat, das Assad-System ohne allzu große Waffengewalt zu vertreiben. Dieses Beispiel könnte eine große Sogwirkung auch für andere Völker in der Region haben, weil es zeigt, wie Menschen effektiv Widerstand leisten können. Westkurdistan bzw. Nordsyrien ist im Grunde eine Ansammlung kleiner, durchwachsener Gebiete. Dort leben infolge der Arabisierung auch durch das AssadSystem viele verschiedene Völker. Die kurdische Bewegung versucht, alle mit ins Boot zu Informationstisch der Kampagne holen. Sie hat dazu einen eigenen Rat "Tatort Kurdistan" gebildet und eine Basisorganisierung im Veranstaltungsraum aufgebaut, die nicht nur von Kurden Foto: © 2013 by Schattenblick großen Zulauf erhält, sondern auch SB: Der Nahe Osten ist ein Krisen- von den vielen verschiedenen Volksgebiet, in dem sich die Interessen der gruppen, die in dieser Region leben. Großmächte Bahn brechen. Wie stark wird davon der Konflikt der SB: Besteht für die syrischen Kurden kurdischen Bevölkerung mit dem angesichts dessen, daß die westlitürkischen Staat, aber auch die Situa- chen Staaten gegen das Assad-Retion in den angrenzenden Staaten be- gime opponieren, nicht die Gefahr einer Instrumentalisierung ähnlich einflußt? wie im Irak, wo sich der kurdische WS: Kurdistan ist bekanntlich in vier Bevölkerungsanteil den USA wenn Teile gespalten. Ein Teil befindet nicht angedient, so doch als nützlisich im Iran, ein anderer jeweils im che Strohpuppe für US-Interessen Irak und in Syrien, aber der größte erwiesen hat? Teil liegt auf dem Staatsgebiet der Türkei. Der Widerstand, der jetzt in WS: Syrien läßt sich mit SüdkurdiSyrien läuft, wird sehr stark von der stan bzw. dem Nordirak nicht verkurdischen Bewegung getragen. Po- gleichen, weil im letzteren Gebiet die litisch gesehen hat sie einen eigenen, Kurdenparteien von Barzani [4] und den sogenannten dritten Weg einge- Talabani [5] die Macht haben. Es Mi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de sind Vasallengruppen, die von den USA und jetzt auch von der Türkei mehr oder weniger abhängig sind. Der Unterschied zu der Volks- oder Basisbewegung in Syrien besteht darin, daß sie dort wirklich die Bevölkerung organisiert. Es sind Rätesysteme von unten aufgebaut worden, die sich nicht instrumentalisieren lassen. Sie sind wirtschaftlich nicht abhängig. In der Region, vor allem in Syrien, herrscht Krieg. Die kurdischen Gebiete dort werden vor allem durch Terroranschläge der Dschihadisten bedroht, die sich gegen die Errungenschaften der kurdischen Bewegung richten, worüber hier in Deutschland nur sehr wenig berichtet wird. Der Aufbau von Basisstrukturen und Kooperativen - das reicht von kleinen Landwirtschaftskooperativen bis hin zu Ölraffinerien, die der Bevölkerung gehören - ist den islamistischen Kräften, die dort operieren, ein Dorn im Auge. Die kurdische Bewegung in Nordsyrien hat ein ganz anderes System aufgebaut als im Nordirak, wo einige Clanchefs, die das Geld mehr oder weniger für sich und ihre Familien bzw. Clans verwenden, das Sagen haben. An der kurdischen Bewegung in Nordsyrien wird vor allem gehaßt, daß sie sozialistisch ist und sich nicht zum Vasallen der imperialistischen Staaten macht. SB: Steht diese Entwicklung auch im Zusammenhang mit der Kriminalisierung und Inhaftierung von Anwältinnen und Anwälten in der Türkei, die in Prozessen gegen Kurden und kurdische Organisationen Rechtsbeistand geleistet haben? Zu dieser Repressionspolitik des türkischen Staates haben sich hier in Deutschland juristische Organisationen wie der Deutsche und der Republikanische Anwaltverein sehr kritisch geäußert. [6] WS: In der Türkei sind nicht nur Anwälte, sondern auch Journalisten und überhaupt Personen inhaftiert, die sich am System der "Demokratischen Autonomie", wie es von der Seite 7 Elektronische Zeitung Schattenblick Wolfgang Struwe mit SB­Redakteurin Foto: © 2013 by Schattenblick kurdischen Bewegung genannt wird, aktiv beteiligt haben. Die Verhaftungswelle hat 2009 angefangen, als in der Türkei Kommunalwahlen stattfanden. Die AKP hat die Wahlen zwar nicht verloren, aber ihr Ziel, strategisch wichtige Gebiete im kurdischen Teil der Türkei für sich zu erobern, nicht erreicht, weil die BDP dort sehr viele Stimmen bekommen hat und in etlichen Gebieten die Bürgermeisterämter übernehmen konnte. Dadurch hat sie sich auf kommunalpolitischer Ebene zu einer sehr großen Kraft entwickelt. Dort versucht sie, ihr basisorientiertes Modell einer "Demokratischen Autonomie" umzusetzen und nicht darauf zu warten, daß es Frieden gibt oder der Staat die Erlaubnis dazu erteilt. Mit dem Bildungssektor wurde angefangen. Zwar ist die kurdische Sprache in der Türkei nicht mehr verboten, aber es gibt keine Schulen, an denen auf kurdisch unterrichtet wird. Tatsächlich ist es so, daß der Gebrauch des Kurdischen als Unterrichtssprache nur an Privatschulen, die man selbst bezahlen muß, gestattet ist. Zur "Demokratischen Autonomie" gehört nicht nur, das Bildungssystem selbst in die Hand zu nehmen, sondern auch, Kooperativen und ein autarkes wirtschaftliches SySeite 8 stem aufzubauen sowie Medien in Eigenregie zu führen. Viele KurdInnen, die in diesen Bereichen aktiv geworden sind, ob nun PolitikerInnen, JuristInnen, JournalistInnen bzw. LehrerInnen, die in den sogenannten selbstaufgebauten Akademien unterrichtet haben, sind weggesperrt worden. Mehr als 10.000 Verfahren wurden eingeleitet. Dazu kommt eine große Zahl von Menschen, die illegalisiert worden sind und sich der Repression entzogen haben, indem sie entweder ins Ausland oder in die Illegalität gegangen sind. Diese Zahl ist immens groß. Aber dennoch hat es die Repression nicht geschafft, dieses System ganz zu stoppen. Vielmehr ist es so, daß der Widerstand der Basisorganisierten weitergeht. SB: Die AKP steht nach den Demonstrationen im Gezi-Park und anderswo in der Türkei ziemlich unter Druck. Wie schätzen Sie die augenblickliche Entwicklung im Kontext mit der kurdischen Frage ein? Wird es zu einer politischen Entspannung kommen oder rechnen Sie eher mit einer zunehmenden Repression durch den Staat? WS: Ich weiß gar nicht, ob die Repression noch zunehmen kann. Die AKP betreibt eine sehr dynamische Politik und hat es geschafft, etwas in diesem Land, das lange Zeit im Stillwww.schattenblick.de stand verharrte, zu bewegen. Die AKP hat die Türkei durchaus hin zu einer westlichen Demokratie verändert. Ich habe einen anderen Anspruch an Demokratie, deswegen sage ich "westliche Demokratie". Die AKP hat aufAnstoß aus Europa viele Gesetze von hier übernommen. Unzweifelhaft verfügt die Partei in vielen Gebieten der Türkei über eine sehr starke Basis. Mag sein, daß die AKP ein bißchen größenwahnsinnig geworden ist. In der Mitte des Jahres konnte man sehen, daß sie überall auch angeeckt ist. Sie hat von den westlichen Staaten sehr viel Kritik bekommen, weil sie sich den Interessen der USA und Europas nicht mehr untergeordnet hat. Die AKP wird vom Westen unterstützt und konnte ihre Basis in der Türkei stark ausbauen, hat aber das Ziel, das Europa mit ihr verfolgt, nämlich einen demokratischen Islam zu repräsentieren, nicht erreicht. Die AKP hat in der letzten Zeit sehr deutlich gemacht, daß sie dieses Interesse gar nicht teilt. Man muß allerdings auch sehen, daß die Bevölkerung gerade in den Metropolen mit der Politik der AKP - siehe Gezi-Aufstand in Istanbul - nicht mehr zufrieden ist. In den kurdischen Gebieten, in denen die AKP neu an die Macht gekommen war, verfügte sie auch über eine große Basis. Sie hatte den Auftrag, die Menschen von der PKK wegzuziehen. Dazu wurden Parolen gestreut wie: "Alle AKP'ler sind Brüder" oder, speziell an die Adresse der kurdischen Bevölkerung gerichtet: "Wir sind alle Glaubensbrüder, ihr könnt auch zu uns kommen, wir tun alles für euch." Die AKP hat sehr viel Basisarbeit geleistet, und deshalb fielen die Wahlerfolge in den kurdischen Gebieten am Anfang auch sehr gut aus. Aber als die Kurdinnen und Kurden dann erkennen mußten, was für eine Partei das wirklich ist, und sie endlich begriffen, daß sie selbst eine viel größere Kraft werden könnten, hat die AKP die Repression verstärkt und damit ihr wahres Gesicht gezeigt. Ich denke, daß es die AKP Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick als politische Kraft weiter geben wird. Im nächsten Jahr stehen Kommunalwahlen an, die sehr wichtig sind. Meiner Einschätzung nach wird der sogenannte Lösungs- und Friedensprozeß bis zu den Wahlen weiter vor sich hin dümpeln. Dann wird sich zeigen, wieviel Stimmen die AKP an der Basis verloren oder gewonnen hat. SB: Sie haben heute hier in Hamburg als Gruppe "Tatort Kurdistan" die Vortrags- und Diskussionsveranstaltung zum Thema "Kapitalismus Krise - Herrschaftssicherung" organisiert. Was hat Sie dazu bewogen bzw. wo sehen Sie die Verbindung zur kurdischen Frage? WS: Ich sehe die Problematik gar nicht allein auf die Bundesrepublik bezogen, vielmehr zieht sich dieses System über die bundesdeutschen Grenzen hinweg. Natürlich sind auch wir mit den Formen der Herrschaftssicherung konfrontiert. So jährt sich das PKK-Verbot in diesem Jahr zum 20. Mal. Die Repression gegen Kurdinnen und Kurden sowie gegen die Sympathisanten der kurdischen Bewegung ist in der Öffentlichkeit hierzulande wenig bekannt. In der Veranstaltung selber bildete dies nur einen Unterpunkt und betraf vor allem den Paragraphen 129 b, der momentan insbesondere gegen Kurdinnen und Kurden angewandt wird. Bis jetzt gab es fünf § 129 b-Verfahren, eines davon fand in Hamburg statt. Von daher richtet sich die Herrschaftssicherung nicht allein gegen die deutsche Bevölkerung, sondern gegen alle Menschen, die in diesem Land leben. Darüber hinaus finden wir es gut, nicht nur Themen aufzugreifen, die speziell mit Kurdinnen und Kurden oder den Problemen dieser Menschen in der Türkei zu tun haben, sondern wir haben den Anspruch, weiterzugehen und auch mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen. Freiräume schaffen und nutzen im selbstverwalteten Nachbarschaftstreff "Centro Sociale" Foto: © 2013 by Schattenblick [6] Siehe auch im Schattenblick unter INFOPOOL → RECHT → BRENNPUNKT → PROZESS: [1] http://www.kapitalismus-in-der- http://schattenblick.de/infokrise.de/ pool/recht/ip_recht_brenn_prozess.shtml [2] Siehe auch den Bericht über den Vortrag von Dr. Heinz-Jürgen Schneider im Schattenblick unter Bisherige Beiträge zur Veranstal­ INFOPOOL → POLITIK → tungsreihe "Bürgerliche Herrschaft REPORT: in der Krise" im Schattenblick unter BERICHT/174: Herrschaft in der Kri- INFOPOOL → POLITIK → se - Synthese im Widerspruch (SB) REPORT: http://schattenblick.de/infopool/politik/report/prbe0174.html BERICHT/165: Herrschaft in der Krise - Wo steht der Feind? (SB) [3] Die kurdische BDP (Baris ve De- BERICHT/166: Herrschaft in der mokrasi Partisi - Partei für Frieden Krise - Mangel, Druck und Staatsräund Demokratie) ist in der türkischen son (SB) Nationalversammlung vertreten und setzt sich für die Interessen der Kur- BERICHT/168: Herrschaft in der dinnen und Kurden ein. Krise - Zweckform Euro (SB) Fußnoten: [4] Masud Barzani ist seit 1979 Vorsitzender der Demokratischen Partei Kurdistans (DPK) und seit dem 13. Juni 2005 Präsident der Autonomen SB: Herr Struwe, vielen Dank für Region Kurdistan im Norden des Irak. dieses Interview. Mi, 18. Dezember 2013 [5] Dschalal Talabani ist Vorsitzender der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und erster Staatspräsident des Irak seit dem gewaltsamen Sturz Saddam Husseins. www.schattenblick.de BERICHT/173: Herrschaft in der Krise - Die Mehrheitslogik (SB) BERICHT/174: Herrschaft in der Krise - Synthese im Widerspruch (SB) Seite 9 Elektronische Zeitung Schattenblick INTERVIEW/196: Herrschaft in der Krise - Bündnisse der Arbeit, HansPeter Brenner im Gespräch (SB) SCHACH UND SPIELE / SCHACH / SCHACH-SPHINX Unverändert halsstarrig INTERVIEW/197: Herrschaft in der Krise - der Lackmustest, Markus 1882 trat der amerikanische SchachBernhardt im Gespräch (SB) freund Blackmar mit einer sonderbaren Gambitidee an die ÖffentlichINTERVIEW/198: Herrschaft in der keit. Zog man seinerzeit den KönigsKrise - türkisch-linke Bündnisfra- bauern, so mündeten viele Partien ins gen, Duran Kiymazaslan im Königsgambit ein, während man auf Gespräch (SB) dem anderen Flügel das Damengambit zu spielen pflegte. Blackmar, ein INTERVIEW/199: Herrschaft in der leidenschaftlicher Angriffsspieler, Krise - am linken Schlaf vorbei, Syl- empfahl nach 1.d2-d4 d7-d5 hingevia Brennemann im Gespräch (SB) gen das kühne Bauernopfer 2.e2e4!? d5xe4 3.f2-f3. Großartig durchINTERVIEW/201: Herrschaft in der gesetzt hat sich sein Gambit indes Krise - Wo der Mumm fehlt! Wolf- nicht, zumal es sich mit 3...e7-e5! gang Erdmann im Gespräch (SB) leicht widerlegen ließ. In der Mitte des 20. Jahrhunderts verbesserte INTERVIEW/202: Herrschaft in der dann Emil Josef Diemer das BlackKrise - Ratio des Mehrgewinns, mar-Gambit, indem er sie Züge Andreas Wehr im Gespräch (SB) 3.Sb1-c3 Sg8-f6 dazwischenschaltete. Sein Eifer, die nun Blackmar-DieINTERVIEW/204: Herrschaft in der mer-Gambit genannte Eröffnung poKrise - Horizont der Mühen, pulär zu machen, kannte keine GrenDr. Heinz-Jürgen Schneider im zen. Mit Vorträgen, Analysen und Gespräch (SB) Hunderte von Partien, die er und seine Blackmar-Gemeinde zusammenINTERVIEW/205: Herrschaft in der trugen, ging er in die große OffensiKrise - Kampfverstand und Korrek- ve wider eine nicht minder halsstartur, Jürgen Lloyd im Gespräch (SB) rige Gegnerschaft, die das Gambit auf Biegen und Brechen zu den Akhttp://www.schattenblick.de/ ten legen wollte. Diemers Konzeptiinfopool/politik/report/ on war simpel: vom ersten Zug an prin0206.html aufs Matt spielen! Die Anerkennung wurde ihm bis zuletzt verwehrt, wohl auch, weil er in seinen Veröffentlichungen und Büchern oft Partien präsentierte, in denen der Nachziehende schwache Entgegnungen SCHACH UND SPIELE / SCHACH wählte. So blieb sein Werk unvollSCHACH­SPHINX/04961: ständig, als er am 10. Oktober 1990 http://www.schattenblick.de/infopool/ 82jährig in einem Pflegeheim im schach/schach/sph04961.html süddeutschen Fussbach verstarb. Seine Gemeinde existiert indes weiter und kennt nur ein Ziel: die unbedingte Anerkennung des BlackmarDiemer-Gambits als vollwertige Eröffnung. Im heutigen Rätsel der Sphinx errang der Gründungsvater jenes modernen Gambits dank einer hübschen Kombination einen Sieg für das Blackmar-Diemer-Gambit, Wanderer! Diemer - Schönfuß Baden 1954 Auflösung letztes Sphinx­Rätsel: Witolinsch war viel zu forsch an die Sache herangegangen und büßte daher schon nach 1...d6xe5 2.f4xe5 Sd7xe5! 3.De2xe5 Sf6-d7! 4.De5-g3 notwendig einen Bauern ein, da 4.Sd4xe6 Sd7xe5 5.Td1xd8 Le7xg5+ oder 4.Lg5xe7 Sd7xe5 5.Le7xd8 Se5xd3+ 6.c2xd3 Tf8xd8 7.Sd4-c2 Td8xd3 noch verhängnisvollere Konsequenzen nach sich zogen. Den Mehrbauern konnte sein Kontrahent Wojtkiewicz dann in aller Ruhe zum Sieg verwerten. Liste der neuesten und tagesaktuellen Nachrichten ... Kommentare ... Interviews ... Reportagen ... Textbeiträge ... Dokumente ... Tips und Veranstaltungen ... vom 18. Dezember 2013 http://www.schattenblick.de/infopool/infopool.html Seite 10 www.schattenblick.de Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick UMWELT / REPORT / BERICHT Zukunft der Meere - Tiefsee in Not Die Zukunft der Meere ­ Umwelt und Entwicklung auf See Tagung im Konsul­Hackfeld­Haus in Bremen am 7. Dezember 2013 Unendliche Weiten? uns zurücklehnen und weitermachen Immer weniger Lebensraum für wie bisher. die Meeresbewohner! Die Art und Weise, mit der die Bis an den Horizont rollende Wellen, Menschheit mit dem Ökosystem schäumende Gischt - ein Blick über Meer umgeht und von ihm lebt, ist den Deich läßt den ahnungslosen alles andere als schonend und verSpaziergänger daran glauben, daß nünftig. Entsprechend sind die sich das Meer nie verändert hat und schleichende Vergiftung der Ozeane nie verändern wird. Seit Jahrmillio- und die grenzenlose Ausbeutung seinen gibt es auf unserem Planeten ner Bewohner die Hauptursachen der Ozeane, deren gewaltige Dimensio- sogenannten Meeresdegradation. nen und Dynamik für den Landbe- Chemische Gifte und Schwermetalwohner schwer zugänglich bleiben. le aus Industrie und Kommunen, Während sie jedoch für die meisten Erdöl von Bohrplattformen und Menschen voller Geheimnisse und Schiffsunfällen, radioaktives Matefür den Naturfreund und Biologen rial aus Kernversuchen, atomarer voll von teilweise noch unentdeck- Wiederaufarbeitung oder Reaktoruntem Leben stecken, scheinen wir das glücken wie das in Fukushima - die Meer so zu behandeln, als sei es nur Liste der vom Menschen eingeleiteeine große Menge salzigen Wassers. ten giftigen Substanzen, die sich über Nur wenige Jahrzehnte hat der die Nahrungskette auf fast alle LebeMensch gebraucht, um das Weltmeer wesen überträgt, scheint unendlich. in ein gigantisches Wasserklo umzu- Gleichzeitig plündert die Fischindugestalten. Um die Strände von Teer- strie die letzten Winkel der Ozeane ablagerungen scheinbar sauber zu und dringt mit Schleppnetzen in imhalten, ist es ihm gelungen, die Öl- mer größere Tiefen vor, nachdem beverseuchung (zum Beispiel bei der reits der Großteil der kommerziell Haverie der Deepwater Horizon) mit gehandelten Fischbestände am RanDispergierungsmitteln gleichmäßig de des Kollaps steht, während in der Wassersäule und den umlie- gleichzeitig Energie- und Rohstoffgenden Meeresgebieten zu verteilen, konzerne darauf drängen, den Resso daß mehr oder weniger toxische, sourcenreichtum der Tiefsee und an dispergierte Kohlenwasserstoffe so- den Polen zu erschließen. Der Zuwie Lösungsmittel zu den natürli- griff auf die Weltmeere und die Konchen Bestandteilen der Wasserche- kurrenz um lukrative Fang- und Förmie inner- und außerhalb der analy- derlizenzen verschärft sich. tischen Erfassungsgrenze gehören. Dies, aber auch alle weiteren Zei- Doch nicht nur das. Wer genau hinchen der Zerstörung wie abgestorbe- sieht, kann die zunehmende Indune Korallenriffe, Sauerstoffverluste, strialisierung des Meeres durchaus Erwärmung, Überfischung, Versaue- auch von der Küste erkennen. Baurung der Ozeane, radioaktives Was- vorhaben stoßen ins Meer vor und ser haben eins gemeinsam, man kann mehr und mehr Offshore-Anlagen sie auf den ersten und zweiten Blick werden auf See errichtet. Der weltnicht immer erkennen, so daß wir weite Handel hat für eine IntensivieMi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de rung von Schiffahrt und Seeverkehr gesorgt. In diesem Wettrennen um ökonomische Vorteile bleiben mögliche Initiativen für den Schutz der Meereswelt oder für die gerechte Verteilung ihrer Schätze weit abgeschlagen. Für den Arbeitsschwerpunkt "Fair Oceans" sind das alles keine neuen Gedanken, aber dennoch von gleicher Brisanz bleibende Gründe, weshalb er und der Verein für Internationalismus und Kommunikation e.V. die entwicklungs- und umweltpolitisch notwendigen Anforderungen bei der Erschließung der Ozeane und Meere zum Schwerpunkt ihrer diesjährigen Tagung in Bremen machten, die am 7. Dezember 2013 im Konsul-Hackfeld-Haus unter den Titel "Die Zukunft der Meere - Umwelt und Entwicklung auf See" stattfand. [1] Gemeinsam mit Brot für die Welt und dem Forum Umwelt und Entwicklung, in Kooperation mit dem "AstA der Universität Bremen" sowie dem "Bremer Entwicklungspolitischen Netzwerk" hatten sie zahlreiche Referenten gewonnen, die diesem Umstand Rechnung trugen. Neben der Vorstellung des aktuellen Gutachtens "Menschheitserbe Meer" und den darin formulierten Handlungsempfehlungen des "Wissenschaftlichen Beirats für Globale Umweltveränderungen" (WBGU) und die im Rahmen der »AG Meere« des »Forums Umwelt und Entwicklung« (FUE) entwickelten meerespolitischen Forderungen zur internationalen Debatte über »Ziele nachhaltiger Entwicklung« (ein Standpunktepapier zur Diskussion nach Rio), die Fair Oceans, wie Kai KaSeite 11 Elektronische Zeitung Schattenblick schinski in seiner Eingangsnote erklärte, der gemeinsamen Diskussion über notwendige Eckpfeiler für die internationale Meerespolitik voranstellte, sorgten im weiteren Verlauf der Veranstaltung Vertreter von "Deepwave", dem "Naturschutzbund Deutschland" (NABU), der "Universität Trier" sowie dem "World Wide Fund For Nature" (WWF), Brot für die Welt und Fair Oceans mit ihren speziellen Ansätzen und Fragen zu internationalem Seerecht, Meeresschutz auf der Hohen See, Fischerei und Ernährung, Plastikmüll und Meeresverschmutzung und einem Beitrag zu Gemeingütern für weitere Facetten dieser Diskussion. Einer davon, der trotz knapper und konzentrierter Rede wegen des Umfangs der Problematik das vorgegebene Zeitlimit sprengte, war der Input: Dr. Onno Groß auf der Tagung im Konsul­Hackfeld­Haus in Bremen Foto: © 2013 by Schattenblick Biodiversität, die man im Verhältnis zum Land bereits auf einer relativ kleinen Fläche der Tiefsee findet. Jeder Seamount-Hang würde ein komplett eigenes Ökosystem beherbergen. Bisher habe man etwa 30.000 dieser unterseeischen Berge entdeckt, auf denen ein erhöhtes Vorkommen von Organismen zu erwarten ist. Die letzte Volkszählung im Meer hätte 200.000 verschiedene Arten ergeben. Doch das ist nur ein Bruchteil der noch nicht entdeckten Spezies, die auf 1,5 Millionen geschätzt werden. Allein im Polarmeer hat man in der letzten Zeit fast 5600 neue Meeresbewohner entdeckt. Die Seeberge der Tiefsee sowie ihre Fauna sind ebenfalls noch kaum erforscht. Hier verbergen sich noch zahlreiche unentdeckte Tierarten, zum Beispiel Tintenfische wie der Riesenkalmar, die sich jedoch oft- "Ökologie und Gefährdungen der Tiefsee" Einen nicht maßgeblichen Posten bei dem Run der Förderer nach Ressourcen und dem Ausverkauf der Meeresschätze stellt die Tiefsee. [2] Damit wird der lichtlose oder apophische Bereich des Meeres bezeichnet, der bei einer Wassertiefe von etwa 600 Metern beginnt und an einigen Stellen der Weltmeere bis 11.000 Meter herab reicht. Bedenkt man, daß die Erde zu 71 Prozent mit Wasser bedeckt ist und davon wiederum 70 bis 80 Prozent (je nachdem, ob man bei 600 oder 800 Meter Wassertiefe beginnt) zur Tiefsee gerechnet werden können, dann nimmt die Lophelia pertusa sind langsam Tiefsee den wohl größten Raum un- wachsende Kaltwasserkorallen und seres Planeten ein. Auch ihre Flä- wurden bisher nur bis zu einer Was­ chenausdehnung ist durchaus rele- sertiefe von 200 bis 600 Metern Tie­ vant. Mehr als die Hälfte der Erd- fe gefunden (in Norwegen bei 52 Me­ oberfläche (53,6 Prozent) hat eine tern). Die Korallenbänke im nord­ Wassersäule zwischen 3.000 und östlichen Atlantik sind tausende von 6.000 Metern (1 Prozent davon sogar Jahren alt. über 6.000 Meter) über sich, der Rest Foto: MAREANO/Institute of Mari­ des "Meeresbodens" auf 0 bis 3.000 ne Research, Norway (public do­ Meter Tiefe nimmt nur 16,2 Prozent main) ein. Dafür sei sie weniger erforscht, als die Rückseite des Mondes, be- Als Tiefseebiologen fasziniert Dr. Onno Groß die unvergleichbar hohe merkte der Referent trocken. Seite 12 www.schattenblick.de mals durch niedrige Reproduktionsraten auszeichnen. Jeder Forschungseinsatz bringt neue Entdeckungen hervor. So hat man erst vor kurzem herausgefunden, daß die größten Kaltwasserkorallenriffe in der Tiefsee in einer Wassertiefe von 5.000 Metern zu finden sind und den größten bekannten Korallenriffen wie dem Great Barrier Reef vor der Nordküste Australiens, dem Belize Barrier Reef oder dem Neukaledonischen Barriereriff durchaus Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick Konkurrenz machen. Bis vor kurzem konnte man noch auf der kurzfristig pausierenden Webseite des Referenten von vermutlich mehr als 10 Millionen noch unentdeckten Arten in der Tiefsee lesen. Scheinbar lebensfeindliche Biotope werden hier von Tieren besiedelt, vom "Eiswurm" an den Methanhy­ draten bis zum "Pompeiji­Wurm" an 300 Grad Celsius heißen unterseei­ schen Thermalquellen. Solch reiche Tiergemeinschaften fanden Tiefsee­ biologen nicht nur an den Thermal­ quellen der tektonisch aktiven Plat­ tengrenzen, sondern auch in den sauerstofffreien Zonen von Methan­ lagerstätten, kalten Quellen oder an alten Walskeletten. Die Artenvielfalt der Tiefsee ist auch andernorts be­ eindruckend. Etwa 350 bis 500 ver­ schiedene Seesterne, Seegurken, Schwämme, Seeanemonen und Kreb­ se fanden Forscher allein in einem Gebiet vor der Küste von Peru in 4.100 Meter Tiefe. [3] Kein Licht heißt keine Pflanzen oder Algen, da keine Photosynthese möglich ist, was für die meisten Tiere ein eingeschränktes Nahrungsangebot und somit hohe Anforderungen an den eigenen Stoffwechsel bedeutet. Durch die extrem unterschiedlichen Temperaturbereiche (von -1 bis 4 bzw. 12 Grad (im Mittelmeer)) und Bodenbedingungen, die lebensfeindlichen und unattraktiven Bedingungen von ewiger Nacht, extremem Druck (alle 10 Meter wächst der Druck der Wassersäule darüber um eine Atmosphäre (1 atm) von 100 atm bei 1.000 Meter Wassertiefe bis zu 1.000 atm bei 10.000 Meter Meerestiefe zum Beispiel im Marianengraben) und gleichbleibender Kälte bis hin zu giftigen und sogar kochenden "Lebensbereichen" an den seismisch heißen Zonen der ozeanischen Spreizungszentren haben sich außergewöhnlich hochangepaßte Lebewesen, Spezialisten und Symbionten entwickelt, die aber wiederum höchst prekär auf nur geringe Änderungen dieser Extrembedingungen reagieren. Mi, 18. Dezember 2013 Bereich kann bereits Tierarten zum Aussterben verurteilen, die noch nicht einmal entdeckt wurden. Dazu gehören auch Forschungstätigkeiten am Meeresboden und in der Wassersäule, die wie der Referent bereits auf der vorjährigen Tagung in einem Vortrag zum 30jährigen Jubiläum von UNCLOS ("United Nations Das heißt, ein kleiner Eingriff des Convention on the Law of the Sea") Menschen in diesen hochsensiblen erwähnt hatte, eigentlich nicht wirkKette der New England Seamounts vor der Nordostküste der USA Die Bewohner höher gelegener Tief­ seeberge sind in Gefahr, durch die Fischerei mit riesigen Grund­ schleppnetzen ausgefischt und getö­ tet zu werden. Foto: 2005 NOAA public domain Riesenkalmar (Architeuthis dux); dieses im National Marine Aquarium (Ply­ mouth, GB) aufgenommene Exemplar ist 3,15 m lang (Körper und Arme) und hatte noch zwei etwa 7 m lange Fangarme. Er wurde am 3. Januar 2002 160 km vor den Hebriden gefangen. Es hat etwa 150 Jahre gedauert, bis man Riesenkalmare in ihrer Lebenswelt beschreiben konnte. Foto: 2004 by Stefan Kühn, via Wikimedia Commons als CC­BY­SA­3.0 unported Lizenz. www.schattenblick.de Seite 13 Elektronische Zeitung Schattenblick lich bindend reglementiert werden. Noch während seiner wissenschaftlichen Tätigkeit in den 90er Jahren hat Dr. Groß auf diese Problematik und die Gefährdungen der Tiefsee hingewiesen. 2003 gründete er den Verein Deepwave, der sich dieser Problematik speziell angenommen hat. Im letzten Jahr hatte Dr. Groß noch auf die Lücken im Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen UNCLOS hingewiesen, welche die darin enthaltene vermeintliche Regelung zum Schutz und Erhalt der Meeresumwelt, die wissenschaftliche Meeresforschung sowie Entwicklung und Weitergabe von Mee- Schwarzweißaufnahme weist kreis­ restechnologie aufweist. Nicht berg- ähnliche Spuren unterschiedlicher bauliche Aktivitäten wie Biopro- Größe auf, darunter die Beschrei­ spektion (das Erkunden kommerzi- bung: A piece of sperm whale skin ellen Potentials biologischer Res- with Giant Squid sucker scars. sourcen wie u.a. die speziellen Ei- Spuren wie diese vor 100 Jahren genschaften, Enzyme, Inhaltsstoffe aufgenommenen Saugnapfspuren auf oder Abwehrstoffe von extremophi- der Haut eines Wals zeugten von sei­ len Bakterien, Tiefseebewohnern, ner Existenz, aber erst sehr viel spä­ giftigen Schwämmen, die sich für ter konnte ein Exemplar gefangen Gentechnologie oder Pharmazie aus- werden, 2012 gab es die ersten Film­ nutzen lassen), Kabel- und Pipeline- aufnahmen. verlegung, Bodeninstallationen Foto: 1912 NASA (public Domain) (Meßstationen, Hydrothermalenergie), Tourismus sind darin für den lichkeiten auf die Wassersäule, d.h. Meeresboden ebensowenig "gere- die Fischerei von Schildkröten, Haigelt" wie verschiedene Zugriffsmög- en und Tintenfischen, der Beifang, Seite 14 www.schattenblick.de die oft diskutierte Verklappung von überschüssigem CO2 (flüssig oder in Form von Trockeneis), die CO2-Sequestration genannt wird, oder auch schwimmende Installationen für die Nutzung von Wellenenergie, Aquakulturen oder nukleare Stationen. Das hat bereits zu schweren Umweltschäden und Veränderungen in der Vergangenheit geführt. Die Diskrepanz zur mutmaßlichen Absicht des Übereinkommens liegt zwar auch an den zahlreichen Gremien (wie SOLAS, MARPOL, CBD, UNFCCC, UNEP, FAO, IMO, ECOSOC, CSD usw.), die es in ihren Zuständigkeitsbereichen unterfüttern bzw. selbst neu regulieren oder sich bei der Umsetzung der vielleicht im besten Glauben beschlossenen Artikel zum Schutz der Meere sogar gegenseitig behindern. Daran wurde In den Marianengraben paßt locker der Mount Everest. Erst drei Men­ schen haben sich hier dem Druck ei­ ner 11.000 Meter hohen Wassersäu­ le ausgesetzt: Jacques Piccard und John Walsh am 23. Januar 1960 mit dem Tauchschiff "Trieste" und der Filmregiseur James Cameron mit der "Deepsea Challenger". Grafik: 2009 NOAA als CC­BY­SA­3.0 Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick bisher nichts geändert, so daß sich nach wie vor kein wirkliches Mandat für den Schutz, die Bewahrung und den nachhaltigen Umgang mit lebenden Ressourcen darin erkennen läßt, für die nicht lebenden Ressourcen (Bodenschätze, Mineralien) dagegen schon. setzt ist. Die Folgen des Klimawandels, die enorme Verschmutzung durch Kohlenwasserstoffe (Erdöl) und Kunststoffe, sowie die Folgen der Fischerei stellen ebenfalls ein großes Potential dar, Das trifft ganz besonders die vielfäl- die sensible Tiefsee tigen, fragilen Habitate der Tiefsee (und nicht nur die) mit ihren überwiegend langsam stark zu verändern. wachsenden, sich seltener vermehrenden und meist endemisch, d.h. nur So würde der 5. Weltan einem Ort vorkommenden Arten, klimabericht des IPCC zumal sie zu einem großen Teil, wie (Intergovernmental Dr. Groß betonte, außerhalb der 200 Panel on Climate Seemeilenzone liegen, dem Meeres- Change) mit der darin prognostizierbereich, der juristisch überhaupt kei- ten Erwärmung des Globus um 2 bis nem gehört, auf dessen lebende und 4 Grad eine Anzahl von möglichen nicht lebende Ressourcen der Wett- Szenarien erörtern, die einen direklaufgerade deshalb aber schon längst ten Einfluß auf die Tiefsee hätten: begonnen hat. Da schätzungsweise nur ein Prozent der schwer zugäng- - Die veränderte Wassertemperalichen Tiefsee erforscht wurde, läßt tur/Erwärmung wirkt sich auf die gesich kaum abschätzen, welche Fol- samte Ozeanzirkulation, Strömungsgen der menschliche Zugriff zum muster und Meeresdynamik aus. Beispiel durch den Unterwasserberg- - Meeresströmungen wie der Eintrag bau auf den gesamten marinen Le- von Tiefenwasser ändern sich. bensraum haben könnte. - Der Nahrungseintrag wechselt beispielsweise durch schmelzendes Eis Der Ressourcenabbau, d.h. die Aus- in der Arktik und die daraus resultiebeutung der Bodenschätze des Mee- rende verringerte oder verstärkte resbodens wie Öl, Gas, Methanhy- Planktonproduktion (landseitiger drat, Diamanten, Phosphat, Gold und Run-off). Seltene Erden u.a. Mineralien in so- - Mit der Erwärmung käme auch die genannten Kobaltkrusten, Man- Sauerstoffarmut (sogenannte Dead ganknollenfeldern, Erzschlämmen Zones). an Plattenrändern, Eisen im Küsten- - Tiefseebewohner sind aufgrund der vorfeld, Schwermetallseifen in dort herrschenden Dunkelheit von Schelfgebieten und organische Roh- der Biomasse (dem sogenannten stoffe und Phosphoritknollen in bis Food Fall) abhängig, die in lichtreizu 500 Meter Wassertiefe, bei dem chen Wasserzonen produziert wird. ein hochtechnologischer Apparate- Bei einer Erwärmung kann die geaufwand mit größter Wahrschein- wohnte Nahrung mit ganz anderer, lichkeit die Umwelt des Meeresbo- möglicherweise aus invasiven dens dauerhaft verändern wird, so- Planktonarten bestehenden Biomaswie bereits als umweltschädlich be- se ersetzt werden. kannte Technologien wie Tiefenboh- - Veränderte Ökosysteme rungen und Horizontalbohrverfahren - Zunehmende Versauerung oder Fracking, mit denen manche Tiefsee-Bergbau-Unternehmen ope- Für die sensiblen Arten in der Tiefrieren, um die Ausbeute zu optimie- see stellt die zunehmende Wärme ein ren, ist jedoch nur eine von vielen gewaltiges Experiment dar, bei dem Möglichkeiten der Gefährdung, de- es um nicht weniger als ihr Überlenen die Tiefsee laut Dr. Groß ausge- ben geht. Mi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de Nur so groß wie eine Menschenhand, hat das Tier im Verhältnis zur Kör­ pergröße die größten Augen im Tier­ reich, Zähne und Leuchtorgane in seinem Fangarmtrichter, drei Herzen und drei Geschlechtsorgane. Philosoph Vilhém Flusser: Wenn ich mir ein Lebewesen ausdenken muß, was diametral anders ist als wir Menschen, dann wäre es eine Höl­ lenkrake. Vampyrotheutis Infernalis, das Lieb­ lingstier des Referenten, ist ein le­ bendes Fossil aus dem Zeitalter der Dinosaurier und an sauerstoffarme Wasserzonen angepaßt. Doch wie wandlungsfähig sind hochangepaß­ te Spezialisten angesichts der Verän­ derungen in ihrem Lebensraum? Foto: 2012 by DeepSeaCreatu­ res.org Ab wann ist das Meer zu sauer? Auch die Versauerung geht nicht an der Tiefsee vorbei. Laut Dr. Groß sind 500 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) bzw. 40 Prozent der anthropogen erzeugten CO2Emissionen bereits vom Meer aufgenommen und damit aus der Atmosphäre abgepuffert worden. Das hat den pH-Wert in einen deutlich saureren Bereich verschoben, denn CO2 und Wasser ergeben zusammen Kohlensäure, wie man sie, so Groß, "aus der Sprudelflasche kennt". Gleichwohl geht damit aber auch eiSeite 15 Elektronische Zeitung Schattenblick ne relevante Änderung der Meerwasserchemie einher. Bereits heute könne man seit der vorindustriellen Zeit eine pH-Verschiebung von 0,1 in den sauren Bereich feststellen, das sei eine Versauerung um fast 30 Prozent (das Sinken des pH-Werts um eine Einheit entspricht dem zehnfachen Anstieg der Wasserstoffionenkonzentration). Darüber hinaus würde die weltweite Versauerung, die bis in die polaren Regionen vordringt, CO2 über das Tiefenwasser, das dort gebildet wird, auch in die Tiefsee weitertransportieren. Dann hat man es auch in tieferen Meeresbereichen mit den Problemen der Meeresoberfläche zu tun. In einem sauren Milieu stehen weniger Carbonationen zur Verfügung, die kalkschalenbildende Lebewesen für ihr Wachstum benötigen, so daß sich insgesamt auch die Kalksedimentation verringert. Als erstes leiden Kleinstorganismen wie Kalkalgen, die ihre natürliche Struktur verlieren, oder Korallen darunter, die Produktion von Plankton kann stark abnehmen. Tendenziell ginge damit auch eine Abnahme des Sauerstoffgehalts einher. Zooplankton. Clione limacina, ein schalenloses Kaltwasserweichtier, das zwar auf englisch Sea­Angel (See­Engel) heißt, aber mehr wie ein Teufelchen aussieht. Flügelschnecke oder See­Engel oder ­teufelchen? Auch Weichtiere sind anfällig gegen die Versauerung. Foto: NOAA's Fisheries Collection, Courtesy of Matt Wilson/Jay Clark, NOAA NMFS AFSC Seite 16 Ergänzend zum Vortrag sollten an dieser Stelle auch die in letzter Zeit gefundenen weiteren negativen Einflüsse der Versauerung nicht unerwähnt bleiben. So haben Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Schweden (Universität Göteborg) und Deutschland (Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung Kiel und Christian Albrecht Universität Kiel) am Beispiel des ökologisch wichtigen grünen Seeigels mit dem zungenbrecherischen botanischen Namen Strongylocentrotus droebachiensis nachgewiesen, daß diesen Meeresbewohnern das saure Wasser förmlich auf den Magen schlägt: Sie können nur noch schwer ihre Nahrung verdauen, was zu Mangelerscheinungen führen könnte. Diese Beobachtung ist vermutlich kein Einzelfall in der Meeresumwelt. Auch in dieser Hinsicht stehen uns offensichtlich noch "zahlreiche unfreiwillige Langzeit-Experimente" oder überraschende Befunde bevor, da sich das tatsächliche Ausmaß der pH-Wert Änderung auf die sensiblen Stoffwechselsysteme der Meeresbewohner erst noch zeigen wird. Erdöl - Erdgas - Methanhydrat Der Zugriff des Menschen weitet sich immer mehr aus Die zunehmenden Offshore-Anlagen, die in immer größeren Tiefen nach Öl bohren, und ihre Folgen für die Umwelt sind ständig in der Diskussion, wurden daher hier nur am Rande erwähnt. Tatsächlich ist der Trend schon lange durch den unstillbaren Energiehunger der wachsenden Menschheit festgelegt, die zunehmend versiegenden Quellen treiben die Erdöl-Konzerne in immer größere Meerestiefe. [4] Allein auf den asiatisch-pazifischen Raum sollen von 2012 bis 2017 immerhin 43 Prozent der weltweit niedergebrachten Offshore-Bohrlöcher entfallen. Trotz der Havarie der Deepwater Horizon 2011 ist der Anteil der Bohrschächte, die in der Tiefsee dieser Region liegen, von 2000 bis 2010 von 3 Prozent auf 10 Prozent angestiegen und soll bis 2017 auf 12 Prozent wachsen. Douglas-Westwood, ein Marketing-Unternehmen für Offshore-Unternehmungen, prognostiziert die "Niederbringung" von 350 Tiefsee-Bohrlöchern im asiaFischbestände tisch-pazifischen Raum bis 2016. würden schon Davon sollen 28 Prozent aufAustrabei geringen lien, 27 Prozent auf Indien, 24 PropH-Wertände- zent aufMalaysia und 14 Prozent auf rungen in das Indonesien entfallen. Mit geringen einstelligen Raten folgen Brunei und Tiefenwasser die VR China. ausweichen oder nach Norden abwandern, Den Abbau von Methanhydrat an das bedeutet, Kontinentalhängen, ein in Sedimendaß schon bald ten verpreßtes, mit Wasser verbunan vielen Stellen denes Abbauprodukt aus verrottendes Meeres in- dem Plankton, das - wenn das Wasvasive Arten zu ser schmilzt - Methan bzw. Erdgas finden sein werden, die andere Arten aus freisetzt, haben Energiekonzerne ihrem Ökosystem drängen. Die Verände- schon lange als Ressource ins Auge rung ist selbst noch in den Bereichen des gefaßt. Der Abbau ist jedoch probleMeeres zu spüren, die vom anthropogen matisch, weil dadurch im schlimmsten Fall ganze Landmassen ins RutZugriffverschont geblieben sind. schen geraten könnten. Die ÜberleDie Frage, ab wann der Säurewert gungen, das begehrte Produkt mit untragbar für das Meer wird, stellt tiefgefrorenem Kohlenstoffdioxid zu sich somit gar nicht. Eine wahr- ersetzen (dem Abfallprodukt nach nehmbare Versauerung verändert be- der Nutzung des Methans), klingt zwar nach 'zwei Fliegen mit einer reits die Meeresumwelt massiv. www.schattenblick.de Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick Klappe schlagen', indem man den Brennstoff gewinnt und dafür einen Teil des lästigen Treibhausgases an seiner Stelle los wird. Ohne Bewegung von Erdmasse läßt sich das eine mit dem anderen jedoch nicht eins zu eins ersetzen. Und Hangrutsche können, nachzulesen in Frank Schätzings "Der Schwarm", von extremen Wellen bis zu Tsunamis sowie erstickenden Sedimentablagerungen die Unterwasserwelt gewaltig gefährden. Methanhydrat ist allerdings auch noch in einer anderen Hinsicht für die Umwelt relevant, denn durch die zunehmende Erwärmung der Meere drohen die Reserven aufzutauen, wobei das 35mal stärker als CO2 wirksame Treibhausgas sowohl unkontrolliert als auch ungenutzt freigesetzt würde. weltschonend zu gewinnen, durchaus wohlwollend gegenüberzustehen. Neben dem hochtechnisierten Raubbau der Meere im allgemeinen und dem Bergbau mineralischer Ressourcen in der Tiefsee im besonderen, der noch am Beginn steht und wie keine Technologie vorher den zur Besiedlung genutzten Lebensraum wie schwarze Raucher, mineralische Krusten oder in Millionen von Jahren gewachsene Knollen verändert, nämlich sprichwörtlich und ersatzlos aus der Unterwasserwelt entfernt [5], kam der Referent am Ende seiner Ausführung auf das seiner Ansicht nach sehr viel gravierendere Problem der Überfischung zu sprechen, das ebenfalls schon in den Bereich der Tiefsee vorgedrungen ist. Bis zu einer Meerestiefe von zweitausend Metern reichen die Schleppnetze der Tiefseefischerei. Fische schneller gefangen werden, als sie Nachkommen erzeugen können. Das ist bei den Tiefseefischen ganz besonders schnell der Fall, da sie teilweise eine ungewöhnlich hohe Lebenserwartung besitzen wie der Granatbarsch, der sogar 150 Jahre alt werden kann, und seine ersten Nachkommen oft erst im Alter von 30 Jahren zur Welt bringt. Der Grenadierfisch wird durchschnittlich 80 Jahre und erst mit 20 geschlechtsreif. Da Großfische (Thunfisch, Haie und dergleichen) weltweit, aber auch im Tiefseebereich, immer weniger werden, sinkt die Fanggröße, und immer mehr Fische werden vor der Geschlechtsreife gefangen. Dadurch wird ein Teufelskreis geschlossen, der nur noch durch strenge Reglementierungen zu brechen wäre, die aber bis heute keiner einsieht. 50 Prozent der Fischerei untersteht überhaupt keinem Management, d.h. wird nicht durch Fangquoten und dergleichen geregelt. Darüber hinaus gibt es viele Schlupflöcher, in denen illegale Fischerei stattfindet. Für viele Meeresforscher gilt die Überfischung als das dringlichste Problem in den Ozeanen überhaupt. Denn damit gerät das gesamte Ökosystem in Mitleidenschaft und wird insgesamt anfälliger für Verschmutzung und menschliche Einflüsse. So wird durch die generelle Überfischung oder auch nur das bei Fischereimanagern noch als verträglich geltende "Fishing down" auf die Hälfte der Populationsgröße bereits die Rolle der Fische im gesamten Nahrungsnetz der Ozeane ignoriert. Der Roboterarm des ROPOS trägt Der Bedarf an Fischprodukten und Im Küstenbereich verringern sich eine Probe eines inaktiven, schwar­ Proteinen ist immens und damit auch dadurch bereits die Bestände an zen Rauchers, in der Fossilien einer der Raubbau, der mit diesen leben- Meeresvögeln und Meeressäugern. Röhrenwurmpopulation eingebettet den Ressourcen getrieben wird. Der sind. Abbau bedeutet immer Entzug Wildfischfang beträgt derzeit welt- Die Liste der überfischten Arten ist von Lebensraum weit 80 Millionen Tonnen. 30 Pro- lang und viele Fischpopulationen in Foto: Image courtesy of Submarine zent der globalen Bestände sind den Gewässern der Europäischen Ring of Fire 2002, NOAA/OER schon überfischt. Mehrere Fischar- Union stehen kurz vor dem Kollaps. ten sind heute schon ökologisch aus- All das treibt die Fischerei jedoch Vielleicht deshalb schien Dr. Groß gestorben, das heißt, am Rand ihrer nur noch weiter in die unübersehbaden japanischen in situ-Versuchen, biologisch notwendigen Bestandgrö- ren Tiefen der Tiefsee und an die unMethanhydrat "nachhaltig" und um- ße. Überfischung entsteht, wenn die termeerischen Bergkuppen, die verMi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 17 Elektronische Zeitung Schattenblick nünftiger Weise nur wenig zur Fischerei genutzt werden sollten, solange man noch so wenig über die Fischbestände und Fischbiologie weiß. Mehr als zwei Drittel der Fischbestände sind heute noch unzulänglich bekannt. Dagegen hat man in der Vergangenheit Tiefseebestände bis zum Kollaps mit Grundschleppnetzen abgefischt. Die Fische im Nordatlantik sind insgesamt außerhalb der sicheren biologischen Grenzen, kurz gesagt, stark gefährdet. Der erwähnte Grenadierfisch ist im Bereich der USA überhaupt komplett verschwunden. Aber nicht nur das. In jedem eingeholten Netz findet sich gerade in der Tiefsee ein Beifang an unwiederbringlichen endemischen Arten und Bodenorganismen wie Tiefseekorallen, deren Verschwinden das Meeresökosystem verarmen läßt und auch (zum Beispiel im Bereich der Nahrungskette) den Arten schadet, die für den Nahrungsgewinn weiterhin genutzt werden sollen. Jahrhunderte alte Korallenriffe werden in wenigen Minuten zerschlagen und abrasiert, wenn auf der Jagd nach Rot- und Granatbarsch riesige Grundschleppnetze über einen Seeberg der Tiefsee gezogen werden. Damit wird auch der Lebensraum für bedrohte Tiefseehaie und hunderte wirbelloser Tierarten regelrecht planiert. Der letzte Versuch, ein generelles Verbot dieser Technik ab 600 Metern Tiefe zumindest in EU-Gewässern und auf der Hohen See zu erwirken, scheiterte am 10. Dezember 2013 am Votum der EU-Parlamentarier mit 342 zu 326 Stimmen, drei Tage nach diesem Referat. [6] Fazit: In der Massierung aller mit der Meereszerstörung einhergehenden Probleme und angesichts des Umstands, daß sich viele davon gegenseitig bedingen oder einen Circulus vitiosus darstellen, wurde auch deutlich, daß viele der vermeintlichen Rettungsmaßnahmen des Klimas oder der Meereschemie wieder nur Seite 18 Fische in vielen Formen, Farben und Varianten auf dem Seziertisch der Wis­ senschaftler. Beifang und Kollateralschäden eines Schleppnetzeinsatzes zu Forschungszwecken Foto: NOAA's Fisheries Collection, Credit by Personnel of NOAA Ship DELAWARE II mit negativen Veränderungen für die Meeresumwelt einhergehen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Bedürfnisse der Menschheit stellen die Unterwasserwelten der Tiefsee sowohl von den Förderern wie von den Kritikern dieser Kultur eine Art Luxuseinrichtung der Natur dar, auf welche die vorherrschenden Interessen und Entscheidungsträger weltweit am ehesten verzichten, zumal man sie nicht kennt. Das könnte eine fatale Entscheidung bedeuten, da mit diesem Unwissen über die Region und ihre Ökosysteme bis hin zu den Stoffwechselbereichen einzelner Lebewesen auch keine Einschätzung ihrer Rolle im Gesamtgefüge des Planeten besteht. Ressourcen oder dem Erbe der Menschheit gesprochen und damit wirtschaftlich gedacht. Zu bezweifeln ist aber, ob sich auf diese Weise noch ein über den ökonomischen Ansatz hinausgehendes Konzept entwickeln läßt, das dem Leben in der Tiefsee eine Chance gibt. Eine Überfülle kleiner Furchenkreb­ se an einem Seeberg, die wie kleine weiße Hände aussehen. Viele Lebensbereiche sind so unerforscht wie ihre Rolle im Gesamtgefüge des Planeten. Foto: 2006 by NOAA Statt aber diese Fragestellung weiter zu entwickeln, wird bestenfalls vom Erhalt oder Schutz der www.schattenblick.de Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick Fußnoten: [1] Eine umfangreiche Berichterstattung zur Tagung "Die Zukunft der Meere - Umwelt und Entwicklung auf See" im Konsul-Hackfeld-Haus in Bremen am 7. Dezember 2013 zu den Vorträgen und Interviews mit Onno Groß, Kai Kaschinski, Christoph Spehr, Alexander Proelß, Michael Stadermann, Francisco Mari, Jürgen Maier und Uwe Johannsen finden Sie unter dem kategorischen Titel "Zukunft der Meere": Infopool → Umwelt → Report → BERICHT und INTERVIEW [2] Ebenfalls unter Infopool → Umwelt → Report → BERICHT und INTERVIEW finden Sie unter dem kategorischen Titel "Rohstoff maritim" zahlreiche Beiträge zu dem Workshop "Seafloor Mineral Resources: scientific, environmental, and societal issues" (Mineralische Ressourcen des Meeresbodens: wissenschaftliche, umweltbezogene und gesellschaftliche Fragen), der vom 18. bis 20. März 2013 von dem Kieler Exzellenzcluster "Ozean der Zukunft" zusammen mit dem GEOMAR - Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung ausgerichtet wurde. BOULEVARD / TEST & SPASS / TAGESSPALT Kurzweiliges für Mittwoch, den 18. Dezember 2013 Rückkunft Vier Dinge sind es, die nicht zurück kommen: das gesprochene Wort, der abgeschossene Pfeil, das vergangene Leben und die versäumte Gelegenheit. (unbekannter Verfasser) Wohin sonst kehren sie zurück, das gesprochene Wort, der abgeschossene Pfeil, das vergangene Leben und die versäumte Gelegenheit, als an den Beginn ihres Scheiterns, um von seiner Wiederholung zu speisen? HB KINDERBLICK / GESCHICHTEN / ADVENT [3]Quelle: Deepwave.org, Ozean in Gefahr, Tiefsee http://www.deepwave.org/de/ozeanin-gefahr/tiefsee.html (abgerufen im März 2013, derzeit nicht mehr im Netz) [4] Siehe auch http://www.schattenblick.de/infopool/natur/chemie/chula279.html [5] Mehr darüber siehe auch: http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/report/umrb0054.html [6] http://www.schattenblick.de/infopool/umwelt/internat/uifs0091.html http://www.schattenblick.de/ infopool/umwelt/report/ umrb0062.html Mi, 18. Dezember 2013 Foto: © 2013 by Schattenblick www.schattenblick.de Seite 19 Elektronische Zeitung Schattenblick SPORT / BOXEN / MELDUNG Marcos Maidana bremst Adrien Broners Siegeszug Argentinier entthront US­Star als WBA­Champion im Weltergewicht Der Siegeszug des durch die Gewichtsklassen aufsteigenden Adrien Broner hat vorerst ein Ende gefunden. Nach 27 gewonnenen Kämpfen in Folge mußte sich der US-Star in San Antonio dem Argentinier Marcos Maidana geschlagen geben, der ihm den WBA-Titel im Weltergewicht abnahm. Nach einem turbulenten und verbissen ausgetragenem Duell unterlag Broner am Ende klar nach Punkten (115:110, 116:109, 117:109). Maidana, der bereits regulärer WBA-Champion im Halbweltergewicht war, verbesserte seine Bilanz auf 35 Siege und drei Niederlagen. Der Argentinier nahm von Beginn an das Heft in die Hand und setzte seinen Gegner unter Druck, der sich nur durch häufiges Klammern zu helfen wußte. Bereits in der zweiten Runde mußte Broner nach einem linken Haken erstmals in seiner Karriere zu Boden gehen. Kaum war er wieder auf die Beine gekommen, als Maida- na auch schon energisch nachsetzte und beinahe einen Abbruch erzwungen hätte. Nach diesem katastrophalen Auftakt fand der Amerikaner allmählich besser in den Kampf und konnte im dritten Durchgang zumindest einige Konter plazieren, wobei Maidana nach wie vor das Geschehen im Ring dominierte. Gegen Mitte des Kampfs setzte sich Broner endlich besser in Szene, was den Argentinier jedoch nicht daran hinderte, gefährliche Einzeltreffer ins Ziel zu bringen. Als der Amerikaner schließlich die Oberhand zu gewinnen schien, fing er sich in der achten Runde erneut zwei linke Haken ein, die ihn auf die Bretter schickten. Als Maidana nachsetzen wollte, umklammerte ihn sein Gegner, worauf ihn der Argentinier mit dem Kopf wegstieß. Der Ringrichter quittierte dies mit einem Punktabzug, was Broner jedoch nicht davor bewahrte, im neunten Durchgang wiederum in Bedrängnis zu geraten. Da der Amerikaner in der Folge nicht genug unternahm, um das Blatt womöglich noch zu wenden, schien Maidana einem sicheren Sieg entgegenzustreben. Kurz vor Ende der elften Runde kam Broner mit einem Wirkungstreffer zum Zuge, von dem sich der Argentinier zu Beginn des letzten Durchgangs offenbar noch nicht erholt hatte. Nun setzte der Amerikaner entschieden nach, doch mußte er dabei auch mehrere gefährliche Haken einstecken, so daß am letztendlichen Erfolg Maidanas nicht zu rütteln war. Im anschließenden Interview mit dem Sender Showtime sprach Marcos Maidana von einem großartigen Kampf, da er es noch nie mit einem solchen Gegner zu tun gehabt habe. Wie der Argentinier bestätigte, sei er in der elften Runde etwas angeschlagen gewesen. Er habe keine Probleme mit einer Revanche, da ein echter Champion überall auf der Welt kämpfe. [1] Ist Amir Mansour der Durchbruch gelungen? Mit dem ehemaligen Basketballspieler Kelvin Price bekam der US-amerikanische Schwergewichtler Amir Mansour einen Gegner vor die Fäuste, der ihn um Haupteslänge überragte. Zudem hatte sich Price im Kampf gegen Deontay Wilder einen Namen gemacht, dem er nach einem guten Auftakt in der dritten Runde unterlag. Der 41 Jahre alte Mansour, der einen erheblichen Teil seines Lebens im Gefängnis verbracht hat, brauchte zwei Runden, um sich auf den Riesen einzustellen. Im dritten Durchgang kam der Rechtsausleger aus Delaware dann mit mehreren schweren Treffern durch und gewann sichtlich die Oberhand. Seite 20 In der vierten Runde mußte Price einen linken Volltreffer verdauen, der wohl die meisten Gegner auf die Bretter geschickt hätte. Klammernd rettete sich der 38jährige in die Pause, doch wurde er im nächsten Durchgang nach einer weiteren Linken zum ersten Mal angezählt. Wieder rettete ihn der Gong, und da sich Mansour etwas verausgabt hatte, kam Price mit einigen Treffern zum Zuge. Mehr als ein Strohfeuer war das aber nicht, denn in der siebten Runde landete Mansour einen spektakulären rechten Haken, der seinen Gegner aus dem Ring beförderte. Price schaffte es zwar noch in Pause, wurde dann aber zu seiner eigenen www.schattenblick.de Sicherheit aus dem Kampf genommen. Damit blieb Amir Mansour auch in seinem 20. Profikampf ungeschlagen, während Kelvin Price nun vierzehn Auftritte gewonnen und zwei verloren hat. Da Mansours Sieg durch technischen K.o. auf dem Sender NBC Sports zu sehen war, könnte ihm dieser Erfolg den erhofften Durchbruch bescheren. Wie er im nachfolgenden Interview berichtete, habe er anfangs Probleme mit dem riesigen Gegner gehabt. Er beherrsche jedoch viele Stile und greife bei Bedarf auf seine Erfahrung im Straßenkampf zurück. Wie er dies zuvor Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick UNTERHALTUNG / PERRY RHODAN / ERSTAUFLAGE Inhaltliche Zusammenfassung von Perry Rhodan Nr. 2730 Das Venus-Team von Oliver Fröhlich 2. Januar 1515 NGZ, Terrania. In das Haus 746 Upper West Garnaru Road, Perry Rhodans ehemaligem Wohnsitz, zieht nun vorübergehend seine Enkelin Farye Sepheroa ein. Es ist ein Haus mit bizarren Eigenheiten: Es gibt eine Nische, die zu wandern pflegt, und eine bestimmte Stelle an der Treppe zum Obergeschoß, die alle Roboter meiden. Das schwarzweiße Fliesenmuster im Badezimmer verändert sich Tag für Tag ein wenig und an einer Zimmerdecke befinden sich hochkomplexe Zeichen, die man nur mit einer UV-Brille erkennen kann. Farye Sepheroa bekommt Besuch von Gucky, der sie kennen lernen will. Die beiden freunden sich miteinander an und erkunden gemein- Fortsetzung von Seite 20: angekündigt habe, könne ihn auch ein Gegner wie Kelvin Price nicht besiegen, sofern er keine Waffe in den Ring mitbringe. [2] Fußnoten: [1] http://www.boxen.de/news/maidana-besiegt-broner-und-holt-wbatitel-im-weltergewicht-30573 sam das Haus, können aber auch nicht klären, was hinter seinen Besonderheiten steckt. Plötzlich tauchen auch noch Ameisen an der Außenwand auf, die gezielte Wege gehen. Wie auch an unzähligen anderen Gebäuden in Terrania hinterlassen diese - wie sich später herausstellt - genmanipulierten Ameisen leuchtende Ausscheidungen, die den Schriftzug bilden: "Technik ist Erlösung". Die Schriftzüge sind überall in Terrania so plaziert, daß man sie von jedem beliebigen Punkt aus sehen kann. Später taucht auch noch der Spruch "Erste techno-mahdische Losung" auf, was auf den seit Monaten in Terrania agierenden sogenannten Techno-Mahdi hinweist, der seine Anhänger um sich schart und den man bisher für einen Verrückten gehalten hat. geblichen Linguiden, der um die Verlängerung der Quarantäne nachsuchte, zeigen, daß sich sein Aussehen seit dem letzten Gespräch vor Monaten nicht im geringsten verändert hat. Man geht daher davon aus, daß die Bordpositronik die Gestalt des Linguiden, bei dem es sich in Wirklichkeit um den Jaj Vlyoth handelt, nachgebildet hat, um zu vertuschen, daß der Eigner des Schiffes schon seit Monaten aus dem Schiff verschwunden ist. Ein Einsatzteam des TLD macht sich nun daran, das Schiff zu kapern. Der Liga-Dienst erhofft sich davon, Informationen über die Technik der Jaj, über die Onryonen und das Atopische Tribunal zu erlangen und vielleicht auch herauszufinden, wohin Perry Rhodan und Bostich gebracht worden sind. Gucky und Farye erkunden die Techno-Mahdi-Szene und finden heraus, daß die Bewegung die These vertritt, daß die Menschheit durch Technik von den Lasten des Lebens befreit werden soll und so zu einem neuen Leben finden kann - einem Leben, das frei von den Manipulationen der Superintelligenzen und ihrer Agenten ist, zu denen man Perry Rhodan und Bostich zählt. Niemand weiß, wer der Techno-Mahdi wirklich ist. Und nachdem monatelang keine weitere Botschaft erschienen ist, erleben Gucky und Farye ein gewaltiges Gewitter, dessen Blitze den Schriftzug "Wissen ist Heil" bilden. Um in das Schiff eindringen zu können, muß die Bordpositronik ausgetrickst werden. Der Geheimdienstchef Attilar Leccore, der auch ein Gestaltwandler ist, nimmt das Aussehen des Linguiden an, der vor Monaten hier gelandet ist, und läßt sich von TLD-Agenten Richtung Schiff jagen. Er simuliert, daß er sich in einer ausweglosen Situation befindet, kurz davor, erschossen zu werden. Die Positronik WISTER, die der Programmierung gemäß niemanden hereinläßt, bevor sie sich nicht 100prozentig von dessen Identität überzeugt hat, zögert endlos lange, den angeblichen Vlyoth hereinzulassen. Erst als dieser zeigt, daß er Wandlerfähigkeiten besitzt, zieht WISTER den Verletzten mit einem Traktorstrahl hinein. Dem weiteren Plan zufolge werden die verfolgenden Agenten paralysiert und ebenfalls an Bord geholt, um als Geiseln den Start [2] http://www.boxen.de/news/mansour-feiert-wichtigen-sieg-auf-nbcgegen-price-30577 Auf der Venus ist man in der Zwischenzeit auf einen linguidischen Gleiter aufmerksam geworden, der http://www.schattenblick.de/ dort seit Monaten im Quarantänebeinfopool/sport/boxen/ reich eines Klinikums parkt. Aufsbxm1278.html zeichnungen der Gespräche des anMi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 21 Elektronische Zeitung Schattenblick des Raumschiffs zu erzwingen. Benner, der Swoon des Teams, der sich im Tornister eines der Agenten aufhält, kann mit Hilfe seiner mikrotechnischen Ausrüstung, die nur mit Minimalenergie arbeitet und eine exzellente Abschirmung besitzt, das ganze Schiff scannen und einen Aufrißplan des gesamten Raumers erstellen. als erwartet, weil sie von einem dreifachen Sicherungssystem umschlossen sind, das nur sehr schwer zu knacken ist. Und wenn man den dritten Sicherungsring überwunden hat, tritt automatisch die Selbstzerstörung ein. So lassen sich nur minimale Erkenntnisse aus der Beute ziehen. Doch darunter sind immerhin die Koordinaten von drei Gefängnisplaneten der Onryonen. Sephora, Icho Tolot und seinem Begleiter Avan Tacrol an Bord macht sich auf den Weg zu den onryonischen Gefängnisplaneten, in der Hoffnung Perry Rhodan und Bostich zu finden. Dabei kommt ihnen der Umstand zugute, daß alle drei Planeten Dunkelplaneten sind, und Viccor Bughassidow mit der KRUSENSTERN solche Planeten offiziell erforscht. Als Vlyoth von der Venusverwaltung, wo ebenfalls ein TLD-Agent 21. Dezember 1515 NGZ - Die http://www.schattenblick.de/info­ plaziert wurde, der Start verweigert KRUSENSTERN mit Gucky, Farye pool/unterhlt/perry/pr2730.html wird, 'exekutiert' er den Oxtorner Tacitus Drake mit der Energieladung, die für einen Terraner tödlich wäre, KINDERBLICK / GESCHICHTEN / ADVENT wie er sich von WISTER bescheinigen läßt, der offensichtlich nicht zwischen Oxtornern und Terranern unterscheiden kann. Tacitus Drake beißt auf eine Kapsel, die er im Mund trug und die ein Medikament freisetzt, das seinen Kreislauf lahmlegt, so daß man ihn für tot halten kann. Das angeblich brutale Vorgehen Vlyoths soll jeglichen Zweifel der Positronik entkräften. Doch so einfach ist es nicht, das Schiff zu überlisten. Es ist so gut gesichert, daß Benner sich nicht in die Positronik einhacken kann. Außerdem kommen die Gefangenen nicht an ihre Waffen heran. Mit einem umfunktionierten Roboterarm befreit der wieder zum Leben erwachte Oxtorner seine Kameraden. In dem daraufhin entstehenden Tumult feuert der angebliche Vlyoth auf einen der TLD-Agenten, der sich rechtzeitig fallen läßt, so daß die Schüsse nicht ihn, sondern die Positronik treffen, die dadurch so stark beschädigt wird, daß sie ausfällt, was zur Folge hat, daß alle Roboter, die Jagd auf die Agenten gemacht haben, den Beschuß unvermittelt einstellen. Allerdings kann WISTER vor seinem endgültigen Ausfall noch die Selbstzerstörung einleiten. Soldaten stürmen das Schiff, um die von Benner gekennzeichneten wertvollen Teile zu retten, bevor das Schiff explodiert. Die Untersuchung dieser Teile gestaltet sich wesentlich schwieriger Seite 22 www.schattenblick.de Mi, 18. Dezember 2013 Elektronische Zeitung Schattenblick Mi, 18. Dezember 2013 www.schattenblick.de Seite 23 Elektronische Zeitung Schattenblick ______I n h a l t________________________________Ausgabe 950 / Mittwoch, den 18. Dezember 2013______ POLITIK - REPORT Herrschaft in der Krise - Populismus, Funktion und Konsequenzen POLITIK - REPORT Herrschaft in der Krise - Kurden, Menschen, Repression, Wolfgang Struwe im Gespräch SCHACH-SPHINX Unverändert halsstarrig UMWELT - REPORT Zukunft der Meere - Tiefsee in Not TAGESSPALT Kurzweiliges für den 18.12.2013 - Rückkunft KINDERBLICK GESCHICHTEN Adventskalender - Türchen für den 18. Dezember 2013 SPORT - BOXEN Marcos Maidana bremst Adrien Broners Siegeszug SPORT - BOXEN Ist Amir Mansour der Durchbruch gelungen? PERRY-RHODAN Inhaltliche Zusammenfassung von Nr. 2730 KINDERBLICK GESCHICHTEN Adventskalender - Türchen für den 18. Dezember 2013 VERANSTALTUNGEN Ausstellung Axel Guhse ab 1. Januar 2014 DIENSTE - WETTER Und morgen, den 18. Dezember 2013 Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite Seite 1 5 10 11 19 19 20 20 21 22 23 24 DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN Und morgen, den 18. Dezember 2013 +++ Vorhersage für den 18.12.2013 bis zum 19.12.2013 +++ Wenn ich so das Wetter peile, ist 's mit Wolken, Nieselsprüh ein Beispiel für Langeweile, deshalb schläft Jean-Luc auch früh. © 2013 by Schattenblick IMPRESSUM Elektronische Zeitung Schattenblick Diensteanbieter: MA-Verlag Helmut Barthel, e.K. Verantwortlicher Ansprechpartner: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Elektronische Postadresse: [email protected] Telefonnummer: 04837/90 26 98 Registergericht: Amtsgericht Pinneberg / HRA 1221 ME Journalistisch-redaktionelle Verantwortung (V.i.S.d.P.): Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth Inhaltlich Verantwortlicher gemäß § 10 Absatz 3 MDStV: Helmut Barthel, Dorfstraße 41, 25795 Stelle-Wittenwurth ISSN 2190-6963 Urheberschutz und Nutzung: Der Urheber räumt Ihnen ganz konkret das Nutzungsrecht ein, sich eine private Kopie für persönliche Zwecke anzufertigen. 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