inhalte kinder psychisch kranker eltern auszüge aus der

Werbung
INHALTE
BITTE DENKT AUCH AN MICH
BELASTUNGEN UND BEDÜRFNISSE VON KINDERN PSYCHISCH KRANKER ELTERN
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
1. Ergebnisse aus der High-Risk-Forschung
2. Auswirkungen der elterlichen Erkrankung auf die Kinder
3. Protektive Faktoren
4. Einzelarbeit mit dem Kind
Grafik: Petra Lefin
FACHTAGUNG BRANDENBURG, 18. MAI 2011
Kinder psychisch erkrankter Eltern
KINDER PSYCHISCH
KRANKER ELTERN
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
AUSZÜGE AUS DER
HIGH-RISK-FORSCHUNG
Mehr als 3 Mio. Kinder in Deutschland haben psychisch erkrankte
Eltern.
Kinder psychisch kranker Eltern haben ein bis zu10-fach erhöhtes
Risiko, selbst eine psychische Erkrankung oder psychische
Auffälligkeiten auszubilden
1/3 der Kinder zeigt keinerlei Beeinträchtigungen
1.230.000
270.000
Schizophrenie
1.555.000
1/3 der Kinder zeigt vorübergehende Auffälligkeiten
740.000
1/3 der Kinder zeigt persistierende kinderpsychiatrische Störungen
Sucht
(Rutter und Quinton, 1984)
Affektive Störungen
Angststörungen
Zahlen für Deutschland nach einer Hochrechnung von Prof. F. Mattejat (2006), veröffentlicht durch Prof. S. Wagenblass (2008)
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
HIGH-RISK-FORSCHUNG
KINDER DEPRESSIVER ELTERN
• 4-fach erhöhtes Risiko psychischer Störung im Kindes- und Jugendalter
(Beardslee, 2002,2003)
• 3-fach erhöhtes Risiko einer Major-Depression
• 3-fach erhöhtes Risiko einer Angststörung
• depressives, ängstlich-zurückgezogenes Verhalten
• Aufmerksamkeitsstörungen
(Weissmann u.a., 2006)
• Defizite in sozialer und kommunikativer Kompetenz
(Weissmann u.a., 2006)
• 3-fach erhöhtes Risiko einer Substanzmittelabhängigkeit
HIGH-RISK-FORSCHUNG
KINDER SCHIZOPHRENER ELTERN
• motorische und sensorische Dysfunktionen
(Weissmann u.a., 2006)
• affektive Hyperirritabilität
• verringerte Expressivität
Bevölkerungsdurchschnitt
Kinder depressiver Eltern
Psychische Stöung
Major-Depression
Angststörung
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
BINDUNGSUNSICHERE KINDER
• sind
weniger Selbstvertrauen
• machen
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
HIGH-RISK-FORSCHUNG
RISIKOFAKTOREN
• genetische Ausstattung
weniger beziehungsorientierte Strategien
• individuelle Risikofaktoren
(Symptomverhalten, kognitive und emotionale Beeinträchtigung der
erkrankten Eltern)
eher unklare Äußerungen über ihr Leben
• verhalten
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Einfluss nehmen:
weniger in Gruppen von Gleichaltrigen integriert
• verfolgen
(vgl. Lenz, 2005)
Sucht
Kinder psychisch erkrankter Eltern
• zeigen
• können sich insgesamt weniger mit ihren Eltern identifizieren
sich eher sozial auffällig
• psychosoziale Risikofaktoren
(familiäre Konflikte, soziale Isolation, expressed emotions, finanzielle
Probleme, Familienstruktur, fehlende soziale Unterstützung)
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
HIGH-RISK-FORSCHUNG
HIGH-RISK-FORSCHUNG
RISIKOFAKTOR KRANKHEIT
• Involviertheit
der Kinder in die Symptomatik (Rutter 1966)
• Chronizität (Keller et al. 1986)
• Alter
des Kindes bei Krankheitsbeginn (Fisher et al. 1980)
• Krankheitsdiagnose
• Stigma
/ Komorbidität (Offord 1989, Rutter 1989)
und soziale Isolation (Atkinson & Coia 1995)
Grafik: TIP - Trainings- und Informationsprogramm für Psychosebetroffene
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Einzelarbeit mit dem Kind
HIGH-RISK-FORSCHUNG
RISIKOFAKTOR FAMILIE
• Auflösung
• ehelicher
der Familienstruktur (Rutter & Quinton 1984, Rutter 1989)
und familiärer Streit (Rutter & Quinton 1984, Rutter 1989, Cummings et al. 1985)
• eingeschränktes
• unsichere
Coping der Eltern (Rutter 1989)
Bindung (Feldman et al. 1987, Radke & Yarow et al. 1992)
• emotionale
Deprivation (New South Wales Child Protection Council 1991, 1994)
• sozio-ökonomischer
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Status (Feldman et al. 1987)
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
BESONDERHEIT:
DER ELTERNSUIZID
Schuldgefühle
„Ich war böse, darum ist Papa tot!“
Selbstvorwürfe
„Ich hätte es doch merken müssen!“
Selbstwerteinbruch
„Ich bin nicht liebenswert genug!“
Tabu
„Ich darf mit keinem darüber reden!“
Wut
„Wie konnte er mir das antun?“
Schuldzuweisungen von außen
„Deine Mutter ist schuld, dass dein Vater sich
umgebracht hat.“
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
DAS ELTERLICHE VERHALTEN:
BABY UND KLEINKINDALTER
BEDÜRFNISFAKTOREN
• Unterbrechungen
Bindung &
Zuwendung
Orientierung &
Kontrolle
• Anklammerung
Selbstwerterhöhung
oder Zurückweisung durch die Eltern
• Störung
in der Sensitivität
(die Fähigkeit, kindliche Signale wahrzunehmen, richtig zu interpretieren
sowie prompt und angemessen darauf zu reagieren)
• Empathie
Lustgewinn /
Unlustvermeidung
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
und emotionale Verfügbarkeit sind reduziert
• gestörte
(nach Grawe)
MUTTER-BABY-INTERAKTION
MUTTER
in der Aufmerksamkeit und Zuwendung
oder verminderte Kommunikation
(Blickkontakt, Lächeln, Sprechen, Imitieren, Streicheln und Interaktionsspiele sind reduziert)
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
TYPISCHE AUSWIRKUNGEN
AUF DIE KINDER I
• Desorientierung, Verwirrtheit
BABY
• Schuldgefühle
(Schuld an der Erkrankung, Schuld wegen Gefühlen)
unberechenbar, impulshaft
sehr wachsam, beobachtend
• Betreuungsdefizit
unempathisch
depressiv anmutend
• Zusatzbelastungen
aggressiv ablehnend
angespannt, ängstlich, erstarrt
• Parentifizierung
nicht unterstützend
entwicklungsverzögert
affektiv starr
Kontakt vermeidend
(Haushalt, Betreuung jüngerer Geschwister)
(Übernahme der Elternrolle durch das Kind)
(vgl. Deneke)
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
TYPISCHE AUSWIRKUNGEN
AUF DIE KINDER 2
• Abwertungserlebnisse
• Isolierung
und Scham
In akuten Krankheitsphasen der Eltern beschreiben 8-13-jährige Kinder:
(Isolation der Familie, Isolation unter Kindern)
• Kommunikationsverbot
KINDLICHES ERLEBEN
IN KRANKHEITSPHASEN
• Verunsicherung
(inner- und außerhalb der Familie)
• Angst
• Loyalitätskonflikte
innerhalb der Familie
• Überforderung
• Loyalitätskonflikte
außerhalb der Familie
• Unruhe
(Mattejat, 1998, 2008)
• Ratlosigkeit
• Verzweiflung
• Unkontrollierbarkeit
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
TRAUMATISCHE
TRENNUNGSERLEBNISSE
• teilweise
• keine
• eine
dramatische Einweisungsszenen
der Situation!
(Kuhn, 2008)
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
KINDLICHE
COPINGSTRATEGIEN
• Tendenzen
zu überhöhter Situationskontrolle und problemlösendem
Verhalten
Information über die Dauer der Trennung
• wenig Tendenz, sich
soziale Unterstützung zu suchen
(erleben sich in Krisen auf sich gestellt und darauf angewiesen, die
Situation zu meistern)
Information über die Schwere der Erkrankung
• Fremdunterbringungen
• Emotionsregulation
über Ablenkung oder Bagatellisierung oder soziale
Unterstützung vor allem bei Kindern mit gesundem Elternteil
• Übersehenwerden!
Kuhn (2008)
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
SORGEN DER
JÜNGEREN KINDER
SORGEN DER
JUGENDLICHEN
• Angst
vor längerfristiger Trennung (z.B. Klinikaufenthalte)
• Angst
vor möglicher eigener Erkrankung
• Angst
vor Verlust des Elternteils
• Schuldgefühle
wegen Abgrenzungs- oder Ablösungsprozessen
• Angst, dass
sich die Krankheit verschlimmert
• Mitgefühl
• Angst, dass
sich der erkrankte Elternteil etwas antut
• Verantwortung
• Angst, an
• Wut
der elterlichen Erkrankung schuld zu sein
• Verlust
auf den Erkrankten !
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
ERGEBNISSE DER
RESILIENZ-FORSCHUNG 1
Schutzfaktoren auf Seiten der Kinder:
• robustes, aktives, kontaktfreudiges Temperament
• emotionale
(Rutter, Rende et al., Schwartz et al.)
Einfühlungs- und Ausdrucksfähigkeit (Luthar)
Mattejat, Resch)
ERGEBNISSE DER
RESILIENZ-FORSCHUNG 2
• Erziehungsklima
(emotional herzlich und zugewandt bei klaren, festen
Verhaltensregeln) (Garmezy)
• gute
• Art
Problemlösefähigkeiten (Luthar)
• Selbstvertrauen
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Familiäre Schutzfaktoren:
• Intelligenz (Bender & Lösel)
• emotional
als Ersatzpartner / Ersatzelternteil
(vgl. Lenz 2005)
Kinder psychisch erkrankter Eltern
• soziale
für Familie
einer Identifikationsperson
• Aufgaben
(vgl. Lenz 2005)
und Traurigkeit
Paarbeziehung der Eltern (Bohus et al., Mattejat et al.)
und Umgang des erkrankten Elternteils mit der Erkrankung
(Wüthrich et al., Mattejat et al.)
und positives Selbstwertgefühl (Cowen et al.)
• Umfang
und Qualität des sozialen Netzwerks (Seiffge-Krenke; Lenz)
sichere Bindung an eine gesunde Bezugsperson (Remschmidt &
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
PROTEKTIVE FAKTOREN
PROTEKTIVE MAßNAHMEN
© Ines Lägel
© Ines Lägel
© Ines Lägel
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
EINZELARBEIT MIT DEM KIND
WORAUF ES ANKOMMT
• Schaffen
von Vertrauen und Sicherheit
• Entwicklung
• Entlastung
• Aufbau
• alters-
der Kinder in ihrer eigenen Wahrnehmung
von angemessenen Problemlöse- und Copingstrategien
z.B. meinte der 8-jährige Sohn einer bipolar erkrankten Mutter, bei seiner Familie
sei alles ganz normal. Er malte:
„Mama ist das Zebra, Papa der Tiger - und ich bin die Giraffe.
und entwicklungsgerechte Krankheitsinformation
Ich bin größer als die beiden, da hab ich alles gut im Blick.“
• Krisenplan
Kinder psychisch erkrankter Eltern
MAMA IST EIN ZEBRA
Hier eignen sich therapeutische Hilfsmittel, um mit den Kindern ins
Gespräch zu kommen.
von Schuld- und Schamgefühlen
von Selbstvertrauen
• Stärkung
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch kranker Eltern unterliegen einem enormen Loyalitätskonflikt und dem impliziten Verbot, über die psychische Krankheit zu
sprechen. Auch finden sie für das Erlebte häufig keine Worte.
einer gesunden Identität
• Unterstützung
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
ZIELE ALTERSGERECHTER
KRANKHEITSINFORMATION
THERAPEUTISCHE HILFEN
Indirekte Techniken und Therapiematerial ermöglichen es, implizite
Kommunikationsverbote zu umgehen
• Therapiepuppen
• von
• Familienfiguren
Schuldgefühlen befreit werden
werden
• Trennungen
und Knete
• Zugang
• Versteckmichhöhle
psychische Störungen zu den Krankheiten gehören
Symptome besser verstehen
• entängstigt
und Murmeln
• Malpapier
• lernen, dass
• elterliche
• Sandkiste
• Steine
Das Kind sollte
einordnen
zu Hilfe bekommt
Beispielfragen:
„Bist du schon einmal krank gewesen?“
„Was hattest du?“
„Woran hast du gemerkt, dass du krank bist?“
„Was hat dir geholfen?“
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
KINDLICHES
KRANKHEITSVERSTÄNDNIS
HERAUSFORDERUNGEN
oder Schuldgefühle können Offenheit verhindern
oder einschränken
• Loyalitätskonflikt
• auch
• Direkte
• eigene Wahrnehmung
oder indirekte Kommunikationsverbote durch
Bezugspersonen
• Parentifizierung
• Kindliches
krankhaftes Verhalten ist für die Kinder „Normalität“
Zuordnung zu pathologischen Symptomen ist ihnen kaum möglich
wird hinterfragt - Verhalten der Eltern kann z.T.
von ihnen nicht nachvollzogen werden
und besondere Copingstrategien
• für
Kind mögliche Dimensionen
Warum hat Mutti Schnitte an den Armen?
Warum weint Mutti so viel?
Warum ist Papa oft so wütend?
Krankheitsverständnis
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
KRIEG ICH JETZT NE SPRITZE?
sind es nicht gewohnt, sich über Krankheiten zu unterhalten:
entweder muss man zum Arzt oder man redet nicht drüber.
DER KRISENPLAN FÜRS KIND
• Kinder
• Ansprechpartner
• Sie
• Maßnahmen
wissen daher nicht, was sie erwartet.
• Sie
haben gelernt, das über die Erkrankung des Elternteils nicht
gesprochen oder dass gelogen wird. (Die Mutter sagt „Mein Mann ist
verreist“ - dabei weiß man doch genau, dass Papa im Krankenhaus
ist...)
aufschreiben (Angehörige, Nachbarn, Freunde)
oder Fotos aufkleben
• alle
der Ansprechpartner beschreiben (Symbole)
Maßnahmen müssen umsetzbar sein!
Wer wohnt wo?
Wo ist die Klingel? Kommt das Kind an die Klingel?
Wie ist die Telefonnummer?
Kann das Kind schon telefonieren?
Was sagt es am Telefon?
• Mit
benannten Personen müssen Eltern und Kinder Kontakt
aufnehmen, um diese über den Krisenplan zu informieren.
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Kinder psychisch erkrankter Eltern
DER KRISENPLAN FÜR
JUGENDLICHE
• Frühwarnzeichen
aufschreiben
• Ansprechpartner
aufschreiben (Angehörige, Nachbarn, Freunde) mit
den dazugehörigen Telefonnummern
• Telefonnummer
• Maßnahmen
• Krisenplan
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
von Krisendienst und Arzt
der Ansprechpartner beschreiben
mit allen Beteiligten besprechen
• Krisenplan
an gut sichtbarer Stelle aufhängen und immer wieder
aktualisieren
Kinder psychisch erkrankter Eltern
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Dipl.-Psych. Ines Lägel, Berlin
Herunterladen