„Bermudadreieick? – Kinder in Familien mit psychischer Erkrankung“

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„Bermudadreieick? – Kinder
in Familien mit psychischer
Erkrankung“
Ariadne Sartorius,
Dr. Matthias Ochs
Dr. Marianne Rauwald
2
KJP-Klinik Uni Marburg:
Erhebung der vollständigen stationäre
Inanspruchnahmepopulation 1998 bis 2002 (nach
Lenz, 2012)
 in etwa die Hälfte der psychisch kranken Kinder bzw.
Jugendlichen lebt bei einem psychisch kranken Elternteil.
 am häufigsten wurden substanzbezogene Störungen (ca.
20%), neurotische und somatoforme Störungen (ca.
13%) sowie affektive Störungen (ca. 12%) bei den
Eltern festgestellt.
 hohe Morbiditätsraten bei den Eltern von Kindern mit
Störungen des Sozialverhaltens (Mattejat & Remschmidt,
2008).
3
Prävalenz psychisch kranker
Eltern
 Psychische Störungen sind häufig; jeder 3. Erwachsene
leidet im Laufe eines Jahres unter einer psychischen
Störung (Bundesgesundheitssurvey RKI, 2012).
 Prävalenz psychisch kranker Eltern liegt über
verschiedene deutsche Studien hinweg 30%-70%
(Mattejat & Remschmidt, 2008; Lenz, 2008) – je nach
Schwere und Chronizität der psychischen Erkrankung der
Eltern.
4
Prävalenz psychisch kranker
Eltern
 Die Hälfte der Frauen mit psychotischen Störungen
bekommt Kinder (Howard et al., 2001)
 Legt man Zahl der Familien und Raten psychisch
Erkrankter zusammen, so kann man für Deutschland von
ca. 3,8 Millionen betroffener Kinder und Jugendlichen
ausgehen (Statistisches Bundesamt, 2006; Mattejat,
2008; Lenz, 2012)
5
Prävalenz psychisch Kinder
psychisch kranker Geschwister
 Gesamtbevölkerung = 13,3 Millionen Kinder/ Jugendliche;
Prävalenz psychischer Störungen Kinder/Jugendlichen = 17% =
2,3 Millionen
 Annahme, dass auch von den erkrankten 2,3 Millionen 25%
Einzelkinder sind = 575 000
 Annahme, dass auch von den erkrankten 2,3 Millionen 47% ein
Geschwister haben = 1,1 Million
 Annahme, dass auch von den erkrankten 2,3 Millionen 28% zwei
oder mehr Geschwister haben = 644 000
 Gesamtzahl der Geschwister von psychisch kranken Kindern und
Jugendlichen: 1 100 000 + 644 000 = 1 744 000
 => rund 1,7 Millionen Kinder haben ein psychisch krankes
Geschwister
6
Entwicklungsrisiken von Kinder
psychisch kranker Eltern (nach Lenz, 2012)
 Prävalenzrate psychischer Störungen im Kindes- und
Jugendalter liegt zwischen 17% und 22% (Barkmann &
Schulte-Markwort, 2004; BELLA-Studie, 2007).
 Kinder psychisch kranker Eltern haben ein drei- bis
vierfach höheres Risiko eine psychische Störung zu
entwickeln als Kinder in der Allgemeinbevölkerung mit
psychisch gesunden Eltern (Beardslee et al., 2003).
 Neben der Art der elterlichen Erkrankungen, beeinflussen
Komorbidität, Schwergrad und Chronizität das kindliche
Erkrankungsrisiko (Hammen et al., 1990; Mattejat,
2002)
7
Prävalenz psychischer Störungen und
Schichtzugehörigkeit (BELLA-Studie, 2007)
100
90
80
70
60
50
40
30
20
10
0
83,6%
79,1%
68,7%
16,4%
20,9%
31,3%
Oberschicht
Mittelschicht
Unterschicht
Hinweise
unauffällig
8
Identifizierte Risikofaktoren für
psychische Auffälligkeit (BELLA-Studie, 2007)
OR (KI)
Familienkonflikte
4,97*** (3,33-7,43)
Psychische Erkrankung der Eltern
2,42*** (1,74-3,35)
Konflikte in Familie der Eltern
2,81*** (2,02-3,89)
Unzufriedenheit in der Partnerschaft
2,75*** (1,88-4,03)
Alleinerziehend / Heim
2,09** (1,48-2,95)
Chronische Schwierigkeiten
1,73*** (1,32-2,27)
9
Präventive Hilfen und rechtzeitige
therapeutische Maßnahmen sind
notwendig! (nach Lenz, 2012)
 Die psychische Erkrankung der Eltern wirkt als
Risikofaktor auf den Umgang der Eltern mit dem Kind
und damit auch auf die psychische Gesundheit des
Kindes (Mattejat et al., 2000).
 Die psychische Störung eines Elternteils ist einer der
größten Risikofaktoren, um selber eine psychische
Störung zu entwickeln (BELLA-Studie, 2007; Kessler et
al., 2010; Green et al., 2010).
 Die Mehrzahl der Patienten erkrankt bereits im Kindesund Jugendalter und es zeigt sich eine hohe Stabilität
der Störungen (Kessler et al., 2005).
10
Tatsächliche
Versorgungssituation
(Lenz, 2012)
 In den letzten Jahren sind in verschiedenen Regionen und
Orten eine Reihe von Initiativen entstanden, die den
betroffenen Kindern und ihren Familien Hilfen anbieten.
Von einer flächendeckenden Versorgung ist man allerdings
noch weit entfernt.
 Hinzu kommt, dass die überwiegende Mehrzahl der
bestehenden Angebote als Projekte durchgeführt wird.
 Die Projekte sind in den wenigsten Fällen als Regelangebot
im kommunalen Hilfesystem verankert, sondern zeitlich
begrenzt und müssen den Fortbestand immer wieder neu
sichern.
11
Tatsächliche
Versorgungssituation
 Die Finanzierung erfolgt überwiegend über
unkonventionelle und kreative Wege (z.B. Spenden
durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit; Zusammenarbeit
mit Stiftungen und sonstigen karitativen Förderern).
 Es ist daher davon auszugehen, dass eine Reihe von
Hilfen nicht regelmäßig angeboten werden bzw. einzelne
Initiativen mittlerweile ganz eingestellt werden mussten.
 Der kontinuierliche Legitimierungsdruck und die fehlende
Perspektive binden viele Ressourcen und erschweren/
verhindern eine fachlich-inhaltliche Weiterentwicklung/
Evaluation der bestehenden Angebote.
12
 Was sind ihre Erfahrungen mit
dem Thema?
 Was hat sich in ihrer Praxis
diesbezüglich als hilfreich
erwiesen?
13
Erfahrungen der Workshop-TeilnehmerInnen mit
dem Thema „Kinder psychisch kranker Eltern“






Psychologische und ärztliche Erwachsenentherapeuten wünschen sich
Ansprechpartner, an die sie sich bezüglich der Kinder ihrer Patienten
wenden können, insbesondere, wenn es sich um Missbrauchsthemen
handelt. (Anmerkung: Hierzu gibt es eine Liste mit Links auf der
Homepage)
Weiterhin berichten PP von Ablösungs- und Loyalitätskonflikten ihrer
Patienten, wenn deren Eltern selbst psychisch krank sind
Verleugnung der eigenen psychischen Erkrankung bei Eltern/ lange
Zeit der Tabuisierung Unverarbeitete Migrationserfahrungen bei Eltern
oft als Korrelat zur psychischen Erkrankung vorhanden
Vermehrte Aktivitäten durch das Jugendamt
Kinder sind verunsichert insbesondere von psychotischer Symptomatik
von Müttern und reagieren häufig mit Rückzug
Ressourcenarbeit bei den Eltern zur Gewinnung von Elternmitarbeit
insbesondere bei eigener psychischer Erkrankung häufig notwendige
Voraussetzung
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Welche Wünsche an die Zukunft
bestehen?
 Aufnahme des Themas in Ausbildungs/Weiterbildungscurricula
 Förderung von Vernetzung der im Umgang mit den
Betroffenen Beteiligten
 Breitgefächerte Informationen zu Hilfsangeboten,
insbesondere auch stationären Angeboten für Mütter und
Kinder
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Was hat sich in der Praxis als hilfreich für
betroffene Eltern herausgestellt beim Thema
„Kinder psychisch kranker Eltern“?








Beratung durch das Jugendamt
Fachinformation an Betroffene geben
Austausch mit anderen Professionen verschiedenster Richtungen
(juristische Fragestellungen, pädagogische
Unterstützungsmöglichkeiten etc.)
Fachliche Hilfsangebote vermitteln, z.B. Eltern-Kind-Stationen, Projekte
für Kinder psychisch kranker Eltern
PP/KJP-Netzwerke nutzen, Austausch mit KollegInnen
Auf Resilienz/Ressourcen fokussieren anstelle auf Defizite
Vertrauen aufbauen zu Eltern, auf das „Vertrauen vertrauen“ zur
Aktivierung von postitiven Selbstwirksamkeitskonzepten betroffener
Eltern
Den triangulären Raum eröffnen durch Einbezug/Information der
Kinder in den eigenen therapeutischen Prozess
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Beispiele von Projekten in Hessen
(www.bag-kipe.de)
 Frankfurt a.M.: Fachstelle für Kinder psychisch kranker
Eltern, Stiftung Waisenhaus
 Frankfurt a.M.: Hilfen für Kinder psychisch erkrankter
Eltern (AURYN-Frankfurt) e.V.
 Frankfurt a.M.: CPH Centrum für psychoorganische und
psychosoziale Hilfe e.V.
 Dreieich: Heilpädagogische Initiativen e.V. Kinder in
Familien - Ambulante Hilfen
 Darmstadt: Kinderprojekt Darmstadt im
Sozialpsychiatrischen Verein Darmstadt
17
Stationäre Mutter-Kind
Therapie Vitos Heppenheim
Für Mütter mit Kindern von 0-6 Jahren,
insbesondere im 1. Lj des Kindes mit einer
krankenhausbehandlungsbedürftigen
psychischen Störung, Ausnahme primäre
Suchterkrankung
Überregionales Angebot mit 12
Behandlungsplätzen für Mütter und ihre Kinder
Die Kinder sind formal Begleitpersonen
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Leistungen










Mutter-Säuglings-/Kleinkind-Psychotherapie
Unterstützende Begleitung im Umgang mit dem Kind
Paar- bzw. Elterngespräche
Spielgruppe, Babygruppe
Video-Mikroanalyse
Visiten
Medizinische Therapie
Bewegungs-/Entspannungsgruppe
Psychoedukative Gruppe
Aktive Teilnahme am Stationsgeschehen
19
Leistungen








Gruppentherapie und Gruppengespräche
Einzelfall bezogen Behandlung der Pflege des Kindes
Beratung in sozialen Fragen
Fachtherapeutische Begleittherapien wie Ergotherapie,
Kunsttherapie, Tanztherapie
Physiotherapeutische Angebote
Ambulante Vätergruppe
Entwicklungspsychologische Beratung
Babymasse
20
Kooperationen
 Ab dem 2./3. Lebensjahr des Kindes kann dieses bei
Bedarf durch eine externe KJP behandelt werden
 Bei Bedarf Einbezug des Jugendamtes
http://www.vitosheppenheim.de/fileadmin/user_upload/TGHeppenheim/PDF-Dateien/Kurzkonzept_MutterKind_18.10.12_Rev00.pdf
21
Linkliste mit stationären Mutter-KindBehandlungsoptionen im deutschsprachigen
Raum
 http://www.mutter-kindbehandlung.de/?c=6#plz0
22
Stiftung Waisenhaus Frankfurt
Fachstelle für Kinder
psychisch kranker Eltern
Präventives Angebot für Kinder und Jugendliche mit
Wohnsitz in Frankfurt
Finanzierung über Stiftungsgelder
http://www.waisenhaus-frankfurt.org/144-0-fachstelle-fuerkinder-psychisch-kranker-eltern.html
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Angebote

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

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



Psychosoziale Diagnostik
Psychotherapie bis zu 60 Sitzungen
Gruppenangebote für Kinder, Jugendliche, Erwachsene
Einzelbetreuung und schulische Förderung für Kinder und
Jugendliche, Vermittlung von Lernförderungen
Gemeinsame Freizeitaktivitäten mit Kindern und Eltern
Aufbau eines sozialen Netzwerkes zur Prävention
Beratung von Fachkräften
Zusammenarbeit mit Institutionen der Jugendhilfe
Schulen, Kindergärten und psychiatrischen
Versorgungssystemen
Patenschaften für Kinder und Jugendliche
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Gemeinsame Komponenten präventiver
Maßnahmen im Kontext „Kinder psychisch
kranker Eltern“
 Screenings (zur Abschätzung des Risikos und der
Versorgungssituation der Kinder)
 Psychoedukation
 Innerfamiliäre Entlastungen (Stärkung der
Erziehungskompetenz, Verbesserung der familiären
Kommunikation, Stressbewältigung)
 Unterstützung beim Umgang mit Gefühlen (Abbau von
Ängsten und Schuldgefühlen, Aufbau von positiven
Selbstwerterlebens)
25
Gemeinsame Komponenten präventiver
Maßnahmen im Kontext „Kinder psychisch
kranker Eltern“
 Intensivierung familienexterner Kontakte und
Aktivierung sozialer Ressourcen (Gruppenangebote,
Aufbau von Patenschaften, Freizeitangebote, schulische
Unterstützung)
 Therapie, Frühintervention und Rückfallprophylaxe
(videogestützte Interaktionstherapie,
entwicklungspsychologische Beratung)
 Strukturelle Maßnahmen zur Stabilisierung der familiären
Situation (Mutter-Kind-Behandlung, Kooperation und
Vernetzung aller beteiligten Einrichtungen)
26
Interventionen im Kontext
„Kinder psychisch kranker Eltern“
 psychoedukative Programme
 Stärkung der Bewältigungsmöglichkeiten
 Interventionen zur Verbesserung elterlicher
Erziehungsfertigkeiten
 Interventionen zur Verbesserung der Qualität familiärer
und außerfamiliärer Beziehungen
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Wichtigste Probleme, die von Kindern
psychisch kranker Eltern genannt
werden (Mattejat, 2010)
 Desorientierung (Probleme der Eltern sind nicht
einordbar/ verstehbar)
 Schuldgefühle („Mama ist krank, weil ich böse war, mich
nicht genug gekümmert habe“)
 Tabuisierung („ich darf darüber nicht sprechen, ich
verrate Mama, wenn ich mit jemand anderem darüber
spreche“)
 Isolierung (Die Kinder wissen nicht, an wen sie sich
wenden können)
28
„Was hilft dir oder hätte dir
geholfen?“ (Mattejat, 2010)
 Gesprächsangebot/Gesprächsmöglichkeit
 Möglichkeit, die eigene Erfahrung ohne
Angst/Schuldgefühle anzusprechen
 Anerkennung der Realität
 Aufklärung über die Situation:



Wie sich gegenüber dem erkranken Elternteil verhalten?
Wie kann Vater/Mutter unterstützt werden?
Gefahr der Verschlimmerung, Heilungsmöglichkeiten,
Medikamente, Erblichkeit
 Kontakt zu anderen außerhalb der Familie
 Viele (unterschiedliche) konkrete Hilfen
 Später (vielleicht) Therapie
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Unterstützungsangebote, die sich
Kinder/Jugendliche (7-18J.)
wünschen (Lenz, 2005)
 Information und Aufklärung
 Austausch und Kommunikationsmöglichkeit
 Einbeziehung in die Behandlung
 Aufklärung der Öffentlichkeit über psychische
Erkrankungen
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Systemische Ansätze im Kontext
„Kinder psychisch kranker Eltern“
 Viele Präventionsangebote integrieren
systemische Aspekte in ihr Konzept
 Zwei systemische Methoden:
 Multi-Familien-Gruppen (MFT)
 Aufsuchende Familientherapie (AFT)
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FIPS - Beratung für Familien mit
einem psychisch erkrankten Elternteil
 Methoden des Programmes:
 Systemische Familientherapie
 Psychoedukation von Familien
 Beratung und Begleitung
 Runde Tische und Netzwerke
 Uniklinikum Ulm, Bezirkskrankenhaus
Günzburg
 http://www.bkhguenzburg.de/psychiatrie/fips.htm
32
Beratungsstelle AURYN
 Das Beratungs- und Präventionsangebot hilft den
Kindern besser zu verstehen, was los ist und sich
weniger Sorgen zu machen.
 Die Eltern finden Unterstützung bei der
Krankheitsbewältigung und in Erziehungsfragen.
 Die Hilfe erfolgt nach dem Systemischen Ansatz und
bindet die gesamte Familie nach Bedarf in den
Beratungsprozess ein.
33
Seelensteine
(Halle , Merseburg)
 Auszug aus den Angeboten des Projektes: Beratung und
Familientherapie
 Seelische Erkrankung eines Einzelnen hat immer auch
Auswirkungen auf die ganze Familie: Bei
Familiengesprächen werden Angehörige (Kinder, Partner,
Geschwister, Eltern oder auch der Familie bisher nicht
nahestehende Personen) mit in die gemeinsame Arbeit
einbezogen. Ob Familiengespräche stattfinden, wird
individuell und auf Wunsch der Beteiligten entschieden.
 Ziel der Systemischen Familientherapie ist es, jedes
einzelne Familienmitglied zu stärken und den
Zusammenhalt der Familienmitglieder untereinander zu
festigen.
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KIM – Kinder im Mittelpunkt
(Kiel)
 Basiert auf systemisch lösungsorientierten
Therapieansätzen.
 http://www.kimsh.de/index.php?option=com_content&view=article&id=
37&Itemid=64
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Forschungs- und Entwicklungsprojekt
„KANU – gemeinsam weiterkommen“
 Elterntraining-Programm erstellt, das auf dem
amerikani- schen STEP-Elterntraining aufbaut und durch
Methoden der systemischen Familientherapie
ergänzt wird.
 Das Training umfasst zehn Termine, bei denen den
Eltern vermittelt wird, wie der eigene Erziehungsstil ihre
Kinder beeinflusst und wie sie ihre Kinder positiv
unterstützen können.
 Die Eltern sollen lernen, wesentliches unangemessenes
Verhalten ihrer Kinder zu erkennen und nicht zu
verstärken.
 http://www.uni-due.de/biwi/bauer/ag- sofo-kanu.shtml
36
Aufsuchende Familientherapie
(AFT)




AFT ist ein systemisch-therapeutisches Konzept.
AFT soll Familien erreichen, die mit herkömmlichen
therapeutischen und Jugendhilfeangeboten nicht oder nicht
mehr erreichbar sind.
Merkmale bei diesen Familien sind/können sein: Resignation,
Motivationsmangel, beschränkte Ressourcen zur
Konfliktlösung, wiederkehrende Krisen, Erfolglosigkeit bei den
eigenen Bewältigungsstrategien, häufige
Grenzüberschreitungen (diese Aufzählung erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit).
Es ist Ziel der AFT, über neue/funktionale Handlungsmuster
und alternative Handlungsmöglichkeiten Ressourcen
freizulegen und damit der Familie die Möglichkeit für
Veränderungen zu schaffen.
37
Merkmale von AFT
 1. Aufsuchend
niederschwellig; Arbeit mit Familie zu Hause unter
Einbeziehung des Umfeldes: Sich-Einlassen auf das
Lebensumfeld der Familie vermittelt dieser ein Gefühl
von Sicherheit
 2. Co-Therapie
mit zwei TherapeutInnen; ermöglicht das ReflectingTeam und andere therapeutische Methoden zur
Vermeidung von möglicher „Sogwirkung“ durch die
Familie
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Merkmale von AFT
 3. Dauer der AFT
DGSF-Richtlinien: 26 - 52 Wochen; Eigenverantwortung
und Ressourcen der Familie werden durch die zeitliche
Begrenzung erhalten, kontraproduktive
Gewöhnungsprozesse verhindert.
 4. Richtgröße des Zeitbudgets
26 Familientherapiesitzungen. Eine Einheit umfasst 5,5
Zeitstunden pro Fachkraft pro Woche und schließt alle
Tätigkeiten (z. B. Vor- und Nachbereitung, Austausch mit
Co-TherapeutInnen, Supervision, notwendige
Mitarbeiterbesprechungen etc.) ein.
39
Merkmale von AFT
 5. Qualifikation
psychosozialen Hoch- bzw. Fachhochschulabschluss;
mindestens 3-jährige
familientherapeutische/systemische Weiterbildung an
einem DGSF/SG-anerkannten Institut; Zertifizierung
durch DGSF/SG zum Systemischen Therapeuten.
 6. Supervision
Regelmäßige Supervision ist ein unabdingbarer
Bestandteil von AFT. Sie sollte im Rahmen der
Familientherapieeinheit mit mindestens 5-prozentigem
Zeitanteil abgedeckt sein
40
Merkmale von AFT
 7. Vergütung
Die Vergütung erfolgt auf der Grundlage einer
Leistungsvereinbarung, die ein wirtschaftliches Arbeiten
der Träger der AFT ermöglicht. Sinnvoll ist z. B. eine
Orientierung an den geltenden DBSH-Empfehlungen für
Fachleistungsstunden.
 8. Dokumentation und Evaluation
Bei jedem AFT-Fall erfolgt eine Prozessdokumentation
und Evaluation. Die Wirksamkeit wird in mindestens
einem Katamnesegespräch überprüft.
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Kinder psychisch kranker Eltern
bei
niedergelassenen
PsychotherapeutInnen
(KPE-NP-Projekt)
(Mattejat, 2013)
42
KPE-NP-Projekt
 Konzept, das eine relativ frühzeitige Prävention
ermöglicht, die in der „normalen“ Regelversorgung
durchgeführt werden kann.
 Projektteilnehmer: Stichprobe aus der Gesamtheit der
niedergelassenen psychologische PsychotherapeutInnen
und Kinder- und JugendlichenpsychotherapeutInnen; in
Hessen wäre die Grundgesamtheit wie folgt
aufzuschlüsseln (Zahlen der LPPKJP Hessen):
- PP 1531
- KJP 237
- PP und KJP 146
43
KPE-NP-Projekt
 Teil A: Realisierung und Dokumentenation von neuen
KPE-relevanten Behandlungsstandards:


KJPs erfassen differenzierter die psychische Belastung der Eltern;
PPs erfassen die elterliche Belastung, mögliche Auswirkungen auf
die Kinder und möglichen Hilfebedarf bei den Kindern.
 Teil B: Vernetzung von PPs und KJPs in kleinen aber
nachhaltig aufgestellten regionalen KPE-Gruppen
(zusammen mit Jugendamts-Mitarbeitern) mit dem Ziel,
durch die vernetzten Kontakte möglichst
unproblematisch und effektiv präventive und
psychotherapeutische Hilfe für Kinder/Eltern/Familien
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KPE-NP-Projekt
 Experimentelles Design: Randomisiert
Experimentalgruppe vs. (Warte-) Kontrollgruppe.
 Projektkosten: Relativ geringe Zusatzkosten pro
teilnehmendem Patient (ca. ½ probatorische Sitzung).
 Machbarkeit/Erfolgschancen: Unterstützung durch
Psychotherapeutenkammer.
 Nachhaltigkeit: Von Projektplanung an:
Begleitung/Verhandlung durch/mit KV / Kostenträgern,
um die relativ geringen Zusatzkosten von (a) und (b) in
die Regelversorgung zu übernehmen.
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Vorteile des Projektes:
 Relativ frühzeitige Intervention (zu einem Zeitpunkt, an
dem relativ umgrenzte Hilfen noch wirksam sind).
 Keine neuen Versorgungsstrukturen, sondern qualitative
Verbesserung der vorhanden Strukturen durch
Integration in die „normale“ psychotherapeutische
Versorgung.
 Übernahme in die Regelversorgung und somit
Nachhaltigkeit als zentrale Projektaufgabe.
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