Skript Sozialpsychologie nach Lernzielen

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Skript Sozialpsychologie nach Lernzielen
von Sara WS0708 und SS08
Kapitel 1: Was ist Sozialpsychologie?
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 1 komplett; Vorlesungsfolien; keine Schlüsselstudie.
1.1 Sozialpsychologie definieren und die Elemente dieser Definition erläutern.
"Social psychology is the scientific study of the effects of social and cognitive processes on the way individuals
perceive, influence, and relate to others."
− Die Elemente der Definition:
− Wissenschaftliche Untersuchung
Die Erkenntnisse der Sozialpsychologie erfolgen auf wissenschaftlicher Erkenntnissen, die
systematisch erworben werden. Diese Methoden helfen, Wissen zu erhalten, dass weniger
Voreingenommenheit und Verzerrung hat, wie es oft bei Common-Sense-Wissen der Fall ist
− … der Einflüsse sozialer und kognitiver Prozesse…
die Anwesenheit anderer, das Wissen und die Meinungen, die sie uns weitergeben und unsere
Gefühle über Gruppen zu denen wir gehören beeinflussen uns stark durch soziale Prozesse, egal ob
wir unter Menschen oder allein sind. Unsere Wahrnehmungen, Erinnerungen, Emotionen und Motive
üben durch kognitive Prozesse pervasiven Einfluss auf uns aus. Auswirkungen von sozialen und
kognitiven Prozessen sind nicht getrennt sondern untrennbar in einander verflochten
−
… auf die die Art, wie Menschen andere wahrnehmen, beeinflussen und mit ihnen interagieren.
Sozialpsychologie fokussiert sich auf die Auswirkungen von sozialen und kognitiven Prozessen im
Zusammenhang mit der Art wie Individuen andere wahrnehmen, beeinflussen und beziehen
1.2 Die Entstehung und Entwicklung der modernen Sozialpsychologie anhand historischer
Eckdaten erläutern (erste Anzeichen für eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin;
Sozialpsychologie und Behaviorismus; Bedeutung des Nationalsozialismus für die
Entwicklung der Sozialpsychologie; Entwicklung seit dem 2. Weltkrieg; Verhältnis
Grundlagen und Anwendung; Anwendungsfelder der Sozialpsychologie).
−
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−
−
Spätes 19. Jh.: Entstehung der Sozialpsychologie als empirische Wissenschaft
Kurz nach dem aufkommen der wissenschaftlichen Psychologie begannen Wissenschaftler in NordAmerika, Großbritannien und Frankreich zu erwägen, welche sozialen Einflüsse es auf menschliches
Handeln und Denken gibt
Einer der ersten Sozialpsychologen (oft als DER erste bezeichnet) war Norman Triplett, der 1898 seine
erste Studie unter dem Titel der Sozialpsychologie herausbrachte
Frühes 20. Jh.: Sozialpsychologie behauptet kognitive Orientierung gegen Behaviorismus
Die meiste Zeit des 20. Jahrhunderts wurde die Psychologie in Nordamerika vom Behaviorismus geleitet,
aber die Sozialpsychologie behielt immer auch einen Schwerpunkt auf den wichtigen Prozessen von
Gedanken und Gefühlen auf das Verhalten.
Mitte 20. Jh.: Nationalsozialismus, Emigration, 2. Weltkrieg prägen Sozialpsychologie
in den 1930ern und 40ern flüchten viele europäische Sozialpsychologen (die eher einen
Gestaltpsychologischen Hintergrund hatten als einen Behavioristischen) nach Nordamerika, wo sie einen
großen Einfluss auf die Richtung dieser Wissenschaft hatten. Wichtige Fragen wurden durch den Aufstieg
der Nationalsozialisten und dem zweiten Weltkrieg aufgeworfen und gestalteten die Forschungsinteressen
während dieser Zeit
Spätes 20. Jh.: "Europäische Sozialpsychologie" entsteht neu; Integration und Konsolidierung
Während den 1950er und 60er Jahren wuchs und gedieh die Sozialpsychologie und bewegte sich immer
mehr in Richtung eines integrierten theoretischen Verständnisses von sozialen und kognitiven Prozessen
und außerdem in Richtung weiterer Anwendungen von sozialpsychologischen Theorien auf wichtige
anwendungsbezogene Probleme
1.3 Acht Grundprinzipien kennen (2 Axiome, 3 motivationale Prinzipien; 2
Verarbeitungsprinzipien), erläutern und deren Beziehungen zueinander erklären.
−
Axiome:
1. Subjektive Konstruktion der Realität
Die Sicht der Realität ist bei jedem eine subjektive Konstruktion, geformt von kognitiven (wie unser
Verstand arbeitet) und sozialen Prozessen (der Einfluss anderer, ob anwesend oder vorgestellt)
2. Universalität sozialer Einflüsse
Andere Menschen beeinflussen alle Gedanken, Gefühle und das Verhalten von Individuen, ob sie
physikalisch anwesend sind oder nicht.
−
Motive:
1. Kontrolle ("mastery")
Menschen versuchen die soziale Welt zu verstehen und und vorherzusehen um Belohnungen zu
bekommen
2. Verbindung mit anderen
Menschen suchen Unterstützung, Gefallen und Akzeptanz von Personen und Gruppen, die sie
mögen und wertschätzen
3. Selbstwert
Menschen wünschen sich selbst und Personen und Gruppen, denen sie sich zugehörig fühlen, in
einem positiven Licht zu sehen
−
Prinzipien der Informationsverarbeitung:
1. Konservatismus
die Ansichten von Individuen und Gruppen sind nur sehr langsam zu verändern und neigen dazu,
aufrecht erhalten zu bleiben
2. Zugänglichkeit ("accessibility")
die Information, die als erstes abrufbar ist, hat generell den größten Einfluss auf Gedanken, Gefühle
und Verhalten
3. Kontinuum der Verarbeitungstiefe
Menschen machen sich normalerweise so wenig
Aufwand wie möglich,
wenn sie Informationen haben, aber manchmal
sind sie motiviert
eine Information tiefer zu bedenken.
Kapitel 2: Methoden der Sozialpsychologie
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 2 komplett; Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Rosenthal & Fode
(1963).
2.1 Erläutern, wozu die Methoden der Sozialpsychologie dienen; drei Ebenen
wissenschaftlicher Fragestellung kennen und an Beispielen erläutern.
− Methoden der Sozialpsychologie dienen der systematischen Gewinnung empirischer Daten zur
Überprüfung einer Theorie oder zur Untersuchung eines Problems – allgemein: zur Beantwortung einer
Forschungsfrage.
− Drei Ebenen der Fragestellung (Rosenthal & Rosnow, 2008):
1. deskriptiv
z.B.
2. korrelativ
z.B.
3. experimentell
z.B.
2.2 Die Begriffe Theorie, Hypothese und Konstrukt kennen, erläutern, aufeinander
beziehen.
− Theorie: System aus abstrakten Begriffen (= Konstrukten), deren Definitionen und Aussagen darüber, wie
diese Konstrukte miteinander zusammenhängen.
Eine empirische Theorie enthält Aussagen, die sich auf beobachtbare Sachverhalte beziehen, beschreibt
kausale Zusammenhänge, ist allgemein (Geltungsbereich)
− Hypothese: Aussage über einen Zusammenhang zwischen Konstrukten. Kann aus einer Theorie
abgeleitet sein. Soll empirisch falsifizierbar sein.
− Konstrukt: Abstraktes und generalisiertes Konzept das in Theorien benutzt wird, aber nicht direkt
beobachtbar ist
2.3 Wissen, wodurch sich ein Experiment von anderen Methoden unterscheidet; erläutern,
was ein faktorieller Versuchsplan ist und wozu er dient.
− Merkmale des sozialpsychologischen Experiments
Hauptvorteil: Ermöglicht Kausalanalyse
Warum ist Zufallszuweisung der Schlüssel hierzu?
− Kausalität hat 3 notwendige Bedingungen:
1. dass die AV mit der UV kovariiert,
2. dass die UV der AV zeitlich vorausgeht, und
3. dass eine Verursachung der AV durch alternative Mechanismen ausgeschlossen werden kann
− Auch nichtexperimentelle Methoden erlauben die Beobachtung von Kovariation und zeitlicher Abfolge
sowie die Kontrolle von bekannten Störvariablen.
− Allein Zufallszuweisung ermöglicht die Kontrolle bisher unbekannter Störvariablen.
− faktorieller Versuchsplan
In einem faktoriellen Versuchsplan werden mehrere UVn miteinander gekreuzt (UV = "Faktor").
− Vorteil: Ermöglicht die Überprüfung komplexer Interaktionshypothesen
− Beispiel:
UV1: Qualität der Argumente einer Botschaft (gut, schlecht)
UV2: Grad der Ablenkung (gering, stark)
AV:
Einstellung zur Position der Botschaft
Hypothese: Ablenkung reduziert die Überzeugungskraft guter Argumente und erhöht die
Überzeugungskraft schlechter Argumente.
2.4 Verschiedene Formen der Validität kennen, die bei der Überprüfung
sozialpsychologischer Fragestellungen eine Rolle spielen; wissen, wodurch spezifische
Formen der Validität jeweils bedroht sein können; Maßnahmen zur Sicherung der Validität
kennen; vorgegebene Studien hinsichtlich verschiedener Validitätskriterien beurteilen
können.
− Validität: Die Messung erfasst, was sie zu messen vorgibt; Vermeidung systematischer Variation, die auf
Störvariablen beruht
− Konstruktvalidität: Wie gut entsprechen UV und AV den zugrunde liegenden theoretischen
Konstrukten?
− Gefährdungen: die AV wird noch von anderen Faktoren beeinflusst, die aber gar nicht Gegenstand
des Versuchs sind (z.B. durch soziale Erwünschtheit)
− Gegenmaßnahmen: die beste/angemessenste Messtechnik wählen, multiple Maßsysteme
benutzen
− Interne Validität: Wie sicher ist die Schlussfolgerung, dass Variationen in der AV durch Variationen in
der UV (und nicht durch Störvariablen) verursacht werden?
− Gefährdungen: andere Faktoren als die gemessenen sind für den Effekt verantwortlich, die man
oft nicht komplett eliminieren kann, besonders bei nicht-experimentellen Designs
− Gegenmaßnahmen: Randomisierung
− Externe Validität: Grad der Generalisierbarkeit von Forschungsergebnissen auf andere als die
untersuchten Personen, Zeitpunkte und Umstände.
− Gefährdungen: die Versuchsteilnehmer sind nicht repräsentativ
− Gegenmaßnahmen: Wenn das Ziel ist, etwas über eine bestimmte Gruppe herauszufinden,
müssen die Versuchsteilnehmer repräsentativ für diese Gruppe sein, wenn das Ziel ist, etwas
generell Gültiges herauszufinden müssen die Versuchsteilnehmer möglichst breit gefächert sein
2.5 Die Begriffe Generalisierung und Replikation erläutern.
− Generalisierung:
Wissenschaftler hoffen, dass ihre Versuche von einer Population, Stichprobe oder Versuchsanordnung auf
andere übertragbar sind. Dabei werden die Ergebnisse einer Studie nicht direkt auf eine andere
Population oder Situation übertragen, sonder stützen die generelle Theorie, die wiederum Implikationen
auf andere Personen und Orte haben
− Replikation:
Die Ausführung neuer Studien mit dem Versuch, neue Belege für die selben theoretisch vorhergesagten
Beziehungen zu finden, die schon in anderen Untersuchungen gefunden wurden
2.6 Grundlegende Ethik-Richtlinien kennen und diskutieren; wissen, was die Begriffe
informierte Einwilligung (“informed consent”), Täuschung, Aufklärung bedeuten, und diese
in den Forschungskontext einordnen können.
− Die 4 Prinzipien von ethischer Forschung
1. Schutz von TeilnehmerInnen vor psychologischem oder körperlichem Schaden
TeilnehmerInnen können auf Stimuli oder experimentelle Settings emotional reagieren. Diese
Reaktionen können sich langfristig negativ auswirken (Folgeschäden).
2. TeilnehmerInnen die freie Wahl zur Teilnahme ermöglichen
3. Sich über Machtunterschiede bewusst sein
4. Ehrlich die Hintergründe und den Nutzen der Forschung mitteilen
− Aufgeklärte Einwilligung/Informed Consent:
− Potentielle TeilnehmerInnen bekommen ein Formular, welches Information enthält zu
− der Prozedur des Experiments / der Untersuchung
− der Person, welche VersuchsleiterIn ist
− der Weiterverarbeitung der Daten
− den Inhalten der Studie, d.h. was für Aufgaben bewältigt werden müssen
− Werden auf ihre Rechte hingewiesen; vor allem darauf, dass sie ohne Angabe von Gründen und ohne
negative Konsequenzen jederzeit abbrechen können
− Dürfen Fragen stellen
− Unterschreiben das Formular (und geben somit an, dass sie alles gelesen und verstanden haben)
−
−
Täuschung
Findet immer statt, wenn Versuchspersonen nicht vollständig über die (Inhalte und Hypothesen der)
Studie aufgeklärt sind.
Debriefing / Aufklärung
Sollte möglichst direkt nach der Erhebung geschehen und die Hintergründe der Untersuchung möglichst
vollständig erläutern
2.7 Die Schlüsselstudie von Rosenthal & Fode (1963) im Detail kennen (insbesondere die
Experimente 1 und 2): Wie lautet die Fragestellung? Wie gehen die Autoren methodisch
vor? Welche Frage, die in Exp. 1 offen blieb, soll Exp. 2 beantworten? Wie lauten die
wesentlichen Befunde? Kritik, Alternativerklärungen?
2.8 Die Lernziele zu 2 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren: Welche der Prinzipien
sind zum Verständnis der Methoden der Sozialpsychologie geeignet?
− Subjektive Konstruktion der Realität
Wissenschaftliche Theorien werden entwickelt um beobachtete Verhaltensmuster zu erklären und
zusammenzufassen
− Universalität sozialer Einflüsse
Wissenschaftler sind nicht nur durch die Regeln und Gewohntheiten der Wissenschaft geprägt, sondern
auch durch ihre persönlichen und kulturellen Werte und Ziele
− Mastery/Kontrolle
Wissenschaftler versuchen die Natur zu verstehen und vorherzusagen
Kapitel 3: Personenwahrnehmung
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 3 komplett; Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Gilbert, Pelham & Krull
(1988).
3.1 Die Hinweisreize (Cues) kennen, die Personen bei der Bildung eines ersten Eindrucks
nutzen.
− Physisches Erscheinungsbild
− "Was schön ist, ist auch gut."
− Attraktivität ist bester Prädiktor für Sympathie und Zufriedenheit in Dating-Studie (Walster et al., 1966).
− Attraktive Angeklagte erhalten oft mildere Strafen (Stewart, 1980).
− Auch andere Merkmale als Schönheit:
z.B. Todorov et al. (2005): Kurze Darbietung der Gesichter von unbekannten polit. KandidatInnen –
"Wer ist kompetenter?" Antwort ist guter Prädiktor für tatsächlichen Wahlerfolg.
− Nonverbale Cues
− Menschen, die ihre Gefühle bereitwillig nonverbal zeigen, werden oft eher gemocht, also solche, die
das nicht tun.
− Stimmen geben viel Information über einen Menschen (und wie wir ihn beurteilen)
− Emotionaler Ausdruck ist eine (fast) universale Sprache
− Lügendetektion im Alltag: V.a. nonverbale Körpersignale sind "verräterisch", aber Menschen nutzen
spontan eher Inhalt und Gesichtsausdruck (Zuckerman et al., 1981).e)
die besten Indikatoren sind eine hohe Stimme oder ruhelose Bewegungen von Händen oder Füßen
unter manchen Umständen ist es einfacher, eine Lüge aufzudecken, je weniger Information man hat
(z.B. nur den Körper sieht, statt Körper und Gesicht)
− Unter Ablenkung ist ein Eindruck oft zutreffender als bei Zuwendung voller Aufmerksamkeit (s.u.
Schlüsselstudie)
− Vertrautheit
− Andere werden uns sympathischer, je öfter wir sie sehen (auch ohne Interaktion) (Zajonc, 1968).
− Persönliche Umgebung
− Einrichtung / Gegenstände in Wohnheim-Zimmer lassen Schlüsse auf Persönlichkeit zu (Gosling et
al., 2002).
Andere können daraus viel über uns Lernen, weil wir uns eine Umgebung aussuchen und erstellen,
die reflektiert und bestätigt, was wir sind.
− Verhalten
− Vielleicht wichtigster Hinweisreiz:
"Es gibt nichts Gutes, es sei denn man tut es." (Erich Kästner)
3.2 Den Begriff der Augenfälligkeit ("salience") und seine Wirkung erläutern.
− Definition
Die Fähigkeit eines Cues Aufmerksamkeit in seinem Kontext auf sich zu ziehen
Was anders ist, fällt auf:
− Kontrast:
Svenja geht gern ins Kino und sammelt lebende Spinnen.
− Kontext:
Ein 2,10 m großer Mann in der Straßenbahn oder auf dem Basketballfeld
3.3 Erläutern, wie Personen Cues interpretieren. Dabei die Rolle von Assoziationen und
von kognitiver Zugänglichkeit kennen.
− Cues haben keine eigene Bedeutung. Statt dessen werden sie interpretiert im Kontext unseres
gespeicherten Wissens über Personen, Verhalten, Charaktereigenschaften und soziale Situationen.
Gespeichertes Wissen ist zum Cue verlinkt oder leicht ins Gedächtnis zu rufen und hat so die größte
Wahrscheinlichkeit genutzt zu werden um Cues zu interpretieren
− Assoziationen
= gelernte Verbindungen zwischen kognitiven Repräsentationen
−
−
z.B.
lügen => Unehrlichkeit
helfen => Freundlichkeit
oft automatische Aktivierung:
"Stefan verirrte sich in seinem eigenen Haus." – Ihr Eindruck von Stefan?
−
Kognitive Zugänglichkeit
− Wichtig bei mehrdeutigen Cues
"Tanja beschwert sich lauthals beim Verkäufer über die schlechte Qualität der Ware." – Ist Tanja schlecht gelaunt oder
berechtigterweise unzufrieden?
−
Einflussfaktoren: Stimmung, Erwartung, Situation
3.4 Den Begriff "Priming" im Zusammenhang mit Personenwahrnehmung anhand eines
Forschungsbeispiels erläutern.
− erhöhte Zugänglichkeit durch kurz zurückliegende Aktivierung
− Studie von Higgins, Rholes & Jones (1977)
− Vpn lesen mehrdeutige Personenbeschreibung:
− "By the way he acted one could readily guess that Donald was well aware of his ability to do many
things well." (selbstbewusst / eingebildet)
− "Donald spent a great amount of his time in search of what he called excitement. … perhaps, he
would do some skydiving or maybe cross the atlantic in a sailboat." (abenteuerlustig /
verantwortungslos)
− Zuvor Priming: Begriffe versteckt in "Gedächtnisaufgabe",
− 4 Bedingungen:
1. anwendbar, positiv (selbstbewusst, abenteuerlustig ...)
2. anwendbar, negativ (eingebildet, verantwortungslos …)
3. nicht anwendbar, positiv (dankbar, gehorsam …)
− Ergebnis: Priming beeinflusst soziale Urteile, wenn die dadurch zugänglichen Kategorien auf die
Urteilsaufgabe anwendbar sind.
− Bewusste Wahrnehmung der Primes ist nicht notwendig für derartige Effekte: Auch subliminal
präsentierte Primes wirken (Bargh & Pietromonaco, 1982).
3.5 Wissen, wie BeobachterInnen von beobachtetem Verhalten auf Dispositionen der
Zielperson schließen. Den Begriff "korrespondierende Schlussfolgerung" erläutern
(Forschungsbeispiele!) und die Bedingungen kennen, unter denen solche
Schlussfolgerungen zutreffend sind. Den Begriff "Korrespondenzverzerrung" erläutern.
− wir schließen direkt von beobachtetem Verhalten auf Eigenschaften (= Dispositionen) der Person.
Beispiel: finsterer Gesichtsausdruck => Person ist aggressiv
-> das nennt man korrespondierende Schlussfolgerung
− Das kommt besonders vor, wenn wir nicht denken, dass wir nochmal mit der Person zu tun haben werden
und es komplettiert den ersten Eindruck
− Wann gerechtfertigt?
− Wenn die Person frei entscheiden konnte.
− Bei kleiner Zahl distinkter Verhaltensfolgen (die eindeutig auf einen bestimmten Faktor zurückgeführt
werden können)
− Wenn das Verhalten unerwartet ist.
− Korrespondierende Schlussfolgerungen sind häufig nicht gerechtfertigt.
− Studie: Vpn sollen aus einer Rede über Fidel Castro die Einstellung des Redners erschließen (Jones &
Harris, 1967). Versuchsbedingungen:
− Rede ist pro oder contra Castro
Redner hatte Wahlfreiheit oder nicht.
− Ergebnis: Die Situation (Wahlfreiheit oder nicht) wird nur unzureichend berücksichtigt. Selbst wenn
keine Entscheidungsfreiheit vorliegt, schließen wir von Verhalten auf Dispositionen.
− Dies wird als Korrespondenzverzerrung oder "fundamentaler Attributionsfehler" bezeichnet (s.a. Ross,
Amabile & Steinmetz, 1977): die Tendenz, von beobachtbarem Verhalten auf den Charakter zu schließen,
selbst wenn eine solche Folgerung ungerechtfertigt ist, weil es andere mögliche Gründe für das Verhalten
gibt.
− Ausmaß des Fehlers hängt vom Aufmerksamkeitsfokus ab und unterliegt kulturellen Einflüssen
(stärker in "individualistischen" Kulturen), außerdem ist er nicht so stark, wenn die Versuchsteilnehmer
motiviert sind mehr über die Situation zu erfahren (also keine oberflächliche Verarbeitung mehr statt
findet)
3.6 Den Begriff der "Kausalattribution" kennen und anhand von Kelleys Kovariationsmodell
der Attribution erläutern. In der Lage sein, bestimmte Kombinationen von Konsensus-,
Konsistenz- und Distinktheitsinformation bestimmten Kausalattributionen zuzuordnen.
− Kausalattributionen (Urteile über die Ursachen von Verhalten oder Ereignissen) sind ein Beispiel für mehr
oder weniger systematische Verarbeitung.
− Harold H. Kelley (1921 – 2003): Kovariationsmodell der Attribution (1973)
− Kovariation als notwendige Bedingung für Kausalität: Ursache und Wirkung müssen zusammen
auftreten.
− Wenn Experiment unmöglich, verwendet auch die Wissenschaft beobachtete Kovariation als
Grundlage für Urteile über
Kausalbeziehungen.
− Kelley: Individuum als "naiver Wissenschaftler" verhält sich
ebenso.
Frage: Warum zeigt Person P ein bestimmtes
Verhalten?
Hypothese von Kelley: man schaut nach einem
einem potentiellen Grund, der zutrifft, wenn das
Verhalten auftritt und abwesend ist, wenn das
Verhalten nicht auftritt.
− Drei Arten von Information bestimmen das Urteil:
1. Konsensus: Reagieren andere Personen in
dieser Situation in gleicher Weise?
2. Konsistenz: Reagiert P auf dieses Objekt bei anderen
Gelegenheiten in gleicher Weise?
3. Distinktheit: Reagiert P auf andere, unterschiedliche Objekte in
gleicher Weise?
3.7 Erklären, wie nach Gilbert Attributionen zur Korrektur erster Eindrücke führen können.
Die beiden Experimente der Schlüsselstudie von Gilbert, Pelham und Krull (1988) zu
diesem Thema genau kennen, so dass Sie die Fragestellung, die experimentellen
Designs, die abhängigen Variablen, die Befunde und deren Interpretation kritisch
wiedergeben können. (Was ist an Gilberts Operationalisierungen der "cognitive busyness"
besonders pfiffig?)
− Korrektur erster Eindrücke durch Attributionen
− Systematische Verarbeitung kann zu Attributionen führen, die den ersten Eindruck revidieren.
− Dan Gilbert: 3 Stufen der Verarbeitung:
1.
Identifikation des Verhaltens (z.B. als "nervös")
2.
Dispositionale Schlussfolgerung (z.B. "P ist ängstlich")
3.
Ggf. Situative Korrektur (z.B. "P wartet auf eine schwierige Prüfung, da wäre
jeder
nervös.")
− Gilberts Hypothese: Stufen 1 und 2 laufen automatisch ab; die dritte Stufe erfordert kognitive
Anstrengung (= systematische Verarbeitung).
− Solange wir nicht darauf angewiesen sind, bleiben wir bei unserem ersten Eindruck, nur wenn es
−
einen Grund gibt, kommt auch die dritte Stufe (-> Konservatismus)
Schlüsselstudie
3.8 Erläutern, wie sich BeobachterInnen einen Gesamteindruck von einer Person bilden
und welche Urteilsverzerrungen hierbei eine Rolle spielen können.
− Einen Gesamteindruck bilden
− Personen erwarten, dass positive bzw. negative Eigenschaften gemeinsam auftreten (implizite
Persönlichkeitstheorien)
z.B. großzügig => ehrlich => herzlich
− Integration: Verhaltensweisen einer Person, die auf eine ähnliche Disposition schließen lassen,
werden zusammen im Gedächtnis gespeichert.
− Negative Verhaltensinformation erhält größeres Gewicht.
− Gesamteindruck kann durch Motive verzerrt sein
− Wunschdenken / Selbstwertschutz: Vpn beobachten Zielperson beim Lösen von Aufgaben und
schätzen seine Fähigkeiten ein. Zwei Erwartungsbedingungen:
(a) Zielperson ist später Partner bei ähnlichen Aufgaben,
(b) Zielperson ist später Gegner.
− Ergebnis: Positivere Einschätzung in (a).
(Klein & Kunda, 1992)
3.9 Die Effekte erster Eindrücke auf weitere kognitive Prozesse und Entscheidungen
kennen und erläutern. Dabei die Rolle oberflächlicher versus systematischer Verarbeitung
und die Begriffe "Perseveranzeffekt" und "self-fulfilling prophecy" berücksichtigen.
− Kommunikation eines ersten Eindrucks kann die Erinnerung nachhaltig beeinflussen (Higgins, 1998).
− Mitteilungen, die an die Erwartung des Adressaten angepasst sind ("Natürlich ist Ihr Erstgeborener
das tollste Baby der Welt!"), beeinflussen die kognitiven Repräsentationen des Senders (der das Baby
danach wirklich netter findet).
− Der erste Eindruck kann Erwartungen erzeugen. Das weitere Verhalten wird im Licht dieser Erwartungen
interpretiert.
− Erste Eindrücke sind resistent ("Perseveranzeffekt").
− Anwendungsbeispiel "unzulässige Beweismittel": Wenn ein Beweismittel erst einmal eingeführt ist,
gelingt es Juroren nicht, es nachträglich zu ignorieren (Loftus, 1974)
− Eindrücke als "sich selbst bewahrheitende Prophezeiungen" ("self-fulfilling prophecies")
− Erster Eindruck von einer Zielperson beeinflusst das eigene Verhalten gegenüber dieser Zielperson.
− Dadurch werden Reaktionen begünstigt, die den eigenen Eindruck "bestätigen".
− Studie von Snyder, Tanke & Berscheid (1977): Männer, die glaubten mit einer attraktiven (vs.
unattraktiven) Frau zu telefonieren, riefen bei der Gesprächspartnerin Verhalten hervor, das später
von unabhängigen Beurteilern als positiver und sympathischer beurteilt wurde.
− Funktioniert nicht, wenn die Person sich bewusst ist, dass sie Erwartungen hat oder jemand
Erwartungen an einen selbst hat oder wenn sich der Beobachter einen akkuraten Eindruck
verschaffen will
3.10 Erläutern, wie BeobachterInnen bei der Eindrucksbildung mit inkonsistenter
Information umgehen, und welchen Effekt das hat.
− Umgang mit inkonsistenter Information
− Erhöhter Verarbeitungsaufwand bei Beobachtung unerwarteten Verhaltens.
− Erklärungsversuche (Attribution)
− Beides führt zu besserer Erinnerung an inkonsistentes Verhalten.
− Eindrücke werden mit der Zeit komplexer (wichtig: verschiedene Kontexte!)
− Eindrücke können sich auch fundamental ändern
− Kulturelle Unterschiede: Asiatische Vpn erwarten mehr Veränderungen im Verhalten je nach Kontext.
− Erste Eindrücke bleiben oft neben neueren, komplexeren Eindrücken im Gedächtnis gespeichert (sind
aber weniger zugänglich).
3.11 Die Lernziele zu 3 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität:
Eindrücke sind Konstruktionen, die auf unserer Auswahl und Interpretation von Hinweisreizen (Cues)
beruhen.
− Universalität sozialer Einflüsse:
Allgemeines Wissen, das von unserer Kultur und Erfahrung geprägt ist, bestimmt die Eindrucksbildung
mit.
−
−
−
−
−
Motiv der Kontrolle:
Ein zutreffender Eindruck von anderen erleichtert den sozialen Umgang.
Motiv des Selbstwertschutzes:
Eindrücke können in selbstwertdienlicher Richtung verzerrt sein.
Konservatismus
Einmal gebildete Eindrücke verfestigen sich, indem sie Interpretationen und Interaktionen beeinflussen
("self-fulfilling prophecy").
Zugänglichkeit ("accessibility")
Die augenfälligsten Cues und die am leichtesten zugänglichen Wissensbestände tragen am meisten zu
unseren Eindrücken bei.
Kontinuum der Verarbeitungstiefe
Manchmal begnügen wir uns mit ersten Eindrücken und "automatischen" Urteilen; manchmal versuchen
wir, andere genauer zu verstehen.
Kapitel4: Das Selbst
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 4 ohne Abschnitt "Defending the self" (pp. 125-136); Vorlesungsfolien;
Schlüsselstudie: Linville (1985).
4.1 Die Begriffe "Selbstkonzept" und "Selbstwertgefühl" definieren und erläutern.
− Selbstkonzept
Das Wissen einer Person über ihre persönlichen Eigenschaften
− Selbstwertgefühl
Positive oder negative Bewertung der eigenen Person (= Einstellung zum Selbst)
4.2 Quellen des Wissens über das Selbst kennen und diskutieren.
− eigenes Verhalten
− "How do I know what I think until I see what I've said?"
− wichtig: freie Entscheidung; Unterminierung intrinsischer Motivation durch externe Belohnungen
(Lepper et al., 1973)
− Self-percerption-theory: Wir lernen Dinge über uns selbst, indem wir unser eigenes Verhalten
beobachten
− eigene Gedanken und Gefühle
− Gute Datenquelle, da normative Einflüsse gering sind.
− Eindrücke von Beobachtern decken sich besser mit dem Selbstkonzept der Zielperson, wenn diese
über Gedanken und Gefühle (vs. Verhalten) berichtet hat (Andersen, 1984).
− Reaktionen anderer
− Cooley: "The looking-glass self"
Die Reaktionen anderer dienen uns als eine Art Spiegel, der uns zeigt, ob das, was wir denken was
wir sind, auch wirklich bei anderen so ankommt.
− Studie von Miller et al. (1975), 3 Schulklassen:
(1) "Ihr seid ordentlich."
(2) "Ihr sollt ordentlich sein!"
(3) Kein Treatment
Effekt: Klasse (1) macht am wenigsten Unordnung.
− Stärkste Einflüsse bei Unsicherheit über das Selbst (Kinder > Erwachsene).
− Soziale Vergleichsprozesse
Self-comparison-theory: Die Theorie, dass man über sich selbst lernt, indem man sich mit anderen
verlgeicht (Festinger, s.u.)
− Festinger (1954): P strebt nach akkurater Einschätzung der eigenen Einstellungen und Fähigkeiten
durch Vergleich mit ähnlichen Anderen.
− Sozialer Vergleich gibt uns die Möglichkeit uns einzigartig zu fühlen
− Aber: Ähnlichkeit nicht immer nützlich, kann ähnliche Urteilsverzerrungen bedeuten (im Überblick:
Suls et al., 2002)
− Auch andere Motive wichtig.
4.3 Ähnlichkeiten und Unterschiede beim Erwerb von Wissen über Selbst versus Andere
erläutern (Wissensmenge, Attribution, Akteur-Beobachter-Verzerrung).
Wissen über Selbst und Andere: Ähnlichkeiten und Unterschiede
− Ähnlichkeiten
− oft identische Informationsquellen
− ähnliche Urteilsstrategien
− oft gleichermaßen (in)akkurat (s. Nisbett & Wilson, 1977)
− Unterschiede
− Wissensmenge
Mehr und unterschiedlichere Information über das Selbst => wir sehen uns selbst als flexibler und
weniger extrem als Andere.
− Unterschiedliche Attributionen
−
−
−
−
Akteur-Beobachter-Verzerrung: Die Tendenz, eigenes Verhalten auf die Situation zu
zurückzuführen, das Verhalten andere auf ihren Charakter.
Was unsere Aufmerksamkeit erregt sticht hervor
verschiedene Sets von kausalen Alternativen werden für das Selbst und andere in Erwägung
gezogen z.B. bei der Frage, ob man ein bestimmtes Buch mag, vergleicht man es mit anderen
Büchern, wenn man gefragt wird, warum ein Freund das Buch mag, vergleicht man den Freund
mit anderen Menschen
das eigene Verhalten wird meist mit den eigenen Überzeugungen und Zielen erklärt, Verhalten
anderer mit eher entfernten Gründen dieser Überzeugungen und Ziele
z.B. wenn man gefragt wird, warum man Sport macht wäre die Antwort, dass man was für sich tun
und fit bleiben möchte, wenn man andere fragt, warum du den Sport machst, sagen sie
möglicherweise dass einer Verwandter an einer Herzkrankheit gestorben ist, was dich dazu
gebracht hat, deine Fitness zu verbessern
4.4 Wissen, was "multiple selves" sind, und erläutern, wie Personen Aspekte ihres
selbstbezogenen Wissens zu einem kohärenten Ganzen zusammenfügen.
− "Multiple Selves"
Je nach Rolle und Situation sind unterschiedliche Selbstaspekte zugänglich (das "dynamische
Selbstkonzept": Markus & Wurf, 1987).
− Personen weisen unterschiedlich ausgeprägte Selbstkomplexität auf (Linville, 1985).
Selbstkomplexität = Anzahl und Unterschiedlichkeit der Selbstaspekte, die eine Person für
verschiedene Rollen, Aktivitäten und Beziehungen entwickelt.
− Kohärenz des Selbst:
Wie fügen Personen ihre Selbstaspekte zu einem konsistenten Ganzen zusammen?
− Begrenzte Zugänglichkeit
Je nach Rolle oder Situation sind unterschiedliche Aspekte zugänglich, andere unzugänglich => keine
Inkonsistenz
− Selektive Erinnerung
Rekonstruktion der Vergangenheit im Einklang mit dem gegenwärtigen Selbstkonzept (Greenwald,
1980: "the totalitarian ego"), inkonsistente Erinnerungen werden „vergessen“
− Attribution
Situative Erklärungen lassen Unterschiede im Verhalten stimmig erscheinen. Wir erkären unser
Verhalten als nachvollziehbare Antworten auf Situationen und nicht als unsere
Charaktereigenschaften.
− Fokus auf wenige Schlüsselmerkmale
Markus: Selbst-Schema. Effiziente und selektive Verarbeitung schemarelevanter Information
Wir haben einige Merkmale, die wir in allen Situationen beibehalten und als typisch für uns
kennzeichnen
4.5 Wissen, was "Selbstwerterhöhung" bedeutet, und erklären, wie sie zu Stande kommt.
− Selbsterkenntnis und Selbstwerterhöhung
− Akkurate Selbsteinschätzung ist adaptiv.
Aber: Vielfältige Evidenz für positive Verzerrungen
− Die meisten Personen schätzen sich auf den meisten Dimensionen als überdurchschnittlich ein.
− Indirekte Effekte der Selbstbewertung auf Dinge, die mit dem Selbst assoziiert sind (z.B. "name-letter
effect"; Nuttin, 1985).
− Wie entstehen positive Verzerrungen bei der Bewertung eigener Erfahrungen?
− Auswahl geeigneter Situationen und Beziehungen
− Selektive Wahrnehmung und Erinnerung eigener positiver Beiträge (Ross & Sicoly, 1979)
4.6 Die Rolle sozialer Vergleiche bei der Konstruktion des Selbstwertgefühls erläutern
(Tessers Modell des Selbstwerterhalts; unvermeidbare versus gezielte Vergleiche).
−
−
−
−
Soziale Vergleiche dienen auch der Konstruktion des Selbstwertgefühls
− Wir evaluieren uns selbst unter anderem durch vergleiche mit anderen. Diese Vergleiche sind
manchmal verzerrt durch Self-enhancing-bias (der Tendenz, Informationen die das Selbst betreffen in
einer Weise zu interpretieren, die zu überdurchschnittlich positiven Ergebnissen führen)
Modell des Selbstwerterhalts (Tesser, 1988) :
− Nähe zur Vergleichsperson und Bedeutsamkeit der Eigenschaft bestimmen das Ergebnis des
Vergleichs.
− Gute Leistungen einer nahestehenden Person führen zu Stolz und positivem Selbstwert, wenn mir die
Eigenschaft selbst unwichtig ist, aber zu Neid und negativem Selbstwert, wenn mir die Eigenschaft
wichtig ist.
− Es ist oft härter, wenn eine nahestende Person besser ist, als ein Fremder.
Unvermeidbare Vergleiche
− Richtung des Vergleichs bestimmt das Ergebnis
Bronzemedaillengewinner sehen zufriedener aus als Silbermedaillengewinner (Medvec, Madey, &
Gilovich, 1995), weil der Zweitplazierte sich mit dem ersten vergleicht („Noch ein kleines bisschen
besser, und ich hätte Erste werden können“), der Drittplatzierte aber mit allen darunter („Immerhin
habe ich im Gegensatz zu den anderen noch eine Medaille bekommen“)
Gezielte Vergleiche
− Menschen vermeiden Aufwärts-Vergleiche und streben Abwärts-Vergleiche an => Selbstwerterhöhung
z.B.: KrebspatientInnen berichten meist, dass es ihnen besser geht als anderen KrebspatientInnen
(Taylor et al., 1986).
4.7 Den Begriff "Selbstkomplexität" erläutern. Beide Studien der Schlüsseluntersuchung
von Linville (1985) zum Thema kennen und im Detail diskutieren: Grundannahmen,
zentrale Hypothese, Vorgehensweise, Designs, abhängige Variablen, wesentliche Befunde
und deren Interpretation.
Schlüsselstudien
4.8 Einflüsse des Selbst auf Denken, Fühlen und Verhalten kennen und erläutern. Dabei
wichtige Begriffe / Aspekte: Selbstschema, Selbstreferenz-Effekt, Emotionen, Higgins'
Theorie der Selbstdiskrepanz (Forschungsbeispiel!).
− Ein etabliertes Selbstkonzept ist änderungsresistent und dient als kognitives Schema
− Wir achten bevorzugt auf selbst-relevante Information und erinnern solche Information besser
− Wenn wir einmal ein Selbstkonzept entwickelt haben, bleiben wir meistens dabei (-> Konservatismus)
und sind weniger offen gegenüber neuen Informationen über das Selbst.
− Verarbeitung von Information mit Bezug auf das Selbst ("beschreibt mich X?") erleichtert die
Speicherung im Gedächtnis (Selbstreferenz-Effekt)
− Das Selbst und Emotionen: Selbstrelevanz als bedeutende "Appraisal"-Dimension
Appraisal: Deutung einer Person von einem selbst-relevanten Fall oder einer Situation, die emotionale
Antworten oder Verhalten erfordert.
− Das Selbst reguliert unser Verhalten
Selbstausdruck, Selbst-Präsentation
− Interne Standards: "Self-Guides"
− Theorie der Selbstdiskrepanz (Higgins, 1987): Personen orientieren sich an "self-guides":
Ideal Self
– wie ich gerne sein will
Ought-Self
– wie ich glaube, sein zu sollen
Actual self
– wie ich glaube, tatsächlich zu sein
− Spezifische motivationale und emotionale Konsequenzen bei Selbstdiskrepanzen
Selbst-diskrepanz-Theorie: Personen beurteilen sich gegen innere Standads von ideal- und oughtself, was zu bestimmten emotionalen Konsequenzen führt
− Forschungsbeispiel:
Induktion von Selbstdiskrepanzen (Baldwin et al., 1990, Study 2)
Vpn: Katholische Studentinnen
UV1: Lesen eines Textes über sexuelle Phantasien oder eines neutralen Textes
− UV2: Wiederholte Aktivierung des "Ought-Self" durch subliminale Präsentation: Papst-Bild oder Bild
einer neutralen Person (Kontrollbedingung 1) oder kein Bild (Kontrollbedingung 2)
− AV: Selbstbewertung auf den Dimensionen Moral, Kompetenz, Ängstlichkeit
− Ergebnisse:
Keine bewusste Wahrnehmung der Bilder
Selbstbewertung: Mittelwerte auf Skala von 1 bis 9
Papst: 6.30
neutrale Person: 7.09
kein Bild: 7.02
− Effekte stärker ausgeprägt für Vpn, die angeben, den katholischen Glauben zu praktizieren
Fazit: Selbstbewertung stellt einen Kompromiss dar aus realistischer Einschätzung und motivierter
Verzerrung.
−
−
−
4.9 Die Lernziele zu 4 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Wir nutzen verschiedene Informationsquellen, um unser Selbst zu konstruieren.
− Universalität sozialer Einflüsse
Unsere Wahrnehmung Anderer und deren Reaktionen auf uns formen unser Selbst.
−
Motiv der Kontrolle
Die Wahrnehmung, dass wir unsere Umwelt meistern, erhöht unser Selbstwertgefühl.
− Das Selbstkonzept erleichtert realitätsangemessenes Verhalten.
Motiv des Selbstwertschutzes
Dem Selbstwerterhalt dienen Verzerrungen, Selektivität und die strategische Auswahl von
Vergleichsdimensionen und -standards.
−
−
−
−
Konservatismus
Ein einmal gebildetes Selbstkonzept ist änderungsresistent und wird verteidigt.
Kognitive Zugänglichkeit
− Selbstkonzept und Selbstwertgefühl werden durch Inhalte bestimmt, die uns leicht in den Sinn
kommen.
− Zugänglichkeit erklärt Flexibilität des Selbst ("multiple selves").
Kapitel 5: Wahrnehmung von Gruppen
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 5 komplett; Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Wilder (1984).
5.1 Die Begriffe Stereotyp, Vorurteil und Diskriminierung definieren und voneinander
unterscheiden.
− Stereotyp = Kognitive Überzeugungen über die Charakteristika einer sozialen Gruppe und ihrer Mitglieder
(Schema, assoziative Struktur)
− Vorurteil ("prejudice")= positive oder negative Einstellung zu einer sozialen Gruppe und ihren Mitgliedern
(Stereotyp mit Bewertungskomponente)
− Diskriminierung = positives oder negatives Verhalten gegenüber einer Gruppe und ihren Mitgliedern
(Handeln gemäß von Vorurteilen)
5.2 Eine "soziale Gruppe" aus dem Blickwinkel der Forschung zu sozialer Kategorisierung
definieren; Beispiele und Gegenbeispiele nennen.
− Soziale Gruppe = zwei oder mehr Personen, die mindestens ein Merkmal teilen, das für sie selbst oder
andere sozial bedeutsam ist
− Beispiele: Umweltschützer, sozial Schwache, Katholiken, Mitglieder eines Vereins
− Gegenbeispiele: Fußgänger, die gerade zufällig an der selben Kreuzung stehen
5.3 Den Prozess der sozialen Kategorisierung erläutern; wissen, welche Merkmale hierfür
bedeutsam sind; Vor- und Nachteile sozialer Kategorisierung diskutieren.
− Soziale Kategorisierung: der Prozess, in dem individuelle Personen als Mitglieder einer sozialen Gruppe
identifiziert werden, weil sie eine bestimmte Eigenschaft teilen, die typisch für diese Gruppe ist
− Welche Merkmale sind bedeutsam für die soziale Kategorisierung (= Identifikation einer Person als
Mitglied einer bestimmten Gruppe)?
− hängt ab von Kultur und Situation
− einige relativ universell: Geschlecht, Ethnizität, Alter ...
− Vorteile: Wozu dient soziale Kategorisierung?
− macht die soziale Welt besser verstehbar und leichter vorhersagbar; erleichtert soziale Interaktion
− erlaubt uns, irrelevante Information zu ignorieren
− Nachteile sozialer Kategorisierung
− Homogenisierung von Unterschieden zwischen Mitgliedern derselben Gruppe; Übergeneralisierung
("alle Professoren sind zerstreut")
− Betonung von Unterschieden zwischen Mitgliedern verschiedener Gruppen
− "Social categorization brings the world in sharper focus, but the exaggeration of similarities within groups
and differences between groups is the price we pay for better resolution" (Smith & Mackie, 2007, S. 145).
5.4 Verschiedene Prozesse der Stereotypenbildung und grundlegende Dimensionen der
Inhalte von Stereotypen erläutern; die Frage diskutieren, inwiefern Stereotypen zutreffend
oder unzutreffend sind.
− Ähnlichkeiten mit Eindrucksbildung über Personen
− Inhalte von Stereotypen:
− vielfältig (Aussehen, Interessen, Ziele, Persönlickeitseigenschaften...)
− zwei grundlegende Dimensionen: Kompetenz und emotionale Wärme, abhängig von
wahrgenommenem Status und Wettbewerb (Fiske, Cuddy, Glick & Xu, 2002)
− können positiv oder negativ sein
Wo liegt das Problem bei positiven Stereotypen?
=>
Übergeneralisierung, De-Individuierung,
unrealistisch hohe Erwartungen
=>
gehen oft Hand in Hand mit negativen Stereotypen und
sind weniger gut zu erkennen (Beispiel benevolenter Sexismus)
− Sind Stereotypen zutreffend oder unzutreffend?
−
−
−
schwer zu messen (unscharf; Kriterien?)
in der Tendenz dennoch oft in Übereinstimmung mit Forschungsbefunden zu tatsächlichen
Eigenschaften (z.T. weil soziale Normen, die auf stereotypen Erwartungen beruhen, sich auf das
Verhalten von Menschen auswirken)
Fremd- und Selbstwahrnehmung von Gruppen oft ähnlich
Aber: Stereotypen sind oft unzutreffend und sogar entgegen-gesetzt zur Realität (z.B. fahren Männer,
entgegen einem verbreiteten Stereotyp, laut Unfallstatistik schlechter Auto als Frauen)
Und: Übergeneralisierung ist immer unzutreffend (nicht alle Mädchen sind verbal ausdrucksfähiger als
Jungen; nicht alle Jungen sind aggressiver als Mädchen)
5.5 Verschiedene Motive kennen und diskutieren, die zur Stereotypenbildung beitragen.
Erläutern, wie diese Motive Urteilsverzerrungen (z.B. die illusorische Korrelation)
begünstigen.
− Motive: Woher kommt Stereotypisierung? Wozu dient sie?
− Autoritäre Persönlichkeit? (Adorno et al., 1950)
− Psychoanalytischer Ansatz; rigide & überängstliche Erziehung => Aggression, Angst vor deren
offenem Ausdruck; Verschiebung auf andere, geeignete Ziele:
Minderheiten
Zunächst populär, aber kaum vereinbar mit
− Einflüssen der sozialen Situation und soziokultureller Normen
− Uniformität von Vorurteilen innerhalb einer Gesellschaft
− Bessere Erklärung: Grundlegende Motive für soziales Verhalten bestimmen auch Stereotypenbildung
und Vorurteile
− Kontrollmotiv (mastery):
− Aus dem Versuch, die soziale Welt korrekt einzuschätzen, entstehen (nichtintendierte)
Urteilsverzerrungen
− Erfahrungen mit einzelnen Mitgliedern einer Gruppe beeinflussen die Bewertung der ganzen
Gruppe (Henderson-King & Nisbett, 1996)
− Kognitive Zugänglichkeit positiver Gruppenmitglieder macht Urteile über die Gruppe positiver
(Bodenhausen et al., 1995)
− Warum führt Beobachtung von Einzelpersonen zu Stereotypen?
− Selektive Aufmerksamkeit auf extremes Verhalten
− "Illusorische Korrelation" (Hamilton & Gifford, 1976): Wahrnehmung eines Zusammenhangs, wo keiner
besteht
Gruppe A Gruppe B
positiv
−
−
−
−
18
9
negativ
6
3
Gruppe B wird negativer eingeschätzt, weil es insgesamt weniger Informationen gibt und so die
negativen Informationen stärker gewichtet werden, obwohl eigentlich bei beiden Gruppen negative
und positive Informationen im gleichen Verhältnis stehen.
Soziale Rollen und die Korrespondenzverzerrung
z.B. Juden werden durch soziale Zwänge in bestimmte "Nischenberufe" gedrängt, etwa Bankier =>
später wird diese Rolle zur Grundlage der Inferenz von Persönlichkeitsmerkmalen
Geschlechtsrollen – Geschlechterstereotype
Studie von Hoffman und Hurst (1990): "Orinthianer" und "Ackmianer" auf einem fernen Planeten
Auf dem Planeten wohnen beide Gruppen, Orinthianer arbeiteten eher in der Erziehung von Kinder,
Ackmianer eher waren eher außerhalb des Hauses angestellt. Alle Erzieher wurden als sanft und
liebevoll beschrieben, aller Angestellten als konkurrenzbetont und erhgeizig. Versuchspersonen sahen
später diese Rollen als typisch für Orinthianer oder Ackmianer, selbst solche, die im jeweils anderen
Beruf arbeiteten.
Interaktionen mit Fremdgruppenmitgliedern lösen negative Emotionen aus (Angst, Unsicherheit…).
−
−
Besonders wenn man in der Minderheit ist, selten bei Mehrheiten. Diese Emotionen färben die
Erfahrungen ein und tragen zu Stereotypen bei.
− Massenmedien verbreiten verzerrte Information über gesellschaftliche Gruppen (z.B. wird mehr über
Verbrechen von Einwanderern als von Alteingesessenen berichtet)
Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness):
− Wir lernen Stereotypen von anderen in unserer Gruppe (schon im Kindesalter durch Eltern, Lehrer…)
Solche "Stereotypen aus zweiter Hand" sind oft stärker als Stereotypen, die aus direkter Interaktion
mit Fremdgruppenmitgliedern entstehen (Thompson et al., 2000)
− Subtile Einflüsse z.B. durch sexistische oder rassistische Witze: Diese signalisieren, dass Stereotypen
akzeptabel sind ("man kann ja darüber lachen"; Ford, 2000)
Besonders wenn ein Stereotyp der sozialen Norm entspricht, also von einer bestimmten
gesellschaftlichen Gruppe als „normal“ angesehen wird.
Motiv der Rechtfertigung von Ungleichheit
− Stereotypen wirken systemstabilisierend
(z.B.: Wenn Männer aggressiver und durchsetzungsfähiger sind als Frauen, dann ist es sinnvoll und
gut, wenn Machtpositionen in Geselschaft und Industrie den Männern vorbehalten bleiben.)
− Personen mit hoher "sozialer Dominanzorientierung" (die soziale Hierarchien gutheißen) weisen auch
mehr Vorurteile auf als andere
− Menschen glauben an eine gerechte Welt: Wer in einer schlechten Situation ist, hat selbst Schuld
(z.B. Schwarze in Amerika)
5.6 Erläutern, wie man zeigen kann, dass Stereotypen und Gefühle gegenüber Gruppen
automatisch aktiviert werden.
− Automatische Aktivierung durch
− Augenfälligkeit (z.B. eine Frau in einem Team von Männern)
− Häufige Nutzung erhöht kognitive Zugänglichkeit
− Kognitive Zugänglichkeit erhöht Häufigkeit der Nutzung
− Subliminale Präsentation von "WHITE" und "BLACK" beeinflusst die Reaktionszeit bei der Erkennung
stereotyper Begriffe (Wittenbrink et al., 2001)
− Unwillkürliche Reaktionen der Gesichtsmuskeln auf stereotype Reize (Vanman et al., 1997)
5.7 Den IAT als Beispiel einer Methode zur indirekten Messung von Stereotypen und
Vorurteilen erläutern; diskutieren, wie sich Diskrepanzen zwischen explizit und implizit
gemessenen Vorurteilen erklären lassen.
− Direkte, explizite Messung durch Selbstberichtskalen (s. Beispiele zu Kapitel 2)
− Problem: Willentliche Verzerrungen / Selbstdarstellung
− Stereotypen und Vorurteile können teilweise unbewusst sein
− Indirekte Messung durch "implizite Maße"
− Beispiel: Implicit Association Test (IAT; Greenwald et al., 1998)
siehe https://implicit.harvard.edu/implicit/demo/ und http://projectimplicit.net/
− Implizite und explizite Maße erfassen unterschiedliche Aspekte von Stereotypen und Vorurteilen
Aus implizit gemessenen Vorurteilen lässt sich nonverbales Verhalten besser vorhersagen, aus explizit
gemessenen Vorurteilen verbales Verhalten (Dovidio et al., 2002)
5.8 Erläutern, wie und unter welchen Bedingungen sich Stereotypen auf (spontane, aber
auch wohlüberlegte) Urteile und Verhalten auswirken; verschiedene Möglichkeiten
diskutieren, wie Personen solche Einflüsse von Stereotypen überwinden können.
− Einfluss von Stereotypen auf Urteile und Verhalten
− Inferenzen aus automatisch aktivierten Stereotypen (Geschlechterstereotypen: Professorin wird für
Sekretärin gehalten)
− Kausalattributionen (gute Leistung wird je nach Stereotyp auf Fähigkeit oder Glück attribuiert)
− Stereotypnutzung kann tödliche Folgen haben (z.B. Polizist muss schnell entscheiden, ob
−
−
Verdächtiger bewaffnet ist oder nicht)
Studie von Correll et al. (2002): "shoot" oder "don't shoot" per Tastendruck, je nach dem ob
"Verdächtiger" Waffe oder keine Waffe hat. Ergebnis: Unbewaffnete Schwarze wurden häufiger
"erschossen" als unbewaffnete Weiße.
-> besonders hoher Effekt, weil Zeitdruck
− Stärkste Einflüsse von Stereotypen
− bei geringer Verarbeitungskapazität (Bodenhausen, 1990: Morgen- vs. Abendtypen; s Lehrbuch S.
168)
− bei starken Emotionen (v.a. Ärger)
− in Machtposition (Fiske, 1993)
Wie kann man den Einfluss von Stereotypen überwinden?
− Unterdrückung stereotyper Gedanken
− Kann funktionieren, erfordert aber Anstrengung
− Kann "Rebound"-Effekt bewirken ("Skinhead-Studie"; Macrae et al., 1994)
Rebound-Effekt: Wenn man es in einem Moment bewusst unterdrückt, wird es dadurch nur noch
zugänglicher und kann später Gedanken oder Gefühle noch stärker beeinflussen
− Korrektur stereotyper Urteile
− Automatische Aktivierung und bewusste Korrektur als Regelfall (Devine, 1989)
− Erfordert (a) Wissen über Richtung und Ausmaß stereotyper Einflüsse und (b) Motivation, um
diese zu korrigieren (z.B. Wegener & Petty, 1997)
− Kann zu Überkorrektur führen (mit negativen Folgen für die Interaktionspartner)
− Dem Stereotyp widersprechende Information aktivieren
− z.B. an "starke Frauen" denken => IAT-Werte zu Vorurteilen gegenüber Frauen werden positiver (Blair
et al., 2001)
− "Just say no" (Studie von Kawakami et al., 2000)
Versuchspersonen sollten bei typischen Informationen „no“-Taste drücke, bei untypischen „yes“-Taste,
bei einem späteren Test waren Vorurteile kleiner
Stereotyp-Einflüsse auch bei wohlüberlegten Urteilen
− Selektive Informationssuche und -verarbeitung
− Stereotyp wirkt als Schema; Information wird "gefiltert"
− Wir suchen Informationen, die unseren Stereotyp bestätigen und geben dieses Informationen
mehr Gewicht, außerdem blenden wir Informationen aus, die das Gegenteil zeigen.
− Unerwartetes Verhalten einzelner Gruppenmitglieder führt meist nicht zu einer Revision des
Stereotyps und wird nicht besser erinnert (Hamilton & Sherman, 1996)
− Stattdessen Erinnerungsverzerrung in Richtung des Stereotyps
− Interpretation von Verhalten im Sinne des Stereotyps
− Mehrdeutige Information wird im Sinne des Stereotyps interpretiert (Darley & Gross, 1983)
− Identisches Verhalten wird unterschiedlich gedeutet, je nachdem, wer es zeigt
− Das Stereotyp als Vergleichsstandard verwenden
"Ganz gut für einen Mann" (Studie zur Beurteilung von Aufsätzen zu Männer- und Frauenthemen;
Biernat & Manis, 1994)
− Stereotyp-konsistente Reaktionen hervorrufen: Selbsterfüllende Prophezeiungen
Interaktion mit Fremdgruppenmitglied auf der Grundlage von Stereotypen
5.9 Die Kontakthypothese kennen und erläutern: Wie können Stereotypen und Vorurteile
durch Kontakt mit Fremdgruppenmitgliedern reduziert werden? Welche Hindernisse, die
der Stereotypenänderung im Wege stehen, können durch welche Aspekte der
Kontaktsituation überwunden werden?
− Kontakthypothese (Allport, 1954)
Unter geeigneten Bedingungen führt Kontakt zwischen Mitgliedern verschiedener Gruppen zur Reduktion
von Vorurteilen.
− Bedingungen:
Institutionelle Unterstützung / Norm der Toleranz
Möglichkeit des persönlichen Kennenlernens
− Statusgleichheit
− Kooperation
Ergebnisse in der Empirie belegen die Bedeutung der von Allport beschriebenen Bedingungen; aber:
Effekte oft gering und von kurzer Dauer
Hauptproblem: Generalisierung
− Herstellung der "geeigneten Bedingungen" im Alltag oft unmöglich, politisch-historische Situation
entscheidend (z.B. Nordirland, Südafrika)
− Generalisierung der geänderten Einstellungen zu individuellen Fremdgruppenmitgliedern auf die
Fremdgruppe als Ganze ist fraglich:
Die Personen, mit denen man Kontakt hat, werden oft als "Ausnahmen von der Regel" angesehen –
Problem der Unterkategorisierung ("subtyping")
−
−
−
−
5.10 Drei konkurrierende Ansätze kennen, wie durch Kontakt eine Generalisierung
positiver Erfahrungen mit einem Fremdgruppenmitglied auf dessen gesamte Gruppe
erreicht werden kann.
1. Dekategorisierung
− Dekategorisierungs-Ansatz (Brewer & Miller, 1984): Augenfälligkeit sozialer Kategorien minimieren!
− These: Wiederholter kooperativer (etc.) Kontakt mit FG-Mitgliedern auf interpersoneller Ebene unterminiert
Relevanz des FG-Stereotyps => andere werden nicht mehr als Gruppenmitglieder, sondern als Individuen
beurteilt.
− Evidenz:
Experiment: Personalisierter Kontakt hat Effekte auf Beurteilung anderer Individuen aus der FG (Miller,
Brewer & Edwards, 1985)
Umfragestudien ("Eurobarometer"): Freundschaften mit FG-Mitgliedern positiv korreliert mit Einstellungen
gegenüber ImmigrantInnen aus derselben FG; Generalisierung auf Einstellungen zu Mitgliedern anderer
FGn, reduzierter Nationalstolz (Pettigrew: "Deprovinzialisierung")
2. Rekategorisierung
− Modell der "gemeinsamen Eigengruppen-Identität" (Gaertner & Dovidio, 2000):
Aus zwei Gruppen eine machen!
− These: Schaffung einer neuen, übergeordneten EG-Identität
=> andere werden nicht mehr als FG-Mitglieder, sondern als EG-Mitglieder beurteilt.
− Evidenz:
Experiment: Betonung einer gemeinsamen Gruppenidentität + Kooperation führt zu positiverer Beurteilung
der FG-Mitglieder; Effekt vermittelt über Wahrnehmung als eine Gruppe (Gaertner et al., 1990)
Umfragestudien: unterstützende korrelative Befunde u.a. bei SchülerInnen einer multiethnischen Schule;
oder bei Bankangestellten nach einer Fusion
 Problem beider Modelle: Dekategorisierung bzw. Rekategorisierung ist kaum über längere Zeit aufrecht zu
erhalten
− Warum?
Personen streben nach "optimaler Distinktheit" ihrer sozialen Identität (Brewer, 1991) => Vorliebe für
Selbstkategorisierung auf mittlerer Ebene
soziale Struktur unterstützt die alten Kategoriengrenzen (z.B. segregiertes Wohnen)
3. wechselseitige Differenzierung
− Alternative: Modell der "wechselseitigen Differenzierung" (Hewstone & Brown, 1986): Gestaltung der
Kontaktsituation als Intergruppen-Situation!
− These: Kooperation bei hoher Augenfälligkeit der ursprünglichen Kategorien
=> Entstehung positiver (statt negativer) Interdependenz; insbesondere Generalisierung wird erleichtert.
− Evidenz:
Brown & Wade (1987): Positivere Effekte einer kooperativen Aufgabe, wenn Mitglieder verschiedener
Gruppen auch unterschiedliche Rollen übernehmen / Teilaufgaben bearbeiten
Konsistent hiermit auch Wilder (1984): Kontakt erfolgreicher, wenn andere Person als typisches Mitglied
der FG angesehen wird
5.11 Die drei Teilstudien der Schlüsseluntersuchung von Wilder (1984) zum Thema
"Generalisierung von Kontakterfahrungen" genau kennen und diskutieren:
Fragestellungen, Designs, abhängige Variablen, Hypothesen, wesentliche Befunde.
5.12 Die Lernziele zu 5 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Wir konstruieren Eindrücke von sozialen Gruppen auf der Grundlage von Interaktionen mit deren
Mitgliedern und durch Lernen von anderen.
− Universalität sozialer Einflüsse
Diese Interaktionen und Lernprozesse werden von Kultur und Gesellschaft geprägt.
−
−
−
−
Motiv der Kontrolle
Stereotypen spiegeln soziale Erfahrungen wider.
Motiv der Verbindung mit anderen
Wir übernehmen die Stereotypen der Mitglieder unserer eigenen Gruppen.
Konservatismus
Stereotypen festigen sich selbst, indem sie unser Denken und Handeln beeinflussen. Stereotypen sind nur
schwer zu ändern.
Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Stereotypen üben bei oberflächlicher Verarbeitung einen starken, oft unbewussten Einfluss aus; sie
können aber auch wohlüberlegte Urteile durch Selektivität der Verarbeitung verzerren.
Kapitel 6: Soziale Identität
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 6 komplett; Vorlesungsfolien; keine Schlüsselstudie.
6.1 Die Begriffe Selbstkategorisierung und soziale Identität definieren; die Grundannahme
der Theorie der sozialen Identität erläutern.
− Selbstkategorisierung:
Person sieht sich selbst als Mitglied einer sozialen Gruppe (anstatt als einzigartiges Individuum).
− Soziale Identität:
Aspekte des Selbstkonzepts, die sich aus dem Wissen einer Person über seine Mitgliedschaft in
bestimmten sozialen Gruppen und den damit verbundenen Gefühlen und Bewertungen ergeben.
− Theorie der sozialen Identität (Social Identity Theory = SIT; Tajfel):
Personen sind motiviert, aus ihren Gruppenmitgliedschaften positiven Selbstwert zu ziehen.
 "Valuing me and mine" (mine = meine Gruppe)
6.2 Erläutern, wie Personen Informationen über ihre Eigengruppen lernen und welche
Faktoren dazu beitragen, dass eine bestimmte Gruppenmitgliedschaft in einer Situation
augenfällig wird und sich auf Denken, Fühlen und Verhalten auswirkt.
− Lernen über die eigene Gruppe
− Ähnliche Informationsquellen wie beim Lernen von Stereotypen über Fremdgruppen: Eltern, Lehrer,
Medien...
− Wichtigste Informationsquelle: Andere Gruppenmitglieder und deren Verhalten
− Gruppenmitgliedschaften definieren bestimmte Rollen; diese beeinflussen über Lernerfahrungen das
Selbstbild einer Person.
− Zugänglichkeit von Gruppenmitgliedschaften
− Gruppenmitgliedschaft wirkt sich in einer Situation nur aus, wenn sie augenfällig und damit kognitiv
zugänglich ist.
− Quellen der Zugänglichkeit:
− Direkte Hinweise: Berufsbezeichnungen; Namen; Akzent; Uniformen...
− Anwesenheit von Fremdgruppenmitgliedern
− Minoritätsstatus, z.B. Geschlechterverteilung in der Familie (McGuire et al., 1979: Studie mit TenStatements-Test)
− Konflikt / Rivalität
− Kultur: Kollektivismus <-> Individualismus
− Persönlichkeitsunterschiede (= chronische Zugänglichkeit; vgl. Selbstschemata)
6.3 Erläutern, wie sich soziale Kategorisierung der eigenen Person auswirkt auf:
(a) die Definition des Selbst,
(b) Wahrnehmung, Bewertung und Verhalten gegenüber der Eigengruppe sowie
(c) Wahrnehmung und Behandlung der Fremdgruppe. [wichtige Begriffe: BIRG,
linguistische Eigengruppen-Favorisierung, Fremdgruppen-Homogenitätseffekt]
(a) das Selbst
− Charakteristika der Gruppe werden zu Standards für eigenes Verhalten
− Carli (1990): Frauen sprechen bei Anwesenheit von Männern zurückhaltender als in rein weiblichen
Gruppen.
− Soziale Identität -> Selbstwertgefühl / stellvertretende Emotionen
− Freudenfeste, wenn "wir" bei der Fußballweltmeisterschaft gewinnen
− Betonung positiver sozialer Identitäten: "BIRGing" (Cialdini et al., 1976)
BIRGing: (bask in reflected gloy) gemeinsame positive Identitäten werden genutzt, um den eigenen
Selbstwert zu eröhen
− Individualität vs. Verbundenheit mit anderen
− Wir wollen beides: Individuell sein und "dazugehören"
− Gruppenmitgliedschaft kann beide Motive befriedigen: Unterschiede zu Fremdgruppenmitgliedern
betonen die eigene Individualität; Ähnlichkeiten mit Eigengruppenmitgliedern betonen Verbundenheit.
Relativ kleine Gruppen bieten die beste Balance zwischen den Motiven (Brewer, 1991: "optimal
distinctiveness").
(b) Soziale Kategorisierung und die Eigengruppe
− Wahrnehmung von EG-Mitgliedern
− Betonung von Ähnlichkeiten
− Aber auch Gelegenheit zum Kennenlernen individueller Merkmale, denn unsere individuellen
Merkmale helfen, einen Platz innerhalb der Gruppe für uns zu finden
− Sympathie für EG-Mitglieder
− Positivere Bewertung von Leistungen
− Der Begriff "Wir" allein weckt positive Assoziationen (z.B. in Priming-Aufgaben: "we" vs. "they" als
Primes)
− Vor allem typische Mitglieder der EG werden gemocht
− Fairness und Altruismus gegenüber EG-Mitgliedern
− Individuen bringen individuelle Opfer für die Gruppe
− Hilfe für Verwandte und andere Mitglieder der EG kann auch biologisch adaptiv sein (s. Archer, 2002).
− Wenn Menschen die Welt durch ihre Gruppe wahrnehmen, verwischen die Unterschiede zwischen
Dingen, die gut für einen selbst sind und Dingen, die gut für die Gruppe sind.
(c) Wahrnehmung und Behandlung der Fremdgruppe
− Linguistische Eigengruppen-Favorisierung ("linguistic ingroup bias")
− Positive Handlungen der EG / negative Handlungen der FG: abstrakte, interpretierende Sprache
(Zustandsverben, Adjektive)
− Positive Handlungen der FG / negative Handlungen der EG: konkrete, wenig interpretierende Sprache
(Handlungsverben)
− Fremdgruppen-Homogenitätseffekt
Wahrnehmung der Fremdgruppe als homogen: "Die sind alle gleich".
− Weniger Wissen über Fremdgruppenmitglieder.
− Interaktionen mit FG-Mitgliedern sind weniger variabel.
− Fokus auf Unterschieden zwischen Selbst und anderen innerhalb der EG.
− Anwendungsbeispiel: "cross-race identification bias" (Platz & Hosch, 1988)
Gesicher von Mitgliedern der eigenen ethnischen Gruppe können besser erinnert werden als von
anderen ethnischen Gruppen, außerdem passieren bei anderen Gruppen mehr Fehler bei der
Identifikation (wenn ein angeblicher Dieb in einem Geschäft identifiziert werden soll)
− out-group-homogeneity effect: die Tendenz, Fremdgruppen als wesentlich mehr homogen anzusehen
als die Eigengruppe
−
6.4 Die minimale Intergruppensituation beschreiben, ihre Effekte anhand von
Forschungsbeispielen erläutern und die Befunde kritisch diskutieren.
− Die "minimale Intergruppensituation" (Tajfel et al., 1971)
− Bildung von 2 "Gruppen" nach willkürlichen Kriterien (z.B. nach angeblichen Präferenzen für abstrakte
Maler); tatsächlich nach Zufall
− keine Interaktion zwischen Vpn; völlige Anonymität
− AV: Anonym Geld verteilen an anonyme andere, von denen nur die Gruppenzugehörigkeit bekannt ist
− Aufgabe ist so angelegt, dass relative Favorisierung der EG im Widerspruch steht zu anderen Zielen
(z.B. Fairness oder Maximierung des Gesamtgewinns oder Maximierung der absoluten Auszahlung an
EG-Mitglieder)
− Methode: Auszahlungsmatrizen
− Forschungsbeispiel: Billig & Tajfel (1973)
− In bisherigen Studien hatte sich EG-Favorisierung gezeigt, sogar auf Kosten der Maximierung
absoluter Gewinne. Allerdings waren die Gruppen immer nach Ähnlichkeit gebildet worden.
− Frage: genügt auch eine völlig willkürliche Kategorisierung ("Gruppe X" und "Gruppe W"), um diesen
Effekt zu zeigen?
−
−
−
Design: 2 x 2 mit den Faktoren:
Kategorisierung (ja / nein): Versuchsleiter erwähnt Einteilung in "Gruppen" oder nicht,
Ähnlichkeit (ja / nein): Kriterium sind angebliche Präferenzen für Maler (Klee, Kandinsky) oder explizit
der Zufall.
Ergebnis: Kategorisierung ist allein hinreichend, um Diskriminierung zu bewirken.
(Weiterer Befund: Fairness ist in allen Bedingungen ein bedeutsamer Faktor.)
Erklärung nach Tajfel: Motiv zur Herstellung positiver Distinktheit der EG
(= "valuing me and mine"; Grundannahme der Social Identity Theory).
− Auf EG-Favorisierung durch Diskriminierung folgt häufig erhöhtes Selbstwertgefühl (Hewstone,
Rubin & Willis, 2002).
− Effekt besonders deutlich nach Selbstwertbedrohung.
− Vielleicht ist die "minimale" Intergruppensituation selbst bedrohlich? (Lemyre & Smith, 1985)
− Effekt ist beschränkt auf Favorisierung der EG bei Zuteilung von Belohnungen; tritt nicht auf bei
Zuteilung von negativen Sanktionen (Mummendey & Otten, 1998).
− Für negative Handlungen gegen eine Fremdgruppe sind offenbar weitere Bedingungen
notwendig: Konflikt, wahrgenommene Benachteiligung.
6.5 Bedingungen und Erscheinungsformen intensiverer Fremdgruppendiskriminierung und
der Feindseligkeit gegenüber Fremdgruppen kennen.
− Intensive Aggression, Gewaltverbrechen aus Hass, Völkermord gehen oft einher mit der Wahrnehmung
einer Bedrohung der Eigengruppe.
− Reaktion: Überhöhung der EG-Geschichte, von EG-Symbolen (Flagge; "our way of life")
− Übertragung von EG-Normen und -Werten auf die FG
Deren "Nichteinhaltung" dieser Werte gilt dann als "Beweis" für Minderwertigkeit und als Rechtfertigung für
Gewalt.
− Jüngere historische Beispiele: Jugoslawien, Ruanda, Sudan…
− Moralischer Ausschluss
− FG-Mitglieder werden als außerhalb der menschlichen Gesellschaft angesehen, so dass Normen der
Fairness und Moral für sie nicht gelten.
− Subjektive Rechtfertigung für extreme Diskriminierung, Ausbeutung, Gewalt, Genozid ("Endlösung";
"ethnische Säuberung").
− Persönliche Verantwortung wird auf das Gemeinwohl der Eigengruppe als Quelle höherer moralischer
Autorität abgegeben.
6.6 Effekte der Mitgliedschaft in negativ bewerteten Gruppen erläutern: "stereotype threat"
und vermindertes Selbstwertgefühl.
− Mitgliedschaft in stigmatisierter (negativ bewerteter) Gruppe hat negative Effekte.
− Leistungsverschlechterung
− Bedrohung des Selbstwertgefühls
− "Stereotype threat"
− Leistungsverschlechterung aufgrund des Wissens, dass andere die EG negativ stereotypisieren
(Steele & Aronson, 1995)
-> aus Angst, die den negativen Stereotyp zu bestätigen: Self-fulfilling-prophecy
− Bleibt aus, wenn Gruppenmitgliedschaft nicht augenfällig, oder bei möglicher externer Erklärung für
Misserfolg.
− Selbstwertgefühl wird von negativer Bewertung der EG beeinflusst
− Für Mitglieder stigmatisierter Gruppen ist es oft schwierig, ein positives Selbstbild aufzubauen und zu
erhalten.
− Risikofaktor für Depression bei schwarzen Studierenden: "kollektiver (= gruppenbezogener)
Selbstwert; zum Vergleich bei Weißen Studierenden: individueller Selbstwert (Luhtanen & Crocker,
1992).
6.7 Erläutern, wie Personen auf solche negativen Gruppenmitgliedschaften reagieren
durch:
(a) Verteidigung des individuellen Selbstwerts,
(b) Strategien der individuellen Mobilität,
(c) soziale Krativität oder
(d) sozialen Wandel.
Bedingungen für die Wahl zwischen diesen Strategien kennen.
(a) Verteidigung des individuellen Selbstwerts
− Misserfolg oder soziale Zurückweisung auf die Vorurteile anderer attribuieren.
− Nachteil: Verhindert realistische Selbsteinschätzung und -verbesserung nach negativer Rückmeldung.
− Impliziert Mangel an eigener Kontrolle.
− Kann dazu führen, dass eine Person auch positiver Rückmeldung nicht mehr glaubt.
− Intra-Gruppen-Vergleiche
− eine Person vergleicht sich mit anderen Mitgliedern der stigmatisierten Gruppe anstatt mit Mitgliedern
der Mehrheit.
− Vorteile: höherer Selbstwert, wenn man auch mal erfolgreicher als andere ist und außerdem Freude
darüber, wenn jemand aus der EG besonders erfolgreich ist, weil dann die Gruppe als Ganze (und
damit auch man selbst) positiver da steht.
(b) Individuelle Mobilität
− Der negativen Gruppenmitgliedschaft entfliehen (entweder physisch oder psychisch)
Zwei Strategien:
− De-Identifizierung (= Erhöhung der psychologischen Distanz zur Gruppe)
− Symbole der Gruppenmitgliedschaft vermeiden
− schlechte Leistung anderer Gruppenmitglieder kritisieren ("black sheep effect")
− sich als untypisches Gruppenmitglied sehen
"Obwohl meine Gruppe diskriminiert wird, betrifft mich das nicht persönlich."
− Alle obigen Strategien präferiert von Personen mit geringer Gruppen-Identifikation.
− Dissoziation (= tatsächlicher Austritt aus der Gruppe)
− Gruppenzugehörigkeit verbergen; sich der Mehrheit anpassen
z.B. Wechsel des Namens oder der Religion; Vorspielen einer heterosexuellen Orientierung
− Nachteile: Furcht vor Entdeckung und Aufgabe der Möglichkeit, andere zu beeinflussen
(c) Soziale Kreativität
− Die Gruppen-mitgliedschaft als positiv umdefinieren
− Betonung alternativer Vergleichsdimensionen, auf denen die stigmatisierte Gruppe glänzen kann. ("Black
is beautiful".)
− Gruppen mit niedrigerem Status werden oft als faul, ungebildet, inkompetent angesehen; sehen sich
selbst aber als gastfreundlich, herzlich, gesellig, musikalisch… .
− Wird oft benutzt, wenn die Gruppe fest ist und Zugehörigkeit schwer oder gar nicht geändert werden kann,
bzw. offensichtlich ist und nicht verborgen werden kann (z.B. Hautfarbe)
− Dies kann Selbstwert erhöhen, stellt aber bestehende soziale Hierarchien nicht in Frage oder unterstützt
sie sogar.
− Kann nicht langfristig die Position der Gruppe in der Gesellschaft verändern.
(d) Sozialer Wandel:
− Den Intergruppen-Kontext verändern
− Versuch, die soziale Situation der EG zu verbessern
− Bevorzugt von Personen, die…
− sich stark mit ihrer Gruppe identifizieren
− individuelle Mobilität als schwierig oder unmöglich betrachten
− Veränderung für möglich halten
− Sozialer Wettbewerb: Einsatz direkter Aktionen, um die Situation der EG zu verbessern
− z.B. Arbeiterbewegung; Frauenbewegung
− Bedroht Vorrechte privilegierter Gruppen; stößt auf Widerstand
Rekategorisierung: Die EG neu definieren
− Neue "Überkreuz-Kategorisierungen" betonen, um den Blick auf die ursprünglichen
Gruppenmitgliedschaften zu reduzieren.
− Nachteil: Führt zu einer Neuausrichtung der Vorurteile gegen Personen mit mehrfachen negativen
Gruppen-mitgliedschaften. (Überkreuz-Kategorisierung ist z.B. gut für Männer in untergeordneten
Positionen und Frauen in Führungspositionen, aber schlecht für Frauen in untergeordneten
Positionen.)
− Neue, umfassendere Gruppen aus bestehenden bilden.
Wie wirksam die verschiedenen Strategien zur Verbesserung der Situation einer stigmatisierten Gruppe sind,
hängt von folgenden Bedingungen ab:
− Gruppengröße
− Leichtigkeit des Verbergens der Gruppenzugehörigkeit
− Persönliche Bedeutsamkeit der Gruppenmitgliedschaft
− Bei hoher Identifikation mit der Gruppe ist individuelle Mobilität weniger wahrscheinlich.
− Wenn Mobilität möglich, wird diese Strategie normalerweise der sozialen Kreativität oder sozialem Wandel
vorgezogen.
−
6.8 Vor- und Nachteile einer "Strategie der Farbenblindheit" kennen.
− Ignorieren von Gruppenunterschieden, um ihre Bedeutung zu mindern.
− Vorteil: Stattdessen "reines Leistungsprinzip"
− Nicht immer effektiv zur Reduktion von Vorurteilen (Park & Judd, 2005).
− Nachteile:
− Behindert den Erwerb von Wissen über bedeutsame kulturelle Unterschiede
− Leugnet den Wert unterschiedlicher Traditionen, v.a. von Minderheiten und stigmatisierten Gruppen.
− Kann als Zwang zur Anpassung an die Normen der Mehrheit verstanden werden.
6.9 Die Lernziele zu 6 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Soziale Konstruktion der Realität
Wir konstruieren unser Selbstkonzept auf der Grundlage unseres Wissens über die Gruppen, denen wir
angehören, und indem wir uns von anderen Gruppen abgrenzen.
− Universalität sozialer Einflüsse
Durch diesen Konstruktionsprozess unterliegt sogar der Kernbereich der Identität sozialen Einflüssen.
−
−
−
−
−
Motiv der Verbindung mit anderen
Gruppenmitgliedschaften, die wir mit anderen teilen, sind für uns wertvoll.
Motiv der Selbstwerterhöhung
Wir bewerten Gruppen, denen wir angehören, positiv; dies trägt zur Erhöhung unseres Selbstwerts bei.
Zugänglichkeit
Hinweisreize machen bestimmte Gruppenmitglied-schaften augenfällig.
Deren kognitive Zugänglichkeit beeinflusst die Selbstkategorisierung in der jeweiligen Situation.
Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
spielen in der Forschung zur sozialen Identität bisher eine geringe Rolle.
Konservatismus
Gruppengrenzen sind oft wenig oder gar nicht durchlässig. Dies erschwert soziale Mobilität.
Kapitel 7: Einstellungen und Einstellungsänderung
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 7 ohne Abschnitt "Subliminal Persuasion" (pp. 262-265);
Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Petty, Cacioppo & Goldman (1981).
7.1 "Einstellung" definieren und die Bedeutung dieses Konstrukts für die Sozialpsychologie
erläutern.
− Definition: Kognitive Representation, welche die Bewertung eines Gegenstandes zusammenfasst
− Was wird zusammengefasst? => Fragen nach kognitiver Struktur
− Was ist ein Einstellungsgegenstand? => prinzipiell alles, was eine Person wahrnimmt oder im Sinn
hat, z.B. Personen, Gruppen, Dinge, Sachverhalte...
− Gordon Allport (1935): "Attitudes are probably the most distinctive and indispensable concept in
contemporary social psychology".
=> Warum?
− Einstellungen beeinflussen Wahrnehmung, Denken und Verhalten
− Einstellungen sind wichtig für soziale Interaktion (-> Einstellungs-Funktionen)
− Einstellungsforschung vielleicht größtes Teilgebiet der Sozialpsychologie.
− Schwerpunkte: Determinanten und Auswirkungen von Einstellungen (Schema nach Eagly, 1992):
7.2 Verschiedene Funktionen von Einstellungen erläutern; die Matching-Hypothese an
einem Beispiel erklären.
− Eng verknüpft mit grundlegenden Motiven
− "mastery": Wissensfunktion oder utilitaristische Funktion
− Verbindung mit anderen: soziale Identitätsfunktion
− "valuing me and mine": wertexpressive Funktion ("mine" = meine Werte)
− Multiple Einstellungen zu einem Objekt (je nach aktuell zugänglicher Funktion)?
− Matching-Hypothese
− Bei Einflussversuch "passende" Funktion ansprechen
− Beispiel: kulturelle Einflüsse auf Werbe-Slogans
7.3 Aspekte der Struktur von Einstellungen kennen und erläutern, nach welchen Prinzipien
diese zu einer Gesamtbewertung integriert werden.
− Repräsentation des Einstellungsgegenstandes und seiner Bewertung + unterstützende Wissensstruktur
(Pratkanis, 1989)
− Dreikomponentenmodell (z.B. Breckler, 1984)
− elementare Kognitionen = "beliefs"
− Polarität: unipolar oder bipolar?
− Prinzipien bei der Zusammenfassung von Information zu einer Gesamtbewertung
− Konsistenz
− Höhere Gewichtung negativer Information
− Zugänglichkeit
− Dreikomponentenmodell
7.4 Verschiedene direkte und indirekte Verfahren der Einstellungsmessung beschreiben
und deren jeweilige Vor- und Nachteile kennen.
Direkte Verfahren oder Selbstberichtskalen
− Likert-Skalen
− Semantisches Differential
− Ein-Item-Skalen
− Items einer Likert-Skala zur Erfassung sexistischer Einstellungen
(Deutsche Fassung (Bohner, 1998) der Neosexism Scale (Tougas et al., 1995))
− Die Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz ist in der Bundesrepublik kein Problem mehr.
lehne völlig ab 1 2 3 4 5 6 7 stimme völlig zu
− *Meiner Meinung nach benachteiligt die jetzige Beschäftigungspolitik Frauen.
− Es ist schwierig, für eine weibliche Vorgesetzte zu arbeiten.
− Frauen sollten sich nicht in Arbeitsbereiche drängen, in denen sie unerwünscht sind.
− *In einem gerechten Beschäftigungssystem würde das Geschlecht einer Person (z.B. für Einstellung
und Beförderung) keine Rolle spielen.
Anm.: Items mit * sind bei der Analyse umzupolen.
Vorteile direkter Verfahren
− ökonomisch
− inhaltsvalide
Nachteile direkter Verfahren
− motivierte Verzerrungen möglich ("guten Eindruck machen"; "konsistent erscheinen")
− Person ist nicht immer in der Lage, ihre Einstellung zu berichten (unbewusste Einstellungen)
−
−
−
Indirekte Verfahren (nonreaktive, implizite Maße)
− "Verdeckte" Selbstberichtverfahren (z.B. "name-letter effect"; Nuttin, 1985; Hodson & Olson, 2005)
− Priming und Reaktionslatenz (z.B. Fazio et al., 1986)
− Physiologische Verfahren (z.B. EMG; Cacioppo et al., 1994)
− Implicit Association Test (IAT; Greenwald et al., 1998)
− Vorteile indirekter Verfahren
− besser abgesichert gegen willentliche Verfälschung
− geeignet zur Erfassung unbewusster (Anteile von) Einstellungen
− Nachteile indirekter Verfahren
− oft hoher apparativer Aufwand
− Validität? Was genau wird gemessen? (Kritik v.a. am IAT und verwandten Verfahren)
Gibt es die eine "wahre" Einstellung?
Nein: Implizite und explizite Maße erfassen unterschied-liche Aspekte einer Einstellung; ergänzen einander.
7.5 Den Begriff der Persuasion erläutern; verschiedene Persuasionsprozesse nennen, die
oberflächliche bzw. systematische Verarbeitung erfordern, und jeweils anhand von
Forschungsbeispielen erläutern.
− Persuasion
= Einstellungsänderung als Folge von Informationsverarbeitung, meist in Reaktion auf eine Botschaft
− Persuasion kann durch oberflächliche oder intensive Verarbeitung erfolgen.
− Prozesse, die geringen Aufwand erfordern:
− Konditionierung (z.B. Walther, 2002)
− Stimmungen als Informationsquelle (z.B. Schwarz & Clore, 1983)
− Heuristische Verarbeitung (Effekte von Vertrautheit, Sympathie, sozialem Konsens…)
− Prozesse, die hohen Aufwand erfordern:
− systematische Verarbeitung
−
Verarbeitungsschritte: Auf die Botschaft aufmerksam werden – den Inhalt verstehen – sich eigene
Gedanken machen (= Elaboration – die Position der Botschaft übernehmen
7.6 Die Verarbeitungsschritte und Konsequenzen systematischer Verarbeitung kennen.
7.7 Grundannahmen der Zweiprozessmodelle der Persuasion darstellen:
Verarbeitungskontinuum; zwei idealtypische Prozesse; Variablentypen; Faktoren, welche
den Verarbeitungsaufwand beeinflussen (Motivation, Kapazität, Persönlichkeit).
− Zweiprozessmodelle integrieren Prozesse mit geringem Aufwand und solche mit hohem Aufwand:
− Elaboration Likelihood Model (Richard Petty)
− Heuristic-Systematic Model (Shelly Chaiken)
− Grundannahmen in ELM-Terminologie:
− Kontinuum der der "Elaborationswahrscheinlichkeit" (EL) mit zwei idealtypischen Prozessen:
periphere und zentrale Route
− EL hängt ab von: Motivation und Kapazität.
− Bei peripherer Verarbeitung bestimmen einfache Hinweisreize die Einstellung; bei zentraler
Verarbeitung die Qualität der präsentierten Argumente.
− Zentrale Verarbeitung ist über kognitive Reaktionen vermittelt.
− Heuristic-Systematic-Model
−
7.8 Die Schlüsselstudie von Petty, Cacioppo und Goldman (1981) zum ELM genau
kennen: Hypothesen, Design, abhängige Variablen, Versuchsablauf, wesentliche Befunde.
7.9 Die verschiedenen Arten kennen, in denen Stimmungen und Emotionen die
Verarbeitung persuasiver Botschaften beeinflussen kann.
− positive Emotionen:
− wenn man sich gut fühlt, wird oft eher oberflächlich verarbeitet
− eine gute Stimmung lässt Menschen selbstsicher fühlen was ihnen sagt, das eine Situation keine
Gefahren für sie birgt und sie anscheinend einen guten Job machen mit dem Prozess den sie gerade
ausführen (hier also oberflächlich) – Schwarz, Bless & Bohner 1991
− man kann Leute aber bei positiven Emotionen auch zu tieferer Verarbeitung bringen: z.B. wenn man
sie glauben lässt dass ihre gute Laune zeigt, wie sehr sie eine Aufgabe genießen (anstatt sich nur ok
mit ihr zu fühlen) oder wenn sie denken, dass eine bestimmte Information sie in eine gute Laune
bringen oder diese Aufrecht erhalten kann, denken sie über das Material mehr nach
− negative Emotionen:
− der entscheidende Faktor hier ist vor allem Angst als negative Emotion: entscheidend für die
Verarbeitungstiefe ist der Grad von Angst, der induziert oder angesprochen wird.
− Die richtige Menge Angst kann Motivation (mastery, connectedness und valuing me and mine)
anregen damit Leute Aufmerksamkeit zeigen, zu viel oder zu wenig führt allerdings zum Gegenteil
− Ängstlichkeit führt also dazu das Menschen tiefer verarbeiten solange die Angst nich zu groß wird
und es den Leuten zu schwer fällt sich noch auf etwas zu konzentrieren
− Beispiele sind hier verschiedene Ansätze in der Werbung, z.B. mit dem Rauchen aufzuhören
− andere Emotionen, die Einfluss auf die Verarbeitungstiefe haben sind Schuld: ein mittlerer Level
von Schuld kann dazu führen, dass wir eher Botschaften akzeptieren die Idenn produzieren oder
Lösungen dagegen anbieten, allerdings kommt es auch hier wieder auf die richtige Dosierung an:
wenn eine Werbung zu stark auf Schuld anspielt, kann die Stimmung in Wut oder Ärger umschlagen
und das Gegenteil des intendierten Effekts bewirken.
− sowohl positive als auch negative Stimmungen könnten mit Einstellungen und deren Änderungen
interferieren, abhängig von den motivationalen und kapazitären Konsequenzen in den jeweiligen
Umständen
7.10 Verschiedene Prozesse erläutern, die zum Widerstand gegen Persuasion beitragen:
Selektive Aufmerksamkeit, verzerrte Verarbeitung (Studie von Lord, Ross & Lepper, 1979),
McGuires "Inoculation"-Ansatz.
− zwei verschiedene Prozesse tragen dazu bei, dass wir Persuasion widerstehen, denn wenn wir erstmal
unsere Einstellung zu etwas haben ist es schwer, diese wieder zu ändern (Konservatismus)
−
wir versuchen Informationen zu ignorieren, die unsere Einstellung in Frage stellen und nur
Informationen zu beachten, die unsere Einstellung unterstützen. Einstelleung erzeugen eine
Voreingenommenheit, die Verzerrung hervorruft und uns einstellungskonforme Meinungen
favorisieren und ihr widersprechende kritisieren lässt.
−
ein Weg davon ist assimilation: Information, die der eigenen Einstellung ähnelt wird
oft so gesehen, dass sie ihr genau entspricht
−
das Gegenteil davon ist Kontrast: Information, die der eingenen Einstellung
widerspricht wird oft noch unterschiedlicher von der eigenen Meinung gesehen als es schon ist
4. Einstellungen können außerdem Verzerrung hervorrufen indem sie die Verarbeitungstiefe
beeinflussen. Wir denken mehr darüber nach, wenn wir Argumente für die gegenteilige Position
bekommen, um sie möglicherweise widerlegen zu können.
−
Wenn wir also verschiedene Informationen für und gegen unsere Einstellung
bekommen, merken wir uns vor allem die starken Argumente unserer eigenen Einstellung und die
schwachen Argumente der gegenüberliegenden Meinung.
Diesen Ansatz bestätigten Lord, Ross & Lepper in einer Studie: Sie ließen Studierende, die
entweder für oder gegen die Todesstrafe waren zwei Studien lesen, von denen eine zeigte, dass
die Todesstrafe die Raten von Verbrechen senkt und die andere der ersten widersprach und
zeigte, das warum Todesstrafe nicht sinnvoll ist. Beide Studien hatte einige starke Punkte aber
auch einige Schwachstellen. Im Ergebnis zeigte sich, dass beide Gruppen die Studie, die ihre
−
eigene Einstellung wiederspiegelte als überzeugender bewerteten. Sie bevorzugten
unterstützende Informationen, indem sie sie uneingeschränkt glaubten während sie durch eigenes
Nachdenken die gegenteilige Studie kritisierten und hinterfragten.
−
Wenn wir zusätzlich noch erwarten, dass wir möglicherweise in unserer Einstellung
herausgefordert werden und wissen, dass andere sie in Frage stellen werden, so dass wir uns
darauf vorbereiten können ist es noch schwerer uns zu überzeugen
McGuires Inoculation-Ansatz
Willam McGuire stellte 1964 die Theorie auf, dass der beste Weg um Persuasion zu widerstehen
regelmäßiges Üben von Widerstand gegen mögliche Angriffe auf die Einstellung ist. Dabei zog er einen
Vergleich zu medizinischer Impfung (auf Englisch: Inoculation). Dabei zog er eine Analogie von der
schwachen Dosis des Erregers, der im Blut Antikörper hervorruft zu Persuasion: laut McGuire kann
„Immunität“ gegen Argumente auf die gleiche Weise erlangt werden.
− In einer Studie (von McAlister et al.) wurden deshalb Schüler mit Rollenspielen in
der siebten und achten Klasse gegenüber älteren Schülern dazu gebracht zu üben,
Gegenargumente gegen Rauchen anzubringen, wenn dies älteren sie davon
überzeugen wollten mit ihnen zu Rauchen (group pressure). In den nächsten
Jahren fingen diese Schüler tatsächlich seltener an zu Rauchen als Schüler in der
Kontrollgruppe ohne das Training.
7.11 Die Lernziele zu 7 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Wir konstruieren Einstellungen aus kognitiven Überzeugungen, Gefühlen und Verhaltenserfahrungen.
− Universalität sozialer Einflüsse
Bei der Einstellungsbildung und -änderung spielen persuasive Botschaften von anderen eine
entscheidende Rolle.
−
−
−
−
−
Motiv der Kontrolle
Einstellungen helfen uns, die Welt zu interpretieren und positive Handlungsergebnisse zu erreichen.
Motiv der Verbindung mit anderen
Einstellungen helfen uns dabei, unsere Werte und unsere Zugehörigkeit zu Gruppen auszudrücken.
Konservatismus
Einstellungen beeinflussen unsere Interpretation neuer Information -> Bestätigung der Einstellung.
Tiefgreifende und dauerhafte Einstellungsänderung (zentral bzw. systematisch) erfordert hohen Aufwand
und ist daher eher selten.
Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Kernannahme der Zweiprozesstheorien: Persuasion erfolgt aufgrund oberflächlicher oder systematischer
Verarbeitung.
Zugänglichkeit
Zentrales Prinzip, wenn geringer Verarbeitungsaufwand vorherrscht (z.B. bei der Aktivierung von
Heuristiken oder von Einstellungen).
Lernziele Sozialpsychologie Teil 2
Smith & Mackie (2007)
8. Einstellungen und Verhalten
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 8 ohne Abschnitte "The Processing Payoff: Justifying
Inconsistent Actions Creates Persistent Attitudes", “Dissonance Processes and Resisting
Media Influence” (pp. 284-285) und “Cultural Differences and Dissonance” (pp. 287289); Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Linder, Cooper & Jones (1967).
8.1 Beispiele dafür anführen, wie Verhalten bei oberflächlicher und bei systematischer
Verarbeitung Einstellungen beeinflussen kann.
Einfluss bei oberflächlicher Verarbeitung
− Einfache Muskelbewegungen "färben ab" auf Einstellungen
− Hebel ziehen => positivere Bewertung
Hebel drücken => negativere Bewertung
(z.B. Priester et al., 1996)
− mit dem Kopf nicken => positivere Bewertung
Kopf schütteln => negativere Bewertung
(z.B. Wells & Petty, 1980)
Leider habe ich nirgendwo im Buch oder den Folien Informationen bei systematischer Verarbeitung gefunden.
8.2 Die Grundidee der Selbstwahrnehmungstheorie kennen.
− P beobachtet das eigene Verhalten und die Umstände, in denen es ausgeführt wird => P erschließt daraus
die eigene Einstellung (Bem, 1967)
z.B.: Wer freiwillig eine Warenprobe akzeptiert, kommt zu dem Schluss, dass er das Produkt mag
− Umstände sind wichtig: Wenn ich jede Woche ins italienische Restaurant gehe, weil mein Chef dort
Besprechungen abhält, erschließe ich nicht, dass ich italienisches Essen mag
− Ähnlicher Prozess bei Selbstwahrnehmung wie bei Fremdwahrnehmung (vgl. Attributionstheorie)
8.3 Die “foot-in-the-door”-Technik anhand von Beispielen erläutern; erklären, warum
und unter welchen Bedingungen die Technik wirkt.
Bringe die Zielperson dazu, eine kleine positive Handlung gegenüber einem Einstellungsobjekt auszuführen
=> Einstellung wird positiver und Bereitschaft für aufwändigere Handlungen nimmt zu
− Freedman & Fraser (1966)
− Petition für "sicheres Autofahren" unterschreiben
− Erhöht die Wahrscheinlichkeit, ein großes, hässliches Schild im eigenen Vorgarten aufstellen zu
lassen
− Warum funktioniert das?
− Selbstwahrnehmung der eigenen Einstellung aufgrund der ersten, kleinen Handlung
− Erste Handlung muss "bedeutsam" sein
− Explizite Schlussfolgerung erhöht den Effekt
− Mindestmaß an Aufwand
− Erste Handlung muss als freiwillig wahrgenommen werden sonst externe Attribution
− Wann funktioniert es?
− Besser unter Bedingungen schneller, oberflächlicher Verarbeitung => Assoziation zwischen Handlung
und Einstellung
− Besser bei der Bildung neuer als bei der Änderung gut etablierter Einstellungen
− Taylor (1975)
− Studentinnen erhalten falsches Feedback über Herzrate beim Betrachten der Bilder möglicher DatingPartner
− Höhere Herzrate => mehr Sympathie …
... außer wenn die Versuchsperson annahm, die Männer tatsächlich zu treffen (was zu systematischer
Verarbeitung motivierte)
8.4 Die Grundannahmen der Theorie der kognitiven Dissonanz kennen; diese anhand
einer klassischen Studie von Festinger und Carlsmith (1959) illustrieren; vier Bedingungen
für das Auftreten von Dissonanz erläutern.
− Kognitive Dissonanz: Einstellungsänderung als Rechtfertigung für Verhalten
− Theorie von Leon Festinger (1957): Wenn Handlungen wichtigen Einstellungen widersprechen,
entsteht …
− Kognitive Dissonanz: Unangenehmer Zustand; Bewusstsein, dass "Kognitionen" (Überzeugungen,
Einstellungen, Handlungen) einander widersprechen
− Erzeugt eine Motivation, die Dissonanz zu reduzieren
− Ergebnis kann Einstellungsänderung sein
− Dissonanzreduktion
− Rechtfertigung inkonsistenten Verhaltens
− Aufwandsrechtfertigung ("effort justification")
− Rechtfertigung von Entscheidungen
− Rechtfertigung inkonsistenten Verhaltens
− Einstellungsänderung, so dass Einstellung und Verhalten wieder zusammenpassen
− Festinger & Carlsmith (1959):
Langweilige Aufgabe. Vp wird angehalten zu lügen, indem sie der "nächsten Vp" erzählt, die Aufgabe
sei spannend und lehrreich
− Vp erhält dafür $1 oder $20
Hohe Bezahlung als externe Rechtfertigung sollte Entstehung von Dissonanz verhindern
− AV: Bewertung der Aufgabe
− 4 Bedingungen für Dissonanz
− eine Person nimmt Inkonsistenz zwischen Einstellung und Handlung wahr
v.a. bei wichtigen, selbstrelevanten Einstellungen
− eine Person fühlt sich persönlich für Handlung verantwortlich
keine Attribution der Handlung auf externe Ursachen
− eine Person empfindet unangenehmen Erregungszustand
− eine Person attribuiert diesen Erregungszustand auf die Inkonsistenz
keine Attribution der Erregung auf externe Ursachen
8.5 Die Schlüsselstudie von Linder und Kollegen zur Rolle der Entscheidungsfreiheit bei
der Entstehung von Dissonanz im Detail kennen (Ausgangsfrage, Hypothesen,
Design, abhängige Variable, Befunde).
8.6 Die Phänomene der Aufwandsrechtfertigung und der Rechtfertigung von
Entscheidungen dissonanztheoretisch interpretieren.
− Aufwandsrechtfertigung
− Wenn wir für eine Sache leiden müssen, mögen wir sie danach um so mehr
− Wenn wir für etwas Wertloses leiden müssten, würde Dissonanz entstehen
− Beispiel Initiationsrituale (Aronson & Mills, 1959)
− Jede Art von persönlichem Aufwand, nicht nur Leiden, kann Einstellung positiver machen
− Beispiel "Schlank durch Denksport" (Axsom & Cooper, 1985)
− Rechtfertigung von Entscheidungen
− Schwierige Entscheidung zwischen ähnlichen Alternativen
Folge: Positive Aspekte der nichtgewählten Alternative und negative Aspekte der gewählten
Alternative sind dissonant mit der Entscheidung
− Dissonanzreduktion durch Umbewertung der Alternativen
− Gewählte Alternative wird positiver, nicht gewählte Alternative wird negativer
Beispiel: Ist Bielefeld nicht ein viel schönerer Studienort als z.B. Münster?
8.7 Alternativen zur Einstellungsänderung nach einstellungsdiskrepantem Verhalten
kennen (bezogen auf die Entstehung von Dissonanz und auf Alternativen zur
Dissonanzreduktion).
− Oft ist Einstellungsänderung der einfachste Weg zur Dissonanzreduktion, aber nicht immer.
− Dissonanz entsteht erst gar nicht, wenn P …
− die Verhaltenskonsequenzen herunterspielt
− andere Überzeugungen stärkt, die mit dem Verhalten konsistent sind
− keine persönliche Verantwortung übernimmt
− Erregung auf andere Ursachen attribuiert
− Auch wenn Dissonanz schon entstanden ist, kann sie manchmal ohne Einstellungsänderung
abgebaut werden
− Steele (1988): "Self-affirmation theory" ― Bekräftigung wichtiger eigener Werte statt Einstellungsänderung
führt zu Dissonanzreduktion
− P wählt i.a. die am leichtesten zugängliche Route zur Dissonanzreduktion
8.8 Anhand von Forschungsbeispielen erläutern, wie Einstellungen bei oberflächlicher
und bei systematischer Verarbeitung Verhalten beeinflussen.
Wie steuern Einstellungen das Verhalten?
− Oberflächliche Verarbeitung: Leicht zugängliche Einstellungen werden bei Wahrnehmung des
Einstellungsobjekts automatisch aktiviert (Fazio, 1986)
− Effekt auf Wahlverhalten, z.B. bei Konsumprodukten
− Je leichter zugänglich, desto höher die Übereinstimmung von Einstellung und Verhalten
− Verzerrte Wahrnehmung des Objekts im Sinne der Einstellung (Fazio et al., 2000)
− Fokus auf positive versus negative Aspekte
− Forschungsbeispiel von Fazio: Studierende sahen eine Reihe von Fotos und sollten dort in einer
Bedingung Einstellungen dazu entwickeln und wiederholen, in der anderen nicht. Hinterher
wurden ihnen die selben Fotos nochmal gezeigt, aber sie waren leicht verändert: Diejenigen, die
eine Einstellung zu den Fotos hatten brauchten länger und bemerkten weniger Unterschiede und
hielten diese auch für kleiner als die Personen ohne Einstellung. Anscheinend lässt einen die
Einstellung zu einem Objekt mit einem bestimmten Blick auf ein Objekt sehen
− Systematische Verarbeitung: Einstellung führt zur Bildung von Intentionen
− Intention: Entscheidung und Plan, eine bestimmte Handlung auszuführen
− Theorie des überlegten Handelns ("Theory of reasoned action"; Fishbein & Ajzen, 1975)
− Einstellung führt zu Intention
− Intention versursacht Verhalten
− Je spezifischer die Intention, desto stärker der E-V-Zusammenhang
− Nach einer gewissen Zeit geht bewusst intendiertes und geplantes Verhalten über in gewohnheitsmäßiges
Verhalten ("habit").
8.9 Bedingungen kennen, unter denen die Einstellungs-Verhaltens-Korrelation hoch
ausgeprägt ist, und erläutern, warum das der Fall ist.
− Einstellung muss zugänglich sein
− Aktiv an relevante Einstellung denken
− Selbstaufmerksamkeit (Duval & Wicklund, 1972)
Spiegel, Kamera, Publikum etc. erhöhen Selbstaufmerksamkeit und E-V-Konsistenz
− Automatische Aktivierung der Einstellung, wenn
− häufig abgerufen;
− direkte Erfahrung mit dem Einstellungsobjekt (statt Erfahrung "vom Hörensagen"
− Einstellung muss mit Verhalten "kompatibel" sein
− spezifische Einstellung sagt spezifisches Verhalten vorher
−
−
Davidson & Jaccard (1979): Vorhersage der Einnahme der Anti-Baby-Pille in den nächsten 2 Jahren
durch Einstellungen zur ...
… "Empfängnisverhütung": r = .08
… "Einnahme der Anti-Baby-Pille in den nächsten 2 Jahren": r = .57
Zielobjekt des Verhaltens muss als typisch für das Einstellungsobjekt wahrgenommen werden
Einstellung gegenüber schwulen Männern beeinflusste das Verhalten von Studierenden gegenüber
einem schwulen Mann nur dann, wenn sie diesen als typisch wahrnahmen (Lord et al., 1984)
8.10 Den jeweiligen Beitrag expliziter und impliziter Einstellungen zur Vorhersage von
Verhalten erläutern.
Beeinflussen verschiedene Arten von Verhalten
− Implizite Einstellungen: Weniger kontrollierbare, automatische Verhaltensaspekte
− Explizite Einstellungen: Kontrollierbare, wohlüberlegte Verhaltensaspekte
− Beispiel: Coke vs. Pepsi (Karpinski et al., 2005)
− Explizite Einstellung (Fragebogenskala) guter Prädiktor für bewusste Wahl zwischen den Produkten
− Implizite Einstellung (Coke-Pepsi-IAT) guter Prädiktor für Präferenz bei Blindverkostung
8.11 Die Lernziele zu 8 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Wir passen unsere Einstellungen den Gegebenheiten an (Dissonanzreduktion)
Andererseits beeinflussen subjektiv konstruierte Einstellungen unser Handeln
− Universalität sozialer Einflüsse
Einstellungen und Verhalten werden durch unsere soziale Umgebung geprägt
− Motiv der positiven Selbstbewertung
Dissonanz ist eng mit dem Selbstkonzept verknüpft. Einstellungsänderung oder "self-affirmation" dienen
der Wiedererlangung einer positiven Selbstsicht.
− Zugänglichkeit
Einstellungen beeinflussen Handeln nur dann, wenn sie leicht zugänglich sind
− Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Effekte von Verhalten auf Einstellungen und Effekte von Einstellungen auf Verhalten können durch
oberflächliche oder systematische Verarbeitung vermittelt sein.
9. Gruppen, Normen und Konformität
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 9 ohne Abschnitt "Minority Influence in the Courtroom"
(p. 343); Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Nemeth, Mayseless, Sherman & Brown (1990).
9.1 Die Begriffe Konformität sowie Norm definieren.
− "Konformität"
− oft synonym mit Mehrheitseinfluss
− allgemeiner: Anpassung an die Position anderer
− nach Smith & Mackie: Das Konvergieren der Gedanken, Gefühle oder des Verhaltens von Individuen
auf eine soziale Norm hin
− "Norm"
− allgemein anerkannter Standard (präskriptive Norm) oder
− allgemein zu beobachtende Praxis (deskriptive Norm)
− beides oft deckungsgleich: das, was die meisten tun, wird als angemessen betrachtet
9.2 Anhand von Forschungsbeispielen (z.B. Sherif; Asch) erläutern, wie Gruppennormen
entstehen und wie Gruppenkonsens die Urteile Einzelner beeinflusst.
− Konformität bei Beurteilung der physikalischen Welt: Schätzung der scheinbaren Bewegung eines
Lichtpunkts (Sherif, 1936)
autokinetischer Effekt: ein fester Lichtpunkt in einer stationären Umgebung scheint sich oft zu Bewegen, diesen Effekt
nutzte Sherif für sein Experiment. Fragestellung: Kann in so einer unklaren Situation Konformität entwickeln? Die
Versuchspersonen sollten jeweils den Abstand schätzen, um den sich der Punkt bewegt hat.
−
Bedingung 1: erst mehrmals allein, dann in Gruppe. Persönliche Normen konvergieren in Richtung
einer gemeinsamen Gruppennorm.
Selbst nach längerer Zeit (halbes Jahr) wurde immer noch die konforme Meinung gehalten (allein)
Bedingung 2: erst in Gruppe, dann allein. Früh herausgebildete Gruppennorm bleibt auch in den
Einzelsitzungen erhalten.
− Interpretation: Bei mehrdeutiger Reizsituation werden die Urteile der anderen als Bezugsrahmen
verwendet.
− Ergebnisse:
Ist sozialer Einfluss auch dann zu beobachten, wenn die Reizsituation eindeutig ist?
=> Experimente von Asch (z.B. 1956):
Angebliches Wahrnehmungsexperiment: Welche der Vergleichslinien (B1, B2 oder B3) hat dieselbe
Länge wie Referenzlinie A?
− Konformitätsbedingung: Mehrere Personen antworten nacheinander mündlich; eine echte Vp, alle
anderen sind Konfidenten, die in 12 (von 18) Durchgängen übereinstimmend falsch antworten.
− Kontrollbedingung: Vpn urteilen allein.
− Ergebnisse bei Asch (1956):
−
−
% Vpn, die Fehler
machten*
Experimentalbedingung
Kontrollbedingung
* mindestens einen Fehler gemacht
−
Mittlere Fehlerquote in %
75
37
5
0,7
Vorläufiges Fazit:
Konformität mit Gruppennorm / sozialer Einfluss durch die Gruppe zeigt sich bei mehrdeutigen und bei
scheinbar eindeutigen Urteilsaufgaben.
9.3 Private und öffentliche Konformität unterscheiden; diese Unterscheidung am
Beispiel falscher Geständnisse erläutern
− private Konformität: Akzeptieren der Gruppennorm als korrekt
− öffentliche Konformität: Anpassung an Gruppennormen, die P nicht wirklich akzeptiert
− Anwendungsbeispiel: falsche Geständnisse als Ergebnis von Konformität (Lehrbuch S. 313)
− Unsicherheit macht uns besonders verletzlich für sozialen Einfluss
− Befragungstechniken können Konformität erhöhen, sogar ohne physische Drohungen (z.B. wenn dem
müden, hungrigen, einsamen Befragten immer wieder die gleichen Fragen gestellt werden)
− Experiment von Kassin & Kiechel (1996): Studenten sollen Buchstaben eintippen in einem
angeblichen Versuch zur Reaktionsgeschwindigkeit. Eine Gruppe soll so schnell wie möglich die
Eingaben machen, eine andere gemütlich. Alle wurden vorher ausdrücklich gewarnt auf keinen Fall
die ALT-Taste zu drücken, da diese den Computer zum Absturz bringen würde. Kurz nach Beginn des
Versuchs hab der Computer eine Fehlermeldung und stürzte ab, worauf der Versuchsleiter den
Versuchsteilnehmer beschuldigte, die ALT-Taste gedrückt zu haben. Dann wurde ein anderen
Anwesender gefragt, ob er denn Vorfall gesehen habe, wobei er in einer Bedingung behauptete,
gesehen zu haben, wie der Versuchsteilnehmer die ALT-Taste gedrückt habe. An diesem Punkt
verlangte der Versuchsleiter, dass der Versuchsteilnehmer ein handgeschriebenes Geständnis
unterschreibt („I hit the ALT key and caused the computer to crash. Data were lost.“), was 96%
tatsächlich unterschrieben! Außerdem zeigten die Versuchsteilnehmer nicht nur öffentliche
Konformität: 28% zeigten private Konformität, z.B. meinten, dass sie die Taste möglicherweise aus
versehen gedrückt hätten. Diese Zahl erhöhte sich, wenn die Versuchsteilnehmer in der Bedingung
waren, in der sie möglichst schnell tippen sollten.
9.4 Die Motive und Ursachen dafür kennen, dass Personen dem Einfluss anderer folgen.
In diesem Zusammenhang die Begriffe "false consensus effect", "informationaler
Einfluss", "normativer Einfluss" und "Bezugsgruppe" einordnen können.
− Erwartung von hohem Konsens: Wir erwarten, dass andere die Welt genauso sehen wie wir selbst: "false
consensus effect" (Gilovich, 1990)
Beispiel: Versuchspersonen werden gefragt, ob sie lieber deutsche oder japanische Autos mögen. Danach sollen sie
schätzen (in %), wie viele andere diese Meinung mit ihnen teilen: meist wird die Marke, die der eigenen Meinung
entspricht höher geschätzt, als sie wirklich ist.
−
−
−
… und umgekehrt: wir erwarten, dass wir selbst die Welt so sehen wie die meisten anderen, und erfüllen
diese Erwartung durch Konformität.
Konformität erfüllt zwei Funktionen/Motive:
− "mastery" / Kontrolle
− "connectedness" / Verbindung mit anderen
Mastery: Hoher Konsens sagt etwas über die Realität aus
− Beispiel: Wenn alle die Musik der Rolling Stones mögen, dann bedeutet das, dass die Rolling Stones
gute Musiker sind.
− vgl. Kelleys Attributionstheorie: Hoher Konsens macht Attributionen auf "externe Realität"
wahrscheinlicher, geringer Konsens hingegen legt Attribution auf Besonderheiten der Person nahe
− Deutsch und Gerard (1955) nennen diese Art von Einfluss durch hohen Konsens "informationalen
Einfluss"
− Das Motiv, korrekt zu urteilen, kann Konformität verstärken – sogar dann, wenn die anderen objektiv
falsch liegen (Baron et al., 1996)
z.B. wenn gesagt wird, es sei jetzt besonders wichtig, korrekte Werte zu bekommen oder es einen Geldgewinn für
richtige Antworten gibt, erhöht sich die Konformität
−
Die Anzahl der anderen bestimmt die Stärke der Konformität
Maximaler Einfluss im Asch-Paradigma bei etwa 3 Personen
(Kritik von Herrn Bohner: der maximale Einfluss belegt nur bedingt den informationalen Einfluss, bei mehr Personen
erhöht sich auch der Druck, sich anzupassen.)
−
Connectedness: Normen und Konformität führen zu Zugehörigkeit und stärken die soziale Identität
− normativer Einfluss
− Beispiel: Religiöse Initiationsrituale
− Anwesenheit der Gruppe verstärkt relevante Normen
(z.B. Unschuldsvermutung bis zum Beweis der Schuld in Geschworenengremien; Tindale & Davis,
1983
Geschworene sollen in fiktiven Fällen ihre Urteile entweder einzeln oder vor der Gruppe sagen: wenn sie vor
der Gruppe sagen, glauben mehr an die Unschuld des Täters, wenn das Gegenteil nicht bewiesen werden
kann, weil dies eigentlich so vorgegeben ist: Keiner will vor den anderen gegen die Richtlinien sein.)
Deutsch und Gerard (1955) nennen diese Art von sozialem Einfluss "normativen Einfluss"
Mastery, Connectedness oder beides?
Hängt z.T. von der Aufgabe ab: objektiv richtige Lösung ("intellective task") oder subjektives Urteil
("judgmental task")?
 Meist spielen beide Motive eine Rolle
Bezugsgruppen
−
−
−
Mit wem wollen wir übereinstimmen?
−
−
−
−
Wir erwarten nicht, mit beliebigen anderen über alles Mögliche übereinzustimmen
Bezugsgruppen sind Gruppen, mit denen wir urteilsrelevante Merkmale teilen.
V.a. bei subjektiven Urteilen dienen ähnliche Andere als Bezugsgruppe (Gleichaltrige, Familie,
Parteifreunde etc.)
Einfluss über oberflächliches Akzeptieren oder systematische Verarbeitung, je nach Bedeutsamkeit
des Themas
 Studie von Ziegler & Diehl (2003): Vpn lassen sich von identischen mittelmäßigen Argumenten
eines Politikers dann eher überzeugen, wenn er ihrer präferierten Partei angehört (Stoiber vs.
Schröder)
9.5 Im Zusammenhang mit Entscheidungsprozessen in Gruppen zwischen
Kompromissbildung und Gruppenpolarisierung unterscheiden können.
− Kompromissbildung
Manchmal konvergieren Gruppen bei Meinungsdifferenzen auf eine mittlere Position hin
− Kompromiss zwischen den Ausgangspositionen der Mitglieder, v.a. bei gleicher Verteilung der
Ausgangspositionen (pro – contra)
− Beispiel: Sherifs Studie zum autokinetischen Effekt (1936) s.o.
5. Gruppenpolarisierung
1. Häufiger: Position der Gruppe wird als Ergebnis von Diskussion und sozialem Einfluss noch extremer
als die Ausgangspositionen der Mitglieder
häufiger als Kompromiss, besonders wenn es am Anfang schon eine leichte Tendenz zu einer Seite gibt
−
Beispiel: Personalentscheidungen
Gruppenpolarisierung erstmals untersucht von Stoner (1961)
− Vpn geben Urteile über riskante Entscheidungen ab
bei höherem Risiko gibt es z.B. größere Gewinne
−
−
−
−
Diskutieren darüber in der Gruppe
Abschließende Gruppenentscheidung ist riskanter als der Durchschnitt der ursprünglichen
individuellen Entscheidungen (“risky shift”)
Aber: einige Entscheidungen bewegten sich in Richtung geringeren Risikos
Das Phänomen ist allgemeiner: Polarisierung tritt immer dann auf, wenn Personen mit ähnlichen
Ausgangs-positionen interagieren und einander beeinflussen
Beispiel: Polarisierung in Geschworenengremien; die Position der Mehrheit wird meistens zur
Konsensentscheidung
9.6 Erläutern, durch welche Prozesse Gruppenpolarisierung bei oberflächlicher und bei
systematischer Verarbeitung zu Stande kommt.
− Mehrere Prozesse: Wenn eine Mehrheit zu Beginn eine bestimmte Position favorisiert, entsteht
Polarisierung als Resultat von
− oberflächlicher Verarbeitung (man übernimmt die Meinung der anderen)
− systematischer Verarbeitung (man denkt intensiv über die Argumente der anderen nach)
− Oberflächliche Verarbeitung:
− Mehrheitsposition als Heuristik
− Wenn zunächst unentschiedene Mitglieder der Mehrheit anschließen, wird die Gruppenposition
insgesamt extremer
− Bewegung auf extreme Position hin kann auch durch den Wunsch motiviert sein, ein besonders
guter Repräsentant der Gruppenmeinung zu sein
− Systematische Verarbeitung:
− Gruppendiskussion enthüllt nicht nur die Positionen der anderen, sondern auch deren
Beweggründe und Argumente
− Die Mehrheit ist auch bei systematischer Verarbeitung im Vorteil, denn ihre Argumente …
...sind zahlreicher
...werden intensiver diskutiert (Vorteil von "shared information" gegenüber "unshared
information": Stasser, Taylor, & Hanna, 1989)
...erscheinen überzeugender (unabhängige Quellen)
...werden kraftvoller und mit mehr Überzeugung vorgetragen (Bassili, 2003: "minority slowness
effect")
9.7 Problematische Arten der Konsensbildung (ohne Nachdenken, ohne Unabhängigkeit,
ohne privates Akzeptieren) diskutieren; den Begriff "groupthink" anhand von
Beispielen und möglichen Gegenmaßnahmen erläutern.
− Vertrauen auf Konsens...
− erlaubt uns normalerweise, zutreffende Urteile zu bilden (mastery) und Beziehungen
aufrechtzuerhalten (connectedness),…
− kann aber auch zu verzerrten und fehlerhaften Urteilen führen.
− Konsens muss auf die richtige Art und Weise erreicht werden. Problematisch:
− Konsens ohne Nachdenken
Wenn Personen sich gedankenlos einem Konsens anschließen (diesen als Heuristik nutzen), dann
fehlt ihnen die Sicherheit, die sich aus der Abwägung unterschiedlicher Standpunkte ergibt.
− Studie von Axsom, Yates & Chaiken (1987): Studierende, denen das Thema einer Rede (Nutzen
von Bewährungsstrafen) nicht wichtig ist,
− bilden ihre Einstellung zum Thema aufgrund von Reaktionen des Publikums (Beifall oder
Buhrufe)
− ignorieren die Qualität der vorgebrachten Argumente
Bedingungen des Experiments: Faktor 1: Argumente gut/schlecht, Faktor 2: Reaktion des Publikums positiv/negativ,
Faktor 3: Betroffenheit stark/schwach
-> für hier wichtig: Gruppe mit niedriger Betroffenheit orientiert sich am Publikum (= Mehrheit)
Alltagsbeispiel: manipulierte "Umfrageergebnisse"
Konsens ohne Unabhängigkeit
−
−
dieselbe Urteilsverzerrung (z.B. gleiche Partei)
Lösung: Ähnlichkeit auch bei Fähigkeiten (gute) Entscheidungen zu treffen (s.u.)
−
−
−
Konsens ist dann aussagekräftig, wenn vielfältige unabhängige Sichtweisen konvergieren.
Wenn aber viele Gruppenmitglieder derselben Urteilsverzerrung unterliegen, wird Konsens
bedeutungslos.
Paradox:
Wir erwarten mit anderen übereinzustimmen, die uns ähnlich sind, aber Konsens ist dann am
aussagekräftigsten, wenn verschiedene Personen übereinstimmen.
−
Lösung: Wir nehmen Mitglieder der Eigengruppe (im Vergleich zu Mitgliedern einer Fremdgruppe)
als uns selbst ähnlich wahr, aber auch eher als unterschiedliche Individuen (Wilder, 1990).
Experiment von Wilder: hat Personen Statements von Eigen- oder Fremdgruppenmitgliedern vorgespielt (mit
Bild und Namen), hinterher sollten die Statements den verschiedenen Personen wieder zugeordnet werden:
Es gelang den Vpn eher, den Mitgliedern der Eigengruppe die jeweiligen Statements wieder zuzuordnen
 erscheinen unabhängiger als Fremdgruppe, welche als „alle gleich“ wahrgenommen werden
−
Konsens ohne privates Akzeptieren
− Wenn Konsens nur aus öffentlicher Konformität besteht, dann repräsentiert er nicht die
Konvergenz unabhängiger Sichtweisen.
− Öffentliche Konformität kommt häufig vor, weil Gruppen Abweichler schlecht behandeln
(Schachter, 1951).
Experiment: hat in Diskussionsgruppen „Abweichler“ eingeführt, der andere umstimmen sollte: wird anfangs
versucht, von der Gruppenmeinung überzeugt zu werden, da dies nicht klappt wird er später ausgeschlossen:
„pluralistic ignorance“
−
Kollektiver Fehlschluss ("pluralistic ignorance"):
− Alle stimmen öffentlich mit einer Position überein, die keiner privat akzeptiert.
−
Aber alle glauben, nur sie selbst würden abweichen, da sie die Konformität der anderen mit
privater Akzeptanz gleichsetzen.
− Beispiel: Studierende nehmen Normen zum Alkoholkonsum als extremer wahr, als diese
wirklich sind.
Jeder einzelne denkt, andere finden Alkohol-Exzesse gut und trinken deshalb viel, so dass es häufige
Exzesse gibt, private Konformität findet aber nicht statt
−
Erfolgreiche Interventionen: siehe http://www.socialnorms.org/CaseStudies/alcohol.php
Website der University of Virgina (National Social Norms Institute): Alkohol-Exzesse gehen über mehrere
Jahre erfolgreich zurück durch Kommunikation tatsächlicher Normen (leider ist der letzte Stand der Website
von 2000, bis dahin wurden das Projekt an 10 Universities/Colleges und 2 High Schools durchgeführt, das
längste 10 Jahre, das neueste 2 Jahre)
−
Streben nach Konsens mit schlimmen Folgen: "Groupthink"
Konsens um jeden Preis, ohne das Ziel die beste Lösung finden zu wollen
−
−
Der Wunsch, um jeden Preis Konsens zu erreichen, führt oft zu katastrophalen Fehlentscheidungen.
Das geschieht in hoch kohäsiven Gruppen, die unter Entscheidungsdruck stehen.
kohäsive Gruppen: starker Zusammenhalt und Abschottung von außen
"A mode of thinking that people engage in when they are deeply involved in a cohesive in-group,
when the members' strivings for unanimity override their motivation to realistically appraise alternative
courses of action." (Janis, 1972, p. 9)
 Beispiele: Schweinebuchtaffäre; Challenger-Explosion
−
−
−
Schweinebucht-Affäre: kohäsive Gruppe um Präsident Kennedy: Exilkubaner sollten Castro stürzen, aber
bei dem Versuch wurden alle wurden geötet/gefangen: war von vornherein zum Scheitern verurteilt, aber
Kennedy und seine Berater brachten alle „auf Linie“ und drängten auf einen einstimmigen Beschluss, so
dass es am Ende keine abweichenden Meinungen mehr gab
Challenger: die Probleme (aufgrund ungünstiger Witterung) waren bekannt, aber es wurden bei der
Entscheidungsfindung keine Gegenmeinungen zugelassen
Ursachen / Symptome von Groupthink
− Nach neueren Forschungsergebnissen sind die von Janis angenommenen Ursachen (Kohäsion,
Entscheidungsdruck) nicht hinreichend.
− Weitere Randbedingungen / Symptome:
− Konsens wird erzielt, ohne alle relevanten Fakten zu berücksichtigen (Selbstzensur;
"mindguards").
„mindguards“: rufen andere zur Ordnung, lassen keine abweichenden Meinungen zu
Konsens ist "kontaminiert" durch den gemeinsamen Hintergrund der Gruppenmitglieder. (Keine
unabhängigen Standpunkte.)
− Konsens wird erzielt durch öffentliche Konformität anstatt private Akzeptanz (besonders dann,
wenn mächtige Gruppenmitglieder ihre Meinung sagen, noch bevor eine Diskussion beginnt).
Maßnahmen gegen Groupthink
− "Advocatus diaboli" einsetzen
−
−
wird vorher für alle deutlich festgelegt, so dass er gegen pluralistic ignorance geschützt ist, durch seinen
vorgegebene Rolle
−
−
−
−
−
Heterogene Zusammensetzung der Gruppe
Öffentlichen Konformitätsdruck minimieren (z.B. durch geheime Abstimmungen)
Führungsposition abschwächen
All diese Maßnahmen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass Minderheitspositionen berücksichtigt
werden
Beispiel: US-Präsident Kennedy hat nach dem Schweinebucht-Desaster die obigen Maßnahmen bei
Beratungen zur Kubakrise eingesetzt.
9.8 Grundannahmen von Moscovici zum Minderheiteneinfluss kennen und anhand von
Forschung illustrieren; Moscovicis Annahmen zu Unterschieden zwischen
Minderheits- und Mehrheitseinfluss kennen (Konfliktarten, Prozesse, Ergebnisse,
Einflussebenen).
− Ergebnisse zur sozialen Unterstützung zeigen, dass Widerstand gegen Mehrheitseinfluss möglich ist.
Umkehrung insgesamt möglich: führt zu Minderheitseinfluss
− Kann die Richtung des Einflusses auch umgekehrt werden?
− Historische Ereignisse sprechen dafür
− Innovation sonst kaum möglich
− Forschungsprogramm zum Minderheitseinfluss (Serge Moscovici)
Moscovici: Soziologe, beeinflusst von der französischer Studentenbewegung, sein wichtigstes Werk: „Sozialer Wandel
durch Minoritäten“ (1969)
−
− Grundthese: Da Minderheiten wenig Macht besitzen und kaum normativen Druck ausüben können,
müssen sie die Mehrheit zur inhaltlichen Auseinandersetzung anregen.
− Smith & Mackie: Minderheit muss alternativen Konsens anbieten
− Entscheidend: Konsistenter Verhaltensstil
Frühe Studie: "Umkehrung" des Asch-Paradigmas (Moscovici, Lage & Naffrechoux, 1969)
durch Konsistenz andere dazu bringen, nachzudenken
−
− Cover Story: Studie zur "Farbwahrnehmung"; Beurteilung der Farbe und Helligkeit von 36 Dias; alle
Dias sind blau
− 4 echte Vpn und 2 Konfidentinnen (die Minderheit); Kontrollbedingung ohne sozialen Einfluss
− Die Minderheit bezeichnet die Farbe der Dias als "grün"
− Variation im Verhaltensstil:
konsistent: "Grün" bei allen 36 Dias (Exp. 1 und 2)
inkonsistent: "Grün" bei 24 Dias, sonst "blau" (Exp. 3)
− Abhängige Variablen:
− öffentliche Urteile über die Farbe der Dias (Exp. 1 und 3)
− privater Test der Farbdiskriminierung bei neuen Stimuli im Grenzebereich zwischen Grün und Blau
(nur Exp. 2)
Ergebnisse von Moscovici, Lage & Naffrechoux (1969)
− Direktes Urteil:
in der inkonsistenten und der Kontrollgruppe gab es keine signifikanten Unterschiede
Indirektes Urteil: Verschiebung der Diskriminations-schwelle zugunsten "grün"
Tendenziell ist der indirekte Effekt größer in solchen Gruppen, die keinen direkten Einfluss zeigen
Weitere Ergebnisse
− Kognitive Aktivität: Vpn versuchen, die Sichtweise der Minderheit zu übernehmen; Suche nach grünen
Farbnuancen; kein bloßes "Nachgeben"
− Wahrnehmung der Mitglieder der Minderheit als
− weniger kompetent hinsichtlich Farbwahrnehmung
− aber: ihrer Sache sicherer
Moscovicis Interpretation
− Konsistenz als entscheidende Variable bestätigt
−
−
−
−
−
−
−
Minderheitseinfluss nicht nur auf der öffentlichen Ebene, sondern private "Änderung der Norm"
Neue Interpretation von Befunden im Asch-Paradigma zur sozialen Unterstützung: auch dort
Konsistenz bedeutsamer als numerische Stärke
Fazit:
− es kann eine sinnvolle Strategie sein, die Inkonsistenz einer Minderheitsgruppe aufzuzeigen, wenn man nicht will,
dass sie ihre Meinung weiter verbreiten (z.B. bei Neo-Nazis)
− kognitive Aktivität: es wird zum Nachdenken angeregt (d.h. die Meinung der Minderheit wird nicht einfach so
übernommen, oft kommt man durch die Anregung auch auf eigene alternative Lösungsvorschläge, die nicht von der
Minderheit vorgegeben wurden)
9.9 Die Schlüsselstudie von Nemeth et al. (1990) genau kennen (Grundthese, Designs,
abhängige Variablen, Ausschluss von Alternativerklärung durch Exp. 2, Interpretation).
9.10 Die Lernziele zu 9 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Individuen und Gruppen konstruieren Konsens darüber, was wahr und gut ist.
− Universalität sozialer Einflüsse
Diese Konstruktion schließt Konformitätsprozesse und wechselseitigen Einfluss zwischen
Gruppenmitgliedern ein.
− Motiv der Kontrolle (Mastery)
Konformität hilft uns, angemessene Urteile zu bilden, weil die Konvergenz vieler Meinungen oft deren
Korrektheit anzeigt.
− Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness)
Konformität hilft uns dabei, uns anderen nahe und von anderen geschätzt zu fühlen.
− Konservatismus
Positionen, die von einer Mehrheit vertreten werden, ziehen oft noch mehr Unterstützung an und sind
schwer zu ändern. (Ein Grund, warum Minderheitseinfluss erst sehr spät auf die Forschungsagenda kam.)
− Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Wir schließen uns manchmal gedankenlos der Mehrheit an (heuristische Verarbeitung), nutzen aber auch
oft systematische Verarbeitung, um aus den Meinungen anderer ein Urteil zu bilden.
10. Normen und Verhalten
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 10 ohne Abschnitt "Obedience in the Workplace” (p. 372);
Vorlesungsfolien; keine Schlüsselstudie.
10.1 Erläutern, wie Normen das Verhalten beeinflussen und warum Normen so effektive
Leitlinien für Verhalten bilden.
− Wie steuern Normen das Verhalten?
− Nachdem Normen im Gruppenkonsens gebildet wurden, dienen sie als Standards für Verhalten
− Stärkster Einfluss, wenn kognitiv zugänglich
− Direkte Hinweise
z.B. „Seid bitte leise“
− Beobachtung anderer, die die Norm befolgen
− Priming von normbezogenen Konzepten (auch unbewusst – Hertel & Kerr, 2001).
Experiment von Hertel & Kerr: unbewusstes Priming auf Fairness führte dazu, dass hinterher in einer (angeblich
unabhängigen Aufgabe) gerechter zwischen Eigen- und Fremdgruppe verteilt wurden
−
Das Verhalten der anderen aktiviert Normen (Cialdini et al., 1990)
Hypothese: die entscheidende Größe ist der Kontext: 1. Bedingung: Umwelt sauber/dreckig, 2. Bedingung: Konfident
geht vorbei/wirft seinen Flyer ordentlich in den Müll
interessant: wenn in einer weiteren Bedingung der Konfident seinen Müll auf eine saubere Fläche wirft, entsteht der
Gegeneffekt: die Norm wird aktiviert
-> Verhalten anderer als Faktor
−
Warum sind Normen als Leitlinien für Verhalten so effektiv ?
− Manchmal wird die Einhaltung einer Norm explizit überwacht
Aber die Norm wird nur öffentlich befolgt (Motiv: Verbindung mit anderen, s. Kap. 9)
z.B. an der Einfahrt zum Frauenparkplatz der Uni steht ein Sicherheitsbeamter, also fährt man nicht drauf, steht er
nicht da, fahren doch Männer auf den Parkplatz
−
−
Oft sind Normen internalisiert
Menschen befolgen die Norm auch privat, weil sie sie für richtig und angemessen halten (Motiv:
Mastery, s. Kap. 9)
Normen werden durch das Verhalten der anderen unterstützt
Anwesenheit anderer erinnert uns an die Norm
Kooperation der anderen erleichtert Einhaltung der Norm
ist mein Gegenüber fair, möchte auch ich ihn nicht übers Ohr hauen
anderes Beispiel: Wahlverhalten von Männern und Frauen ist unterschiedlich: Frauen wählen eher wie andere
Frauen, Männer eher wie andere Männer
−
Häufige Aktivierung macht Normen kognitiv zugänglich
Anwesenheit anderer Gruppenmitglieder aktiviert Normen, auch wenn deren Verhalten nicht sichtbar
Beispiel: mock jurors: „innocent till proven guilty (siehe Kap. 9)
10.2 Den Begriff Deindividuierung erläutern und anhand von Beispielen (Forschung,
Alltag) erklären, wie Deindividuierung im Zusammenspiel mit Gruppennormen das
Verhalten beeinflusst.
− Deindividuierung macht Gruppennormen augenfälliger
Deindividuierung = Zustand, in dem die individuelle Identität "in der Menge (oder Gruppe) untergeht"
und die Gruppenidentität dominiert.
− ausgelöst durch: Uniformierung, Anonymität, Menschenmengen
− Effekte:
− reduzierte Zugänglichkeit persönlicher Standards
− reduzierte Selbstaufmerksamkeit: Verhaltenskonsequenzen werden weniger bedacht
− erhöhte Zugänglichkeit von Gruppennormen
− Ursprüngliche Vermutung: Deindividuierung hat negative Auswirkungen auf das Verhalten
Forschungsbeispiele:
− Vpn, die Uniformen und Kapuzen tragen, verhalten sich aggressiver als normal gekleidete Vpn
(Zimbardo, 1970).
− "Stanford Prison Experiment" (Zimbardo; www.prisonexp.org)
Beispiele aus dem "wirklichen Leben": Verhalten von Fußball-Hooligans; "ethnische Säuberungen"; Folter
− Aber: Deindividuierung kann auch positive Effekte haben
− Normen der Gruppe werden durch Deindividuierung verstärkt
− Wenn die Normen positiv sind, wird das Verhalten positiver (Reicher, Spears & Postmes, 1995)
− Studie von Johnson & Downing (1979):
ähnliches Experiment wie das „Stanford-Prison-Experiment“, mit der Erweiterung, dass die Versuchsteilnehmer
unterschiedliche Uniformen bekamen, woraus sie verschiedene Effekte ableiten ließen:
"Ku-Klux-Klan"-Uniformen erhöhen Aggressionsbereitschaft
"Krankenpfleger"- Uniformen senken Aggressionsbereitschaft
•
Effekte besonders ausgeprägt bei Anonymität (Gesicht verdeckt)
5. Deindividuierung kann positive oder negative Effekte haben (Johnson & Downing, 1979)
•
•
−
−
−
3 Die Norm der Gegenseitigkeit anhand von Beispielen erläutern.
Norm der Gegenseitigkeit = Eine Norm, die besagt, dass wir Geschenke, Gefälligkeiten, Zugeständnisse,
die wir von anderen erhalten haben, erwidern sollen.
Grundlegend in fast allen Kulturen
(oft ritualisiert, z.B. bei Heirats-Ritualen)
−
Nützlich für Individuen: Fairness
−
Nützlich für die Gruppe: Zusammenhalt wird gestärkt
kann auch instrumentell eingesetzt werden: Ich tue jemandem einen Gefallen, um etwas zu bekommen
−
Studie von Regan (1971): Einen Gefallen erwidern
− UV1: Gegenseitigkeit
Konfident erweist der Vp eine kleine Gefälligkeit (kauft ihr ein Getränk) oder tut dies nicht
− UV2: Sympathie
Konfident freundlich oder unhöflich
− AV: Wie viele Lotterielose kauft die Vp dem Konfidenten ab?
− Norm der Gegenseitigkeit ist stärker als Sympathie (Regan, 1971)
(Lose sind teurer als Softdrink: bekommt mehr zurück als investiert)
10.4 Die "door-in-the-face"-Technik anhand von Anwendungsbeispielen erläutern; diese
von der "foot-in-the-door-Technik" abgrenzen.
− Norm der Gegenseitigkeit bei Zugeständnissen: "Door-in-the-face"-Technik
− Erst große Forderung stellen, die zurückgewiesen wird
− dann Zugeständnis machen, das die Norm der Gegenseitigkeit aktiviert
− Forschungsbeispiel: Miller et al. (1976)
Fragte auf dem Cmapus Personen, ob sie für 2h mit straffälligen Jugendlichen in den Zoo gehen könnten
85% leisteten 2 Stunden freiwillige Arbeit, nachdem sie eine größere Anfrage abgelehnt hatten
 Nur 50%, wenn die Anfrage sich gleich auf 2 Stunden bezog (Kontrollgruppe)
Anwendungsbeispiele im Verkauf:
− Mit dem Topmodell anfangen ("selling the top of the line")
− "Das ist noch nicht alles!"
 "Door-in-the-face"-Technik am effektivsten, wenn
− erste Forderung nicht zu groß (sonst Verdacht, s. Calvin-Cartoon, Lehrbuch S. 363)
− zweite Forderung mit der ersten im Zusammenhang steht und von derselben Person kommt
Unterschiede / Gemeinsamkeiten bestehen zur "Foot-in-the-door"-Technik ?

−
−
Unterschiede: „Foot in the Door“-Technik fängt klein an, fragt dann nach großem gefallen, „Door in the face“-Technik ist
andersrum, bei der „Foot in the Door“-Technik stellen 2 verschiedene Personen die Forderungen mit einigen Tagen
Abstand, bei der „Door in the face“-Technik die gleiche Person in unmittelbarem Abstand
Gemeinsamkeiten: normativer Einfluss, bei beiden ist das Verhalten normgesteuert
10.5 Die Norm der Verpflichtung erläutern und anhand der "low-ball"-Technik
illustrieren.
− Norm der Verpflichtung = Eine Norm, die besagt, dass wir Vereinbarungen, Versprechen, Verpflichtungen
etc. einhalten sollen.
− Stärker in kollektivistischen Kulturen
− Aber auch in westlichen Kulturen verbreitet
Studie: Aufgaben sind leichter zu bewältigen, wenn sie in einen sozialen Kontext eingebunden sind (z.B. wenn ich der
einzige bin, der nichts in die Kaffeekasse tut)
−
Kann zu Verkaufszwecken missbraucht werden: "Low-balling"
"Low-Ball"-Technik:
− Verkäufer muss Zusage des Kunden zu einem Handel erlangen (= Verpflichtung)
− Danach enthüllt der Verkäufer eine Tatsache, durch die sich die Kosten für den Kunden erhöhen (z.B.
dass ein versprochener Rabatt nun doch nicht gegeben werden kann)
− Viele Kunden fühlen sich dennoch an ihre Kaufzusage gebunden und kaufen, obwohl sich die
Bedingungen geändert haben.
− Forschungsbeispiel: Wie bringt man Studierende dazu, an einer Studie teilzunehmen, die für 7 Uhr
morgens angesetzt ist? (Cialdini et al., 1978)
Antwort: Cialdini fragte erst, ob sie an einer Studie teilnehmen wollten, wenn sie zugestimmt hatten erwähnte er
„nebenbei“ die Uhrzeit, so kamen mehr als wenn er gleich die Uhrzeit erwähnte, bevor die Studierenden schon
zugestimmt hatten.
−
"Bolstering" hält ursprüngliche Verpflichtung aufrecht:
„Bolstering“: Entscheidung wird duch zusätzliche Punkte gefüttert/“gepolstert“
10.6 Die Norm des Gehorsams anhand der Studien von Milgram erläutern. Variationen
des Versuchsaufbaus und damit einhergehende Unterschiede in den Befunden
kennen. Mögliche Wirkmechanismen in diesen Experimenten diskutieren.
− Norm des Gehorsams: Eine Norm, die besagt, dass wir den Befehlen legitimer Autoritäten gehorchen
sollen
− Legitimität ist letztlich ein Ergebnis von Konsens
− Gehorsam wird manchmal formell durchgesetzt, ist aber meist privat akzeptiert
− Hinweise auf Autorität verstärken Gehorsam
z.B. Polizeiuniformen, weiße Kittel etc.
weiteres Beispiel: der Hauptmann von Köpenick ;-)
−
−
Gehorsam kann extrem negative Folgen haben: Warum begehen Menschen auf Befehl schreckliche
Verbrechen?
Beispiele:
− Abu Graib
− Massenermordungen von Juden im 3. Reich: Adolf Eichmann verteidigte sich, wie viele andere, mit
der Aussage, er habe "nur Befehle befolgt".
− Milgrams Experimente zum Gehorsam
Milgram war Schüler von Asch, wurde für seine Experimente angeregt durch den Eichmann-Prozess (s.o.)
Seine erste Studie war eigentlich als Kontrollbedingung gedacht, in der Erwartung, dass kaum jemand über die ersten
Stufen den Generators hinausgeheb würde. Dann wollte er nach und nach weitere Faktoren hinzufügen (wie z.B.
Gruppendruck, Androhung von Gewalt) um zu schauen, wann Gehorsam „blind“ erfolgt
−
−
−
−
−
−
−
−
Zwei Personen kommen zu einem Versuch ins Labor der Yale University (eine davon ist ein
Konfident)
Studie über "Bestrafung und Lernen"
Rollenverteilung: "Lehrer" / "Schüler" (manipulierte "Auslosung")
Lehrer soll dem Schüler bei falschen Antworten Elektroschocks verabreichen, bis dieser alles
gelernt hat
Ansteigende Schockintensität, 15 --- 450 Volt
Lehrer erhält Beispielschock von 45 V
Schüler im Nebenraum: Gegensprechanlage
Reaktionen des Kofidenten auf die Schocks:
75 V: Stöhnen
120 V: Schmerzensschrei
150 V: "Ich weigere mich, weiter am Experiment teilzunehmen!"
180 V: "Ich halte die Schmerzen nicht mehr aus!"
270 V: Sehr heftiger Schmerzensschrei
300 V: "Ich werde nicht länger antworten!"
ab
330 V: Stille
keine Antwort muss auch als „falsch“ bewertet werden
−
Jedesmal, wenn ein Teilnehmer Einwände erhebt und aufhören will, antwortet der Versuchsleiter mit vier
abgestuften Aufforderungen:
1. "Bitte machen Sie weiter."
2. "Das Experiment erfordert es, dass Sie weitermachen."
3. "Es ist absolut notwendig, dass Sie weitermachen."
4. "Sie haben keine andere Wahl, Sie müssen weitermachen“
der Versuchsleiter bleibt außerdem die ganze Zeit sehr sachlich und gelassen
wichtigste Erkenntnis aus dem Experiment: Situation ist stärker als Persönlichkeit
−
Fragen zu Variationen in Milgrams Design
− Erklärungen
− Situationismus: Verhalten ist nicht allein von der Persönlichkeit abhängig, sondern noch viel
mehr von der Situation.
− Folgende Mechanismen wirkten in Milgrams Experiment:
"Entrapment" / langsame Eskalation (=> Norm der Verpflichtung)
Autoritätsstrukturen
− Legitimität: Wissenschaftlichkeit / Setting
− Versuchsleiter übernimmt die Verantwortung
− Anwesenheit des Versuchsleiters erhöht die Zugänglichkeit der Norm des Gehorsams
Unterdrückung alternativer Normen
Milgram und die Ethik des Experimentierens
− Milgram hat Diskussionen über die Ethik der experimentellen Forschung ausgelöst.
− Heutzutage würden derartige Studien von Ethikkommissionen nicht mehr genehmigt.
− Milgrams Argumente für die Vertretbarkeit seiner Forschung:
− Keine anhaltenden negativen Effekte für die Vpn (auch lt. Nachuntersuchungen)
− Stress, dem die Vpn ausgesetzt waren, wird durch Erkenntnisgewinn aufgewogen.
−
−
−
−
−
Keine einzige Vp hat sich über die Behandlung beschwert.
10.7 Drei Erklärungen für erfolgreichen Widerstand gegen Normen kennen und erläutern.
(In diesem Zusammenhang den Begriff "Reaktanz" definieren.)
− Manchmal widerstehen Menschen normativem Einfluss
− Gamson, Fireman & Rytina (1982):
− Autoritätsperson weist Gruppenmitglieder an, öffentlich Aussagen zum Schaden eines Dritten zu
machen
− Fast alle Gruppen leisten Widerstand, sind ungehorsam
−
Studie von Gamsen & al: Ähnlich wie Milgram, aber andere Ergebnisse: angebliche Marketingagentur wollte Leute
filmen, die über Tankstellenwächter berichten wollte, dazu Gruppendiskussionen für Gerichtsprozess, Animation wie
in Rollenspiel Ölfirma-Leute spielen: öffentlich Aussagen zum Schaden einer Person machen (unmoralisch) bis alle
diese Meinung haben: fast alle Gruppen leisteten Widerstand, stellten Rechtmäßigkeit und Moral in Frage
− Wie lässt sich dieser Unterschied zu Milgrams Befunden erklären?
− Erste Erklärung: Reaktanz
− Reaktanz = Motiv, eine bedrohte Freiheit wiederherzustellen (Brehm, 1972)
− Kann zur Vermeidung von Situationen führen, in denen Normen unsere Freiheit einengen
− Beispiel: Wir nehmen eine "kostenlose Warenprobe" nicht an (um nicht die Verpflichtung einzugehen,
später etwas zu kaufen)
−
−
−
−
−
Wenn jemand Entscheidungsfreiheit erwartet (z.B. seine eigene Meinung sagen) und diese verhindert wird, nimmt diese
Freiheit einen noch größeren Wert ein.
Gegenteil von Festinger: F: nach Wahl wird getroffene Entscheidung aufgewertet, aber dann frei gewählt
anderes Beispiel: Anhänger der Hare Krishna Sekte „verschenken“ Bücher und wollen dann „Spende“ dafür
Notwendige Bedingungen für Reaktanz:
− Entscheidungsfreiheit ist für die Person wichtig
− Freiheitseinengung wird als absichtlich und illegitim wahrgenommen
Nicht so bei Milgram – dort wurde die Autoritätsperson als legitim angesehen
−
Illegitim bei Gamsen: handelt in Eigentinteresse, im Gegensatz zu Milgram, dessen Ziel Wissenschaft war: Möglichkeit
frei zu handeln war bei Gamsen viel höher
−
Zweite Erklärung: Systematische Verarbeitung
− Die Situation analysieren: Ist eine aktivierte Norm tatsächlich angemessen?
− Die Strategie des anderen offen legen und in Frage stellen
−
Wenn man die Chance hat, die Situation zu reflektieren ist die Wahrscheinlichkeit von Widerstand wesentlich
höher
−
Die sozialen Beziehungen hinterfragen
es werden uns oft soziale Beziehungen vorgespielt, die gar nicht da sind
Beispiel Low-Balling: Ist der Händler wirklich mein Verbündeter, der bei seinem Chef einen niedrigen
Preis für mich durchsetzen will?
− Die Definition der Situation hinterfragen
z.B.: Erfülle ich eine legitime Verpflichtung oder ist die Anweisung der Autoritätsperson moralisch
fragwürdig?
soziale Situation: Beispiel Milgram (Diene ich wirklich der Wissenschaft?)
−
Systematische Verarbeitung erfordert Zeit und freie Kapazität
Aber: Einfluss-Situationen zeichnen sich oft durch Stress und Zeitdruck aus (z.B. bei Milgram; weniger
bei Gamson et al.)
Dritte Erklärung: Normen mit Normen bekämpfen
Schlüssel zum erfolgreichen Widerstand bei Gamson et al. war Gruppendiskussion ohne Versuchsleiter
Erleichterte die Bildung einer alternativen Norm
Gruppenmitglieder identifizierten sich mit der Gruppe und deren "Gegen-Norm" => soziale Unterstützung
siehe auch Varianten der Milgram-Studie
−
Gruppendiskussion ohne Gruppenleiter führt zu stärken eigener Normen duch Identifizierung mit Gruppe
−
−
auch Asch: sobald ein anderer auch andere Antwort gibt, trauen sich auch andere (soziale Unterstützung)
−
Sizilianischer Unternehmerverband startet Gegennorm: scheint zu funktionieren
−
−
−
−
−
−
Beispiel: Schlagzeile in der FR vom 14. Mai 2008:
Mafia unter Druck: "Wer Schutzgeld zahlt, fliegt raus"
Weil die Mafia die Wirtschaft hemmt, sagt Siziliens Unternehmerverband ihr den Kampf an.
10.8 Das Zusammenspiel von Normen und Einstellungen bei der Erklärung von Verhalten
erläutern. Dabei zwischen oberflächlicher und systematischer Verarbeitung
unterscheiden. Auf den Fall eingehen, dass Norm und Einstellung einander
widersprechen.
− Verhalten hängt oft von Einstellungen und Normen ab (s. Kapitel 8, 9 und 10).
− Bei oberflächlicher Verarbeitung können Einstellungen oder Normen direkt handlungsleitend wirken
− Bei systematischer Verarbeitung werden Einstellungen und Verhalten bewusst zur Bildung von Absichten
herangezogen
− Einstellungen und Normen beeinflussen geplantes Verhalten
−
−
besser bei komplexeren Sachen, z.B. Bei Andre Agassi im Tennis schlagen, mache ich nicht, selbst wenn Freunde der
Meinung sind ich sollte
positive und negative Faktoren werden alle zusammengerechnet
10.9 Die wesentlichen Elemente und Aussagen der Theorie des geplanten Verhaltens
(Ajzen) kennen.
− Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen & Fishbein, 1980): Drei Faktoren beeinflussen die Bildung einer
Absicht ("behavioral intention"):
− Einstellung zum Verhalten
− subjektive Norm
− wahrgenommene Verhaltenskontrolle
− Theorie des geplanten Verhaltens in der Praxis gut bewährt (Armitage & Conner, 2001)
 Metaanalyse von 185 Studien, mittlere Effektstärke bei Erklärung von Verhalten: R = .51
 Vielzahl von Anwendungsbereichen: Verkehrsmittelwahl, Studierverhalten, Kondombenutzung,
Gesundheitsvorsorge etc.
 Bezugsgruppe, Korrelation gut: gute Verhaltensvorhersage, eine der am meistens angewandten
Vorhersagen in der Sozialpsychologie
 Verhalten, das wichtig ist und gut geplant werden muss wird von Einstellungen und Normen gleich
beeinflusst
− Wenn Einstellungen und Normen einander widersprechen: Relative Zugänglichkeit kann entscheidend
sein
−
Elemente, die in einer Situation vorkommen, können dann entscheidender Faktor sein
−
Etwas, das Smith & Mackie nicht so betonen: negativ und positiv werden einfach miteinander verrechnet:
mittelmäßige Einstellung ergibt sich bei hohem Widerstand
−
Publikum aktiviert soziale Normen
Eigenes Spiegelbild erhöht Selbstaufmerksamkeit, aktiviert private Einstellungen
−
VP vor Spiegel: stärkere eigene Einflüsse -> Aktivierung von individuellen Einstellungen
−
Kollektivistische / individualistische Kulturen betonen soziale Normen bzw. private Einstellungen
−
−
Persönlichkeitsmerkmale: "Self-monitoring" und chronische Selbstaufmerksamkeit ("selfconsciousness")
Persönliche Entsprechung von Spiegel: self-consciousness (eher Ausrichtung nach Persönlichkeit)
self-monitoring eher nach normativen Einflüssen
10.10 Die Lernziele zu 10 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Jede Situation kann verschieden interpretiert werden, so dass unterschiedliche Normen anwendbar sind.
− Universalität sozialer Einflüsse
Soziale Normen beeinflussen unsere Handlungen auch dann, wenn die Einflussgruppe nicht anwesend
ist.
− Motiv der Kontrolle (Mastery)
Indem wir Normen befolgen, zeigen wir in sozialen Situationen meist angemessenes Verhalten, das von
anderen belohnt wird.
− Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness)
Wenn wir Normen befolgen, können wir uns als gute Gruppenmitglieder sehen.
Wichtige Motive für Anwendung der Theorien: Stärkung der sozialen Identität, beide können Hand in Hand gehen
−
−
Kognitive Zugänglichkeit
Je leichter eine Norm kognitiv zugänglich ist, desto größer ist ihr Einfluss auf das Verhalten.
Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Widerstand gegen normative Einflüsse erfordert oft systematische Verarbeitung.
Einstellungen und Normen beeinflussen Verhalten automatisch oder vermittelt über bewusstes
Nachdenken.
Ähnlich wie bei Einstellungen
11. Freundschaft und Liebe
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 11 ohne Abschnitt "When Relationships Go Wrong” (pp.
425-435); Vorlesungsfolien; keine Schlüsselstudie.
11.1 Erläutern, wie Beziehungen zwischen Menschen entstehen. Dabei die Aspekte der
physischen Attraktivität, der Interaktion / Nähe und der Ähnlichkeit diskutieren.
Wie entstehen Beziehungen zwischen Menschen?
In Kulturen, die freiwillige Beziehungen betonen: Interpersonelle Anziehung als Folge von drei Faktoren:
Physische Attraktivität
Wir mögen Personen, die gut aussehen.
− Wie wirkt physische Attraktivität?
− Das Attraktivitäts-Stereotyp: Attraktiven Menschen werden positive Eigenschaften zugeschrieben:
freundlich, herzlich, selbstbewusst, sozial kompetent … (s. Kapitel 3)
− Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung: Telefongespräch mit "attraktiver" oder "unattraktiver"
Partnerin beeinflusst deren Verhalten (Snyder, Tanke & Berscheid, 1977).
haben wir schon vorher mal ausführlich besprochen...
−
Wer achtet auf Attraktivität?
− Personen mit hohem "self-monitoring"
also die, die mehr auf soziale Normen achten
−
−
Männer mehr als Frauen
unabhängig vom Geschlecht des Partners/der Partnerin
Frauen in Abhängigkeit vom Menstruationszyklus
um den Eisprung wird das Aussehen des Partners wichtiger
Hinweis auf biologische Dimension
Interaktion / Nähe
Wir mögen die, mit denen wir zusammen sind und interagieren.
− Nähe bedingt häufige Interaktion
z.B. mit meinem Nachbar interagiere ich mehr als mit jemandem in einer anderen Straße
−
−
−
Personen, die uns nah sind, …
…helfen uns, Probleme zu bewältigen, liefern Information, bieten soziale Vergleichsmöglichkeiten (Motiv
der Kontrolle)
…lassen uns emotionale Wärme und Akzeptanz erleben (Motiv der Verbindung mit anderen)
Vertrautheit allein (ohne Interaktion) führt zu positiveren Einstellungen – "mere exposure effect"
Interaktionen können auch negativ sein – dann führen Nähe und Interaktion zu weniger Sympathie
wenn Abneigung schon da und ich muss mit demjeniger interagieren: Häufigkeit fördert dann Abneigung
kommt aber seltener vor
Ähnlichkeit
Wir mögen Personen, die uns ähnlich sind.
− Freunde sind einander ähnlicher als Nichtfreunde (hinsichtlich Alter, Familienstand, Intelligenz usw.; Hays,
1988).
− Einstellungsähnlichkeit ist besonders wichtig (Byrne, 1971).
− Wie wirkt Ähnlichkeit auf Anziehung?
− Ähnlichkeit der Einstellungen fördert Interaktion; wir meiden die Interaktion mit unähnlichen Anderen
(Rosenbaum, 1986).
− Erwartung: Wir erwarten, dass ähnliche andere uns mögen.
− Soziale Validierung unserer eigenen Einstellungen – Einstellungsähnlichkeit ruft positive Gefühle
hervor, die auf den Träger der Einstellung übertragen werden.
−
−
Dryer & Horowitz: Interessanter Befund: Die komplementären Paare nehmen sich als ähnlicher wahr, wenn sie mit der
Interaktion zufriedener sind.
−
Siehe auch „matching principle“
11.2 Den begriff "mere exposure effect" kennen und erläutern.
− Vertrautheit allein (ohne Interaktion) führt zu positiveren Einstellungen – "mere exposure effect" (Zajonc,
1980; Moreland & Beach, 1992)
−
Studie von Moreland & Beach: im Hörsaal Konfidenten eingeschleust, die nie was sagten, zu spät kamen (damit alle sie
sahen), Häufigkeit variiert: je häufiger sie da waren, desto sympathischer wurden sie eingeschätzt
Wenn wir also jemanden häufig sehen, finden wir ihn sympathischer als jemand völlig Neues. Dies kann auch auf
Objekte, Produkte, Aussagen oder Meinungen zutreffen
11.3 Das Matching-Prinzip erläutern.
− Suchen Menschen gezielt nach ähnlichen Partnern für Freundschaften und Beziehungen?
− "Ja" sagen Vertreter des "matching principle". Unattraktive Vpn wählen weniger attraktive
PartnerInnen bei "Computer-Dating" – sogar dann, wenn keine Möglichkeit der Zurückweisung besteht
(Berscheid et al., 1971).
Effekt selbst wenn Zusicherung, dass ausgesuchtes Date auch statt finden wird: keine Angst, dass jemand einem
von vornherein keine Chance geben und nicht kommen wird
−
"Nein" sagen Kritiker. Gegenhypothese: Personen suchen maximal attraktive PartnerInnen;
"matching" resultiert nur, weil weniger attraktive Personen von attraktiveren Zielpersonen eher
zurückgewiesen werden.
Kritik an Berscheid: alle suchen maximal attraktiv/freundlich/reich... Machting ist nicht als Motiv handlungsleitend:
erst attraktive Menschen weg, bleiben mittlere übrig, am Ende nur noch wenig attraktive da, die sich dann nehmen
„müssen“


Evidenz aus Computersimulationen (Kalick & Hamilton, 1986)
"Pairing Game" (Ellis & Kelley, 1999)
11.4 Die wechselseitigen Beziehungen zwischen Interaktion, Ähnlichkeit und Sympathie
skizzieren.
Kreislauf:
Leute, die wir mehr mögen, halten wir für uns ähnlicher, so dass mehr mehr mit ihnen interagieren und so weiter...
Andersrum: mit Leute, mit denen wir interagieren stellen wir eher Ähnlichkeiten fest, wodurch wir sie mehr mögen...
11.5 Beschreiben, wie sich die Art der Beziehung von der Bekanntschaft zur Freundschaft
verändert. Dabei die Begriffe "Austauschbeziehung" und "freundschaftliche Beziehung"
("communal relationship") einordnen können.
− Übergang von Sympathie, die sich auf individuelle Merkmale (wie z.B. Attraktivität) gründet, …
− … zu Freundschaft, die sich auf die spezifische Geschichte der Interaktion zwischen zwei Personen – d.h.
deren Beziehung – gründet.
− gegenseitige Sympathie
− Faktoren, die allgemein Anziehung bewirken, treten bei Beziehungen in den Hintergrund
−
−
−
in frühen Phasen ist Sympathie nicht immer gegenseitig: keine Freundschaft/Beziehung entsteht
Faktoren von erstem Eindruck unwichtig (siehe erstes Semester)
Art der Beziehung ändert sich im Verlauf
− zu Beginn: Austauschbeziehung ("exchange relationship") – Ertrag soll proportional zur Investition
sein (Equity-Theorie); bei "Inequity" sind beide Partner weniger zufrieden als bei Equity (Walster
et al., 1978)
Motiv der Kontrolle
Austauschbeziehung: Nicht mehr investiert als zurückbekommen, bei Inequity auch der unzufrieden, der mehr
bekommt (Schuldgefühle...)
−
später: Übergang zu freundschaftlicher Beziehung ("communal relationship") – Hilfe für den
Freund als Ausdruck der Wertschätzung ohne Erwartung von Gegenleistung
11.6 Den Begriff "self-disclosure" erläutern und dabei auf Geschlechtsunterschiede
eingehen.
− "Self-Disclosure" (SD) als Merkmal von Freundschaften
Definition: SD ist Kommunikation über intime Themen wie eigene Gefühle, Probleme
Übersetzung in etwa Selbst-Enthüllung
−
−
−
−
nimmt im Verlauf einer Beziehung zu
Effekte: SD erhöht Sympathie (solange nicht überzogen); regt Partner seinerseits zu SD an (Derlega,
Wilson & Chaikin, 1976) – Norm der Gegenseitigkeit
Geschlechtsunterschiede: SD bei Freundschaften zwischen Frauen und in heterosexuellen
Beziehungen stärker ausgeprägt als bei Freundschaften zwischen Männern (Reis, 1986).
Aber: Männer setzen in frühen Phasen einer heterosexuellen Beziehung SD gezielt ein, um größere
Intimität zu erreichen (Derlega et al., 1985).
11.7 Drei Formen der Interdependenz in engen Beziehungen kennen und anhand von
Beispielen aus Forschung oder Alltag erläutern.
−
Interdependenz = Gedanken, Gefühle, Verhalten des einen Partners beeinflussen den anderen (kognitive,
affektive, Verhaltens-Interdependenz)
Wechselseitige Abhängigkeit
−
−
Enge Beziehungen sind definiert durch ausgeprägte und häufige Interdependenz in verschiedenen
Lebensbereichen
− nicht definiert durch positive Gefühle
− Konflikte in engen Beziehungen können intensive negative Gefühle hervorrufen
Liebe = "die Gedanken, Gefühle und Handlungen, die mit dem Wunsch verbunden sind, eine enge
Beziehung mit einer bestimmten Person einzugehen oder aufrecht zu erhalten" (Aron & Aron, 1991)
Diese Definition schließt enge Freundschaften und verwandtschaftliche Beziehungen ebenso ein wie
langfristige sexuelle Beziehungen
kognitive, gefühlsmäßige Verhaltensbeziehung, Motivation (Beziehung zu erhalten)
−
Forschung über enge Beziehungen
− Meist nicht-experimentell
− Ursache-Wirkung nicht immer gut zu trennen
− Gelegenheitsstichproben
meist nicht repräsentativ
USA / Studierende / verheiratete Paare
weniger Forschung über gleichgeschlechtliche Beziehungen
− wenig zu kulturellen Unterschieden
Forschung zu drei Aspekten der Interdependenz:
kognitiv, verhaltensbezogen, affektiv
− Kognitive Interdependenz
Partner wird "Teil des Selbst" – die üblichen Selbst-Fremd-Unterschiede in der sozialen Wahrnehmung
verschwinden (vgl. Kapitel 3 und 4)
− Self-Disclosure: Man kennt die Gedanken und Gefühle des Partners so gut wie seine eigenen
− Wissensmenge: Man beobachtet den Partner in vielfältigen Situationen
− Perspektive: Man denkt über Ereignisse vom Standpunkt des Partners aus nach
− Kontrolle: Man kann (aufgrund der Interdepen-denz) Handlungen des Partners fast ebenso gut
beeinflussen und steuern wie die eigenen
−
−
−
−
Einschränkung von Herrn Bohner: nicht so gut wie beim selbst, aber besser als bei allen anderen
−
Kognitive "Verwechslungen" (Aron et al., 1991):
Vpn sollen am PC angeben, ob bestimmte Eigenschaften auf sie selbst zutreffen
Antworten langsamer bei Eigenschaften, die sie nicht mit ihrem Partner gemeinsam haben
Verschmelzen: „Bin das jetzt ich oder ist das mein Partner?“
Kognitive Verzerrungen ("valuing me and mine") (Agnew et al., 2001)
− Die beiden Partner stimmen zwar gut überein, sind aber weniger akkurat als Außenstehende
− FreundInnen eines der Partner konnten die Dauerhaftigkeit einer Beziehung besser vorhersagen
als das Paar selbst
− Verhaltensbezogene Interdependenz
"Transformation" im Austausch von Belohnungen
− Je enger die Beziehung, desto weniger steht der eigene individuelle Nutzen im Vordergrund
− Entscheidungen auch im Interesse des Partners
− Studie von Aron et al. (1991): Vp teilt Geldbetrag zwischen sich und Freund oder zwischen sich und
fremder Person auf; entweder anonym oder nicht
Der "gute Wille" zählt
− Tatsächliches Verhalten des Partners weniger wichtig als Attributionen hinsichtlich seiner Motive
−
−
−
z.B. furchtbares Geschenk wird übergesehen, weil das Motiv wichtiger ist und die Beziehung fördert
−
Attributionen in engen Beziehungen sind oft positiv verzerrt ("valuing me and mine")
Negatives Verhalten des Partners wird mit situativen Einflüssen "wegerklärt"
Positives Verhalten des Partners wird auf stabile und interne Ursachen (wie Liebe und Verständnis)
zurückgeführt (Fletcher & Fincham, 1991)
−
Paare mit solchen Verzerrungen sind meist glücklicher
Affektive Interdependenz
Gefühle der Vertrautheit ("intimacy") und der Festlegung ("commitment")
Intimität = positive emotionale Bindung, die Verständnis und Unterstützung einschließt
− zentrale Belohnung in engen Beziehungen
− wächst mit der Zeit über positive Interaktionen (v.a. Self-Disclosure)
Festlegung = Wunsch, die Beziehung lange aufrechtzuerhalten, und Stärke der emotionalen Bindung an
den Partner
− wächst ebenfalls mit der Zeit
− beinhaltet Vertrauen, sich auf den Partner verlassen zu können
− Festlegung hängt nach Rusbult (1983) ab von:
− Zufriedenheit mit der Beziehung (aktuelle Belohnungen)
− wahrgenommenen Alternativen (potentielle Belohnungen in anderen Beziehungen)
−
−
−
−
−
in schlechter Beziehung glücklicher wenn wahrgenommene Alternativen noch schlechter
Hindernissen, die Beziehung zu verlassen (z.B. bisher investierte Zeit, Geld, gemeinsame
Freunde)
− Kognitive Verzerrungen tragen zu Festlegung bei
Simpson et al. (1990): Studierende in fester Beziehung schätzen alternative Partner als weniger
attraktiv ein
− Festlegung ist guter Prädiktor für die Dauer einer Beziehung
Individuelle Unterschiede und Beziehungstypen
− Personen unterscheiden sich hinsichtlich ihres Strebens nach Intimität und ihres Vertrauens in den
Partner
−
−
11.8 Den Begriff "Bindungsstil" erläutern; die ungefähre Verteilung der erwachsenen
Bevölkerung auf die vier Bindungsstile nach Bartholomew und Horowitz kennen;
Zusammenhänge zwischen Bindungsstil und Interaktionen der Partner in bedrohlicher
Situation beschreiben.
− Bindungsstile (Bowlby, 1969) = Grundlegende Orientierungen in engen Beziehungen. Basieren auf
allgemeinen Vorstellungen von sich selbst und anderen
−
−
−
−
−
mentale Modelle von sich selbst und anderen
Ursprünge in der Kindheit, in frühen Beziehungen zu Pflegepersonen
Relativ stabil, aber Erfahrungen im Erwachsenenalter können Bindungsstil noch beeinflussen
Stile als Persönlichkeitsmerkmale
Stile:
Positive view of self
−
Negative view of self
Positive view of others
Secure: sense of self as lovable an Preoccupied: sense of self as
of others as accpecting
unworthy, leading to striving for
acceptance by valued others
Negative view of others
Dismissing: sense of self as
lovable but doubts about others,
leading to avoidance of close
relationships
secure
Fearful: sense of unworthyness
combined with expectations that
others will be untrustworthy and
rejecting
= sicher
am besten, zeigt beste Beziehungen
−
preoccupied
= ängstlich-ambivalent ( auch "besitznehmend")
oft überbehütete Kindheit, anhängliche Verhaltensweisen, verliebt sich am häufigsten immer wieder neu
−
−
dismissing
= gleichgültig-vermeidend (auch "ablehnend")
fearful = ängstlich-vermeidend
dismissing und fearful im ursprünglichen Modell noch eine gemeinsame Kategorie
−
Verteilung der Bindungsstile bei Erwachsenen
− Deutsche Stichprobe (Doll, Mentz & Witte, 1995)
erhoben von der Zeitschrift „Brigitte“, keine signifikanten Unterschiede zur US-Stichprobe
−
42 % sicher
28 % ängstlich-ambivalent
20 % gleichgültig-vermeidend
11 % ängstlich-vermeidend
− US-Stichprobe (Hazan & Shaver, 1990)
50 % sicher
19 % ängstlich-ambivalent
30 % vermeidend (nicht weiter unterteilt)
Effekte des Bindungsstils auf Interaktionen mit dem Partner (Simpson et al., 1992)
Untersuchung: experimentell, Paare kommen gemeinsam zur Studie, Frauen wird Angst gemacht, anschließend
Wartesituation mit versteckter Kamera
−
−
In bedrohlicher Situation suchten Frauen mit sicherem und ängstlich-ambivalentem BS eher soziale
Unterstützung durch ihren Partner als Frauen mit vermeidendem BS
Männer mit sicherem BS boten am meisten Unterstützung an
z.B. durch Einnahme ihrer Perspektive, Angebot von Hilfe
−
Wenn Unterstützung angeboten wurde, dann war sie auch generell hilfreich, selbst wenn die Frau sie
nicht aktiv gesucht hatte
11.9 Effekte sozialer Unterstützung auf Gesundheit und Langlebigkeit kennen.
− Enge Beziehungen sind Quellen sozialer Unterstützung (= Ressourcen zur Bewältigung von Stress und
kritischen Lebensereignissen)
− Trägt deutlich zu physischer Gesundheit bei
− Soziale Unterstützung und Lebensdauer
von Berkmann: Unterstützung z.B. Anspreckpartner bei Stress, etc.
Versuchspersonen bei Beginn zwischen 30 und 45, neun Jahre später Erhebung der Lebensdauer
Die Lebenserwartung derjenigen Personen mit der meisten sozialen Unterstützung war am höchsten
Am wichtigsten: Emotionale Unterstützung (wichtiger als konkrete Problemlösungen)
− Frauen bieten mehr emotional Unterstützung an als Männer
− Interaktionen mit Frauen sind daher der Gesundheit eher förderlich
Soziale Unterstützung verstärkt auch die Effekte positiver Erlebnisse
−
−
−
11.10 Erläutern, wie sich "Liebe" wissenschaftlich definieren lässt.
Geschlechtsunterschiede in und kulturelle Einflüsse auf Einstellungen zu Liebe und
Sexualität kennen (u.a. Einstellungen zu unverbindlichem Sex; Auslöser von Eifersucht).
− "Liebe" im Alltagsverständnis breites Konzept (Mutterliebe, freundschaftliche Liebe, platonische Liebe,
Geschwisterliebe...)
− Leidenschaftliche Liebe = Beziehung, die (Wunsch nach) Sexualität beinhaltet (engl.: "romantic love")
− Liebe als Emotion: physiologische Erregung + situative Hinweise, dass Liebe die angemessene
Interpretation ist (Berscheid & Walster, 1974)
z.B. Freude, die geliebte Person zu sehen
−
Befunde zum Erregungstransfer stützen dieses Modell
Studie: Interview von Männern mit attraktiver Frau auf sicherer und gefährlicher Brücke: in gefährlicher Situation
wurde die Erregung durch die Gefahr missverständlich als Erregung durch die Frau wahrgenommen: Männer haben
eher geflirtet und nach Telefonnummer gefragt
−
−
−
Geschlechtsunterschiede
Männer verlieben sich leichter als Frauen
Kulturelle Einflüsse
− "Romantische Liebe" wird in individualistischen Kulturen höher bewertet
− diese wird in kollektivistischen Kulturen oft als sozial störend angesehen
Einstellungen zur Sexualität
− Umfragen in USA zeigen allgemein negative Einstellungen zu außerehelichem Sex und zu
Homosexualität
Akzeptanz von außerehelichem Sex nimmt zu
−
Geschlechtsunterschiede in Verhalten und Einstellungen
− Männer als Initiatoren, Frauen als "gatekeepers"
− Einstellungen zu unverbindlichem Sex (= Soziosexualität; Schmitt, 2005)
Soziosexualität: entweder kurzfristige oder langfristige Orientierung
Unterschiedliche Auslöser von Eifersucht (Buss et al., 1992)
Evolutionäre und soziokulturelle Erklärungen
Einstellung zu unverbindlichem Sex: Studie von Clark & Hatfield (1989):
− Studierende werden von einer fremden Person des anderen Geschlechts angesprochen und um eine
Verabredung gebeten
−
−
−
Konfidenten auf einem Uni-Campus
Experimentelle Variation der "Direktheit"
− während es keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen bei der Frage gibt, ob sie mit dem
Konfidenten ausgehen, gibt es goße Unterschiede bei den Fragen ob die VP mit in die Wohnung oder
inst Bett geht: Frauen sagen so gut wie gar nicht zu, Männer zu ca. 70 jeweils
Auslöser von Eifersucht: Studie von Buss, Larsen, Westen & Semmelroth (1992)
Evolutionspsychologie :
− Anpassungsproblem für Männer: Unsicherheit der Vaterschaft
− Anpassungsproblem für Frauen: Sicherung von Ressourcen des Partners für ihre Nachkommen
Hypothesen:
− Männliche Eifersucht wird v.a. durch Hinweise auf sexuelle Beziehungen der Partnerin zu einem
anderen Mann ausgelöst
− Weibliche Eifersucht wird v.a. durch Hinweise auf emotionale Bindung des Mannes an eine andere
Frau ausgelöst
− Studie von Busse et al (1992) mit Fragebogenstudie: Robuster Geschlechtsunterschied; inzwischen
vielfach repliziert
− Befunde auch im Einklang mit soziokulturellen Erklärungen (Wood & Eagly, 2002) – Einflüsse von
Biologie und Kultur oft schwer zu trennen
Sexualität im Kontext enger Beziehungen
− Sexuelle Aktivität positiv korreliert mit Zufriedenheit in Beziehung
aber: Kausalrichtung unklar
− Zusammenhang nicht spezifisch für Sex: Zufriedene Paare tun auch viele andere positive Dinge
häufiger gemeinsam
− Geschlechtsunterschied: Für Frauen sind Intimität und emotionale Wärme wichtiger, für Männer
abwechslungsreiche und häufige sexuelle Aktivität
− Unterschiede nehmen mit zunehmendem Alter ab; aber die Mehrheit der über 80-jährigen ist sexuell
aktiv
−

−
11.11 Die Lernziele zu 11 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Verzerrte Attributionen führen zu idealisiertem Bild vom Partner.
− Universalität sozialer Einflüsse
Partner wird Teil des Selbst, beeinflusst Gedanken, Gefühle und Verhalten.
− Motiv der Kontrolle (Mastery)
Beziehungen helfen uns, Belohnungen zu erhalten und Zufriedenheit zu erreichen (=> soziale
Unterstützung).
− Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness)
Beziehungen erzeugen Gefühle der Verbundenheit und Zugehörigkeit.
−
−
ganz zentrales Motiv für Beziehungen...
Motiv des Selbstwerterhalts (valuing me and mine)
Wir sehen Partner und Beziehung in positivem Licht.
12. Interaktion in Gruppen
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 12 ohne Abschnitt "How Groups Change: Stages of Group
Development" (pp. 446-450); Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Diehl & Stroebe (1987).
12.1 Erläutern, wie die bloße Anwesenheit anderer "soziale Erleichterung” bewirkt und
welche Prozesse daran beteiligt sind.
− Welche Auswirkungen hat die bloße Gegenwart anderer Menschen?
− Social Facilitation Theory (Zajonc, 1965): Verbesserung und Verschlechterung der Leistung möglich
durch Arousal als angeborene Reaktion auf Andere
Theorie der sozialen Erleichterung
− Vermittelnde Prozesse statt angeboren:
− Angst vor Bewertung (Cottrell et al., 1968) => Arousal
− Verbesserung bei gut gelernten, einfachen Aufgaben
− Verschlechterung bei neuen, komplexen Aufgaben
− Ablenkung (Sanders, 1981) => Arousal
Arousal als Ablenkung: unangenehmes Gefühl, wenn andere da sind („Sitzen meine Haare richtig?“)
−
−
−
− Verschlechterung durch Doppelbelastung
Social Facilitation:
Erhöhung der Wahrscheinlichkeit hoch zugänglicher Reaktionen, Verringerung der Wahrscheinlichkeit
weniger zugänglicher Reaktionen, hervorgerufen durch die Gegenwart Anderer
Hoch zugänglich = dominant
Wenn korrekt, Verbesserung
Weniger zugänglich = nondominant
Wenn nicht korrekt, Verschlechterung
12.2 Den Begriff "Crowding" erläutern.
Bloße Anwesenheit einer Menge anderer Menschen, kulturabhängige Definition
− Arousal
Beispiel für kulturabhängige Unterschiede: U-Bahn-Schubser in Tokyo (für uns wäre das
normal)
−
−
−
fürchterlich, dort ist es
Verbesserung bei einfachen, Verschlechterung bei schwierigen Aufgaben (z.B. Hillery & Fugita, 1975,
Paulus et al., 1976)
Kritische Auswirkungen bei Überfüllung: Verschlechterung des Allgemeinbefindens, Aggressivität,
Mortalität (z.B. Karlin, Rosen & Epstein, 1979)
Gegenmittel: Gefühl der Kontrolle (z.B. J. Rodin, Solomon & Metcalf, 1978)
ab einer bestimmten Menge gibt es generell negative Auswirkungen (weniger negativ, je mehr Kontrolle man hat: Beispiel
überfüllter Fahrstuhl – bei allen geht der Blutdruck hoch, aber am wenigsten bei der Person an den Schaltern -> größte
Kontrolle
12.3 Im Kontext von Gruppenleistung verschiedene Aufgabentypen kennen und anhand
von Beispielen illustrieren.
− Begriffsklärungen
Arten von Gruppeninterdependenz:
− Aufgabenbezogene Interdependenz = zur Zielerreichung braucht man Andere
− Secondary Groups
− Soziale Interdependenz = für Gefühle von Verbindung, soziale und emotionale Belohnungen und eine
positive soziale Identität braucht man Andere
− Primary/Intimacy Groups
− Erfolgreiche Etablierung von beiden Formen nötig für Erreichen von Produktivitätszielen (Mastery Goals)
und sozialen Zielen (Connectedness Goals)
− Aufgabenarten beeinflussen Art der Interdependenz:
− Additiv (z.B. Tauziehen oder Klatschen)
die Endleistung ist die Summe der Anstrenung aller
−
Disjunktiv (z.B. Werbeslogan entwickeln)
die Leisung ist gemessen am Besten der Gruppe (Limit)
−
Konjunktiv (z.B. Fließbandarbeit)
die Leistung ist gemessen am Schlechtesten der Gruppe (Limit)
−
Komplex (z.B. Europameisterschaft gewinnen)
Je komplexer, desto überragender kann das Endergebnis im Vergleich zu Individualleistungen sein
Mischung aus den drei oberen Faktoren
12.4 Verschiedene Arten von Prozessverlusten bei der Gruppenarbeit kennen und
erläutern.
Potenzielle Leistung minus Prozessverluste plus Prozessgewinne = Gruppenleistung
− Gründe für Prozessverluste:
− Motivationsverluste
− Koordinationsverluste
− Systematische Untersuchung bei Schreiaufgabe
(Latané, Williams & Harkins, 1979): Prozessverluste nehmen mit Gruppengröße zu
− Beliebter Untersuchungsgegenstand: Brain Storming Aufgaben (Osborn, 1953)
Belege für massive Prozessverluste (z.B. Mullen et al., 1991), ungebrochene Popularität
Nominal-/Pseudogruppen (Einzelleistungen aufsummiert) kommen zu mehr (Quantität) und besseren (Qualität) Ideen als
echte/natürliche Gruppen
−
Motivationsverlust: Social Loafing 1
„Trittbrettfahrer“
−
−
Tendenz, sich weniger anzustrengen, als man es allein tun würde, wenn die individuellen Anteile an
der Gruppenleistung nicht identifizierbar sind
Abhängig von
− Aufgabenart
Wichtigkeit, Involviertheit, Grad der Interessantheit
−
Grad der Interdependenz und der individuellen Verantwortung
je größer die Gruppe, desto mehr Social Loafing
−
Bewertungsstandard
bei klaren Standards wird das Ergebnis besser
−
Motivationsgrad der Anderen
wenn andere motiviert sind, kann das mitreißen
−
Identifikation mit der Gruppe, Connectedness
bei geteilten Werten, niemand will das schwarze Schaf sein
−
Kultur
kollektivistische Kulturen sind eher an der Gruppenleistung orientiert
−
Geschlecht
bei Frauen gibt es weniger Social Loafing als bei Männern
−
Motivationsverlust: Social Loafing 2
− „Illusion der Gruppenproduktivität“: Überschätzung der Gruppenleistung, daher zurückfahren der
eigenen Leistung (z.B. Paulus et al., 1993)
Möglicher gegenläufiger Effekt: Soziale Kompensation
Bei hoher Aufgaben- und Sozialer Interdependenz strengen sich Gruppenmitglieder extra an, um
Faulheit Einzelner zu kompensieren (z.B. Karau & Williams, 1997)
− Motivationsverlust 2: Emotionen (z.B. Barsade, 2002)
− „Ansteckungsgefahr“ bei schlechter Laune von Individuen
− Mehr Konflikt
− Weniger Kooperation
− Weniger wahrgenommene aufgabenbezogene Leistung
Koordinationsverluste
− Koordination essentiell für Gruppenleistung:
− Klarheit über individuelle Rollen und Bedeutung für Gruppenziel
− Klarheit über verfügbare Ressourcen
− Klarheit über Fähigkeiten und Schwächen Anderer
Nähreres dazu bei Diehl & Stroebe (1987): Warum ist Brain Storming in Gruppen weniger effektiv als
Brain Storming allein?
−
−
−
12.5 Diehl und Stroebes Serie von Schlüsselstudien zu Prozessverlusten beim
Brainstorming im Detail kennen und diskutieren (Fragestellung, Prüfung bestimmter
Erklärungsansätze in den einzelnen Studien, Versuchsaufbauten, abhängige
Variablen, Befunde, Interpretation).
12.6 Zusammenhänge zwischen Aufgabenart, Persönlichkeit und Situation bei
Führungsverhalten diskutieren. Dabei Fred Fiedlers Kontingenzmodell der Führung kritisch
erläutern. Auf Geschlechtsstereotypen im Zusammenhang mit Führung eingehen.
− Führung = Prozess, in dem einem oder mehreren Gruppenmitglied(ern) erlaubt wird, andere zu
beeinflussen und zu motivieren um Gruppenziele zu erreichen
=> Gruppe weist Führungsperson(en) die Autorität zu
− Führungsaufgaben:
− Aufgabenorientiert (Mastery): Anweisungen geben, schlechte Leistungen kritisieren, Koordinieren
− Beziehungsorientiert (Connectedness): offen, freundlich und zugänglich sein, Mitglieder
gleichberechtigt behandeln, Meinungen berücksichtigen
− Führung = Person oder Situation?
− Person: Charismatische, Transaktionale Führungspersönlichkeiten
z.B. Jesus, Mohammed, Buddha, Mahatma Gandhi, Barak Obama (?)
− Situation: Ein- und dieselbe Person kann in einer Situation eine tolle Führungskraft sein, in
anderen eine fürchterliche
− Beziehungsorientiertes Führungsverhalten verbessert konsistent Gruppen“moral“, Motivation,
Arbeitszufriedenheit
− Aufgabenorientiertes Führungsverhalten weniger konsistent: Starke Variation über Gruppenund Aufgabentypen
− Orientierung weg von charismatischen Persönlichkeiten:
Fiedlers Kontingenztheorie (Fiedler, 1964)
− Führung: Fiedlers Kontingenztheorie
− Annahme: Führungspersonen sind entweder aufgaben- oder beziehungsorientiert, Aufgaben
erfordern entweder aufgaben- oder beziehungsorientierten Führungsstil
− Notwendig: Passung (Kontingenz) zwischen Führungsstil der Person und Anforderungen der
Situation an die Führungsaufgabe
-> der richtigen Person muss die richtige Aufgabe zugewiesen werden
−
Probleme mit Fiedlers Kontingenztheorie:
− Komplexe Aufgaben erfordern beide Führungsstile
Unterschiedliche Gruppen erfordern beide Führungsstile zu unterschiedlichen Zeiten
Zentrales Merkmal einer guten Führungsperson: Flexible Fähigkeit, beide Führungsstile zum
genau passenden Zeitpunkt gegenüber den richtigen Personen und den richtigen Gruppen bei
den richtigen Aufgaben einzusetzen
Stereotype und Führung: Einfluss des Geschlechts
− Männer und maskuline Personen werden eher…
 als Führungspersonen behandelt (z.B. Judge & Cable, 2004)
 für Führungspositionen eingestellt und für effektiver gehalten (z.B. Sczesny & Kühnen, 2004)
•
Aber:
Frauen haben mindestens gleichen, häufig größeren, nur beim Militär geringeren Führungserfolg auf
den Dimensionen connectedness, Kohäsion, Mastery, Aufgabenbewältigung (z.B. Eagly, Makhijani &
Klonsky, 1992)
•
Dennoch:
•
Wahrnehmung weiblicher Führungskräfte durch Andere immer noch schlechter, selbst bei
identischem Verhalten (z.B. Eagly & Carli, 2003)
−
−
−
=> Verluste für Wirtschaft, Arbeitszufriedenheit, Chancengleichheit
12.7 Kommunikation in Gruppen diskutieren hinsichtlich ihrer Inhalte, der
Kommunikationswege
und -medien.
− Notwendiges Mittel zum Erreichen von Gruppenleistung
− aufgabenbezogene und soziale Kommunikation
− Formelle und informelle Kommunikationswege
Einfache Aufgaben
Komplexe Aufgaben
− Kommunikationsströme
− Gute Nachrichten steigen schnell nach oben, schlechte nicht
− potenziell hoch problematisch; Wissen über Gefahren erreicht Entscheidungsträger und
Entscheidungsträgerinnen nicht
− Wenn formelle Kommunikationswege den Bedürfnissen der Beteiligten nicht genügen => informelle
Kommunikationswege
 Technologie und Kommunikation
 Vorteile der Kommunikation mit elektronischen Medien:
− Meist aufgabenzentrierte, effektive Kommunikation
− Statusproblematik taucht nicht auf, wenn Status nicht kenntlich
− Bei einfachen Aufgaben geeignet
− Vorteile der traditionellen (face-to-face) Kommunikation:
− Fördert Vertrauen
− Fördert Connectedness
− Fördert Solidarität
− „Küchengespräche“ und „Flurfunk“ sind unschätzbare Quelle von Informationen
− Neu: Computer als Gruppenmitglied
12.8 Die Lernziele zu 12 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Soziale Konstruktion der Realität:
Gruppen definieren für ihre Mitglieder Aufgaben und Ausführungsregeln.
− Universalität sozialer Einflüsse:
Interaktion und Interdependenz in Gruppen beeinflussen die Leistung bei vielfältigen Aufgaben.
− Motive:
Gruppen helfen dem Individuum bei der Aufgabenbewältigung (Kontrolle), bieten Gefühl der
Zusammengehörigkeit (Verbindung mit anderen, Connectedness) und Identität (Selbstwert); Mitglieder
handeln im Interesse der Gruppe (kollektiver Selbstwert).
13. Aggression und Konflikt
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 13 komplett; Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Berkowitz
& LePage (1967).
13.1 Die Begriffe Aggression und Konflikt definieren.
− Aggression = Verhalten, das in der unmittelbaren Absicht ausgeführt wird, jemandem zu schaden
− langfristiges, übergeordnetes Ziel kann ein anderes sein
Beispiel: Foul beim Fußball: Auswirkung (unmittelbar): Aggression, Ziel (übergeordnet): Tor verhindern
− Aggression oft Folge von Konflikt
− Konflikt = wahrgenommene Unvereinbarkeit der Ziele zweier oder mehrerer Parteien
− Oft um Kontrolle über materielle oder soziale Ressourcen
manchmal ist der Konflikt nur der subjektiv wahrgenommene: zwei Mitbewohner wollen die letzte Orange und teilen
sie in der Hälfte, dabei wollte der eine den Saft und der andere die Schale und jeder hätte alles haben können
13.2 Instrumentelle Aggression und feindselige Aggression voneinander abgrenzen;
erklären, wie jede dieser Formen interpersoneller Aggression entsteht (Motive;
Umweltbedingungen; Normen).
− instrumentelle Aggression
= Aggression als "Mittel zum Zweck", um Belohnungen zu erhalten
− Motiv: Kontrolle (mastery)
− feindselige Aggression (auch: "emotionale Aggression", "Ärger-Aggression")
= Aggression, die durch Ärger über Provokation ausgelöst ist
− Motive: Selbstwertschutz (valuing me and mine), Verbindung mit anderen (connectedness)
− Nicht immer scharf zu unterscheiden
Beispiele
Schlägerei in einer Kneipe (Provokation etc. aber auch in der Öffentlichkeit „Ehre verteidigen“), häusliche Gewalt,
körperliche Züchtigung, Vandalismus
auch bei feindseliger Aggression findet man hinterher oft eine „Erklärung“ z.B. um vor Gericht mildernde Umstände zu
bekommen etc.
−
Methoden der Aggressionsforschung
− Beobachtungsstudien, meist mit Kindern
− Laborexperimente
-> besser für Ursache-Wirkung-Zusammenhänge
Vpn setzen im Rahmen einer Coverstory andere (KonfidentInnen) einer negativen Behandlung aus
(Elektroschocks, Lärm etc.)
− Konstruktvalidität?
durch Coverstory Erklärung, deshalb wird oft versucht Labor und Feld miteinander zu verbinden
− Gute Übereinstimmung zwischen Labor und Feld
Wodurch wird Aggression ausgelöst?
−
Instrumentelle Aggression: Wahrgenommenes Verhältnis von Nutzen und Kosten (mastery)
− Persönliche Fähigkeiten (Körperkraft) reduzieren Kosten
− Kosten geringer für Männer als für Frauen
(weil sie weniger körperliche Kraft aufwenden müssen gegenüber Frauen)
−
−
"Gelegenheit macht Diebe" (oder Räuber)
Wahrgenommene Alternativen
Wer nichts mehr zu verlieren hat, handelt eher aggressiv
Beispiele: Gewalt gegen Minderheiten in Südafrika, Geiselnahmen (hier möglichst keine Zugeständnisse machen,
um die Kosten größer darzustellen als den Nutzen -> scheint langfristig besser zu wirken)
Ein Filmplot, der das alles hervorragend illustriert: "Ransom" (1996)
Feindselige Aggression: Emotionale Reaktion auf Provokation oder auf Bedrohung des
Selbstwertgefühls (valuing me and mine) oder einer Gruppenidentität (connectedness)
− Extreme Emotion kann zu völliger Missachtung offensichtlicher Risiken und Kosten führen
−
−
-> führt zu Aggression, selbst wenn mögliche Strafen sehr hoch sind
−
Ärger als Reaktion auf Mangel an Respekt oder auf Beleidigung
− besonders, wenn öffentlich
Untersuchung von Morden: Wahrscheinlichkeit höher, wenn Zeugen anwesend sind
−
−
Individuelle Differenzen:
− Personen mit geringem Selbstwertgefühl und
− Personen mit narzisstischer Persönlichkeit (= hohem, aber instabilem Selbstwertgefühl)
− reagieren auf soziale Zurückweisung besonders häufig mit Aggression
Nicht nur Ärger, sondern auch andere negative Gefühle verursachen feindselige Aggression:
“We’re nasty when we feel bad” (Berkowitz, 1993)
Berkowitz: jegliche negative Befindlichkeit kann zu Aggression führen, auch z.B. Unwohlsein bei hohen
Temperaturen)
Frustration
Schmerz
− Furcht
− Gereiztheit (z.B. ausgelöst durch hohe Außentemperatur:)
Normen können Aggression fördern oder einschränken
− Fast alle Gesellschaften regulieren Aggression durch Normen
− Manche Normen lassen Aggression als angemessenes Verhalten erscheinen oder senken die mit
Aggression verbundenen Kosten:
−
−
−
−
−
−
−
auch wenn dies gar nicht ihre ursprüngliche Intention ist
Schutz der Privatsphäre der Familie macht Gewalt gegen Partnerin oder Kinder zur
"Privatangelegenheit"
In USA: das Recht, Schusswaffen zu tragen
“Kultur der Ehre”, z.B. in Teilen der amerikan. Südstaaten (Cohen & Nisbett, 1997)
Collegestudie mit Beleidigung auf dem Campus einer Uni: höhere Wertung von Ehre in den Südstaaten der
USA, möglicherweise Korrelation von Größe der Weidefläche und Anzahl der Morde eines Countys (aber auch
Einfluss durch hohe soziale Unterschiede)
-> WICHTIG: Südstaaten der USA, nicht Südamerika! (in dieser Studie von Cohen & Nisbett)
13.3 Erläutern, was man unter dem "Waffeneffekt" versteht; die zugehörige
Schlüsselstudie von Berkowitz und LePage (1967) im Detail kennen und diskutieren
(theoretischer Hintergrund, Hypothesen, Design, Versuchsablauf, abhängige Variablen,
Befunde, Interpretation).
− Kulturell vermittelte Hinweisreize machen aggressive Gedanken und Handlungen kognitiv zugänglicher
− "Waffeneffekt" (Berkowitz & LePage, 1967)
Beispiel USA: Gesellschaft macht Waffen kognitiv zugänglich
−
Ethnische Vorurteile können zur fälschlichen Wahrnehmung von Waffen beitragen (Payne, 2001)
bei schwarzen Personen werden Werkzeuge eher als Waffen identifiziert und „Shoot/Don't Shoot“-Experiment
z.T. mit tödlichen Konsequenzen, wie im Fall von Amadou Diallo 1999
Amadou Diallo: Farbiger, der erschossen wurde, als er vor seiner Haustür von der Polizei überrascht wurde und in
seine Tasche griff (vermutlich nur, um seinen Ausweis zu zeigen, hatte keine Waffe bei sich), es wurde von der
Polizei 41-Mal auf ihn geschossen, Bundesstaat New York
13.4 Die Rolle von Vorbildern bei der Entstehung von Aggression diskutieren; dabei
insbesondere auf Banduras Soziale Lerntheorie eingehen (Annahmen, empirische
Belege, Geschlechtsunterschiede; Anwendung auf das Thema "Gewalt in den
Medien").
(e) Vorbilder für Aggression
− Andere, die sich aggressiv verhalten, aktivieren aggressive Gedanken
− Aggressive Vorbilder vermitteln auch, dass Aggression angemessen und erfolgreich ist (oder
zumindest straflos bleibt)
− Mediengewalt
− Kinder als Zeugen häuslicher Gewalt
− Soziale Lerntheorie (Bandura):
− Lernen durch Beobachtung ("observational learning") als Abfolge von 4 Schritten, die kognitives und
operantes Lernen kombinieren.
Aufmerksamkeit
P nimmt Handlung eines anderen wahr
Behalten
P speichert das Wahrgenommene im Gedächtnis
Reproduktion
P führt eine Handlung aus, die das Wahrgenommene kopiert
Motivation
Konsequenzen bestimmen die Wahrscheinlichkeit, dass P Handlung erneut
ausführt
Experimente zum Beobachtungslernen aggressiven Verhaltens ("Bobo doll studies"):
−
Kinder (3 bis 6 Jahre alt) ändern durch die Beobachtung anderer ihr Verhalten.
z.B. Bandura (1965):
− 3 Versuchsbedingungen
Modellperson wird für aggressives Verhalten gelobt
Modellperson wird für aggressives Verhalten bestraft
Verhalten der Modellperson hat keine Konsequenzen
− AV: Verhalten der Vp gegenüber "Bobo"
− Fazit:
− Lernen am Modell spielt wichtige Rolle beim Erwerb aggressiven Verhaltens
− Beobachtung positiver Konsequenzen nicht notwendig (Selbstverstärkung?)
− Lernen am Modell im Alltag: Familie, Gleichaltrige, Medien.
− Geschlechtsunterschiede erklärbar durch
 unterschiedliche Verfügbarkeit männlicher und weiblicher Vorbilder
 geschlechtstypische Normen und Verstärkungsmuster
Mediengewalt und Aggression
− Gewalt ist in den Medien allgegenwärtig
− Besteht ein Zusammenhang zwischen Konsum von Mediengewalt und Aggressionsbereitschaft?
− Wenn ja, was ist Ursache, was Wirkung?
− Befund: Positive Korrelation zwischen Konsum von Mediengewalt und Gewaltbereitschaft
(Metaanalyse: Comstock & Paik, 1991).
Erleichternde Bedingungen:
 Wirksamkeit ("efficacy")
−
−
Aggression stärker, wenn Aggression im Film Wirksam war

Normativität ("normativity")
wenn auch die „Guten“ im Film Gewalt nutzen

Relevanz ("pertinence")
wie gut kann man sich in die Personen im Film hineinversetzen

Empfänglichkeit ("susceptibility")
Emotionalität
Problem bei korrelativen Studien: Selbstselektion (Kausalrichtung!)
Kausaler Einfluss belegt durch
Meta-Analysen über experimentelle Befunde, z.B. Wood, Wong & Chachere (1991) zu Studien mit
Verhalten in unstrukturierten Situationen:
−
Mittlere Effektstärke: Cohen's d = 0.40
•
•
−
Experiment mit Randomisierung (kurzfristige Messung, Vorher-Nachher)
−
Längsschnittstudien, z.B. Huesmann (1986):
− Präferenz für gewalthaltige Fernsehprogramme im Alter von 8 Jahren guter Prädiktor für Aggressivität
und Gewaltkriminalität im Alter von 30 Jahren.
Längsschnittstudie, erste Messung mit acht Jahren, zweite Messung mit 30 Jahren
nur bei Jungen/Männern getestet
13.5 Erläutern, was geschieht, wenn aggressive Handlungstendenzen einer Person und
anwendbare Normen einander widersprechen (bei oberflächlicher vs. systematischer
Verarbeitung).
Aggressive Handlungstendenzen und Normen können einander widersprechen
− Oberflächliche Verarbeitung: Die am leichtesten zugängliche Einstellung oder Norm bestimmt das
Verhalten
− Systematische Verarbeitung: P versucht herauszufinden, was das angemessenste Verhalten ist
− Verarbeitungsmotivation und -kapazität beeinflusst von:
− Ärger, emotionaler Erregung
− Alkohol
− Zeitdruck
− kognitiven und sozialen Fertigkeiten
− Interpersonelle Aggression: Einflussfaktoren
13.6 Erklärungen dafür diskutieren, dass Gruppen oft aggressiver sind als Individuen;
dabei die Theorien des realistischen Konflikts und der relativen Deprivation
erläutern.
− Kampf um materielle Ressourcen und um Respekt
− Theorie des realistischen Konflikts: Feindseligkeit zwischen Gruppen als Folge von Konflikt um objektiv
knappe Ressourcen (Motiv: mastery)
z.B. Konflikte um Wasser oder Öl: Gruppenzugehörigkeit erhöht den Konflikt
− Konflikt kann aber auch entstehen, wenn die Ressourcen insgesamt reichhaltig sind
− Theorie der relativen Deprivation: Gruppen stellen soziale Vergleiche an um fest-zustellen, ob sie "genug"
haben
Weniger zu haben als die Fremdgruppe führt zu Konflikt
z.B. „Beklagen auf hohem Niveau“: es geht der deutschen Bevölkerung nicht schlecht, aber eben schlechter als noch vor
20 Jahren; Forderungen der Schwarzen in den 60er Jahren in den USA: nicht nur ideelle Forderungen, sondern auch
materielle Teilhabe am wirtschaftlichen Aufschwung
− Konflikte um Respekt und Wertschätzung oft schwieriger beizulegen als Konflikte um materielle
Ressourcen
− Wenn beide die "Nummer 1 sein" wollen, ist Kompromiss nicht möglich
z.B. Rivalitäten von „Straßengangs“
Motiv: Soziale Identität (siehe auch Kapitel 6): minimale Intergruppensituation (Tajfel: Vorliebe für Maler) relatives
Darstehen ist wichtiger, es gibt keine objektiven/logischen Werte
−
Gruppen oft besonders kompetitiv, weil sie Respekt höher bewerten als materielle Güter
13.7 Prozesse diskutieren, die zur Aufrechterhaltung oder Eskalation von Konflikten
beitragen können (Kommunikation, Koalitionsbildung, kognitive Prozesse,
Emotionen).
Konflikt-Eskalation: Kommunikation kann Konflikte verschärfen
−
−
−
Kommunikation innerhalb jeder Eigengruppe führt zu polarisierten und verfestigten Standpunkten
Konflikt intensiviert die Identifikation mit der Eigengruppe und stabilisiert Führungspositionen
Kommunikation zwischen Gruppen oft negativ und kontraproduktiv
−
−
wechselseitiges „Hochschaukeln“ (z.B. im Kalten Krieg mit Atomwaffen)
Gruppen setzen Drohungen ein in der Annahme, damit ihr Ziel zu erreichen
Drohungen verfestigen aber die Position der anderen Gruppe
− Besonders schädlich: Wechselseitige Drohpotentiale
Koalitionsbildung:
− In einem Konflikt versuchen Gruppen (v.a. die schwächere Partei) Hilfe von außen zu erhalten
−
−
−
−
−
−
−
weitere Parteien/Gruppen steigen in den Konflikt ein, was von der anderen Gruppe (ohne Verbündeteten) als
Bedrohung gesehen wird, wodurch sie sich auch Verbündetete suchen
Mehrere Parteien polarisieren in zwei entgegengesetzte Lager
Hilfe von außen sichert der Gruppe zu, im Recht zu sein
Beispiel: erster Weltkrieg: erst ein Konflikt zwischen Österreich und Serbien, dann steigen Russland und
Deutschland ein...
Soziale Wahrnehmung in Konflikten:
− Eigengruppe wird wahrgenommen als
− moralisch vollkommen und unfähig, Unrecht zu tun (Motiv: valuing me and mine)
− mächtig, stark, gerecht, siegessicher
z.B. USA im Vietnamkrieg
−
Fremdgruppe wird gesehen als
− böse, oft sogar weniger menschlich
z.B. Religionskriege: Eigengruppe ist gut „heilige Krieger“, Fremdgruppe/Gegner werden dämonisiert
−
Attributionen für Verhalten
− Attributionen für Verhalten der Eigengruppe sind positiv verzerrt (Motiv: valuing me and mine)
− Unsere aggressiven Handlungen sind vernünftige Reaktionen auf schwierige Umstände
−
Studie: Studierenden in den USA wurden verschiedene Szenarien dargestellt und entweder den USA oder der
UdSSR zugeschrieben z.B. Flugzeugträger vor der jeweils anderen Küste postieren, Versuchsteilnehmer sollten
Verhalten beurteilen: Eigengruppe (USA) wurde gut bewertet, Fremdgruppe schlecht
Attributionen für Verhalten der Fremdgruppe sind negativ verzerrt
− Deren aggressive Handlungen reflektieren ihre natürliche Bosheit und verwerflichen Ziele
− Furcht als Motiv der anderen Seite wird nicht erkannt
Intensive negative Emotionen verschlimmern diese kognitiven Verzerrungen
−
−
Stresspegel steigt
−
Vereinfachtes Denken oft zu beobachten kurz bevor ein Konflikt eskaliert (Suedfeld & Tetlock, 1977, s.
S&M Figure 13.4)
Suedfeld und Tetlock: Untersuchung von Äußerungen von israelischen und palästinensischen Führungskräften: in Zeiten
von Konflikt gab es mehr Vereinfachung und schwarz/weiß
−
Erwartungen: Wir erwarten von Gruppen, dass sie kompetitiv sind
Versuch: Außerirdische in Unterschiedlichen Farben und verschiedenen Anordnungen, Versuchsteilnehmer sollten
beantworten, wie sie sich gegenüber anderen Gruppen verhalten: je mehr sie als Gruppe dargestellt waren (z.B. in der
gleichen Farbe, dicht zusammen), desto mehr Aggressivität wurde ihnen zugeschrieben
−
−
"self-fulfilling prophecy"
"Lieber die Fremdgruppe angreifen, bevor sie uns angreift"
Prozesse, die zur Konflikteskalation beitragen
− Das Extrem der Konflikteskalation: Vernichtung der Fremdgruppe, Völkermord
 Machtunterschied ermöglicht es einer der Gruppen, ihren Willen durchzusetzen
 Moralische Exklusion / Dehumanisierung der Fremdgruppe rechtfertigt Misshandlungen
 Desensibilisierung durch "Routine"
Routine durch Befehl und Gehorsam, Grausames erscheint als normale Routine und verhindert so Widerstand durch
langsame Gewöhnung
−
− vgl. Milgram-Studie zum Gehorsam
Beispiele aus der Geschichte:
− Deutschland 1933-1945
− Ruanda 1994
−
Sudan (Darfur-Region) 2003 - ?
13.8 Anhand der Studien zum "Trucking Game" von Deutsch und Krauss erläutern, wie
sich wechselseitige Drohpotenziale auf das Verhalten in Konflikten auswirken; diese
Erkenntnisse auf Konflikte in der realen Welt übertragen.
− Studie von Deutsch & Krauss
−
−
zwei Versuchsteilnehmer wurden je einer „Firma“ zugewiesen, entweder Acme oder Bolt. Dann sollten sie in einem
Spielplan versuchen, möglichst schnell von ihrem Startpunkt zum Ziel zu kommen. Ihr Startkapital waren 60 cent.
Wenn sie weniger als 60 Sekunden brauchten, machten sie Gewinn, bei mehr Verlust. Die kurze Strecke ist
Einspurig, also kann sie immer nur einer zur Zeit befahren.
− Drohpotentiale: Tore, die von den „Firmen“ kontrolliert werden konnten, um die Strecke abzuriegeln,
Bedingungen ohne Tore, je einen mit Kontrolle über das Tor, mit beiden Versuchsteilnehmern mit Kontrolle über
je ein Tor
− Ergebnis: größte Konflikte/Verluste wenn beide je ein Tor haben, größter Gewinn wenn beide keins haben (weil
sie sich dann einfach immer abwechselnd gegenseitig durchlassen: 20 Durchgänge)
− weitere Bedingung mit Kommunikation: ändert nichts, verschärft eher noch die Situation, weil es wichtiger ist,
das Gesicht zu behalten, als Gewinn zu machen/Verlust zu vermeiden
Fazit zu Deutsch & Krauss (1960):
− Wenn eine Partei die Möglichkeit hat, Drohungen einzusetzen, macht sie hiervon meist Gebrauch
− In Situationen, die ohne Drohpotential schnell zu naheliegenden kooperativen Lösungen führen,
verhindern v.a. bilaterale Drohpotentiale eine Lösung und bewirken Verluste für beide Parteien
− Kommunikation allein hebt die negativen Wirkungen von Drohpotentialen nicht auf
13.9 Maßnahmen diskutieren, die zur Konfliktlösung und Aggressionsminderung beitragen.
In diesem Zusammenhang insbesondere auf Verhandlungen, auf Interventionen
durch Dritte und auf Kooperation zwischen Gruppen eingehen.
− Dieselben Prozesse, die zur Konflikteskalation beitragen, können umgekehrt werden, um De-Eskalation
zu erreichen
− Wahrnehmungen und Reaktionen verändern
− Aggressive Hinweisreize entfernen
− weniger aggressive Vorbilder, Verfügbarkeit von Waffen
z.B. Verschärfung der Waffengesetze in einzelnen Staaten der USA lassen Aggression zurückgehen (und
verlagert sich nicht auf andere Waffen)
−
Alternative Interpretationen fördern (systematische Verarbeitung)
besonders bei zwei einzelnen Personen (das sprichwörtliche „bis 10 zählen“
Empathie fördern (z.B. Feshbach & Feshbach, 1982)
erfolgreiche Umsetzung in schulischen Trainingsprogrammen
Konflikte durch Verhandlungen lösen
− Verhandlung = Wechselseitige Kommunikation zwischen Konfliktparteien mit dem Ziel, eine
Vereinbarung zu erreichen
− Verschiedene Arten der Konfliktlösung:
−
−
−
−
Auferlegte Lösung ("win-lose")
einer (normalerweise der Sieger) diktiert die Lösung
−
Verteilungslösung (Kompromiss – "split the difference")
der klassische Kompromiss, man trifft sich „in der Mitte“
−
Integrative Lösung ("win-win")
beide Parteien sehen sich als Sieger, z.B. wenn man nach dem schaut, was dem Einzelnen besonders wichtig
ist (subjektive Einschätzung von Sieg), manchmal aber einfach nicht möglich
−
−
Parteien sind zufriedener bei Verteilungs- und integrativen Lösungen
Integrative Lösung zu finden erfordert Zeit und ausgiebige Kommunikation
− Hindernisse: Zeitdruck, verzerrte Wahrnehmung der Ziele der Gegenpartei ("reaktive Abwertung")
−
−
„Wenn der andere es sagt, muss es schlecht sein, er will mit sowieso Böses“, manchmal sind sich beide einig,
erkennen es aber nicht
Aufbau von Vertrauen notwendig
− Konflikt in handhabbare Teilprobleme aufgliedern; Erfolg bei Teilvereinbarung erhöht Vertrauen und
macht weitere Einigungen wahrscheinlicher
− Norm der Gegenseitigkeit: GRIT-Strategie wechselseitiger Konzessionen (Osgood, 1962)
−
Osgood: GRIT-Strategie – kleine Konzessionen werden wieder mit Konzessionen beantwortet: Reziprozität, z.B.
Ägypten und Jerusalem: erster Schritt zum Camp David Abkommen
−
Intervention durch Dritte
− "Mediation" = Dritte als Vermittler helfen Kommunikationsprobleme zu überwinden
− "Arbitration" = Dritte als Schiedsrichter oder Schlichter entscheiden oder schlagen Lösung vor
oft bei Tarifkonflikten eingesetzt
−
oft kreative Lösungen, da keine Verzerrung durch Eigeninteresse; von beiden Parteien leichter zu
akzeptieren
−
−
Vermittler haben oft ein weniger verzerrtes Bild der Situation
Kooperation zwischen Gruppen: die soziale Identität verändern (vgl. Allports Kontakt-hypothese; S&M
Kapitel 5)
Kontakthypothese: wenn unter bestimmten (günstigen) Bedingungen Gruppen zusammengebracht werden, kann sich die
Wahrnehmung der Fremdgruppe verändern
−
Bedingungen für Konfliktlösung durch Kooperation (Pettigrew & Tropp, 2006):
− übergeordnetes Ziel, das nur durch Kooperation beider Parteien erreicht werden kann
z.B. Studie mit Kindern im Feriencamp: erst durch Kompetition Herbeiführung eines Gruppenkonflikts, später
Aufgabe, die sie nur alle gemeinsam schaffen können (Bus aus dem Schlamm ziehen)
−
−
wiederholte Gelegenheit zur Widerlegung negativer Stereotypen
Kooperation muss erfolgreich sein
sonst „Rückfall“ in die alte Situation, Attribution von Versagen auf die Fremdgruppe
−
−
−
−
−
gleicher Status der beiden Gruppen
Unterstützung durch institutionalisierte Normen
Metaanalyse von Feld- und Laborstudien (Pettigrew & Tropp): Kooperartion ist immer besser als gar keine, selbst
wenn am Ende negativ
Diese Bedingungen tragen zur Bildung einer neuen, positiv bewerteten gemeinsamen sozialen Identität
bei (Motiv: valuing me and mine)
Nützlich, wenn die ursprünglichen Gruppen weiter als Quellen sozialer Identität dienen können (vgl.
Modell der wechselseitigen Differenzierung – S&M Kapitel 5)
− z.B. unterschiedliche Rollen / Teilaufgaben für die beiden Gruppen
− Bewertung der Beiträge sowohl insgesamt als auch auf der Ebene der Teilgruppen
13.10 Die Lernziele zu 13 im Licht der acht Grundprinzipien reflektieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Aggression und Konflikt oft Folge der subjektiven Wahrnehmung anderer.
− Universalität sozialer Einflüsse
Soziale Normen und Gruppenzugehörigkeiten beeinflussen Aggression und Konflikt.
− Motiv der Kontrolle (Mastery)
Aussicht auf objektive Belohnungen führt oft zu instrumenteller Aggression oder Konflikten zwischen
−
−
−
−
Gruppen.
Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness)
Mangelnder Respekt und Bedrohung der Gruppen-identität lösen feindselige Aggression und Konflikte
zwischen Gruppen aus.
Motiv des Selbstwerterhalts (valuing me and mine)
Positive Bewertung der Eigengruppe verbunden mit Abwertung anderer Gruppen, was Konflikte
verschärft.
Konservatismus
Konflikte haben sich selbst aufrecht erhaltende Merkmale.
Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Systematische Verarbeitung kann Aggression reduzieren, indem es alternative Lösungen aufzeigt.
14. Hilfe und Kooperation
Prüfungsrelevant: S&M Kapitel 14 ohne Abschnitt "Volunteering in the AIDS Epidemic"
(pp. 542-543); Vorlesungsfolien; Schlüsselstudie: Darley & Latané (1968).
14.1 Den Begriff prosoziales Verhalten definieren; Unterschiede zwischen Altruismus
und Egoismus als Motive für prosoziales Verhalten erläutern.
− Prosoziales Verhalten = Verhalten, das in der unmittelbaren Absicht ausgeführt wird, jemand anderem zu
helfen oder zu nützen
− weitere Ziele können eine Rolle spielen
− Verschiedene Motive für prosoziales Verhalten
− Altruismus = Prosoziales Verhalten motiviert allein durch den Wunsch, der anderen Person zu helfen,
nicht für eigenen Nutzen
− Egoismus = Prosoziales Verhalten zumindest teilweise motiviert durch den Wunsch, den eigenen
Nutzen zu erhöhen (mastery)
− Nutzen schließt positive Emotionen als Ergebnis des Helfens ein
− Gibt es reinen Altruismus?
Kontinuum: egoistisch <-----------------------> altruistisch
14.2 Die Entscheidungsprozesse und -schritte erläutern, die Hilfeverhalten bzw. dem
Ausbleiben von Hilfeverhalten zugrunde liegen.
− Drei Entscheidungen
− Wird Hilfe benötigt?
− Hat die Zielperson Hilfe verdient?
− Sollte ich helfen?
− Wird Hilfe benötigt?
− Umweltreize können verhindern, dass wir eine Notlage wahrnehmen
− Großstadt versus ländliche Gegend
− Gute Stimmung erhöht die Aufmerksamkeit für Bedürfnisse anderer
z.B. Experiment von Isen & Levin (1972)
− Reaktionen anderer beeinflussen Interpretation der Situation (Universalität sozialer Einflüsse)
− "pluralistic ignorance" (vgl. Kap. 9)
− Experiment von Latané & Darley (1968): Rauch aus der Klimaanlage – wie verhält sich der
Konfident?
− Hat die Zielperson Hilfe verdient?
− Norm der sozialen Verantwortung: "Hilf denen, die hilflos oder hilfebedürftig sind"
− d.h. alten Menschen, Kindern, Kranken etc.
− Attributionen hinsichtlich der Beeinflussbarkeit: "selbst schuld?"
z.B. "Ist die bewusstlose Person krank oder betrunken?"
Attributionsmuster beeinflussen Einstellungen zu sozialpolitischen Maßnahmen (Kluegel & Smith,
1986)
−
Sollte ich helfen?
− Bin ich derjenige, der helfen sollte?
− Forschungsprogramm zu "bystander nonintervention" angeregt durch spektakulären Mordfall "Kitty
Genovese", New York 1964 (http://www.crimelibrary.com/serial_killers/predators/kitty_genovese/)
− 38 Zeugen, keiner leistet Hilfe oder ruft die Polizei
− Je mehr andere anwesend sind, desto weniger fühlt sich jeder Einzelne zur Hilfe verpflichtet:
"Verantwortungsdiffusion"
14.3 Den Begriff "Verantwortungsdiffusion" erläutern; die zugehörige Schlüsselstudie
von Darley und Latané (1968) im Detail kennen (Anlass, Fragestellung, Erklärungen
für den Einfluss weiterer Anwesender, Hypothesen, Design, Ablauf, abhängige
Variablen, Befunde, Interpretation).
14.4 Erläutern, wie soziale Normen Hilfeverhalten fördern, aber auch hemmen können.
Normen können Hilfeverhalten fördern oder hemmen
− Normen, die Hilfe fördern
− Personen in Führungspositionen oder mit spezieller Verantwortung helfen eher
− Sobald jemand hilft, nehmen andere dieses Verhalten als normativ wahr und helfen ebenfalls
− Lernen am Modell (vgl. Kap. 13)
− Persönliche Normen werden über Sozialisation erworben (Vorbild der Eltern, Religiosität)
− Normen, die Hilfe hemmen
− Norm der Privatheit: Fremde intervenieren selten in "Familienangelegenheiten"
− Studie von Shotland & Straw (1976): Mann greift Frau tätlich an, Reaktion der Frau: "I don't know
you!" / "I don't know why I ever married you!"
14.5 Evolutionäre Erklärungen für Hilfeverhalten skizzieren.
Biologische Grundlagen: Ist prosoziales Verhalten genetisch determiniert?
− Eine interpretation der Evolutionstheorie: Tendenz anderen zu helfen, die Kosten für den Helfer beinhaltet,
kann nicht durch natürliche Auslese entstehen
− Aber: Hilfe kann auch dem Helfer nützen
− Hilfe für Verwandte (die Kopien der eigenen Gene besitzen) erhöht die "inclusive fitness"
− Hilfe für Gruppenmitglieder nützt dem Überleben und der Fortpflanzung der Gruppe (die mit dem
Helfer verwandte Personen enthält)
− Studie zur Hilfsbereitschaft in hypothetischen Situationen (Burnstein, Crandall & Kitayama, 1994)
− Hypothesen:
Hilfe richtet sich selektiv auf verwandte Individuen.
Je höher der Verwandtschaftskoeffizient, desto
wahrscheinlicher wird Hilfe geleistet.
− Verwandtschaftskoeffizient:
0.50 – Bruder, Schwester, Vater, Mutter
0.25 – Onkel, Tante, Neffe, Nichte, Großvater,
Großmutter
0.125 – Cousin, Cousine, Urgroßvater,
Urgroßmutter etc.
− Beispielsituation: "Drei Personen schlafen in
verschiedenen Räumen eines brennenden Hauses.
Es sind Ihre 7-jährige Cousine, Ihr 75-jähriger
Großvater und ein 21-jähriger entfernter
Bekannter. Sie können nur eine Person
retten."
− Wie bei der Aggression sind auch Tendenzen zu helfen nicht "fest verdrahtet"
−
−
Verhalten abhängig von flexibler Interpretation der Situation (subjektive Konstruktion der Realität)
Motiv zu helfen wird durch Hinweisreize aktiviert, wie z.B. Verwandtschaft oder emotionale Nähe der
hilfebedürftigen Person
14.6 Erläutern, inwiefern das Mastery-Motiv Hilfeverhalten zugrunde liegt, und welche
Rolle dabei Stimmungen und Emotionen spielen.
Motiv "mastery": Individueller Nutzen und individuelle Kosten des Helfens
− Helfen kann abhängig sein von Nutzen und Kosten des Verhaltens
− Studie: Helfen tatsächlich abhängig von Nutzen und Kosten (Batson, 1998)
− Nutzen z.B.: Dankbarkeit des Opfers, Hilfe als Gegenleistung, Bewunderung der Zuschauer …
− Kosten z.B.: Zeitaufwand, Gefahr für eigene Gesundheit, Risiko, sich zu blamieren oder etwas falsch
zu machen
− Fähigkeiten des Helfenden beeinflussen Kosten und Nutzen
z.B. Ausbildung in Erster Hilfe
− In vielen Notfällen schreiben sich Männer größere Fähigkeit zu helfen zu (Metaanalyse von Eagly &
Crowley, 1986)
− Nutzen des Helfens oft emotional: Wir fühlen uns gut, wenn wir helfen
− Gute Stimmung => mehr Hilfe
− außer wenn wenn durch das Helfen die Stimmung beeinträchtigt wird (Isen & Simmonds, 1978)
− Auch negative Emotionen können zu mehr Hilfe führen
− eher dann, wenn P durch die Hilfe der negativen Stimmung entkommen kann
− Schuldgefühle => mehr Hilfe
(Katholiken spenden häufiger, wenn sie auf dem Weg zur Beichte angesprochen werden, als wenn sie
gerade von der Beichte kommen; Harris et al., 1975)
− Ist Hilfe rein egoistisch motiviert?
− Wenn Nutzen auch nicht-beobachtbare emotionale Zustände einschließt, kann man als Motiv für Hilfe
immer persönlichen Nutzen (mastery) unterstellen
− "Negative-state relief model" (Schaller & Cialdini, 1988): Andere leiden zu sehen verursacht negative
Emotionen beim Beobachter, die dieser durch Hilfe abbauen kann
− Aber auch Flucht oder Ablenkung als alternative Reaktionen möglich
− Nicht jede negative Emotion fördert Hilfeverhalten: Traurige Personen helfen oft weniger
− Ursache: Ablenkung durch auf das Selbst gerichtete Aufmerksamkeit
− Studie von Thompson et al. (1980):
Vpn stellen sich vor, dass Freund / Freundin todkrank ist
UV: Fokus dabei entweder auf eigenen Gefühlen oder Gefühlen des Freundes / der Freundin
AV: Hilfe in neuer Situation
Ergebnis: 25% Hilfe bei Selbst-Fokus, 83% bei Fokus auf Freund / Freundin
−
Fazit: Multiple Effekte der Stimmung
14.7 Erläutern, inwiefern das Connectedness-Motiv Hilfeverhalten zugrunde liegt, und
welche Rolle dabei Empathie und soziale Identifikation spielen.
Motiv "connectedness": Empathie und Altruismus
− Empathie-Altruismus-Hypothese (Batson): Zwei emotionale Reaktionen auf das Leiden anderer
Persönliches Leiden ("personal distress")
Empathische Sorge ("empathic concern")
− Persönliches Leiden motiviert zu egoistischem Helfen oder zur Flucht
− Empathische Sorge motiviert zu altruistischem Helfen
− Studie von Batson et al. (1981)
− eine Versuchsperson beobachten Konfidentin (Elaine), die scheinbar Elektroschocks erhält
− UV1: Ähnlichkeit mit Elaine (niedrig vs. hoch) – soll Empathie erschweren vs. erleichtern
− UV2: Fluchtmöglichkeit (gegeben vs. nicht gegeben)
− AV: Ist die Versuchsperson bereit, mit Elaine zu tauschen?
− Ergebnis: Empathie bewirkt Hilfe sogar dann, wenn Flucht möglich
− Viele bestätigende Befunde zur Empathie-Altruismus-Hypothese
− Auch bekannt aus Forschung zu Freundschaft und engen Beziehungen (s. Kap. 11), dass die Sorge um
das Wohlergehen anderer von Empathie (connectedness) und persönlichem Nutzen (mastery) abhängt
− Schon minimale Hinweise auf Verbundenheit (z.B. Verhaltens-Mimikry) können Hilfe-verhalten fördern
14.8 Den Begriff soziales Dilemma definieren und erläutern, wie kooperatives Verhalten
in solchen Dilemmata gefördert werden kann.
− Wir helfen Mitgliedern der Eigengruppe mehr als anderen (valuing me and mine)
− Soziale Identifikation verwandelt Nutzen für die Gruppe in Nutzen für das Individuum
− Was passiert, wenn Nutzen für das Individuum und Nutzen für die Gruppe im Gegensatz zueinander
stehen?
− Soziales Dilemma = Situation, in der eine Handlungsalternative, die für das Individuum den größten
Nutzen bringt, der Gruppe schadet, wenn sie von vielen Individuen gewählt wird
− Es besteht also ein Konflikt zwischen individuellem und kollektivem Interesse:
− Jedes einzelne Gruppenmitglied ist besser dran, wenn es nicht kooperiert – egal, was die anderen tun
− Alle Gruppenmitglieder zusammen sind besser dran, wenn alle kooperieren
− Beispiel: Das Gefangenendilemma
Merkmale:
Das individuelle Ergebnis ist bei
unkooperativem Handeln immer positiver
als bei kooperativem Handeln
Das gemeinsame Ergebnis ist am positivsten, wenn beide Partner kooperativ handeln (= leugnen)
−
−
−
−
−
−
−
−
Ein N-Personen-Gefangenendilemma (am Beispiel der Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft):
Individueller Nutzen ist für "unkooperative"
Nichtmitglieder höher als für "kooperative"
Mitglieder;
Gesamtnutzen ist für alle höher, je mehr
Personen kooperativ sind.
Dilemma der Erschöpfung begrenzter Ressourcen
Beispiel: Fischteich-Dilemma:
− Jede Versuchsperson ist motiviert, so viel zu fangen wie möglich
− Aber: Überfischung erschöpft die Ressource – niemand mehr hat einen Nutzen
Dilemma öffentlicher Güter
− Öffentliches Gut gibt es nur für alle (auch für die, die nichts beitragen) oder überhaupt nicht
z.B. öffentlich-rechtliches Fernsehen, saubere Luft
− Individuum ist motiviert, das Gut zu nutzen ohne zu zahlen (“Trittbrettfahren”, vgl. Kap. 12)
Aber wenn niemand zahlt, verschwindet das Gut
Verhalten in sozialen Dilemmata
− Normalerweise handeln Menschen nach ihrem individuellen Interesse => Ressource geht verloren
− Verhalten oft verstärkt durch Normen (man sieht oder erwartet, dass andere das Gleiche tun)
− Individuelle Habgier ist stärkeres Motiv als die Furcht, eigenen Einsatz zu verlieren (Caporael et al.,
1989)
Strukturelle Lösungen:
(a) die Ergebnisstruktur verändern
− bei begrenzten Ressourcen: Quoten setzen (z.B. Höchstmengen beim Fischfang)
− bei öffentlichen Gütern: allgemeine Gebühren erheben (z.B. Steuern; Rundfunkgebühren)
− Kooperation belohnen (z.B. Extrafahrstreifen für Busse oder Fahrgemeinschaften)
− Wirkungsweise: Konflikt wird abgeschwächt oder sogar aufgelöst
(b) die Entscheidungsstruktur verändern
− z.B. Entscheidungen an Gruppenleiter delegieren
− Nachteil: strukturelle Lösungen erfordern Kontrolle
Interindividuelle Unterschiede
− Frauen kooperieren mehr als Männer
− Menschen aus kollektivistischen Kulturen kooperieren mehr als Menschen aus individualistischen
Kulturen
 Jeweils erklärbar durch unterschiedliche Betonung von connectedness
− Soziale Wertorientierungen: manche Menschen tendieren generell mehr zu Kooperation, andere
mehr zu Wettbewerb oder individueller Nutzenmaximierung
Soziale Identifikation mit der Gruppe fördert Kooperation
− Individuen übernehmen Gruppenziele als ihre eigenen
− erwarten, dass andere Gruppenmitglieder ebenfalls kooperieren
− Gruppennormen, die Koopperation fördern, sind kognitiv zugängliche Leitbilder für Verhalten
 Personen, die sich in einer Gruppendiskussion verpflichten zu kooperieren, tun dies später auch
in einer Dilemma-Situation (Hopthrow & Hulbert, 2005)
Gruppenidentifikation wird gefördert durch
− Kommunikation zwischen Gruppenmitgliedern –fördert Norm der Kooperation
 funktioniert beser in kleineren Gruppen
− Gleichheit der Gruppenmitglieder in Bezug auf Nutzung der Ressource
 ungleiche Nutzung erhöht Unsicherheit in Bezug auf Verhalten der anderen
− kognitive Zugänglichkeit von Gruppennormen
Wahrnehmung eines Zusammenhangs zwischen eigenem Handeln und dem Wohlergehen der
Gruppe
 Feedback über Effektivität => Motiv: mastery
Probleme und Lösungen in sozialen Dilemmata
−
−
14.9 Erläutern, welche Faktoren zu spontanem und geplantem Hilfeverhalten beitragen.
− Spontanes Helfen, oberflächliche Verarbeitung
− Notfälle: reduzierte Verarbeitungskapazität (Zeitdruck, starke Emotionen)
− kognitiv zugängliche Gefühle (z.B. Empathie) oder Normen bestimmen das Handeln
− Anwesenheit anderer reduziert Hilfe (die bloße Vorstellung vieler Menschen genügt – "implicit
bystander effect", Garcia et al., 2002)
− Geplantes Helfen, systematische Verarbeitung
− langfristige Verpflichtungen erlauben ausführliches Nachdenken und Planung (z.B. ehrenamtliche
Tätigkeiten)
− Wiederholtes Helfen trägt zu stabiler Selbstwahrnehmung bei ("ich bin ein hilfsbereiter Mensch")
 fördert zukünftiges Helfen, z.B. regelmäßige Spenden (vgl. "foot-in-the-door"-Effekt)
− "Organizational citizenship behaviors" = KollegInnen helfen, auch wenn es nicht formal "zum Job
gehört"
− bei Notfällen einspringen; Neulingen Ratschläge geben
− Korreliert mit Identifikation mit der Organisation
− Langfristiges Helfen kann mehreren Zielen dienen
− Egoistische Motive (mastery: neue Kenntnisse und Fertigkeiten erlernen; soziale Anerkennung)
− Altruistische Motive (connectedness: Empathie; humanitäre Werte)
− Identifikation mit der Gruppe (valuing me and mine: Mitgliedern der eigenen Gruppe helfen)
14.10 Strategien beschreiben, durch die sich Hilfeverhalten in der Gesellschaft fördern
lässt.
− Problem beim Annehmen von Hilfe: vermittelt zwei gegensätzliche Botschaften
− selbst-unterstützende Aspekte
z.B. Erfüllung von Bedürfnissen, Erfahren von Wertschätzung
− selbst-bedrohliche Aspekte
z.B. Gefühl der Inkompetenz oder Machtlosigkeit; Erwartung, Hilfe erwidern zu müssen
− Beispiele:
Programme zur Förderung von Minderheiten
Männer, die nicht nach dem Weg fragen
−
Aus sozialpsychologischen Erkenntnissen lassen sich Maximen ableiten, wie wir
(a) generell Hilfsbereitschaft fördern können und
(b) in einem Notfall unsere Chance erhöhen, Hilfe zu erhalten:
− Mehrdeutigkeit reduzieren, Notwendigkeit der Hilfe klarmachen
− Selbstkonzept der Hilfsbereitschaft in anderen stärken
− Normen etablieren, die Hilfeverhalten unterstützen
− Normen in der Situation aktivieren
− Verantwortung individuell fokussieren
− Identifikation mit denen stärken, die Hilfe benötigen
14.11 Parallelen zwischen prosozialem Verhalten und Aggression hinsichtlich der
Grundprinzipien der Sozialpsychologie diskutieren.
− Subjektive Konstruktion der Realität
Interpretation der Situation anderer, nicht deren objektive Bedürfnisse, bestimmen prosoziales Verhalten.
− Universalität sozialer Einflüsse
Hilfe und Kooperation werden von sozialen Normen beeinflusst.
− Motiv der Kontrolle (Mastery)
Prosoziales Verhalten oft durch Belohnungen für den Helfer motiviert.
− Motiv der Verbindung mit anderen (connectedness)
Prosoziales Verhalten oft motiviert durch Empathie oder Identifikation mit der Zielperson.
− Motiv des Selbstwerterhalts (valuing me and mine)
Mitgliedern der Eigengruppe wird eher geholfen.
− Kognitive Zugänglichkeit
Zugänglichkeit von Normen kann deren Einfluss auf prosoziales Verhalten erhöhen.
− Unterschiede in der Verarbeitungstiefe
Systematische Verarbeitung kann Selbstverpflichtung auf langfristiges prosoziales Verhalten fördern.
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