Aggressives Verhalten in der Schule ERSCHEINUNGSFORMEN, URSACHEN UND DIAGNOSTISCHE VERFAHREN REFERAT VON: TORSTEN THIELE UND STEFANIE KIRCHNER Gliederung 1. Definition 2. Formen 3. Ursachen 4. Stabilität und Verlauf 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik 6. anschließende Diskussion am Fallbeispiel 1. Definition ALLTÄGLICHE DEFINITION VS. WISSENSCHAFTLICHE DEFINITION 1. Definition Alltägliche Definition Gefahr der Etikettierung (Jones & Nisbett, 1971) subsumiert Verhaltensweisen, ohne inhaltlichen Zusammenhang Aggression als einen Sammelbegriff, unter den sich verschiedene Formen der Selbstbehauptung subsumieren lassen 1. Definition Wissenschaftliche Definition I Ortner/Ortner, 1995: Verhalten, das unter dem dranghaften Antrieb steht, Personen/ Objekte in verletzender/ zerstörerischer Absicht anzugreifen/ verbal oder körperlichen Schaden zuzufügen, der sich bei Personen physisch/ psychisch auswirken kann 1. Definition Wissenschaftliche Definition II Myschker, 1993: Aggression ist eine destruktive Verhaltensweise, die mit Grundemotionen (Ärger, Wut, Hass, Zorn) zusammenhängt. Aggressivität als Verhaltensbereitschaft/ Persönlichkeitsmerkmal stellt eine übermäßige Ausprägung und reduzierte Kontrolle dieser Emotionen dar 1. Definition Wissenschaftliche Definition III Fürntratt (1974): Verhaltensweisen, „... die einem, wenn man selbst betroffen ist oder sich betroffen zu sein vorstellt, negative Affekte, namentlich Angst machen“ 1. Definition Wissenschaftliche Definition IV Verres & Sobez (1980): „Aggressionen sind jene Verhaltensweisen, die gegen einen Gegenstand oder einen anderen Menschen gerichtet sind und für den, der sich gerade aggressiv verhält, eine subjektive Wahrscheinlichkeit aufweisen, diesen Gegenstand oder Menschen auch zu erreichen und damit entweder jene aus seinem Weg zu räumen oder ihnen unangenehme oder schädliche Reize zuzufügen oder beides.“ 1. Definition Zusammenfassung Die verschiedenen Definitionen helfen nicht zu definieren! Definition über Strukturierung Selg (1988) und Petermann, Döpfner & Schmidt (2001) Diagnostische Klassifizierung nach DSM–IV bzw. ICD-10 2. Formen ALLGEMEINE FORMEN AGGRESSIVEN VERHALTENS VS. FORMEN IM SCHULISCHEN KONTEXT 2. Formen Einteilung nach Ettrich/ Ettrich 2. Formen verbal aggressiv: Ironie, Beschuldung, Beschimpfung, Widerworte, patzige Antworten, herabsetzende Bemerkungen körperlich aggressiv: Schlagen, Beißen, Prügeln, Stoßen, Boxen, Treten, Tötungshandlungen 2. Formen selbstaggressiv: Nägel beißen, Haare ausreißen, Wunden aufkratzen, Masochismus, Suizid sekundär gegen sich selbst gerichtet fremdaggressiv: gegen andere gerichtet Formen der verbalen oder körperlichen Aggressivität 2. Formen aktiv aggressiv: um etwas bestimmtes zu erreichen zielgerichtet reaktiv aggressiv: als Reaktion auf eine wahrgenommene Bedrohung oder Provokation 2. Formen offen aggressiv: offen trotzig, impulsiv und unkontrolliert man kann Gegner angreifen, verbal oder körperlich verletzen verdeckt aggressiv: kontrolliertes, instrumentelles Vorgehen Feuer legen, Stehlen 2. Formen affektbegleitet aggressiv: ungeplant und impulsiv instrumentell aggressiv: zielgerichtet, versteckt kontrolliert, räuberisch geplant 2. Formen verschoben aggressiv: primär gegen Menschen gerichtet wird auf wehrlose Objekte umgelenkt und übertragen garantiert Erfolgserlebnis Sachbeschädigung, Zerstörung, Tierquälerei 2. Formen 2. Formen Bullying als Sonderform aggressiven Verhaltens: bezeichnet regelmäßige körperliche oder verbale Gewaltanwendung einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die sich gezielt gegen einen einzelnen Gleichaltrigen richtet Opfer erlebt sich selbst aufgrund der Überzahl der Täter als wehrlos tritt überwiegend im schulischen Kontext auf 3. Ursachen THEORETISCHE KONZEPTE DER URSACHENFORSCHUNG 3. Ursachen „Trieb“ „Instinkt“ „soziales Lernen“ Triebtheorien der Aggression Ethologischen Theorien Lernpsychologische Sichtweisen •Frustrations-aggressionsHypothese/ Dollard, 1939 •Psychoanalytische Triebtheorie/ Freud 1940 • Lorenz 1963 •Theorie des sozialen Lernens/Bandura 1979 3. Ursachen Weitere Ansätze: soziologische Aspekt / außerschulische Ursachen Pädagogische Aspekt / schulische Ursachen 3. Ursachen Triebtheorien der Aggression: Frustrations-Aggressions-Hypothese (Dollard/Miller) Aggression führt auf Frustration zurück Verhinderung stellt weitere Frustration dar psychoanalytische Triebtheorie (Freud) zwei Entgegengesetzte Triebe, Lebenstrieb und Todestrieb, die zwei sich relativierenden Kräfte treten nach außen 3. Ursachen Humanethologische Theorien: (Lorenz) Aggressivität ist eine angeborene Verhaltensweise d.h. Instinkte „Dampfkesseltheorie der Aggression“ 3. Ursachen Lernpsychologische Sichtweisen: (Bandura) aggressive Verhaltensweisen sind Lernprozesse Prinzip des Imitationslernens Skinner: Operante Konditionierung http://www.youtube.com/watch?v=lCETgT_Xfzg 3. Ursachen soziologische Aspekt / außerschulische Ursachen: (Ortner/Myschker/ u.a.) „Wo immer in menschlichen Bezügen Macht eine Rolle spielt, wird auch offen o. verdeckt Aggression realisiert.“ (Myschker) Vorbildfunkt. Peer-Group, Massenkommunikationsmittel (Fernsehen,…) soziale Randständigkeit, sozioökonomische Ungleichheiten Mangel an Vermittlung von Selbstwertgefühl 3. Ursachen Pädagogische Aspekt / schulische Ursachen: (Ortner/Myschker/ u.a.) mulitkausaler Bedingungshintergrund „Zeigefingerpädagogik“ Mangel an Selbstwertgefühl 4. Stabilität und Verlauf EIN KURZER EXKURS 4. Stabilität und Verlauf Störungen im Sozialverhalten sind zweithäufigste kinderpsychiatrische Diagnose bei Jungen die am häufigsten diagnostizierte 6 – 16% der Jungen sind im Kindesalter verhaltensausfällig, 2 – 9% der Mädchen gewalttätiges Verhalten ist relativ stabil bei Mädchen stabiler als bei Jungen Ausmaß der Aggressivität ändert sich bis zum Jugendalter 4. Stabilität und Verlauf drei Gruppen von aggressiven Menschen werden unterschieden: andauernd aggressive Menschen zeitlich begrenzt aggressive Personen spät beginnend aggressive Personen 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik Aggression ist multidimensional und hochkomplex nicht jedes aggressiv anmutende Verhalten ist eine Aggression Feststellung bedarf umfassender diagnostischer Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik zu berücksichtigende Komponenten: Motive (Warum wird aggressives Verhalten gezeigt?) angstmotivierend aggressiv um Bedürfnisse egoistisch durchzusetzen oder akzeptable Form des „Sich-Behauptens“ sozialer Kontext äußere Umstände (Wann tritt aggressives Verhalten auf?) 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik Methoden: Befragungen Verhaltensbeobachtungen Aufsatz- und Zeichnungsanalyse Testverfahren 5. Untersuchungsverfahren und Diagnostik unterschiedliche Testverfahren geben Aufschluss über: Entwicklungsverlauf familiäre Situation Selbstwahrnehmung Verhaltenssymptome und Verhaltenskompetenzen Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Döpfner, Manfred, Franz Petermann, and Martin Schmidt. Aggressiv dissoziale Störungen. Göttingen: Hogrefe, Verl. Für Psychologie, 2001. Myschker, Norbert. Verhaltensstörungen bei Kindern und Jugendlichen: Erscheinungsformen – Ursachen – Hilfreiche Maßnahmen. Stuttgart: Kohlhammer, 2005. Ortner, Alexandra, und Reinhold Ortner. Verhaltens- und Lernschwierigkeiten: Handbuch für die Grundschulpraxis. Weinheim: Beltz Verlag, 2000. Petermann, Franz, und Ulrike Petermann. Training mit aggressiven Kindern. Weinheim: Beltz, Psychologie Verl. Union, 2005. Warschburger, Petra. Chronisch Kranke Kinder Und Jugendliche : Psychosoziale Belastungen Und Bewältigungsanforderungen. Göttingen: Hogrefe, Verl. Für Psychologie, 2000.