IV Differentialgleichungen zweiter Ordnung Dr. Laura Keller 7. Mai 2016 1 Lineare Gleichungen mit konstanten Koeffizienten Zur Erinnerung : Die allgemeine lineare Differentialgleichung zweiter Ordnung sieht wie folgt aus: a2 (t)u 00 (t) + a1 (t)u 0 (t) + a0 (t)u(t) = s(t). Dabei sind a2 (t), a1 (t) und a0 (t) die Koeffizienten und s(t) die Störfunktion. Falls gilt s(t) = 0, so nennt man die obige Differentialgleichung homogen. Im Weiteren wollen wir nur noch lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten betrachten. Dabei wollen wir stets annehmen, dass gilt a2 = 1, d.h. dass die Differentialgleichung in Normalform u 00 (t) + a1 u 0 (t) + a0 u(t) = s(t) gegeben ist. In der allgemeinen Lösung einer Differentialgleichung zweiter Ordnung tauchen 2 Konstanten auf. Wollen wir also aus der allgemeinen Lösung - einer Familie von Funktionen - eine Funktion auswählen, so müssen wir zwei Informationen vorgeben. → Zwei Strategien Erste Strategien Wir geben die Funktionswerte an zwei unterschiedlichen Stellen vor, d.h. u(t0 ) = u0 , u(t1 ) = u1 , t0 6= t1 . Dies nennt man ein Randwertproblem. Zweite Strategien Alternativ kann man an einer Stelle zwei Informationen vorgeben, nämlich den Funktionswert und den Wert der ersten Ableitung, d.h. u(t0 ) = u0 , u 0 (t0 ) = v0 . Dies nennt man ein Anfangswertproblem. Homogene lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten Unser Ziel ist eine Lösungsformel für eine Differentialgleichung der Form u 00 (t) + a1 u 0 (t) + a0 u(t) = 0 Der Ansatz u(t) = e λt (Eulerscher Ansatz) führt uns auf die charakteristische Gleichung λ2 + a1 λ + a0 = 0 respektive das charakteristische Polynom p(λ) = λ2 + a1 λ + a0 Quadratische Gleichungen und komplexe Zahlen Gegeben ist das quadratische Polynom az 2 + bz + c = 0, a, b, c ∈ R. Dann gilt: I Das obige Polynom besitzt zwei komplex konjugierte Nullstellen, falls gilt b 2 − 4ac < 0 . I Das obige Polynom besitzt eine doppelte Nullstellen, falls gilt b 2 − 4ac = 0. I Das obige Polynom besitzt zwei verschiedene reelle Nullstellen, falls gilt b 2 − 4ac > 0. Bedeutung für unsere Suche nach einer Lösungsformel I Falls ∆ = a12 − 4a0 > 0, ist die gesuchte Lösung gegeben durch u(t) = C1 e λ1 t + C2 e λ2 t wobei λ1,2 = 1 − a1 ± 2 q a12 − 4a0 I Falls ∆ = a12 − 4a0 = 0, ist die gesuchte Lösung gegeben durch u(t) = C1 e λt + C2 te λt wobei 1 λ = − a1 2 I Falls ∆ = a12 − 4a0 < 0, ist die gesuchte Lösung gegeben durch u(t) = e αt (C1 cos(βt) + C2 sin(βt)) wobei λ1,2 = 1 − a1 ± j 2 q 4a0 − a12 = α ± jβ Inhomogene lineare Differentialgleichungen zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten Unser Ziel ist eine Lösungsformel für eine Differentialgleichung der Form u 00 (t) + a1 u 0 (t) + a0 u(t) = s(t) Das Grundprinzip lautet wiederum: allgemeine Lösung der inhomogenen Gleichung = allgemeine Lösung der dazugehörigen homogenen Gleichung + partikuläre Lösung Einige Hinweise zum Ansatz für die partikuläre Lösung I Falls die Störfunktion ein Polynom n-ten Grades ist, wählen wir als Ansatz für die partikuläre Lösung ein Polynom vom gleichen Grad. I Falls die Störfunktion eine Schwingung ist, wählen wir als Ansatz für die partikuläre Lösung eine Schwingung der gleichen Frequenz. I Falls die Störfunktion das Produkt eines Polynoms und einer Exponentialfunktion ist, wählen wir als Ansatz für die partikuläre Lösung ein Produkt eines Polynom vom gleichen Grad mit einer Exponentialfunktion mit gleichem Exponent. Zusammenfassung I Homogene Differentialgleichungen zweiter Ordnung → Aufgabe 10.1 I Anfangswertprobleme → Aufgabe 10.2 I Randwertprobleme → Aufgabe 10.3 I Inhomogene Differentialgleichungen zweiter Ordnung → Aufgabe 10.5