H.-J. KOWALSKY TOPOLOGISCHE RĂUME MATHEMATISCHE REIHE BAND 26 LEHRBtJCHER UND MONOGRAPHIEN AUS DEM GEBIETE DER EXAKTEN WISSENSCHAFTEN TOPOLOGISCHE RÄUME VON H.-J. KOWALSKY PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ERLANGEN SPRINGER BASEL AG 1961 Nachdruck verboten. Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen und der Reproduktion auf photostatischem Wege oder durch Mikrofilm, vorbehalten. © Springer Basel AG 1961 Ursprünglich erschienen bei Birkhäuser Verlag Basel, 1961 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1961 ISBN 978-3-0348-6907-2 DOI 10.1007/978-3-0348-6906-5 ISBN 978-3-0348-6906-5 VORWORT Die Theorie der topologischen Răume, auch mengentheoretische oder allgemeine Topologie genannt, gehort heute mit zu den Grundlagen weiter Telle der Mathematik. Topologische Begriffsbildungen und Methoden haben zahlreiche Gebiete befruchtet und deren Entwicklung maBgebend beeinfl.usst. Die topologischen Răume bilden daher eine der Grundstrukturen, die erst den Zugang zu moderner mathematischer Forschung eroffnen. Die gesamte mengentheoretische Topologie stellt ein auBerordent1ich umfangreiches und weitverzweigtes Gebiet dar, das viele selbstăndige Tellgebiete umfasst. Ein umfangmăssig beschrănktes Lehrbuch bedingt daher von vornherein eine eng begrenzte Stoffauswahl. So werden in diesem Buch nur die Grundlagen der allgemeinen Theorie der topologischen Răume behandelt, ohne dass hierbei in irgend einerWeise Vollstăndigkeit angestrebt wird. Viele wichtige Dinge mussten unberucksichtigt bleiben oder konnten lediglich in kurzen Ergănzungen erwăhnt werden. Darstellungsmăssig weicht dieses Buch vom Dblichen durch die weitgehende Verwendung des Filterbegriffs ab. Bereits bei der Einftihrung der topologischen Răume wird im Hinblick auf die Anwendungen in der Analysis an einen geeigneten Konvergenzbegriff ftir Filter angekntipft. Aber auch weiterhin ermoglichen die Filter bisweilen begriffliche Vereinfachungen und vielfach eine formale Beweisftihrung, die an das gewohnte Rechnen mit Ungleichungen anschliesst. Bei dem Leser bedingt diese Art der Darstellung allerdings zunăchst einen kurzen Gewohnungsprozess. Allen, die mich bei der Arbeit an diesem Buch durch Ratschlăge und Hinweise untersttitzt haben, mochte ich hier herzlich danken. In besonderem Mass gilt mein Dank jedoch den Herren H. BAUER, F. HOFMANN und E. LUFT, die die mtihevollen Korrekturarbeiten auf sich genommen und mir mit wertvollen Verbesserungsvorschlăgen entscheidende Hilfe geleistet haben. Dem Birkhăuser Verlag bin ich ftir manches Entgegenkommen und ftir die sorgfăltige AusstaUung dieses Buches zu groBem Dank verpilichtet. Erlangen, im Oktober 1960 H.-J. KOWALSKY 1 NHALTSVE RZE le H NlS Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstes Kapitel: Grundla~en 11 19 § 1. Grundbegriffe der Mengenlehre. . § 2. Geordnete Mengen und Verbande § 3. Filter ........... . Zweites Kapitel: 29 Topolo~ische Răume § 4. Topologie und Grenzwert . . . . . . . . . . . . § 5. Einfache Begriffe und aquivalente Kennzeichnungen § 6. Ordnungstopologie und metrische Raume § 7. § 8. § 9. § 10. Der Verband der Topologien. Trennungsaxiome Unterraume . . . . . . Machtigkeitsbedingungen Drittes Kapitel: Kompaktheit und 16. 17. 18. 19. 20. 21. § 22. § 23. § 24. 40 45 54 59 61 70 73 Zusammenhan~ § 11. Kompaktheit . . . . § 12. Lokale Kompaktheit . § 13. Parakompakte Raume § 14. Zusammenhang . . . § 15. Lokaler Zusammenhang . § § § § § § 9 Viertes Kapitel: Abbi1dun~en Topologische Abbildungen, Homoomorphie Stetige Abbildungen . . . . . . . Vollstandig regulare Raume . . . . Eigenschaften stetiger Abbildungen Obertragung von Topologien Quotientenraume Produktraume Abbildungsraume Summenraume. . 80 88 91 100 106 113 117 123 130 135 138 143 150 153 Inhaltsverzeichnis 8 Fiinftes Kapitel: Erweiterung und Kennzeichnung topologischer Răume 158 § 25. Erweiterung topologischer Răume § 26. Die Wallmansche Erweiterung . § 27. Die Stone-Cechsche Erweiterung § 28. Einbettungssătze. § 29. Darstellungssătze Sechstes Kapitel: Metrische und uniforme § § § § § § 163 166 170 174 Răume Metrische Răume Metrisierung . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Vervollstăndigung metrischer Răume Uniforme Strukturen. . . . . . . . . . . . . . . Gleichmăssige Stetigkeit und gleichmăssige Konvergenz 35. Erweiterung und Vervollstăndigung uniformer Răume 30. 31. 32. 33. 34. 183 189 194 200 207 216 Siebentes Kapitel: Topologische Gruppen. Anwendungen Topologische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . Erweiterung und Vervollstăndigung topologischer Gruppen . . . Topologische Ringe und Kărper . . . . . . . . . . . . . . . Topologische Vektorrăume, Approximationssatz von STONE-WEIER- 226 234 239 STRASS § 40. Induktiver und projektiver Limes 245 253 Bezeichnungsiibersicht. . . Bibliographie ..... . Namen- und Sachverzeichnis 262 264 266 § § § § 36. 37. 38. 39. EINLEITUNG Die Theorie der topologisehen Răume stellt, ăhnlieh wie die analytisehe Geometrie, ein Bindeglied zwisehen Geometrie und Analysis dar. Dementspreehend kann sie aueh unter versehiedenen Gesiehtspunkten entwiekelt werden. Ausgehend etwa von dem geometriseh-ansehauliehen Begriff des Abstands gelangt man zu den metrisehen Răumen und dureh weitere Verallgemeinerung sehliesslieh zu den topologisehen Răumen. Man kann aber andererseits aueh von der Analysis ausgehen und die allgemeine Frage aufwerfen, auf welche Weise sieh in beliebigen Mengen ein Konvergenzbegriff einflihren lăsst. Dieser Standpunkt wird in dem vorliegenden Bueh zunăehst eingenommen. Es zeigt sieh: Wenn man dem angestrebten Konvergenzbegriff einige einfaehe und naturgemăsse Bedingungen auferlegt, wird man aueh auf diesem Wege zwangslăufig auf den Begriff des topologisehen Raumes geflihrt. Die erforderliehen Vorkenntnisse sind gering: Wenn man von dem letzten Kapitel absieht, in dem die einfaehsten algebraisehen Begriffe vorausgesetzt werden, handelt es sieh lediglieh um die Grundbegriffe der Mengenlehre. Da heute die Mengenlehre mit zu den Grundvoraussetzungen fast aller mathematisehen Theorien gehart, kann sie in ihren wesent1iehen Teilen als bekannt vorausgesetzt werden. Auf eine ausflihrliehe Darstellung wurde daher verziehtet. Jedoeh ermagliehen die aus Grlinden der Bezeiehnungsnormierung in § 1 zusammengestellten Begriffe und Sătze eine rasehe Orientierung. Wesentlieh fUr das Verstăndnis des ganzen Buehes ist das genaue Studium des dritten Paragraphen, in dem die Filter behandelt werden. Die Filter stellen eine Verallgemeinerung der gewahnliehen Folgen dar, die der Frage naeh einem allgemeinen Konvergenzbegriff angepasst ist. Sie gestatten einerseits eine knappe und libersiehtliehe Darstellung und ermagliehen andererseits hăufig eine formal-reehnerisehe Beweisflihrung. Da hiervon in weitgehendem Umfang Gebraueh gemaeht wird, ist das Vertrautsein mit den in § 3 entwiekelten Begriffsbildungen, Bezeiehnungen und Sătzen unbedingt erforderlieh. Wiehtig ist besonders die Ordnung und die aus ihr resultierende Verbandsstruktur der Filter. Hierbei ist zu beaehten, dass die in diesem Bueh benutzte Ordnungsrelation zu der libliehen, mengentheoretisehen Ordnung invers ist. Diese Abweiehung erfordert zwar zunăehst ein Umdenken, ermaglieht aber naeh kurzer Gewahnung ein besonders bequemes formales Reehnen. Die in § 2 behandelten Grundlagen der Verbandstheorie dienen lediglieh der Vorbereitung. Die Dar- 10 Einleitung stellung verlauft vo1lig im Rahmen des Ublichen und kann bei Kenntnis der Dinge tibergangen werden. In den ersten Kapiteln werden zunachst nur innere Eigenschaften topologischer Raume behandelt. Erst danach werden im vierten Kapitel die Abbildungen herangezogen, die Beziehungen zwischen verschiedenen Raumen herstellen. Es folgen im ftinften Kapitel Kennzeichnungen topologischer Raume durch Einbettung und durch Darstellung als stetiges Bild. Die eng hiermit zusammenhangende Frage nach der Erweiterung topologischer Raume wird einem allgemeinen Erweiterungsprinzip untergeordnet, das einerseits bekannte Erweiterungen als Spezialfall enthalt und andererseits auch die Vervollstandigung metrischer und uniformer Raume in einfacher Weise zu beschreiben gestattet. Den Abschluss bilden im sechsten Kapitel die metrischen und die uniformen Raume. Das siebente Kapitel besitzt mehr den Charakter eines Anhangs. Es werden hier nur einige Fragestellungen aus der Theorie der topologischen Gruppen, Ringe usw. behandelt, um auf diese Weise einen Ausblick auf die Anwendung der allgemeinen Theorie zu vermitteln. Die benutzten Bezeichnungen weichen im allgemeinen nur dort vom Ublichen ab, wo es sich um neue, der Darstellung angepasste Begriffsbildungen handelt. In manchen Fallen, in denen auch in der Literatur Bezeichnungsverschiebungen auftreten, ist allerdings auf die hier gewahlte Terminologie zu achten. Dies gilt z. B. fUr einige Trennungseigenschaften und ftir die Kompaktheitsbegriffe. Im Fall der Kompaktheit wurde, um Sprachverwirrungen zu vermeiden, die (allerdings etwas schwerfallige) Bezeichnung «vollkompakh von G. NOBELING tibernommen. Die Numerierung sttitzt sich auf folgendes Prinzip: Die Paragraphen sind, unabhangig von den Kapiteln, durchnumeriert. Satze, Definitionen usw. weisen zunachst die Nummer des entsprechenden Paragraphen auf, hinter der dann die fortlaufende Kennzeichnung innerhalb des Paragraphen folgt. Diese Kennzeichnung besteht bei Satzen in arabischen Zahlen, bei Definitionen in kleinen lateinischen Buchstaben, bei Beispielen in romischen Zahlen und schliesslich bei den Erganzungen und Aufgaben am Ende eines jeden Paragraphen in grossen lateinischen Buchstaben. Es ist also z.B. 12.3 der dritte Satz, 12c die dritte Definition, 12. III das dritte Beispiel und 12C die dritte Erganzung bzw. Aufgabe aus § 12. Die Paragraphennummer befindet sich ausserdem am Kopf einer jeden Seite. Hinweise innerhalb des Textes erfolgen durch Angabe der Nummer in runden Klammern. Das Ende von Beweisen ist durch gekennzeichnet. Zahlenangaben in eckigen Klammern beziehen sich auf die Bibliographie am Ende des Buches. Auf die Zitierung von Originalarbeiten und auf historische Zitate ist generell verzichtet worden. Lediglich einige Satze sind mit einer N amen-Angabe versehen. In das Literaturverzeichnis wurde nur eine Auswahl der wichtigsten Lehrbticher aufgenommen. *" ERSTES KAPITEL Grundlagen Die Grundzuge der Mengenlehre werden hier als bekannt vorausgesetzt. Der erste Paragraph dieses vorbereitenden Kapitels enthălt daher nur eine Zusammenstellung der wichtigsten Begriffe und Sătze ohne Angabe von Beweisen. Er dient lediglich der Orientierung und der Normierung der Bezeichnungen. Wegen ausfiihrlicher Darstellungen muss auf die einschlăgige Literatur verwiesen werden Der zweite Paragraph enthălt die wesent1ichsten Tatsachen aus der Verbandstheorie, die jedoch in knapper Form und nur in dem erforderlichen Umfang behandelt werden. Ausfuhrlicher wird danach im dritten Paragraphen auf die Filter eingegangen. Die dort entwickelten Begriffe und Sătze sind fur das Verstăndnis des ganzen Buches wesent1ich. § 1. Grundbe~riffe der Men~enlehre Charakteristisch fur die Mengenlehre ist die Elementbeziehung: Fur «p ist Element (liegt in, geMrt zu) der Menge M» wird «p E M» geschrieben; «p rţ M» bedeutet die Negation dieser Aussagel ). Die leere Men~e, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie keine Elemente besitzt, wird mit 0 bezeichnet. Eine Menge M heisst Teilmen~e der Menge N, wenn aus p E M stets p E N falgt. Statt «M ist Teilmenge von N» sagt man auch «N ist Obermenge van M », «M ist in N enthalten» ader «Numfasst M» und schreibt hierfur M!: N bzw. gleichbedeutend N;2 M. Die le ere Menge ist Teilmenge jeder Menge. Aus M !: N und N !: M falgt M = N. Das Gleichheitszeichen wird stets im Sinn der Identităt verwandt. Gilt M!: N, aber M =l= N, so heisst M eine echte Teilmen~e van N; abkurzend wird hierfur M c N geschrieben. Diejenige Menge, die genau aus den Elementen Pl' ... , P.. besteht, wird mit {Pl' ... , Pn} bezeichnet. Die einelementige Menge {P} ist von ihrem Element P ') Bei einem axiomatischen Aufbau der Mengenlehre wird die Elementbeziehung zunăchst zwischen sog. Klassen definiert. Men~en ,ind dann spezielle Klassen; namlich so1che, die Element irgendeiner Klasse sind. Die Unterscheidung zwischen Klassen und Mengen dient der Ansschaltung der bekannten Antinomien der Mengenlehre. Fur das Verstandnis dieses Buches geniigt jedoch der intuitive Begliff der Menge. 12 Grundlagen zu unterscheiden. So ist z.B. {0} diejenige Menge, deren einziges Element die leere Menge ist. Es sei nun M eine fest gewăhlte Menge (Bezugsmenge). Femer besage ~(P), dass die Eigenschaft ~ auf p zutrifft. Dann bedeute {p: ~(P)} die Menge alier Elemente p E M, auf die ~ zutrifft. Hierbei ist die vorherige Fixierung einer Bezugsmenge wesentlich, weil andemfalls durch ~ allein im allgemeinen keine Menge definiert wird1 ). Dennoch wird spăter hăufig auf eine explizite Angabe der Bezugsmenge verzichtet werden, weil diese entweder bereits in der Definition von ~ enthalten ist oder aus dem jeweiligen Zusammenhang eindeutig hervorgeht. Ein vieI benutzter Spezialfali dieser Bezeichnungsweise liegt bei folgendem Sachverhalt vor: Es seien M und 1 nicht leere Mengen. Jedem tEl sei eindeutig ein Element p, E M zugeordnet. Dann spricht man von einer Indizierung und nennt 1 eine Indexmenge. Bei vorliegender Indizierung bedeutet {p,: tEl} die Menge aller indizierten Elemente von M. Der Buchstabe 1 wird im Folgenden ausschliesslich fur Indexmengen reserviert. Die Schreibweise {p, : tEl} wird auch benutzt, wenn uber die Bezugsmenge M und die Indexmenge 1 vorher keine Angaben gemacht wurden. Sie besagt dann, dass eine Bezugsmenge als gegeben anzunehmen ist und dass eine Indizierung mit der Indexmenge 1 vorliegt. Die spăteren Untersuchungen werden sich im alIgemeinen auf eine feste Menge, die Grundmenge, beziehen. Fur sie wird meist der Buchstabe R (Raum) benutzt werden. Im Hinblick auf die geometrische Interpretation sollen die Elemente von R auch als Punkte bezeichnet werden. Fur Teilmengen von R werden grosse lateinische Buchstaben benutzt. Mengen, deren Elemente Teilmengen von R sind, solien auch (Mengen- )Systeme genannt werden. Zu ihrer Kennzeichnung dienen (grosse und kleine) deutsche Buchstaben. Die Menge aller Teilmengen von R heisst die Potenzmenge von R und wird mit $(R) bezeichnet. Wird bei vorgegebener Grundmenge R schlechthin von Mengen gesprochen, so sind stets Teilmengen von R gemeint. Ist die Grundmenge R fest gewăhlt, so wird unter dem Komplement del Menge M die Menge aller Punkte PER mit p rf: M verstanden. Das Komple· ment von M wird mit CM bezeichnet. Ist hierbei M einpunktig - etw~ M = {P} -, so solI statt C{P} einfacher Cp geschrieben werden. Wenn die Grund menge R, hinsichtlich derer die Komplementbildung erfolgt, besonders her vorgehoben werden soli, wird statt CM die genauere Bezeichnung CR M benutzt Es gilt CR=0, C0=R, CCM=M. M s; N ist gleichwertig mit CM ;2 CN . (1.1 Ist @5 = {M, : tEl} ein Mengensystem, so versteht man unter dem Durch· schnitt dieses Systems die Menge aller Elemente, die gleichzeitig in jedel ') Definiert man ~(p) durch p ~ p und schrankt man die Elemente p nicht auf eine feste Bezugs menge ein, so liefert {p : p ~ p} die bekannte Russellsche Antinomie der Menge aller Mengen, di sich mcht selbst als Element enthalten. 18 § 1. Grundbegriffe der Mengen1ehre Menge des Systems liegen. Man schreibt fUr diesen Durchschnitt gleichbedeutend n M , n {M : M E @;i} , n M, , n {M, : tEl} . ,el Me@i Wenn eine Verwechslung ausgeschlossen ist, wird bisweilen auch auf die explizite AnfUhrung der Indexmenge 1 verzichtet und kUrzer n M, geschrieben. Ist 1 endlich-etwaI = {l, ... , n} -, sowird auch die Bezeichnung MI n ... n M n benutzt. Zwei Mengen, deren Durchschnitt leer ist, heissen fremd zu einander. Die Vereinigung des Systems @) ist die Menge aller Elemente, die zu mindestens einer Menge von @) geh6ren. Die Bezeichnung der Vereinigung erfolgt analog, wobei die Zeichen n bzw. n durch U bzw. u zu ersetzen sind. FUr viele Anwendungen ist der Sonderfall wichtig, in dem @) das leere Mengensystem ist. Sinngemass ist hierbei n {M: M E 0} = R und U {M: M E 0} = 0 zu setzen. Die Durchschnitts- und Vereinigungsbildung ist kommutativ und assoziativ. Ausserdem gelten folgende Beziehungen: MnN=M, MuN=N sind paarweise gleichwertig. M~N, MI U (M 2 n Ma) = (MI u M 2) n (MI uMa), MI n (M 2 uMa) = (MI n M 2) u (MI n Ma). (Distributivitat) G(U M.) = n (G M.) und G(n M.) (Formeln von DE MORGAN) = U (G M.) . (1.2) (1.3) (1.4) Unter der Produktmenge Al X ... X An der Mengen Al' ... , An versteht man die Menge aller geordneten n-Tupel (al' ... , an) mit al EAl' ... , an E AnI). Ist hierbei eine der Mengen Al' ... , An leer, so ist auch Al X ... X An die leere Menge. Wenn die Mengen Al' "', An alle gleich einer Menge A sind, wird statt Al X ... X An einfacher auch An geschrieben. Jede Teilmenge eder Produktmenge A X B heisst eine (in A X B definierte) Relation. Statt (a, b) Ee sagt man auch, dass die Relation e zwischen den Elementen a und b besteht. Ist e eine in A X B definierte Relation, so ist e- l = {(b, a) : (a, b) Ee} eine in B X A definierte Relation, die als die zu e inverse Relation bezeichnet wird. Die Menge aller Elemente a EA, zu denen es ein b E B mit (a, b) Ee gibt, heisst der Vorbereich von e. Entsprechend besteht der Nachbereich von e aus allen b E B, zu denen es ein a E A mit (a, b) Ee gibt. Ist M eine Teilmenge von A, so wird mit e M die Menge aller b E B bezeichnet, zu denen es 1) Zur allgemeinen Definition der Produktmenge vgl. § 22. 14 Grundlagen ein a E M mit (a, b) Ee gibt. Demnaeh ist eA der Naehbereieh und e-1 B der Vorbereieh von e. Wenn M zu dem Vorbereich von e fremd ist, ist e M die leere Menge. Es gelten folgende Beziehungen: M ~ e-I (e M) genau dann, wenn M im Varbereieh van e enthalten ist. (1.5) (1.6 ) e (U M,) = U e M, . (1.7) e (n M.) ~ n e M, . (1.8) In der letzten Beziehung gilt das Gleichheitszeiehen im allgemeinen nicht; aueh dann nicht, wenn es sieh nur um eine endliche Durehsehnittsbildung handelt. Es sei e eine in A X B und (1 eine in B X C definierte Relation. Die Menge aller Paare (a, e) E A X C, zu denen es ein b E B mit (a, b) Ee und (b, e) E (1 gibt, ist dann eine in A X C definierte Relation: Sie heisst die Produktrelation von e und (1 und wird mit (1 e (in dieser Reihenfolge) bezeiehnet. Die so erkHi.rte Produktbildung fUr Relationen ist assoziativ, jedoeh Im allgemeinen nieht kommutahv. Es gilt (1.9) ((1 e) M = (1(e M) . (1.10) Eine in A X B definierte Relation cp heisst eine Abbildung, wenn fur jedes Element a des Vorbereiehs von cp die Menge cp{a} aus nur einem Element besteht. Dieses Element heisst dann das Bild von a bei der Abbildung cp und wird einfaeher mit cp a bezeiehnet. Der Vorbereieh D der Abbildung cp heisst aueh ihr Definitionsbereich; entspreehend wird der Naehbereich als Bildbereich bezeiehnet. Man sagt «cp ist eine Abbildung von D in B) und sehreibt hierfur abkurzend «cp: D --+ B). Ist hierbei der Bildbereich von cp gleieh B, so heisst cp eine Abbildung von Dau! B. Die Definition der Abbildung cp ist von der Menge A unabhangig und bezieht sieh nur auf den Definitionsbereieh D. Die Sehreibweise cpa solI stets einsehlieBen, daB a ein Element des Definitionsbereiehs von cp ist. Wenn M eine Teilmenge von D ist, bestimmt jede Abbildung cp: D --+ B eine Abbildung CPM: M --+ B, indem man fUr alle PE M das Bild durch CPM P = cpp definiert. Die Abbildung CPM heisst die Restriktion von cp auf M. Fur je zwei Abbildungen cp und 1p ist nach dem Vorangehenden die Produktrelation 1p cp definiert: Sie ist selbst eine Abbildung und heisst die Produktabbildung von cp und 1p. Es gelte cp : D --+ B und 1p : D' --+ B ' . Der Definitionsbereieh der Produktabbildung 1p cp ist dann die Teilmenge cp-I D' von D, und es gilt 1p cp: cp-I D' --+ B'. § 1. Grundbegriffe der Mengenlehre 15 Die zu einer Abbildung q; inverse Relation q;-1 ist im allgemeinen keine Abbildung. Wenn jedoch auch q;-1 eine Abbildung ist, heisst q; eine eineindeutige (umkehrbar eindeutige) Abbildung oder kfirzer eine l-l-Abbildung. Die inverse Relation q;-l wird dann auch die Umkehrabbildung von q; genannt. Das Produkt zweier 1-1-Abbildungen ist wieder eine 1-1-Abbildung. DieAbbildung q; ist genau dann eine 1-1-Abbildung, wenn aus q; p = q; q stets p = q folgt. Diejenige Abbildung, die jedes Element der Menge R auf sich abbildet, ist offenbar eine 1-1-Abbildung von R auf sich; sie heisst die identische Abbildung oder die Identităt von R. Ist M eine Teilmenge des Bildbereichs B der Abbildung q;, 50 heisst die Menge q;-l M das Urbild von M. Man beachte jedoch, dass die Menge q;-l M auch dann definiert ist, wenn M nicht eine Teilmenge von B ist; es gilt q;-1 M = q;-l (M n B). Wenn q; eine Abbildung ist, gilt ffir die inverse Relation in der Durchschnittsbeziehung (1.8) sogar das Gleichheitszeichen: q;-1 n M, = n q;-l M, . Ist q; sogar eine 1-1-Abbildung, 50 (1.11) folgt hieraus auch die Gfiltigkeit von q; n M, = n q; M, . (1.12) Mit Hilfe des Abbildungsbegriffs k6nnen die Distributivgesetze (1.2) verallgemeinert werden: {K,: tEl} sei ein System von Indexmengen K,. Weiter bedeute (/J die Menge aller Abbildungen q;: 1 -+ U K, mit q; t E K, ffir alle tEl. Schliesslich sei jedem tEl ein Mengensystem {M" ><, : ", E K.} zugeordnet. Dann gilt U( n M, ><) = n (U M, tp,) . ,el x,EK, J' tpefIJ ,el ' (1.13) Die in A2 definierte Relation e heisst reflexiv, wenn (a, a) Ee ffir jedes a EA gilt. Die Relation e heisst transitiv, wenn aus (a, b) Ee und (b, c) Ee stets (a, C) Ee folgt; d.h. wenn e e ~ e gilt. Schliesslich heisst e symmetrisch, wenn aus (a, b) Ee stets (b, a) Ee folgt; d.h. wenn e-1= e ist. Jede in A2 definierte und gleichzeitig reflexive, transitive und symmetrische Relation heisst eine Ăquivalenzrelation von A. Ist e eine Ăquivalenzrelation von A, 50 heisst die Menge e{a} die durch das Element a EA erzeugte Ăquivalenzklasse, und jedes Element b E e{a} wird ein Reprăsentant dieser Klasse genannt. Ffir je zwei Elemente a, bEA gilt, dass die Ăquivalenzklassen e{a} und e{b} entweder fremd oder identisch sind. Die Menge A zerfăllt somit in paarweise fremde Ăquivalenzklassen. Die Menge aller dieser Ăquivalenzklassen heisst die Quotientenmenge von A nach der Ăquivalenzrelation e und wird mit Ale bezeichnet. 16 Grundlagen Wenn eine in A2 deflnierte Relation e reflexiv und transitiv ist, so ist e n e- 1 eine Ăquivalenzrelation von A, die als die von e induzierte Ăquivalenzrelation bezeichnet wird. Auch jede Abbildung q;: A -->- B induziert auf folgende Weise eine Ăquivalenzrelation ?p von A: Fiir je zwei Elemente p, q EA gelte (P, q) E ip genau dann, wenn q; p = q; q ist. Jede in A2 deflnierte reflexive und transitive Relation e, die als Ăquivalenz­ relation e n e- 1 die Identitat induziert, heisst eine Ordnungsrelation oder Ordnung von Al). Ist e eine Ordnungsrelation, so pflegt man statt (P, q) Ee auch p ~ q (oder gleichbedeutend q ~ P) zu schreiben. Es gilt also p~ p. A us P ~ q und q ~ r folgt p ~ r . A us P ~ q und q ~ p folgt P = q . (1.14) Fiir p ~ q und p =1= q schreibt man kiirzer p < q oder q > p. Ist ~ eine Ordnung von A, so wird das Paar (A, ~) als geordnete Menge bezeichnet. Wenn die Ordnungsrelation von A fest vorgegeben ist, wird hauflg auch A selbst als geordnete Menge bezeichnet. Die Elemente p und q der geordneten Menge A heissen vergleichbar, wenn p ~ q oder q ~ p gilt. Im allgemeinen brauchen zwei beliebige Elemente einer geordneten Menge nicht vergleichbar zu sein. Sind jedoch je zwei Elemente vergleichbar, so heisst die Menge linear oder total geordnet oder auch eine Kette. Jede Teilmenge einer geordneten Menge A wird durch die Ordnungsrelation von A selbst geordnet. Jede Teilmenge einer Kette ist wieder eine Kette. Ein Element m der geordneten Menge A heisst minimal (maximal) in A, wenn aus a EA und a ~ m (a ~ m) stets a = m folgt. Linear geordnete Mengen konnen hochstens ein minimales und hochstens ein maximales Element besitzen, das dann als erstes Element oder Anfangselement bzw. als letztes Element oder Endelement bezeichnet wird. Eine linear geordnete Menge A heisst wohlgeordnet, wenn jede nicht leere Teilmenge von A ein erstes Element besitzt. Die Ordnungsrelation wird in diesem Fall auch als Wohlordnung bezeichnet. Die wohlgeordneten Mengen gestatten eine Verallgemeinerung des Prinzips der vollstandigen Induktion. Es sei namlich A eine wohlgeordnete Menge, und esei eine fiir die Elemente von A deflnierte Eigenschaft. Dann gilt Prinzip der transfiniten Induktion: Die Eigenschaft C treffe auf das erste Element von A zu. Fur jedes a EA folge aus dem Zutreffen von C auf alte a' E A mit a' < a, dass C auch auf a selbst zutrifft. U nter diesen V oraussetzungen trifft dann C auf alte Elemente von A zu. ') Statt von einer Ordnung wird vielfach auch VOn emer Halbordnung oder von einer tei1weisen Ordnung gesprochen, wahrend der Terminus Ordnung fur die weiter unten definierte lineare Ordnung vervl endet wird. § 1. Grundbegritle der Mengenlehre 17 Um das Prinzip der transfiniten Induktion in einer beliebigen Menge anwenden zu konnen, muss man zuvor eine W ohlordnung dieser Menge definieren. Der Wohlordnungssatz besagt, dass dies immer moglich ist: Jede Menge kann wohlgeordnet werden; d.h. man kann in jeder Menge eine Ordnungsrelation so definieren, dass die Menge durch sie wohlgeordnet ist. Der Wohlordnungssatz gilt (bei einem axiomatischen Aufbau der Mengenlehre) nur unter Voraussetzung des Auswahlaxioms, mit dem er sogar gleichwertig ist. Das Auswahlaxiom besteht in folgender Existenzforderung: Zu jedem nicht-Ieeren System @) von nicht-Ieeren Mengen gibt es eine Abbildung cp: @) ~ U {M: M E@)} mit cp M E M fur alle M E@). Ebenfalls gleichwertig mit dem Wohlordnungssatz ist das nachstehend formulierte Zornsche Lemma, welches beweistechnisch hăufig einfacher zu handhaben ist. Es sei B eine Teilmenge der geordneten Menge A. Dann heisst ein Element SE A eine untere (obere) Schranke von B in A, wenn aus b E B stets s ~ b (b ~ s) folgt. Das Zomsche Lemma lautet: Wenn in einer nicht-leeren geordneten Menge A jede Kette eine untere (obere) Schranke besitzt, existiert in A mindestens ein minimales (maximales) Element. Es gibt dann sogar zu jedem a EA ein minimales (maximales) Element mEA mit m ~ a (a ~ m)l). Zwei Mengen A und B heissen gleichmăchtig, wenn es eine 1-1-Abbildung von A auf B gibt. Die Gleichmăchtigkeit ist eine Ăquivalenzrelation 2); gleichmăchtige Mengen konnen daher zu einer Măchtigkeitsklasse zusammengefasst werden. Die Măchtigkeitsklassen heissen Kardinalzahlen2). Die durch eine Menge A erzeugte Kardinalzahl wird mit lAI bezeichnet; sie heisst die Măchtigkeit der Menge A. Fur Kardinalzahlen kann auf folgende Weise eine Ordnungsrelation definiert werden: k l und k 2 seien zwei Kardinalzahlen. Die Mengen Al bzw. A 2 seien Reprăsentanten von k l bzw. k s ; d.h. lAII = k l und IAsi = k 2 • Dann wird kl ~ k s dadurch definiert, dass die Menge Al zu einer Teilmenge von A 2 gleichmăchtig ist. Es zeigt sich, dass diese Beziehung von der Wahl der Reprăsen­ tanten unabhăngig ist und dass hierdurch eine Ordnung definiert wird. Diese Ordnung erweist sich sogar als eine Wohlordnung. Zum Beweis der Linearităt der Ordnung muss allerdings die Theorie der Ordinalzahlen herangezogen werden, auf die hier nicht eingegangen wird. Alle endlichen Mengen mit derselben Elementzahl sind gleichmăchtig; zwei endliche Mengen mit verschiedener Elementzahl besitzen auch verschiedene Măchtigkeiten. Die durch eine Menge mit n Elementen reprăsentierte Kardinalzahl wird daher mit der naturlichen Zahl n identifiziert. Die erste Kardinalzahl (im Sinn der zuvor definierten Wohlordnung) ist die Măchtigkeit der leeren Menge, die mit der Zahl O identifiziert wird. In der Wohlordnung der Kardinal') Ein eleganter Beweis fur die GleIChwertigkeit von Auswahlaxiom, Wohlordnungssatz und Zornschem Lemma findet sich in [21]. 2) Die Gesamtheit aller Mengen und die Gesamthelt aHer Kardmalzahlen sind keine Mengen, sondern Klassen. Die Gleichmachtigkeit und dle anschliessend definierte Wohlordnung der Kardinalzahlen sind daher Relationen in Klassen. 2 Kowalsky, Top. Răume 18 Grundlagen zahlen folgen auf O sodann die nattirlichen Zahlen in ihrer iiblichen Ordnung. Die zu unendlichen Mengen geharenden Kardinalzahlen werden als transfinite Kardinalzahlen bezeichnet. Die erste transfinite Kardinalzahl ist die Machtigkeit der Menge aller natiirlichen Zahlen. Sie heisst die Machtigkeit des Abzahlbaren und wird mi t ~ o bezeichnetl). Die nachsten, auf ~ o folgenden (iiberabzahlbaren) Kardinalzahlen werden entsprechend ~l' ~2' ~3 usw. genannt. Mengen einer Machtigkeit ;:;;; ~o heissen abzahlbar. Ausser der Menge der natiirlichen Zahlen sind weitere Beispiele fiir abzahlbare Mengen: Die Menge der ganzen Zahlen, die Menge der rationalen Zahlen, die Menge aller Polynome in einer Unbestimmten mit ganzzahligen oder rationalen Koeffizienten und die Menge der algebraischen Zahlen. Die Menge aller reellen Zahlen hingegen besitzt iiberabzahlbare Machtigkeit; ihre Machtigkeit heisst die Machtigkeit des Kontinuums und wird mit c bezeichnet. Es gilt somit c > ~o, also c ~ ~l. Die Frage danach, ob c = ~l ist, ist das bisher ungelaste (spezielle) Kontinuumsproblem. Fiir Kardinalzahlen)annen eine Addition und eine Multiplikation definiert werden. Sind kl und k 2 zwei Kardinalzahlen mit den elementfremden Reprasentanten Al bzw. A2' so wird ihre Summe als die Machtigkeit der Vereinigungsmenge der Reprasentanten definiert: kl + k2 = lAI U A 2 1. Als Produkt von kl und k 2 definiert man die Machtigkeit des Produkts der Mengen Al und A 2 : kl • k 2 = I Al X A 2 1. Diese Definitionen sind von der Wahl der Reprasentanten unabhangig. Fiir die endlichen Kardinalzahlen stimmen die Summen- und die Produktbildung mit den entsprechenden Operationen bei den natiirlichen Zahlen iiberein. Fiir die transfiniten Kardinalzahlen fallen Summe und Produkt zusammen: (1.15) Die Summe und das Produkt zweier transfiniter Kardinalzahlen sind gleich der Grossten dieser beiden Kardinalzahlen. Rieraus folgt noch der spater mehrfach benutzte Satz: (1.16) Es sei E die Menge aller endlichen Teilmengen einer gegebenen unendlichen Menge M. Dann gilt IEI = IMI. In etwas komplizierterer Weise lasst sich fiir Kardinalzahlen auch die Potenzbildung (mit Kardinalzahl-Exponenten) definieren. Rier sei indes nur noch folgende Tatsache erwahnt: Es sei M eine beliebige Menge. Fiir ihre Potenzmenge I.l3(M) gilt dann II.l3(M) I = 21 MI. Es ist 2No = c, und fiir eine beliebige Kardinalzahl k gilt stets k < 2 k. Bezeichnet man mit k' die unmittelbar auf k folgende Kardinalzahl, so besteht das allgemeine Kontinuumsproblem in der Frage, ob fiir k ~ ~ o die Gleichung 2 k = k' gilt. Zur Vereinfachung der Schreibweise sollen folgende Bezeichnungsfestsetzungen gelten: N Menge aller naturlichen Zahlen, Q Menge aller rationalen Zahlen, R Menge aller reellen Zahlen. 1) ~ (= Aleph) ist der erste Buchstabe des hebrmschen Alphabets. § 2. Geordnete Mengen und Verbănde 19 Fiir natiirliche Zahlen n ist nach der auf Seite 13 getroffenen Festsetzung R n die Menge aller n-Tupel reeller Zahlen, also der n-dimensionale Raum. § 2. Geordnete Mengen und Verbande Nach § 1 versteht man unter einer geordneten Menge eine Menge A, in der eine Ordnungsrelation ~ definiert ist. Diese geniigt den Ordnungsaxiomen (vgl. 1.14) (0 2 ) Aus a ~ b und b ~ c folgt a (0 3 ) Aus a ~ b und b ~ a folgt a = b . ~ c. Definition 2 a: Es seien A und B geordnete M engen, und cp sei eine Abbildung von A in B. Dann heisst cp isoton, wenn aus al ~ a2 stets cp al ~ cp a2 folgt; streng isoton, wenn sogar aus al < a2 stets cp al < cp a2 folgt; ein Ordnungsisomorphismus, wenn cp eine 1-1-Abbildung von A auf B ist und wenn cp und cp-l isotone Abbildungen sind. Die geordneten M engen A und B heissen ordnungsisomorph, wenn es einen Ordnungsisomorphismus von A auf B gibt. Mit cp ist offenbar auch cp-l ein Ordnungsisomorphismus, und das Produkt zweier Ordnungsisomorphismen ist wieder ein Ordnungsisomorphismus. Da schliesslich die Identităt ein Ordnungsisomorphismus jeder geordneten Menge auf sich ist, ist die Ordnungsisomorphie eine Ăquivalenzrelationl ). Bei einem Ordnungsisomorphismus werden minimale und maximale Elemente auf ebensolche Elemente abgebildet. Ebenfalls bleibt die Linearităt der Ordnung bei Ordnungsisomorphismen erhalten. 2.1 Es sei A eine linear geordnete Menge, B eine geordnete Menge und cp eine streng isotone Abbildung von A in B. Dann ist cp eine 1-1-Abbildung. Wenn cp sogar eine Abbildung von A auf B ist, so ist sie ein Ordnungsisomorphismus. Beweis: Es gelte cp al = cp a2 • Da A linear geordnet ist, sind al und a2 vergleichbar. Aus al < a 2 wiirde wegen der strengen Isotonie cp al < cp a 2 und aus a2 < al entsprechend cp a2 < cp al folgen. Daher muss al = a2 sein; d.h. cp ist eine 1-1-Abbildung. Weiter sei cp eine Abbildung von A auf B, und fiir die Elemente bl , b2 E B gelte bl ~ b2 • Die Urbilder al = cp-l bl und a 2 = cp-l b2 sind vergleichbar. Aus a 2 < al wiirde im Widerspruch zur Voraussetzung b2 <}l folgen. Daher gilt al ~ a 2 , und auch cp-l ist eine isotone Abbildung. ~~ ') Dle Ordnungslsomorphle ist eine Ăquivalenzrelation in der Klasse aller geordneten Mengen. 2* 20 Grundlagen Beispiele: 2.1 Die Mengen N, Q und Rl) sind hinsichtlich ihrer nattirlichen Ordnung linear geordnet. Wenn von der geordneten Menge N, Q oder R gesprochen wird, ist stets die naturliche Ordnung gemeint. Die geordnete Menge R wird auch Zahlengerade genannt. Es seien a und b zwei rationale bzw. reelle Zahlen mit a < b. Dann sind Q und R zu dem in Q bzw. R gebildeten offenen Intervall ]a,b[={x:a<x<b} ordnungsisomorph: Die Schrănkungstransformatlon x x-+- -t-+-'-I-x7"1 vermittelt einen Ordnungsisomorphismus von Q bzw. R auf ]-1, + 1 [, und die Zuordnung b+a x-+-2- + -b-a 2- x ist ein Ordnungsisomorphismus von ]-1, + 1 [ auf ] a, b [. Allgemein sind daher je zwei solche offenen Intervalle von Q oder R ordnungsisomorph. 2.11 In N kann mit Hilfe der Teilbarkeit eine andere Ordnung definiert werden: Fur je zwei natiirliche Zahlen a und b gelte a ~ b genau dann, wenn a ein Teiler von b ist. Hinsichtlich dieser Ordnung ist N nicht linear geordnet. Die Zahl 1 ist das einzige minimale Element. Die Teilbarkeit liefert auch dann noch eine Ordnung, wenn man zu N die Zahl O hinzunimmt. Sie ist dann das einzige maximale Element. 2.111 In der Potenzmenge $(R) der Grundmenge R wird durch die mengentheoretische Inklusion eine Ordnung definiert: A ~ B gelte genau dann, wenn A s B. Hinsichtlich dieser mengentheoretischen Ordnung ist $(R) nicht linear geordnet, wenn R mindestens zwei Punkte enthălt. Die leere Menge ist das einzige minimale, die ganze Grundmenge R das einzige maximale Element. 2.IV Es sei A eine linear geordnete Menge ohne Anfangs- und ohne Endelement. Erweitert man A durch Hinzunahme zweier Elemente - 00 und + 00 zu einer Menge A, und definiert man - 00 ~ a ~ + 00 ftir alle a eA, so ist Ă eine linear geordnete M!nge mit - 00 als Anfangs- und + 00 als Ende1ement. Nachfolgend wird mit R stets die so erweiterte Zahlengerade bezeichnet. In Analogie zu den Verhăltnissen auf der Zahlengeraden sollen allgemein in einer geordneten Menge folgende Bezeichnungen gelten: Die durch die Elemente a und b bestimmte Menge [a, b] 1) Vgl. § 1, Schluss. = {x: a ~ x, x ~ b}