Prof. Dr. Torsten Wedhorn Daniel Wortmann Universität Paderborn WS 11/12 Lösungen der 1. Klausur zur Analysis I Aufgabe 1: (14 Punkte) Kreuze an, ob die folgenden Aussagen wahr oder falsch sind. In dieser Aufgabe musst du deine Entscheidung nicht begründen. Für eine richtige Anwort gibt es 2 Punkte, bei einer falschen werden 2 Punkte abgezogen, keine Antwort ergibt null Punkte. Insgesamt gibt es aber mindestens null Punkte. Unleserliche und unklare Antworten werden als falsche Antwort gewertet. wahr 2 falsch 4 Jede monoton wachsende oder monoton fallende Folge reeller Zahlen konvergiert in R. Die Aussage ist falsch. Zum Beispiel ist die Folge (n)n∈N monoton wachsend, konvergiert aber nicht in R. 2 4 P∞ P Ist ∞ k=1 ak eine absolut konvergente Reihe reeller Zahlen, P∞so gilt1 k=1 ak ≥ 0. Die Aussage ist falsch. Ein Gegenbeispiel ist die Reihe k=1 (− k2 ). 2 4 Sei (ak )k∈N eine Folge reeller PZahlen, so dass die Folge (kak )k∈N konvergiert. Dann konvergiert die Reihe ∞ k=1 ak . Die Aussage ist falsch. Betrachte zum Beispiel die Folge ( k1 )k∈N . Da k · k1 = 1 1 für alle k ∈ N, konvergiert P∞ 1die Folge (k · k )k∈N gegen 1, jedoch divergiert die harmonische Reihe k=1 k . 2 4 Es gibt eine stetige und bijektive Funktion f : (0, 1) → R. Die Aussage ist wahr. Zum Beispiel ist f : (0, 1) → R, x 7→ tan(πx − π2 ) stetig und bijektiv. 4 2 Ist f : [a, b] → R differenzierbar, so ist f eine Regelfunktion. Die Aussage ist wahr. Jede differenzierbare Funktion ist stetig und jede stetige Funktion ist eine Regelfunktion. 4 2 Sei (fn )n∈N eine Folge von nicht stetigen Funktionen fn : R → R, die gleichmäßig gegen f : R → R konvergiert. Dann ist auch f nicht stetig. Die Aussage ist falsch. Ein Gegenbeispiel ist die Funktionenfolge (fn )n∈N mit fn (x) = n1 für x < 0 und fn (x) = 0 für x ≥ 0, welche gleichmäßig gegen die (stetige) Funktion f : R → R, x 7→ 0 konvergiert. 2 4 Ist (an )n∈N eine Cauchyfolge mit an ∈ Q für alle n ∈ N, so konvergiert sie und es gilt lim an ∈ Q. n→∞ √ / Q) gibt es eine Die Aussage ist falsch. Zu jeder reellen Zahl a (z.B. a = 2 ∈ konvergente Folge (insb. Cauchyfolge) rationaler Zahlen mit Grenzwert a. Aufgabe 2: (7 Punkte) Bestimme M := sin([−2, 2]), sowie das Supremum und das Infimum von M . Lösung: Es gilt sin(− π2 ) = −1 und sin( π2 ) = 1. Da 0 < π2 ≤ 2, gilt − π2 , π2 ∈ [−2, 2]. Da sin stetig ist, Folgt mit dem Zwischenwertsatz, dass [−1, 1] ⊆ M = sin([−2, 2]). Andererseits ist −1 ≤ sin(x) ≤ 1 für alle x ∈ R, daher gilt auch M ⊆ [−1, 1]. Insgesamt folgt, dass M = [−1, 1], also ist inf(M ) = −1 und sup(M ) = 1. Aufgabe 3: (4 Punkte) Sei (an )n∈N eine konvergente Folge reeller Zahlen mit Grenzwert a ∈ R, sei (bn )n∈N eine weitere Folge in R, so dass bn 6= 0 für alle n ∈ N und lim abnn = 1. n→∞ Zeige, dass (bn )n∈N gegen a konvergiert. Lösung: Da(an )n∈N und ( abnn )n∈N konvergente Folgen sind, und lim abnn = 1 6= 0, gilt nach dem Grenzwertsatz n→∞ für den Quotienten konvergenter Folgen: Die Folge ! an (bn )n∈N = an bn n∈N konvergiert, und ihr Grenzwert ist lim an lim bn = n→∞ n→∞ lim an n→∞ bn = a =a 1 Aufgabe 4: (4+4 Punkte) Entscheide, ob die folgenden Reihen konvergieren: ∞ X kπ (a) sin 2 k=0 (b) ∞ X exp(−k) k=0 Lösung: (2m+1)π 2 = (−1)m für alle m ∈ N, also ist sin P∞ konvergiert die Reihe k=0 sin kπ nicht. 2 (a) Es gilt sin kπ 2 k∈N keine Nullfolge. Daher k 1 (b) Es gilt exp(−k) = exp(k) = 1e für alle k ∈ N. Es handelt sich also um eine geometrische Reihe. Da 1e < 1, ist sie konvergent: ∞ ∞ k X X 1 1 e exp(−k) = = 1 = e e−1 1− e k=0 k=0 Aufgabe 5: (6 Punkte) Sei f : [1, 2] → [1, 4] eine stetige Funktion. Zeige, dass ein x0 ∈ [1, 2] existiert mit f (x0 ) = x20 . Hinweis: Betrachte z.B. die Funktion g : [1, 2] → R, x 7→ f (x) − x2 . Lösung: Definiere die Funktion g : [1, 2] → R, x 7→ f (x) − x2 . Als Differenz von stetigen Funktionen ist g wieder eine stetige Funktion. Da f ([1, 2]) ⊆ [1, 4], gilt g(1) = f (1) − 1 ≥ 1 − 1 = 0 und g(2) = f (2) − 4 ≤ 4 − 4 = 0. Aus dem Zwischenwertsatz für die Funktion g folgt nun: Es gibt ein x0 ∈ [1, 2] mit 0 = g(x0 ) = f (x0 ) − x20 Für dieses x0 gilt also f (x0 ) = x20 . Aufgabe 6: (4 Punkte) Zeige, dass für die Funktion arcsin : [−1, 1] → [− π2 , π2 ] ⊂ R gilt: arcsin(−x) = − arcsin(x) für alle x ∈ [−1, 1] Lösung: Es gilt sin(−y) = − sin(y) für alle y ∈ R. Daher hat man für alle x ∈ [−1, 1]: sin(− arcsin(x)) = − sin(arcsin(x)) = −x = sin(arcsin(−x)) Nach Anwendung des Sinus auf beide Seiten ist die zu zeigende Identität also erfüllt. Da arcsin(−x) ∈ [− π2 , π2 ] und − arcsin(x) ∈ [− π2 , π2 ] für alle x ∈ [−1, 1], und sin auf dem Intervall [− π2 , π2 ] injektiv (da streng monoton wachsend) ist, folgt hieraus die Behauptung. Aufgabe 7: Betrachte die Funktion F : R → R, x 7→ (4+8 Punkte) Rx t3 exp(t)dt. 1 (a) Zeige, dass F differenzierbar ist mit F 0 (x) = x3 exp(x). (b) Bestimme alle lokalen Minima und alle lokalen Maxima von F . Bestimme die größtmöglichen Intervalle, auf denen F monoton wachsend ist, und die größtmöglichen Intervalle, auf denen F monoton fallend ist. Lösung: (a) Die Funktion f : R → R, x 7→ t3 exp(t) ist stetig. Daher gilt nach dem Hauptsatz der Differentialund Integralrechnung: F ist differenzierbar mit F 0 = f . (b) Da exp(x) > 0 für alle x ∈ R, gilt für die Ableitung von F : > 0, x > 0 (a) 3 0 F (x) = x exp(x) = 0, x = 0 < 0, x < 0 F ist also streng monoton wachsend auf dem Intervall [0, ∞), streng monoton fallend auf dem Intervall (−∞, 0] und besitzt höchstens ein lokales Minimum oder Maximum, nämlich in 0. Daher ist [0, ∞) das größtmögliche Intervall, auf dem F monoton wachsend ist, und (−∞, 0] das größtmögliche Intervall, auf dem F monoton fallend ist. F hat somit ein lokales Minimum in 0 (dies ist sogar ein globales Minimum) und besitzt kein lokales Maximum. Aufgabe 8: (4+2* Punkte) Betrachte die Funktionenfolge (fn )n∈N gegeben durch fn : R → R, x 7→ cos(x) n Prüfe, ob (fn )n∈N gleichmäßig konvergent ist. Bonusaufgabe*: Prüfe, ob (fn )n∈N punktweise konvergent ist. Lösung: def. Es gilt | cos(x)| ≤ 1 für alle x ∈ R, also ist kfn kR = k cos(x) kR = sup{| cos(x) | | x ∈ R} ≤ n n n ∈ N. Somit gilt lim kfn − 0kR = lim kfn kR = 0 n→∞ 1 n für alle n→∞ also konvergiert (fn )n∈N gleichmäßig (gegen die Nullfunktion f : R → R, x 7→ 0). Da (fn )n∈N gleichmäßig konvergent ist, konvergiert die Folge auch punktweise (und zwar gegen dieselbe Grenzfunktion). Aufgabe 9: (6+12+4* Punkte) (a) Bestimme eine Stammfunktion von | · | : R → R, x 7→ |x|. (b) Berechne die folgenden Integrale: Z 2 Z 1 x √ x log(x) dx (ii) dx (i) x2 + 3 −1 1 Z 1 Z ∞ 2 1 (iii) dx (iv)* (x − 1) exp(−x2 + 2x) dx 1 4x2 + 1 −2 0 Lösung: (a) Die Funktion | · | ist stetig, daher ist Z x |t| dt F (x) := 0 nach dem Hauptsatz der Diffentialeine Stammfunktion von | · |. Für t ≥ 0 R x und Integralrechnung 1 2 ist |t| = t, also gilt F (x) = 0 t dt = 2 x für x ≥ 0. Für t ≤ 0 ist |t| = −t, also ist F (x) = R0 R0 − x (−t) dt = x t dt = − 21 x2 für x ≤ 0. Insgesamt ergibt sich für die Stammfunktion von | · |: ( 1 2 x, x≥0 F (x) = 2 1 2 −2x , x ≤ 0 (b) (i) Z 2 x log(x) dx p.I. = 1 = Z 2 2 Z 2 1 1 1 2 2 1 x log(x) − x · dx = 2 log(2) − x dx 2 x 1 1 2 1 2 1 2 3 2 log(2) − x2 = 2 log(2) − 4 1 4 (ii) 1 Z x 1 √ dx = 2 x2 + 3 −1 Z 1 −1 2x (ϕ(x)=x2 +3) 1 √ dx = = 2 x2 + 3 Z 4 4 1 √ dx = 0 x Man kann auch argumentieren: Die Funktion f : [−1, 1] → R, x 7→ √xx2 +3 ist eine punktsymmetrische Regelfunktion und der Integrationsbereich [−1, 1] ist symmetrisch um 0. Also ist das Integral 0. (iii) Z 1 2 − 12 Z 1 Z 1 1 2 1 2 1 (ϕ(x)=2x) 1 dx = dx = dx 2 2 2 4x + 1 2 − 12 (2x) + 1 2 −1 x + 1 1 1 π π π 1 arctan(x) = − (− ) = = 2 2 4 4 4 −1 (iv)* Für alle b > 0 gilt Z b (x − 1) exp(−x2 + 2x) dx = 0 (ϕ(x)=2x−x2 ) = = 1 − 2 Z b (2 − 2x) exp(2x − x2 ) dx 0 2 2b−b2 1 1 2b−b − exp(x) dx = − exp(x) 2 0 2 0 1 (1 − exp(2b − b2 )) 2 Z Wegen lim 2b − b2 = −∞ konvergiert das uneigentliche Integral und es gilt b→∞ Z 0 ∞ 1 1 (1 − exp(2b − b2 )) = b→∞ 2 2 (x − 1) exp(−x2 + 2x) dx = lim