Die “Glässersche Krankheit” - Logo Tierarzt Dr. Otto Egbering

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Dr. med. vet. Otto Egbering
Fachtierarzt für Schweine
Tierarzt für Bestandsbetreuung und
Qualitätssicherung im Erzeugerbetrieb–Schweine–
Praxisinfo für Schweinehalter
Tierarztpraxis für Großtiere
Die “Glässersche Krankheit” spielt in den Schweinebeständen eine immer
größer werdende Rolle.
Allgemeines zur Glässerschen
Krankheit:
Bild Nr. 1 kümmerndes Ferkel infolge
der Glässerschen Krankheit
Foto: Diana Meemken
Die Glässersche Krankheit wird durch den
bakteriellen Erreger „Haemophilus
parasuis“ verursacht. Bei klinisch
gesunden Schweinen ist dieser Erreger
häufig im Nasenrachenraum zu finden. Er
ist einer der ersten und häufigsten Erreger
bei kleinen Saugferkeln. In einer klinisch
gesunden Sauenherde entwickelt sich
jedoch eine sehr gute Bestandsimmunität
und durch die Kolostrumversorgung der
Saugferkel sind diese vor einer Erkrankung
geschützt. Der Erreger wird erst dann für
Ferkel zum Risiko, wenn die Sauen
aufgrund von mangelndem Erregerkontakt
z.B. bei Zustallen von erregerfreien Tieren
aus SPF-Betrieben oder von Tieren mit
MEW-Status (Medicted Early Weaning)
eine kolostrale Immunität nicht mehr
ausgebildet wird.
Klinische Symptome der
Glässerschen Krankheit:
Allgemeinbefinden dieser Tiere ist
ungestört. Einzelne Tiere zeigen Blässe,
ein raues Haarkleid und kümmern (siehe
Bild Nr. 1). Die Zahl der Ferkel mit
Gehirnhautentzündungen und Polyarthritis
(gleichzeitige Entzündung mehrerer
Gelenke) steigt deutlich an. Nach dem
Absetzten verstärken sich diese gerade
beschrieben Symptome. Betroffene Tiere
zeigen eine deutliche Störung des
Allgemeinbefindens mit pumpender
Atmung und Futterverweigerung. Die
Tiergruppe wächst auseinander und die
Todesrate erhöht sich bis zu ca. 6%.
Bild Nr. 2 Ferkel mit Polyarthritis
(gleichzeitige Entzündung mehrerer
Gelenke)
Foto: Diana Meemken
Auch Fälle, bei denen mehrere
Infektionserreger gleichzeitig in einem
Tier auftreten sind häufig zu beobachten.
Hierbei ist der Erreger der Glässerschen
Krankheit in vielen Fällen zusammen mit
Mycoplasma hyorhinis, Mycoplasma
hoypneumoniae, Bordetella bronchiseptica,
Pasteurella multocida, PRRS-Viren,
Circoviren und Influenzaviren am so
genannten PRDC (Porcine Respiratory
Disease Complex) beteiligt.
Erkrankte Saugferkel zeigen ab der vierten
Lebenswoche eine schniefende Atmung
mit Nießen und trockenem Husten. Das
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Wo entfaltet der Erreger seine
krankmachende Eigenschaft im
Schwein?
der Erreger hier auch bei gesunden
Tieren zu finden ist.
Haemophilus parasuis befällt die glatten
Oberflächen (seröse Häute) von Gelenken,
Darm, Lungen, Herz, Bauchhöhle,
Zwerchfell und Gehirn. Hier erzeugt er
eine fibrinöse Entzündung. Diese
Entzündungen sind sehr schmerzhaft,
daher sind die Atmung und die Bewegung
betroffener Tiere stark eingeschränkt.
Bild Nr. 4 eröffnetes Gelenk mit fibrinös
veränderter Gelenksfüssigkeit
Foto: Diana Meemken
Bild Nr. 3 Verklebungen der Lunge mit
der Brustwand
Foto: Diana Meemken
Wie kommt man sicher zur
Diagnose?
Diagnostisch wertvoll ist vor allem der
Vorbericht über Herkunft der Tiere. Wie
oben schon erwähnt sind Tiere aus Herden
mit hohem Gesundheitstatus besonders
gefährdet. Sie kennen nichts Böses!
Differentialdiagnostisch sollte man durch
weiterführende Untersuchungen
Infektionen mit Mycoplasma hyorhinis,
Streptokokkus suis, Actinobacillus
pleuropneumoniae (APP), Bordetella
brochiseptica und Pasteurella multocida
mit berücksichtigen.
Für den Erregernachweis eignen sich
trockene Tupfer mit Abstrichen von der
Gelenksflüssigkeit, der Gehirnhaut und
Sammeltupfer mit Abstrichen von
serösen Häuten der Organe aus der
Brust und Bauchhöhle.
Achtung! Der Erregernachweis aus
Nasentupfern, Tonsillenabstrichen,
Trachealtupfern und Lungenspülflüssigkeit ist nicht aussagekräftig, da
Die Proben sollen so schnell wie möglich
(4 bis max. 6 Stunden) gekühlt bei 4° C
aufbewahrt zur Untersuchung gelangen.
Der direkte Erregernachweis wird mittels
PCR-Untersuchung geführt.
Achtung! Bei der Typisierung der
Erregerstämme ist zu beachten, dass die
Stämme 1, 5, 10, 12, 13 und 14
besonders krankmachend sind. Diese
Stämme können innerhalb von 96 Std.
den Tod des erkrankten Tieres
herbeiführen.
Die Stämme 2, 4 und 15 verursachen
eine ausgeprägte fibrinöse Entzündung
aller serösen Häute (z. B. Brust-,
Bauchfell- und Gelenksentzündung). Die
Stämme 3, 6, 7, 9 und 11 verursachen
keine krankhaften Veränderungen im
Tier.
Weiter kann eine Erregerisolierung und
Anzüchtung vorgenommen werden. Diese
ist jedoch besonders schwierig, da der
Erreger sehr empfindlich und
anspruchsvoll ist. Es kann auch ein
indirekter Erregernachweis von Blutproben
mittels ELISA-Test zur Erstellung von
Herdenprofilen durchgeführt werden. Der
hierfür verwendete „Biochek Hps
(OppA)Ab Test“ ist sehr genau, spricht
aber erst ca. 14 Tage nach erfolgter
Infektion an. Außerdem muss auf einen
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geeigneten Probenumfang geachtet
werden.
Wie kann man die Untersuchungsergebnisse interpretieren?
Erst bei gehäuft auftretenden Symptomen,
wie Entzündungen an mehreren Gelenken,
Gehirnhautentzündungen und den dazu
passenden Ergebnissen aus der
pathologisch- anatomischen, der
histopathologischen und der
molekularbiologischen Untersuchung kann
die Diagnose „Glässersche Krankheit“
gestellt werden. Zu beachten ist, dass die
Krankheit häufig auch zusammen mit
anderen krankmachenden Erregern
gefunden wird.
Vorbeugemaßnahmen bzw.
Therapie:
Die Glässersche Krankheit lässt sich in
akuten Erkrankungsfällen meistens je nach
Resistenzlage erfolgreich durch gezielte
antibiotische Behandlung therapieren. Die
Atemwegssymptome verschwinden relativ
rasch, kehren aber nach kurzer Zeit wegen
der oben bereits erwähnten Verklebungen
von Lungenoberfläche und Brustwand
zurück. Deshalb ist die antibiotische
Behandlung der Ferkel keine dauerhafte
Lösung. Aus diesem Grund ist hier die
Schutzimpfung der Sauen der richtige
Weg, um mit dieser Krankheit und ihren
Spätfolgen auch auf Dauer fertig zu
werden. Hierbei sollte bei der
Impfstoffauswahl darauf geachtet werden,
dass die im Bestand vorhandenen
Serotypen abgedeckt sind. Handelsfertige
Impfstoffe beinhalten nur die Serotypen 4
und 5. Eine sogenannte Kreuzprotektion,
die auch die anderen krankmachenden
Serotypen mit abdeckt, funktioniert nur
mäßig. Daher führt häufig erst der Einsatz
eines „Stallspezifischen Impfstoffes“ zum
Erfolg!
Literaturquellen:
1. Haemophilus parasuis – Erreger der
Glässerschen Krankheit – als
Primärerreger im
Atemwegskomplex (Porcine
Respiratory Disease Complex,
PRDC) bei Ferkeln
Dr. Franz Lappe
Tierärztliche Umschau
2. Vortrag von Dr. Diana Meemken
am 18.04.2012 in Bakum
Glässersche Krankheit: Die Sektion
als Schüssel zum diagnostischen
Erfolg
Dr. Diana Meemken
Außenstelle für Epidemiologie der
TiHo Hannover
3. Vortrag von Frau Dr. Katrin
Strutzberg-Minder am 18.04.2012
in Bakum Sinn und Unsinn von
HPS-Diagnostik?
Dr. Katrin Sturzberg-Minder
Leiterin der IVD-Gesellschaft für
innovative Veterinärdiagnostik
mbH, Hannover
4. Eigene Praxiserfahrungen
Dr. Otto Egbering
Fachtierarzt für Schweine
und
Tierarzt für Bestandsbetreuung und
Qualitätssicherung im
Erzeugerbetrieb – Schweine.
Till Schlag
Tierarzt in der Fachtierarztpraxis
Egbering
5. Alle vier Bilder stammen von
Dr. Diana Meemken
Außenstelle für Epidemiologie der
TiHo Hannover
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Autoren:
Dr. Otto Egbering
Fachtierarzt für Schweine
und
Till Schlag
Assistenztierarzt in der Tierarztpraxis
Egbering
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