Krankheit oder Tod eines Praxisinhabers

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Wirtschaft und Abrechnung
KV-Blatt 04.2014
Krankheit oder Tod eines Praxisinhabers – Wenn die
Weiterführung der Praxis nicht mehr möglich ist
Mit solchen Fällen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin jährlich mehrfach konfrontiert. Beispiele:
Vertragsärzte bzw. Vertragspsychotherapeuten erkranken schwer und können
oft dauerhaft nicht mehr arbeiten. Im
schlimmsten Fall können sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln.
Ratlosigkeit herrscht auch, wenn ein Praxisinhaber verstorben ist. Angehörige
fragen dann bei der KV nach, was im
Falle eines Falles mit der Praxis und den
Patienten passieren soll. Fragen, denen
sich auch die Partner von Berufsausübungsgemeinschaften stellen sollten,
weil es bei ihnen um den dann vakanten
Vertragsarztsitz und vor allem auch um
die Patienten des erkrankten oder verstorbenen Kollegen geht.
Der Gesetzgeber hat einige weitreichende Regelungen getroffen
Für den „Fall des Falles“, also die Erkrankung oder den Tod eines Vertragsarztes
oder Vertragspsychotherapeuten, gibt
es verschiedene gesetzliche Regelungen.
So kann sich der Praxisinhaber bei seiner
Erkrankung vertreten lassen. Auch kann
er bei einer langfristigen Erkrankung das
Ruhen seiner Zulassung beim zuständigen Zulassungsausschuss beantragen,
wenn absehbar ist, dass er oder sie in
absehbarer Zeit die Praxistätigkeit wieder aufnehmen kann. Ist eine Wiederaufnahme der Praxistätigkeit gar nicht mehr
zu erwarten, kann der Praxisinhaber auf
seine Zulassung verzichten und damit
den Weg für einen Praxisnachfolger frei-
machen. Beim Tod eines Vertragsarztes
oder Vertragspsychotherapeuten können
auch dessen Erben die Durchführung
des Nachbesetzungsverfahrens beantragen. In diesem Beitrag geht es um
die verschiedenen rechtlichen Vorgaben
und insbesondere um die Möglichkeiten,
mit einer Vorsorgevollmacht bzw. einem
Testament Vorsorge zu treffen.
Bei Krankheit Vertretung: Ist der Praxisinhaber voraussichtlich nicht dauerhaft
daran gehindert, seinem Beruf nachzugehen, kommt die Bestellung eines
Vertreters in Betracht. Ist er länger als
eine Woche wegen Krankheit nicht in
der Lage, seinen vertragsärztlichen
Pflichten nachzukommen, muss gegenüber der KV ein Vertreter benannt werden. Dauert diese Vertretung länger als
einen Monat an, dann ist die KV berechtigt, die Voraussetzungen, d. h. die Qualifikation des zur Vertretung bestellten
Praxisvertreters (zum Beispiel die notwendige Facharztqualifikation etc.), zu
prüfen Der Praxisinhaber darf sich drei
Monate in einem Zeitraum von jeweils
zwölf zurückliegenden Monaten ohne
Genehmigung des Vorstands der KV vertreten lassen. Soll diese Zeit überschritten werden, muss zuvor eine Genehmigung durch den Vorstand der KV
beantragt werden. Vertragspsychotherapeuten müssen dabei die für sie geltenden besonderen Vorgaben zur Vertretung beachten. Ansprechpartner für
den Bereich Praxisvertretungen ist die
zuständige KV-Abteilung Arztregister.
Die Anzeige und auch Anträge zur
Genehmigung von Vertretungen sind
Sache des Praxisinhabers. Nur wenn
er einem Dritten (Ehe-/Lebenspartner,
BG-Partner etc.) zuvor eine Vollmacht
erteilt hat, kann dieser die notwendigen
Schritte (Anzeige, Anträge) in die Wege
leiten.
Wann die Praxis ausgeschrieben werden
kann: Grundsätzlich kann die Praxis bei
dauerhafter Erkrankung, Pflegebedürftigkeit und Tod ggf. auch ausgeschrieben
werden. Die Zulassung des Vertragsarztes endet u. a. durch Tod oder eige-
nen Verzicht auf die Zulassung. Häufig
ist bei einer schweren Erkrankung des
Vertragsarztes abzusehen, dass die Praxistätigkeit nicht wieder aufgenommen
werden kann. Das hat u. U. materielle
Konsequenzen, weil die bis dato betriebene Praxis ihren Wert hat und häufig
ein Teil der Altersversorgung ist. Auch
die bislang in der Praxis behandelten
Patienten müssen weiterversorgt werFoto: Schlitt
In Berlin sind derzeit mehr als 8.500
Ärzte und Psychotherapeuten als Freiberufler oder Angestellte tätig. Für sie
gilt das Gleiche wie für alle Freiberufler
oder Unternehmer: Für den Fall der Fälle
sollte Vorsorge getroffen werden. Was
soll mit der Praxis passieren, wenn der
Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut vorübergehend oder gar dauerhaft
wegen Krankheit an der Ausübung des
Berufs gehindert ist? Was ist, wenn der
Praxisinhaber stirbt? Was passiert mit
den Patienten, mit den Mitarbeitern?
Wichtige Dokumente müssen von Angehörigen schnell auffindbar sein
den. Auf Antrag des Vertragsarztes oder
dessen Erben kann der Zulassungsausschuss über die Durchführung eines
Nachbesetzungsverfahrens entscheiden. Dann wird die Praxis unverzüglich durch die KV ausgeschrieben und
der Zulassungsausschuss entscheidet
im Anschluss, welcher der Bewerber die
Praxis fortführen soll. Damit dieses Verfahren durchgeführt werden kann, muss
also auch hier ein Antrag des Vertragsarztes vorliegen, ebenso eine Erklärung
auf den Verzicht der Zulassung. Im
Todesfall obliegen diese Schritte dem
Erben.
Notarielle Vorsorgevollmacht kann helfen: Die Erklärung zum Verzicht auf
die Zulassung und der Antrag auf Ausschreibung einer Praxis müssen ebenfalls persönlich durch den Vertragsarzt/
Vertragspsychotherapeuten abgegeben
bzw. eingereicht werden. Kann dieser
aufgrund seiner Erkrankung nicht selbst
tätig werden, kommt ein Antrag durch
einen Vertreter in Betracht. In der Ver-
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waltungspraxis stellt dies jedoch ein
großes Problem dar. Da nach dem wirksamen Verzicht auf die Zulassung und
der Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens die Praxis durch eine andere
Person weitergeführt wird, kommt dies
der Übergabe eines Unternehmens an
eine andere Person gleich. Deshalb
muss bei der Antragstellung durch
Bevollmächtigte genau geprüft werden,
ob deren Bevollmächtigung überhaupt
die Abgabe solch weitreichender Erklärungen einschließt.
Im Zweifelsfall muss Betreuung beantragt werden: Im Zweifelsfall (oder wenn
überhaupt keine gültige Vollmacht vorliegt) muss dann mitunter erst ein
Antrag auf Einrichtung einer gesetzlichen Betreuung durch Angehörige oder
sonstige Personen beim Familiengericht (Amtsgericht) eingereicht werden,
damit dieses eine Betreuung unter Einschluss der Berechtigung zur Vertretung
bei (Willens-)Erklärungen betreffend die
freiberufliche Tätigkeit anordnet. Dies
kostet oftmals viel Zeit und zieht weitere komplizierte Verfahren beim Familiengericht nach sich. So muss dieses der
Schließung und Veräußerung der Praxis
regelmäßig zustimmen.
Wenn der Betroffene selbst Vollmacht
erteilt hat: Hat der Betroffene jedoch
eine sogenannte Vorsorgevollmacht
erstellt, kann diese die Bestellung eines
Betreuers ersetzen. In einer solchen
Vorsorgevollmacht kann genau geregelt
werden, wer für den Fall der Notwendigkeit der Einrichtung einer Betreuung –
wenn auch nur vorübergehend – für den
Betroffenen tätig werden darf und sich
etwa um Vermögensangelegenheiten
oder medizinische Fragen kümmern soll.
Diese Person erhält dann eine auf die
von der Vorsorgevollmacht umfassten
Bereiche – beschränkte – Vollmacht, um
anstelle des Vertragsarztes tätig werden
zu können. Dabei müssen viele rechtliche Vorgaben beachtet werden.
Notarielle Hilfe in Anspruch nehmen:
Hier ist es von Vorteil, wenn sich der
Vertragsarzt/Vertragspsychotherapeut
eingehend, etwa von einem Notar, beraten lässt, um eine umfassende Vorsorgevollmacht zu erstellen. Diese sollte dann
auch genaue Regelungen für die Praxis
enthalten, damit alle Beteiligten wissen, wie der Vollmachtgeber im Krankheitsfall seine Angelegenheiten regeln
möchte. Eine Vorsorgevollmacht erspart
auf jeden Fall zeitraubende Anforderungen von persönlichen Erklärungen
und Unterschriften des Vertragsarztes.
So kann unter Umständen sehr schnell
ein Antrag auf Genehmigung einer Vertretung gestellt werden, um zunächst
die Weiterführung der Praxis zu ermöglichen.
Besonderes Problem – der Tod des
Vertragsarztes
Pflichten der Erben: Noch schwieriger
wird es nach dem Tod eines Praxisinhabers. Neben den Fragen, was mit der
Praxis passiert, kommen viele weitere
Probleme auf die Erben zu. Wer muss
informiert werden? Was passiert mit
den KV-Abschlagszahlungen der Praxis?
Wer erhält nun diese Zahlungen? Was
passiert mit den Patienten des verstorbenen Arztes/Psychotherapeuten und
was mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Praxis? Welche Unterlagen
werden benötigt? Beim Tod des Praxisinhabers sind zwar, wie zuvor beschrieben,
Erbrechtliches Seminar für Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten
Termin: Mittwoch, d. 18. Juni 2014
Ort: KV Berlin, Ärztehaus Masurenallee
6 A, 14057 Berlin-Charlottenburg,
Zeit: 15.00 bis 18.00 Uhr
Anmeldung:
per E-Mail: [email protected]
oder per Fax: 310 03-900
Das Anmeldeformular finden Sie auch
unter www.kvberlin.de > Für d ie Pr axis > Service > Seminarprogramm
die Erben berechtigt, einen Antrag auf
Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens zu stellen, aber dazu muss klar
sein, wer tatsächlich Erbe ist.
Nachweis über die Erbschaft: Ein rechtssicherer Nachweis der Erbenstellung ist
erst durch den sogenannten Erbschein
gegeben. Dabei handelt es sich um
eine durch das Nachlassgericht (Amtsgericht) auszustellende Urkunde, den
sogenannten Erbschein, die rechtsverbindlich Auskunft darüber gibt, wer als
Erbe zu welcher Quote am Nachlass
beteiligt ist. Den Antrag auf Erteilung
eines Erbscheins müssen aber die Erben
selbst stellen. Auch hier sollten sie gegebenenfalls notarielle Hilfe in Anspruch
nehmen. Dabei muss genau mitgeteilt und anhand von Geburtsurkunden,
Abstammungsurkunden etc. belegt werden, wer Nachkomme bzw. Ehegatte
oder Lebenspartner des Erblassers zum
Todeszeitpunkt des Erblassers war bzw.
ist. Dieses Verfahren kann leider mehrere Monate, mitunter mehrere Jahre
dauern, gerade bei schwierigen erbrechtlichen Fallgestaltungen.
Urkunden usw. immer bereithalten:
Auch die Kassenärztliche Vereinigung
fordert regelmäßig die Vorlage eines
Erbscheins, damit geklärt werden kann,
an wen verbleibende Honoraransprüche
ausgezahlt werden dürfen oder müssen. Hier ist es hilfreich, wenn der Vertragsarzt oder Vertragspsychotherapeut
die zur Beantragung eines solchen Erbscheins notwendigen Unterlagen stets
für den Fall der Fälle für seine Angehörigen leicht auffindbar verwahrt. Originale oder beglaubigte Abschriften aller
Geburtsurkunden von Kindern, Eheurkunden etc. sollten zusammen so
aufbewahrt werden, dass sie für die
Beantragung eines Erbscheins schnell
gefunden werden können. Idealerweise
wissen Ehe-/Lebenspartner, wo sich
diese Unterlagen befinden. Schon hierdurch können lange Anforderungszeiten
für einzelne, manchmal schwer auffindbare Urkunden vermieden werden.
Wegen des trotzdem häufig langwierigen
Verfahrens der Erbscheinerteilung kann
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in begründeten Einzelfällen zumindest
zur Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens auch die Vorlage eines notariellen Testaments ausreichen, soweit aus
diesem alle Erbberechtigten eindeutig
hervorgehen.
Notarielles Testament erspart den Erben
viele Probleme: Der Gesetzgeber hat
viele erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten geschaffen, die von der Erbeinsetzung und der Ausbringung von
Vermächtnissen bis hin zur Testamentsvollstreckung und Auflagenerteilung
reichen. Dabei können kleinste Unterschiede in der Formulierung weitreichende Konsequenzen haben. Daher
ist es von Vorteil, sich umfassend beraten zu lassen. Notarielle Testamente
haben dabei einige Vorteile. Bei solchen
Testamenten kann davon ausgegangen
werden, dass juristisch klare Formulierungen verwendet werden, die Missverständnissen vorbeugen können.
Ein solches Testament sollte auch Angaben zur Praxis enthalten, damit schnell
klar ist, wer welche Anträge etc. stellen darf. Zwar kann auch beim Vorliegen eines notariellen Testamentes
ein Erbschein beantragt werden, doch
erleichtert das notarielle Testament den
Umgang mit allen beteiligten Behörden, zumal in einer für die Hinterbliebenen mit Aufgaben überfrachteten und
zudem meist emotional belastenden
Zeit. Auch wenn eine Erbauseinandersetzung noch lange Zeit in Anspruch
nehmen kann, ermöglichen ein notarielles Testament und das Treffen von Vorkehrungen für das Erbscheinverfahren
zumindest, dass die regelmäßig wertvolle Praxis zügig an einen Nachfolger
übertragen werden kann und damit den
Erben damit auch ein entsprechender
Erlös zur Verfügung steht.
Vollmacht und Testament vom Notar
beurkunden lassen: Gerade wegen der
engen Zusammenhänge zwischen Vorsorgevollmacht und Testament kann
es von Vorteil sein, beide Regelungen
zugleich notariell beurkunden zu lassen.
So kann genau geregelt werden, was im
Falle einer dauerhaften schweren Erkrankung oder bei Tod geschehen soll.
Sonderproblem Berufsausübungsgemeinschaft (BG)
BG-Partner sollten sich rechtzeitig absichern: Ist (oder war) der Vertragsarzt/
Vertragspsychotherapeut Partner einer
Berufsausübungsgemeinschaft, kommen auf die verbleibenden Partner noch
weitreichendere Probleme zu, falls der
dauerhaft schwer erkrankte oder verstorbene Vertragsarzt/Vertragspsychotherapeut keine Regelungen für einen entsprechenden Fall getroffen hat. Denn
im Todesfall kann keine Vertretung des
Vertragsarztes mehr erfolgen, da seine
Zulassung automatisch mit dem Tod
durch die ausdrückliche gesetzliche
Regelung in § 95 Abs. 7 SGBV endet.
Dann wird meist schnell ein neuer Arzt
zur Übernahme des Arztsitzes benötigt.
Wenn dann aber erst über einen langen
Zeitraum geklärt werden muss, wer
Erbe ist und wer einen Antrag auf Nachbesetzung stellen darf, geht wertvolle
Zeit verloren. In dieser Zeit können der
Berufsausübungsgemeinschaft schnell
Einnahmen wegfallen, die zur Aufrechterhaltung des Praxisbetriebes oder zum
Betrieb von medizintechnischen Gerä-
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ten benötigt werden. Deshalb sollten
insbesondere die Partner von Berufsausübungsgemeinschaften Vorsorge für
den Fall der Fälle treffen und die persönliche Verhinderung oder den Tod eines
ihrer Partner in ihre vertraglichen Überlegungen einbeziehen.
Besonderes Angebot des Servicecenters
und der betriebswirtschaftlichen Beratung der KV Berlin: Seminar zur erbrechtlichen Vorsorge für Vertragsärzte
Weil diese Probleme in der täglichen
Verwaltungspraxis der KV Berlin und
der Zulassungsgremien in Berlin häufig auftreten, hat sich das Servicecenter
der KV Berlin entschlossen, ein besonderes Seminar zu den Möglichkeiten der
erbrechtlichen Vorsorge anzubieten und
dafür auch die Rechtsanwältin Prof. Dr.
Roswitha Svensson gewonnen (siehe
auch Ankündigung auf S. 30). Sie wird
Ihnen zusammen mit den zuständigen
Mitarbeitern der KV Berlin praxisnah
erläutern, welche Probleme auf eine Praxis, die BAG-Partner und die Erben bei
Erkrankung oder Tod eines Praxisinhabers zukommen können.
Wolfgang Pütz, Jurist
Abteilungsleiter Arztregister/Zulassungsgremien bei der KV Berlin
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