16 PRÄVENTION Ausgabe 12 / 14. Juni 2013 Gesundheit und mehr... N PHYSIOTHERAPEUTEN-TIPP Plötzlich und heftig – akuter Bandscheibenvorfall E in starkes Stechen oder Drücken im unteren Rücken – und plötzlich kann sich der Betroffene nicht mehr richtig bewegen: Ein Bandscheibenvorfall kann jeden treffen. Dr. Claudia Winkelmann, Leiterin der Stabsstelle Physikalische Therapie und Rehabilitation am UKL, erklärt, wie Betroffene reagieren müssen und wie ihnen an der Uniklinik Leipzig geholfen wird. Frage: Was kann die Ursache für einen Bandscheibenvorfall sein? Dr. Claudia Winkelmann: Jede Bandscheibe liegt zwischen zwei Wirbelkörpern. Reißt die Bandscheibenhülle, kann der zähflüssige Inhalt bis in den Nervenkanal austreten. Dort befinden sich das Rückenmark und Gefäße, wie Nerven, die für die Innervation der Muskulatur an Rumpf, Armen und Beinen verantwortlich sind. Das Nervengefäß wird dann an seiner Wurzel von dem ausgetretenen Bandscheibeninhalt verdrängt beziehungsweise gequetscht. Dabei kann eine Entzündung auftreten. Als Auslöser derartiger Verletzungen genügt oft eine einfache Bewegung des Kopfes oder des Oberkörpers – wie Beugen oder Drehen – häufig nach langem Sitzen. Zum Beispiel wenn Sie nach längerer Reisezeit das Gepäck aus dem Kofferraum heben müssen. Wie fühlt sich ein Bandscheibenvorfall an? Bei einem akuten Bandscheibenvorfall können Sie einen plötzlichen Stich spüren – beispielsweise im unteren Rücken, gefolgt von Beinschmerzen, die vor allem beim Gehen und Ste- hen oder bei bestimmten Bewegungen bis in den Fuß ziehen können. Es kommt aber ebenso vor, dass der Schmerz direkt im Bein beginnt, ohne vorherige Rückenschmerzen. Möglicherweise können Sie sich kaum bewegen. Aber: nicht bei jedem Bandscheibenvorfall entwickelt sich zwangsläufig Schmerz. Vielleicht spüren Sie Taubheit, Kribbeln oder eine Schwäche in Bein- und Fußmuskulatur. Liegt der Bandscheibenvorfall im Bereich der Halswirbelsäule, zeigen sich entsprechende Beschwerden in Kopf, Schulter, Nacken oder Armen und Fingern. Andererseits kann die Schmerzursache – trotz Bandscheibenvorfall – auch entfernt von der Nervenwurzel sein. Professionelle Hilfe ist gefragt: Mit einem Bandscheibenvorfall ist nicht zu spaßen. Wie weiter, wenn Sie einen Bandscheibenvorfall vermuten? Wenn Sie einen akuten Bandscheibenvorfall vermuten, sollten Sie direkt Ihren Arzt aufsuchen. Er kann den Schweregrad einschätzen und die erste Behandlung einleiten. Oft sind neben der klinischen Untersuchung durch den Arzt auch bildgebende Verfahren, wie Röntgen oder Magnetresonanztomografie notwendig. Im Akutstadium können ebenfalls entzündungshemmende Medikamente Bestandteil der Therapie sein. Eine Operation ist nur angeraten, wenn der Kraftverlust – zum Beispiel im Bein – voranschreitet. Wenn Sie plötzlich Taubheit im Genitalbereich spüren, Probleme beim Entleeren der Blase haben oder Stuhlinkontinenz, sollten Sie keinesfalls zögern, eine Notfallambulanz aufzusuchen. Bei diesen eher seltenen Pro- Dr. Claudia Winkelmann Foto: ukl blemen müssen Sie eventuell sofort operiert werden. Was können Sie selbst tun? In den ersten Tagen ist es wichtig, dass Sie sich entlasten – legen Sie sich hin! Doch das Liegen sollte möglichst bald und immer wieder durch leichte Bewegung unterbrochen werden. Beispielsweise können Sie mit dem Gehen insbesondere auf die Lendenwirbelsäulen-Region Einfluss nehmen. Durch die damit verbundene Durchblutungssteigerung tragen Sie erheblich zur Heilung bei. Ihr Physiotherapeut kann Ihnen spezielle Übungen oder Körperhaltungen zeigen, die die Nervenwurzel entlasten. Ergänzend setzt der Physiotherapeut zum Beispiel schmerzreduzierende Elektrotherapie ein. Ebenso ist bereits frühzeitig leichtes Training sinnvoll – auch hierbei unterstützt Sie der Physiotherapeut. Bewährt in den ersten Wochen haben sich auch sogenannte Trainings-Bandagen. Sie unterstützen die Entlastung der Wirbelsäulensegmente und bieten ausreichend Bewegungsspielraum. Wann sind Patienten wieder beschwerdefrei? Foto: dpa Einen genauen Zeitpunkt zu definieren, ist aufgrund der Vielschichtigkeit des Problems schwer möglich. Meist verursacht aber ein Bandscheibenvorfall keine Langzeitschäden. Innerhalb weniger Wochen sollte es Ihnen wieder gut gehen. Dann ist das ausgetretene Bandscheibenmaterial vom Körper abgebaut und der eingeengte Nerv hat wieder genügend Raum. Auch längere Gehstrecken können Sie jetzt wieder ohne Probleme bewältigen. Sollte die Erholungszeit allerdings länger dauern, ist es ratsam, gemeinsam mit Ihrem Arzt und Physiotherapeut einen Therapieplan abzustimmen, um das sogenannte Muskel-SkelettSystem, insbesondere aber die tiefliegende Muskulatur und die koordinativen Fähigkeiten wieder zu stärken. Dr. Claudia Winkelmann N APOTHEKER-TIPP Es geht wieder los: Zecken-Alarm Z ecken sind in den Waldgebieten weit verbreitete Spinnentiere, wobei die klimatischen Verhältnisse der letzten Jahre – feucht/warm – erheblich zur Vermehrung beigetragen haben. Während die Schaf- und die Auwaldzecke in Deutschland beheimatet sind, sind die Hunde- und die Taubenzecke nur im südlichen Raum zu finden. Die Aktivität beschränkt sich auf die Monate April bis November mit einer Spitze im August. Berüchtigt sind die Zecken wegen der Übertragung von Krankheiten wie die Lyme-Borreliose und die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Besonders die zweite ist eine gefährliche Infektion, gegen die man sich auch impfen lassen kann. Die Impfung wird allerdings nur bei besonderen Gebieten (in Deutschland hauptsächlich Bayern und Baden-Württemberg) und für bestimmte Berufsgruppen, wie zum Beispiel Förster, Wald- und Landarbeiter oder Jäger empfohlen. Die Lyme-Borreliose, gut erkennbar an einer typischen kreisrunden Rötung um die Bissstelle, kann sehr gut antibiotisch behandelt werden. Weitere übertragene Infektionen sind die Rickettsiosen (QFieber), die Ehrlichiosen und die Babesiosen (Hundemalaria), die allerdings sehr selten und nicht immer schwer verlaufend sind. Was kann man gegen Zeckenbisse machen? Halter von Hunden und Katzen, die als Träger von Zecken auch den Menschen gefährden, können durch Repellentien die Tiere selbst schützen (zum Beispiel Advantix oder Frontline). Selbst kann man sich am besten nicht nur durch Repellentien, sondern durch abdeckende Kleidung von einem Befall schützen. Die Kontrolle nach einem Spaziergang im Wald hilft, die Zecken schnell zu finden. Zwar fallen Dr. Roberto Frontini Foto: ukl die Zecken, nachdem sie sich satt gesaugt haben, von selbst aus, aber eine Entfernung ist dennoch ratsam. Dabei sollte man auf gar keinen Fall auf traditionellen Methoden wie Öl zurückgreifen, sondern eine in der Apotheke erhältliche Zecken-Zange benutzen. Nur diese garantiert, dass keine gefährlichen Teile des Kopfes der Zecke in der Haut stecken bleiben. Ist man einmal gebissen, sollte man nicht in Panik geraten: Selbst in den Endemiegebieten besteht bei der gefürchteten FSME nur bei jedem 25. bis 100. Zeckenstich ein Infektionsrisiko. Dr. Roberto Frontini