Bundesamt für Veterinärwesen Office vétérinaire fédéral Ufficio federale di veterinaria Uffizi federal veterinar Tiergesundheit - Risikoanalysen - Zusammenfassungen Möglichkeiten des Einschleppens Aujeszky’scher Krankheit durch Fleisch und Fleischerzeugnisse Analyse-Nummer: 952.428_02.10.16 abgeschlossen: 22.05.03 Zusammenfassung Die Schweizer Hausschweinepopulation ist frei von Aujeszky'scher Krankheit (AK). Die AK ist in der Schweiz nie endemisch aufgetreten. Diese Tatsache erklärt die aktuellen Importbedingungen für Schweinefleisch, die restriktiver sind als diejenigen vieler vergleichbarer Länder z.B. der EU. Gemäss dem Standard der OIE für den Internationalen Handel besteht beim Import von Schweinefleisch, mit Ausnahme für Innereien und Kopf, kein Risiko des Einschleppens der Aujeszky’schen Krankheit. Im Blickwinkel des SPS-Abkommens der WTO müssen Importbedingungen, die über die Internationalen Standards hinausgehen, mittels Risikoanalysen begründet werden. Deshalb wurde vom Bundesamt für Veterinärwesen eine formelle Risikoanalyse mit folgenden Fragen initiiert: a. Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass AK durch den Import von Fleisch und Fleischerzeugnissen von Schweinen aus Ländern, die nicht frei von AK sind, in die Schweiz eingeschleppt wird und die hiesige Schweinepopulation infiziert? b. Liegen genügend wissenschaftliche Grundlagen vor, um die Importbeschränkungen zu rechtfertigen, oder sind gezielte Übertragungsversuche zur Vervollständigung der Abschätzung notwendig? Die importierte und von der Zollbehörde erfasste Menge Fleisch und Fleischerzeugnisse von Hausschweinen betrug im Jahr 2001 gemäss der Schweizerischen Aussenhandelsstatistik etwa 10'000 t und ist im Vergleich zur einheimischen Produktion, mit einem Anteil von weniger als 5%, nicht von grosser volkswirtschaftlicher Bedeutung. Von der importierten Ware stammte etwa 20% resp. 2020 t aus Ländern, die gemäss OIE bzw. EU nicht frei von AK sind und auch keine AK-freien Zonen ausscheiden. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Importe von Fleischerzeugnissen. Verlässliche Daten über illegaler Einfuhren und Importe im Reisendenverkehr innerhalb der Freigrenze liegen keine vor. Das BVET publiziert, aufgrund von Daten zur Tiergesundheit in den Herkunftsländern, Listen von zugelassenen Lieferländern und Regionen für Fleisch und Fleischerzeugnisse. Die zugelassenen Lieferländer unterscheiden sich für die beiden Produktegruppen; aus einigen Lieferländer ist lediglich der Import von Fleischerzeugnissen möglich. Für Fleischerzeugnisse, die keine Fleischstruktur mehr aufweisen (Fleischextrakt, Gelatine, etc.), Kindernährmittel mit Fleischanteil und Erzeugnisse mit einem Fleischgehalt von weniger als 20 Gewichtsprozent, ist keine sanitätspolizeiliche Importbewilligung erforderlich. Unter der Voraussetzung, dass Schweinefleisch aus Ländern mit AK mit dem Virus kontaminiert sein kann, wurden die Importe nach den Kriterien Herkunftsland und Zolltarifnummer kategorisiert. Die Zolltarifnummern geben Hinweise auf die Behandlung und Verarbeitung des Fleisches im Exportland und damit kann die Reduktion der Virusbelastung und das Risiko geschätzt werden. ZF RA Aujeszky a) Risiko des Einschleppens Aujeszky’scher Krankheit Das Risiko einer Infektion der einheimischen Schweinepopulation mit AK durch importiertes Fleisch und Fleischerzeugnisse von Hausschweinen wurde als sehr klein beurteilt, weil rund 80% der importierten Produkte aus Ländern stammen, die frei von AK sind oder freie Zonen bilden. Zudem wird ein grosser Anteil der Produkte im Ursprungsland durch Prozesse behandelt, welche die mögliche Belastung mit dem Virus vermindern (z.B. Lagerung bei -18°C über mehr als 6 Wochen, Kochen, Lagerung oder Behandlung der Erzeugnisse während mehreren Wochen bei Temperaturen von 1525°C). Fleisch von erkrankten oder latent infizierten Schweinen kann Viren enthalten und bei empfänglichen Tieren eine Infektion auslösen. Die wissenschaftliche Literatur weist darauf hin, dass solches Fleisch für Hausschweine nicht sehr infektiös ist, aber dennoch ist eine Infektion unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Zusammen mit den gesetzlichen Vorgaben der Hitzebehandlung bei der Speiseabfallfütterung reduziert sich die Wahrscheinlichkeit, dass potentiell infektiöses Material von Schweinen oder anderen empfänglichen Tieren gefressen wird. b) Übertragungsversuche Aufgrund der Erfahrungen und der Ergebnisse von wenigen Experimenten muss davon ausgegangen werden, dass Fleisch von erkrankten oder latent infizierten Tieren theoretisch infektiös sein kann. Die experimentellen Daten über die Infektiosität sind spärlich und kontrovers. Die weltweite Erfahrung mit dieser Krankheit zeigt aber, dass Fleisch von erkrankten oder infizierten Tieren nur ein kleines bis sehr kleines Risiko darstellt. Um die Frage der Infektiosität von Fleisch und Fleischerzeugnissen mit Übertragungsversuchen wissenschaftlich zu untersuchen, wären sehr umfangreiche und komplexe Experimente erforderlich. Infolge der Komplexität der Fragestellung muss angenommen werden, dass die Unklarheiten auch mit weiteren Experimenten nicht abschliessend ausgeräumt werden könnten. c) Empfehlungen • Betrachtet man das Risiko des Einschleppens von AK durch Fleisch und Fleischerzeugnissen von Hausschweinen, ist die separate Beurteilung von Fleisch und Fleischerzeugnissen nicht zwingend. Das Risiko beim Import von gewissen Fleischerzeugnissen bezüglich AK unterscheidet sich nicht vom Risiko beim Import von Fleisch. Bei der Beurteilung des Risikos des Fleisches und der Fleischerzeugnisse ist die Behandlung und Verarbeitung (die Reduktion der möglichen Virusbelastung) der wesentliche Faktor. Diese Erkenntnisse sollten bei der allfälligen Überarbeitung der Einfuhrbedingungen berücksichtigt werden. • In jedem Fall sind die Standards der OIE bezüglich AK beim Import von Kopf und Innereien von Hausschweinen als Gefahrenursache einzuhalten d.h. für den Import von Innereien und Kopf sind folgende Garantien erforderlich: o Produkte von Tieren aus Beständen von AK-freien Zonen oder Länder; o Produkte von Tieren, die seit der Geburt in AK-freien Beständen gehalten worden sind und nie Kontakt mit möglicherweise verseuchten Tieren hatten; o oder Produkte die so behandelt worden sind, dass eine Ausbreitung des Virus nicht mehr möglich ist. BVET / OVF / UFV 2 ZF RA Aujeszky • Die wirksamste Strategie zur Verhinderung eines Ausbruchs von AK liegt im lückenlosen Vollzug der Regelungen über die Abfallverfütterung bei Schweinen. Diese Massnahme würde auch wesentlich zur Verhinderung des Risikos von anderen wichtigen Krankheiten beitragen, die über Schweinefleisch eingeschleppt werden können. • Die Bedeutung der AK bei Wildschweinen als Gefährdungspotenzial für Hausschweinbestände ist noch nicht geklärt. Obwohl diese Fragestellung nicht Gegenstand dieser Untersuchung war, wird hier darauf hingewiesen, dass dies ein Risiko sein könnte. Untersuchungen an europäischen Wildschweinebeständen zeigen, dass immer mehr Wildschweine mit dem Virus für AK Kontakt hatten. • Das Risiko der Einschleppung durch illegal importiertes Fleisch und Fleischerzeugnisse und von Fleisch durch den Reisendenverkehr konnte nicht geschätzt werden, da die notwendigen Informationen fehlen. Es wäre wünschenswert, diese Daten für die Schweiz zu erheben. 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