Cornelia de Lange Syndrom

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Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Cornelia de Lange-Syndrom
KINDERNETZWERK
AN ALLE BEZIEHER UND NUTZER DIESER KRANKHEITSÜBERSICHT
Mit den in dieser Krankheitsübersicht enthaltenen Informationen bietet das
Kindernetzwerk e.V. lediglich einen ersten Überblick über die Erkrankung, die
Behinderung oder das entsprechende Schlagwort.
Alle Informationen werden nach bestem Wissen – mit tatkräftiger Unterstützung
unseres pädiatrischen Beraterkreises und wissenschaftlichen Fachbeirats – aus
diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
Internet ) zusammengestellt.
Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
Nichtmedizinern dadurch ermöglichen, insbesondere auch seltene Erkrankungen
besser zu verstehen.
Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
allerneusten Stand des Wissens komplett abzubilden. Gerade deshalb empfehlen wir,
sich immer an einer der zuständigen Selbsthilfegruppen zu wenden (siehe beiligende
Adressen) um dort weiteres aktuelles Material anzufordern und individuelle Beratung
einzuholen!
Die Krankheitsübersicht ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch bestimmt. Eine
Weitergabe an Dritte ist aus urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet. Die
Unterlagen erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Inhalte der beigefügten
Materialien stellen keine Bewertung von Seiten des Kindernetzwerks dar, sondern
dienen der übersichtlichen Zusammenfassung vorhandener Informationsmaterialien
in kompakter Form.
Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
Informationen (Infopakete) vor. Näheres erfahren Sie über die Geschäftsstelle.
Aufgrund der Seltenheit vieler Erkrankungen ist es nicht möglich, bei allen
Krankheitsübersichten ein Fallbeispiel darzustellen. Falls Sie uns dabei unterstützen
möchten, nehmen sie bitte Kontakt mit dem Kindernetzwerk e.V. auf.
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Cornelia de Lange-Syndrom
(CdLS)
Brachmann-de Lange-Syndrom,
Typus Degenerativus Amstelodamensis
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von:
Prof. Dr. Gerhard Neuhäuser, Gießen
2007/aktualisiert 2015
Kurzbeschreibung
Die Bezeichnung geht auf die holländische Pädiaterin Cornelia de Lange zurück, die dieses
Syndrom 1933 erstmals beschrieb.
Bei CdLS handelt es sich um ein Fehlbildungs-Retardierungs-Syndrom unklarer Ursache mit:
• geistiger Behinderung,
• Kleinwuchs
• charakteristischer Physiognomie und
• Veränderungen an den Gliedmaßen
Symptome/Formen:Krankheitsverlauf
Oft wird schon vorgeburtlich ein Wachstumsrückstand, gelegentlich auch ein Nackenödem
beobachtet (Ultraschalluntersuchung in der Schwangerschaft); Geburtsgewicht und -länge
liegen unter der Norm.
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Frühzeitig fällt eine allgemeine Entwicklungsverzögerung auf. Ausgeprägte Fütterungsund Ernährungsschwierigkeiten sind nicht selten durch einen gastro-ösophagealen Reflux bedingt: Infolge eines mangelnden Verschlusses am Mageneingang kommt es zu häufigem Erbrechen mit Aspirationsgefahr, auch zu Unruhe und autoaggressiven Reaktionen wegen der mit einer Entzündung der Speiseröhre verbundenen Beschwerden.
Der Muskeltonus ist vor allem in den ersten Lebensjahren vermehrt. Zunehmend wird eine
geistige Behinderung deutlich, auch treten Verhaltensauffälligkeiten mit Hyperaktvität, Neigung zu Stereotypien und impulsiven Reaktionen auf.
Der Kopfumfang ist gegenüber der Altersnorm vermindert, die Kopfform meist rund (Mikrobrachycephalie).
Ziemlich charakteristisch sind:
buschige, sich über der Nasenwurzel treffende Augenbrauen (Synophrys),
ein weiter Augenabstand (Telekanthus),
schräg nach unten geneigte Lidachsen,
lange Wimpern,
eine breite und flache Nase mit nach vorn gerichteten Öffnungen,
ein großer Abstand zwischen Nase und Mund (Philtrum),
schmales Lippenrot und herabgezogene Mundwinkel,
ein hoher Gaumen (mitunter eine von Schleimhaut überzogene Spaltbildung)
ein eher kleiner Unterkiefer (Mikrogenie),
tiefsitzende Ohren,
strähniges, dichtes Haar, das relativ weit in Stirn und Nacken reicht;
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Häufig ist die Körperbehaarung vermehrt (Hirsutismus).
Die Haut ist oft marmoriert.
Kinder mit dem Syndrom haben eine tiefe und raue Stimme.
Ihre Hände und Füße sind relativ klein, die Daumen hoch angesetzt und oft eingeschlagen.
Daumen- und Kleinfingerballen erscheinen schmächtig, der 5. Finger ist oft verkürzt. Man beobachtet Vierfingerfurchen sowie veränderte Hautleistenmuster (Dermatoglyphen). Selten
sind auch Mittelhandknochen unterentwickelt, gelegentlich entsteht eine Dysmelie, wobei nur
„Armstümpfe“ ausgebildet werden.
Angeborene Herzfehler und epileptische Anfälle kommen vor.
Das Genitale ist wenig entwickelt, bei Knaben wird oft ein Hodenhochstand festgestellt.
Nach langsamer statomotorischer Entwicklung wird allmählich ein breitbeiniger Gang erreicht. Gleichgewichtsschwierigkeiten und feinmotorische Ungeschicklichkeit bleiben bestehen.
Nicht selten werden Sehstörungen (Kurzsichtigkeit, Nystagmus, Schielen) und Hörminderung
festgestellt.
Das Verhalten ist besonders in den ersten Lebensjahren oft hyperaktiv mit aggressiven, auch
autoaggressiven und impulsiven Reaktionen, Stereotypien sowie autistischen Zügen.
Geistige Behinderung ist meist mäßig bis schwer ausgeprägt, ausnahmsweise auch gering.
Diagnostik
Das Erscheinungsbild ist relativ charakteristisch; die Diagnose wird zunächst klinisch gestellt.
Sie kann durch molekulargenetische Diagnostik bestätigt werden.
Eine Magnetresonanztomographie orientiert über das Vorliegen struktureller Veränderungen am Gehirn (Dysplasien, Balkenmangel usw.).
Eine Entwicklungsdiagnostik mit sorgfältiger Prüfung der Sinnesfunktionen sollte immer erfolgen, auch eine Analyse der psychosozialen Situation und der Elternbelastung.
Bei Verdacht auf gastro-ösophagealen Reflux (etwa 70% der Kinder mit dem Syndrom) muss
eine Röntgenuntersuchung mit Kontrastmittel durchgeführt werden; Verhaltensauffälligkeiten,
wie autoaggressive Reaktionen können dadurch verursacht sein.
Ursachen
Das CdLS wird autosomal-dominant vererbt. Die meisten Fälle von CdLS treten sporadisch
auf, es sind aber auch familiäre Fälle beschrieben (Keimzellmosaik, Patienten mit milderer
Ausprägung). Zur Zeit sind drei verschiedene Gene, die zu einem CdLS führen, bekannt. Nur
bei 50-60% der Betroffenen können Mutationen in den 3 Genen nachgewiesen werden, so
dass eventuell noch weitere Gene ursächlich für CdLS sind.
DdLS Typ1: Ca. 50% der Patienten tragen Mutationen im NIPBL-Gen, das ist in der chromosomalen Region 5p13.2 lokalisiert ist Genetische Veränderungen in diesem Gen führen
meist zur klassischen Ausprägung. Die Vererbung erfolgt autosomal-dominant. Das 2004
identifzierte NIPBL-Gen ist die Bauanleitung für ein als Delangin bezeichnetes Eiweißmolekül (abgeleitet von de Lange). Die genaue Funktion des Delangin-Proteins ist noch nicht ausreichend geklärt, es spielt aber wohl während der embryonalen Entwicklung vieler Lebewesen eine wichtige Rolle.
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Mildere Ausprägungen:
Hingegen führen Veränderungen in den Genen
SMC1A (CDLS Typ2)
SMC 3 (CDLS Typ3)
zu einem milderen Verlauf der Erkrankung und sind seltener.
Das SMC1A-Gen ist in der chromosomalen Region Xp11.22-21 lokalisiert. Veränderungen
dieses Gens werden X-chromosomal-dominant vererbt. Davon sind etwa 5% der CDL-Patienten betroffen.
Das SMC3-Gen ist in der chromosomalen Region 10q25 lokalisiert. Die Vererbung von Veränderung in diesem Gen werden autosomal-dominant an die nächste Generation weitergegeben.(< 1%)
Die Genprodukte der drei Gene sind Komponenten des Kohäsionskomplexes.
Die genaue Pathogenese der Erkrankung ist bisher noch nicht sicher beschrieben. Nur bei
50-60% der Betroffenen können Mutationen in den 3 Genen nachgewiesen werden, so dass
eventuell noch weitere Gene ursächlich für CdLS sind. Bisher bleibt die genetische Ursache
des CdLS bei circa 35 % der Patienten ungeklart.
Kurzlich wurden Mutationen in zwei weiteren Genen bei Patienten mit CdLS nachgewiesen
CDLS Typ 4: hier liegen Mutationen am Gen RAD21 vor (Chromosom 8q24)
CDLS Typ 5 Veränderungen am Gen HDAC8 (Chromosom Xq13)
.
Alle fünf identifizierten und fur das Cornelia de Lange-Syndrom ursachlichen Gene kodieren
fur Cohesinuntereinheiten oder für Proteine, die mit dem Cohesinring assoziiert sind.
Häufigkeiten
1 : 10 000 bis 60 000, bei Mädchen gleich häufig wie bei Knaben.
Verwandte Krankheiten / Differentialdiagnose / Begleitfehlbildungen
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Alkoholembryopathie oder andere Syndrome, die durch exogene Faktoren (z.B. Medikamente wie Trimethadion) verursacht sind.
Fehlbildungssyndrom bei Duplikation des langen Arms von Chromosom Nr. 3
Coffin-Siris-Syndrom,
oto-palato-digitales Syndrom
Peters-Plus-Syndrom
Das Syndrom hat einen variablen Phänotyp, „Schwachformen“ sind mitunter schwer abzugrenzen.
Standardtherapie
Frühförderung, pädagogische und psychologische Maßnahmen sind immer nötig und
sollten sobald als möglich beginnen. Gegebenenfalls kann eine verhaltenstherapeutische Intervention hilfreich sein, z.B. um impulsive und autoaggressive Reaktionen zu mildern. Eine Beratung der Eltern ist dringlich, da sie durch das Verhalten des Kindes oft stark
belastet sind.
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Bei gastro-ösophagealem Reflux ist ggf. operative Behandlung erforderlich, falls konservative Maßnahmen (Hochlagerung, Medikamente) nicht ausreichen.
Eine Korrektur von Gliedmaßenfehlbildungen oder Gesichtsanomalien ist angezeigt,
falls es funktionell erforderlich scheint.
Hilfreich ist immer, Schwachsichtigkeit und Hörminderung zu erkennen und gezielt zu behandeln.
Weitere Therapien, zum Teil noch in der Erforschung:
Nicht bekannt. Zunächst müssen weitere Untersuchung erfolgen, um die Pathogenese zu
klären.
Prognose
Die Lebenserwartung kann durch Komplikationen, zum Beispiel infolge einer Aspirationspneumonie nach Erbrechen beeinträchtigt sein.
Bei gezielter früher Förderung sind kontinuierlich Entwicklungsfortschritte möglich.
Bei auffälligem Verhalten ist nach den Ursachen zu suchen, oft kommen sie durch gastroösophagealen Reflex und damit verbundene Beschwerden zustande. Hyperaktivität und aggressive Verhaltensweisen werden meist ab dem Jugendalter geringer.
Kleinwuchs und eine mittelschwer bis schwer ausgeprägte geistige Behinderung bleiben bestehen. Nach Angaben der Literatur hat ein Mann mit dem Syndrom das Alter von 66 Jahren
erreicht
Beratung der Familien
Genetische Beratung ist empfehlenswert. Pränatale Diagnostik ist möglich.
Familienberatung muss wegen der mit dem Syndrom verbundenen vielfältigen Probleme oft
im Rahmen der Frühförderung durchgeführt werden..
BUNDESVERBÄNDE
Bei folgenden BUNDESWEITEN ANLAUFSTELLEN können Sie
Informationsmaterial anfordern. Fragen Sie dort auch nach Ansprechpartnern des
jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
in Bereichen, in denen bereits bundesweite Ansprechpartner existieren, primär
diesen Initiativen den Versand von Informationsmaterial und die Vermittlung
spezieller Hilfen überlassen. Bei zusätzlichen Fragen können Sie sich natürlich
jederzeit wieder an das Kindernetzwerk wenden!
Bundesverband Kleinwüchsige Menschen und
ihre Familien e.V. (BKMF)
c/o Deutsches Zentrum für Kleinwuchsfragen
Leinestr. 2
28199 Bremen
Tel.: 04 21/33 61 69-0
Fax: 04 21/33 61 69 18
e-mail: [email protected]
Internet: www.bkmf.de; www.bkmf-jugend.de;
www.bkmf-netzwerkberuf.de
Bürozeiten: Mo,Di,Do,Fr 9.30-16.30 Uhr
MITGLIED IM KINDERNETZWERK
Angebote:
Psychosoziale Beratung
Online-Beratung
Arbeitskreis Cornelia de Lange-Syndrom e.V.
Bundesgeschäftsstelle
Ober-Liebersbach 27
69509 Mörlenbach
Tel.: 0 62 09/66 50
Fax: 0 62 09/71 31 93
e-mail: [email protected]
Internet: www.corneliadelange.de
Ansprechpartner/innen: Elisabeth und Jürgen Kegel
MITGLIED IM KINDERNETZWERK
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