Symptome der Multiplen Sklerose

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Symptome der Multiplen Sklerose
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Leben
Leben
Lebenmit
mit
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Liebe Patientin, lieber Patient,
die Multiple Sklerose ist durch einen variablen Verlauf gekennzeichnet. Sie kann alle Teile des
Nervensystems betreffen. Daher ist die Symptomatik und auch deren Ausprägung vielfältig. Sie
reicht von organischen Funktionsstörungen der Blase oder des Darms bis hin zu Einschränkungen
der körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit. Auf den ersten Blick scheinen die Symptome
unabhängig voneinander zu sein. Viele der Symptome können sich dennoch gegenseitig beeinflussen.
In den letzten Jahren hat die symptomatische Therapie der MS immer mehr an Bedeutung gewonnen. Denn durch eine frühzeitige Behandlung der Symptome konnten nicht nur resultierende
Komplikationen, wie z. B. Muskelverkürzungen, Gelenkversteifungen oder Harnwegsentzündungen
verringert werden, sondern auch die Lebensqualität der Betroffenen wurde wesentlich verbessert.
Die vorliegende Broschüre soll Ihnen dabei helfen, mögliche Begleiterkrankungen frühzeitig zu erkennen und effektive Therapiemaßnahmen mit Ihrem Arzt oder Ihrer Krankenkasse zu besprechen.
Sie ersetzt jedoch auf gar keinen Fall den Arztbesuch und eine ausführliche Beratung!
Deshalb: Wenn Sie die beschriebenen Symptome bei sich beobachten, dann wenden Sie sich bitte
damit umgehend an Ihren behandelnden Arzt.
So können Sie Ihr Wohlbefinden aktiv unterstützen.
Wir wünschen Ihnen dabei viel Erfolg.
Ihr Extracare-Team
2
Inhalt
MS – was passiert im Körper?....................................................................................... 5
Verlauf der MS.............................................................................................................................. 7
MS – Ursachen und Konsequenzen.........................................................................................8
Ursachen der Symptome.......................................................................................................... 10
Diagnose und Behandlung der Symptome................................................................. 13
Häufige Symptome................................................................................................................... 16
Sensibilitätsstörungen.............................................................................................................. 18
Seh- und Augenbewegungsstörungen.................................................................................20
Koordinations- und Bewegungsstörungen..........................................................................22
Muskelkrämpfe und Lähmungen...........................................................................................24
Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion.............................................................................26
Schmerzen...................................................................................................................................28
Sprech- und Schluckstörungen...............................................................................................30
Müdigkeit („Fatigue“)............................................................................................................... 32
Störungen der Sexualität.........................................................................................................34
Kognitive Störungen..................................................................................................................36
Depressionen..............................................................................................................................38
Literatur.......................................................................................................................40
Wo finde ich Hilfe?.................................................................................................................... 41
Weitere wichtige Adressen und Websites............................................................................42
3
Foto aus dem Novartis-Pool
4
MS – was passiert im Körper?
Die Multiple Sklerose – abgekürzt MS – ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (ZNS). Eine wichtige Rolle bei der Entstehung der MS spielt das Immunsystem.
Lymphozyten, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen, dringen durch eine Fehlprogrammierung in das Zentralnervensystem ein und verursachen dort immer wieder Entzündungsherde,
ohne dass eine Infektion durch Viren oder Bakterien vorliegt.
Es handelt sich um eine so genannte „Autoimmunerkrankung“, bei der das Immunsystem
körpereigene Bestandteile angreift und zerstört. Durch die Entzündungsprozesse an der Isolierschicht (Myelin) kommt es teilweise zur „Demyelinisierung“ (Entmarkung) der Nervenfasern.
Die Myelinschicht dient dabei zur elektrischen Isolierung der Nervenfasern. Es sorgt für eine
schnelle Reizweiterleitung der elektrischen Impulse. Das ZNS besteht aus einer großen Anzahl
von Nervenbahnen, die ihren Ursprung im Gehirn haben und im Rückenmark verlaufen. Dort
werden sie auf weitere Nerven umgeschaltet und erreichen als „periphere Nerven“ ihre Zielorte, die Muskeln und Organe des Körpers.
Abb. 1: Der Aufbau von Nervenfasern einer Nervenzelle
Nervenzellkörper
Nervenfasern
mit Myelinschicht
„Ranvier“ Schnürring
Reizweiterleitung
Nervenfaser
Myelinschicht
Abbildung 1:
Die Nervenfasern einer Nervenzelle sind von einer schützenden Myelinschicht umgeben, die
als Isolierschicht dient. Die Reize „springen“ von Schnürring zu Schnürring und werden so
rasch weitergeleitet.
5
Die Entzündung kann abheilen, dabei repariert sich die Myelinschicht teilweise (Remyelinisierung). An diesen Stellen bilden sich jedoch Vernarbungen (Sklerosen), die dauerhaft die Weiterleitung der Reize erschweren können. Als Folge dieser Schädigung können Nervenzellen komplett zerstört werden. Dieser Verlust ist irreversibel.
Neben den entzündlichen Veränderungen erkennt man in den letzten Jahren zunehmend, dass
möglicherweise neurodegenerative Prozesse im Gehirn, die möglicherweise unabhängig von entzündlicher Demyelinisierung sind, von Anfang an eine Rolle spielen. Diese sind auch mit einem
Untergang der Nervenzellen verbunden (Neurodegeneration).
Abb. 2: So wirkt sich MS im ZNS aus
Isolierschicht
(Myelin)
Nervenfaser
Normale
Nervenzelle
Geschädigte
Nervenzelle
Zerstörte
Nervenzelle
Abbildung 2:
Bei gesunden Nervenzellen werden
elektrische Signale über die von der
Isolierschicht (Myelin) umhüllten
Nervenfasern (Axone) rasch weitergeleitet. Durch fehlprogrammierte
Immunzellen wird die Isolierschicht
beschädigt (Demyelinisierung), hierdurch werden die MS-Symptome
verursacht.
Die dauerhafte Beschädigung der
Isolierschicht kann Nervenfasern
zerstören. Dies hat zur Folge, dass die
Signalweiterleitung zwischen den
Nervenzellen unterbrochen wird.
Wenn man sich die Nervenfasern als Elektrokabel vorstellt, dann sind die Myelinhüllen die Isolierung. Eine korrekte und rasche Weiterleitung der elektrischen Signale entlang der Neuronen ist
nur möglich, wenn die Myelinhüllen intakt sind. Die bei einer Entzündung verursachten Schäden
in den Myelinhüllen, aber auch die Neurodegeneration bewirken eine Verzögerung oder sogar eine
Unterbrechung der Reizleitung – die Folge davon sind fehlerhaft ausgeführte Bewegungen, Missempfindungen, Sehstörungen oder andere neurologische Fehlfunktionen. Welche Störungen beim
einzelnen Patienten beobachtet werden, hängt davon ab, an welcher Stelle im ZNS dieser Prozess
stattfindet. Daher können die Beschwerden bei jedem Patienten unterschiedlich sein.
Über die Nervenbahnen werden Befehle des Gehirns in Form von elektrischen Impulsen geleitet,
z. B. eine Bewegung mit der Hand, um eine Tasse zu greifen. Die zuständigen Muskeln führen dann
die gewünschte Bewegung aus. Auf umgekehrtem Weg – also von der Peripherie über die Hirnnerven oder das Rückenmark – werden viele Informationen aus den Sinnesorganen Augen, Ohren,
Geschmacksrezeptoren und dem Körper in das Gehirn transportiert. Dort werden die Sinneseindrücke dann in spezialisierten Hirnregionen weiterverarbeitet. Hier entstehen die Bilder, die wir
sehen, die Geräusche, die wir hören oder die Empfindungen von Wärme und Kälte, die wir spüren.
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Verlauf der MS
Bei der MS treten die Symptome beim Patienten in Schüben auf, das heißt, die Betroffenen leiden
zeitweise verstärkt unter verschiedenen Störungen der Nervenfunktion (neuronale Störungen).
Dazwischen liegen gewöhnlich kürzere oder längere Phasen mit geringerer Krankheitsaktivität.
Diese als „schubförmig“ bezeichnete Form der MS findet man bei mehr als 80 % der Patienten zu
Beginn der Erkrankung.1
Ein Schub dauert mindestens 24 Stunden. Die Definition eines Schubes besagt außerdem, dass
zwischen zwei Schüben mindestens 30 symptomfreie Tage liegen müssen, um sie als einzelne
Schübe zählen zu können; außerdem darf ein Schub nicht durch eine Erhöhung der Körpertemperatur oder im Rahmen einer fieberhaften Infektion erklärbar sein.
Beeinträchtigung
Beeinträchtigung
Abb.3: Die drei Verlaufsformen der MS
Jahre
sekundär-progredient
Beeinträchtigung
schubförmig
Jahre
Abbildung 3:
Die Abb. zeigt die drei Verlaufsformen von MS. Dargestellt ist
der zeitliche Verlauf von links
nach rechts. Nach oben hin ist
eine zunehmende Beeinträchtigung gezeigt. Die Balken symbolisieren einen Schub. Nach dem
Schub können sich die Symp­
tome entweder wieder zurückbilden oder zu einer Zunahme
der Beeinträchtigung führen. In
einigen Fällen kommt es zu einer langsamen kontinuierlichen
Verschlechterung der MS (=progredienter Verlauf).
Jahre
primär-progredient
Nach einem Schub bilden sich die neurologischen Symptome oft vollständig oder zumindest
teilweise wieder zurück. Bei einem Teil der Patienten geht der schubförmige Verlauf nach einigen
Jahren in ein Stadium mit langsam fortschreitender Verschlechterung über. Dann spricht man
von einer sekundär-progredienten MS. Neurologische Funktionsstörungen bilden sich dann nicht
mehr zurück und einzelne Schübe sind kaum noch voneinander abgrenzbar.
In diesem Stadium kommt es zu einer Zunahme der Symptome, auch zwischen den Schüben, und
die Schübe werden seltener.
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Eine sichere Vorhersage darüber, wie rasch die MS voranschreitet oder welche Funktionen
betroffen sein werden, ist im Einzelfall nicht möglich.
Nur bei 10–15 % der Patienten findet man von Beginn an eine fortschreitende Verschlechterung, die primär-progrediente MS. Von dieser sind vor allem Patienten betroffen, bei denen die
Krankheit in einem Alter über 40 Jahre beginnt. Ansonsten ist die MS eher eine Krankheit junger
Erwachsener. Am häufigsten beginnt sie in einem Alter zwischen 20 und 40 Jahren und kann in
seltenen Fällen auch bei Kindern und Jugendlichen auftreten.
MS – Ursachen und Konsequenzen
Die genauen Ursachen der MS sind bis heute nicht vollständig aufgeklärt. Bei einigen Pati­enten
wurde eine Häufung von MS-Fällen in der Familie beobachtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass
MS direkt vererbt wird. Vielmehr scheinen die Betroffenen eine gewisse angeborene Neigung zu
haben, MS zu bekommen. Eine Veranlagung alleine reicht nicht, um eine MS auszulösen. Weitere,
im Einzelnen noch nicht bekannte Faktoren müssen hinzukommen. So gibt es Hinweise darauf,
dass Virusinfektionen im Kindes- und Jugendalter die Autoimmunkrankheit begünstigen.
Die Forschung arbeitet intensiv an deren Aufklärung. Leider ist es ohne Kenntnis der Auslöserfaktoren nicht möglich, eine Therapie zu entwickeln, mit der die MS geheilt werden kann. Dennoch
wurden in den letzten Jahren deutliche Fortschritte in der Behandlung gemacht.
Mit den modernen immunologischen Behandlungsmöglichkeiten konzentriert man sich auf die
Prozesse, die einer Autoimmunerkrankung zugrunde liegen. Dadurch kann das Fortschreiten der
Krankheit verzögert und das Risiko einer bleibenden Behinderung reduziert werden.
Im Folgenden werden wir uns näher mit den typischen Symtomen der MS beschäftigen.
8
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Ursachen der Symptome
Die MS ist gekennzeichnet durch ein sehr variables, individuell unterschiedlich ausgeprägtes klinisches Bild. Zu Beginn der Erkrankung sind oft nur einzelne Funktionen betroffen – beispielsweise
vorübergehende Sehstörungen oder Bewegungsstörungen. Im weiteren Verlauf können sich aber
Symptome herausbilden, die zum Teil sehr uncharakteristisch sind. Die sogenannten „versteckten
Symptome“ der MS.
Eine vorübergehende Zunahme bereits bestehender Symptome durch eine erhöhte Körpertemperatur, beispielsweise nach Saunabesuchen, während einer fieberhaften Erkrankung oder bei
vermehrter körperlicher Anstrengung tritt bei bis zu 80 % aller MS-Betroffenen auf. Dieses Phänomen wird als „Uhthoff-Phänomen“ bezeichnet. Die damit verbundenen Symptome, u. a. verstärkte Müdigkeit, verringertes Sehvermögen, verringerte Muskelkraft oder herabgesetzte geistige
Leistungsfähigkeit verschwinden nach Abkühlung des Körpers, manchmal allerdings auch erst
Stunden später.
Wie entstehen die Symptome?
Bei den organisch bedingten Symptomen kann man im Wesentlichen zwei Gruppen unterscheiden: diejenigen, bei denen die Funktionsstörungen direkt auf die MS-bedingten Nervenschädigungen zurückzuführen sind und solche, die eine indirekte Folge der zentralnervösen
Funktionsstörung darstellen. Bei manchen Symptomen sind die Grenzen fließend und einige
können zusätzlich durch psychische Faktoren beeinflusst werden.
Vorwiegend durch neuronale Schädigung verursachte Symptome
Direkt durch neuronale Schädigung bedingt sind vor allem
• Störungen der Hirnnerven: Seh-, Sprech-, Schluckstörungen
• Störungen des vegetativen Nervensystems: Störungen der Blasen-, Darm- und Sexualfunktion sowie des Herz-Kreislauf-Systems
• paroxysmale Symptome: z. B. anfallsartig auftretende Störungen der Nervenfunktion,
Nervenschmerzen (Neuralgien) wie die Trigeminusneuralgie
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Komplexere Nervenschädigungen verursachen Symptome, bei denen mehrere Nerven betroffen
sind. Die Symptome sind dann eher diffus und der Ursprung kann nicht mehr einem bestimmten
Nerv genau zugeordnet werden. Zu nennen sind hier:
• motorische Störungen wie Spastik oder Tremor (unkontrolliertes Zittern), Muskellähmungen, Paresen usw.
• Sensibilitätsstörungen: Missempfindungen wie Kribbeln, „Ameisenlaufen“ usw.
• neuropathische Schmerzen
• chronische Schmerzen, z. B. Muskel- oder Gelenkschmerzen
Indirekt durch Schädigung des ZNS bedingte (sekundäre) Symptome
Die Folgen der zentralnervösen Entzündungsreaktion haben Auswirkungen auf den gesamten
Hirnstoffwechsel und dadurch auf verschiedene geistige und körperliche Funktionen. Diese Symptome sind nicht nur typisch für MS, sie können auch bei anderen chronischen Krankheiten vermehrt
auftreten oder eigenständige Krankheitsbilder bei ansonsten gesunden Personen sein:
• Fatigue: ungewöhnlich starke Ermüdbarkeit schon bei geringen körperlichen oder
geistigen Anstrengungen
• Kognitive Symptome: Störungen der höheren geistigen Leistungen, z. B. Konzentrations-,
Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen
• Depressionen
Es gibt keine Möglichkeit vorherzusagen, wann und ob überhaupt sekundäre Störungen auftreten. Sie können schon sehr früh im Krankheitsverlauf in Erscheinung treten, auch unabhängig von
anderen typischen MS-Symptomen. Manchmal sind sie nur sehr gering ausgeprägt und werden
erst während eines Schubes klinisch auffällig. Ein besonderes Merkmal dieser Störungen ist, dass
sie sich gegenseitig verstärken oder auch imitieren können. Daher ist eine sorgfältige diagnostische Abklärung besonders wichtig.
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Diagnose und Behandlung der Symptome
Die MS ist zwar eine chronische und derzeit nicht heilbare Erkrankung, das bedeutet aber keineswegs, dass man zwangsläufig über kurz oder lang behindert sein wird oder gar im Rollstuhl endet.
Vielmehr ist eine schubförmige MS, wie sie meist im Anfangsstadium auftritt, heute gut behandelbar und ermöglicht in der Regel ein nahezu normales Leben ohne größere Einschränkungen.
Dennoch haben die Symptome der MS für den Betroffenen eine große subjektive Bedeutung und
wirken sich negativ auf das Allgemeinbefinden und die Lebensqualität aus.
Viele Symptome, wie Sprech-, Blasenfunktionsstörungen oder Spastiken sind für den Einzelnen
sehr belastend und behindern ihn bei seinen alltäglichen Aktivitäten. Oft sind es gerade diese
Symptome, die auch die sozialen Kontakte erschweren oder zur Berufsunfähigkeit führen können.
Eine sorgfältige Diagnostik ist von großer Bedeutung, weil sie die Grundlage für eine gezielte
Behandlung ist. Eine frühzeitig einsetzende Therapie kann das weitere Fortschreiten der Erkrankung hinauszögern und somit auch vielen Einschränkungen im alltäglichen Leben sowie im Beruf
vorbeugen.
Wie erkenne ich die MS-Symptome?
Grundsätzlich gilt: Nicht jedes Unwohlsein ist ein Anzeichen für schwerwiegende gesundheitliche Störungen. Schließlich hat jeder auch mal einen nicht so guten Tag. Manche
Beschwerden verschwinden wieder, auch ohne medikamentöse Behandlung. Wichtig ist
allerdings, dass Sie ungewöhnliche Beschwerden beobachten. Sollten die Symptome über 24
Stunden hinweg bestehen bleiben oder sogar zunehmen, dann sollten Sie Ihren Arzt aufsuchen. Er wird geeignete Untersuchungen in die Wege leiten.
Allgemeine Regeln zur Vorbereitung auf das Arztgespräch
Es kann für das Arztgespräch sehr hilfreich sein, wenn Sie Ihre Beobachtungen vorher kurz
notieren. Für eine gezielte Diagnostik und optimale Therapie der Symptome ist es unbedingt
erforderlich, Medikamentenwirkungen von anderen organischen Ursachen zu trennen.
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• Seit wann bestehen die Beschwerden?
• Worin genau bestehen die Beschwerden?
• Wie oft haben Sie die Beschwerden? Sind sie kontinuierlich vorhanden oder gibt es eine
tageszeitliche Abhängigkeit?
• Sind die Beschwerden immer gleich oder haben sie sich mit der Zeit verändert?
• Haben Sie den Eindruck, dass bestimmte Situationen die Beschwerden auslösen oder
verstärken? Wenn ja, welche?
• Fühlen Sie sich in Ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt?
• Erkennen Sie Auslöser für die Beschwerden?
Ein weiterer wichtiger Punkt sind Ihre Medikamente
• Haben Sie in letzter Zeit Ihre Medikation umgestellt oder die Dosierung verändert?
• Sind neue Medikamente dazugekommen?
Therapieziele
Unabhängig von der Art der Symptome gilt, dass einer Verschlechterung vorgebeugt und
das subjektive Wohlbefinden gefördert werden soll, um dauerhaft eine möglichst gute
Lebensqualität zu bewahren. Dazu dienen alle Maßnahmen, die körperliche Funktionen
trainieren, Fähigkeiten zur Bewältigung des alltäglichen Lebens fördern, Berufs- bzw.
Erwerbsfähigkeit erhalten und einem sozialen Rückzugsverhalten vorbeugen.
Um diese Ziele zu erreichen, finden neben der medikamentösen Behandlung zahlreiche nichtmedikamentöse Therapien Anwendung. Die folgende Tabelle gibt Ihnen einen allgemeinen
Überblick verschiedener Maßnahmen. Weitergehende Literatur finden Sie im Anhang.
Welche Therapieform in Frage kommt, richtet sich nach Art und Ausprägung der Symptome.
Damit gegebenenfalls frühzeitig Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation ergriffen werden
können, ist schon in einem frühen Krankheitsstadium eine sozialmedizinisch-sozialrechtliche
Beratung wichtig. Um geeignete nicht-medikamentöse Therapien zu finden und gegebenenfalls
einzuleiten, eignet sich besonders gut der Aufenthalt in einer MS-Rehabilitationsklinik.
14
Nicht-medikamentöse Behandlung der Symptome
Therapieform
Verfahren
Physiotherapie
• aktive und passive Krankengymnastik im weiten Sinne.
Dazu gehören vor allem die Verfahren
- nach Bobath
- nach Vojta
- PNF (propriozeptive Neurofaszilitation)
Ergotherapie
• Übungen zur Verbesserung von Motorik und Koordination,
gezieltes Training einzelner Funktionsstörungen
• Übungen mit Hilfsmitteln
• Kognitionstraining (Hirnleistungstraining)
Sporttherapie
• Gymnastik, Ausdauersportarten, therapeutisches Reiten
(Hippotherapie)
• Reha-Sport
Logopädie
• Sprechtraining, Schlucktraining
Psychotherapie
• Gesprächstherapie, kognitive Verhaltenstherapie
• Stressbewältigungs- und Entspannungsverfahren
• Erlernen von Coping-Strategien
(Krankheitsbewältigung für Patienten und Angehörige)
Neuropsychotherapie
• Gedächtnistraining, Lernstrategien, Aufmerksamkeitstraining
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Häufige Symptome Die MS beginnt zumeist mit einem einzelnen Symptom. Besonders häufig ist dies die Entzündung
des Sehnervs mit den typischen Sehstörungen. Im Prinzip kann aber auch jede andere neurologische Störung als Erstsymptom auftreten. Nach dem ersten Schub bilden sich die Funktionsstörungen gewöhnlich innerhalb von wenigen Tagen wieder zurück. Die verschiedenen Symptome
treten im Krankheitsverlauf häufig in unterschiedlicher Reihenfolge und Kombination auf. Im Lauf
wder Zeit können dann mit jedem neuen Schub Behinderungen zurückbleiben.
Leider gibt es keine zuverlässige Methode, um den Verlauf der MS im Einzelfall vorherzusagen.
Bei manchen Patienten tritt nur ein Schub auf und für den Rest ihres Lebens bleiben sie praktisch
beschwerdefrei. Patienten mit einer relativ hohen Schubhäufigkeit von Anfang an haben eine
höhere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten mehrerer Symptome und Behinderungen.1
Die nachfolgende Tabelle gibt eine Übersicht über die Symptome der MS. Manche von ihnen sind
außerordentlich häufig – dies gilt vor allem für Fatigue und Depressionen, die oft schon im frühen Krankheitsverlauf beobachtet werden. Andere – dies gilt insbesondere für motorische und
vegetative Störungen – nehmen in einem späteren Krankheits­stadium immer weiter zu. Dank der
modernen immunmodulatorischen Therapie der MS sind solche schweren Verläufe jedoch in den
letzten Jahren seltener geworden.
In den nächsten Kapiteln beschreiben wir die einzelnen Symptome, ihre Auslösefaktoren sowie
diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.
16
Häufige Symptome der MS 1,2
Symptom
Beschwerden
Sensibilitätsstörungen,
(Dysästhesien,
Parästhesien)
• verminderte (Hypästhesie) bzw. verstärkte (Hyperästhesie) Berührungsempfindlichkeit
Seh-/ Augenbewegungsstörungen
• verschwommenes Sehen, vorübergehende Blindheit,
Gesichtsfeldausfälle
Koordinations-/
Bewegungsstörungen
• Störung der Feinmotorik, Zittern (Tremor), unkoordinierte Arm- oder
Beinbewegungen (Ataxie)
Spastik und
Muskelschwäche
• anhaltend erhöhte Muskelspannung in Rumpf oder
Extremitäten (Muskelkrämpfe)
• Missempfindungen (Parästhesien), z. B. Prickeln, Kribbeln,
Taubheit
• Doppelbilder, Schwindel usw.
• verringerte Kraftentwicklung der betroffenen Muskeln
(Muskelschwäche, Parese)
• eingeschränkte motorische Geschicklichkeit, Muskelsteifigkeit
• gesteigerte Muskeleigenreflexe, Einschießende Bewegungen
Funktionsstörung
von Blase und Darm
• Blase: häufiger Harndrang, Inkontinenz oder Blasenentleerungs­
störung
Schmerzen
• anfallsartige Schmerzen: Kopfschmerzen, Nervenschmerzen
(Neuralgien)
• Darm: Verstopfung (Obstipation), Inkontinenz
• Chronische Schmerzen: durch Spastik, Fehlhaltungen, chronische
Missempfindungen bei Nervenentzündung (Neuropathie), Sehnerventzündung
Sprech-/
Schluckstörungen
• undeutliches, langsames / zu schnelles Sprechen, monotone Stimmmelodie, heisere Stimme (Dysarthrie) bis zur Stummheit
Fatigue
• ungewöhnliche Müdigkeit schon nach geringer körperlicher
und / oder geistiger Anstrengung, häufig auch ausgelöst durch hohe
Außentemperaturen
Störungen
der Sexualität
• Libidoverlust, Orgasmusunfähigkeit, Erektionsstörungen
Gedächtnis-,
Aufmerksamkeits-/
Wahrnehmungs­störungen
• eingeschränkte Aufmerksamkeit und / oder Konzentration (Fähigkeit
zum Multitasking ist dadurch beeinträchtigt)
• häufiges Verschlucken, Schwierigkeiten beim Essen und Trinken
• Trockenheit der Scheide, verminderte Empfindung im Bereich von
Klitoris und Scheide
• Störung des Kurzzeitgedächtnisses
• verminderte Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit, Wortfindungsstörungen
Depression
• mehr als zwei Wochen anhaltende gedrückte Stimmung,
Interesselosigkeit, Freudlosigkeit, Antriebslosigkeit usw.
17
Sensibilitätsstörungen
Sensibilitätsstörungen gehören zu den Hauptsymptomen der MS. Man unterscheidet vermehrte Berührungsempfindlichkeit (Hyperästhesien) und verminderte Berührungsempfindlichkeit
(Hypästhesien) sowie unangenehme oder schmerzhafte Missempfindungen (Parästhesien) wie
Kribbeln, „Ameisenlaufen“, Brennen oder Taubheitsgefühle und Störungen des Temperatur- oder
Vibrationsempfindens.4
18
Sensibilitätsstörungen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 2,4
Symptome
• vermehrte oder verminderte Berührungsempfindlichkeit
• Missempfindungen, unter Umständen schmerzhaft
• Störung des Temperaturempfindens: Unterscheidung und Wahrnehmung
von warm / kalt
• Störung des Vibrationsempfindens: nur starke Vibrationen werden noch
wahrgenommen
• Störung des Lage- und Bewegungsempfindens: unsicherer Gang, Fallneigung
Diagnose
• neurologische Untersuchung
• apparativ: Nervenleitgeschwindigkeit, evozierte Potenziale
Therapie
• Physiotherapie
- bei vermehrter Berührungsempfindlichkeit: Desensibilisierung durch Training
mit taktilen Reizen (z. B. Igelball, Bürsten, Vibrationsgeräte, usw.)
- bei verminderter Berührungsempfindlichkeit: Wechselbäder, Eisbehandlung
(Achtung: Vorsicht bei reduzierter Temperaturempfindlichkeit, da Erfrierungen
drohen!)
- Missempfindungen: Stangerbad
- Gangunsicherheit: Stehbrett, ggf. Hilfsmittel (Gehstock, Rollator)
- manuelle Therapie
• Ergotherapie
- Einüben alltagsrelevanter Tätigkeiten
Betroffen sind meist zunächst Hände und / oder Füße, später können die Beschwerden auch die
gesamten Extremitäten erfassen. Infolge eines verminderten Bewegungs- und Lageempfindens
kann auch die Gehfähigkeit eingeschränkt sein.
Die Therapie beruht in erster Linie auf speziellen physiotherapeutischen Verfahren. Der Erfolg
ist jedoch oft unbefriedigend. Eine medikamentöse Behandlung ist nur bei schmerzhaften Hyper­
ästhesien und Parästhesien sinnvoll. Mit Sensibilitätsstörungen müssen sich viele Patienten
arrangieren.
19
Seh- und Augenbewegungsstörungen
Man unterscheidet Sehstörungen, wie sie durch eine Sehnerventzündung hervorgerufen werden,
von Augenbewegungsstörungen. Im ersten Fall resultiert ein verschwommenes, unscharfes und
kontrastarmes Bild, als ob man durch eine Milchglasscheibe schaut. Augenbewegungsstörungen
kommen durch Entzündungsherde im Bereich der Augenmuskelkerne im Hirnstamm zustande.
Dadurch ist die Steuerung der Augen gestört. Der Patient sieht alles doppelt.
Ein weiteres Symptom ist das Augenzittern (Nystagmus). Die daraus resultierenden Beschwerden
sind rasch aufeinanderfolgende horizontale, vertikale oder kreisende Augapfelbewegungen und
können äußerst unangenehm sein.
20
Seh- / Augenbewegungsstörungen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
Sehstörungen
Augenbewegungsstörungen
• Verschlechterung der Sehschärfe
• Doppelbilder
bis zur Blindheit
• Verschwommensehen
• Störung des Farbensehens
• Gesichtsfeldausfälle
• Gleichgewichtsstörungen mit Übelkeit
und Sturzgefahr
• Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben,
Fernsehen
• Schmerzen im Bereich der
Augenhöhle
Diagnose
• augenärztliche Untersuchung
- Sehschärfenbestimmung
• verschiedene augenärztliche und
neurologische Untersuchungen
• neurologische Untersuchung
- Messung der Reizübertragung in
Sehnerv und Sehbahn (VEP)
Therapie
• bei Sehstörungen im MS-Schub
- Medikamente • bei Augenbewegungsstörungen
im MS-Schub
- Medikamente
• zeitweiliges Abdecken des Auges
• Prismenbrillen
21
Koordinations- und Bewegungsstörungen
Koordinations- und Bewegungsstörungen bestehen aus unkoordinierten Bewegungen (Ataxie)
und Zittern (Tremor). Der Schweregrad der Störungen ist oftmals abhängig von der individuellen
Tagesform und Belastbarkeit sowie von der psychischen Verfassung des Patienten. Die Symptome
sind äußerst hinderlich bei der Verrichtung alltäglicher Aufgaben wie Schreiben, Essen oder Ankleiden und bei der Ausübung einer Berufstätigkeit. Wenn überwiegend der Rumpf und die Beine
betroffen sind, kann auch die Gehfähigkeit stark eingeschränkt sein.
Die Therapie der körperlichen Beweglichkeit, der Feinmotorik und der Gehfähigkeit sind besonders wichtig für den Patienten, um seine Selbstständigkeit und Lebensqualität zu erhalten. Unterstützend können dafür besondere Hilfsmittel wie spezielles Essbesteck, ein Gehstock oder ein
Rollator eingesetzt werden. Medikamente sind nur bei ausgeprägtem Tremor wirksam.2
22
Koordinations- und Bewegungsstörungen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
• Ataxie
- mangelnde Bewegungskoordination, z. B. beim gezielten Greifen oder Gehen
- Störung der Feinmotorik
• Tremor
- vorwiegend Intentionstremor, d. h. Verstärkung des Zitterns bei
zielgerichteten Bewegungen
Diagnose
• körperliche Untersuchung
• subjektive Beurteilungsskalen zu Schweregrad und Ausmaß der
Beeinträchtigung in Alltag und Beruf
Therapie
• regelmäßige Physiotherapie
- gezieltes aktives und passives Muskeltraining
- Bewegungsbad
• regelmäßige Ergotherapie
- Koordinationstraining
- Einüben alltagsrelevanter Tätigkeiten
• Einüben von Entspannungstechniken
- Autogenes Training
- Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson
- Yoga
- QiGong
• Kühlung eines Arms zur vorübergehenden Senkung von Amplitude und
Frequenz des Tremors für etwa 30 Minuten
• bei sehr schwerem, nicht ausreichend behandelbarem Tremor
- operativer Eingriff (Elektrostimulation des Thalamus)
23
Muskelkrämpfe und Lähmungen
Eine dauerhafte oder kurzfristig einschießende Verkrampfung der Muskulatur (Spastik), oft begleitet
von einer Schwäche oder Lähmung (Parese) der Muskeln, ist ein sehr häufiges Symptom der MS. Es
tritt überwiegend im späteren Krankheitsverlauf der MS auf. Die Beschwerden können, abhängig von
der Tageszeit, unterschiedlich stark ausgeprägt sein und sich unter körperlicher Belastung verstärken.
Die Komplikationen einer Spastik ergeben sich aus der erhöhten Spannung (Tonus) bestimmter Muskelgruppen. Einschießende Spastiken sind nicht nur störend, sondern können auch sehr schmerzhaft
sein. Ein dauerhaft erhöhter Muskeltonus führt hingegen zu Schmerzen und Einschränkungen der
Gelenkbeweglichkeit bis hin zu Kontrakturen (fixierte Gelenkfehlstellungen) und Bettlägerigkeit.
Dadurch wird insbesondere die Mobilität des Betroffenen eingeschränkt, aber auch viele alltägliche
Aktivitäten wie Waschen und Ankleiden werden erschwert. Therapeutisch stehen daher Physio- und
Ergotherapie sowie Medikamente zur Muskelentspannung (Muskelrelaxantien) im Vordergrund.
Eine begleitende Muskelschwäche kann zu rascher Ermüdung und dadurch eingeschränkter
körperlicher Aktivität führen. Sowohl durch die Spastik als auch durch die Paresen können andere
Funktionen wie Blasen- und Darmentleerung oder die Sexualfunktion beeinträchtigt sein.
Spastik / Parese – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
• verminderte Muskelkraft und Ausdauer
• gestörte Bewegungsabläufe
• schmerzhafte einschießende Muskelkrämpfe
• Beugespasmen mit Gelenkfehlstellungen (Kontrakturen)
Diagnose
• Anamnese (gründliche Patientenbefragung)
• körperliche Untersuchung
Therapie
• konsequente, intensive Physiotherapie
• aktives und passives Bewegen der Muskulatur
- Fahrrad- und Laufbandtraining
- motorgetriebene Fahrräder zur Bewegung der Arme und Beine ohne Widerstand
- Laufbandtraining mit partieller Körpergewichtsentlastung
- spezielle Verfahren wie Bobath, propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation
(PNF), Vojta
• Eis- bzw. Kältebehandlung
• ggf. Hilfsmittel (Gehstock, Rollator, Rollstuhl)
• Einsatz dynamischer und statischer Schienen
24
• Vermeiden von Auslösern
• Medikamente
25
Kontrolle der Blasen- und Darmfunktion
Störungen der Darm- oder Blasenfunktion haben für die Betroffenen äußerst negative Auswirkungen auf die Teilnahme am sozialen Leben und die Lebensqualität. Oft haben die Patienten
Hemmungen, über solche „privaten“ Probleme zu sprechen. Eine erfolgreiche Behandlung ist oft
möglich und auch dringend erforderlich, um Folgekomplikationen zu vermeiden.2
Anhaltende Blasenfunktionsstörungen können aufgrund des starken Harndrangs zu erheblichen
Störungen des Tagesablaufs und der Nachtruhe führen. Außerdem sind sie häufig Ursache für
wiederholte Harnwegsinfektionen mit möglicher Schädigung der Nieren.
Unterbauchschmerzen treten auch bei Störungen der Darmentleerung auf. Eine chronische Verstopfung (Obstipation) kann im schlimmsten Fall zu einem Darmverschluss (Ileus) führen.
26
Sollten Sie Blasen- oder Darmfunktionsstörungen haben, wenden Sie sich unbedingt an Ihren
Arzt. Gegebenenfalls wird er Sie zu anderen Spezialisten überweisen, um die Störungen genau zu
diagnostizieren und gezielt zu behandeln.
Störungen der Blasen- und Darmfunktion – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
Blasenfunktionsstörungen
Darmfunktionsstörungen
• häufiger Harndrang
• Verstopfung und / oder
• vermehrter nächtlicher Harndrang
(Nykturie)
• Inkontinenz
• Inkontinenz
• Restharnbildung oder Harnverhalt
Komplikationen
• chronische Harnwegsinfektionen
• Hautreizungen, Geschwüre
• eingeschränkte Nierenfunktion
• Darmverschluss (Ileus)
• Blasen- und Nierensteine
• Hautreizungen, Geschwüre
• Schmerzen
• Schmerzen
Diagnose
• Führen eines Miktionstagebuches
• apparative Untersuchungen wie
Messung des Restharns und / oder
des Urinflusses
Therapie
• Beratung zu Trinkmenge und
Verteilung über den Tag
• Beckenbodentraining
• Biofeedbackverfahren
• Hilfsmittel (Vorlagen und/oder Einlagen, Windeln, Hautpflege etc.)
• regelmäßige oder dauerhafte Harnableitung über Katheter
• Medikamente zur Verbesserung der
Blasenentleerung
• Medikamente zur Prophylaxe bei
häufigen Harnwegsinfekten
• Arztgespräch
• körperliche Untersuchung
• bei Verstopfung
- Physiotherapie
- ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Beckenbodentraining
- Abführmittel oder Einlauf
(Klistier)
• bei Inkontinenz
- Beckenbodentraining
- Hilfsmittel
- Hautpflege
• Antibiotika bei akuten Harnwegsinfekten
• Behandlung der Auslöser, z.B. Spastik
27
Schmerzen
Schmerzen unterschiedlichster Art sind ein gelegentlicher Begleiter bei MS. Auf Grundlage der
Schmerz­ursachen können vier Kategorien von Schmerzen unterschieden werden, die zum Teil
ganz unterschiedlich behandelt werden müssen: 2
• Schmerzen als direkte Folge der MS, z. B.
Nervenschmerzen (Neuralgien, Nervenentzündung im akuten Schub), Kopfschmerzen
bei MS-Herden in bestimmten Hirnbereichen, schmerzhafte Muskelkrämpfe und Parästhesien (Missempfindungen)
• Schmerz als indirekte Folge von MS-Symptomen, z. B.
Gelenk- oder Muskelschmerzen bei Fehlhaltungen, Spastik, Kontrakturen, Geschwüre,
Unterbauchschmerzen bei Blasenfunktionsstörungen oder Verstopfung, aber auch durch
ungeeignete Hilfsmittel und/ oder unsachgemäßen Gebrauch
• Schmerzen unter medikamentöser Therapie
grippeähnliche Symptome, Kopfschmerzen, Schmerzen an der Injektionsstelle
• MS-unabhängige Schmerzen, z. B.
Rückenschmerzen (kann auch ein indirekt durch MS bedingter Schmerz sein), primäre
Kopfschmerzen (Migräne, Spannungskopfschmerz), degenerative Knochenerkrankungen
oder Polyneuropathie (Nervenschmerzen) anderer Ursache
Zur Abschätzung der Häufigkeit, Intensität (visuelle Analogskala), Dauer, Auslösefaktoren usw.
empfiehlt sich das Führen eines Schmerztagebuches über einen gewissen Zeitraum. Therapeutisch kommen, je nach Art der Schmerzen, sowohl Medikamente als auch Methoden der Physiotherapie und Psychotherapie in Frage.
Sprechen Sie unbedingt mit Ihrem Arzt darüber, wenn Sie häufiger Schmerzen haben. Schmerzen
sind gut behandelbar!
28
Schmerzen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
• im akuten Schub
- Nervenentzündung (z. B. Sehnerventzündung mit Schmerzen beim Bewegen
des Augapfels)
• anfallsweise auftretende Schmerzen (paroxysmale Syndrome)
- einschießender sehr starker Schmerz von kurzer Dauer in einzelnen
Nerven, z. B. Trigeminusneuralgie
• chronische Schmerzen in Muskeln, Gelenken, Kopf, Rücken usw.
Diagnose
• neurologische Untersuchung
• Dokumentation der Schmerzen durch den Patienten selbst in einem
Schmerztagebuch
Therapie
• Schmerzen im Rahmen eines akuten Schubes
- Schubbehandlung mit hochdosierter Kortison-Pulstherapie
• chronische Schmerzen
- Entspannungs- und Stressbewältigungstechniken
(z. B. Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, Autogenes Training)
- fehlhaltungsbedingte Schmerzen: Physiotherapie, Ergotherapie, Hilfsmittel
- Schmerzen durch Medikamenteninjektionen: Kühlung der Injektionsstelle
- Medikamente
29
Sprech- und Schluckstörungen
Sprechen und Schlucken sind sehr komplexe Vorgänge, bei denen es auf ein fein abgestimmtes
Zusammenspiel verschiedener Nerven und Muskeln im Mund- und Rachenraum sowie im Kehlkopf ankommt. Man unterscheidet verschiedene Formen der Sprechstörung (Dysarthrie), bei
denen entweder nur die Lautbildung (Artikulation) oder auch die Stimme und die Atmung (Dysarthrophonie) betroffen sind. Bei MS-Patienten findet man verschiedene Arten von Sprech- und
Schluckstörungen, die meist als Mischform in unterschiedlich starker Ausprägung zu finden sind.
Die häufigste Form der Sprechstörung bei MS ist die paroxysmale Dysarthrie. Dabei versprechen
sich die Patienten kurz, ohne dass der Sprachfluss gestört ist. Oft ist es hier hilfreicher, langsamer
zu sprechen. Sprechstörungen beeinträchtigen sehr stark die Kommunikationsfähigkeit der Patienten und können zu sozialem Rückzug und Problemen bei der Berufsausübung führen.
30
Schluckstörungen belasten vor allem durch Probleme beim Essen und Trinken und können in
schweren Fällen zu einer Mangelernährung und Dehydratation (Austrocknen des Körpers) führen.
Häufiges Verschlucken begünstigt das Eindringen von Nahrungsbestandteilen in die Luftröhre
und die Bronchien und kann eine Lungenentzündung (Aspirationspneumonie) verursachen.
Beide Störungen werden interdisziplinär durch den Neurologen und den HNO-Facharzt (Hals-, Nasen-, Ohrenkrankheiten) diagnostiziert und behandelt. Zusätzlich kann Logopädie, Physio- oder
Ergotherapie die Symptomatik verbessern.
Sprech- / Schluckstörungen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Sprechstörungen
Symptome
• zu leise / laute Stimme oder zu
hohe / tiefe Stimmlage
• raue oder heisere Stimme
• undeutliches, verwaschenes Sprechen
• zu langsames / schnelles Sprechen
• monotone Sprachmelodie
• Atemstörungen
- Kurzatmigkeit beim Sprechen
Schluckstörungen
• Hustenreiz, Speichelfluss
• Schwierigkeiten beim Essen und Trinken
• in schweren Fällen
- Mangelernährung
(Gewichtsverlust)
- zu geringe Flüssigkeitszufuhr
(Austrocknung)
- Gewichtsverlust
- Lungenentzündung
Diagnose
• Untersuchungen beim
• Untersuchungen beim
Therapie
• Logopädie (Sprechtraining)
• Logopädie: Schlucktherapie
• Behandlung assoziierter Symptome
• ggf. pürierte Kost und Hilfsmittel
Neurologen und HNO-Facharzt
wie Fatigue, Spastik, Tremor etc.
• Hilfsmittel (z. B. Sprachverstärker,
Neurologen und HNO-Facharzt
(Ess- und Trinkhilfen), vorübergehende Sondenernährung
Sprachcomputer)
31
Müdigkeit („Fatigue“)
Die Fatigue bei MS wird als „subjektiv erlebter Antriebs- und Energiemangel mit Beeinträchtigung der üblichen oder erwünschten Aktivitäten im täglichen Leben“ definiert. Diese abnorme
Erschöpfbarkeit kommt jedoch nicht nur bei MS vor, sondern auch bei Patienten mit akuten oder
chronischen Infektionen sowie bei Krebserkrankungen.
Fatigue ist ein häufiges Symptom bei MS. Sie führt unbehandelt oft zu vorzeitiger Berentung und
zu erheblichen Einschränkungen bei den sozialen Aktivitäten. Dadurch wirkt sich die Fatigue sehr
negativ auf die Lebensqualität und das subjektive Wohlbefinden aus.1
Die Ursachen der Fatigue sind nicht genau bekannt. Es wird beobachtet, dass die Fatigue meist in
der zweiten Tageshälfte zunimmt und eine hohe Umgebungstemperatur die Symptome verstärken kann. Auch Depressionen und Schlafstörungen können dafür verantwortlich sein.
32
Um im Alltag besser mit Fatigue umgehen zu können, sollten Sie in den Tagesablauf regelmäßige Ruhepausen einplanen; dies gilt natürlich auch für jede berufliche Tätigkeit und Freizeitaktivität. Lernen Sie, sich in Pausen richtig zu entspannen, etwa mit Hilfe der Progressiven
Muskelrelaxation nach Jacobson, Yoga, QiGong oder mit Autogenem Training.
Bei hohen Temperaturen im Sommer empfehlen wir Ihnen, körperliche Anstrengungen möglichst zu vermeiden und sich in kühlen Räumen aufzuhalten. Wenn Sie schlecht schlafen, sollten Sie sich bezüglich allgemeiner Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafhygiene (abends
nur leichte Mahlzeiten, kein Alkohol, kühles Schlafzimmer, usw.) beraten lassen, bevor Sie in
Absprache mit Ihrem Arzt zu Medikamenten greifen.
Studien haben gezeigt, dass körperliches Training, insbesondere mit Ausdauersportarten, das subjektive Wohlbefinden deutlich verbessern kann. Geeignet sind z. B. Radfahren, Schwimmen oder
Laufen. Weitere Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Belastbarkeit sind physiotherapeutische und ergotherapeutische Übungen.
Fatigue – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2,3
Auslösefaktoren
• geistige und körperliche Anstrengungen
• Hitze (hohe Außentemperaturen, Sauna)
• akute mentale oder emotionale Stresssituationen
Symptome
• ungewöhnlich stark ausgeprägte geistige und / oder körperliche
Erschöpfbarkeit, schon bei geringen Belastungen
• Tagesmüdigkeit
Diagnose
• subjektive Beurteilungsskalen zum Ausmaß der Müdigkeit und den damit
Therapie
• regelmäßige Ruhepausen, ggf. Yoga und Entspannungstraining
verbundenen Einschränkungen in Alltag und Beruf, z. B. Fatigue Severity
Scale (FSS) oder modifizierte Fatigue-Impact-Scale (MFIS)
• Verbesserung der Schlafhygiene
• psychologische Therapie, wie Verhaltenstherapie, SelbstmanagementProgramme
• Vermeidung von Hitze, ggf. Abkühlung z. B. mit Hilfe von Kühlakkus oder
Kühlwesten
• körperliches Training, vor allem Ausdauersportarten
• Rehabilitationsmaßnahmen, z. B. Physio- oder Ergotherapie einschließlich
Energieeffizienztraining
• Medikamente (besonders bei ausgeprägter Tagesmüdigkeit)
33
Störungen der Sexualität
Störungen der Sexualfunktion treten insbesondere im späteren Krankheitsverlauf der MS auf.
Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Frauen klagen meist über mangelnde Libido, verminderte Sensibilität und Schmerzen im Genitalbereich. Bei Männern stehen die erektile Dysfunktion
(Erektionsstörung), Ejakulationsstörungen und eine nachlassende Libido im Vordergrund.1
Zusätzlich zu den oben genannten primären sexuellen Störungen bestehen sehr häufig sekundäre
Störungen, die infolge anderer MS-Symptome auftreten. Zu nennen sind hier vor allem einschießende Muskelkrämpfe, Paresen, Sensibilitätsstörungen, Schmerzen, Blasen- und Darmstörungen,
Fatigue und Nebenwirkungen verschiedener Medikamente.
Als tertiäre Störungen bezeichnet man Einschränkungen der sexuellen Aktivität aufgrund der
psychischen Belastungen durch MS. Störungen der Sexualität wirken sich nicht nur auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität des Patienten selbst aus, sondern betreffen, mehr als andere
Symptome der MS, auch das Zusammenleben in der Partnerschaft. Schwierigkeiten auf sexuel-
34
lem Gebiet können Konflikte oder auch eine zunehmende Entfremdung der Partner auslösen.
Besonders betroffen ist die Familienplanung. Eine psychotherapeutische Beratung oder eine
Partnertherapie ist in vielen Fällen hilfreich.
Die Behandlung sexueller Funktionsstörungen sollte daher auf allen Ebenen der MS-Symptomatik
ansetzen.
Primäre Störungen der Sexualfunktion – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
Männer
Frauen
• Erektionsstörung (Impotenz)
• Libidoverlust
• Ejakulationsstörung
• Scheidentrockenheit
• Libidoverlust
• verminderte Sensibilität im Genitalbereich
• Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
(Dyspareunie)
Diagnose
• körperliche Untersuchung beim
• körperliche Untersuchung beim Frauen-
Therapie
• Erektionsstörung
• Scheidentrockenheit
Urologen (Androloge) und Neurologen
- Hilfsmittel: Vakuumpumpen,
Penisprothesen, u. a.
- Medikamente
• ggf. Gesprächstherapie gemeinsam mit dem Partner
arzt und Neurologen
- Gleitcremes
- Medikamente
• ggf. Gesprächstherapie gemeinsam
mit dem Partner
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Kognitive Störungen
Als „kognitive Leistungen“ bezeichnet man die höheren geistigen Fähigkeiten des Menschen, die
sogenannten Hirnleistungsstörungen. Dazu gehören die Bereiche Aufmerksamkeit, Gedächtnis
und Konzentration ebenso wie die Fähigkeit, bestimmte Sachverhalte in ihrer Bedeutung zu erfassen und Schlussfolgerungen für das eigene Handeln daraus zu ziehen. Bei MS können Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit in individuell sehr variabler Ausprägung bereits früh
auftreten.
Oft beobachtet man, dass sich Hirnleistungsstörungen während eines Schubes verstärken und
anschließend wieder bessern. Zu beachten ist, dass andere Symptome wie Fatigue oder Depressionen ähnliche, meist nur subjektiv empfundene Leistungsstörungen verursachen können, ohne
dass tatsächlich Defizite bei den kognitiven Fähigkeiten vorliegen.
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Im Unterschied zur Demenz älterer Patienten ist die geistige Leistungsfähigkeit meist nur
geringgradig eingeschränkt und äußert sich vorwiegend als eine Verlangsamung des Denkens,
verbunden mit einer Störung des Kurzzeitgedächtnisses, verringerter Aufmerksamkeit und
Schwierigkeiten bei der gezielten Planung von Handlungen. Zeitliche und örtliche Orientierung
oder die Intelligenz sind gewöhnlich nicht betroffen.
Die Therapie beruht in erster Linie auf regelmäßigen, gezielt eingesetzten Übungsprogrammen,
z. B. für Aufmerksamkeit und Gedächtnis und der Vermittlung von Kompensationsstrategien.
Interessant ist, dass man eine Besserung der kognitiven Symptomatik unter erfolgreichen
immunmodulatorischen Therapien mit Interferon-beta beobachtet hat.2
Kognitive Störungen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
• Störungen des Gedächtnisses, der Aufmerksamkeit und Konzentration
• Einschränkungen bei exekutiven Funktionen, z. B. Planen und gezieltes Handeln
• Einschränkungen bei visuell-konstruktiven Leistungen, z. B. Zeichnen
geometrischer Figuren
• Verlangsamung im Denken und im Erfassen von Informationen
Diagnose
• psychometrische Testverfahren zur quantitativen und qualitativen Messung von
Defiziten bei den höheren geistigen Leistungen (Screening-Tests wie PASAT, SDMT
oder FST)
• computergestützte neuropsychologische Untersuchungsverfahren
• Ausschluss einer depressiven Störung
Therapie
• störungsspezifisches kognitives Training, z. B.
- computergestütztes Aufmerksamkeitstraining
- Gedächtnistraining
• Vermittlung von Kompensationsstrategien, ggf. Einsatz von Hilfsmitteln wie No-
tizbücher, Kalender, technische Erinnerungshilfen (Terminfunktion an Armbanduhr
oder Handy)
• Behandlung häufiger Begleitstörungen, z. B. Depressionen
37
Depressionen
Depressionen sind bei MS überdurchschnittlich häufig. Die Diagnose MS stellt naturgemäß eine äußerst belastende Stresssituation
dar. Die meisten Patienten sind noch jung
und stehen am Beginn ihrer beruflichen
Karriere oder planen mit ihrem Partner die
Gründung einer Familie. Plötzlich haben sie
Zukunftsängste, weil sie nicht wissen, inwieweit die Krankheit ihr Leben und ihre Planungen verändert.2
Sprechen Sie über Ihre Sorgen: mit Angehörigen, einem guten Freund oder einem
professionellen Helfer, z.B. mit der MS-Schwester, dem Hausarzt oder behandelnden
Neurologen.
Es ist wichtig, dass Sie Strategien entwickeln, um mit einer chronischen Erkrankung wie MS
leben zu können. Dazu muss vielleicht auch einiges in der bisherigen Lebensplanung neu
überdacht werden. Sobald die ersten Schritte zur Krankheitsbewältigung erfolgreich getan
sind, bessert sich oft die Stimmungslage wieder.
Bleibt eine gedrückte Stimmung über mehr als zwei Wochen bestehen, dann sollten Sie
unbedingt mit Ihrem Arzt sprechen. Es könnte sich um eine behandlungsbedürftige Depression
handeln, die mit Antriebs- und Interesselosigkeit, Durchschlafstörungen sowie möglicherweise
Lebensüberdruss verbunden ist. Hier ist professionelle Hilfe erforderlich. Notwendig ist eine
vorübergehende medikamentöse Behandlung, ergänzt durch psycho­therapeutische Verfahren.
Sie selbst können viel zur Stabilisierung Ihres Gemütszustandes beitragen: Verkriechen Sie
sich möglichst nicht, sondern reden Sie mit einer vertrauten Person. Gehen Sie weiter Ihrem
Beruf nach und nehmen Sie am sozialen Leben teil. Treiben Sie Sport und pflegen Sie Ihre
Hobbys. All dies steigert Ihr Selbstwertgefühl und ermöglicht Ihnen, trotz MS ein erfülltes,
abwechslungsreiches Leben zu führen.
38
Depressionen – Grundlagen, Diagnose und Therapie 1,2
Symptome
• dauerhafte Niedergeschlagenheit
• Schlafstörungen
• unbegründete Schuldgefühle
• Unfähigkeit, Freude oder Trauer zu empfinden
• Tagesschwankungen mit morgendlichem Tiefpunkt
• depressive Wahnvorstellungen
(z. B. Verarmungswahn, Sinnestäuschungen)
• Ängste und Panikattacken
• Vegetative Symptome (Appetitlosigkeit)
• Todesgedanken
Diagnose
• Gespräch mit Haus- oder Facharzt (Neurologe/Psychiater, Psychologe)
• ggf. subjektive Beurteilungsskalen zu Schweregrad und Ausmaß der
Beeinträchtigung in Alltag und Beruf
Therapie
• Gesprächstherapie
• psychotherapeutische Verfahren, z. B.
-Coping-Strategien
- Stressbewältigungs- und Entspannungstechniken
- kognitive Verhaltenstherapie
• Medikamente
39
Literatur
DGN / KKNMS Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Multiplen Sklerose.
Online-Version, Stand: 9.8.2012
Freier Download unter www.awmf.org
1
Multiple Sklerose Konsensus Gruppe (MSTKG): Symptomatische Therapie der Multiplen
Sklerose. Nervenarzt 2004 [Suppl 1] 75: S2–S39
Freier Download unter DOI 10.1007/s00115-004-1771-y
2
„A subjective lack of physical and / or mental energy that is perceived by
the individual or caregiver to interfere with usual and desired activities“
in: Multiple Sclerosis Council for Clinical Practice Guidelines (1998).
Fatigue and Multiple Sclerosis. Washington, DC:
Freier Download unter www.pva.org
3
Lamprecht S: Neuroreha bei multipler Sklerose: Physiotherapie - Sport - Selbsthilfe.
Thieme Verlag, 2008. ISBN: 978-3-13-144741-8
4
Weiterführende Literatur
Bethke F, Schipper S: Ganzheitliche Therapie der Multiplen Sklerose.
dmv Deutscher Medizin Verlag, Münster, 2008. ISBN 978-3-936525-08-3
Haupts M, Schipper S: Unsichtbare Symptome der Multiplen Sklerose.
dmv Deutscher Medizin Verlag, Münster, 2010. ISBN 978-3-936525-46-5
Henze T (Hrsg): Multiple Sklerose: Symptome besser erkennen und behandeln.
W. Zuckschwendt Verlag, 3. Auflage 2013. ISBN: 978-3-863710-86-6
Symptomatische Therapie bei MS: Informationsbroschüre des DMSG-Bundesverbandes,
erhältlich bei:
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e. V., Küsterstr. 8, 30519 Hannover
oder unter www.dsmg.de
Bei der DMSG sind zahlreiche weitere Broschüren zu einzelnen Symptomen erhältlich.
Weihe W: Warum die Multiple Sklerose besser ist als ihr Ruf.
Carl Gustav Carus Verlag, 3. Auflage 2014, ISBN 978-3-93337-80-71
40
Wo finde ich Hilfe?
Wenn Sie eines dieser Symptome bei sich beobachten, sollten Sie zunächst Ihren behandelnden
Hausarzt oder Neurologen ansprechen. Bei bestimmten Organfunktionsstörungen wird dieser Sie
zu einem Spezialisten überweisen, zum Beispiel einem Facharzt für Urologie oder HNO.
Ansprechpartner für Störungen im Bereich der Sexualität sind Frauenärzte und auf Andrologie
(Männerheilkunde) spezialisierte Urologen. Bei psychischen Problemen, Konflikten in der Partnerschaft oder der Familie, bei Schwierigkeiten, die Diagnose MS anzunehmen oder um Strategien
zur Krankheitsbewältigung zu entwickeln, finden Sie kompetente Hilfe bei einem Psychologen,
Psychotherapeuten oder Psychiater.
Weiterführende Literatur zum Thema MS und Symptome sowie wichtige Kontaktadressen finden
Sie auf dieser und den folgenden Seiten.
Novartis Pharma GmbH
Roonstraße 25
90429 Nürnberg
EXTRACARE-Servicehotline: 0 800-987 00 08
(gebührenfrei Mo.–Fr.: 8.30–18.30 Uhr)
Informationen rund um das Thema MS
www.ms-und-ich.de
Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft
Bundesverband e. V.
Küsterstr. 8
30519 Hannover
Telefon: 0511 9 68 34-0
Fax: 0511 9 68 34-50
www.dmsg.de
41
Weitere wichtige Adressen und Websites
Bundesarbeitsgemeinschaft
für Rehabilitation
Solmsstraße 18
60486 Frankfurt am Main
Telefon: 069 605 018-0
E-Mail: [email protected]
www.bar-frankfurt.de
Deutsches Bündnis gegen Depression e. V.
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
der Universität Leipzig
Semmelweisstraße 10
04103 Leipzig
Telefon: 0341 97-24585
E-Mail: [email protected]
www.buendnis-depression.de
DGSS – Deutschen Gesellschaft für
Sozialwissenschaftliche Sexualforschung
Gerresheimer Straße 20
40211 Düsseldorf
Telefon: 0211 354 591
E-Mail: [email protected]
www.sexologie.org
GNP – Gesellschaft für Neuropsychologie
Nikolausstraße 10
36037 Fulda
Telefon: 0661 90196-65
E-Mail: [email protected]
www.gnp.de
www.HandicapX.com
Suchmaschine für Menschen mit Behinderungen, die einen leichten Zugang zu Informationen rund um das Thema der MS verschafft.
42
www.kontinenz-gesellschaft.de
Website der Deutschen Kontinenzgesellschaft mit ausführlichen Infos zu Harn- und
Stuhlinkontinenz.
www.msif.org/de/
Die Website der Multiple Sclerosis International Federation (MSIF) bietet weitreichende
Infos zum Thema MS u.a. auch zu den Symptomen der MS (auch in Deutsch).
www.neurologienetz.de
Fachliche Informationen aus dem Bereich
Neurologie.
Stiftung Deutsche Depressionshilfe
Dr. Christine Rummel-Kluge
Semmelweisstraße 10
04103 Leipzig
Telefon: 0341 9724-493
E-Mail: [email protected]
www.deutsche-depressionshilfe.de
Informationszentrum für Sexualität
und Gesundheit e. V. (ISG)
Universitätsklinikum Freiburg, Abt. Urologie
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg im Breisgau
Telefon: 0180 555 84 84 (14 ct/min aus dem
Festnetz, Mobilfunk max. 42 ct/min)
(Mo. u. Mi.: 16–18 Uhr u. Fr. 10–12 Uhr)
E-Mail: [email protected]
www.isg-info.de
PRO FAMILIA Bundesverband
Stresemannallee 3
60596 Frankfurt am Main
Telefon: 069 26 95 77 90
E-Mail: [email protected]
www.profamilia.de
43
Weitergehende Informationen
finden Sie im Internet unter:
www.ms-und-ich.de
Falls Sie Fragen haben, steht Ihnen unser
EXTRACARE-Servicecenter gerne zur Verfügung.
EXTRACARE-Servicehotline:
0 800-987 00 08
(gebührenfrei
Mo. bis Fr. von 8.30 bis 18.30 Uhr)
E-Mail:
[email protected]
07 / 2014
Novartis Pharma GmbH
Roonstraße 25
90429 Nürnberg
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