296 7.2 Ringe von Brüchen, Lokalisierung, Quotientenkörper Wir verallgemeinern zunächst die Bildung von Q aus Z als Menge der Äquivalenzklassen von Brüchen ganzer Zahlen. Dazu bemerken wir, daß folgendes leicht nachgerechnet werden kann: 7.2.1 Satz Ist 0 6= R ein kommutativer Ring mit Eins und N ⊆ R ein Teilmonoid von (R∗ , ·) (d. h. N ist multiplikativ abgeschlossen, also eine Unterhalbgruppe, und N enthält das Einselement von R), dann gilt: • Folgende Relation auf R × N ist eine Äquivalenzrelation: (r, n) ∼ (r0 , n0 ) :⇐⇒ ∃ n00 ∈ N : n00 (rn0 − r0 n) = 0. • Die Menge [R × N ]∼ der entsprechenden Äquivalenzklassen [r, n]∼ := [(r, n)]∼ , ist zusammen mit den Verknüpfungen [r, n]∼ + [r0 , n0 ]∼ := [rn0 + r0 n, nn0 ]∼ und [r, n]∼ · [r0 , n0 ]∼ := [rr0 , nn0 ]∼ ein kommutativer Ring mit dem Einselement [n, n]∼ und dem Nullelement [0, n]∼ , sowie mit den additiven Inversen −[r, n]∼ = [−r, n]∼ . Die Teilmenge N heißt dabei die Nennermenge. 7.2.2 Beispiele Ist R 6= 0 ein kommutativer Ring mit Einselement, dann sind R∗ , E(R) und R\I, für jedes Primideal I geeignete Nennermengen. Beispiele sind also Z∗ , {1, −1}, und Z\(p), für Primzahlen p. 3 7.2.3 Hilfssatz N sei eine Nennermenge gemäß 7.2.1. Es gilt: • Die Abbildung f : R → [R × N ]∼ , r 7→ [rn, n]∼ ist ein Ringhomomorphismus mit f (N ) ⊆ E([R × N ]∼ ). • Ist R ein Integritätsbereich, dann ist f sogar injektiv, und wir haben eine Einbettung R ,→ [R × N ]∼ , r 7→ [rn, n]∼ von R. Wir können in diesem Fall das Element [rn, n]∼ durch r ersetzen. Die oben angegebene Äquivalenzrelation vereinfacht sich zu (r, n) ∼ (r0 , n0 ) :⇐⇒ rn0 − r0 n = 0, das Element [r, n]∼ ist demnach durch den Bruch nr ersetzbar. Der so aus [R×N ]∼ entstandene Ring heißt Ring der Brüche von R mit Nennermenge N . Wir bezeichnen ihn mit B(R, N ). 7.2. RINGE VON BRÜCHEN, LOKALISIERUNG, QUOTIENTENKÖRPER297 Beweis:Übungsaufgabe. Das bekannteste Beispiel ist natürlich Q := B(Z, Z∗ ), der Körper der rationalen Zahlen. Die herausragende Eigenschaft dieses Ringes der Brüche ist seine Universalität (Übungsaufgabe): 7.2.4 Satz Ist R ein Integritätsbereich, N eine Nennermenge in R, dann ist die Einbettung R ,→ B(R, N ) universell bzgl. der Klasse F der (Ring mit 1)-Homomorphismen von R in Ringe R0 mit Einselement und der Eigenschaft f (N ) ⊆ E(R0 ), sowie der Klasse L der Ring-mit-Eins-Homomorphismen. 7.2.5 Definition (lokale Ringe) Ein Ring R heißt lokaler Ring, wenn R genau ein maximales Ideal besitzt. • 7.2.6 Satz Ist R ein Integritätsbereich, P ein Primideal in R, dann ist der Ring der Brüche B(R, R\P ) ein lokaler Ring. Beweis: Wir zeigen daß das Ideal (nachprüfen!) o np I := p ∈ P, n ∈ R\P n genau aus den Nichteinheiten von B(R, R\P ) besteht: a. a n 6∈ I ⇒ a 6∈ P ⇒ b. I 3 p n n a Einheit, etwa ∈ B(R, R\P ) ⇒ p n · a n0 a n Einheit. = 1 ⇒ pa = |{z} nn0 , ein Widerspruch. |{z} ∈P ∈R\P Als Menge aller Nichteinheiten ist dieses Ideal maximal. Umgekehrt besteht jedes maximale Ideal aus Nichteinheiten, liegt also in I und ist deshalb gleich I. 2 7.2.7 Beispiel Der Ring der Brüche B(Z, Z\(p)) 3 ist lokal, falls p eine Primzahl ist. 7.2.8 Satz Ist R Integritätsbereich, dann ist der Ring der Brüche B(R, R∗ ) ein Körper, der sogenannte Quotientenkörper von R. 298 Beweis: Das Nullideal ist Primideal, also ist, nach 7.2.6, B(R, R∗ ) lokal und dessen Nullideal ist maximal, enthält also alle Nichteinheiten. Demnach ist B(R, R∗ ) Schiefkörper und wegen der Kommutativität auch ein Körper. 2 Das klassische Beispiel hierfür ist natürlich wieder Q := B(Z, Z∗ ), der Körper der rationalen Zahlen. Ein weiteres Beispiel ist — für jeden Körper K — der Körper K(x) := B(K[x], K[x]∗ ) der rationalen Funktionen in einer Unbestimmten x. Entsprechendes gilt für mehrere Variable x0 , x1 , . . . xn−1 .