Zentrale Sensitisierung als Grundlage chronischer Schmerzen

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Zentrale Sensitisierung als Grundlage
chronischer Schmerzen
Prof. B. Radanov
Klinik Wilhelm Schulthess
Lengghalde 2
8008 Zürich
Ziele der Präsentation
1. Was ist zentrale Sensitisierung
2. Ist zentrale Sensitisierung überprüfbar bei
chronischen Schmerzen
3. Präsentation von zwei empirischen Studien
4. Konsequenzen für die Behandlung
chronischer Schmerzen
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Nozizeption und Schmerzempfindung
(Zusammengefasst nach Besson JM. Lancet 1999;353:1610-5)
Periphere Läsion = "Inflamationssuppe"
(u.a. Substanz-P, Bradykinin, Prostaglandine, Cholezystokinin, Bombesin)
zum Thalamus
GABAGABA-erges
Neuron
opioiderges
Neuron
Aδ- und C-Faser
A∂A∂-Faser
WDRWDRNeuron
C-Faser
Nozizeption —> Schmerzempfindung
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Von Nozizeption zum Schmerzerleben
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Gate-Control-Theorie (Melzack & Wall 1965/83)
Modulation des nozizeptiven Impulses
5HT
Hemmende
Modulation
NE
GABA
Opi
WDR
Neuron
Exzitatorische Modulation
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Serotonin (5HT)
Norepinephrin (NE)
5HT und NE
regulieren
Stimmung
Affekt
Schlaf
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Psychologische Symptome der Schmerzpatienten
Peebles JE et al.*
Breit gestörtes psychologisches Profil (SCL-90-R).
Eine gemischte affektive Störung.
Psychologisches Profil nicht unterschiedlich bei
verschiedenen Schmerzsyndromen.
* Spine, 2001
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Störung der hemmenden Modulation
“Wind-up” - Kern der zentralen Sensitisierung
5HT
Hemmende
Modulation
NE
GABA
Opi
WDR
Neuron
Exzitatorische Modulation
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Zentrale Sensitisierung resultiert aus
biologischen Veränderungen im
Zentralnervensystem, welche u.a. zur
Folge haben, dass die nicht-nozizeptiven
Impulse Schmerzen erzeugen, oder
Schmerzen wegen Spontanaktivität
einzelner Neuronen(gruppen) entstehen.
Zentrale Sensitisierung führt zu zahlreichen
Veränderungen auf Rückenmarksniveau
Mögliche Konsequenzen
1.
2.
3.
4.
5.
Nicht-nozizeptive Impulse erzeugen Schmerz
Störungen der sympathischen Aktivität
Motorische Störungen
Vasomotorische Störungen
Trophische Störungen und Ödembildung
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1. Studie - Neurophysiologische Mechanismen
der chronischen Schmerzen bei WAD
14 Patienten:
46.4±10.1 Jahre
Chr. Schmerzen nach HWS-Distorsion
14 Freiwillige: 41.6±6.5 Jahre
schmerzfrei, keine HWS-Distorsion
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Schmerzschwelle - Elektrische Stimulation
mA 10
repetitive Stimuli
einfache Stimuli
repetitive Stimuli
9
8
7
Schmerzschwelle
6
5
4
3
2
1
Nacken
Bein
transkutane stimulation
Patienten
Nacken
Bein
Nacken
Bein
intramuskuläre Stimulation
Freiwillige
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Schmerzschwelle - Hitzestimulation
oC
55
50
45
Schmerztoleranzschwelle
n.s.
40
n.s.
35
30
Nacken
Patienten
Bein
Freiwillige
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Symptom Check Liste-90-R
Somatisat Unsicherh
Ängstl
Phobie Psychotizism
Zwanghaft Depression Aggressiv Paranoia
GSI
t-Wert
60
55
50
45
40
0.05
Patienten
n.s. n.s. n.s. n.s.
Freiwillige
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NEO-FFI
Neurotizismus
t-Wert
Offenheit
Extraversion
Gewissenhaftigkeit
Verträglichkeit
60
55
50
45
40
Patienten
Freiwillige
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Zusammenfassung der Resultate bei WAD
1. Schmerzschwelle bei Patienten mit signifikant tieferen
Stimuli (intramuskulär und transkutan, einfach und repetitiv)
2. Schmerzschwelle für Hitzestimulation: Keine signifikanten
Unterschiede zwischen Patienten und Freiwilligen
Curatolo M. et al. Clin J Pain 2001
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2. Studie - Patienten und Methode*
Drei Gruppen
• W 27 Patienten mit
chronischen Schmerzen
nach HWS-Distorion
• F 22 Patienten mit
Fibromyalgie
• C 29 schmerzfreie Personen
(Kontrollgruppe)
Elektrophysiologie
Oberflächliche Reizung im Bereich des N. suralis dex.
Reflexantwort-Schwelle für einfache und repetitive Stimulation
Reflex-Antwort (EMG) vom M. rectus und biceps femoris
* Banic B et al. (submitted)
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Resultate Elektrophysiologie
Reflex Threshold in Fibromyalgia Patients
Reflex Threshold in Whiplash Patients
30
25
W
C
20
W
15
10
5
p=0.024
0
C
C
single
Reflex Threshold (mA)
Reflexschwelle (mA)
Reflexschwelle (mA)
Reflex
Threshold (mA)
35
30
25
Type of Stimulus
Legende: - W: HWS-Distorsion
- C: Kontrollgruppe*
C
20
F
15
10
5
p=0.001
p=0.035
repeated
F
p=0.046
0
single
repeated
Type of Stimulus
Legende: - F: Fibromyalgie
- C: Kontrollgruppe*
*Kontrollgruppen-Grösse verschieden wegen Geschlechtsunterschiede der Patientengruppen
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Offenbaechler M et al.*
Polimorphismus des Serotonin Transporter Gens
in Fibromyalgie als Grundlage für affektive Störungen
dieser Patientinnen.
* Arthritis Rheum 1999
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Symptom Check Liste-90-R
t-Wert
80
Somatisat Unsicherh
Ängstl
Phobie Psychotizism
Zwanghaft Depression Aggressiv Paranoia
GSI
75
70
65
60
55
Fibromyalgie
HWS-Distorsion
Kontrollgruppe
50
45
40
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NEO-FFI
Neurotizismus
t-Wert
Extraversion
Offenheit
Gewissenhaftigkeit
Verträglichkeit
60
55
50
45
40
HWS-Distorsion
Fibromyalgie
Kontrollgruppe
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Schlussfolgerungen
1. Bei Patienten mit chronischen Schmerzen
nach HWS-Distrosion und FibromyalgiePatienten lässt sich eine Hyperexzitabilität
des Rückenmarkes objektiv nachweisen.
2. Psychologische Dysbalance lässt als
Grundlage eine mangelnde Modulation durch
deszendierende Systeme (NE+5HT) annehmen.
3. Hyperexzitabilität erklärt die Schmerzen auch
bei nichtnozizeptiven Stimuli.
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Konsequenzen für die Behandlung
Therapie der chronische Schmerzen ausschliesslich
mit Analgetika ist unzureichend.
Affektive Störungen sind nicht nur als nachweisbare
Phänomenologie zu beachten.
Die Beeinflussung der neurobiologischen Grundlagen
der affektiven Störungen öffnet wichtige
therapeutische Perspektiven.
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