Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz Der Beginn der Lebensmittelkette: Aktuelle Befunde aus der ante mortemUntersuchung von Schlachtgeflügel Dr. Mirjam Jasper LK Celle 1 Gliederung Vortrag Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz 1. Einleitung 2. rechtliche Grundlagen 3. ante mortem-Untersuchung im Herkunftsbetrieb 4. Einsichtnahme in vorhandene Dokumente 5. Inaugenscheinnahme der Herde ohne Kontakt 6. Inaugenscheinnahme der Herde mit Kontakt 7. ante mortem-Untersuchung auf dem Schlachthof 8. Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung 9. Zusammenfassung, Ausblick Dr. Mirjam Jasper 2 Einleitung Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • ante-mortem Untersuchung = Schlachttieruntersuchung (SU) • SU beim Geflügel = Herdenuntersuchung • das einzelne Tier tritt zunächst in den Hintergrund • Besonderheit Geflügel vs. Säugetier • Die SU erfordert die Einbeziehung der tierschutzrechtlichen Grundlagen und eine Prüfung des Wohlbefindens der Tiere • Ggf. zu erfolgende Maßnahmen können dieselbe Herde betreffen (Hauptfang) oder den nächsten Mastdurchgang • Die “Integration” sollte nicht nur die “Erzeugerschiene” vernetzen, vielmehr muss die amtliche Überwachung mit integriert werden Dr. Mirjam Jasper 3 Einleitung Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Das bedingt den Informationsaustausch resp. die Vernetzung unter den praktischen, amtlichen und Amtstierärzten • Die zukünftige risikoorientierte visuelle Fleischuntersuchung wird die klassische Untersuchungsmethode Adspektion Palpation Incision ablösen, Voraussetzung dafür ist eine standardisierte und umfangreiche SU • Es müssen Standards und Checklisten erarbeitet werden, um ein kongruentes Vorgehen gewährleisten zu können • Das amtliche Überwachungspersonal muss für eine einheitliche Vorgehensweise entsprechend geschult werden Dr. Mirjam Jasper 4 Rechtliche Grundlagen Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Anh. II Abschnitt III der VO (EG) Nr. 853/2004 (LM-Ketteninformation) • Anh. III, Abschn. II, Kap. I, II und IV der VO (EG) Nr. 853/2004 (Beförderung von lebenden Tieren, Vorschriften für Schlachthöfe, angemessene Bedingungen für SU) • Art. 5 i.V. m. Anh. I Abschn. I, Kap. II der VO (EG) Nr. 854/2004 • Anh. I Abschn. I und II der VO (EG) Nr. 854/2004 • Anh. I Abschn. IV, Kap. V der VO (EG) Nr. 854/2004 (SU Geflügel) • Anh. I Abschn. IV, Kap. X der VO (EG) Nr. 854/2004 (Gesundheitsbescheinigung) • Anlage 7 (zu § 10 Abs. 1) Tier-LMHV (LM-Ketteninformation) • Tierschutzgesetz i.V. m. Abschnitt 4 der Tierschutznutztierhaltungsverordnung TierSchNutzV (Abschnitt Hühner) Dr. Mirjam Jasper 5 ante mortem-Untersuchung im Herkunftsbetrieb Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz Integration Großeltern-/ Elterntierherden Brüterei Futtermittel Fütterungsarzneimittel Mäster/ aktuelle Herde Stallklimafaktoren Umweltfaktoren verordnete Arzneimittel Historie des Betriebes, bisheriges Verhalten des Mästers Dr. Mirjam Jasper Haustierarzt 6 Einsichtnahme in vorhandene Dokumente Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz Allgemeine Daten: • Datum der geplanten Schlachtung, Vorgriff-/Hauptfang • Auswertungen vorangegangener Mastdurchgänge, Transporte • relevante Änderungen/Neuerungen (z.B. Vertrag), Mastbericht, Stalltagebuch, Anzahl & Art der Besucher, Reparaturen • Tag der Einstallung, Angabe der Rasse / Hybridkreuzung, Anzahl der Eintagsküken, Herkunft der Küken • prozentuale und kumulative Mortalitätsrate (ggf. Morbiditätsrate), Anzahl verendeter und getöter Tiere, “Nichtstarter”, Einsichtnahme in Kontrollprotokoll des Mästers (mind. 2 Rundgänge / Tag / Stall) • Futterregime (Lieferlisten, eigenes Futter, Art, Anwendung und Dauer der Fütterungs-AM), Wartezeit, Ergänzungsmittel (ätherische Öle) Dr. Mirjam Jasper 7 Einsichtnahme in vorhandene Dokumente Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Wasserregime (Einsatz von Trinkwasserdesinfektionsmitteln) Leistungsdaten: • Mastgeflügel: tägliche Gewichtszunahme /Tier, resp. errechnetes Mastendgewicht • Legehennen: Verlauf und Ende der Legeperiode, Eintritt der Mauser • Zuchtgeflügel: Verlauf und Ende der Zuchtperiode, Beginn Mauser • Einblick in die jeweilige Leistungskurve Untersuchungen, Impfungen, Behandlungen: • behandelnder Tierarzt, Befunde, Diagnosen, Labor- und Untersuchungsergebnisse, ggf. Antibiogramme, Nachweis über durchgeführte Resistenzteste, Einsatz von Reserve - Antibiotika • Angaben über eingesetzte AM, Dauer der Anwendung, Angabe der Wartezeit, Nachweis über durchgeführte Impfungen Dr. Mirjam Jasper 8 Einsichtnahme in vorhandene Dokumente Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Ggf. Vorliegen meldepflichtiger Tierkrankheiten (Samonellose, Gumboro, ILT usw.) • Gab es zwischen Vorgriff und Hauptfang behandlungswürdige Erkrankungen, wurde behandelt, wird die WZ zum Hauptfang eingehalten? • Wenn nicht behandelt wurde, gab es Gründe (Tierwohl)? Weitere beeinflussende Faktoren für mögliches Leistungsdefizit • Heizung • Lüftung, ggf. Planung Zusatzlüftung für Ausstallung in warmer Jahreszeit • Licht, Lichtregime • Einstreuqualität, Probleme im Mastdurchgang Dr. Mirjam Jasper 9 Inaugenscheinnahme der Herde ohne Kontakt Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Zunächst Generalblick auf die gesamte Herde • Verhalten, Vitalität • Verteilung im gesamten Stall, in Bezug auf Futter und Tränkelinien und der Haltungsform Intensiv, extensiv, Sondermodelle • Homogenität der Herde • Gefiedermerkmale (Sauberkeit, “Struppigkeit”, abgespreizte Flügel) • Bei Farmanlagen Vergleich zwischen Stallanlagen und gewonnenen Erkenntnissen herstellen, ggf. Gespräch mit Mäster suchen Dr. Mirjam Jasper 10 Inaugenscheinnahme der Herde mit Kontakt Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Alle epidemiologischen Stalleinheiten sind zu kontrollieren! • Bewertung des Verhaltens der Tiere nach Eintritt, Kontrolle und Bewertung der Ausscheidungen • Beurteilung der Futter -/Wassereinrichtungen im Kontext zur Einstreu • Kontrolle und Bewertung der Einstreu (an verschiedenen Stellen im Stall), bei Vorliegen mangelhafter Einstreu (Kotmatte ist keine Einstreu), stichprobenhafte Beurteilung der Fußballen, ggf. weitere Gelenke und den Brustbereich prüfen • Beurteilung der Lüftungsverhältnisse (Verhalten der Tiere spielt dabei wichtige Rolle), Luftzirkulation, • Kontrolle und Bewertung der NH3-Konzentration • Beurteilung der Lichtverhältnisse Dr. Mirjam Jasper 11 Inaugenscheinnahme der Herde mit Kontakt Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Kontrolle und Bewertung der Stalltemperatur • Kontrolle und Bewertung der Luftfeuchtigkeit, • Anzahl moribunder / toter Tiere im Stall Dr. Mirjam Jasper 12 ante mortem-Untersuchung auf dem Schlachthof Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz Voraussetzungen: • Die SU sollte gem. EU-Recht eigentlich auf dem Schlachthof stattfinden, die SU kann für den Herkunftsbetrieb genehmigt werden • Gesundheitsbescheinigung ist älter als 3 Tage (mancherorts >72 h) • fehlende Gesundheitsbescheinigung Grundsätzlich andere Bedingungen als im Herkunftsbetrieb: • Tiere haben Fang, beengten Transport und mehrfaches auf - und abladen hinter sich, sind nüchtern • Eingeschränkter Untersuchungsbereich (blaues Licht, schlechte Einsichtnahme in Käfige, Zuhilfenahme von Taschenlampe) • Es ist (k)ein physiologisches Verhalten feststellbar Bewertung Dr. Mirjam Jasper 13 ante mortem-Untersuchung auf dem Schlachthof Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Ermittlung der Homogenität der Herde im Kontext zu den mitgelieferten Papieren • Ermittlung der „Sauberkeit“ der Herde, Lautäußerungen • Ermittlung von Verletzungen, Transporttoten, umgedrehten Tiere Prüfung der mitgelieferten Papiere auf Plausibilität und Vollständigkeit • Schwerpunkt Mastbericht, LM-Ketteninformation, Gesundheitsbescheinigung ggf. weitere Informationen (TRACES) Dr. Mirjam Jasper 14 Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Nach Prüfung der Identität der Tiere und der schriftlichen Aufzeichnungen • Nach Interpretation der vorliegenden Laborergebnisse • Nach Screening über Wohlbefinden der Tiere, ggf. Durchführung einer Lebenduntersuchung Schlachtfreigabe • Schlachtaufschub bei unvollständigen Papieren und offensichtlichen Fehlern, bis Sachverhalt geklärt ist Heilung • Schlachtversagung bei vorliegen klinischer Symptome einer Krankheit gem. Anh. I, Abschn. IV Kap. V VO (EG) Nr. 854/2004, nach Ermittlung der Anzahl der Symptomträger in Korrelation zu Charakter der Erkrankung Dr. Mirjam Jasper 15 Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung Dr. Mirjam Jasper Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz 16 Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung Dr. Mirjam Jasper Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz 17 Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung Dr. Mirjam Jasper Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz 18 Bewertung, Erteilung Schlachtfreigabe, Versagung der Schlachtung Dr. Mirjam Jasper Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz 19 Zusammenfassung, Ausblick Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz • Die ante mortem Untersuchung gehört in den Herkunftsbetrieb und muss standardisiert werden, Papiere sollten vollständig bei der SU vorliegen. • Bei hohen Verlusten müssen die Tierärzte am Schlachthof genaue Informationen bekommen • Visuelle risikoorientierte FU erst nach Festlegung weitergehender Verfahren • Austausch zwischen Tierärzten muss verbessert werden • Schulung und Qualifizierung der beauftragten/amtlichen Tierärzte muss einheitlich sein, z.T. deutlich verbessert werden • Rückspielung von Daten und daraus resultierende Folgen müssen von zuständigen Behörden in Betrieben überwacht werden Dr. Mirjam Jasper 20 Amt für Veterinärangelegenheiten und Verbraucherschutz Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und freue mich auf eine anregende Diskussion! Dr. Mirjam Jasper 21