Thermodynamik II

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Formel X – Leistungskurs Physik
2005/2006
Erster Hauptsatz der Thermodyamik
für geschlossene Systeme
Prof. Dr.-Ing. G. Wilhelms
System:
Wir betrachten ein Fluid (Bild 1, Gas oder Flüssigkeit), das sich in einem Zylinder
befindet, der durch einen Kolben verschlossen ist.
In der Thermodynamik bezeichnet man
den Gegenstand der Betrachtung als
thermodynamisches System; das was
nicht interessiert als die Umgebung. Die
Umgebung wird von dem System durch
die Systemgrenze abgegrenzt.
Kolben
Systemgrenze
1
2
Fluid
Zylinder
Bild 1 Thermodynamisches System
Da wir das Verhalten des Fluids beschreiben wollen, stellt dieses unser
thermodynamisches System dar. Wir verdeutlichen dies durch das Eintragen der
Systemgrenze (gestrichelte Linie). Zylinder, Kolben und umgebende Atmosphäre
stellen für uns die Umgebung dar.
Geschlossenes System:
Wir nehmen an, dass die Abdichtung zwischen Kolben und Zylinderwand so gut ist,
dass an dieser Stelle kein Fluid entweichen kann. Dann ändert sich bei einer
Zustandsänderung die Masse des Fluids nicht.
m1 = m2 = m = const
(Gl 1)
Ein System für das dies gilt, bezeichnet man als ein geschlossenes System.
Wir ändern nun den Zustand des Systems, indem wir den Kolben gegen den Druck
des Fluids in den Zylinder drücken. Die Masse des Fluids ändert sich dabei nicht
(Annahme: geschlossenes System). Das Volumen, das dem Fluid zur Verfügung
steht, wird kleiner. Damit nimmt die Dichte des Fluids zu:
ρ=
m
.
V
(Gl 2)
Man bezeichnet diese Zustandsänderung daher als Verdichtung oder als
Kompression.
Quasistatische Zustandsänderung:
Wir fordern weiter, dass sich unser thermodynamisches System zu allen Zeiten im
Gleichgewicht befindet. Wenn wir das Eigengewicht des Fluids vernachlässigen,
bedeutet dies, dass zu jedem Zeitpunkt an allen Orten des Fluids derselbe Druck
(mechanisches Gleichgewicht) und dieselbe Temperatur (thermisches Gleichgewicht)
herrschen und die Fluidteilchen sich nicht bewegen, also ruhen.
Bei einer Zustandsänderung, die im Allgemeinen mit einer Änderung des Druckes
und der Temperatur verbunden ist, kommt es zu einer Störung dieses
Gleichgewichtszustandes. Wir nehmen an, dass die dadurch hervorgerufenen
Ausgleichsvorgänge im Inneren des Systems viel schneller ablaufen als die
Zustandsänderung selbst. Die Zustandsänderung also als Folge von
Gleichgewichtszuständen betrachtet werden kann. Man spricht bei dieser
Modellvorstellung von einer quasistatischen Zustandsänderung.
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Formel X – Leistungskurs Physik
2005/2006
Erster Hauptsatz der Thermodyamik
für geschlossene Systeme
Prof. Dr.-Ing. G. Wilhelms
Volumenänderungsarbeit:
Um das Volumen des Gases zu verringern, oder mit anderen Worten, um den Kolben
gegen den Druck des Fluids in den Zylinder zu drücken, muss Arbeit aufgewandt
werden, die dem Fluid zugeführt wird und die die im Fluid gespeicherte Energie
erhöht.
Diese Arbeit berechnet sich als Arbeit der Druckkräfte, mit denen das Fluid gegen
den Kolben drückt. Sie wird als Volumenänderungsarbeit bezeichnet.
Mit der Kolbenfläche A berechnet sich die
resultierende Druckkraft des Fluids zu Fp = pA. Wird
der Kolben um den Weg ds in den Zylinder gedrückt
verrichtet diese Kraft die Arbeit:
G G
dW = F ⋅ ds
dW = −Fp ⋅ ds
dW = − pA ds
ds
p
Bild 2
.
.
Mit der Volumenänderung dV = A ds und durch Aufsummieren der Arbeitsbeiträge
über die ganze Zustandsänderung
von 1 → 2 berechnet sich die
Volumenänderungsarbeit zu:
2
Wv12 = − ∫ p dV .
(Gl 3)
1
Bei einer Kompression ist dV negativ, die Volumenänderungsarbeit also positiv. Dem
System wird Arbeit zugeführt. Bei einer Volumenvergrößerung (Expansion) ist dV
positiv, die Volumenänderungsarbeit also negativ. Das System gibt Arbeit ab.
Dissipationsarbeit:
1
2
Ist
das
Fluid
zäh,
kann
neben
der
Volumenänderungsarbeit dem Fluid auch noch
Arbeit zugeführt werden, indem man es durch
Rühren in Bewegung setzt. Diese Arbeit wird durch
Reibung zwischen den Fluidteilchen im Fluid
dissipiert und erhöht wieder die im System
Bild 3 Dissipationsarbeit
gespeicherte Energie.
Dissipationsenergie kann einem System nur zugeführt werden, sie ist immer postitiv.
Gesamtarbeit:
Die ingesamt an einem geschlossenen System verrichtete Arbeit bezeichnet man als
Gesamtarbeit:
Wg12 = Wv12 + Wdiss12
2
.
(Gl 4)
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Erster Hauptsatz der Thermodyamik
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Wärme:
Neben Arbeit kann einem System auch Energie in Form von Wärme zugeführt
werden.
Wärme ist die Energie, die allein aufgrund eines Temperaturunterschiedes zwischen
System und Umgebung über die Systemgrenze tritt.
Ist die Umgebungstemperatur größer als die Temperatur des Systems fließt Energie
in Form von Wärme in das System (die Wärme ist positiv) ist die
Umgebungstemperatur kleiner als die Temperatur des Systems, fließt Energie in
Form von Wärme aus dem System (die Wärme ist negativ). Voraussetzung hierfür ist
aber, dass die Systemgrenze durchlässig für Wärme ist. Die Modellvorstellung, dass
die Systemgrenze vollständig undurchlässig für Wärme ist, bezeichnet man als
adiabate Systemgrenze.
Erster Hauptsatz für geschlossene Systeme:
Mit den besprochenen Größen können wir nun den 1. Hauptsatz für ruhende,
geschlossene Systeme aufstellen.
Der erste Hauptsatz macht die Aussage, dass sich die in einem System gespeicherte
Energie genau um den Betrag der über die Systemgrenze fließenden Energie ändert.
Einem geschlossenen System kann Energie in Form von Volumenänderungsarbeit,
Dissipationsenergie und Wärme zugeführt werden, und es ändert sich die in dem
geschlossenen System gespeicherte Energie, die als innere Energie bezeichnet
wird:
Wv12 + Wdiss12 + Q12 = U2 - U1
(Gl 5)
Auf der linken Seite des Ersten Hauptsatzes stehen die über die Systemgrenze
fließenden Energien. Sie hängen von dem Verlauf der Zustandsänderung ab und
werden daher als Prozessgrößen bezeichnet. Man erkennt sie daran, dass im Index
der Ausgangs- und der Endzustand der Zustandsänderung genannt wird. Auf der
rechten Seite steht die Änderung der im System gespeicherten Energie.
Gespeicherte Energien sind Zustandsgrößen. Die Änderung der inneren Energie
berechnet sich als Differenz der Energie im Zustand 2 um im Zustand 1. Im Index
steht nur der Ausgangs- oder der Endzustand.
Nutzarbeit und Verschiebearbeit:
Die von den Druckkräften des Fluids bei der Verschiebung des Kolbens verrichtete
Arbeit, die Volumenänderungsarbeit, unterteilt man in die Nutzarbeit Wn12 und die
Verschiebearbeit Wu12:
Wv12 = Wn12 + Wu12
(Gl 6)
Die Nutzarbeit ist der Anteil der Volumenänderungsarbeit, der über die
Kolbenstange übertragen wird.
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Die Verschiebearbeit ist der Anteil, der gegen den Umgebungszustand übertragen
wird.
Zur Herleitung betrachten wir die Kräfte, die am Kolben angreifen:
An der Kolbenstange greift die Kraft FK an,
FK
v=0
von außen wirkt auf die Kolbenoberfläche
der Umgebungsdruck und von innen der
pb
Druck des Fluids. Die Haftungskräfte, die
p
ds
von der Zylinderwandung auf den Kolben
ausgeübt werden, sowie das Eigengewicht Bild 4 Gleichgewicht am Kolben
des Kolbens sollen vernachlässigt werden. Aus dem Kräftegleichgewicht folgt für den
Druck des Fluids:
∑F
is
=0:
FK + pb A = pA
⋅ds
i
d V = A ds
FK ds + pb dV = p dV
Eingesetzt in die Definitionsgleichung der Volumenänderungsarbeit folgt:
2
2
2
Wv12 = − ∫ p dV = − ∫ FK ds − ∫ pb dV
1
1
1
Wn12
(Gl 7)
Wu12
Aus dem Vergleich mit der Gleichung 6 folgt für die Nutzarbeit:
2
Wn12 = − ∫ ( p − pb ) dV .
(Gl 8)
1
Unter der Annahme eines konstanten Umgebungsdruckes pb = const folgt für die
Verschiebearbeit:
Wu12 = − pb (V2 − V1 ) .
(Gl 9)
Bei einer Expansion kann nur ein Teil der abgegebenen Volumenänderungsarbeit als
Nutzarbeit an der Kolbenstange abgegeben werden der andere Teil muss zum
Verschieben der Umgebung aufgewendet werden.
Bei einer Kompression muss nur ein Teil der erforderlichen Volumenänderungsarbeit
über die Kolbenstange aufgebracht werden, den Rest liefert die Umgebung, die mit
hilft den Kolben zu verschieben.
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für geschlossene Systeme
Aufgabe 1
Prof. Dr.-Ing. G. Wilhelms
/ÜB A 2.3/
HS 1-9
In einem Zylinder befindet sich Luft, die durch einen konstant belasteten Zylinder auf
einen Druck von 200 kPa gehalten wird. Durch Zufuhr von 200 kJ Wärme vergrößert
sich das Volumen der Luft reversibel um 100 l.
Wie groß ist die Änderung der inneren Energie?
Aufgabe 2
/LB B 2.1/
HS 1-1
In einem adiabaten Zylinder von 500 l befindet sich ideales Gas, dessen Druck durch
einen konstant belasteten Kolben auf 0,2 MPa gehalten wird. Dem Gas wird die
Dissipationsenergie Wdiss12 = 0,2 kW h zugeführt, wobei sich die Temperatur von 18
°C auf 600 °C erhöht. Der Umgebungsdruck beträgt 98 kPa.
a) Wie groß ist die abgeführte Volumenänderungsarbeit?
b) Um welchen Wert ändert sich die Energie des Systems?
c) Wie groß ist die an die Umgebung abgegebene Verschiebungsarbeit?
d) Wie groß ist die an der Kolbenstange abgegebene Nutzarbeit?
Aufgabe 3
/ÜB A 2.5/
HS 1-10
In einem Druckbehälter befindet sich 1 kmol eines idealen Gases bei einer
Temperatur von 20 °C. Das Manometer zeigt einen Druck von 400 kPa an. Der
Umgebungsdruck beträgt 101,3 kPa. Ri = 4122 J/(kg K).
a) Wie groß ist das Behältervolumen?
b) Wie groß ist das spezifische Volumen des Gases?
Durch reversible Zufuhr von 623,6 kJ Wärme steigt der Druck im Behälter. Das
Manometer zeigt nun eine Druck von 485,5 kPa an.
c) Wie groß ist die Änderung der inneren Energie des Gases?
Aufgabe 4
/ÜB B 2.1/
HS 1-11
2
Eine Glaskapillare mit einer inneren Querschnittsfläche von 5 mm ist auf der einen
Seite zugeschmolzen und auf der anderen Seite durch einen 10 cm langen
Quecksilberfaden (ρ Hg = 13 590 kg/m3) verschlossen. Der von der Glaskapillaren und
dem Quecksilber begrenzte Raum ist mit Stickstoff (ideales Gas) gefüllt. Der
Umgebungsdruck beträgt 98 kPa, die Umgebungstemperatur 22 °C. Ri = 296,8 J/(kg
K).
a) Liegt die Kapillare waagerecht, beträgt die Länge des eingeschlossenen
Gasvolumens 50 cm. Berechnen Sie für diese Lage die Dichte des Gases (tGas =
tamb).
b) Die Glaskapillare wird nun senkrecht gestellt mit der zugeschmolzenen Seite
nach unten. Welche Länge hat nun das eingeschlossene Gasvolumen (tGas = tamb)?
In der senkrechten Lage wird nun die Temperatur des Gases um 78 K erhöht.
c) Welche Länge hat nun das eingeschlossene Gasvolumen?
d) Wie groß ist die verrichtete Volumenänderungsarbeit?
5
e) Welche Arbeit wird am Quecksilber verrichtet?
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Lösungen:
U2 − U1 = 180 kJ
1)
2)
3)
4)
a)
Wv12 = −200 kJ
b)
U2 − U1 = −520 kJ
c)
Wu12 = −98 kJ
d)
Wn12 = −102 kJ
a)
V = 4,862 m3
b)
v = 2,41 m3 /kg
c)
U2 − U1 = 623,6 kJ
a)
ρ1 = 1,1187 kg/m3
b)
l 2 = 44,01 cm
c)
l 3 = 55,64 cm
d)
Wv 23 = −0,0647 J
e)
Wn23 = −0,007752 J
7
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