Chronischer Husten im Kindes

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Fachkurzinformation siehe Seite 50
SERIE PÄDIATRIE
Chronischer Husten
im Kindes- und
Jugendalter
VIER KRANKHEITSBILDER
sind bei nahezu 90% der Patienten
ursächlich verantwortlich. Eine
sorgfältige Anamnese liefert meist
die entscheidenden Hinweise.
HUSTEN ist einer der häufigsten Gründe für einen Besuch beim
Kinder- und Jugendfacharzt (s. Tab. 1). Husten ist ein Abwehrreflex und ein wichtiges Warnsymptom. Er reinigt die großen
Atemwege von Sekreten oder Fremdkörpern. Die schützende
Wirkung des Hustens zeigt sich, wenn der Hustenreflex unterdrückt wird, wie bei einer Narkose. Dadurch können Infektionen
begünstigt werden.
Je nach Dauer wird der Husten eingeteilt in
akuten selbst limitierenden Husten (bis 3 Wochen)
subakuten intermediären Husten (3 bis 8 Wochen)
chronisch persistierenden Husten (über 8 Wochen)
WIE ENTSTEHT DER HUSTEN?
Auslöser können viele mechanische, toxische oder entzündliche
Reize sein. Werden Hustenrezeptoren in der Schleimhaut des
Rachens oder der Atemwege durch diese Irritantien aktiviert,
kommt es meist zu mehreren Hustenanfällen.
Der RAR – rasch adaptierender Rezeptor – reagiert auf Zigaretten, saure und alkalische Reize, niedrig oder hoch konzentrierte
Salzlösungen, pulmonale Stauung (beim Linksherzversagen),
auf Obstruktion der kleinen Atemwege bei Allergien und Verlegung der Atemwege (Atelektasen).
Der SAR – langsam adaptierender Rezeptor (Chemosensoren) –
wird durch Bradykinin, Prostaglandine, Arachidonsäure (das sind
entzündliche Botenstoffe), Capsaicin (im Pfeffer enthalten) und
durch Wasserstoffionen gereizt. Bei längerem Husten kann sich
die Zahl dieser Rezeptoren vermehren und damit den Hustenreiz
verstärken. Bei chronischem Husten reagieren die Betroffenen
daher oft stärker auf Husten auslösende Faktoren. Experimentelle Untersuchungen untermauern die Bedeutung der Überträgerstoffe für den Hustenreiz. Entzündungsaktivierende Substanzen
in der Schleimhaut verstärken den durch Capsaicin induzierten
Hustenreiz.
Der Husten hat auch eine wesentliche zentrale (neurologische)
Komponente. Nervenfasern vereinigen sich über den N. vagus
im Hirnstamm. Über ein „Hustenzentrum“ (Hustengenerator)
wird der Reiz über Nervenfasern zurückgeleitet und aktiviert die
Tab. 1: WIE HÄUFIG IST HUSTEN?
Die angegebenen Zahlen variieren sehr stark. Das ist auf unterschiedliche Fragebögen
und Methodik der Studien zurückzuführen. Zwischen 9 und 33% der Befragten in
Europa und Amerika waren von Husten geplagt. In Seattle haben 7,2% von 2.397 Kindern (Alter 11–15 Jahre) gehustet. Eine starke Assoziation bestand vor allem bei bestehendem Asthma und zusätzlicher Rauchexposition. Tabakrauchexposition in der Wohnung ist ein Risikofaktor für Kinder, um mit einem chronischen Husten zu reagieren.
Raucher haben ein zumindest dreifach erhöhtes Risiko, chronisch zu husten.
© Landes-Frauen- und Kinderklinik Linz
Tab. 2: SELTENE DIAGNOSEN BEI HUSTEN
peripheren Schleimhautrezeptoren. Der
Husten kann aktiv über dieses Hustenzentrum unterdrückt werden. Auch durch den
Schlaf wird der Hustenreiz herabgesetzt.
Magnetresonanz-Untersuchungen zeigen
eine Aktivierung unterschiedlicher Hirnzentren beim experimentell durch Capsaicin ausgelösten Husten.
Fazit: Husten kann sowohl peripher durch
Reizung der Rezeptoren als auch über das
zentrale Hustenzentrum ausgelöst werden.
KRANKHEITSURSACHEN
Für nahezu 90 Prozent der Patienten mit
chronischem Husten sind vier Krankheitsbilder verantwortlich. In 18 Prozent finden
sich mehr als ein Auslöser für den chronischen Husten.
Asthma: Husten, oft nur in der Nacht,
kann das einzige Symptom für ein Asthma
sein. Verstärkter Husten bei Belastung ist
ein weiterer Hinweis. Auch beim Fehlen
der sonst für das Asthma typischen Atemnot muss bei chronischem Husten ein
Asthma ausgeschlossen werden.
Chronische Bronchitis: Es gibt viele Auslöser für eine chronische Bronchitis. Neben
dem Rauchen sind es berufsbedingte Reizstoffe, Bronchiektasien (durch chronische
Entzündungen erweiterte Bronchien),
Medikamente (ACE-Hemmer) und die
eosonophile Bronchitis. Letztere wird als
Asthmavariante gesehen. Die Diagnose
erfolgt über den Nachweis allergischer
Entzündungsparameter im Speichel bzw. in
der Bronchialschleimhaut.
Bösartige Erkrankungen der Lunge:
• Fehlbildungen in der Lunge
• Lungengerüsterkrankungen (Lungenfibrose ...)
• Herzerkrankungen
• Umwelteinflüsse (z.B. Exposition mit reizenden Substanzen am Arbeitsplatz)
• Fremdkörperaspiration
• Tuberkulose
• Mukoviszidose
• Abwehrschwäche (angeboren oder erworben)
• psychogene Ursachen (vokale Tics)
10 bis 15% der Patienten mit chronischem
Husten fallen in diese Gruppe. All diese
Patienten zeigen eine verstärkte Reaktion
auf eine Reizung mit dem vorher erwähnten Capsaicin. Versuchsweise Inhalationen
mit einem Kortikoid reduzieren den Hustenreiz. Allergietests bleiben negativ.
Die COPD mit Schlafstörungen, morgendlicher Müdigkeit, Leistungsabfall, chronischem Husten und Atemnot ist häufig Folge dieser nicht adäquat behandelten
Erkrankungen. Bei dieser Folgeerkrankung ist der Husten wieder mit Abstand
das häufigste Symptom.
Speiseröhre ein Hustenreiz ausgelöst werden. Inhalationen mit einem den Nervus
vagus hemmenden Medikament haben
einen schützenden Effekt. Es sind aber
zusätzliche, noch nicht bekannte Faktoren
bedeutend. Magensäureblocker lösen das
Hustenproblem nicht immer.
Chronische Sinusitis und chronischer
Schnupfen (auch als Postnasal-DripSyndrom bezeichnet): Man versteht
darunter den durch chronische Sekretion,
z.B. Nebenhöhleninfektion, produzierten
Schleim an der Rachenhinterwand. Die
PatientInnen haben das ständige Bedürf-
Gastroösophagealer Reflux: Rückfluss
aus dem Magen in die Speiseröhre
(GÖR) kann in allen Altersgruppen Ursache eines
chronischen Hustens
sein. Bei Kindern
wird er als Ursache
eher überdiagnostiziert, da der
Rückfluss noch
etwas häufiger
ist. Es sollten
zusätzliche
Symptome,
wie Schmerzen
hinter
dem
Brustbein, Sodbrennen, saures
Aufstoßen etc.,
vorhanden sein (klinische Symptome wie
bei einer Speiseröhrenentzündung).
Experimentell kann durch Instillation von Magensäure in die
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nis, das Sekret mobilisieren zu müssen, und husten aus diesem
Grund. Je nach Studie sind es 6 bis 87% der Patienten, die mit
Husten einen Arzt aufsuchen. Diese großen Unterschiede ergeben
sich durch das Fehlen vergleichbarer diagnostischer Kriterien.
SELTENERE URSACHEN FÜR HUSTEN
Virale und bakterielle Atemwegserkrankungen können zu
einem mehrere Wochen dauernden postinfektiösen Husten führen.
Es wird vermutet, dass durch die Infektion die Empfindlichkeit
der Hustenrezeptoren in der Schleimhaut erhöht wird. Durch die
Schädigung der Schleimhaut liegen die Rezeptoren näher an der
Oberfläche und sind dadurch leichter reizbar.
ACE-Hemmer werden zur Blutdrucksenkung und bei Herzschwäche eingesetzt. 2 bis 33% der Patienten entwickeln einen
trockenen Husten. Dieser kann bereits nach Stunden, aber auch
nach Wochen und Monaten auftreten. Nach Absetzen muss der
Husten nicht sofort sistieren.
Sind die häufigen Ursachen als Hustenauslöser ausgeschlossen,
muss an andere Differentialdiagnosen gedacht werden (siehe Tab.
2). Sie sind zusammen für weniger als 5 Prozent der Hustenerkrankungen verantwortlich.
ABKLÄRUNG DES CHRONISCHEN HUSTENS
Der Anamnese kommt besondere Bedeutung zu. Nach all den
vorher angeführten Diagnosen muss gefragt werden (Allergien,
Medikamente, Raucher, wann und wo tritt der Husten auf, Belas-
tungshusten, Schmerzen hinter dem Brustbein, saures Aufstoßen).
Der Hustentyp ist – außer beim Keuchhusten – für die Diagnostik nicht hilfreich.
Beurteilung des ausgehusteten Sekrets: Ist es eitrig, blutig, wie viel?
Klinische Untersuchung des Nasen-Rachen-Raums und der Lunge.
Gibt es zusätzliche klinische Auffälligkeiten? Wichtig ist die
Beobachtung, auf welche Therapie es zu einer Besserung
kommt. Der Husten bei der chronischen eosinophilen Bronchitis
bessert sich durch Bronchien erweiternde Inhalationen. Inhalationen mit Ipratropiumbromid können bei einem GÖR den Husten
lindern. Beim asthmatischen Husten helfen Inhalationen mit
Betamimetika, Kortison und Ipratropiumbromid. Auch heute
noch ist der häufigste Grund für verzögerte Diagnose, dass nicht
an die ohnehin häufigsten Ursachen gedacht wird.
Für eine primäre Diagnostik reichen ein Lungenröntgen und
eine Spirometrie zur Überprüfung der Lungenfunktion. Ein Blutbild, Entzündungsparameter und bei Bedarf allergische Marker
sowie ein Allergietest ergänzen die Abklärung. Auf die Vielzahl
von Spezialuntersuchungen kann hier nicht eingegangen werden.
THERAPIE DES CHRONISCHEN HUSTENS
Gleich vorweg: Objektive Nachweise für effektive, Hustenreiz
stillende Therapien sind rar. Vorrangig ist daher die Beseitigung
bzw. Vermeidung der auslösenden Faktoren wie Rauchexposition,
Medikamente und berufsbedingte Belastungen.
Beim Asthma stehen Bronchien erweiternde Maßnahmen an erster Stelle. Inhalationen mit Kortison und/oder Betamimetika sollen innerhalb kurzer Zeit zu einer Besserung führen. Bei durch
eosinophile Bronchitis bedingtem Husten sollte eine Therapie
über 14 Tage mit Kortison Erfolg zeigen. Kommt es zu keiner
Besserung, muss nach anderen Ursachen gesucht werden. Ein
GÖR erfordert eine medikamentöse oder chirurgische Behandlung.
HUSTENREIZ STILLENDE MEDIKAMENTE
Wie schon erwähnt, beruhen die meisten Empfehlungen für Hustenmittel nicht auf einer wissenschaftlichen Evidenz (American
College of Chest Physicians).
Codein enthaltende Medikamente wirken vorwiegend über das
Hustennetzwerk im Gehirn. In geringerem Ausmaß reduzieren sie
auch die Empfindlichkeit der peripheren Hustenrezeptoren. Aufgrund des vorwiegend zentralen Ansatzes wirkt es bei akutem
Husten im Rahmen akuter Infekte nicht so gut. Ebenfalls keine
Wirkung zeigt es bei der COPD.
Dextrometorphan hat geringen Effekt bei akuten Atemwegserkrankungen, kaum bei chronischem Husten.
Opiate wirken, sind aber speziellen seltenen Indikationen vorbehalten (Malignome mit schmerzvollem Husten).
Experimentelle Ansätze gibt es für Hustenreiz stillende Medikamente. Dabei wird versucht, die den Husten fördernden Rezeptoren zu hemmen. Weiters wird versucht, die Überträgerstoffe, die
den Hustenreiz verstärken, zu blockieren. Im klinischen Einsatz
sind diese Präparate noch nicht.
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Abschließend soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass Husten unterdrücken
auch heißt, Selbstreinigungsmechanismen
der Bronchien zu hemmen. Ein erhöhtes
Infektionsrisiko ist die Folge.
Es gibt Patienten mit ineffektivem Hustenreiz. Sie haben häufiger Infektionen der
Bronchien und Lungen. Vice versa gibt es
Menschen mit primär gesteigertem Hustenreflex. Es sind dies unter anderem die
Patienten, die zu einem ACE-Hemmerassoziierten Husten neigen. In dieser Population scheint der gesteigerte Hustenreflex
vor Infektionen der Atemwege zu schützen.
ten ohne fassbare Ursache klingt der HusFazit
Husten kann sowohl peripher durch Rei- ten von selbst ab. Der Erfolg wird wahrzung der Rezeptoren oder über das zentra- scheinlich dem gerade verwendeten Hustenmittel zugeschrieben.
le Hustenzentrum ausgelöst werden.
Beim chronischen Husten stehen AbkläLiteratur beim Verfasser
rung und kausale Behandlung der für den
Husten verantwortlichen
Erkrankung im Vordergrund.
Prim. Univ.-Prof. Dr. KLAUS SCHMITT
Hustenreiz stillende MeLandes-Frauen- und Kinderklinik Linz
dikamente sollen kriVizepräsident der Österreichischen Gesellschaft
tisch gesehen und eingefür Kinder- und Jugendheilkunde
setzt werden. In den
[email protected]
meisten Fällen von Hus-
MEDIZIN
Erfolgskonzept für die
lokale Pilztherapie
SCHLÜSSELFAKTOREN: Den Behandlungserfolg bei Dermatomykosen
bestimmen eine sichere Diagnose mit kulturellem Speziesnachweis, eine
gute Therapieadhärenz und effektive Antimykotika.
DERMATOMYKOSE ist der Oberbegriff
für Pilzinfektionen der Haut, Haare oder
Nägel. „Der Hautpilz entsteht oft auf vorgeschädigter Haut und bei Vorliegen günstiger Wachstumsbedingungen sowie einer
Prädisposition, die auch genetisch bedingt
sein kann“, fasst Univ.-Prof. Dr. Angelika
Stary, Ambulatorium für Pilzinfektionen
und andere infektiöse venero-dermatologische Erkrankungen, Wien, epidemiologische Schlüsselfaktoren zusammen. „Zu
den begünstigenden Faktoren zählen vermehrtes Schwitzen, enge Kleidung oder
Schuhe, starke mechanische Belastungen,
Microsporum canis
die auch bei sportlicher Betätigung eine
Rolle spielen können, oder feuchtwarmes
Klima, wie es in den Körperfalten
herrscht. Sprosspilze gedeihen besonders
gut in Intertrigobereichen. Außer bei genetischer Prädisposition besteht auch bei
Diabetes mellitus oder Immunschwäche
ein erhöhtes Hautpilzrisiko.“
SICHERE PILZDIAGNOSTIK DURCH KULTUR
Der Befund einer Pilzinfektion sollte vor
dem Beginn einer antimykotischen Therapie unbedingt gesichert sein. Als Metho-
Tinea pedis 2. T. rubrum
den stehen die mikroskopische Beurteilung von abgeschabtem Haut- bzw. Nagelmaterial (Nativpräparat) und die Pilzkultur
(Ergebnis nach etwa 3 Wochen) zur Verfügung. Ein positiver Pilznachweis und die
Identifikation des Erregers sind für eine
systemische Behandlung erforderlich.
Voraussetzung für eine zuverlässige
Befundung ist die fachgerechte Entnahme
des Untersuchungsmaterials. Allfällige
topische Behandlungen sollten zum Zeitpunkt der Probengewinnung mindestens
14 Tage zurückliegen. Das Untersuchungsmaterial der Haut sollte von vorher gerei-
Trichophyton rubrum
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