Leseprobe Volkswirtschaftslehre Sicher, effizient und individuell den Grundstein zum Erfolg legen AKAD Home Academy ein Unternehmen der Kalaidos Bildungsgruppe Schweiz Auszug aus Lernheft Auf den folgenden Seiten finden Sie einen Originalauszug aus dem Lernheft «Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs» - Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Der Auszug ist exemplarisch für den Aufbau unserer Lernhefte. Alle unsere Lehrmittel sind speziell für das Selbststudium konzipiert. Folgende Elemente unterstützen Ihren Lernerfolg: Detailliertes Inhaltsverzeichnis, das Ihnen gleich zu Beginn des Lehrmittels einen Überblick über den Stoff und den Gedankenaufbau bietet. Lernziele, damit Sie sofort sehen, was Sie erwartet. Klar strukturierte, verdaubare Stoffeinheiten, damit Sie den Stoff Schritt für Schritt erarbeiten können. Grafiken und Abbildungen, die den Inhalt illustrieren und verdeutlichen. Beispiele, die die Zusammenhänge veranschaulichen und den Bogen in die Praxis schlagen. Kapitelzusammenfassungen, die den wesentlichen Stoff eines Kapitels auf den Punkt bringen. Kontrollfragen mit Lösungen, die der Selbstkontrolle dienen und Ihren Lernerfolg transparent machen. Nach Ihrer Anmeldung für einen Kurs oder Lehrgang erhalten Sie im Willkommenspaket eine Anleitung zu Ihrem Studium und Lerntipps. AKAD Home Academy ein Unternehmen der Kalaidos Bildungsgruppe Schweiz Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? 2.1 Was ist Geld? Haben Sie für Fr. 30.– in Ihrem Stammlokal gegessen, leider aber das Geld zu Hause vergessen, könnten Sie dem Wirt einen schön geschriebenen Zettel hinterlassen, auf dem Sie mit Ihrer Unterschrift bestätigen, dass Sie ihm Fr. 30.– schulden. Vielleicht fährt der Wirt an diesem Abend mit dem Taxi nach Hause. Kennt der Taxifahrer Sie als vertrauenswürdig, akzeptiert er vermutlich den schön geschriebenen Zettel als Bezahlung. Ist er guter Laune, sind ihm Fr. 30.– gleich viel wert wie ein Schuldschein von Ihnen. Sind Sie in der ganzen Stadt für Ihre Seriosität bekannt, kann er den Zettel sogar noch der Tankstelle weitergeben. Nach ein paar weiteren Stationen zahlt schliesslich jemand damit in Ihrem Geschäft. Der unterschriebene Zettel wurde von jenen Leuten als Geld akzeptiert, die wussten, dass andere diesen Zettel auch als Geld akzeptieren würden. Hinter dem Zettel stand Ihre Kreditwürdigkeit, die über jeden Zweifel erhaben war. Damit haben wir eine Definition von Geld: Geld ist, was als Geld akzeptiert ist. In der Schweiz sind es die Schuldscheine (Noten) der Schweizerischen Nationalbank (SNB), die über jeden Zweifel erhaben sind, in der Europäischen Währungsunion jene der Europäischen Zentralbank (EZB), in den USA jene des Federal Reserve Systems. Jedes Land hat eine Notenbank, die Geld herausgibt; man nennt sie auch Zentralbank. 2.1.1 Welche Zwecke erfüllt Geld? Da wir jeden Tag Geld benützen, sind uns seine drei Hauptzwecke geläufig: • Geld erleichtert als Zahlungsmittel den Handel in unserer stark arbeitsteiligen Wirtschaft. Der Geldstrom ermöglicht den entgegenfliessenden Strom der vielfältigsten Waren und Dienstleistungen. Geld ist Zahlungsmittel. Es ermöglicht Transaktionen, die allein mit Tausch kaum zu bewältigen wären. Foto: Keystone Hinweis Ohne Geld wäre eine moderne Volkswirtschaft undenkbar, denn Güter, Dienstleistungen und Produktionsfaktoren müssten in mühsamer Tauscharbeit gehandelt werden. So müsste z. B. ein Bauunternehmen seine Maurer und Handlanger in Naturalien bezahlen. An Zement, Ziegelsteinen und Dachträgern sind diese aber kaum interessiert. Sie wollen Nahrung, Kleider usw. Das Bauunternehmen müsste also jeden Monat Bäcker, Metzger, Bauern, Textilfabrikanten usw. finden, die bereit sind, ihre Güter gegen Leistungen des Bauunternehmens zu tauschen. Und was geschieht, wenn in einem Monat gerade kein Bäcker bauen will? – Wie kommen dann die Maurer zu ihrem Brot? 25 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? • Geld ist ein Wertmassstab. Es ermöglicht die Bewertung aller auf dem Markt gehandelten Güter. Geld ist dort das Mass aller Dinge und Dienstleistungen. Diese einheitliche Recheneinheit erleichtert die Übersicht und vereinfacht die Information auf den Märkten. Geld dient als Wertmassstab. Es ermöglicht einen einfachen Preisvergleich verschiedener Güter. Foto: Keystone • Geld ist schliesslich Wertaufbewahrungsmittel. Zwar besitzen Sie mit Geld kein Gut, dafür aber einen Anspruch auf Güter Ihrer Wahl. Dabei können Sie diese Güter jetzt erwerben oder auch erst später. Mit Geld können Sie Konsum aufsparen. Dieses Aufsparen ermöglicht Kreditgeschäfte. Das gesparte Geld leihen Sie aus. Jemand anders kann an Ihrer Stelle konsumieren oder investieren. So kann ein Unternehmen seine Produktion ausbauen, ohne vorab zu sparen. Später, wenn der Kredit zurückbezahlt wird, sind Sie an der Reihe mit konsumieren, während andere sich dafür einschränken müssen. Geld ist Wertaufbewahrungsmittel. Mit Geld kann Konsum aufgespart und zu einem beliebigen Zeitpunkt bezogen werden. Bringen Sie das Geld auf den Kapitalmarkt, kann jemand konsumieren oder investieren, bevor er dafür gespart hat. Foto: Keystone [2 - 1] Die drei Geldfunktionen Zahlungsmittel Wertmassstab Wertaufbewahrungsmittel Man bezahlt mit Geld. Geld ermöglicht den Preisvergleich verschiedener Güter. Geld kann man aufbewahrren, um zu einem späteren Zeitpunkt beliebige Güter oder Dienstleistungen zu erwerben. 26 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? 2.1.2 Welche Arten von Geld gibt es? Wie schon gesagt, hat jedes Land eine Notenbank, die Geld herausgibt. Dabei denken wir vermutlich zuerst einmal an die Münzen und an die weitaus wichtigeren Banknoten. Sie sind unser Bargeld. Daneben hat der bargeldlose Zahlungsverkehr immer stärker an Bedeutung gewonnen. Und es sieht so aus, dass Münzen und Noten bald nur noch für den täglichen Kleinbedarf und für illegale Geschäfte verwendet würden. Jeder, der über ein Bank- oder Postcheckkonto verfügt, kann mit einer Überweisung, einem Check oder einer Kontokarte zahlen. Bezahlt wird hier durch Umbuchungen von Konto zu Konto. Diese jederzeit abrufbaren Konten (man nennt sie Sicht- oder Girokonten) dienen also auch als Geld. Damit sind sie auch Geld; man nennt es Buchgeld. Die durch Sichtkonten geschaffenen Zahlungsmöglichkeiten übertreffen das Bargeld bei weitem. Während im Jahr 2002 in der Schweiz für 33 Mrd. Fr. Banknoten im Umlauf waren, standen auf den Sichtkonten von Banken und Post 193 Mrd. Fr. zur Verfügung. Neben den Sichtguthaben können noch weitere Guthaben als Geld gezählt werden: Spareinlagen mit einem Umfang von 185 Mrd. Fr. sowie Termineinlagen mit einem Umfang von 98 Mrd. Fr. Allerdings sind diese Guthaben weniger schnell abrufbar und sind deshalb weniger einfach als Zahlungsmittel verwendbar. Bei Spareinlagen gelten für höhere Beträge Kündigungsfristen, und Termineinlagen sind nur zu einem festgelegten Termin abrufbar. Neben den 33 Mrd. Fr. Bargeld der Notenbank schuf das Bankensystem mit dem Buchgeld sowie den Termin- und den Spareinlagen noch weitere 476 Mrd. Fr. Die unten stehende Grafik fasst die verschiedenen Arten von Geld zusammen – und sie führt gleichzeitig drei sehr diskret klingende Namen für Geldmengen ein: M1, M2 und M3. [2 - 2] Geldmengen in der Schweiz 2002 509 Von den Nicht-Banken verwendetes Geld (in Mrd. Fr.): Termineinlagen Laufzeit unter 4 Jahren 98 411 Spareinlagen 185 226 Buchgeld Sichtkonten bei Banken und Post Bargeldumlauf Noten und Münzen ausserhalb der Banken 193 33 M1 M2 M3 Von der Zentralbank herausgegebenes Geld: Notenbankgeldmenge Bargeld + Sichteinlagen der Banken bei der Zentralbank 27 38 Mrd. Fr. Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? • M1 ist das Geld, das sofort und jederzeit als Zahlungsmittel verwendet werden kann, also Buchgeld und Bargeld. (Wenn wir allerdings alles Buchgeld zum Geld rechnen, dann müssen wir dafür das in den Banktresoren liegende Bargeld abzählen.) Erweitern wir M1 um die Spareinlagen, erhalten wir M2. Fassen wir den Geldbegriff noch weiter und zählen zusätzlich die Termineinlagen dazu, erreichen wir M3. • • Die Geldmengen M1 bis M3 geben an, wie viel Zahlungsmittel den Haushalten und Unternehmen zur Verfügung stehen. Nun ist noch eine andere Grösse interessant, die Notenbankgeldmenge. Sie besteht aus den herausgegebenen Banknoten und den Sichtguthaben der Banken bei der Notenbank, also aus dem Geld, das die Notenbank selbst geschaffen hat und deshalb auch kontrollieren kann. Geld tritt bei uns als Bargeld (Banknoten und Münzen), als Buchgeld (Sichtguthaben bei Banken und Post) und als Spar- und Termineinlagen in Erscheinung. Man unterscheidet folgende Geldmengen: • • • • Aufgabe 1 Geldmenge M1: Bargeld und Sichtguthaben Geldmenge M2: Bargeld, Sichtguthaben und Spareinlagen Geldmenge M3: Bargeld, Sichtguthaben, Spareinlagen und Termineinlagen Notenbankgeldmenge: Bargeld und Sichteinlagen der Banken bei der Zentralbank A] Welche drei Funktionen hat das Geld? B] Spar- und Termineinlagen erfüllen eine Funktion von Geld weniger gut und eine besser als Bar- und Buchgeld. Um welche Funktionen handelt es sich? Aufgabe 7 Aufgabe 15 Kreuzen Sie an, welche der folgenden Positionen zur Geldmenge M1, M2 bzw. M3 gehören. M1 M2 M3 A] Termineinlagen 0 0 0 B] Sparheft 0 0 0 C] Münzen im Portemonnaie 0 0 0 D] Ausländische Banknoten in Ihrer Kasse 0 0 0 E] Guthaben auf dem Postcheckkonto 0 0 0 F] Noten bei den Banken 0 0 0 In den Jahren vor dem Sturz des Regimes Ceauçescu lag die Wirtschaft Rumäniens am Boden. Es bildete sich ein Schwarzmarkt, auf dem man mit der offiziellen Landeswährung nichts kaufen konnte. Bezahlt wurde unter anderem mit (West-)Zigaretten wie Marlboro oder Camel. Kann man bei einer solchen «Zigarettenwährung» überhaupt von Geld sprechen? – Prüfen Sie, ob die Voraussetzungen, die wir an Geld gestellt haben, erfüllt sein können. 28 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? 2.2 Wie kommt Geld in Umlauf? 2.2.1 Wie schafft die Notenbank Geld? Beginnen wir wieder mit dem Bargeld: Gedruckte Banknoten stapeln sich zunächst einmal in den Tresoren der Zentralbank. Von dort gelangen sie ins Wirtschaftssystem, wenn die Notenbank damit etwas kauft oder wenn sie damit Kredite vergibt – und zurück in die Tresore fliessen die Noten, wenn die Zentralbank etwas verkauft oder wenn ihre Kredite zurückbezahlt werden. Konkret gibt es vier Wege, auf denen das geschehen kann: • • An- und Verkauf von ausländischen Währungen: Die Notenbank wechselt eigenes Geld gegen ausländische Währungen. – Kauft sie fremdes Geld, gelangen die ausgegebenen Franken in den Wirtschaftskreislauf. – Verkauft sie ausländische Währungen gegen Franken, fliesst Schweizer Geld zurück in die Zentralbanktresore. Es ist damit dem Wirtschaftssystem entzogen. An- und Verkauf von Wertpapieren: Die Notenbank kauft oder verkauft inländische oder ausländische Wertpapiere. – Kauft sie Wertschriften und zahlt mit ihrem Geld, kommt Geld in Umlauf. – Verkauft sie dagegen Wertschriften gegen eigenes Geld, zieht sie damit Geld wieder ein. Handelt die Zentralbank mit Wertschriften und fremden Währungen, spricht man von Offenmarktpolitik, weil sie auf «offenen» Märkten kauft und verkauft. • • Notenbankkredite an die Banken: Die Notenbank leiht Geld an Banken aus, und zwar gegen einen Zins. – Je niedriger der Zinssatz, den die Zentralbank verlangt, desto mehr Geld beziehen die Banken, um es an Kunden weiter zu verleihen. – Und je höher der Zins der Zentralbank, desto weniger Geld kommt über die Banken in Umlauf.1] Notenbankkredite an den Staat: Schliesslich kann die Zentralbank dem Staat Geld leihen, wenn er weniger einnimmt, als er ausgibt. – Sobald der Staat das geliehene Geld ausgibt, gelangt neues Geld in Umlauf. – Und zahlt der Staat später das Geld der Zentralbank zurück, wird Geld aus dem Verkehr gezogen. In vielen Staaten wurden und werden immer noch Staatsausgaben mit neuem Geld der Zentralbank finanziert – mit welchen Folgen sehen wir gleich im nächsten Kapitel. Die Schweizerische Nationalbank darf jedoch keine langfristigen Kredite an den Staat vergeben. Bei allen vier Wegen spielt die gleiche Logik: Geld gelangt in Umlauf, wenn die Notenbank mit ihrem Geld etwas kauft (fremde Währungen, Wertschriften) oder wenn sie Kredite vergibt (an Banken, den Staat). Und zurück in ihre Tresore holt die Notenbank das eigene Geld, wenn sie etwas verkauft und wenn ihr Kredite zurückbezahlt werden. 1] Die Schweizerische Nationalbank steuert ihre Geldmenge heute vor allem über Repurchase Agreements, RepoGeschäfte: Dabei kauft die SNB von einer Bank Wertpapiere und vereinbart gleichzeitig, dass die Wertpapiere zu einem späteren Zeitpunkt zurückgekauft werden. Die Bank erhält somit während der Laufzeit des Geschäfts ein Darlehen in Franken, für das sie einen Zins bezahlt, den Repo-Zins. Für die Dauer des Repo-Geschäfts erhöht sich die Notenbankgeldmenge; nach Ablauf des Geschäfts sinkt sie wieder, falls die SNB das Repo-Geschäft nicht erneuert. Seltener übernimmt die SNB von den Banken auch fremde Währungen (Devisenswap) oder vergibt Kredite gegen die Hinterlegung von Wertpapieren (Lombardkredit). 29 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Statt mit Banknoten kann natürlich auch die Notenbank bargeldlos bezahlen oder sich bezahlen lassen: • • Kauft z. B. die Schweizerische Nationalbank einer Bank eine Million $ ab, wird die Bank den Gegenwert selten in Bündeln von Tausendfrankennoten haben wollen. Vielmehr wird der Gegenwert in Schweizer Franken auf ihrem Sichtkonto bei der SNB gutgeschrieben. Jede inländische Bank hat nämlich ein Sichtkonto bei der Notenbank. Ob die Bank nun Bargeld erhält oder ob ihre Sichteinlagen bei der Notenbank steigen, ist egal. In beiden Fällen erhält sie Notenbankgeld, das sie in Form von Krediten an Kunden weitergeben kann. Verkauft umgekehrt die Notenbank einer Bank fremdes Geld, zahlt die Bank mit Geld aus ihrem Sichtkonto. Wir sehen, wie eine Bank Notenbankgeld erhält – sei es in Form von Bargeld oder Sichtguthaben. Deshalb verstehen wir im Prinzip, wie die Notenbank mit Hilfe von Devisengeschäften, Krediten an Banken und Wertpapiergeschäften die Notenbankgeldmenge erhöht oder verringert. Doch damit steuert sie nur einen kleinen Teil des gesamten Geldes. Konzentrieren wir uns darum zum Schluss dieses Abschnitts auf die übrigen Geldarten, die nicht von ihr, sondern vom Bankensystem geschaffen werden. Hier stellen sich vor allem zwei Fragen: Wie schöpfen die Banken dieses Geld und hat die Notenbank auch auf dieses Geld einen Einfluss 2.2.2 Wie schöpfen die Banken Geld? Zahlen Sie beispielsweise am Bankschalter Fr. 5 000.– auf Ihr Sichtkonto ein, verschwindet das Geld zwar in einem fremden Tresor, doch weil Sie jederzeit mit dem Sichtkonto zahlen können, verfügen Sie genau über diesen Betrag. Heben Sie wieder Geld ab, haben Sie mehr Bargeld und dafür weniger Buchgeld. Eigentlich ist noch nicht viel Interessantes geschehen. Banken spielen im Geldbereich einer Volkswirtschaft eine zentrale Rolle. Mit ihrem Kreditfachgeschäft vermehren sie das Geld der Zentralbank um ein Vielfaches. Foto: RDB Es haben aber Tausende wie Sie Sichtkonten eröffnet und es gibt Tausende von Einzahlungen und Auszahlungen – und es liegen Millionen von Franken in den Banksafes. Nun weiss jede Bank aus Erfahrung, dass nicht alle Kunden zur gleichen Zeit ihre Konten vollständig leeren. Damit ist nur ein Teil des einbezahlten Geldes nötig, um allen Kunden gegenüber zahlungsfähig zu bleiben. (Nehmen wir für unser einfaches Beispiel einmal an, die Reserve müsse etwa 10 % betragen.) Der andere Teil (etwa 90 %) kann als Kredit verliehen werden. 30 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? So kann die Bank Ihnen Zahlungsmöglichkeiten von Fr. 5 000.– offen halten und gleichzeitig Fr. 4 500.– (= 90 % von Ihren Fr. 5 000.–) als Kredit weitergeben. Jetzt hat die Bank die Zahlungsmöglichkeiten vermehrt, sie hat zusätzliches Geld geschaffen! Mit den ausgeliehenen Fr. 4 500.– speist der Kreditnehmer das eigene Sichtkonto, er begleicht Schulden, indem er Geld auf Sichtkonten seiner Gläubiger überweist, oder er macht einen Einkaufsbummel, worauf sich die Sichtkonten der Kleider- und Photogeschäfte erhöhen. Und nach dem gleichen Prinzip können die Banken all dieser Sichtkonten das neu erhaltene Geld zum grössten Teil weiterverleihen. Fr. 450.– (10 % von 4 500) bleiben in den Banksafes, und Fr. 4 050.– (90 % von 4 500) werden weiterverliehen. Auch das Geld aus diesen Krediten wird wieder auf Sichtkonten einbezahlt und ermöglicht weiteren Banken, Kredite zu geben, mit denen weitere Sichtkonten erhöht werden usw. Zwar verschwindet Bargeld in den Banksafes und wird dort als Reserve stillgelegt, doch alle Kredite zusammen schaffen Zahlungsmöglichkeiten, welche die Barreserven der Banken stark übersteigen. 2.2.3 Wie kontrolliert die Notenbank das Geld der Banken? Auch auf das Buchgeld, die Spargelder und die Termineinlagen kann die Notenbank einen gewissen Einfluss nehmen – im Prinzip sogar einen zweifachen: • Die Banken schaffen ihr Geld ja auf der Basis des Geldes, das die Notenbank herausgegeben hat (in unserem einfachen Beispiel Banknoten, doch taugen dafür auch Guthaben der Banken bei der Notenbank). Wenn also die Notenbank diese Basis verringert, verringern sich auch die Möglichkeiten der Kreditvergabe der Banken – und umgekehrt. Mindestreservenpolitik: Weiter kann die Notenbank das Verhältnis der Notenbankgeldmenge zum Kreditvolumen mitbestimmen. Sie kann den Banken Vorschriften machen über ihre Mindestreserven an Notenbankgeld. Bei einer kleinen Reserve können die Banken einen grossen Teil der erhaltenen Gelder wieder ausleihen – bei einer grösseren Reserve dagegen bleibt den Banken ein kleinerer Rest für die Kreditvergabe. Damit könnte die Notenbank das Wachstum der von den Banken gewährten Kredite ihren Zielen entsprechend begrenzen. Allerdings ist dieses Instrument sehr ungenau und ist in der Schweiz seit 1977 nicht mehr angewendet worden. • Wie viel Geld im Umlauf ist, bestimmt in hohem Masse die Notenbank. Die Notenbank bestimmt, wie viel eigenes Geld (Notenbankgeld) sie herausgibt. VWS104DIBAe.eps Notenbank Euro L $ Yen ausl. Währungen, Wertpapiere, Kredite Franken in Umlauf Akt Obl CHF CHF Kre Kre CHF CHF Das Geld der Notenbank kommt in Umlauf, wenn sie für ihr Geld • • 31 ausländische Währungen und Wertpapiere kauft sowie den Banken und dem Staat (gegen Zins) Kredite vergibt. Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Entsprechend entzieht die Notenbank der Wirtschaft Geld, wenn sie VWS104DOBAde.eps Notenbank Euro $ ausl. Währungen, Wertpapiere, Kredite Franken in Umlauf Yen CHF Akt Obl CHF CHF Kre Kre CHF CHF • • ausländische Währungen und Wertpapiere verkauft und dafür eigenes Geld zurückerhält sowie wenn Banken und der Staat Kredite zurückzahlen. Nur noch indirekten Einfluss hat die Notenbank darauf, wie ausgiebig Banken Kredite vergeben. Sie kann die Kreditvergabe einschränken, indem sie vorschreibt, wie gross das Verhältnis der Kredite zu den Bankreserven sein muss. Aufgabe 23 Welche Geldarten gibt es und wer schafft sie? Aufgabe 2 Auf welchen vier Wegen kann neues Zentralbankgeld in Umlauf gelangen? Aufgabe 8 Die englische Notenbank möchte die Geldmenge verringern. Welche der folgenden Massnahmen sind dafür geeignet? A] Sie erhöht die Notenbankzinsen. B] Sie verkauft den Banken Dollars. C] Sie verkauft an der Börse Obligationen. D] Sie lässt sich von der Regierung einen Kredit zurückzahlen. E] Sie schreibt den Banken kleinere Mindestreserven vor. F] Sie kauft an der Börse Aktien. 2.3 Was heisst Inflation? Es gehört zu einer Marktwirtschaft, dass die Preise für einzelne Güter fallen und für andere, die knapper werden, steigen. Wir beobachten, dass die Preise für Compact-Discs fallen und die Preise für Fahrstunden steigen. Daneben erleben wir aber immer wieder Zeiten, in denen die Mehrheit der Preise steigt. Eine solche generelle Preissteigerung nennt man Inflation, Teuerung oder auch Geldentwertung – und sinkt das allgemeine Preisniveau spricht man von einer Deflation. Wann verändern sich nur einzelne auffällige Preise und wann das ganze Preisniveau? Um das festzustellen, müssen wir die Preisentwicklung möglichst vieler Güter erfassen und die durchschnittliche Preisbewegung berechnen. Diese Arbeit übernimmt in der Schweiz das Bundesamt für Statistik. Es verfolgt regelmässig die Preisänderungen und veröffentlicht laufend drei Indexreihen: 32 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? 1. 2. 3. Landesindex der Konsumentenpreise: Er zeigt, wie sich die Preise jener Güter entwickeln, die in einem Privathaushalt hauptsächlich gebraucht werden. Index der Produzentenpreise: Er zeigt die Preisentwicklung von wichtigen Inlandwaren beim Verlassen der Fabrik sowie von Importwaren. Preisindex für das gesamte BIP: Ihn haben wir schon im vorhergehenden Kapitel 1 angetroffen. Am direktesten betroffen sind die meisten Leute von der Teuerung der Güter des täglichen Gebrauchs. Die öffentliche Diskussion dreht sich darum vor allem um den Landesindex der Konsumentenpreise. Wenn wir davon lesen, dass die Inflation sich verstärkt oder abgeschwächt hat, dann bezieht sich diese Aussage auf das Ansteigen dieses Indexes. Er hat unter anderem Einfluss auf Lohnverhandlungen und auf die Anpassungen von Altersund Invalidenrenten. Um den Index der Konsumentenpreise zu berechnen, muss man zuerst wissen, wofür genau die Konsumentinnen und Konsumenten ihr Geld ausgeben. Darum werden die Ausgaben von 2000 verschiedenen Haushalten untersucht. Ziel sind die Konsumausgaben, also die Ausgaben nach Abzug von direkten Steuern, Unterhaltsbeiträgen oder Geldspenden. Das Resultat ist ein «Warenkorb», der die Konsumausgaben eines durchschnittlichen Privathaushaltes repräsentiert. Danach geben wir heute etwa 13 % für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren aus, etwa 5 % für Bekleidung und Schuhe, 26 % für Miete und Heizung oder 13 % für Gesundheit und Körperpflege. Diese Ausgabenstruktur verändert sich ständig. So gab man vor 40 Jahren noch 36 % für Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren aus. Und auch innerhalb der einzelnen Gruppen verändert sich natürlich das Gewicht einzelner Waren und Dienstleistungen, zudem gibt es immer wieder neue Güter und alte verschwinden. Um die reine Preisentwicklung zu erfassen, wird aber für eine gewisse Zeit ein konstant gleicher Warenkorb angenommen. Früher wurden nur für die Revision des Indexes (1926, 1950, 1966, 1977, 1982 und 1993) die Zusammensetzung und die Gewichtung des Warenkorbes neu erhoben. Monatlich wurden dann immer nach dem gleichen Gewichtungsschema die Preise von etwa 1 500 verschiedenen repräsentativen Konsumgütern (Waren und Dienstleistungen) erhoben und daraus der Gesamtindex berechnet. Die Preise der folgenden Jahre wurden dann im Verhältnis zum Basismonat (z. B. Mai 1993) ausgedrückt. Mit der Revision des Jahres 2000 wird hier allerdings eine Neuerung eingeführt: Die Zusammensetzung des Warenkorbs wird nun nicht mehr über Jahre konstant gehalten, sondern alle zwölf Monate aktualisiert. Die Resultate, die die Lohnverhandlungsrunden der ganzen Schweiz überzeugen müssen, finden wir in der folgenden Tabelle und der zugehörigen Grafik: 33 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Jahr Zusammenfassender Index 1990 = 100 Zunahme gegenüber dem Vorjahr Basis Sept. 1977 = 100 1977 99.7 65.8 1.3 % 1978 100.8 66.5 1.0 % 1979 104.4 68.9 3.6 % 1980 108.6 71.6 4.0 % 1981 115.7 76.6 6.5 % 1982 122.2 80.6 5.7 % 1983 125.8 100.9 83.0 2.9 % 1984 103.9 85.4 2.9 % 1985 107.4 88.3 3.4 % 1986 108.2 89.0 0.8 % 1987 109.8 90.3 1.4 % 1988 111.8 91.9 1.9 % 1989 115.4 94.9 3.2 % 1990 121.6 100.0 5.4 % 1991 128.7 105.9 5.9 % 1992 133.9 110.1 4.0 % Basis Dez. 1982 = 100 Basis Mai 1993 = 100 1993 99.9 113.8 3.3 % 1994 100.8 114.8 0.9 % 1995 102.6 116.9 1.8 % 1996 103.4 117.8 0.8 % 1997 103.9 118.3 0.5 % 1998 104.0 118.4 0.0 % 1999 104.8 98.8 119.4 0.8 % 2000 106.4 100.3 121.2 1.3 % 2001 101.3 122.4 1.0 % 2002 102.0 123.2 0.7 % Basis Mai 2000 = 100 Der schweizerische Landesindex der Konsumentenpreise, Jahresdurchschnitte In den Spalten 2 bis 5 ist der Index mit seinem jeweiligen Basisjahr (= Index 100) angegeben. Will man aber die Preisentwicklung über längere Zeiträume zurückverfolgen, erhält man eine grobe Vorstellung, wenn man die einzelnen Zeilen verknüpft. Wir erhalten so die zusammenfassende Reihe mit dem Basisjahr 1990. In der letzten Spalte sind die Zahlen des Landesindexes so ausgedrückt, wie wir ihnen am häufigsten begegnen. Angegeben ist die prozentuale Veränderung des Indexes innerhalb eines Jahres. Halten wir uns vor Augen, was diese Prozentzahlen aussagen! 34 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Von 1991 auf 1992 ist der Index z. B. von 128.7 auf 133.9 gestiegen, was einer Zunahme von 4.0 % entspricht. Der Warenkorb ist in dieser Zeit um 4 % teurer geworden. Oder anders gesagt: Die Inflationsrate betrug 4 %. Mit Hilfe des Preisindexes kann man die Inflationsrate ganz einfach berechnen: (133.9 –128.7 ) ⋅ 100- = 4.08 % ----------------------------------------------------128.7 Allgemein lautet die Formel: Indexveränderung ⋅ 100 = Inflationsrate eines Jahres ---------------------------------------------------------------Index des Vorjahres [2 - 3] Inflationsentwicklung seit 1950 120 100 Jahresdurchschnitte, Index 1990 = 100 80 60 40 12 % 10 % Zunahme gegenüber Vorjahr, in % 30 8% 6% 4% 2% 0% –2 % 1950 55 60 65 70 75 80 85 90 95 2000 –4 % Inflation ist der generelle Anstieg des Preisniveaus. Dabei verändern sich also nicht nur die Preise einzelner Güter, sondern man beobachtet einen generellen Anstieg fast sämtlicher Preise. Anstatt von Inflation spricht man auch von Teuerung oder Geldentwertung. Sinkt das generelle Preisniveau, spricht man von Deflation. Inflation wird mit Hilfe eines Preisindexes gemessen, wobei das Bundesamt für Statistik drei verschiedene Indexreihen ermittelt, den Landesindex für Konsumentenpreise, den Index der Produzentenpreise und den Preisindex für das BIP. In der öffentlichen Diskussion ist vor allem der Landesindex der Konsumentenpreise von Bedeutung. Er basiert auf den Preisveränderungen eines Warenkorbes, den ein Durchschnittshaushalt in der Schweiz verbraucht. Angegeben werden jeweils die Veränderungen im Vergleich zum Basisjahr (Basisjahr = 100 Punkte). Da sich die Konsumgewohnheiten ständig ändern, wird der Warenkorb von Zeit zu Zeit angepasst und ein neues Basisjahr gewählt. 35 Grundlagen 4/6 Messung der wirtschaftlichen Tätigkeit, Geld und Inflation, Zahlungsbilanz und Wechselkurs 2 Was ist Geld und was bedeutet Inflation? Aufgabe 38 Ist in den folgenden drei Gesprächsfetzen von Preisveränderungen aufgrund von Kräften auf einzelnen Märkten, von Veränderungen des Preisniveaus oder von beidem die Rede? A] «Die einheimischen Kirschen sind dieses Jahr besonders teuer.» – «Kein Wunder, bei diesen Unwettern in der Frühlingszeit.» B] «Wie alles auf dem Wochenmarkt sind die Früchte dieses Jahr wieder teurer.» – «Mir ist aber aufgefallen, dass die Kirschen besonders teuer sind.» C] «Ich wundere mich, weshalb Kaviar in den letzten Jahren immer teurer geworden ist.» Aufgabe 24 A] Was heisst Inflation? B] Welche Bezeichnungen verwendet man anstatt Inflation auch noch? C] Wie misst man Inflation? D] Warum muss der Warenkorb immer wieder neu gewichtet werden? Aufgabe 12 Der Index der Konsumentenpreise stieg von 1993 bis 1994 von 99.9 auf 100.8 an. Wie gross war demzufolge die Inflation zwischen 1993 und 94? Wie lautet die Formel, mit der man von den Indizes zur Inflationsrate gelangt? Aufgabe 3 Ein Angestellter hat 1984 Fr. 4 000.– im Monat verdient. Wie viel Lohn müsste er 1992 haben, um über dieselbe Kaufkraft zu verfügen wie 1984? Benutzen Sie die Tabelle zum schweizerischen Konsumentenpreisindex S. 34. 2.4 Nach- und Vorteile von Inflation Inflation wird von vielen als ein wirtschaftliches Übel angesehen. Was genau ist nun aber so schlimm an einer Inflation? Bedrohen höhere Preise unseren Lebensstandard? Nein, denn in einer Inflation steigen die Preise auf allen Märkten – und in der Regel auch die Löhne. Die Nachteile liegen darin, dass das Geld zwei seiner drei Funktionen nur noch beschränkt erfüllen kann: Durch die Geldentwertung wird erstens seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel und zweitens seine Funktion als Wertmassstab beeinträchtigt. Anderseits könnte eine geringe Inflation die Zahlungsmittelfunktion etwas verbessern. 2.4.1 Inflation verteilt Einkommen und Vermögen um Wenn Geld sich entwertet, wird seine Wertaufbewahrungsfunktion beeinträchtigt. Vermögen werden dann umverteilt. Gläubiger, die von einer Inflation überrascht werden, verlieren, während Schuldner profitieren. Beispiel Wer sich im Jahre 1970 mit einer Million verschuldet hatte, um eine Villa zu bauen, den drückte diese Schuld dank einer unerwartet hohen Inflation 15 Jahre später nur noch halb so stark. Die Haushalte hingegen, die 1970 der Bank mit Sparheften diese Million zur Verfügung gestellt hatten, standen 1985 trotz Zinsen vor einem real um 15 % reduzierten Vermögen. Zwar stellen sich, sobald mit einer Inflation gerechnet wird, die Kapitalmärkte darauf ein. Die Inflationsraten werden in die Zinssätze eingebaut. 36