11. Jahrgang, 3. Ausgabe 2017, 76-100 - - - Rubrik Fortbildungsartikel - - - Pharmakotherapie der Tuberkulose Epidemiologie Symptomatik Pathophysiologie Pharmakotherapie Diagnose Tuberkulostatika Pharmakotherapie der Tuberkulose - 77 - Pharmakotherapie der Tuberkulose Prof. Dr. Georg Kojda Fachpharmakologe DGPT, Fachapotheker für Arzneimittelinformation Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie Universitätsklinikum, Heinrich-Heine-Universität Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf [email protected] Lektorat: N.N. Den Fortbildungsfragebogen zur Erlangung eines Fortbildungspunktes zum Fortbildungstelegramm Pharmazie finden Sie hier: http://www2.hhu.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Kurzportraet.html Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 78 - Abstract Abstrakt According to the latest report of the World Health Organization (WHO Global Tuberculosis Report 2016) worldwide a number of 2-3 billion people were infected with tuberculosis in the year 2015 and one tenth had active disease. People infected with HIV have a much higher risk to develop tuberculosis. In addition, there were 10.4 million cases of new infections. Approximately 60 % of those occurred in six countries (China, India, Indonesia, Nigeria, Pakistan and South Africa). In about 1.2 million of new infections a parallel infection with HIV was reported. Tuberculosis is associated with poverty and in 2015 1.4 million tuberculosis deaths occurred worldwide. The rapidly increasing rifampicin-resistant or rifampicin/isoniazid resistant infections (multi drug resistant TB, MDR-TB) with 480,000 new cases in 2015 is a major concern. In Germany, the number of new infections in 2015 has increased by 30 %. To date, there is with the exception of the Bacille-Calmette-Guérinvaccination no vaccination available, although 13 different vaccinations for the prevention of infection and disease are evaluated in clinical trials. In addition to the well-established long-term combination treatment with rifampicin, isoniazid, pyrazinamide and ethambutol, new drugs have become available to treat MDR-TB. Among those delamanid and bedaquiline are marketed in Germany. Furthermore, antibiotics such as streptomycin, amikacin, kanamycin, some fluoroquinolones, and the antituberculosis drugs Rifabutin, protionamide, ethionamide, p-aminosalicylic acid and terizodone are used in case of resistance against the standard treatment regimen. There is some clinical evidence supporting the use of carbapenems in MDR-TB. It appears of importance for pharmaceutical over-the-counter counselling to support the adherence to the therapeutic regimen and to check for drug interactions, in particular between rifampicin and other drugs. Nach dem neuen Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO Global Tuberculosis Report 2016) waren im Jahr 2015 weltweit ca. 2-3 Milliarden Menschen mit Tuberkulose infiziert und jeder zehnte davon war erkrankt. HIVInfizierte haben ein erheblich höheres Tuberkulose-Risiko. Darüber hinaus wurden in 2015 bei leicht fallender Tendenz etwa 10,4 Millionen Neuinfektionen gezählt, wobei 60 % davon in nur 6 Ländern auftraten (China, Indien, Indonesien, Nigeria, Pakistan, Südafrika). Bei etwa 1,2 Millionen der Neuinfektionen liegt ebenfalls eine HIV-Infektion vor. Die Tuberkulose ist eine ArmutsErkrankung, an welcher in 2015 insgesamt 1,4 Millionen Menschen gestorben sind. Besonders problematisch ist die rasch ansteigende Zahl von Rifampicinresistenten oder Rifampicin/Isoniazidresistenten Infektionen (multiresistente TB, MDR-TB, in 2015 480.000 neue Fälle). In Deutschland ist die Zahl der Neuinfektionen in 2015 gegenüber dem Vorjahr um etwa 30 % angestiegen. Bislang ist außer dem Bacille-Calmette-GuérinImpfstoff kein Impfstoff verfügbar, obwohl derzeit insgesamt 13 verschiedene Impfstoffe zur Vermeidung einer Infektion und zur Vermeidung der Erkrankung in klinischen Studien geprüft werden. Neben der seit Jahrzehnten etablierten langfristigen Kombinationstherapie mit Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Ethambutol sind in den letzten Jahren neue Arzneistoffe verfügbar geworden, die auch bei MDR-TB eine Wirkung zeigen. Hierzu zählen die auch in Deutschland zugelassenen Wirkstoffe Delamanid und Bedaquilin. Darüber hinaus werden u.a. auch Antibiotika wie Streptomycin, Amikacin, Kanamycin, einige Fluochinolone, sowie die Tuberkulostatika Rifabutin, Rifapentin, Protionamid, Ethionamid, p-Aminosalicylsäure und Terizodon eingesetzt, wenn Resistenzen gegenüber der Standardtherapie vorliegen. Retrospektiven Studien zufolge könnten sich auch Carbapeneme bei MDR-TB als Tuberkulostatika eignen. Wichtig für die pharmazeutische Beratung sind die Unterstützung der Adhärenz auch die Beachtung vieler Wechselwirkungen, inbesondere zwischen Rifampicin und anderen Arzneistoffen. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 79 - Einleitung Die Tuberkulose ist eine seit mehreren tausend Jahren bekannte Infektionserkrankung, die durch verschiedene Mykobakterien verursacht werden kann. Beim Menschen stehen dabei Infektionen mit Mykobakterium tuberkulosis im Vordergrund (Abb. 1), während Infektionen mit Mykobakterium bovis seltener sind (1). Mykobakterium bovis befällt hauptsächlich Rinder, aber der Erreger kann auf den Menschen übertragen werden (Zoonose bzw. zoonotische Tuberkulose). Die Entdeckung des Erregers Mykobakterium tuberkulosis geht auf die Forschungsarbeiten von Robert Koch zurück der 1882 erstmals beschrieb, dass die Tuberkulose eine Infektionserkrankung ist (2). Diese Entdeckung stieß aber zunächst auf Widerstand, denn die Tuberkulose wurde wegen des chronischen Verlaufs eher als eine erblich bedingte Erkrankung angesehen, eine Sichtweise die auch von dem angesehenen Pathologen Rudolf Virchow geteilt wurde. Koch konnte jedoch zeigen, dass der Erreger beständig in erkranktem Gewebe nachweisbar war, kultiviert werden konnte und die Infektion von Tieren mit dem kultivierten Erreger die Erkrankung auslöste (Kochs Postulate). Schließlich wurde Koch im Jahre 1905 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Er starb 5 Jahre später nach einem schweren Herzanfall (Weblink 1). Bereits 1921 stand der Bacille-Calmette-GuérinImpfstoff (BCG) zur Verfügung. Dieser abgeschwächt virulente Lebendimpfstoff war zwar in der Lage vor schwerer Tuberkulose bei Neugeborenen zu schützen, konnte jedoch die Tuberkulose bei Erwachsenen nicht verhindern (2). Zudem zeigte der Impfstoff schwere Nebenwirkungen wie subkutane Ulcera und Lymphadenitis. Dennoch wurde der Impfstoff 2015 in 163 Ländern als Teil nationaler Impfprogramme zur Verfügung gestellt (Weblink 2). Es dauerte noch weitere 20 Jahre bis 1943 das Tuberkulostatikum Streptomycin von Selman Waksman entwickelt wurde, allerdings war die Wirkung einer Monotherapie mit diesem Wirkstoff aufgrund der schnellen Resistenzentwicklung begrenzt. Trotz der Entdeckung weiterer auch heute noch verwendeter Tuberkulostatika wie Isoniazid (1952), Rifampicin (1960), Ethambutol (1961) und Pyrazinamid (1972) dauerte es bis in die Mitte der 80er Jahre, bis durch viele klinische Untersuchungen nachgewiesen werden konnte, dass nur eine langfristige bis zu 12 Monate dauernde Kombinationstherapie mit Tuberkulostatika die Resistenzentwicklung vermindern und Erkrankung heilen kann (3). Dennoch ist die Tuberkulose mit weltweit 2-3 Milliarden infizierten Menschen auch heute noch eine endemische Erkrankung, die bereits seit 1993 von der World Health Organization (WHO) als globaler Notfall eingestuft wird. Abb. 1: Digital angefärbtes mit Rasterelektronenmikroskopie aufgenommenes Bild, welches eine große Gruppe orange gefärbter stäbchenförmiger Mykobakterium tuberkulosis Bakterien zeigt (Abb. aus Weblink 3). Epidemiologie Die WHO berichtet in ihrem neuesten globalen Tuberkulose Report, dass im Jahr 2015 bei leicht fallender Tendenz ca. 10,4 Millionen Neuinfektionen aufgetreten sind, und dass 1,4 Millionen Menschen an der Tuberkulose starben (Weblink 2). Die Tuberkulose ist eine Armuts-Erkrankung, die vor allem in weniger entwickelten Ländern der Erde auftritt (Abb. 2). Die Inzidenzrate betrug 2015 in den 30 Ländern mit einer hohen Belastung durch Tuberkulose 150-300 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Betroffen sind vor allem Länder in der Südhälfte von Afrika und in Südost- Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 80 - Asien. Insgesamt 60 % der Neuinfektionen traten in nur 6 Ländern auf (China, Indien, Indonesien, Nigeria, Pakistan und Südafrika). Etwa 11 % der Neuinfektionen betraf Menschen mit einer HIVInfektion. Hier war der Anteil der KoInfektionen in der Südhälfte von Afrika am höchsten und überstieg in einigen Regionen sogar 50 %. Besonders problematisch ist die rasch ansteigende Zahl von Infektionen mit Erregern, die gegen Rifampicin und Isoniazid resistent sind (multiresistente Tuberkulose, MDR-TB), wobei in 2015 480.000 neue Fälle und innerhalb dieser Gruppe 250.000 Todesfälle auftraten. Etwa 9,5 % der MDR-TB Fälle wiesen sogar eine extensive MDRTB auf (XDR-TB), d.h. dass die Erreger auch gegen ein Fluorchinolon wie Ofloxacin, Levofloxacin oder Moxifloxacin sowie eines der injizierbaren Tuberkulostatika wie Kanamycin, Amicacin und Capreomycin resistent waren. Die Inzidenzrate in den Ländern Europas lag unter 10 Infektionen pro 100.000 Menschen. Dies trifft auch auf Deutschland zu. Nach den Zahlen des Robert Koch Institutes sind im Jahr 2015 insgesamt 5.865 Neuinfektionen aufgetreten, was einer Inzidenzrate von 7,3 Fällen pro 100.000 Menschen entspricht. Die Inzidenzraten unterschieden sich zwischen den Bundesländern und lagen in Hamburg, Berlin und Bremen bei über 10/100.000. Bemerkenswert ist, dass die Anzahl der Neuinfektionen in Deutschland im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr um etwa 1.400 Fälle nahezu sprunghaft gestiegen ist (etwa 30 % Zunahme). Diese deutliche Zunahme wird mit dem demographischen Wandel sowie Migrationsbewegungen erklärt (Weblink 4). Flüchtlinge, die aus Ländern mit hoher TuberkulosePrävalenz nach Deutschland gekommen sind (Abb. 2), tragen ein deutlich höheres Tuberkulose-Risiko. Das Deutsche Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose hat daher im letzten Jahr Empfehlungen zur Diagnose und Behandlung der Tuberkulose bei Flüchtlingen zusammengefasst (Weblink 5). Abb. 2: Die jährliche Anzahl der Fälle von Neuinfektionen Tuberkulose bezogen auf je 100.000 Menschen (Inzidenzrate) zeigt starke Schwankungen zwischen den einzelnen Ländern. Während die Inzidenzrate in westliche Industrieländern einschließlich Australien und Japan sehr niedrig liegt, beträgt sie in den 30 Ländern mit einer hohen Belastung durch Tuberkulose 150-300 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Am höchsten ist die Inzidenzrate (>500) in Lesotho, Mosambique und Südafrika (Abb. modifiziert nach Weblink 2). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 81 - Pathophysiologie Die Infektion mit Mykobakterium tuberkulosis erfolgt in den meisten Fällen mit der Inhalation des Erregers durch eine Tröpfcheninfektion. Der Durchmesser der Tröpfchen beträgt etwa 1-5 µm (4). Daneben kann Mykobakterium bovis von infizierten Rindern, beispielsweise durch den Verzehr ungefilterter Milch, auf den Menschen übertragen werden. Schließlich können Erreger einer infizierten Schwangeren zur intrauterinen Infektion des Fetus führen. Solche kongenitalen Infektionen sind selten und mit einer hohen Mortalität assoziiert (5). Die Übertragung des Erregers kann direkt über die Umbilikalvene oder bei infiziertem Fruchtwasser durch schlucken oder aspirieren des Fruchtwasser vom Fötus erfolgen. Die kongenitale Infektion muss von einer postnatalen Infektion durch Inhalation unterschieden werden. Verlauf der Infektion Erreger, die durch Husten, Schnupfen, Singen oder Sprechen von infizierten Menschen freigesetzt werden, können in der Luft für mehrere Stunden überleben. Nach Inhalation der Erreger beträgt die Infektionsrate bei HIV-negativen nicht infizierten Menschen nach schwerer Exposition etwa 30 % (4). Die Infektion führt innerhalb von 6-8 Wochen zu einem positiven Tuberkulin-Test (siehe Abschnitt Diagnose) und kann bei einer Subgruppe Infizierter zu einer primären Tuberkulose führen (Abb. 3). Diese stellt eine leichte Lungenerkrankung dar, die oft nicht diagnostiziert wird. Dennoch können sich die Erreger auch bei dieser Form der Tuberkulose im Körper ausbreiten, Organe befallen und zu einer späteren Reaktivierung führen. Es ist jedoch auch möglich, dass es durch die Aktivierung des angeborenen Immunsystems, beispielsweise alveolare Makrophagen und Granulozyten, zu einer Elimination der Erreger kommen kann (6). Persistiert die Infektion ohne weitere Symptome handelt es sich um eine latente Tuberkulose. Diese Form ist nicht infektiös. Etwa 5 % HIVnegativer Infizierter entwickelt innerhalb von 2 Jahren eine aktive Tuberkulose und etwa weitere 5 % erkranken im Verlauf des Lebens. Abb. 3: Übertragung und Verlauf der Tuberkulose. Nach Infektion durch Exposition und Inhalation von Mykobakterium tuberkulosis entwickelt sich nur bei einem geringen Teil der Infizierten eine primäre Tuberkulose. Die Erreger persistieren jedoch (latente Tuberkulose) und führen bei etwa 10-15 % der Infizierten zur Reaktivierung und dem Auftreten von eher unspezifischen Symptomen. Besonders hoch ist die Rate der Reaktivierung bei Ko-Infektion mit dem humanen Immundefizienz Virus (HIV, Abb. modifiziert nach ((4)). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 82 - Die Entwicklung von der latenten zur aktiven Tuberkulose ist stark abhängig von Risikofaktoren. Als wichtigster Risikofaktor gilt die Ko-Infektion mit HIV. Bei solchen Patienten beträgt die Rate der Progression zur aktiven Tuberkulose bis zu 10 % pro Jahr (Abb. 3). Weitere Risikofaktoren sind beispielsweise: • wiederholte Exposition mit dem Erreger, • Diabetes mellitus (schlecht eingestellt), • Nierenversagen, • Krebserkrankungen (Chemotherapie), • Hochdosis- und/oder Langzeittherapie mit Glukokortikoiden, • Fehlernährung (Mangel an Vitaminen A und D) und • defekte oder pharmakologisch gehemmte INFγ- und TNFα Bildung, beispielweise auch durch TNFα-Blocker wie Infliximab. Die Tatsache, dass insbesondere eine Suppression des Immunsystems zur Reaktivierung einer latenten Tuberkulose führt, legt eine Balance zwischen den Lebenszyklen der Erreger und dem Immunsystem des Infizierten nahe. Besonderheiten bei der Infektion Mykobakterium tuberkulosis weist einige besondere Eigenschaften auf, die es dem Erreger ermöglichen vom Immunsystem nicht eliminiert zu werden und auf diese Weise Jahre bis Jahrzehnte im Wirt zu überleben. Ein wichtiger Schritt dabei ist, dass die Erreger nach Phagozytose durch Makrophagen die weitere Reifung vom Phagosom zum Phagolysosom, dem Fusionsprodukt von Phagosom und Lysosom, hemmen und damit der Immunabwehr entgehen (7). Die infizierten Makrophagen verlieren damit die Eigenschaft der Antigenpräsentation. Mykobakterium tuberkulosis ist ebenfalls in der Lage die Abtötung der infizierten Makrophagen durch eine Hemmung der Zytokinwirkung zu verhindern. Darüber hinaus können die Erreger auch in einen Ruhezustand übergehen, der durch eine Änderung und/oder Ruhigstellung des Stoffwechsels charakerisiert ist. Die infizierten Makrophagen werden durch verschiedene immunkompetente Zellen isoliert (tuberkulöses Granulom) und damit an der Ausbreitung in andere Körpergewebe gehindert. Hierzu ist jedoch eine fein abgestimmte immunologische Reaktion erforderlich. Nach Daten von Schaible et al. basiert die Immunabwehr gegenüber der Infektion u.a. darauf, dass infizierte Makrophagen, die durch Apoptose sterben, apoptotische Vesikel abschnüren, die mykobakterielle Substanzen enthalten. Diese werden von dendritischen Zellen aufgenommen und zur Prozessierung von Antigenen (Saposine) verwendet, die dann von T-Zellen erkannt werden (7). Inzwischen gilt die strenge Einteilung in die latente und die aktive Form der Tuberkulose als eine zu starke Vereinfachung (6). Stattdessen wird ein Spektrum von immunologischen Reaktionen vorgeschlagen, die sowohl protektiv als auch pathologisch sein können und mit der Rate der bakteriellen Aktivierung korrelieren. Manifestation der Infektion Bei etwa 80-90 % der Tuberkulosefälle findet sich eine pulmonale Manifestation (pulmonale Tuberkulose bzw. PTB) (4). Eine extrapulmonale Tuberkulose (EPTB) kann prinzipiell jedes Organ betreffen. Solche extrapulmonalen Manifestationen umfassen u.a.: • pleurale Tuberkulose • perikardiale Tuberkulose • Lymphknoten Tuberkulose • dermale Tuberkulose • abdominale (intestinale) Tuberkulose • ZNS-Tuberkulose • renale Tuberkulose • spinale Tuberkulose, tuberkulöse Osteomyelitis • genitale Tuberkulose Während ein Befall von Lymphknoten, Pleura und Knochen zu den am häufigsten berichteten extrapulmonalen Manifestationen zählen, ist die ZNSTuberkulose (Meningitis) ist die gefährlichste Form (hohe Letalität). Diagnose Bei der Diagnose der Tuberkulose muss zwischen der latenten und der aktiven Form unterschieden werden, denn bei Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 83 - der latenten Form finden sich keine Erreger im Sputum. Latente Tuberkulose Die Diagnose einer latenten Tuberkulose sollte bei einer hohen Prävalenz latenter Infektionen und bei Patienten erfolgen, die ein hohes Risiko für eine Reaktivierung aufweisen, beispielsweise eine HIV-Infektion (1). Hinzu kommt, dass vor der Einleitung einer Therapie mit bestimmten Immunsuppressiva, insbesondere TNFα-Blocker, eine latente Tuberkulose ausgeschlossen werden muss (Weblink 6). Darüber hinaus rät die WHO in Industrieländern mit niedriger Tuberkulose-Prävalenz auch dazu Dialysepatienten, Patienten mit Silikose (Pneumokoniose bzw. Staublunge Krankheit) sowie Patienten vor einer hämatologischen oder Organtransplantation systematisch zu testen und gegebenenfalls zu behandeln (Weblink 7). Es existieren zwei Hauptverfahren zum Nachweis einer latenten Tuberkulose, die beide auf einer T-Zell-Antwort beruhen. Allerdings zeigen diese Tests nicht die Infektion direkt an, sondern eine Sensibilisierung gegenüber Antigenen von Mykobakterium tuberkulosis (6). Der Tuberkulin-Test (Intrakutantest nach Mendel-Mantoux) besteht in der intradermalen Injektion eines standardisierten, gereinigten Tuberkulin-Derivates (2 Einheiten RT23) sowie der anschließenden Beurteilung der Reaktion auf die Injektion (Induration), die nach 48-72 Stunden am stärksten ausgeprägt ist (Abb. 4). In Deutschland gelten Erhebungen >5mm bei engen Kontaktpersonen eines Falls mit infektiöser Tuberkulose als positiver Befund (8). Der Test ist nicht teuer und wird weltweit häufig verwendet. Allerdings weist er bei vorheriger BCG-Impfung und wegen der Kreuzreaktivität mit atypischen Mykobakterien eine geringe Spezifität auf, während bei Immungeschwächten die Sensitivität gering ausfällt. Alternativ bzw. zusätzlich kann der „INFγ-release assay (IGRA)“ eingesetzt werden. Dieser in-vitro Test misst die Freisetzung von INFγ durch T-Zellen aus peripherem Blut, die durch Antigene von Mykobakterium tuberkulosis ausgelöst wird. Da dieser Test Antigene verwendet, die weder in dem BCG Impfstoff (attenuiert) enthalten sind noch von atypischen Mykobakterien gebildet werden, ist die Spezifität höher als beim Tuberkulin-Test (6). Dennoch können nach Einschätzung der WHO beide Tests das Risiko eine aktive Tuberkulose zu erleiden nicht genau vorhersagen und sollten auch nicht zur Diagnose einer aktiven Tuberkulose eingesetzt werden (Weblink 8). Wegen der höheren Kosten bei vergleichbarer Aussagekraft wird in Ländern mit niedrigem Einkommen und hoher Prävalenz der Tuberkulose (Abb. 2) ein Ersatz des Tuberkulin-Tests durch den IGRA nicht empfohlen. In Deutschland werden IGRAs, mit der Ausnahme von Kindern <5 Jahre, allerdings mittlerweile als initialer Test empfohlen (8). Aktive Tuberkulose Die aktive Tuberkulose ist in den meisten Fällen durch das Auftreten der Erreger im Sputum gekennzeichnet. Daher sind der mikroskopische Nachweis des Erregers im Sputum sowie dessen Kultivierung die wichtigsten Standardmethoden zur Diag- Abb. 4: Illustration des Tuberkulin-Tests. A Intradermale Injektion eines standardisierten, gereinigten Tuberkulin-Derivates. Das entstehende Bläschen verschwindet nach einigen Stunden. B Ausmessung der Induration (Erhebung), die hier 48 Stunden nach der Injektion erfolgt und einen positiven Befund anzeigt (Abb. modifiziert nach Weblink 3). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 84 - nose der Erkrankung (1). Bei einem positiven Ergebnis des mikroskopischen Tests sollten auch die genaue Spezies des Mykobakteriums mittels molekularbiologischer Verfahren sowie eventuell bestehende Resistenzen gegen Tuberkulostatika bestimmt werden. Beides ist für die einzuleitende Pharmakotherapie von großer Bedeutung. Zwar lässt sich der mikroskopische Nachweis recht schnell in ca. 10 min erbringen, jedoch beweisen die Färbemethoden, beispielsweise die Ziehl-Nelson-Färbung mit CarbolFuchsin, saurem Alkohol und Methylenblau (Abb. 5), lediglich die Säurefestigkeit der Mykobakterien. Dennoch zählt die WHO einen einmalig durchgeführten positiven mikroskopischen Test als einen bestätigten Fall von Tuberkulose, auch wenn sich nur ein einziges säurefestes stäbchenförmiges Bakterium nachweisen lässt. Allerdings ist für ein positives Ergebnis des mikroskopischen Tests eine Mindestzahl der Erreger im Sputum notwendig, d.h. es gibt es nicht wenige Fälle von Tuberkulose, bei welchen der mikroskopische Test negativ ist, aber die Kultur ein positives Ergebnis erbringt (Weblink 9). Abb. 5: Illustration des mikroskopischen Nachweises von Mykobakterium tuberkulosis mithilfe der Ziehl-Nelson-Färbung einer Sputum-Probe. Nur der Erreger erscheint rot gefärbt. In diesem Beispiel sind mehrere Bakterien zu sehen (Abb. aus Weblink 3). Eine solche Kultur kann nicht nur aus dem Sputum sondern auch aus vielen anderen Proben wie Liquor, Pleura Exsudat oder Urin angelegt werden. Für die Kultur sind wegen des langsamen Wachstums von Mykobakterium tuberkulosis jedoch mehrere Wochen der Bebrütung erforderlich. Dies stellt insbesonde- re in ärmeren Ländern mit hoher Tuberkulose-Prävalenz u.a. wegen geringer Labor-Kapazitäten ein Problem dar. Insofern ist die Verfügbarkeit des automatisierten molekularen Schnell-Tests Xpert MTB/RIF, welcher bereits innerhalb von 2 Stunden Ergebnisse liefert, von großem Vorteil (Weblink 10). Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung von Techniken, die mittels PCR DNA oder RNA der Mykobakterien nachweisen. Allerdings wird dafür das entsprechende und teure Gerät benötigt (ca. 32.000 USD). Der Test beruht auf einem „Eintopf“-Verfahren bei welchem Sputum mit einer Reagenzlösung versetzt wird. Aus dem Gemisch wird in einem automatisierten Vorgang zunächst mithilfe von Ultraschall DNA freigesetzt. Eine anschließende „nested“ RT-PCR weist dann sowohl den Erreger selbst als auch die zu einer Rifampicin-Resistenz führenden Mutationen des rpoB-Gens nach, welches für die katalytische ß-Untereinheit der RNA-Polymerase in den Bakterien kodiert. Der Test zeigt eine hohe Sensitivität von im Mittel 92,5 % für den Nachweis von Mykobakterium tuberkulosis sowie eine hohe Spezifität von im Mittel 98 %. Auch die Sensitivität (98 %) sowie die Spezifität (99 %) für den Nachweis einer Rifampicin-Resistenz sind sehr hoch. Daher empfiehlt die WHO dieses Verfahren als initialen Test einzusetzen, wenn eine multiresistente Tuberkulose vermutet wird oder eine Ko-Infektion mit HIV vorliegt. In anderen Fällen könnte das Verfahren nach der Mikroskopie als zweiter Test eingesetzt werden, vor allem bei negativem mikroskopischem Befund. Allerdings betont die WHO auch, dass trotz der neuen Technologie auf mikroskopische Tests (Verlaufskontrolle), die Kultivierung der Erreger sowie die Prüfung auf andere mögliche Resistenzen keinesfalls verzichtet werden kann. Schließlich spielt auch eine ThoraxRöntgenuntersuchung oder ein CT eine wichtige Rolle zur Absicherung der Diagnose, zur Erfassung einer aktiven pulmonalen Tuberkulose, beispielsweise bei immunsupprimierten Patienten sowie zur Verlaufskontrolle. Bei Verdacht auf eine Tuberkulose müssen die bakteriologischen Nachweisverfahren, insbesondere die Kultivierung und Testung auf Tuberkulostatika-Resistenz in jedem Fall durchgeführt werden (8). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 85 - Symptomatik Die Symptomatik der Tuberkulose hängt von der Organ-Manifestation der Erkrankung ab. Bei einer reaktivierten pulmonalen Tuberkulose können typischerweise folgende Symptome auftreten (4): • Hämoptoe (Bluthusten) • Fieber • Anorexie • Gewichtsverlust • Abgeschlagenheit • nächtliches Schwitzen • Kurzatmigkeit • Thorax-Schmerz Bei Patienten mit gleichzeitiger HIVInfektion können die Symptome mehr variieren und weniger spezifisch ausfallen. Bis zu 50 % dieser Patienten zeigen eine extrapulmonale Manifestation der Tuberkulose mit eher atypischen Symptomen, wenn die CD4-Zellzahl unter 200 pro µl Blut gefallen ist. Bei weiterem Abfall der CD4 Zellzahl können pulmonale Symptome fehlen und die Tuberkulose manifestiert sich als unspezifische chronisch fiebrige Erkrankung, die mit einem verbreiteten Organbefall und einer hohen Anzahl von Mykobakterien einhergeht sowie eine hohe Mortalität aufweist. Daher sollten insbesondere HIV-Infizierte bei schwerem Verlauf der Immunschwächeerkrankung (Weblink 11) und bei einem der vier Symptome Husten, Fieber, nächtliches Schwitzen oder Gewichtsverlust unbedingt auf Tuberkulose getestet werden (1). Die Diversität der Symptomatik bei extrapulmonaler Manifestation lässt sich gut durch berichtete Fallbeispiele illustrieren. Ein 33 Jahre alter Mann, der in einem Flüchtlings-Camp in Thailand lebte, wurde zur Abklärung in die dortige Tuberkuloseklinik verwiesen (9). Er hatte sich 9 Monate zuvor durch eine Metallplatte zwei Verletzungen am rechten Fuß zugezogen, die spontan ausheilten. Etwa 1 ½ Monate später erschienen warzige Läsionen an den Stellen der Verletzungen, die sich im weiteren Verlauf vergrößerten und verdickten. Darüber hinaus entwickelte der Patient geringes Fieber, Nachtschweiß, Appetit-Verlust und Gewichtsverlust. Die ThoraxRöntgenuntersuchung war unauffällig, aber der Tuberkulin-Test zeigte eine stark positive Reaktion. Der mikroskopische Nachweis von Mykobakterium tuberkulosis aus dem Eiter der Läsionen war negativ. Auch mit einer Kultur gelang der Nachweis nicht. Dennoch wurde der Patient für 2 Monate mit Rifampicin, Isoniazid, Pyrazinamid und Streptomycin sowie anschließend für weitere 4 Monate mit Rifampicin und Isoniazid therapiert. Bereits nach 30 Tagen waren die Läsionen nahezu verschwunden und nach 90 Tagen hatte sich der Patient vollständig von allen Symptomen erholt. Dieses Ergebnis blieb auch während der restlichen drei Monate der Therapie konstant. In einem weiteren Fallbeispiel wurde über eine lymphatische Tuberkulose mit ZNS-Befall aus Rabat in Marokko berichtet (10). Eine 17 Jahre alte Marokkanerin litt seit 2 Monaten an intermittierendem Fieber, zunehmenden Kopfschmerzen, generalisierter Schwäche und Gewichtsverlust. Ein Gadolinium-MRI zeigt kreisförmige gut abgegrenzte Tuberkulome in beiden Hemisphären, dem Cerebellum und dem Stammhirn. Die ThoraxRöntgenuntersuchung war auch in diesem Beispiel unauffällig, aber die pathologische Begutachtung einer Lymphknoten-Biopsie zeigte typische tuberkulöse Granulome aus welcher sich allerdings Mykobakterium tuberkulosis nicht kultivieren ließ. Dennoch wurde die Patientin für zwei Monate mit Glukokortikoiden und für ein Jahr mit einer tuberkulostatischen Chemotherapie behandelt. Dies führte zum Verschwinden von Symptomatik und zerebralen Läsionen. Pharmakotherapie Die Therapie der Tuberkulose ist langwierig und erfolgt bis auf wenige Ausnahmen, beispielsweise die Behandlung mit Isoniazid bei latenter Tuberkulose (Weblink 7), als Kombinationstherapie. Die Ziele der Behandlung sind: • Heilung • Vermeidung der Transmission • Vermeidung bleibender Schäden • Vermeidung von Todesfällen • Vermeidung von Resistenzen Bei aktiver bzw. reaktivierter Tuberkulose wird im Allgemeinen empfohlen eine Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 86 - Behandlung in zwei Phasen durchzuführen (Weblink 9). Die initiale Intensivphase wird über zwei Monate hinweg meistens mit einer Kombination aus vier Arzneistoffen durchgeführt. Sie dient zur Abtötung aktiver und teilaktiver Keime sowie zur Verkürzung der Dauer der Infektiosität. Bei 80-90 % der Behandelten führt sie zu Sputumausstrich- und Kulturkonversion. Zu beachten ist, dass eine hohe Keimzahl die Entwicklung von Resistenzen begünstigt. Bleibt der Sputumausstrich bei der Erstbehandlung nach zwei Monaten positiv, wird empfohlen nach drei Monaten Therapie erneut zu testen. Findet sich auch dann ein positiver Ausstrich sollte der Erreger kultiviert und auf mögliche Resistenzen überprüft werden. Bei Therapieschemata mit Rifampicin wird die Erweiterung der Intensivphase nicht empfohlen. Nach der Intensivphase wird eine vier Monate dauernde Erhaltungsphase durchgeführt mit deren Hilfe die Bakterienpopulation verkleinert wird und die weniger Therapieversager und weniger Rückfälle nach sich zieht. Bei dieser Phase der Therapie werden üblicherweise zwei Arzneistoffe kombiniert. Auch wenn Therapieschemata bekannt sind, die eine dreimal oder zweimal wöchentliche Gabe der Arzneistoffe vorsehen (11), sollte wann immer möglich eine tägliche Applikation erfolgen (Weblink 9). Dies gilt insbesondere für die Intensivphase und auch für Patienten, die mit HIV infiziert sind oder in einer Umgebung mit hoher HIV-Prävalenz leben. In der Erhaltungsphase kann eine dreimal wöchentliche Gabe erfolgen. Allerdings sollte dann die Einnahme jeder Dosis überwacht werden, denn dieses Therapieschema ist mit einer höheren Rate erworbener Resistenzen verbunden. Therapieschemata Bei latenter Tuberkulose dient die Pharmakotherapie zur Prävention der Reaktivierung (Weblink 7). Die WHO empfiehlt bestimmte Patientengruppen zu testen und gegebenenfalls zu behandeln (siehe Abschnitt Diagnose). Zur Behandlung können verschiedene Schemata mit folgenden Arzneistoffen eingesetzt werden: • 6 oder 9 Monate Monotherapie mit Isoniazid, oder • 3 Monate Isoniazid plus Rifapentin (nicht in Deutschland). Im Gegensatz dazu geben die WHO Leitlinien keine Konsens-Empfehlung für 3-4 Monate Rifampicin plus Isoniazid bzw. 34 Monate Monotherapie mit Rifampicin. Das von der WHO empfohlene Therapieschema für die Erstbehandlung der reaktivierten bzw. aktiven Tuberkulose besteht aus folgenden Schritten (Weblink 9): • initiale Intensivphase, Dauer 2 Monate (jeweils einmal tägliche Gabe): Isoniazid plus Rifampicin plus Pyrazinamid plus Ethambutol • anschließende Erhaltungsphase, Dauer 4 Monate (jeweils einmal tägliche Gabe): Isoniazid plus Rifampicin Die in diesem Schema gelisteten Arzneistoffe sowie zusätzlich Streptomycin gelten als Erstlinien-Tuberkulostatika. Die empfohlenen Dosierungen für Erwachsene sind in Tab 1 wiedergegeben. Im Sinne der Verbesserung der Compliance sowie zur Verminderung von Resistenzen bei irrtümlicher Monotherapie werden trotz unzureichender Datenlage fixe Kombinationen von der WHO empfohlen. In Deutschland ist jedoch nur ein Kombinationspräparat mit Isoniazid (100 mg) und Rifampicin (150 mg) verfügbar (Iso-Eremfat 100 mg/150 mg®). Leben die Patienten in einer Umgebung mit einer hohen Rate von Resistenzen gegenüber Isoniazid, wird empfohlen in der Erhaltungsphase zusätzlich mit Ethambutol zu behandeln. Im Fall eines Rezidivs oder bei Patienten mit vermuteter multiresistenter Tuberkulose schlägt die WHO eine empirische Kombinationstherapie vor, welche dann nach dem Ergebnis der Resistenztests entsprechend angepasst werden sollte. Dieses Schema kann auch für die gesamte Dauer der Therapie eingesetzt werden, falls ein Test auf Resistenzen nicht routinemäßig verfügbar ist. Kernpunkte dieses empirischen Schemas sind die Ausweitung der Therapiedauer auf insgesamt 8 Monate sowie die zusätzliche Gabe von Streptomycin in den ersten beiden Monaten der Intensivphase: Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose Arzneistoff Tägliche Gabe Isoniazid Rifampicin Pyrazinamid Ethambutol Streptomycin - 87 - 1 3-Mal wöchentliche Gabe Dosis (mg/kg Körpergewicht Maximale Dosis (mg) Dosis (mg/kg Körpergewicht Maximale Dosis (mg) 5 (4-6) 300 10 (8-12) 900 10 (8-12) 600 10 (8-12) 600 25 (20-30) - 35 (30-40) - 15 (15-20) - 30 (25-35) - 15 (12-18) 1.000 15 (12-18) Tab. 1: Für Erwachsene empfohlene Dosierungen der als Erstlinien-Therapie eingesetzten Tuberkulostatika (1Patienten >60 Jahre sowie Patienten mit einem Körpergewicht <50 kg könnten Tagesdosen von 500-750 mg nicht tolerieren, aus Weblink 9). • initiale Intensivphase, Dauer 2 Monate: Isoniazid plus Rifampicin plus Pyrazinamid plus Ethambutol plus Streptomycin • erweiterte Intensivphase, Dauer 1 Monat: Isoniazid plus Rifampicin plus Pyrazinamid plus Ethambutol Die Dauer der Behandlung ist davon abhängig zu welchem Zeitpunkt eine dauerhafte Sputumkonversion eintritt, wobei nach diesem Zeitpunkt die Intensivphase für mindestens weitere 4 Monate fortgesetzt werden soll. • verlängerte Erhaltungsphase, Dauer 5 Monate: Isoniazid plus Rifampicin plus Ethambutol Tuberkulostatika der ersten Wahl Patienten mit bestätigter multiresistenter Tuberkulose, d.h. Resistenz gegenüber Rifampicin und Isoniazid, sollten vom empirischen Therapieschema auf ein Standard-Schema umgestellt werden, welches die im jeweiligen Land bzw. der Region bestehenden weiteren Resistenzen berücksichtigt (Weblink 9). Liegen beispielsweise zusätzlich Resistenzen gegenüber Ethambutol und Streptomycin vor, wird folgendes Schema vorgeschlagen: • Intensivphase, Dauer 8 Monate: Pyrazinamid plus Protionamid plus Kanamycin plus Ofloxacin plus Cycloserin • Erhaltungsphase, Dauer 12 Monate Protionamid plus Ofloxacin plus Cycloserin Neben den für die Behandlung der Tuberkulose als Erstlinien-Therapie eingesetzten Arzneistoffen mit jeweils unterschiedlichen Wirkungsmechanismen (Abb. 6) werden eine Reihe weiterer Arzneistoffe verwendet (siehe unten). Isoniazid Dieser bereits seit 1952 bekannte Arzneistoff wirkt über einen komplexen und bislang nicht genau verstandenen Wirkmechanismus auf die Zellwandsynthese von Mykobakterium tuberkulosis und Mykobakterium bovis (12), während atypische Mykobakterien meist unsensibel sind. Nach dem am meisten akzeptierten Mechanismus wird Isoniazid als Prodrug nach Diffusion ins Zytosol durch die Katalase/Peroxidase (KatG) der Erreger zum IsonicotinoylRadikal oxidiert (13), welches dann mit NAD+ Addukte bildet (Abb. 7). Diese Addukte hemmen die katalytische Aktivität der Enoyl-Acyl-Carrier-Protein(ACP)- Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 88 - Abb. 6: Angriffspunkte der Arzneistoffe, die zur Erstlinientherapie der Tuberkulose eingesetzt werden. Diese Tuberkulostatika sind nur im Proliferationsstadium wirksam und wirken mit Ausnahme von Ethambutol bakterizid. Zusätzlich dargestellt sind die Angriffspunkte von p-Aminosalicylsäure (auch 4-Amino-2-hydroxybenzoesäure), Delamanid und Bedaquilin, die alle als Arzneimittel für seltene Erkrankungen (Orphan drugs) eingestuft sind (Weblink 12) und der Reservetherapie bei multiresistenter Tuberkulose dienen (Näheres siehe Text). Reduktase (InhA), einem Schlüsselenzym der Typ II Fettsäuresynthese. Dadurch wird u.a. die Synthese der Mykolsäure gehemmt, die einen essentiellen Bestandteil der Zellmembran der Mykobakterien darstellt. Darüber hinaus kann Isoniazid wahrscheinlich auch andere Enzyme der Fettsäuresynthese hemmen. Es ist ebenfalls möglich, dass Isonicotinoyl-Radikal Addukte mit NADP+ Addukte bildet. Diese Addukte hemmen die Dihydrofolat-Reduktase und damit die Synthese von Nukleinsäuren (14). Isoniazid wirkt im Proliferationsstadium der Mykobakterien bakterizid. Resistenzen gegenüber Isoniazid beruhen häufig auf Mutationen der KatG, die eine Bioaktivierung von Isoniazid verhindern (15). Die empfohlene Dosis von Isoniazid (Tab. 1) wird einmal täglich eingenommen. Die häufigsten Nebenwirkungen von Isoniazid beruhen auf neurotoxischen Effekten, die sowohl das periphere als auch das zentrale Nervensystem betreffen. Im Vordergrund stehen periphere Neuropathien z.B. mit Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Extremitäten. Abb. 7: Bioaktivierung von Isoniazid nach Diffusion ins Zytosol von Mykobakterium tuberkulosis und Mykobakterium bovis durch die Katalase/Peroxidase (KatG) der Erreger zum Isonicotinoyl-Radikal. Das entstehende Addukt hemmt die katalytische Aktivität der Enoyl-Acyl Carrier Protein (ACP) Reduktase (InhA), einem Schlüsselenzym der Typ II Fettsäuresynthese und damit die Synthese der essentiellen Mykolsäure (ADPR=AdenosinDi-Phosphat-Ribose, Abb. modifiziert nach (13)) Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 89 - Auch der Sehnerv kann betroffen sein (Optikusneuritis und -atrophie). Darüber hinaus wurden zahlreiche zentralnervöse Störungen beobachtet. Diese umfassen u.a. Ataxie, Schwindel, Muskelzittern, Krämpfe oder toxische Enzephalopathie sowie Euphorie, Erinnerungsverlust und psychotische Reaktionen. Die neurotoxischen Effekte sind Ausdruck einer Pyridoxin-Verarmung der Nervenzellen, welche aufgrund der Reaktion von Pyridoxalphosphat mit Isoniazid (Hydrazonbildung) entsteht. Eine gleichzeitige Gabe von Pyridoxin (Vitamin B6) in niedriger Dosierung von 10 mg/Tag vermindert Häufigkeit und Schwere dieser Nebenwirkungen (16). Dies gilt insbesondere bei älteren Menschen und LangsamAcetylierern sowie bei Unterernährung, Alkoholismus, Niereninsuffizienz, Diabetes, Schwangerschaft, Stillzeit und HIVInfektion (Weblink 9). Das Risiko einer Hepatitis (0,3-2,5 %), welche etwa 1-2 Monate nach Therapiebeginn auftritt, steigt mit zunehmendem Lebensalter und bei vorliegenden Schäden (z.B. Alkoholismus, Lebererkrankungen). Es ist ebenfalls bei Langsam-Acetylierern oder Kombination mit Rifampicin erhöht. Schwerwiegende nekrotische Leberschäden mit Todesfolge sind jedoch sehr selten. Überempfindlichkeitsreaktionen umfassen u.a. Blutbildveränderungen, Hautreaktionen oder Fieber. Isoniazid kann in einzelnen Fällen ebenfalls eine dem Lupus erythematodes ähnliche Autoimmunreaktion auslösen (Lupuserythematodes-like-syndrom), die sich u.a. als Arthritiden, Hautreaktionen, Blutbildveränderungen, Pleuritis, Endooder Perikarditis manifestiert. Bei Überempfindlichkeit, akuten Lebererkrankungen, Störungen der Hämostase und Hämatopoese oder Polyneuropathien ist Isoniazid kontraindiziert. Schwangerschaft (evtl. teratogen bzw. embryotoxisch), Stillzeit (geht in Muttermilch über), Nierenschäden (Kumulation bei langsamer Azetylierung) und psychiatrische Erkrankungen erfordern eine besonders vorsichtige Anwendung. Isoniazid ist außerdem ein Inhibitor verschiedener CYP Isoformen und kann daher zu vielen Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen führen. Allerdings listet die ABDA Datenbank nur 16 Einträge zu Wechselwirkungen, beispielsweise mit einigen Antiepileptika oder Clopidogrel (Weblink 13). Als Induktor von CYP2E1 kann Isoniazid auch die Hepatotoxizität von Paracetamol verstärken. Schließlich könnte eine Kombination mit Clozapin das Risiko einer Agranulozytose erhöhen. Rifampicin Auch dieser Arzneistoff ist bereits seit 1960 bekannt und wird seit 1971 zur Behandlung der Tuberkulose eingesetzt. Ähnlich wie Isoniazid, gilt auch Rifampicin als wichtiger Wirkstoff zur kombinierten Behandlung der Tuberkulose in der Initial- sowie auch in der Erhaltungsphase. Das makrozyklische Tuberkulostatikum (Abb. 8) und Antibiotikum wird durch Derivatisierung des aus Streptomycetes mediterranei isolierten Rifamycin B gewonnen. Es bindet an die RNA-Polymerase und hemmt die Synthese von RNA. Dabei ist im Wesentlichen der Synthesebeginn und nicht die Kettenverlängerung betroffen. Kristallstruktur-Analysen mit der RNA-Polymerase aus Thermus aquaticus haben ergeben, dass Rifampicin an der ßUntereinheit der Polymerase neben dem katalytischen Zentrum bindet und die RNA-Synthese nach 2-3 Nukleotiden direkt inhibiert (17). Rifampicin weist eine hohe bakterizide Aktivität gegen tuberkulöse Mykobakterien auf und ist ebenfalls gegen einige “atypische” Mykobakterien (z.B. M. avium intercellulare, M. kansasii) und M. leprae wirksam. Resistenzen gegenüber Rifampicin beruhen häufig auf Mutationen des rpoB-Gens, welches die ß-Untereinheit der Polymerase kodiert. Abb. 8: Makrozyklische Struktur von Rifampicin (auch Rifampin). Das Antibiotikum ist ein Derivat von Rifamycin, welches nur parenteral verfügbar war und heute nicht mehr verwendet wird. Das strukturell ähnliche Rifabutin zählt zu den Mitteln der zweiten Wahl (s.u., Weblink 9). Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 90 - Es bestehen Kreuzresistenzen gegenüber strukturähnlichen Arzneistoffen wie Rifabutin oder Rifapentin. Primäre Resistenzen von Tuberkelbakterien sind selten, und Kreuzresistenzen mit anderen Basistherapeutika kommen praktisch nicht vor. Darüber hinaus sind u.a. auch Staphylo-, Strepto- und Enterokokken sowie Chlamydia trachomatis, Legionella pneumophila und Bacteroides-Arten empfindlich. Die Wirkung gegen gramnegative Stäbchen ist mit Ausnahme der hochsensiblen Haemophilus influenzaeBakterien gering. Die antibiotische Aktivität von Rifampicin wird nur in Ausnahmefällen und wegen der Möglichkeit einer raschen Resistenzentwicklung nur im Rahmen einer Kombinationstherapie genutzt. Die empfohlene Dosis von Rifampicin (Tab. 1) wird einmal täglich eingenommen. Rifampicin wird enteral resorbiert (ca. 70 %, große Variabilität) und weist eine gute Gewebediffusion auf, welche durch eine orangerote Verfärbung von Urin, Speichel, Stuhl, Tränenflüssigkeit, Sputum und Schweiß sichtbar wird. Die Liquorgängigkeit ist bei Meningitis stärker ausgeprägt. Rifampicin wird sowohl renal als auch biliär eliminiert und unterliegt einem entero-hepatischen Kreislauf, während welchem es zunehmend metabolisiert (desacetyliert) wird. Die initiale Halbwertszeit variiert stark (3-16 h) und nimmt innerhalb der ersten Therapiewochen wegen einer Enzyminduktion in den Hepatozyten bis auf etwa die Hälfte ab. Wichtige Nebenwirkungen von Rifampicin sind allergische Reaktionen sowie Leberschäden. Allergische Reaktionen (ca. 1 %) betreffen vor allem die Haut (Pruritus, Exantheme, Urtikaria) und das Blutbild (Leuko- und Thrombopenie, hämolytische Anämie). Darüber hinaus sind u.a. auch eine grippeartige Symptomatik (Fieber, Muskelschmerzen) und selten anaphylaktische Reaktionen oder interstitielle Nephritis beobachtet worden. Bei intermittierender Therapie (hohe Dosierung) steigen Häufigkeit und Schweregrad der allergischen Reaktionen an. Die durch Rifampicin induzierten Leberschäden treten insbesondere bei älteren Menschen und bestehenden Lebererkrankungen (Alkoholismus) auf. Dabei kommt es häufig zu einem Transaminasen- oder Bilirubin-Anstieg, seltener zum Ikterus und nur in einzelnen Fällen zu schwerwiegenden Störungen mit z.T. letalem Ausgang. Darüber hinaus löst Rifampicin gastrointestinale Störungen (Abdominalkrämpfe, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe), zentralnervöse Störungen (Kopfschmerz, Schwindel) und selten Zyklusstörungen aus. In einzelnen Fällen wurden auch Sehstörungen, Lungenödem und Erythema multiforme beobachtet. Bei schweren Leberfunktionsstörungen, gleichzeitiger Therapie mit Protease-Inhibitoren zur Behandlung einer HIV-Infektion und gleichzeitiger Therapie mit Voriconazol in der Stillzeit ist Rifampicin kontraindiziert. Darüber hinaus gilt während der Schwangerschaft wegen möglicher teratogener Effekte (1. Trimenon) und postnatalen Blutungen eine strenge Indikationsstellung. Auch in der Stillzeit sollte Rifampicin nur strenger Abwägung des NutzenRisiko-Verhältnisses eingesetzt werden. Rifampicin kann zu einer Verfärbung weicher Kontaktlinsen führen. Rifampicin ist ein starker Induktor verschiedener CYP Isoformen und führt daher zu vielen Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen. So listet die ABDA Datenbank insgesamt 138 Einträge zu Wechselwirkungen auf (Weblink 13). Hierzu zählen auch Selbstmedikationsarzneimittel wie Paracetamol (verstärkte Hepatotoxizität), Diclofenac, Ulipristal, Ranitidin, Omeprazol (jeweils verminderte Wirkung) und Aktivkohle (verminderte Resorption von Rifampicin). Daher sollte bei jedem Patienten ein Interaktionscheck durchgeführt werden um die Effektivität und Sicherheit der Therapie zu gewährleisten. Pyrazinamid Pyrazinamid (Abb. 9) ist ein Tuberkulostatikum, welches im Wesentlichen als Kombinationspartner in der Initialphase der Tuberkulosetherapie eingesetzt wird. Die bakterizide Wirkung richtet sich spezifisch gegen M. tuberculosis, während M. bovis und “atypische” Mykobakterien weitgehend unsensibel sind. Pyrazinamid wirkt auch gegen ruhende Keime, die für die Persistenz der Erreger eine große Rolle spielt. Auch Pyrazinamid ist ein Prodrug, welches in Mykobakterium tuberkulosis durch die Pyrazinamidase zur Pyrazincarbonsäure bioaktiviert wird. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 91 - Metaboliten werden überwiegend renal eliminiert. Die Halbwertszeit beträgt ca. 6 Std. Abb. 9: Chemische Struktur von Pyrazinamid. Das schon seit 1936 bekannte Antibiotikum wird bereits seit den 50er Jahren als Tuberkulostatikum eingesetzt. Durch die Verwendung von Pyrazinamid konnte die Gesamtdauer der Behandlung der Tuberkulose deutlich verkürzt und die Rezidivrate um etwa zwei Drittel verringert werden (Weblink 9). Das Säureanion wird durch eine EffluxPumpe aus dem Erreger ausgeschleust, in der sauren Umgebung protoniert und diffundiert als lipophilere Säure wieder durch die Zellmembran. In vitro, also bei neutraler Umgebung, ist Pyrazinamid daher nicht wirksam. Resistenzen gegenüber Pyrazinamid beruhen oft auf Mutationen der Pyrazinamidase (>80 %). Vorteilhaft ist die fehlende Kreuzresistenz mit den anderen Basistherapeutika. Der Wirkungsmechanismus beruht nach neueren Erkenntnissen auf der Bindung der Pyrazincarbonsäure an das ribosomale Protein S1 (RpsA) von Mykobakterium tuberkulosis. Durch diese Bindung wird die trans-Translation gehemmt (18). Die trans-Translation ist ein wichtiger Mechanismus in Bakterien, der trotz möglicher Transkriptionsfehler oder mRNA-Schäden die Qualität der synthetisierten Proteine sicherstellt (19). Hierbei wird dem C-Terminus von fehlerhaften Proteinen mithilfe einer speziellen RNA (mtRNA) und dem an das Ribosom bindende Protein eine Sequenz aus 11 Aminosäuren (AANDENYALAA) angefügt. Diese Sequenz ist ein Proteolyse-Signal, welches von vielen Proteasen erkannt wird, die das fehlerhafte Protein rasch abbauen. Die empfohlene Dosis von Pyrazinamid (Tab. 1) wird einmal täglich eingenommen. Die Substanz wird nach oraler Gabe rasch resorbiert und verteilt sich gut in Körpergewebe und -flüssigkeiten (einschließlich Liquor). Sie unterliegt einer ausgeprägten Metabolisierung und die Als wichtigste Nebenwirkung von Pyrazinamid gilt die Gefahr von Leberschäden (10-15 %). Allerdings entwickelt sich nur bei etwa einem Fünftel der Fälle mit nachweisbaren Funktionsstörungen der Leber ein Ikterus, und letale Verläufe, infolge von Lebernekrosen, sind äußerst selten. Da Pyrazinamid die renale Ausscheidung von Harnsäure hemmt, kann es zu einer Hyperurikämie und Gichtanfällen kommen. Daneben sind u.a. auch Hyperglykämie, Fieber, gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen) sowie Störungen der Blutbildung beobachtet worden. Pyrazinamid ist bei Überempfindlichkeit, schweren Leberfunktionsstörungen und Porphyrie kontraindiziert. Ethambutol Ethambutol (Abb. 10) ist ein Tuberkulostatikum mit bakteriostatischer Wirkung, das sich in Mykobakterien anreichert. Auf welche Weise die langsam einsetzende Hemmung des Wachstums der Erreger zustande kommt, ließ sich bisher nicht klären. Abb. 10: Chemische Struktur von Ethambutol. Das Antibiotikum enthält 2 chirale Zentren. Von den drei möglichen Enantiomeren wird die (S,S)-Form als Arzneistoff eingesetzt. Vermutet werden schädigende Einwirkungen auf den Stoffwechsel und die Zellwandsynthese. So konnte gezeigt werden, dass Ethambutol über die Hemmung einer Arabinosyl-Transferase die Biosynthese bestimmter Polysaccharide wie Arabinogalactane vermindern kann (20). Diese Polysaccharide sind ein wichtiger Bestandteil der Arabinogalactan-Schicht der Zellwand, die kovalent an die Peptidoglycan-Schicht gebunden und ebenfalls mit der Schicht aus langkettigen Mykolsäuren verbunden ist. In einer erst kürzlich publizierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 92 - Ethambutol das apikale Zellwachstum nicht jedoch die Zellteilung hemmt (21). Das Wirkspektrum von Ethambutol erfasst im wesentlichen M. tuberculosis und M. bovis, sowie einige “atypische” Mykobakterien wie M. avium intracellulare oder M. kansasii. Die empfohlene Dosis von Ethambutol (Tab. 1) wird einmal täglich eingenommen. Ethambutol wird nach oraler Gabe gut resorbiert (75 %). Die Substanz reichert sich in Erythrozyten an und lässt sich bei tuberkulöser Meningitis in wirksamer Konzentration im Liquor nachweisen. Sie wird vorwiegend renal eliminiert (Halbwertszeit ca. 4 h), weshalb bei eingeschränkter Nierenfunktion eine Dosisanpassung erforderlich ist. Ethambutol kann eine Schädigung der Sehnerven verursachen. Ausmaß und Häufigkeit (1-5 % bei therapeutischer Dosierung) dieser Nebenwirkung, die sich als Verminderung der Sehschärfe und Einschränkung des Farbsehens (RotGrün-Differenzierung) äußert, ist abhängig von der applizierten Dosis und meist reversibel. Ophthalmologische Kontrolluntersuchungen werden empfohlen. Da Ethambutol die renale Sekretion von Harnsäure beeinträchtigen kann, entwickelt sich möglicherweise eine Hyperurikämie mit der Gefahr eines Gichtanfalls. Weiterhin können Exantheme, Pruritus, zentralnervöse Störungen (Kopfschmerz, Verwirrtheit, Halluzinationen), gastrointestinale Störungen und eventuell auch Parästhesien auftreten. Sehr selten sind Blutbildveränderungen (Leukopenie) oder anaphylaktische Reaktionen. Bei bestehender Schädigung des Sehnervs ist Ethambutol kontraindiziert. Streptomycin Auch wenn Streptomycin (Abb. 11) nicht Bestandteil der von der WHO empfohlenen Kombinationstherapie ist, wird das Antibiotikum als Mittel der ersten Wahl eingestuft (Weblink 9). Streptomycin weist innerhalb der Gruppe der Aminoglykoside ein vergleichsweise schmales Wirkspektrum auf. Wegen der bakteriziden Wirkung gegen Tuberkelbakterien wird Streptomycin in Kombination mit anderen Tuberkulostatika zur Tuberkulosetherapie verwendet. Aminoglykoside verändern die Synthese von bakteriellen Proteinen durch Bindung an bakterielle Ribosomen. Dabei kommt es zur Synthese von fehlerhaften und funk- tionslosen Proteinen (“NonsenseProteine“). Trotz der nachgewiesenen engen Korrelation zwischen der Fähigkeit ein “misreading” auszulösen und der bakteriziden Aktivität, ist bislang nicht eindeutig geklärt, ob dieser Mechanismus tatsächlich die Bakterizidie der Aminoglykoside verursacht. Aminoglykoside wirken auch auf nicht proliferierende Erreger. Abb. 11: Chemische Struktur des Aminoglykosids Streptomycin (Streptomycin A). Das Antibiotikum unterscheidet sich von anderen Aminoglykosiden durch den Streptidin-Anteil (1,3-Diguanidino2,4,5,6-tetrahydroxy-cyclohexan, rechte Zuckerstruktur). Dadurch bindet es an unterschiedliche Proteine der 30sUntereinheit bakterieller Ribosomen als andere Aminoglykoside. Da der Angriffsort der Aminoglykoside (Ribosomen) im Zytoplasma liegt, können Aminoglykoside erst nach Penetration der Bakterienzellwand wirksam werden. Dies erfordert im Fall gramnegativer Bakterien ein Durchdringen von mehreren Zellwandschichten. Die innere Membran können Aminoglykoside erst nach Protonierung überwinden. Die hierfür notwendige Protonenkonzentration zwischen den beiden Membranen wird von den Bakterien nur bei ausreichender Sauerstoffversorgung (aerober Stoffwechsel) aufrechterhalten. Dies kann die Wirksamkeit von Aminoglykosiden einschränken, wenn beispielsweise der Erreger-Herd im Körper nicht in ausreichendem Maße mit Sauerstoff versorgt wird. Innerhalb des Zytoplasmas binden die Aminoglykoside an bestimmte Proteine der 30s-, beispielsweise das S12 ribosomale Protein (Streptomycin), sowie auch der 50s-Untereinheit der Ribosomen (nicht Streptomycin). Dies verursacht den Einbau von Aminosäuren, die nicht in der m-RNA kodiert sind (“misreading”) und führt daher zur Synthese von Prote- Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 93 - inen mit veränderter Aminosäuresequenz (“Nonsense”-Proteine). Somit behindern Aminoglykoside die korrekte Translation. Bakterien-Mutanten mit geringfügigen Veränderungen in der Aminosäuresequenz ribosomaler Proteine können, wegen der daraus resultierenden Behinderung der Bindung von Aminoglykosiden, resistent gegenüber der Wirkung dieser Antibiotika sein. Als weiterer Resistenzmechanismus kommen bakterielle Enzyme (z.B. Acetyltransferasen) in Betracht, welche die Aminoglykoside zerstören. Diese enzymatische Inaktivierung gilt bei Streptomycin als wichtigster Resistenzmechanismus. Wegen der strukturellen Unterschiede zwischen Streptomycin (Streptidin) und anderen Aminoglykosiden wie Gentamycin, Tobramycin, Amikacin oder Kanamycin können Bakterien mit Resistenzen gegenüber diesen Aminoglykosiden gegenüber Streptomycin empfindlich bleiben. Zur Behandlung der Tuberkulose wird Streptomycin in der empfohlene Dosis (Tab. 1) einmal täglich appliziert. Aminoglykoside werden aufgrund ihrer Hydrophilie nur in sehr geringem Ausmaß enteral resorbiert. Nach parenteraler Gabe (bevorzugt Kurzinfusion oder i.m.Injektion) verteilt sich Streptomycin rasch und zeigt eine gute Gewebediffusion. Dies betrifft u.a. das Bronchialsekret oder verschiedene Körperflüssigkeiten wie Synovial-, Perikard-, Peritoneal- oder Pleuraflüssigkeit. Dagegen flutet Streptomycin nur geringfügig im Auge, in Knochengewebe oder im Liquor an. Nach i.m. Injektion beträgt die tmax von Streptomycin etwa 1-2 h. Streptomycin wird mit einer Halbwertszeit von ca. 2 h fast ausschließlich in unveränderter Form renal eliminiert (geringer Anteil biliärer Elimination). Dabei akkumuliert Streptomycin in Zellen des proximalen Tubulus (Nephrotoxizität) und im Innenohr und wird aus diesen Organen nur langsam eliminiert. Die bei Niereninsuffizienz erforderliche Dosisanpassung beruht auf der geringen therapeutischen Breite (Oto- und Nephrotoxizität). Dies ist auch der Grund für die empfohlenen Kontrollen der Plasmaspiegel. Dabei ist weniger die maximale, sondern vor allem die minimale Plasmakonzentration kurz vor der nächsten Applikation von Bedeutung (“Talspiegelkontrolle”). Der Talspiegel für Streptomycin, der bei besonders gefähr- deten Patienten bestimmt werden muss, sollte 5 µg/ml nicht überschreiten. Nebenwirkungen von wesentlicher Bedeutung sind die Oto- und die Nephrotoxizität. Beide Effekte werden dadurch begünstigt, dass Aminoglykoside wie Streptomycin in besonders hoher Konzentration in der Nierenrinde und der Endo- und Perilymphe des Innenohrs anfluten. Da die toxischen Wirkungen in beiden Fällen dosisabhängig sind, lässt sich die Gefahr möglicher Schäden durch Kontrollen der Plasmaspiegel begrenzen. Die Ototoxizität der Aminoglykoside äußert sich, entsprechend der physiologischen Funktionen des Innenohrs, durch eine: Schädigung des Gehörapparates irreversible Beeinträchtigung des Hörens, die durch eine Schädigung der sensorischen Haarzellen (Gehörzellen) in der Schnecke des Innenohrs verursacht wird; da zuerst die Sensitivität für hohe Frequenzen verloren geht, wird die Schädigung nur durch audiometrische Untersuchungen auffällig; im weiteren Verlauf kommt es auch zur verminderten Registrierung niedrigerer Frequenzen und damit zu einer deutlichen Hörschwäche; es besteht die Gefahr der Auslösung einer irreversiblen Taubheit, oft ist ein Tinnitus (Ohrgeräusche, z.B. Rauschen) das erste auffällige Symptom Schädigung des Vestibularapparates irreversible Beeinträchtigung des Gleichgewichtes, die durch eine Schädigung der Sinneszellen (Haarzellen) in den Vorhofsäckchen des Innenohrs verursacht wird; häufige Symptome sind Schwindel, Übelkeit und Erbrechen, hinzu kommen Gleichgewichtsstörungen mit Behinderung von Bewegungsabläufen sowie ein Nystagmus (zuckende Augenbewegungen); eine teilweise Erholung wird nach 12 - 18 Monaten beobachtet Bislang ist unklar, auf welche Weise die Aminoglykoside die genannten Schädigungen auslösen. Tierexperimentelle histologische Untersuchungen zeigten eine Abnahme der sensorischen Zellen sowie eine Verschmelzung der Sinneshärchen. Möglicherweise ist auch eine Störung des Gleichgewichtes von Elektrolyten in der Endolymphe, bedingt durch eine Hemmung aktiver Transportprozesse, ursächlich verantwortlich. Die Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 94 - Häufigkeit ototoxischer Wirkungen bei therapeutischer Anwendung wird auf etwa 25 % geschätzt. Als besonders problematisch gelten wiederholte oder langfristige Gaben von Aminoglykosiden. Pharmaka wie z.B. Furosemid oder Etacrynsäure verstärken die ototoxische Wirkung. Im Fall von Streptomycin sollte daher bei normaler Nierenfunktion eine Gesamtdosis pro Therapieperiode von 30 bis 60 g Streptomycin bei Erwachsenen, 15 bis 20 g bei Kindern und 10 g bei Säuglingen nicht überschritten werden. Auch die Nephrotoxizität kommt durch eine Zellschädigung zustande. Betroffen sind hierbei Zellen des proximalen Tubulus in der Nierenrinde, in welchen die Aminoglykoside akkumulieren. Es wird angenommen, dass es vor allem zu einem Schaden der Zellmembranen kommt, welcher auf einer Hemmung membrangebundener Enzyme (z.B. ATPasen) beruhen könnte. Darüber hinaus wird auch eine Behinderung der Funktion von Mitochondrien und Ribosomen vermutet. Die verursachte Zellschädigung führt zu einer leichten Proteinurie sowie zu einer Verringerung der glomerulären Filtrationsrate und einem leichten Anstieg der Kreatininkonzentration im Plasma. Da sich die tubulären Zellen regenerieren können, sind die Schäden fast immer reversibel. Der Grad der Toxizität korreliert mit der Höhe der konstanten Plasmakonzentration, die bei einer mehrmaligen Gabe nicht unterschritten wird und am Ende des Dosierungsintervalls messbar ist (“Talspiegelkontrolle”). Als Folge der nephrotoxischen Wirkung kommt es auch zu einer verminderten Ausscheidung der Aminoglykoside. Hierin liegt das eigentliche Gefahrenpotential, denn die sich daraus ergebende Steigerung der Plasmakonzentration erhöht das Risiko der ototoxischen Wirkung. In einigen Fällen, z.B. nach rascher i.v.Gabe oder intrapleuraler bzw. intraperitonealer Instillation, wurde eine neuromuskuläre Blockade mit Einschränkung der Atemfunktion bis zum Atemstillstand beobachtet. Diese Wirkung hängt vermutlich damit zusammen, dass Aminoglykoside an der motorischen Endplatte die Freisetzung von Azetylcholin aus den Nervenendigungen sowie die Sensitivität nikotinerger Rezeptoren reduzieren kön- nen. Solche Zwischenfälle sind allerdings selten. Sie werden jedoch durch gleichzeitige Gabe von z.B. Muskelrelaxantien oder bei bestehender Myasthenia gravis verstärkt. Andere ebenfalls seltene Wirkungen auf das Nervensystem umfassen Parästhesien, Gesichtsfeldausfälle (Skotome) oder periphere Neuritiden. Die häufig auftretenden allergischen Reaktionen äußern sich vor allem als Exantheme, Urtikaria, Pruritus oder Fieber. In einigen Fällen wurden jedoch auch schwerwiegende Hautreaktionen sowie anaphylaktischer Schock beobachtet. Auch Blutbildveränderungen wie z.B. Leuko-, Thrombo- oder Granulozytopenie sowie Eosinophilie und Anämie können auftreten. Tuberkulostatika der Reserve Bei Resistenzen gegenüber Tuberkulostatika der ersten Wahl, multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB, Resistenz gegen Isoniazid und Rifampicin) bzw. bei einem Rezidiv können eine Reihe weiterer Tuberkulostatika eingesetzt werden (Tab. 2). Auch bei diesen Arzneistoffen wird zwischen solchen erster und zweiter Wahl unterschieden. Nicht alle diese Wirkstoffe sind in Deutschland im Handel. Rifabutin Rifabutin ist wie Rifampicin ein Ansamycinderivat. Es ist daher in Bezug auf den Wirkungsmechanismus, das Wirkspektrum, die pharmakokinetischen Eigenschaften sowie die Nebenwirkungen und Kontraindikationen in etwa mit Rifampicin vergleichbar. Nach in-vitro-Untersuchungen wirkt Rifabutin auch gegen etwa 30-50 % der Rifampicin-resistenten M. tuberculosis-Stämme. Die Wirkung gegen “atypische” Mykobakterien (u.a. M. avium, M. kansasii oder M. marinum) reduziert nach prophylaktischer Gabe die Häufigkeit der bei AIDS auftretenden Infektionen mit M. avium intracellulare (ca. 20 %) um etwa die Hälfte. Eine manifeste Infektion lässt sich mit Rifabutin (in Kombination mit anderen Antituberkulotika) z.T. erfolgreich behandeln. Protionamid Protionamid ist ein vergleichsweise geringer wirksames Tuberkulostatikum, welches aufgrund häufiger Nebenwirkungen und rascher Resistenz- Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 95 - Einstufung Arzneistoff oral verfügbare Arzneistoffe der ersten Wahl • • • Pyrazinamid Ethambutol Rifabutin parenteral verfügbare Arzneistoffe • • • • Kanamycin Amikacin Streptomycin Capreomycin1 Fluochinolone (Gyrasehemmer) • • • Levofloxacin Moxifloxacin Ofloxacin orale verfügbare bakteriostatische Arzneistoffe der zweiten Wahl • • • • • para-Aminosalicylsäure Cycloserin1 Terizodon Ethionamid1 Protionamid Arzneistoffe mit unklarem Stellenwert bei der MDR-TB • • • • • • • Clofazimim1 Linezolid2 Amoxicillin/Clavulansäure Thioacetazon Imipenem/Cilastatin hoch dosiertes Isoniazid3 Clarithromycin Tab. 2: Gruppen von Arzneistoffen, die der WHO zur Behandlung der multiresistenten Tuberkulose empfohlen werden (1in Deutschland nicht im Handel, 2in Deutschland nicht für die Behandlung der Tuberkulose zugelassen 3entspricht 16-20 mg/kg Körpergewicht, aus Weblink 9). entwicklung nur als Reservetherapeutikum bei der Kombinationsbehandlung der MDR-TB eingesetzt wird. Der Wirkungsmechanismus ist nicht bekannt. Vermutet wird, dass die Substanz ähnliche Effekte auslöst wie Isoniazid. Das Wirkspektrum erfasst neben tuberkulösen auch einige “atypische” Mykobakterien (bakteriostatische Wirkung in therapeutischer Konzentration). Protionamid wird rasch resorbiert und weist eine gute Gewebediffusion, auch in den Liquor, auf. Die Substanz wird nahezu vollständig metabolisiert und in Form der Metaboliten überwiegend renal eliminiert. Die Halbwertszeit variiert von 1-3 h. Häufige Nebenwirkungen von Protionamid sind gastrointestinale Störungen (Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe), Leberschäden mit und ohne Ikterus (Transaminasenanstieg), periphere Neuritiden (PyridoxinProphylaxe), Kopfschmerz, Schwindel sowie Störungen des Geschmackssinnes. Daneben löst Protionamid u.a. auch zentralerregende Wirkungen (Unruhe, Krämpfe, Schlafstörungen), psychotische Reaktionen, Blutbildveränderungen (Leuko- und Neutropenie), Hautreaktionen (Pellagra, Akne, Lichtdermatose) und Stoffwechselstörungen (Gynäkomastie, Hyperglykämie, Hypothyreose) aus. Bei vorliegenden Psychosen, schweren Störungen der Leberfunktion sowie im 1. Trimenon der Schwangerschaft ist Protionamid kontraindiziert. Terizidon Ähnlich wie Protionamid ist auch Terizidon ein Tuberkulostatikum, welches nur als Reservetherapeutikum eingesetzt wird. Die Substanz leitet sich von Cycloserin, einem wegen ausgeprägter Nebenwirkungen heute in Deutschland nicht mehr verwendeten Chemotherapeutikum, ab. Terizidon wirkt im Wesentlichen gegen tuberkulöse Mykobakterien, zeigt aber auch Aktivität gegenüber Staphylococcus aureus und epidermidis. Der Wirkstoff wird nach oraler Gabe nahezu vollständig resorbiert. Die Metabolisierungsrate ist sehr gering und die Elimination erfolgt überwiegend über Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 96 - die Nieren. Dabei beträgt die Halbwertszeit ca. 21 h. Bei eingeschränkter Nierenfunktion ist eine Dosisanpassung erforderlich. Terizodon löst häufig zentralnervöse Störungen aus. Hierzu zählen Krampfanfälle, Zittern, Schlaflosigkeit, Verwirrtheit, Verminderung des Reaktionsvermögens, Trunkenheitsgefühl, Erregung, Parästhesie oder psychische Störungen (z.B. Depression). Daneben treten auch gastrointestinale Störungen (Diarrhöe, Meteorismus, Abdominalschmerz) sowie Hautausschläge auf. Bei Überempfindlichkeit gegen Cycloserin ist Terizodon kontraindiziert. Eine besonders vorsichtige Anwendung wird bei Psychosen, Krampfneigung, Zerebralsklerose, Alkoholismus, Niereninsuffizienz, Schwangerschaft, Stillzeit sowie Frühund Neugeborenen empfohlen. p-Aminosalicylsäure p-Aminosalicylsäure (4-Amino-2-hydroxybenzoesäure) ist ein bakteriostatisch wirksames Tuberkulostatikum, welches ebenfalls das Entstehen von Resistenzen gegenüber Streptomycin und Isoniazid hemmen kann. Die Substanz wirkt ähnlich wie Sulfonamide inhibitorisch auf die bakterielle Dihydropteroat-Synthase und vermindert die Synthese von Dihydrofolsäure und somit die Nukleinsäure-Synthese. Möglicherweise tragen weitere bislang jedoch nicht bekannte Mechanismen zur tuberkulostatischen Wirkung bei. Bei oraler Anwendung muss die Substanz magensäurefest überzogen sein um die säureinduzierte Bildung hepatotoxischer Metabolite im Magen zu verhindern. Die angegebene Zeit bis zum Erreichen der maximalen Plasmakonzentration beträgt etwa 6 h. Der Arzneistoff wird durch Konjugation mit Glycin sowie Acetylierung metabolisiert und wird durch glomeruläre Filtration und tubuläre Sekretion renal eliminiert. Die Halbwertszeit beträgt etwa 62 h. Allerdings muss das entsprechende Granulat dreimal täglich gegeben werden. Dies entspricht bei einen Erwachsenen insgesamt 12 g Arzneistoff pro Tag. Häufige Nebenwirkungen sind Benommenheit, VestibularSyndrom, Abdominalschmerzen, Erbrechen, Übelkeit, Blähungen, Diarrhöe, weicher Stuhl sowie Hautallergie, und Hautausschlag. Bei Überempfindlichkeit oder einer schweren Störung der Nierenfunktion ist p-Aminosalicylsäure kontraindiziert. Patienten mit einem Magenge- schwür oder einer Beeinträchtigung der Leberfunktion sollen nur mit besonderer Vorsicht behandelt werden. Ähnliches gilt in der Schwangerschaft. Da der Arzneistoff in die Muttermilch übergeht, soll während der Behandlung auf das Stillen verzichtet werden. Neue Tuberkulostatika Schließlich sind seit kurzer Zeit neu entwickelte Tuberkulostatika für die Behandlung MDR-TB verfügbar geworden. Diese beiden Wirkstoffe wurden bereits in einem vorherigen Beitrag auf der Grundlage eines Fortbildungsvortrages besprochen (Weblink 14) und werden daher hier nur kurz zusammengefasst dargestellt. Sie sind nicht Bestandteil der aus dem Jahr 2010 stammenden TherapieEmpfehlungen der WHO (Weblink 9). Bedaquilin Bedaquilin ist ein neuer Arzneistoff zur Behandlung der (bislang noch) seltenen multiresistenten Tuberkulose, die durch eine Resistenz gegen Isoniazid und Rifampicin gekennzeichnet ist und eine Mortalität von ca. 44 % aufweist. Bedaquilin wirkt über einen neuen Mechanismus. Es bindet an die F0 Untereinheit der ATP-Synthase und hemmt die mykobakterielle ATP-Synthase (Abb. 6). Nach den bisherigen klinischen Prüfungen bewirkt Bedaquilin als „addon“ zu einer Basismedikation eine deutlich raschere Sputumkonversion und eine Steigerung der Heilungsrate nach WHO Kriterien von 32 % auf 58 %. Die Zulassung ist vorläufig, weil bislang keine Phase III Studie vorliegt. Sehr häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, Schwindel, Nausea, Erbrechen und Arthralgie. Bedaquilin kann eine Verlängerung der QTc Zeit auslösen und interagiert daher mit vielen Arzneistoffen und Erkrankungen, die den gleichen Effekt aufweisen (Vorsichtsmaßnahmen bzw. Überwachung erforderlich). Delamanid Delamanid ist ein weiterer neuer Arzneistoff zur Behandlung der (bislang noch) seltenen multiresistenten Tuberkulose. Delamanid wirkt über einen neuen Mechanismus. Es hemmt die Synthese der Methoxy- und Ketomykolsäure und bewirkt auf diese Weise für die Mycobakterien tödliche Schäden der Zellwand (Abb. 6). Nach den bisherigen klinischen Prüfungen bewirkt Delamanid als „add-on“ zu einer Basismedikation eine Steigerung der Sputumkonversion Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 97 - bzw. eine Reduktion der Erregerzahl auf ein nicht mehr nachweisbares Niveau. Die Zulassung ist vorläufig, weil bislang keine Phase III Studie vorliegt. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Übelkeit, Erbrechen und Schwindel. Delamanid kann eine Verlängerung der QTc Zeit auslösen und interagiert daher mit vielen Arzneistoffen und Erkrankungen, die den gleichen Effekt aufweisen (Vorsichtsmaßnahmen bzw. Überwachung erforderlich). Pharmazeutische Betreuung Nach den derzeitig gültigen Empfehlungen zur Erstbehandlung der Tuberkulose müssen die Patienten über zwei Monate hinweg 3 verschiedene Fertigarzneimittel einnehmen, wenn die Fertigkombination aus Rifampicin und Isoniazid verordnet wurde. Um die Kombinationstherapie in der richtigen Dosierung zu gewährleisten müssen die Patienten trotz der Fixkombination etwa 9 oder mehr Tabletten am Tag einnehmen (siehe unten). Daher sollten im Rahmen der pharmazeutischen Betreuung von Tuberkulosepatienten alle Maßnahmen zum Tragen kommen, die die Einhaltung der TherapieAdhärenz unterstützen. Durch eine unzureichende Adhärenz kann nicht nur der erwünschte therapeutische Effekt ausbleiben, sondern es können sich dadurch auch Resistenzen entwickeln, die eine weitere Behandlung erschweren und verlängern. Grundsätzlich sollten die Patienten befragt werden, ob ihnen Nutzen und Gefahren der Kombinations-Therapie bekannt sind. Die Patienten sollten auch darauf hingewiesen werden, wie wichtig die unbedingte Einhaltung der Adhärenz für den Erfolg und die Sicherheit der Therapie ist. Weiterhin sollten die Patienten befragt werden, • ob sie die richtige Dosierung für sich kennen und wissen wie diese einzunehmen ist, • ob sie wissen, dass nur die richtig eingenommene Kombinationsthe- rapie zur Heilung der Tuberkulose führt, • ob sie wissen, dass eine falsch eingenommene Kombinationstherapie die Ausbildung von Resistenzen begünstigen kann, die eine weitere Behandlung erschweren und verlängern, • ob sie wissen was zu tun ist, wenn die Einnahme einer Tablette vergessen wurde (siehe unten), • ob sie wissen, dass sie während der Behandlung keinen Alkohol trinken dürfen und • ob sie wissen, dass sie auch rezeptfreie Arzneimittel nicht ohne ärztlichen Rat einnehmen sollten. Bezogen auf einen Erwachsenen mit einem Körpergewicht von 60 kg würde sich nach den jeweiligen Fachinformationen (Weblinks 13, 15, 16) beispielsweise folgendes Einnahme-Schema ergeben: Rifampicin 150 mg/Isoniazid 100 mg: 3 Tabletten, Einnahme mit reichlich Flüssigkeit auf nüchternen Magen, d.h. am besten mindestens 30 min vor dem Frühstück (bei gastrointestinalen Unverträglichkeiten auch mit einer leichten Mahlzeit), bei vergessener Dosis nicht am nächsten Tag die doppelte Dosis einnehmen Pyrazinamid 500 mg: 3 Tabletten, Einnahme unzerkaut mit reichlich Flüssigkeit vor oder nach einer Mahlzeit, keine Angabe zum Verhalten bei vergessener Einnahme Ethambutol 400 mg: 3 Tabletten, morgendlichen Einnahme mit reichlich Flüssigkeit auf nüchternen Magen, keine Angabe zum Verhalten bei vergessener Einnahme Schließlich ist es wegen der vielen möglichen Wechselwirkungen, vor allem durch die starke Enzyminduktion bei Rifampicin, bei jeder Neuverordnung oder jedem Selbstmedikationswunsch ratsam eine Prüfung auf mögliche Interaktionen durchzuführen. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2017;11(3):76-100 Pharmakotherapie der Tuberkulose - 98 - Erklärung zu Interessenkonflikten Der Autor erhielt Forschungsgelder1 sowie dienstlich genehmigte Beratungs-2 und Referentenhonorare3 von den Arzneimittelherstellern: Actavis1, Alcon3, Allergan2, Boehringer3, Mundipharma3, Schwarz Pharma1, Pfizer1,2 und Shire1-3 Hinweis Der vorliegende Beitrag ist eine Aktualisierung des Kapitels 12.13 „Pharmaka zur Behandlung von Infektionen durch Mykobakterien“ des Lehrbuches: Kojda G, Pharmakologie Toxikologie Systematisch, UNI-MED-Verlag, Bremen, 2.Auflage 2002 Weblinks 1) Webseiten des Robert Koch Instituts, Geschichte des Instituts, Zugriff an 9.05.2017 http://www.rki.de/DE/Content/Institut/Geschichte/robert_koch_node.html 2) Webseiten der World Heath Organisation (WHO). „Global tuberculosis report 2016“ Zugriff am 11.05.2017 (in englischer Sprache) http://www.who.int/tb/publications/global_report/en/ 3) Webseiten der Centers for Disease Control and Prevention, Public Health Image Library, Atlanta, USA, Bilder #18138, #6806 (Greg Knobloch) und #3752 (Donald Kopanoff), Zugriff am 22. und 30.05.2017 (in englischer Sprache) https://phil.cdc.gov/phil/home.asp 4) Webseiten des Robert Koch Instituts, Infektionsepidemiologisches Jahrbuch 2015, Zugriff an 11.05.2017 http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Jahrbuch/Jahrbuecher/2015.html?nn=2374622 5) Deutsches Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose, Dr. med. Nicolas Schönfeld, Tuberkulose bei Geflüchteten - was Sie beachten sollten. Pneumonews 2016;8:45-48, Zugriff am 30.05.2017 http://www1.pneumologie.de/dzk/files/Fortbildung-Tuberkulose-bei-Asylsuche.pdf 6) Kojda G. Tumornekrosefaktor alpha Blocker zur Therapie der rheumatoiden Arthritis. Fortbildungstelegramm Pharmazie 2009;3:258-274 https://www2.hhu.de/kojda-pharmalehrbuch/FortbildungstelegrammPharmazie/Fortbildungsartikel.html#2009 7) Webseiten der World Heath Organisation (WHO). Guidelines on the management of latent tuberculosis infection, Zugriff am 22.05.2017 (in englischer Sprache) http://www.who.int/tb/publications/latent-tuberculosis-infection/en/ 8) Webseiten der World Heath Organisation (WHO). Use of tuberculosis interferongamma release assays (IGRAs) in low- and middle-income countries. Zugriff am 22.05.2017 (in englischer Sprache) http://www.who.int/tb/publications/tb-igras-statement/en/ 9) Webseiten der World Heath Organisation (WHO). 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