95 arznei-telegramm 10/96 Warenzeichen in Österreich und Schweiz (Beispiele) Didanosin: VIDEX (A, CH) Ethambutol: MYAMBUTOL (A, CH) Isoniazid: RIMIFON (A, CH) Pyrazinamid: PYRAFAT (A) PYRAZINAMID LEDERLE (CH) Rifampicin: RIMACTAN (A, CH) Streptomycin: STREPTOMYCINSULFAT BIOCHEMIE (A) STREPTOTHENAT (CH) Die Frage der Kanzerogenität beantwortet die CLIMEN-Fachinformation7 gleichlautend wie eine Presseerklärung8 der Firma von Anfang 1995: „Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist derzeit ungewiß.” Aus Tierversuchen schließen Toxikologen, daß Cyproteron „nicht nur als Tumorpromotor, sondern auch als direkt auslösendes und somit komplettes Karzinogen in der Rattenleber wirken kann”.9 In Dosierungen von 120 mg/kg unterdrückt Cyproteron drastisch die Apoptose in der Leber der Ratte, einen körpereigenen Schutzmechanismus zur Eliminierung von Karzinomzellen.10 FAZIT: Schering bringt mit CLIMEN eine Östrogen-Antiandrogen-Kombination zur Behandlung von Beschwerden in den Wechseljahren in den Handel, für deren Cyproteronazetat-Bestandteil in-vitro- und in-vivo-Daten Hinweise auf Kanzerogenität geben. Bei Arzneimitteln, die jahre- bis jahrzehntelang eingenommen werden, halten wir es für nicht vertretbar, die klinische Bedeutung solcher Befunde als „ungewiß” zu verharmlosen. Die Zulassung von CLIMEN mit breiter Indikation widerspricht dem Gebot des vorbeugenden Verbraucherschutzes. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Pressedienst Nr. 3/95 vom 30. März 1995 Pop Rocky 6/89, 58 SCHRAM, J. H. N. et al.: Maturitas 22 (1995), 121 TUPPURAINEN, M. et al.: Maturitas 22 (1995), 55 Ärzte Zeitung vom 18. Sept. 1996 SCHWARZ, B.: Pharm. Ztg. 141 (1996), 3276 CLIMEN-Fachinformation, Stand Juni 1996 Schering: Presseinformation vom 8. Febr. 1995 DEML, E. et al.: Carcinogenesis 14 (1993), 1229 ROBERTS, R. A. et al.: Carcinogenesis 16 (1995), 1693 Vitamin B : 6 BENADON (A, CH) Übersicht Zalcitabin: HIVID (A, CH) HIV-ASSOZIIERTE INFEKTIONEN – THERAPIE UND PROPHYLAXE (II) In a-t 8 (1996), 78 finden Sie einen Überblick über Behandlung und Prophylaxe der häufigsten opportunistischen Infektionen bei HIV-Erkrankung – Pneumoncystiscarinii-Pneumonie und Mykosen – sowie der Toxoplasmose, die seit Aufkommen von AIDS an klinischer Bedeutung gewonnen hat. Wir setzen den Beitrag in dieser Ausgabe fort. Die tabellarische Übersicht über Behandlungsschemata der ersten und zweiten Wahl, Kosten und wichtigste Störwirkungen in der Mitte des Heftes auf Seite 98/99 können Sie heraustrennen. #10 #11 #12 #13 #14 #15 #16 #17 #18 #19 #20 #21 #22 Tuberkulose Im Unterschied zu anderen opportunistischen Erkrankungen kann die Tuberkulose als Primär- oder endogene Reinfektion auch Patienten in der frühen Phase der HIV-Infektion betreffen. Mit sinkender CD4-Zellzahl nimmt die Häufigkeit zu. Etwa die Hälfte aller mit M. tuberculosis infizierten HIV-Patienten erkranken im Laufe ihres Lebens.1 Im frühen Stadium der Immunschwäche entspricht das klinische Bild mit typischer Kavernenbildung im Oberlappen als Erstmanifestation dem nicht HIV-Infizierter. Der Tuberkulintest fällt positiv aus, im Bronchialsekret lassen sich die Mykobakterien nachweisen. Im fortgeschrittenen HIV-Stadium ist ein disseminierter Befall bis hin zu septikämischen Verläufen typisch. Knochenmark, Leber, Lymphknoten, Herzbeutel oder Hirnhaut können betroffen sein. Tuberkulintest und Keimnachweis im Bronchialsekret verlaufen häufig negativ.2 Bei Tuberkulin-negativen Patienten soll jährlich mit Hilfe des Tuberkulintests nach einer Infektion gefahndet werden – trotz sinkender Aussagekraft der Untersuchung. THERAPIE: Bei begründetem Verdacht auf aktive Tuberkulose, besonders bei Nachweis säurefester Stäbchen, soll eine antituberkulotische Therapie beginnen, noch bevor die Ergebnisse der obligaten (!) Kultur eintreffen.3 Die Standardkurzzeittherapie3,4 mit Isoniazid (INH; ISOZID u.a.), Rifampicin (RIFA u.a.), Pyrazinamid (PYRAFAT u.a.) und Ethambutol (MYAMBUTOL u.a.) oder Streptomycin (STREPTO-FATOL u.a.) über zwei Monate, gefolgt von Isoniazid plus Rifampicin über weitere vier Monate wird nur für unkomplizierte Verläufe empfohlen. Bei verzögerter Keimelimination muß die Zweifach-Therapie für mindestens sechs Monate nach Erzielen negativer Kulturen fortgesetzt werden.5 Besteht oder entwickelt sich Resistenz gegen Rifampicin und/oder Isoniazid, gelten die Empfehlungen zur Behandlung der multiresistenten Tuberkulose (s. a-t 8 [1995], 83). Isoniazid schädigt vor allem Leber und periphere Nerven. Bei HIV-Infizierten löst das Antituberkulotikum gehäuft Psychosen aus. Die Kombination mit Zalcitabin (HIVID) und anderen neurotoxisch wirkenden Medikamenten verstärkt das Neuropathie-Risiko. Zusätzlich täglich 20 mg bis 25 mg Vitamin B6 (z.B. in TEBESIUM) mindern die Gefahr. Rifampicin schädigt die Leber bei bis zu 5% der Patienten und beschleunigt die Verstoffwechselung anderer Arzneimittel durch Enzyminduktion. Es senkt z.B. die Saquinavir (USA: INVIRASE)- und Ritonavir (USA: NORVIR)Konzentrationen im Blut. Gleichzeitige Einnahme von Didanosin (VIDEX) und Rifampicin wird mit unerwarteten Todesfällen in Verbindung gebracht. Auch Pyrazinamid stört die Leberfunktion bei bis zu 20% der Anwender. Weitere typische unerwünschte Wirkungen sind Hyperurikämie und Arthralgien. Ethambutol verursacht Störungen des Sehvermögens bis hin zu Optikusneuritis, Streptomycin vor allem Innenohrschwerhörigkeit und Nierenschäden. PRIMÄRPROPHYLAXE: Nach US-amerikanischen Empfehlungen erhalten alle Patienten mit positiver Tuberkulinreaktion (mindestens 5 mm Durchmesser bei Test mit 5 E gereinigtem Tuberkulin) nach Ausschluß einer aktiven Tuberkulose über 12 Monate vorbeugend Isoniazid, sofern nicht schon früher eine Chemoprophylaxe oder -Therapie durchgeführt wurde.6 Nach Auffassung hiesiger Autoren kommt eine präventive Behandlung nur für Patienten mit CD4-Zellzahl unter 100/µl und Primärinfektion in der Anamnese in Betracht.5 Unumstritten ist die INH-Prophylaxe – unabhängig von früherer Chemoprävention und Tuberkulinreaktion – nach Exposition mit einer offenen Lungentuberkulose. SEKUNDÄRPROPHYLAXE: Im Anschluß an die Akutbehandlung eines Tuberkuloserezidivs soll einem erneuten Rückfall lebenslang vorgebeugt werden.3 Über die Sekundärprophylaxe nach Ersterkrankung besteht keine Einigkeit.6,7 Mycobacterium-avium-Komplex-Infektionen Atypische Mykobakterien wie M. avium oder M. intracellulare (M. avium complex [MAC]) befallen im Unterschied zu Tuberkelbakterien fast nur stark abwehrgeschwächte Patienten. Etwa jeder fünfte mit CD4-Zellzahl unter 50/µl erleidet eine disseminierte Infektion. Die unspezifischen Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Durchfall und Anämie sind von der fortschreitenden HIV-Erkrankung selbst schwer zu unterscheiden. Häufig steigt die alkalische Phosphatase. Unbehandelt überleben Patienten mit disseminierter MACInfektion durchschnittlich vier Monate.8 THERAPIE: Mindestens zwei, wahrscheinlich besser drei Antibiotika werden kombiniert, um eine schnelle Resistenzentwicklung zu verhindern. Nach Empfehlungen ei-