4 Grenzverteilungen Def. 5.10 Ein Zustand i heißt periodisch mit der Periode d, falls d größter gemeinsamer Teiler aller der Zahlen n ∈ Z+ ist, für die pii(n) > 0 gilt. Ist d = 1, so heißt der Zustand i aperiodisch. Falls für alle Zahlen n ∈ Z+ pii(n) = 0 gilt, so setzen wir d := ∞. Satz 5.4 Es sei i ∈ S ein periodischer Zustand mit Periode d. Desweiteren kommuniziere er mit einem weiteren Zustand j (i ←→ j). Dann hat auch der Zustand j die Periode d. Beweis: Nach Voraussetzung ist i periodischer Zustand mit Periode d. Folglich lassen sich alle Zahlen k mit pii(k) > 0 durch k = k0 · d, für eine Zahl k0, darstellen. Da die Zustände i und j miteinander kommunizieren, existieren weitere Zahlen n und m, so daß gilt: pij (n) > 0 und pji(m) > 0. 437 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Daraus folgt mit Hilfe der Rekursion von C HAPMAN – KOLMOGOROFF: pii(n + m) = X pil (n) · pli(m) l∈S ≥ pij (n) · pji(m) > 0 Folglich ist d Teiler der Summe n + m. Es gelte nun pjj (r) > 0 für ein gewisses r. Dann gilt: X pii(n + m + r) = pil (n) · pls(r) · psi(m) l,s∈S ≥ pij (n) · pjj (r) · pji(m) > 0 Wir stellen also fest: d teilt m + n + r d teilt r. d teilt m + n Folglich ist der Zustand j periodisch mit Periode d0, wobei gilt: d0 ≤ d. Da die Relation ←→“ symmetrisch ist, gilt auch: j ←→ ” i. Mit der gleichen Beweisführung wie oben können wir 438 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin dann zeigen, daß gilt: d ≤ d0. Daraus folgt: Die Zustände i und j haben die gleiche Periodenlänge. 2 Es sei nun i ein Zustand aus dem Zustandsraum S. Wir betrachten die folgende Zufallsgröße: 2 . . . n . . . 1 Y : . fi(1) fi(2) . . . fi(n) . . . Wir definieren die mittlere Rückkehrzeit in den Zustand i: µi := ∞ X n · fi(n) = EY. n=1 Def. 5.11 Es sei i ein Zustand aus dem Zustandsraum S. Der Zustand i heißt positiv rekurrent, falls µi < ∞ gilt. Ist dagegen µi = ∞, so nennen wir den Zustand i Null–rekurrent. 439 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Es gelten für einen beliebigen Zustand i die folgenden Zusammenhänge (ohne Beweis): • µi < ∞ genau dann, wenn lim pii(n) > 0; n→∞ • µi = ∞ genau dann, wenn lim pii(n) = 0. n→∞ • Ist der Zustand i positiv rekurrent und aperiodisch, so gilt: 1 µi = . lim pii(n) n→∞ Def. 5.12 Eine M ARKOFF’sche Kette {Xt}t∈T heißt ergodisch, falls der Zustandsraum S nur aus positiv–rekurrenten und aperiodischen Zuständen besteht. Eine irreduzible M ARKOFF’sche Kette {Xt}t∈T auf einem endlichen Zustandsraum S ist ergodisch. 440 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Satz 5.5 (Ergodensatz) Eine homogene M ARKOFF’sche Kette {Xt}t∈T ist genau dann irreduzibel und ergodisch, wenn für alle Zustände i ∈ S gilt: pj := lim pij (n) > 0. n→∞ Außerdem gilt µj = 1 pj und {pj } ist eindeutig bestimmt durch: pj = ∞ X pi · pij . i=1 {pi} heißt stationäre oder Finalverteilung. Die stationäre Verteilung kann also nach obiger Gleichung ermittelt werden. Wir definieren: p 1 p2 . p := . . pj .. 441 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Dann gilt offenbar: p 1 p2 T . p= . =M pj .. p 1 p2 . · . . pj .. Also gilt: MT · p = p = λ · p mit λ = 1. Eigenwertgleichung für den Eigenwert 1. p ist Eigenvektor zum Eigenwert 1. Bem. 25 M und MT haben dieselben Eigenwerte. Folg. 15 Sei M die Übergangsmatrix einer M ARKOFF’schen Kette mit endlich vielen Zuständen (in der Form, in der die Äquivalenzklassen ablesbar sind) Dann gilt: Die Vielfachheit des Eigenwertes 1 ist gleich der Anzahl der rekurrenten Äquivalenzklassen. Beweis: Jede Teilübergangsmatrix von Äquivalenzklassen hat den einfachen Eigenwert 1 (Finalverteilung ein442 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin deutig!) 2 Bsp. 5.7 Wir betrachten eine M ARKOFF’sche Kette über einem dreielementigen Zustandsraum, die die folgende Übergangsmatrix M besitzt: M = 1 1 2 2 0 3 1 . 0 4 4 0 0 1 Äquivalenzklassen: {1, 2}, {3}. Wir ermitteln die Eigenwerte: 0 = det(M − λ · I) 1 −λ 1 0 2 2 3 1 = 4 4 − λ 0 0 1−λ 0 1 1 3 = (1 − λ) · 2 − λ · 4 − λ − 8 443 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Der erste Eigenwert: λ1 = 1. Weiter: 1 3 1 0 = 2−λ · 4−λ −8 3 1 3 = − λ + λ2 − 8 4 8 3 1 = λ2 − λ − 4 4 r 9 3 16 + λ2,3 = ± 8 r 64 64 3 25 = ± 8 64 3 5 λ2 = + = 1 8 8 1 λ3 = − 4 Also: Eigenwerte: λ1 = λ2 = 1 und λ3 = − 14 . Der Eigenwert 1 hat folglich die Häufigkeit 2, und somit gibt es zwei rekurrente Äquivalenzklassen. Folg. 16 Falls X i pij = X pij = 1 j so sind die stationären Verteilungen einer endlichen irreduziblen Markoffschen Kette Gleichverteilungen. 444 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Beweis: Es gilt für die stationäre Verteilung (p1, . . . , pn): X pipij = pj i = pj X pij i Daraus folgt ∀j X (pi − pj )pij = 0, Xi (pi − pj0 )pij0 = 0, insbesondere j0 = min pj j i Wegen (pi − pj0 ) ≥ 0 folgt pj0 = pi ∀i, d.h. pi = n1 . 2 Folg. 17 Ist die Übergangsmatrix einer endlichen irreduziblen Markoffschen Kette symmetrisch so sind die stationären Verteilungen Gleichverteilungen. 445 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Veranschaulichung von lim pjj (n) = 1 µj und des Er- godensatzes {Xt}: homogene Markoffsche Kette j: rekurrenter Zustand, X0 = j (j fest). 1, falls Xk = j Yk = 0, sonst. P (Yk = 1) = pjj (k), EYk = pjj (k) Anzahl der Wiederkehrzeitpunkte im Zeitraum 1, . . . , N N X Yk = k N . k=1 Beobachtete mittlere Anzahl der Wiederkehrpunkte pro Schritt (im Zeitraum 1, . . . , N ) N N kN 1 X 1 X kN ∼ E = E Yk = EYk N N N n=1 N n=1 N 1 X pjj (n) = N n=1 446 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin Mittlere beobachtete Wiederkehrzeit im Zeitraum 1, . . . , N N → µj kN =⇒ N 1 1 X pjj (n) →N →∞ N n=1 µj Andererseits: N 1 1 X pjj (n) →N →∞ pj = . lim pjj (n) = pj =⇒ n→∞ N n=1 µj 447 W.Kössler, Humboldt-Universität zu Berlin