Aufgaben Genetik - Molekulare Grundlagen der Vererbung Kurs 12

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Aufgaben
Genetik - Molekulare Grundlagen der Vererbung
Kurs 12
In der Zelle tickt ein Uhrwerk1
Komplizierte Kontrolle des Zellzyklus / Defekte führen zu Krebs / Ansatz für künftige Therapien
Neue Zellen entstehen nur, indem sich eine vorhandene Mutterzelle teilt. Diese grundlegende Erkenntnis ist
schon lange bekannt, aber erst in den vergangenen zehn Jahren hat man mit den Mitteln der Molekularbiologie
allmählich erkennen können, welch große Bedeutung der Zellteilung und der Phasen zwischen den Zellteilungen
bei den Lebensvorgängen zukommt. Dieser Prozeß kann nur deshalb so präzise ablaufen, weil die einzelnen
Stationen des Zellzyklus exakt aufeinander abgestimmt sind. Inzwischen sind weit mehr als 50 Gene bekannt, die
das komplizierte Zusammenspiel steuern. Die Produkte dieser Gene sind zugleich die Taktgeber und Kontrolleure
des Zellzyklus.
Defekte in den Genen können zu einer Fehlsteuerung des Zellzyklus führen und unter Umständen Tumore
auslösen. Zu den beteiligten Erbfaktoren gehört das Gen p53, das bei zahlreichen Krebsarten mutiert ist. Diese
Entdeckungen haben unter anderem dazu geführt, daß genetische Ursachen bei der Bekämpfung von Krebs immer
wichtiger werden...
Bevor sich eine Zelle teilt, muß sichergestellt sein, daß für jede Tochterzelle eine - und nur eine - Kopie des
Erbguts zur Verfügung steht. Die Verdoppelung der Desoxyribonukleinsäure, die DNS-Replikation, wird im
Zellkern durch sogenannte Proteinkinasen eingeleitet. Diese Kinasen verbinden sich dazu mit weiteren Proteinen
aus der Gruppe der Cycline. Der Komplex stößt die Replikation des Erbguts an. Gleichzeitig verhindert er, daß sich
die Chromosomen trennen, bevor zwei komplette Kopien vorliegen. Erst wenn die DNS-Stränge vollständig
vervielfältigt wurden, zerfällt der Proteinkinase-Komplex. Im folgenden Schritt wird das Cyclin abgebaut, und die
Zelle kann in die nächste Phase eintreten. Dort ist wieder eine Schranke eingebaut. Nur die Koppelung einer
weiteren Proteinkinase mit einem anderen Cyclin kann den nun anstehenden Schritt, die Zellteilung, einleiten.
Nach der Trennung der Tochterzellen beginnt der Zyklus mit der Herstellung der verschiedenen Cyclinmoleküle
und Kinasen von neuem. Auf diese Weise wird in der Zelle eine Kaskade von Ereignissen in Gang gehalten, die
sicherstellt, daß Ablauf und Zeitplan des Zellzyklus genau eingehalten werden.
Mit Mutationsexperimenten an Hefepilzen konnten die Forscher viele der beteiligten Gene und Proteine ausfindig
machen. Wie diese Moleküle ihre Funktion in den Zellen ausüben, ist allerdings noch weitgehend unbekannt.
Erste Einblicke haben Untersuchungen an dem Hefepilz Saccharomyces cerevisae ergeben. Dabei wurden
Zellbiologen auf eine "Zinkfinger" genannte Struktur des Enzyms Polymerase E aufmerksam. Die Polymerase wirkt
bei der Verdoppelung der DNS-Stränge mit. Die "Zinkfinger"-Struktur nimmt dabei offenbar die Rolle eines
Sensors ein, der unvollständig kopierte Desoxyribonukleinsäure erkennt. Ein Defekt dieser Region führt dazu, daß
das Erbgut zwar verdoppelt wird, die Zelle sich aber nicht teilen kann. Wie die "Zinkfinger"-Region dies bewirkt,
ist noch ungeklärt.
Wird die Desoxyribonukleinsäure beschädigt, kann sich die Zelle in den meisten Fällen nicht mehr teilen. Dabei
wirkt das Tumor-Suppressorgen p53 wie eine Bremse. Mutationen dieses Gens können die Blockade aufheben
und zu einer ungehemmten Teilung der Zelle führen. Das Tumor-Suppressorgen p53 ist aber nur eines von
zahlreichen Genen, die an der Regulation des Zellzyklus beteiligt sind. Mutationen von p53 werden inzwischen in
mehr als der Hälfte aller Tumore des Menschen gefunden. Dabei unterbricht p53 offenbar eine Schaltstelle in der
Zelle, welche die Verdoppelung des Erbguts kontrolliert.
Ein anderes Beispiel ist das Retinoblastom-Gen. Dessen Genprodukt wirkt ähnlich wie p53 als Bremse des
Zellzyklus. Es steuert bestimmte Proteine, die die Zelle zur Verdoppelung ihres Erbguts benötigt. Das Retinoblastom-Protein seinerseits wird inaktiviert, sobald Cyclin D in ausreichenden Mengen in der Zelle vorhanden ist.
Eine Überproduktion von Cyclin D kann deshalb dazu führen, daß der Zellzyklus sich ungebremst fortsetzt. In 30
Prozent der Brusttumoren und bei vielen anderen Krebsarten wurden unnatürlich große Mengen von Cyclin D
gefunden. Das zeigt nach Meinung vieler Krebsforscher, welch große Bedeutung diesen "Wächterproteinen"
zukommt. JOACHIM MÜLLER-JUNG
1. Wiederholen Sie den molekularen Aufbau der DNA!
2. Beschreiben Sie die Weitergabe der genetischen Information auf molekularer Ebene!
3. Erläutern Sie anhand des Textes die Bedeutung der Erkenntnisse über den Mechanismus der DNAVerdopplung!
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Mittwoch, 28.06.1995, S. N3 / Nr. 147
© jörg hägele 09/07/2000
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