61 © 2005 Schattauer GmbH Kompetenznetz Schizophrenie Beiträge zur Verbesserung der Versorgung von Patienten mit schizophrenen Psychosen A. Weßling, W. Wölwer, W. Gaebel Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Heinrich-Heine Universität / Rheinische Kliniken Düsseldorf (Direktor: Prof. Dr. Wolfgang Gaebel) Schlüsselwörter Keywords Zusammenfassung Summary Kompetenznetz Schizophrenie, Forschung, Versorgung German Research Network on Schizophrenia, routine care An einer schizophrenen Psychose zu erkranken, ist für die Betroffenen mit erheblichen Leid verbunden, oft verläuft die Krankheit chronisch und führt zur sozialen Ausgrenzung. Das Kompetenznetz Schizophrenie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die wissenschaftlichen Grundlagen für eine optimale Prävention, Therapie und Rehabilitation der Schizophrenie in ihren verschiedenen Krankheitsstadien zu schaffen und damit auch die Lebensbedingungen der Erkrankten und ihrer Angehörigen zu verbessern. Hierzu sind seit Gründung des Netzes im Jahr 1999 annährend 30 Forschungsprojekte begonnen worden, die sich mit den biologischen, psychischen und sozialen Bedingungen der Krankheit befassen. Der Artikel gibt einen Überblick über bereits vorliegende Forschungsergebnisse und deren Bedeutung für die Versorgung der Patienten. Suffering from schizophrenia means a great burden for the patients. In many cases the disorder takes a chronic course and leads to social desintegration. The German Research Network on Schizophrenia’s objective is to provide scientific preconditions for optimized prevention, treatment and rehabilitation strategies on the course of schizophrenia, and consequently to improve the living conditions of the patients and their relatives. Since foundation of the network in 1999 almost 30 research projects on the biological, psychological, and social aspects of the disorder have been initiated. This article gives an overview of the previous scientific results and their relevance for patient care. Scientific results and patients care relevance of the German Research Network on Schizophrenia Med Welt 2005; 56: 61–4 W eltweit erkranken etwa 1% der Menschen mindestens einmal in ihrem Leben an einer schizophrenen Psychose. In Deutschland sind dies etwa 800 000 Menschen. Pro Jahr treten rund 10 000 Neuerkrankungen auf. Die erste akute Krankheitsepisode findet meist im jungen Erwachsenenalter zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr statt, wobei Männer in der Regel früher als Frauen erkranken. Oft folgen weitere Krankheitsepisoden, deren Abstände und Verläufe in Abhängigkeit von der individuellen Vulnerabilität und dem Ansprechen auf therapeutische Interventionen, der Compliance gegenüber der Therapie und dem frühzeitigen Wahrnehmen von möglichen Krankheitssymptomen stark variieren. Ein Kernproblem ist, dass etwa 20% der Ersterkrankten trotz Therapie nicht remittieren. Andererseits wäre bei 20–30% der Ersterkrankten auf Grund monoepisodi- scher Krankheitsverläufe keine Therapie erforderlich. Bis heute gibt es jedoch keine Möglichkeiten, diese Patienten im Vorfeld zu identifizieren. Die Psychopathologie der Schizophrenie ist durch sog. Positivsymptome wie Halluzinationen und Wahnvorstellung und durch sog. Negativsymptome wie Affektverflachung und sozialer Rückzug geprägt. Als sicher gilt inzwischen, dass eine genetische Veranlagung zur Erkrankung beiträgt. Auch eine durch Schädigung vor oder während der Geburt erworbene biologische Prädisposition wird diskutiert. In späteren Lebensjahren kann diese Prädisposition unter Einfluss von biopsychosozialen Faktoren wie Stress zur akuten Erkrankung führen. Entsprechend geht das VulnerabilitätsStress-Coping-Krankheitsmodell davon aus, dass das Zusammenwirken von individueller Vulnerabilität, Stressoren und Co- ping-Strategien entscheidend für den Krankheitsausbruch ist. Sowohl für die Betroffenen und ihre Angehörigen als auch für die Gesellschaft stellen schizophrene Psychosen eine große Belastung dar. Trotz guter therapeutischer Möglichkeiten, die das erneute Auftreten akuter Episoden verhindern können und damit die Chancen auf ein normales Alltagsleben in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht haben, erleben die Erkrankten häufig soziale Diskriminierung und Stigmatisierung verbunden mit mangelnder sozialer Integration. 10–15% der Betroffenen sterben in den ersten 10 Jahren nach Ausbruch der Krankheit durch Suizid. Schizophrenie rangiert gemäß World Health Report der WHO an 7. Stelle der 10 häufigsten Krankheitsursachen, infolge derer Lebensjahre durch Behinderung beeinträchtigt werden (3, 18). Die indirekten Kosten der Behandlung infolge von Frühberentung und den Bezug sozialer Versorgungsleistungen sind schwer zu schätzen, doch ist anzunehmen, dass sie die direkten Kosten der medizinischen Versorgung, die sich in Deutschland auf 2,8 Mrd. EUR pro Jahr belaufen (15), deutlich übersteigen. Schizophrenie gilt damit als die teuerste psychische Krankheit. Ihre direkten Behandlungs- und indirekten Folgekosten sind vergleichbar mit den Kosten für Diabetes oder Kreislauferkrankungen. Kompetenznetz Schizophrenie Um die wissenschaftlichen Voraussetzungen für eine optimale Prävention, Therapie und Rehabilitation der Schizophrenie in ihren verschiedenen Krankheitsstadien zu verbessern und die Lebensqualität der Be- Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-21 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Med Welt 3/2005 62 Weßling et al. troffenen und ihrer Angehörigen zu erhöhen, ist 1999 im Rahmen eines Förderprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zur Bildung von Kompetenznetzen in der Medizin das Kompetenznetz Schizophrenie (17) gegründet worden. Den Kompetenznetzen gemeinsam ist der Fokus auf jeweils ein Krankheitsbild und das Ziel, durch Vernetzung zwischen den Forschungsinstitutionen und enge Kooperation mit den Einrichtungen der Versorgung Innovationen im Gesundheitswesen zu fördern und die Versorgungssituation der jeweiligen Patientengruppen zu verbessern. Das Kompetenznetz Schizophrenie (KNS) hat zum Ziel ● Krankheitsanzeichen der Schizophrenie frühzeitig zu erkennen und zu behandeln ● vorhandene Therapiemöglichkeiten optimal zu nutzen und weiterzuentwickeln ● chronische Krankheitsverläufe zu vermeiden ● Behandlungsprozesse durch Qualitätsmanagement und Wissenstransfer zu optimieren ● Vorurteile gegenüber schizophren Erkrankten abzubauen. Hierzu sind seit Gründung des Netzes mehrere Multicenterstudien zu den Bereichen Früherkennung und Frühintervention, Behandlung Ersterkrankter und Qualitätsmanagement in der ambulanten und stationären Versorgung durchgeführt worden, die neben den primär klinischen Fragestellungen auch biologischen und neuropsychologischen Fragestellungen nachgehen. Einzelnen Projekten sind gesundheitsökonomische Analysen angeschlossen, um beispielsweise die Kosteneffekte durch den Einsatz von Qualitätsmanagementstrategien zu bewerten. Darüber hinaus werden wissenschaftlich fundierte Strategien zum Abbau von Stigma und Diskriminierung und zur Förderung der Awareness gegenüber psychotischen Erkrankungen entwickelt, die eng mit dem Ziel der allgemeinen Öffentlichkeitsaufklärung verknüpft sind. Künftig wird es maßgeblich darum gehen, die in der ersten und zweiten Förderphase erzielten Forschungsergebnisse insbesondere für klinisch tätige Ärzte und Psychologen leicht zugänglich zu machen. Med Welt 3/2005 Ergebnisse aus den klinischen Studien Schizophrene Psychosen frühzeitig behandeln In der Regel vergehen 5–6 Jahre von dem Auftreten erster Krankheitsanzeichen, die auf eine schizophrene Erkrankung hindeuten können, bis zum Beginn einer Therapie, da häufig Frühsymptome nicht erkannt oder falsch eingeschätzt werden (7). Um die Bedingungen der Früherkennung zu verbessern, ist ein Früherkennungsinventarium mit einer speziellen Checkliste zur Früherkennung entwickelt worden, die in lokalen Netzwerken bestehend aus Hausarztpraxen, Schulen und Einrichtungen der psychosozialen Versorgung eingesetzt wird. Bei Bedarf sollen Früherkennungszentren aufgesucht werden, um mögliche Krankheitssymptome frühzeitig diagnostisch abzuklären und ggf. eine Behandlung einzuleiten, um so die Zeitspanne der unbehandelten Psychose zu verkürzen (8, 12). Die vom KNS initiierten Studien zur Frühintervention bestätigen, dass eine frühe Intervention den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen kann. Personen mit erhöhtem Erkrankungsrisiko, die bereits in einem frühen Stadium vor Ausbruch einer akuten Psychose an einer kognitiven Verhaltenstherapie teilnehmen, zeigen eine bessere schulische und berufliche Leistungsfähigkeit als Personen, die an einer unspezifischen Behandlung teilnehmen. Außerdem kamen Übergänge in ein psychosenahes Stadium bzw. die Psychose deutlich seltener vor. Bei Personen, bei denen sich der Beginn einer akute Psychose bereits deutlich abzeichnet, lässt eine kombinierte psychopharmakologische Therapie eine Verbesserung der Symptomatik erkennen (2, 12). Behandlung Ersterkrankter optimieren Die Akutbehandlung einer psychotischen Episode wird meist stationär durchgeführt. Etwa 10–15% der Akutpatienten sind erstmals an Schizophrenie erkrankt. Ihre Be- handlung setzt spezielle Kenntnisse voraus, da Ersterkrankte besonders häufig mit unerwünschten Nebenwirkungen auf die Pharmakotherapie reagieren. Hinzukommt, dass bei Ersterkrankten oft die Einsicht gering ausgeprägt ist, dass sie unter einer behandlungsbedürftigen Erkrankung leiden. Die Probleme der hieraus resultierenden mangelnden Compliance zeichnen sich insbesondere in der Langzeitbehandlung ab, die überwiegend im ambulanten Sektor durch niedergelassene Psychiater und Nervenärzte, Allgemeinärzte und Internisten oder in Polikliniken und Institutsambulanzen erfolgt. Die Erhöhung der Compliance ist daher ein zentrales Anliegen des KNS, zumal es in etwa 70% der Fälle möglich wäre, die Symptome zum Abklingen zu bringen und Rezidive zu verhindern, sofern das vorhandene medikamentöse und psychosoziale Behandlungsangebot voll ausgeschöpft würde. Als besonders effektiv erweist sich im Allgemeinen die Behandlung mit speziellen Psychopharmaka. Allerdings führt die Behandlung mit den sog. klassischen Antipsychotika der ersten Generation häufig zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Gewichtszunahme und extrapyramidalmotorischen Störungen. Eine neue Generation der sog. atypischen Antipsychotika verspricht jedoch weniger Nebenwirkungen bei gleicher Wirksamkeit. Im Rahmen einer multizentrischen randomisierten Doppelblindstudie des KNS werden die Behandlungseffekte klassischer und atypischer Antipsychotika speziell in der Akut- und Langzeittherapie von Ersterkrankten untersucht. Darüber hinaus werden die Effekte einer begleitenden Psychotherapie geprüft und neuropsychologische Zusatzuntersuchungen durchgeführt, die Rückschlüsse darüber erlauben sollen, inwieweit die aus der Früherkennung bekannten Prodrome auch für die Erkennung eines möglichen Rückfalls bedeutsam sind. Erste Ergebnisse der noch laufenden Studie zeigen, dass unabhängig von der Studienmedikation – Haloperidol als klassisches Antipsychotikum, Risperidon als Atypikum – bereits eine niedrige Dosierung der Studienmedikation (<4mg) zu guten Behandlungsergebnissen führt. Dies wird insbesondere bei der Reduktion von Positivsympto- Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-21 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 63 Patienten mit schizophrenen Psychosen men sichtbar. Darüber hinaus bestätigt sich, dass es sich generell günstig auf den Behandlungserfolg auswirkt, wenn die Dauer der unbehandelten Psychose möglichst kurz ist und wenn soziale Krankheitsfolgen noch nicht bereits eingetreten sind (6). Unerwartet hoch ist die Rate der Studienabbrecher. Es zeigt sich jedoch, dass ersterkrankte Patienten, die eine begleitende Psychotherapie erhalten, eine höhere Compliance gegenüber der Behandlung zeigen und weniger häufig die Teilnahme an der Studie abbrechen. Die auf Ersterkrankte abgestimmten psychologischen Interventionen sind in einem Therapiemanual veröffentlicht worden (11). Ein künftige Aufgabe des KNS wird es sein, speziell für Ersterkrankte Programme zur Verbesserung der Compliance zu entwickeln und damit eine Behandlung der Schizophrenie nach aktuellem medizinischem Kenntnisstand zu ermöglichen. Soziale Integration verbessern Trotz der therapeutischen Fortschritte, die die Chancen auf ein normales Alltagsleben erhöhen, erleben die Betroffenen häufig Vorurteile. Die Umsetzung des weltweiten Programms der World Psychiatric Association „Open the doors“ in Deutschland trägt dazu bei, wissenschaftlich fundierte Grundlagen für eine effektive Aufklärung zu schaffen und so die Integrationsbereitschaft der Bevölkerung gegenüber psychisch kranken Menschen zu erhöhen (1). Mit Blick auf die Förderung der sozialen Integration ist es ebenso erforderlich, die soziale Kompetenz der Betroffenen zu verbessern. Im Rahmen eines Projekts über psychologische Interventionsstrategien bei kognitiven und emotionalen Störungen ist ein Trainingsprogramm zur Dekodierung emotionaler Ausdruckssignale entwickelt worden, infolge dessen die sozial-kommunikativen Fähigkeiten von schizophren Erkrankten verbessert werden (5). Qualität der Versorgung stetig steigern Qualitätsstandards in der Versorgung orientieren sich an Behandlungsleitlinien, die für Schizophrenie erstmals 1998 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie (DGPPN) herausgegeben worden sind. Zur Sicherung der Einhaltung der Leitlinien wird in 8 psychiatrischen Krankenhäusern der Einsatz unterschiedlicher Methoden des Qualitätsmanagements erprobt (z. B. Qualitätszirkel, vergleichende Datenrückmeldung für Benchmarking) und ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die medizinische Versorgungsqualität, die Servicequalität für Patienten und Angehörige sowie die wirtschaftliche Effizienz verglichen. In einem zweiten Projekt wird geprüft, ob und inwieweit die unterschiedlichen Qualitätsmanagementstrategien die Leitlinienkonformität und damit die Ergebnisqualität der ambulanten Schizophreniebehandlung verbessern können. Als neues Instrument des Qualitätsmanagements ist eine leitlinienbasierte Patientendokumentationssoftware als Entscheidungshilfe für Behandlungsempfehlungen entwickelt und erprobt worden (10). Die Ergebnisse der beiden Projekte stützen die positive Wirkung von Qualitätsmanagementprogrammen auf das Behandlungsergebnis, wobei es für die stationäre Versorgung gegenwärtig auf Grund einer sehr heterogenen Ausgangslage in den beteiligten Kliniken nicht möglich ist, einen differenziellen Behandlungserfolg für die einzelnen Qualitätsmanagementstrategien zu spezifizieren. Für den ambulanten Sektor zeichnet sich ab, dass in Arztpraxen, in denen leitlinienbasierte Software zum Einsatz kommt, die Patienten signifikant deutlichere Verbesserungen ihrer Psychopathologie zeigen. Positiv auf das Behandlungsergebnis wirkt auch der Einsatz von Qualitätszirkeln, die primär auf dem fachlichen Austausch zwischen Ärzten basieren (10). Transfer in die Versorgung Bevor aktuelle Forschungserkenntnisse Eingang in die Routinebehandlung finden, vergehen oft mehrere Jahre. Um einen möglichst zeitnahen Wissenstransfer zu erreichen, sollen in der Mitte des Jahres 2005 beginnenden dritten Förderphase die Forschungsergebnisse des KNS gezielt für einzelne Nutzergruppen wie Fachärzte, Hausärzte, Tätige in Schulen und psychosozialen Einrichtungen, Angehörige und Betroffene aufbereitet werden. Hierzu werden ähnlich den bereits etablierten Früherkennungszentren spezielle Kompetenzzentren aufgebaut, die sich mit den besonderen Behandlungserfordernissen Ersterkrankter, dem Qualitätsmanagement in der ambulanten und stationären Versorgung sowie dem Abbau von Vorurteilen und Stigmatisierung befassen und das aktuelle Wissen zeitnah und adressatengerecht über Schulungen, Fortbildungen und Beratung und auf Basis von Printmaterialien und internetbasierten Angeboten vermitteln. Eine wesentliche Grundlage des Transfers stellt die kontinuierlicheAktualisierung von Behandlungsleitlinien dar, in denen die Ergebnisse klinischer Studien vergleichend bewertet und für die Versorgung zugänglich gemacht werden. Unter aktiver Mitwirkung des KNS werden gegenwärtig die evidenzbasierten Leitlinien der Stufe 3 für Schizophrenie von der DGPPN abgeschlossen (4). In einem nächsten Schritt werden diese Leitlinien auf die oben genannte Patientendokumentationssoftware übertragen. Gemeinsam mit der Telematikplattform für medizinische Forschungsnetzwerke e.V., zu dessen Gründungsmitgliedern das KNS zählt, wird versucht, diese Software auch auf andere Diagnosen zu erweitern, sodass den Ärzten künftig ein Gesamtpaket an leitlinienbasierter Software für neurologischpsychiatrische Krankheiten zur Verfügung stehen kann. Hausärzte Bevor die fachärztliche Behandlung einsetzt, werden häufig erste, meist noch unspezifische Krankheitsanzeichen dem Hausarzt berichtet. Einer Untersuchung von Nazareth et al. zufolge (13, 14), befindet sich etwa jeder 4. Patient mit Schizophrenie ausschließlich in hausärztlicher Behandlung, dies unterstreicht die Bedeutung der Downloaded from www.die-medizinische-welt.de on 2017-10-21 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. Med Welt 3/2005 64 Weßling et al. hausärztlichen Betreuung aus Sicht der Patienten. Allerdings fehlt den Hausärzten häufig die Erfahrung im Umgang mit dieser Patientengruppe, da sie weniger als 1% ihres Praxisklientels ausmacht. Diese Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen der Patienten einerseits und der geringen Relevanz schizophrener Erkrankungen in der einzelnen Hausarztpraxis andererseits versucht das KNS auszugleichen, indem es für Hausärzte verschiedene Möglichkeiten der Kooperation und Information anbietet und damit Voraussetzungen schafft, um die Kompetenz von Hausärzten im Umgang mit Patienten zu erhöhen, die an einer Schizophrenie erkrankt sind bzw. ein erhöhtes Erkrankungsrisiko haben. Die Förderung der Kooperation und der interdisziplinären Zusammenarbeit im Versorgungssystem findet auf verschiedenen Ebenen statt. Im Rahmen des AwarenessProgramms sind in den Regionen Köln und Bonn lokale Netzwerke aufgebaut worden, in denen derzeit mehr als 600 Arztpraxen und Einrichtungen aus der psychosozialen Bereich kooperieren (12). Des Weiteren ist in Kooperation mit einer Landesärztekammer ein leitlinienorientiertes Fortbildungsprogramm zur Früh- und Basisintervention schizophrener Störungen speziell für Hausärzte entwickelt worden (16). Das Programm beinhaltet Wissensvermittlung, ein Training relevanter Fähigkeiten und dieVeränderung ungünstiger Behandlungseinstellungen und zielt auf eine Erhöhung der diagnostischen Kompetenzen in den Bereichen der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention. Derzeit wird ein Lehrbuch über psychiatrische Krankheiten für den Hausarzt im Rahmen des KNS fertiggestellt. Danksagung Diese Publikation wurde im Rahmen des Kompetenznetzes Schizophrenie erstellt und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert (Kennzeichen: 01 GI 0233). Med Welt 3/2005 Fazit für die Praxis Ein Rückblick auf die vergangenen 5 Jahre zeigt, dass es im Rahmen der BMBF-Förderung gelungen ist, eine Infrastruktur für die Schizophrenieforschung aufzubauen, die die Durchführung von Multicenterstudien erlaubt. Nicht zuletzt auf Grund der relativ niedrigen Inzidenzrate für Schizophrenie wären die hier skizzierten klinischen Studien ohne eine solche Infrastruktur kaum durchführbar gewesen. In der bereits bewilligten dritten Förderphase sollen die Kernstrukturen des KNS als Plattform für Forschungskooperationen dauerhaft implementiert und der Transfer von Forschungsergebnissen in die Versorgung gezielt umgesetzt werden, sodass medizinischer Fortschritt möglichst zeitnah den Patienten zugute kommen kann. Literatur 1. Baumann A, Gaebel W: Open the doors in Deutschland, in: Gaebel W, Möller HJ, Rössler W (Hrsg.): Stigma. Diskriminierung. Bewältigung. Der Umgang mit sozialer Ausgrenzung psychisch Kranker, Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2004. 2. Bechdolf A et al. Psychologisches Frühinterventionsprogramm bei psychosefernen Prodromen, Nervenarzt 2003; 74: 436–9. 3. Berger M: Die Versorgung psychisch Erkrankter in Deutschland – unter besonderer Berücksichtigung des Fachs „Psychotherapie und Psychotherapie“, Nervenarzt 2004, 75: 195–204. 4. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (Hrsg.): S3 Praxisleitlinien in Psychiatrie und Psychotherapie. Bd. 1 Behandlungsleitlinie Schizophrenie, Darmstadt: Steinkopff Verlag, in process. 5. Frommann N, Wölwer W. Ein Trainingsprogramm zur Dekodierung des mimischen Ausdrucks für schizophren Erkrankte, in: Hermer M, Klinzing G (Hrsg.): Nonverbale Prozesse in der Psychotherapie, Tübingen: DGVT-Verlag, 2004; 307–19. 6. Gaebel W et al. Pharmacological long-term treatment strategies in first episode schizophrenia. Study design and preliminary results fo an ongoing RCT within the German Research Network on Schizophrenia, European Arch Psychiatry Clinical Neurosci 2004; 254: 129–40. 7. Häfner H et al. Onset and early course of schizophrenia, in: Häfner H und Gattaz W (eds.): Search for the causes of schizophrenia, Berlin; Springer 1995: 43–6. 8. Häfner H et al. Modeling the early course of schizophrenia, Schizophrenia Bulletin 2003; 29: 325–40. 9. Höhl W et al. Psychiatrische Arbeitsrehabilitation bei schizophreniekranken Menschen. Darstellung vorhandener empirischer Ergebnisse zur Evaluation und zur Vorhersage von Rehabilitationsverlauf und Outcome, Schizophrenie (Zeitschrift der gfts), 2004; 20: 38–49. 10. Janssen B et al. Leitlinienimplementierung auf der Basis eines computergestützten DecisionSupport-Systems. Ein Beitrag zum Qualitätsmanagement in der ambulanten nervenärztlichen Schizophreniebehandlung, Nervenarzt, in press. 11. Klingberg S, Schaub A, Conradt B: Rezidivprophylaxe bei schizophrenen Störungen, Beltz: Psychiatrie Verlag 2003. 12. Köhn D et al. Frühverlauf schizophrener Ersterkrankungen mit langer Dauer der unbehandelten Erkrankung – eine vergleichende Studie, Fortschritte Neurologie / Psychiatrie 2003; 71: 1–5. 13. Nazareth I, King MH, Davies S: Care of schizophrenia in general practice: the general practitioner and the patient. British Journal of General Practice 1995: 343–7. 14. Sielk M: Behandlung von Schizophreniepatienten in der Hausarztpraxis, MMW Fortschr. Med. 2003; 145: 22–6. 15. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Krankheitskosten 2002, Wiesbaden; Eigendruck Pressestelle 2004. 16. Vauth R et al. Früh- und Basisintervention bei Patienten mit schizophrenen Störungen. Ein interaktives leitlinienorientiertes Trainingsprogramm für die Hausarztpraxis, Nervenarzt: 2004; 75: 873–81. 17. Wölwer W et al. The German research network on Schizophrenia. 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