MAE1 Mathematik: Analysis für Ingenieure 1 Christoph Kirsch 7. September 2017 0 Überblick In diesem ersten Teil einer zweisemestrigen Vorlesung über Analysis für Ingenieure werden Grundlagen der Mathematik sowie Polynome und rationale Funktionen behandelt. Im Anschluss an eine allgemeine Einführung in Mengenlehre und Aussagenlogik lernen wir Zahlenmengen kennen, z. B. die Menge der reellen Zahlen. Diese können mit einer Addition und einer Multiplikation versehen und sogar geordnet werden. Wir führen den Funktionsbegriff ein und diskutieren insbesondere rationale Funktionen. Mithilfe von Zahlenfolgen und des Grenzwertbegriffs können wir u. a. die Stetigkeit von Funktionen untersuchen. Grenzwerte sind ausserdem wichtig bei der Definition der Ableitung einer Funktion, die wir für rationale Funktionen diskutieren. Integrale solcher Funktionen werden als Umkehrung der Ableitung eingeführt, und wir lernen einige Methoden zu ihrer Berechnung kennen. Ad hoc werden wir eine Einführung in die deskriptive Statistik geben. 1 Einführung in die mathematische Logik In diesem Kapitel werden wir grundsätzliche Regeln der mathematischen “Sprache” und der Aussagenlogik festlegen. Wir benötigen dieses Werkzeug, um klar, unmissverständlich und eindeutig Dinge mathematisch beschreiben und mathematische Aussagen treffen zu können. 1.1 Aussagenlogik Definition 1 (nach Aristoteles, 384–322 v. Chr.) Eine Aussage ist ein sprachliches Gebilde, von dem es sinnvoll ist zu sagen, es sei wahr oder falsch. Bemerkung: Der Wahrheitswert einer Aussage braucht nicht bekannt zu sein. 1 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 2 Beispiele: 1. “Äpfel und Quitten sind Apfelfrüchte” (wahr) und “Bananen sind Apfelfrüchte” (falsch) sind Aussagen. 2. “Die Erhu ist kein Musikinstrument” (falsch) und “Die Violine ist ein Streichinstrument” (wahr) sind Aussagen. 3. “Der FC Basel ist Schweizer Meister im Fussball 2017” (wahr), “Der FC Basel wird 2018 Schweizer Meister im Fussball” (derzeit unbekannt) und “Am 10.10.2017 wird das Wetter sonnig” (derzeit unbekannt) sind Aussagen. 4. Ausdrücke ohne Wahrheitswert sind keine Aussagen, so z. B. die Frage “Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?” oder ein Ausdruck wie “Guten Morgen”. 5. Unentscheidbare Ausdrücke sind keine Aussagen, so z. B. “Morgen wird das Wetter sonnig”, “Der FC Basel wird nächstes Jahr Schweizer Fussballmeister” oder “Dieser Satz ist falsch”. Für eine Aussage P sagen wir in der Mathematik an Stelle von “P ist wahr” oft auch: “Es gilt P ”. Definition 2 (logische Äquivalenz) Zwei Aussagen P und Q heissen logisch äquivalent, wenn sie den gleichen Wahrheitswert besitzen. Bemerkung: Sind die Aussagen P und Q logisch äquivalent, so schreiben wir P ≡ Q. Beispiel: Betrachten wir die Aussagen P := Die Erhu ist kein Musikinstrument, Q := Bananen sind Apfelfrüchte (die Notation := bedeutet “ist definiert als”), so sind diese Aussagen logisch äquivalent (beide sind falsch) und wir schreiben P ≡ Q, obwohl die beiden Aussagen inhaltlich keinen Zusammenhang haben – für die logische Äquivalenz zählt lediglich der Wahrheitswert! Um zwei Aussagen zu einer neuen Aussage verknüpfen zu können, führen wir die folgenden Operationen und Symbole mit Hilfe einer Wahrheitstabelle ein. Definition 3 (Negation, Konjunktion, Disjunktion) Für zwei Aussagen P und Q definieren wir die Negation, Konjunktion und Disjunktion über die folgenden Wahrheitstabellen: Aussagen Konjunktion Disjunktion UND ODER Aussage Negation NICHT P Q P ∧Q P ∨Q P ¬P w w w w w f w f f w w f w f f w f f f f 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 3 Bemerkungen: • Zwei verknüpfte Aussagen müssen nicht in einem inhaltlichen Zusammenhang stehen. • Die hier definierte Disjunktion ist nicht ausschliessend, also nicht “entweder P oder Q”, sondern “P oder Q (oder beide)”. • Der Wahrheitswert der Verknüpfungen ∧ und ∨ ist unabhängig von der Reihenfolge der verknüpften Aussagen: Q ∧ P ≡ P ∧ Q, Q ∨ P ≡ P ∨ Q. Wir sagen auch, Konjunktion und Disjunktion sind kommutativ. Beispiel: Betrachten wir die zusammenhangslosen Aussagen P Q := := Die Violine ist ein Streichinstrument Am 10.10.2017 wird das Wetter sonnig P ist eine wahre Aussage, aber der Wahrheitswert von Q ist vor dem 10.10.2017 unbekannt. Daher ist ¬P falsch und der Wahrheitswert von ¬Q unbekannt. Die Disjunktion P ∨ Q ist wahr: obwohl wir den Wahrheitswert von Q nicht kennen, so wissen wir doch bereits, dass P und damit mindestens eine der beiden Aussagen wahr ist! Der Wahrheitswert der Konjunktion P ∧ Q ist hingegen unbekannt. Satz 1 (Rechenregeln für Negation, Konjunktion, Disjunktion) Seien P und Q Aussagen. Dann gilt 1. ¬ (¬P ) ≡ P , 2. ¬ (P ∧ Q) ≡ ¬P ∨ ¬Q (“die Negation der Konjunktion ist die Disjunktion der Negationen”), 3. ¬ (P ∨ Q) ≡ ¬P ∧ ¬Q (“die Negation der Disjunktion ist die Konjunktion der Negationen”). Beweis: Direkt mit Hilfe der Wahrheitstabelle (Serie 1, Aufgabe 1). Bemerkungen: • 2. und 3. heissen De Morgansche Gesetze (nach A. De Morgan, 1806– 1871). • Aus 1. und 2. folgt, dass die Konjunktion mit Hilfe der Negation und der Disjunktion ausgedrückt werden kann: 1. 2. P ∧ Q ≡ ¬ (¬ (P ∧ Q)) ≡ ¬ (¬P ∨ ¬Q) . (1) Aufgrund dieser logischen Äquivalenz bräuchte man streng genommen kein eigenes Symbol für die Konjunktion – es ist aber praktisch! Auch die Implikation definieren wir mit Hilfe der Negation und der Disjunktion: 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 4 Definition 4 (Implikation, Konditional) Für zwei Aussagen P und Q ist die Implikation (oder das Konditional) P ⇒ Q definiert durch (2) P ⇒ Q := ¬P ∨ Q. Bemerkungen • Für P ⇒ Q sagen wir “P impliziert Q”, “Aus P folgt Q”, oder “wenn P , dann Q”. • Weil in dieser Definition die erste Aussage negiert wird, ist die Reihenfolge wesentlich: die Aussagen P ⇒ Q und Q ⇒ P sind logisch nicht äquivalent! • Wir ermitteln die Wahrheitstabelle für die Implikation mit Hilfe der Definitionen 3 und 4: Aussagen P Q w w w f f w f f Negationen ¬P ¬Q f f f w w f w w Implikationen P ⇒Q Q⇒P w w f w w f w w • Es gilt die logische Äquivalenz P ⇒ Q ≡ ¬Q ⇒ ¬P wie man mit Hilfe von Satz 1 beweisen kann: ¬Q ⇒ ¬P 1. Def. 4 = ¬ (¬Q) ∨ ¬P ≡ Q ∨ ¬P Komm. ≡ Def. 4 ¬P ∨ Q = P ⇒ Q. (3) Der Ausdruck ¬Q ⇒ ¬P heisst Kontraposition oder Umkehrschluss der Implikation P ⇒ Q. Wir betrachten noch einmal die Wahrheitstabelle für die Implikation P ⇒ Q, wobei wir die Zeilen nummerieren: 1 2 3 4 Aussagen P Q w w w f f w f f Implikation P ⇒Q w f w w Die Wahrheitstabelle stellt einen Zusammenhang her zwischen den Wahrheitswerten der drei Aussagen P , Q und P ⇒ Q. Ist der Wahrheitswert von zwei dieser drei Aussagen bekannt, so können wir in manchen Fällen Schlüsse über den Wahrheitswert der dritten Aussage ziehen: • Gelten sowohl die Aussage P als auch die Implikation P ⇒ Q (1. Zeile), so muss auch die Aussage Q gelten. Wir sagen, P ist eine hinreichende Bedingung für Q. Ist hingegen die Aussage Q falsch und die Implikation P ⇒ Q wahr (4. Zeile), so muss auch die Aussage P falsch sein. Wir sagen, Q ist eine notwendige Bedingung für P . 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 5 • Ist die Aussage P falsch, so ist die Implikation P ⇒ Q wahr (3. und 4. Zeile), und zwar unabhängig vom Wahrheitswert von Q (“aus Falschem folgt Beliebiges”). Ist die Aussage Q wahr, so ist auch die Implikation P ⇒ Q wahr (1. und 3. Zeile), und zwar unabhängig vom Wahrheitswert von P (“Wahres folgt aus Beliebigem”). Ist die Aussage P wahr (1. und 2. Zeile), so ist die Implikation P ⇒ Q nur dann wahr, wenn auch die Aussage Q wahr ist (“aus Wahrem folgt nur Wahres”). Beispiele: 1. Ein häufig verwendetes Beispiel für eine Implikation ist jenes mit der regennassen Strasse. Wir betrachten die Aussagen P := Es regnet, Q := Die Strasse wird nass. Diese Aussagen erfüllen P ⇒ Q, was wir auch sprachlich mittels “wenn . . . dann” ausdrücken können: die Implikation P ⇒ Q lautet “Wenn es regnet, dann wird die Strasse nass”, und die Kontraposition ¬Q ⇒ ¬P lautet “Wenn die Strasse nicht nass wird, dann regnet es nicht.” Beides sind wahre Aussagen (wenn wir einmal annehmen, dass der betrachtete Strassenabschnitt nicht gerade unter einem Baum oder einer Brücke durchführt und damit vor Regen geschützt ist). Die Implikation Q ⇒ P ist hingegen falsch. Sie würde lauten: “Wenn die Strasse nass wird, dann regnet es.” Diese Aussage ist falsch, denn die Strasse kann ja auch nass werden, ohne dass es regnet (z. B. wenn gerade die Strassenreinigung vorbeifährt). Genauso ist die Aussage ¬P ⇒ ¬Q falsch. Sie würde lauten: “Wenn es nicht regnet, dann wird die Strasse nicht nass.” 2. Die Schwierigkeit mit der sprachlichen “wenn . . . dann”-Verknüpfung ist, dass sie einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den beiden Aussagen vortäuscht, der aber in unserer Def. 4 überhaupt nicht gefordert wird; in der Logik ist lediglich der Wahrheitswert der Aussagen wichtig, nicht aber ihr Inhalt! Betrachten wir die Aussagen: P := London ist die Hauptstadt von Frankreich (falsch), Q := Schnee ist weiss (wahr). Gemäss unserer Wahrheitstabelle für die Implikation gelten dann P ⇒ Q und ¬Q ⇒ ¬P , aber mit “wenn . . . dann” ausgedrückt ergeben sich inhaltlich sinnlose Sätze: 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 6 • “Wenn London die Hauptstadt von Frankreich ist, dann ist Schnee weiss”, • “Wenn Schnee nicht weiss ist, dann ist London nicht die Hauptstadt von Frankreich”. Dieses Beispiel zeigt, dass Sie in der Logik besser nicht versuchen sollten, Aussagenverknüpfungen intuitiv zu verstehen oder sprachlich zu veranschaulichen. Betrachten Sie stattdessen einfach die Wahrheitswerte der Teilaussagen und wenden Sie “stur” die Definitionen und Sätze an. Definition 5 (Bikonditional) Das Bikonditional zweier Aussagen P und Q ist definiert als P ⇔ Q := (P ⇒ Q) ∧ (Q ⇒ P ) . (4) Bemerkungen: • Wenn P ⇔ Q gilt, so sagen wir, dass P notwendige und hinreichende Bedingung für Q ist (und umgekehrt ist Q eine notwendige und hinreichende Bedingung für P ). Die Reihenfolge der Teilaussagen spielt beim Bikonditional keine Rolle: P ⇔ Q ≡ Q ⇔ P . • Wir berechnen die Wahrheitstabelle für das Bikonditional schrittweise aus der Definition: Aussagen P Q w w w f f w f f Implikationen (Def. 4) P ⇒Q Q⇒P w w f w w f w w Bikonditional P ⇔Q w f f w Aus der Wahrheitstabelle erkennen wir, dass das Bikonditional P ⇔ Q genau dann gilt, wenn P und Q dieselben Wahrheitswerte besitzen, also genau dann, wenn P und Q logisch äquivalent sind (Def. 2). • Die sprachliche Verknüpfung der Aussagen mittels “genau dann, wenn” (“P genau dann, wenn Q”) ist üblich, aber beachten Sie, dass dadurch wie im vorherigen Beispiel inhaltlich sinnlose Sätze entstehen können: “London ist die Hauptstadt von Frankreich genau dann, wenn Schnee nicht weiss ist” (beide Teilaussagen sind falsch, und daher ist das Bikonditional wahr). Die sprachliche Verknüpfung mittels “genau dann, wenn” suggeriert einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den beiden Teilaussagen, obwohl kein solcher gegeben ist. 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 1.2 7 Mengenlehre Definition 6 (nach Georg Cantor, 1895) Eine Menge ist eine Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens zu einem Ganzen. Die Objekte einer Menge heissen Elemente. Bemerkungen: • Für ein Element x einer Menge M schreiben wir x ∈ M und sagen “x ist Element von M ” (das ist eine Aussage im Sinne von Def. 1). • Weil die in einer Menge zusammengefassten Objekte gemäss Def. 6 “wohlunterschieden” sein müssen, kann eine Menge nicht zwei gleiche Elemente enthalten. Definition 7 (Teilmenge) Eine Menge A heisst Teilmenge einer Menge B, wenn jedes Element von A auch Element von B ist. Bemerkungen: • Wir schreiben A ⊆ B, wenn A eine Teilmenge von B ist. • Wenn A ⊆ B, dann gilt die Implikation x ∈ A ⇒ x ∈ B für jedes Element der Menge A (so steht es in Def. 7). • Wir werden Mengen immer als Teilmengen einer Grundmenge G (eines Universums) betrachten. G ist eine Menge aus allen in einem bestimmten Zusammenhang betrachteten Objekten. Alle in diesem Zusammenhang betrachteten Mengen sind dann Teilmengen von G. • Ist x kein Element von M , so schreiben wir x 6∈ M . Beachten Sie aber, dass immer noch x ∈ G gelten muss (das Universum kann nicht verlassen werden)! Beispiele: 1. G: Menge aller Früchte, B : Menge aller Apfelfrüchte, dann gilt für A := {Apfel, Birne, Quitte}: A ⊆ B. Es gelten auch die Aussagen Apfel ∈ A, Birne ∈ B, Vogelbeere ∈ B, Vogelbeere 6∈ A. Insbesondere gilt A 6= B, denn wir haben ein Element von B gefunden, das kein Element von A ist. 2. G: Menge aller Musikinstrumente, Ω : Menge aller Streichinstrumente, dann gilt M := {Violine, Viola, Violoncello, Kontrabass} ⊆ Ω. Es gelten {Violine, Viola} ⊆ M , Erhu ∈ Ω, Erhu 6∈ M , Querflöte 6∈ Ω. 3. Im Beispiel 1 ist der Ausdruck “Violine 6∈ B” unzulässig, weil die Violine kein Element der dort betrachteten Grundmenge aller Früchte ist. Die Aussage “Banane 6∈ B” ist hingegen zulässig, denn die Banane ist eine Frucht. 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 8 4. “{Violine, Violine, Kontrabass}” ist keine Menge, weil die beiden Objekte Violine nicht unterscheidbar sind. 5. Die leere Menge, ∅ oder {}, ist eine Menge, die keine Elemente enthält. In diesen Beispielen haben wir bereits zwei Darstellungsformen von Mengen kennen gelernt: • die aufzählende Form, wie z. B. A = {Apfel, Birne, Quitte}. Hier werden die Elemente einer Menge explizit aufgezählt, wobei die Reihenfolge keine Rolle spielt. • die beschreibende Form, wie z. B. “Ω ist die Menge aller Streichinstrumente”. Hier werden die Elemente einer Menge über ihre Eigenschaften beschrieben. Formal schreiben wir auch M = {x ∈ G | x hat die Eigenschaft E} , also z. B. Ω = {x ∈ G | x ist ein Streichinstrument}. Für die Definition der folgenden Mengenoperationen verwenden wir Symbole aus der Aussagenlogik (Kap. 1.1): Definition 8 (Mengenoperationen) Seien A und B Mengen. Dann definieren wir die folgenden Mengen über ihre Eigenschaften: • Komplement von A: Ac := {x ∈ G | x 6∈ A}, • Schnittmenge (Durchschnitt) von A und B: A ∩ B := {x ∈ G | x ∈ A ∧ x ∈ B}, • Vereinigungsmenge (Vereinigung) von A und B: A ∪ B := {x ∈ G | x ∈ A ∨ x ∈ B}, • Differenz von A und B: A \ B := {x ∈ G | x ∈ A ∧ x 6∈ B} = A ∩ B c . Bemerkungen: • ∩ und ∪ sind kommutativ, \ ist nicht kommutativ. • Weil in Def. 8 die Negation, Konjunktion und Disjunktion aus Def. 3 vorkommen, können wir aus den Rechenregeln für diese Operationen (Satz 1) Rechenregeln für Mengen herleiten (definiere für jedes x ∈ G die Aussagen P := x ∈ A, Q := x ∈ B). Es gelten 1. (Ac ) = A, c 2. (A ∩ B) = Ac ∪ B c , c 3. (A ∪ B) = Ac ∩ B c . c • Mengenoperationen lassen sich mit Hilfe von Venn-Diagrammen (nach J. Venn, 1834–1923) grafisch darstellen (Serie 1, Aufg. 5). 1 EINFÜHRUNG IN DIE MATHEMATISCHE LOGIK 9 Definition 9 (Mengenprodukt) Für zwei Mengen A und B ist das Mengenprodukt definiert durch A × B := {(a, b) | a ∈ A, b ∈ B} . (5) Bemerkungen: • (a, b) bezeichnet ein geordnetes Paar. Hier ist die Reihenfolge der Elemente wesentlich, und es gilt das Paaraxiom (G. Peano, 1897) (a, b) = (c, d) ⇔ a = c ∧ b = d. • Die Definition des Mengenprodukts lässt sich auf eine beliebige Anzahl von Mengen verallgemeinern: Seien M1 , M2 , . . . , Mn Mengen, dann ist das Mengenprodukt gegeben durch M1 ×M2 ×· · ·×Mn := {(x1 , x2 , . . . , xn ) | x1 ∈ M1 , x2 ∈ M2 , . . . , xn ∈ Mn } . Hierbei bezeichnet (x1 , x2 , . . . , xn ) ein geordnetes n-Tupel. • Für M1 = M2 = · · · = Mn = M schreiben wir auch M n := M × M × · · · × M . {z } | n-mal Beispiele: 1. Das Mengenprodukt der dreielementigen Mengen A := {1, 2, 3} und B := {x, y, z} ist gegeben durch die neunelementige Menge A × B = {(1, x), (1, y), (1, z), (2, x), (2, y), (2, z), (3, x), (3, y), (3, z)} . 2. In der linearen Algebra (Vorlesung MLAE1) werden Sie den Vektorraum Rn antreffen, ein n-faches Mengenprodukt der Menge der reellen Zahlen (s. Kap. 2). Die Elemente von Rn werden (n-dimensionale) Vektoren genannt.