Humboldt-Universität zu Berlin Institut für Mathematik Prof. A. Griewank Ph.D.; Dr. A. Hoffkamp; Dipl.Math. T.Bosse; Dipl.Math. L. Jansen Übungsaufgaben zur Vorlesung ANALYSIS I (WS 12/13) Serie 10 Musterlösung S. Eulert Aufgabe 10.1 In dieser Aufgabe wollen wir die Konvergenzradien R folgender Potenzreihen der Form f (x) = P∞ k k=0 ak (x − x0 ) mit x, x0 , ak ∈ R ∀k ∈ N bestimmen, dazu stehen uns prinzipiell zwei Methoden zur Verfügung • Cauchy-Hadamard R= p 1 mit L := lim sup n |an | L n→∞ • Euler R= a 1 n+1 mit q := lim n→∞ q an a) Es sei folgende Potenzreihe gegeben f (x) = ∞ ∞ X X 1 k 1 (x − 1)k ⇔ f (z) = z , z = (x − 1) k k k=1 k=1 Wir nutzen das Kriterium nach Euler und erhalten 1 q = lim n+1 1 = lim n→∞ n n = 1 = Rf n→∞ n + 1 Nun resubstituieren wir und erhalten |z| ≤ Rf = 1 ⇔ |x − 1| ≤ 1 ⇔ x ∈ [0, 2] Somit konvergiert die Reihe absolut für x ∈ (0, 2), wobei der Rand, x ∈ {0, 2}, separat untersucht werden muß. Generell gilt dies auch für die folgenden Konvergenzradien und entsprechende Konvergenzverhalten. b) Nun haben wir g(x) = ∞ X k k=n n xk , n ∈ N sei fest gewählt 1 Wir nutzen das Kriterium nach Euler und erhalten k+1 (k + 1)! (k − n)! n! k+1 q = lim nk = lim = lim = 1 ∀n ∈ N k→∞ k→∞ (k − n + 1)! n! k! k→∞ k − n + 1 n Also gilt wieder Rg = 1 =1 q c) Wir betrachten die Potenzreihe h(x) = ∞ X k! · 2k k=1 kk xk und wieder wollen wir das Euler -Kriterium nutzen und erhalten (k+1)!·2k+1 kk 1 (k+1)k+1 q = lim k!·2k = q = lim 2 =2· k k→∞ k→∞ (k + 1) e k k Somit gilt für den Konvergenzradius R Rh = 1 e = q 2 d) Für die folgende Reihe wollen wir zusätzlich zum Konvergenzradius noch die zugehörige Grenzfunktion bestimmen, wir haben v(x) = ∞ X k=0 ∞ X x2 1 2 = x · 2 k (1 + x ) (1 + x2 )k k=0 um daraus eine Potenzreihe gemäß unserer Definition zu erhalten substituieren wir hier und erhalten mit ∞ X 1 ∗ z= , v (z) = zk 1 + x2 k=0 wobei wir den Vorfaktor zunächst weggelassen haben, da dieser für das Konvergenzverhalten der Potenzreihe zunächst noch keine Rolle spielt. Bei v ∗ (z) handelt es sich um die geometrische Reihe, die nach dem Cauchy-Hadamard/Euler Kriterium sofort den Konvergenzradius Rv∗ = 1 hat {die Koeffizientenfolge ist konstant 1}, die Reihe konvergiert also absolut für x2 ∀z < 1 ⇔ 1 < 1 ⇔ x 6= 0 1 + x2 und diesem Fall kennen wir bereits die Grenzfunktion für v ∗ (z) v ∗ (z) = ∞ X k=0 zk = 1 1 1 = =1+ 2 1 1−z x 1 − 1+x 2 2 Die Grenzfunktion für v(x), x 6= 0 ist demnach x2 · ∞ X k=0 1 1 = x2 · (1 + 2 ) = 1 + x2 2 k x (1 + x ) P Für den Fall x = 0 konvergiert die Reihe ∞ k=0 und somit gilt v(0) = 0, insgesamt haben wir n v(x) = 1 (1+x2 )k 0 1 + x2 zwar nicht, allerdings ist x2 (1+x2 )k =0 für x = 0 für x = 6 0 Damit sind wir fertig. Aufgabe 10.2 Es gilt die Potenzreihe fk (x) für k ∈ N auf ihren Konvergenzradius hin zu untersuchen fk (x) := ∞ X xn n=1 nk Wir nutzen das Euler -Kriterium und erhalten 1 (n+1)k q = lim 1 = 1 ∀k ∈ N n→∞ k n Also haben wir für ∀k ∈ N Rfk = 1, also absolute Konvergenz für x ∈ (−1, 1), für x ∈ {−1, 1} haben wir ∞ ∞ X X 1 1 fk (1) = und fk (−1) = (−1)n · k nk n n=1 n=1 Für k = 1 divergiert f1 (1) (harmonische Reihe), aber f1 (−1) konvergiert (alternariende harmonische Reihe). Für k ∈ N≥2 konvergieren dagegen sowohl fk (1) als auch fk (−1) und somit gilt • k=1 f1 (x) = ∞ X xn n=1 • k ∈ N≥2 fk (x) = nk ∞ X xn n=1 nk existiert für x ∈ [−1, 1) existiert für x ∈ [−1, 1] Aufgabe 10.3 Wir betrachten erneut eine Potenzreihe g(x) = ∞ X n · xn−1 = n=1 ∞ X (n + 1) · xn n=0 3 und interessieren uns zunächst für das größtmögliche Konvergenzintervall I ⊂ R, sodaß g(x) für x ∈ I existiert. Mit dem Euler -Kriterium erhalten wir sofort n + 2 q = lim =1=R n→∞ n + 1 Somit ist I = (−1, 1) unser gesuchtes Konvergenzintervall und damit auch gleichzeitig das größte, für alle |x| ≥ 1 wäre nämlich unsere Koeffizientenfolge keine Nullfolge mehr. Als nächstes zeigen wir die Existenz einer ganzrationalen Funktion f mit f : I 3 x 7→ R, sodaß f|I (x) = g(x) Wir wollen dafür die geometrische Reihe und das Cauchy-Produkt nutzen, also versuchen wir es doch einfach einmal ∀x ∈ (−1, 1) h(x) = ∞ X xk = k=0 1 ist die bekannte geometrische Reihe 1−x Wir multiplizieren sie mit sich selbst und nutzen das Cauchy-Produkt 1 h(x) = 1−x 2 2 = X ∞ k=0 x k 2 Cauchy- = Produkt k ∞ X X k=0 j=0 j x ·x k−j ! = k ∞ X X k=0 j=0 x k = ∞ X (k + 1) · xk k=0 Das ist genau die Eigenschaft, die wir gefordert haben, also ist die gesuchte ganzrationale Funktion f 2 1 1 f (x) = = auf I = (−1, 1) 1−x (1 − x)2 und wir sind fertig. Aufgabe 10.4 Als nächstes beschäftigen wir uns mit der - wie wir später beweisen werden - eindeutigen Darstellung reeller Zahlen in verschieden Basissystemen a) So sieht die Zahl 153 im Dezimalsystem im Pentasystem wie folgt aus 153|10 = 3 · 53 + 2 · 52 + 1 · 51 + 3 · 50 = 3213|5 und im Dualsystem 153|10 = 1 · 27 + 0 · 26 + 0 · 25 + 1 · 24 + 1 · 23 + 0 · 22 + 0 · 21 + 1 · 20 = 1001001|2 4 b) Die rationale Zahl sieht im Dualsystem wie folgt aus - dabei stellen wir 1 10 0.1|10 = ∞ X ak · 2−k = 0.a1 a2 . . . dar , ak ∈ {0, 1} k=1 und bekommen dann 1 = 0.1|10 = 0.0001100110011|2 10 Also insbesondere eine nicht-abbrechende Entwicklung. c) Jetzt wollen wir die Eindeutigkeit der b-adischen Darstellung für natürliche Zahlen beweisen (b 6= 1), dazu wählen wir zwei Darstellungen q ∈ N; ak , ck ∈ {0, 1, . . . b − 1} , q = m−1 X ak · bk und q = k=0 n−1 X ck · bk k=0 Nun sei oBdA m > n, dann gilt q−q = n−1 X k ck · b − k=0 m−1 X k ak · b = 0 ⇔ k=0 n−1 X k (ck − ak )b = m−1 X ak bk j=n k=0 Wir wollen zeigen, daß dies jedoch nicht geht, also einen Widerspruch ergibt und damit sofort m = n folgt, dazu sehen wir für m > n m−1 X ak bk = bn · j=n m−n−1 X an+j · bj ≥ bn j=0 und weiter gilt n−1 X n−1 X k=0 k=0 (ck − ak )bk ≤ (b − 1) · bk = (b − 1) · bn − 1 = bn − 1 < bn b−1 wir haben also unseren Widerspruch, unmöglich kann die Gleichung gößer und gleichzeitig kleiner sein, eine äquivalente Aussage (symmetrisch) bekommen wir auch sofort für n > m, es gilt also n = m, wir müssen also noch zeigen n−1 X (ck − ak )bk = 0 ⇒ ck = ak mit ck , ak ∈ {0, 1, . . . , b − 1} k=0 Sei dafür j der größte Index, bis zu welchem sich die Koeffizienten unterscheiden (diesen gibt es, ansonsten wären wir schon fertig), dann gilt (wir schätzen den Fehler) j j−1 j−1 X X X (ck − ak )bk = 0 ⇔ (ck − ak )bk + (cj − aj )bj = 0 ⇒ (ck − ak )bk = (cj − aj )bj k=0 k=0 k=0 5 Wir wissen aber bereits (siehe oben!), daß gilt j−1 X k j j (ck − ak )b ≤ b − 1 und weiter (cj − aj )b ≥ bj k=0 was uns zu unserer Zufriedenheit einen Widerspruch liefert, es folgt sofort ak = ck und die Eindeutigkeit ist gezeigt und zusammen mit Existenzaussage einer solchen Zerlegung haben wir ein Existenz- und Eindeutigkeitssatz für die g-adische Darstellung natürlicher Zahlen. Eine weitere, sehr elegante Möglichkeit die obere Aussage zu beweisen, folgt dem sogenannten Euklidischen-Algorythmus. Wir sind fertig. 6