Mathematische Logik

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Prädikatenlogiken
Mathematische Logik
Vorlesung 8
Alexander Bors
27. April., 4. & 11. Mai 2017
1
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Überblick
1 Formale Prädikatenlogiken erster Stufe (Quelle: Ziegler,
pp. 3–24)
Der Gödelsche Vollständigkeitssatz und Folgerungen
2
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erinnerung
Wir sind letztes Mal im Beweis von Satz 2.5.9 stehen geblieben:
Satz 2.5.9
Es sei σ + eine Signatur, T ∗ eine vollständige σ + -Henkintheorie
+
(über irgendeiner Teilmenge C ⊆ σconst
). Dann besitzt T ∗ bis auf
Isomorphie genau ein Modell aus Konstanten.
Dabei heißt eine σ + -Theorie T ∗ eine Henkin-Theorie über
+
C ⊆ σconst
, falls für jede σ + -Formel ϕ = ϕ(x) in einer freien
Variable gilt: Es gibt c ∈ C mit (∃x : ϕ(x) → ϕ(c)) ∈ T ∗ .
Und eine σ + -Theorie T ∗ heißt vollständig, falls sie
widerspruchsfrei ist und für jeden σ + -Satz τ gilt: τ ∈ T ∗ oder
¬τ ∈ T ∗ .
Erinnerung: Vollständige σ + -Theorien T ∗ sind σ + -deduktiv
abgeschlossen, d.h., es gilt für jeden σ + -Satz τ :
T ∗ `σ + τ ⇔ τ ∈ T ∗ .
3
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erinnerung cont.
Wir haben letztes Mal bereits die Eindeutigkeitsbehauptung aus
Satz 2.5.9 gezeigt. Außerdem haben wir, zum Nachweis der
Existenz, eine bestimmte σ + -Struktur M definiert:
+
Setze C + := σconst
. Die Trägermenge M von M ist C + / ∼,
wobei ∼ die Äquivalenzrelation auf C + , definiert durch
c ∼ d :⇔ (c = d) ∈ T ∗ , ist.
+
Für jedes k-stellige Relationssymbol R ∈ σrel
definiere R M
M
durch ([c1 ], . . . , [ck ]) ∈ R :⇔ Rc1 · · · ck ∈ T ∗ .
+ definiere f M wie
Für jedes k-stellige Relationssymbol f ∈ σop
folgt: Zu [c1 ], . . . , [ck ] ∈ M gibt es ein dadurch eindeutig
bestimmtes [c0 ] ∈ M mit (fc1 · · · ck = c0 ) ∈ T ∗ . Setze
f M ([c1 ], . . . , [ck ]) := [c0 ]. Es gilt dann, nach Definition, für
alle c ∈ C + : f M ([c1 ], . . . , [ck ]) = [c] ⇔ (fc1 · · · ck = c) ∈ T ∗ .
4
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modell aus Konstanten: Existenz cont.
Beweis von Satz 2.5.9 cont.
Wir zeigen nun, dass die so definierte σ + -Struktur M
tatsächlich ein Modell von T ∗ ist, d.h., dass M |= τ für alle
τ ∈ T ∗.
Dazu zeigen wir zuerst eine Hilfsaussage, nämlich, dass
konstante σ + -Terme, d.h., σ + -Terme ohne Variablen, in M
so ausgerechnet werden, wie es T ∗ sagt. Genauer: Für jeden
konstanten σ + -Term t und alle c ∈ C + gilt:
t M = c M ⇔ (t = c) ∈ T ∗ .
Wir gehen dazu mit Induktion über den Aufbau von t vor.
Ist t selbst eine Konstante, so folgt die entsprechende
Äquivalenz einfach aus der Definition der Interpretation d M
eines Konstantensymbols d als [d]∼ .
5
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modell aus Konstanten: Existenz cont.
Beweis von Satz 2.5.9 cont.
Nun sei t ≡ ft1 · · · tk . Wähle c1 , . . . , ck ∈ C + mit tiM = ciM
für i = 1, . . . , k. Nach Induktionsvoraussetzung gilt dann
(ti = ci ) ∈ T ∗ für i = 1, . . . , k, und somit folgt für alle
c ∈ C + nach den Gleichheitsaxiomen und der deduktiven
Abgeschlossenheit von T ∗ :
(t = c) ∈ T ∗ ⇔ (fc1 · · · ck = c) ∈ T ∗ . Andererseits gilt:
t M = c M ⇔ f M (c1M , . . . , ckM ) = c M ⇔ (fc1 · · · ck = c) ∈
T ∗ , wobei sich die letzte Äquivalenz aus der Definition von
f M ergibt.
Nachdem die Hilfsaussage nun gezeigt ist, zeigen wir nun,
dass M ein Modell von T ∗ ist. Genauer zeigen wir sogar eine
etwas stärkere Aussage mit Induktion über die Länge des
σ + -Satzes τ , nämlich M |= τ ⇔ τ ∈ T ∗ .
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modell aus Konstanten: Existenz cont.
Beweis von Satz 2.5.9 cont.
Wir zeigen diese Äquivalenz zuerst für atomare Sätze τ (d.h.,
Sätze, welche atomare Formeln sind). Damit ist insbesondere
der Induktionsanfang klar.
Ist τ ≡ (t1 = t2 ), so müssen t1 und t2 konstante σ + -Terme
sein (ansonsten würde τ freie Variablen enthalten). Wähle
c1 , c2 ∈ C + mit tiM = ciM für i = 1, 2. Nach der vorhin
gezeigten Hilfsaussage gilt dann (ti = ci ) ∈ T ∗ für i = 1, 2,
und daher
M |= τ ⇔ c1M = c2M ⇔ (c1 = c2 ) ∈ T ∗ ⇔ (t1 = t2 ) ∈ T ∗ .
Die letzte Äquivalenz folgt aus den Gleichheitsaxiomen.
Ist τ ≡ (Rt1 · · · tk ), so sind t1 , . . . , tk wieder konstant. Wähle
ci ∈ C + mit tiM = ciM für i = 1, . . . , k. Nach der Hilfsaussage
ist (ti = ci ) ∈ T ∗ , i = 1, . . . , k. Damit:
M |= τ ⇔ M |= Rc1 · · · ck ⇔ Rc1 · · · ck ∈ T ∗ ⇔ τ ∈ T ∗ . Die
letzte Äquivalenz folgt wieder aus den Gleichheitsaxiomen.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modell aus Konstanten: Existenz cont.
Beweis von Satz 2.5.9 cont.
Nun behandeln wir noch den Fall, wenn τ zusammengesetzt
ist, womit auch der Induktionsschritt funktioniert.
Wenn τ ≡ ¬ψ, so ist ψ ebenfalls ein Satz. Nach
Induktionsvoraussetzung und der Vollständigkeit von T ∗ folgt
M |= τ ⇔ M 6|= ψ ⇔ ψ ∈
/ T ∗ ⇔ τ ∈ T ∗.
Wenn τ ≡ (ψ1 ∧ ψ2 ), so sind ψ1 und ψ2 ebenfalls Sätze. Nach
Induktionsvoraussetzung und Lemma 2.5.11(3) folgt:
M |= τ ⇔ M |= ψi , i = 1, 2 ⇔ ψi ∈ T ∗ , i = 1, 2 ⇔ τ ∈ T ∗ .
Schließlich sei τ ≡ ∃xψ. Dann gilt:
M |= τ ⇔ M |= ψ[c M ] für ein c ∈ C + ⇔ M |=
ψ(c) für ein c ∈ C + ⇔ τ ∈ T ∗ . Für die letzte Äquivalenz
verwendet man die deduktive Abgeschlossenheit von T ∗ für
“⇒”, und dass T ∗ eine Henkin-Theorie ist für “⇐”.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modelle und Erweiterungen von Theorien
Erinnerung: Eigentlich wollen wir folgenden Satz zeigen (denn aus
ihm folgt, wie letztes Mal argumentiert, der Vollständigkeitssatz):
Satz 2.5.3
Es sei σ eine Signatur, T eine σ-Theorie. Dann gilt: T ist genau
dann widerspruchsfrei, wenn T ein Modell hat.
Nach Satz 2.5.9 gilt das schon mal, wenn T eine vollständige
Henkin-Theorie ist. Beachte nun folgendes
Lemma 2.5.14
Es seien σ, σ + Signaturen, T eine σ-Theorie, T ∗ eine σ + -Theorie,
T ⊆ T ∗ . Dann gilt: Hat T ∗ ein Modell, so hat auch T ein Modell.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Modelle und Erweiterungen von Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.14
Es sei M+ ein Modell von T ∗ . D.h., M+ ist eine
σ + -Struktur, und es gilt M+ |= τ für alle τ ∈ T ∗ .
Nun sei M das Redukt von M+ auf σ, welches wir im Beweis
von Lemma 2.3.22 aus Vorlesung 6 definiert haben.
In diesem Beweis haben wir auch festgehalten, dass man mit
Induktion über den Formelaufbau leicht zeigen kann, dass für
alle σ-Formeln ϕ und alle Belegungen β in M (welche, wegen
der gleichen Trägermenge, auch Belegungen in M+ sind) gilt:
M |= ϕ[β] ⇔ M+ |= ϕ[β].
Wendet man dies mit τ ∈ T in der Rolle von ϕ an, so sieht
man: M |= τ ⇔ M+ |= τ . Also gilt M |= τ , und damit ist
M ein Modell von T .
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Das letzte verbleibende Lemma für Satz 2.5.1
Damit ist der Beweis von Satz 2.5.3 nun auf den Beweis folgenden
Lemmas reduziert:
Lemma 2.5.15
Es sei σ eine Signatur, T eine widerspruchsfreie σ-Theorie. Dann
gibt es eine Menge C neuer Konstanten für σ, sodass T in einer
vollständigen (σ + C )-Henkintheorie über C enthalten ist.
Um Lemma 2.5.15 zu beweisen, benötigen wir zwei Lemmata,
eines aus der metatheoretischen Mengenlehre, und eines zu
Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten.
Bisher haben wir nicht viele Worte über die Mengenlehre der
Metatheorie verloren. Man könnte, wie Hilbert es wollte, die
Metatheorie rein finitistisch aufbauen, aber das würde letztlich
viele Formulierungen und Konstruktionen kompliziert machen,
ohne dass sich die grundlegenden Beweisideen ändern.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Das Lemma von Zorn
Deshalb wollen wir uns auf den (schon zu Beginn in Vorlesung
1 geäußerten) Standpunkt stellen, mathematische Logik als
ein Teilgebiet der Mathematik zu sehen, sodass uns alle
Axiome und Resultate, die auch “normale”
MathematikerInnen verwenden, zur Verfügung stehen.
Insbesondere ist die metatheoretische Mengenlehre die
ZFC-Mengenlehre (mit metatheoretischen,
“umgangssprachlichen” Formulierungen der entsprechenden
Axiome, wie wir sie auch schon in Kapitel 1 präsentiert
haben), und in dieser lässt sich folgendes technische Resultat
beweisen:
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Das Lemma von Zorn cont.
Lemma 2.5.16 (Zorn)
Es sei (X , ≤) eine partialgeordnete Menge. Weiter gelte, dass jede
Kette C ⊆ X (d.h., jede Teilmenge, welche durch die
entsprechende Einschränkung von ≤ totalgeordnet wird) eine obere
Schranke in X besitzt, d.h., dass es ein s = s(C ) ∈ X gibt mit
c ≤ s für alle c ∈ C . Dann besitzt X ein maximales Element, also
ein Element m ∈ X , sodass es kein x ∈ X \ {m} gibt mit
m ≤ x.
Bezeichne mit Zorn das formale Lemma von Zorn. Dann gilt:
ZF ` AC ↔ Zorn.
Das Lemma von Zorn hat auch in der “Kernmathematik”
einige Anwendungen; man kann mit ihm z.B. beweisen, dass
jeder Vektorraum eine Basis besitzt.
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A. Bors
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Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten
Lemma 2.5.17
Es sei σ eine Signatur, ϕ(x1 , . . . , xn ) eine σ-Formel, C eine Menge
neuer Konstanten für σ, und c1 , . . . , cn seien paarweise
verschiedene Elemente von C . Dann gilt:
`σ+C ϕ(c1 , . . . , cn ) ⇔`σ ϕ(x1 , . . . , xn ).
Beweis
Für eine Signatur σ0 und eine σ0 -Formel ψ definieren wir
einen (formalen) σ0 -Beweis von ψ als eine endliche Folge von
σ0 -Formeln, sodass jedes Glied der Folge entweder ein Axiom
des σ0 -Hilbertkalküls ist oder aus vorherigen Gliedern der
Folge durch Anwendung einer der beiden Schlussregeln des
σ0 -Hilbertkalküls folgt. Es gilt also: `σ0 ψ genau dann, wenn
ψ einen σ0 -Beweis besitzt.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten cont.
Beweis von Lemma 2.5.17 cont.
Wir zeigen zuerst die Richtung “⇒”.
Es sei also B(c1 , . . . , cn ) ein (σ + C )-Beweis von ϕ(c1 , . . . , cn )
(beachte: da die Notation ϕ(z1 , . . . , zn ) lediglich bedeutet,
dass Free(ϕ) ⊆ {z1 , . . . , zn }, können wir o.B.d.A. annehmen,
dass alle im formalen Beweis B(c1 , . . . , cn ) auftretenden neuen
Konstanten in der Liste c1 , . . . , cn vorkommen).
Bezeichnen wir mit B(y1 , . . . , yn ) jene endliche Folge, die man
erhält, indem man in jedem Glied des (σ + C )-Beweises
B(c1 , . . . , cn ) jedes Vorkommen von ci durch eine Variable yi ,
die sonst im Beweis nicht vorkommt, ersetzt, wobei yi 6= yj für
i 6= j und yi 6= xj für alle i, j ∈ {1, . . . , n}, so sieht man leicht,
dass B(y1 , . . . , yn ) ein σ-Beweis von ϕ(y1 , . . . , yn ) ist (sh. die
Übungen).
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Beweisbarkeit unter Einführung neuer Konstanten cont.
Beweis von Lemma 2.5.17 cont.
Es folgt also `σ ϕ(y1 , . . . , yn ), und durch n-malige Anwendung
der ∀-Einführung damit auch `σ ∀y1 · · · ∀yn : ϕ(y1 , . . . , yn ).
Mittels der ∀-Quantorenaxiome und Modus Ponens erhält
man damit `σ ϕ(x1 , . . . , xn ), wie gewünscht.
Nun noch zur umgekehrten Richtung, “⇐”.
Es sei also `σ ϕ(x1 , . . . , xn ). ∀-Einführung liefert
`σ ∀x1 · · · ∀xn : ϕ(x1 , . . . , xn ), also auch
`σ+C ∀x1 · · · ∀xn : ϕ(x1 , . . . , xn ), und damit mittels der
∀-Quantorenaxiome des (σ + C )-Hilbertkalküls (sowie Modus
Ponens) `σ+C ϕ(c1 , . . . , cn ), wie gewünscht.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien
Beweis von Lemma 2.5.15
Wir gehen in zwei Schritten vor:
T lässt sich zu einer widerspruchsfreien (aber
n.n. vollständigen) (σ + C )-Henkin-Theorie T + erweitern.
2 Es sei σ + eine Signatur. Jede widerspruchsfreie
σ + -Henkin-Theorie T + lässt sich zu einer vollständigen
σ + -Theorie T ∗ (welche natürlich ebenfalls henkinsch ist)
erweitern.
1
Wir beginnen mit Schritt 1.
Dazu zeigen wir zunächst folgende Behauptung: Ist ϕ(x) eine
σ-Formel und c ein neues Konstantensymbol für σ, so ist die
(σ + {c})-Theorie T ∪ {∃xϕ(x) → ϕ(c)} ebenfalls
widerspruchsfrei.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Für den Beweis dieser Behauptung gehen wir indirekt vor.
Angenommen, es gäbe ψ1 , . . . , ψn ∈ T (a priori
möglicherweise n = 0), sodass für ψ :≡ ψ1 ∧ · · · ∧ ψn gilt:
`σ+{c} ¬(ψ ∧ (∃xϕ(x) → ϕ(c))).
Wir halten zunächst fest, dass nicht n = 0 sein kann, denn
sonst stünde da `σ+{c} ¬(∃xϕ(x) → ϕ(c)), was nach dem
Korrektheitssatz nicht sein kann. Also ist n ≥ 1, somit ψ
nichtleer, und die folgende Argumentation ergibt Sinn.
Aus dem bereits abgeleiteten
`σ+{c} ¬(ψ ∧ (∃xϕ(x) → ϕ(c))) folgt mit Aussagenlogik,
dass `σ+{c} ¬∃xϕ(x) → ¬ψ und `σ+{c} ϕ(c) → ¬ψ.
18
A. Bors
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Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Mittels Lemma 2.5.17 erhalten wir daraus `σ ¬∃xϕ(x) → ¬ψ
sowie `σ ϕ(x) → ¬ψ (beachte, dass ψ ein Satz ist und somit
insbesondere x nicht frei enthält).
Aus letzterem folgt aber mit ∃-Einführung: `σ ∃xϕ(x) → ¬ψ.
Mit Aussagenlogik erhält man insgesamt `σ ¬ψ, im
Widerspruch zur Widerspruchsfreiheit von T .
Mit Induktion erhält man hieraus: Wenn wir für jede σ-Formel
ϕ(x) ein eigenes, neues Konstantensymbol cϕ einführen und
C1 := {cϕ | ϕ(x) eine σ-Formel} setzen, so ist die
(σ + C1 )-Theorie
T1 := T ∪ {∃xϕ(x) → ϕ(cϕ ) | ϕ(x) eine σ-Formel}
widerspruchsfrei.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Beachte aber: T1 ist noch keine Henkin-Theorie, denn sie
enthält einen Satz der Gestalt ∃xϕ(x) → ϕ(c) ja nur für
σ-Formeln ϕ(x), nicht unbedingt für alle (σ + C1 )-Formeln.
Um dieses Problem zu beheben, setzen wir die Konstruktion
rekursiv fort. Wir führen also wiederum für jede
(σ + C1 )-Formel eine neue Konstante ein, erhalten
entsprechend eine widerspruchsfreie (σ + (C1 ∪ C2 ))-Theorie
T2 , usw.
Nach unendlich
vielen Iterationsschritten setzen
wir
S
S
T + := i∈N Ti (mit T0 := T ) und C := i∈N+ Ci . T + ist,
wie man leicht nachprüft, eine widerspruchsfreie
(σ + C )-Henkintheorie über der Konstantensymbolmenge C ,
die, wie gewünscht, T erweitert.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Nun zu Schritt 2. Wir müssen zeigen, dass sich jede
widerspruchsfreie σ + -Henkin-Theorie T + zu einer
vollständigen σ + -Henkin-Theorie T ∗ erweitern lässt.
Beachte dazu zunächst, dass für jede solche Theorie T + gilt:
Es ist für jeden σ + -Satz τ mindestens eine der σ + -Theorien
T + ∪ {τ } oder T + ∪ {¬τ } widerspruchsfrei.
Wir zeigen diese Behauptung indirekt. Wenn sowohl
T + ∪ {τ } als auch T + ∪ {¬τ } widersprüchlich sind, so folgt
(nach der Widerspruchsfreiheit von T + ), dass es
ψ1 , . . . , ψn , χ1 , . . . , χm ∈ T + , n + m > 0, gibt, sodass
`σ+ ¬(ψ1 ∧ · · · ∧ ψn ∧ τ ) und `σ+ ¬(χ1 ∧ · · · ∧ χm ∧ ¬τ ).
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A. Bors
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Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Mit Aussagenlogik folgt hieraus
`σ+ ¬(ψ1 ∧ · · · ∧ ψn ∧ χ1 ∧ · · · ∧ χm ), also die
Widersprüchlichkeit von T + , ein Widerspruch.
Man sieht leicht, dass Vereinigungen über Ketten (bezüglich
Inklusion) von widerspruchsfreien σ + -Theorien, die T +
erweitern, stets wieder widerspruchsfreie σ + -Theorien, die T +
erweitern, sind. In der partialgeordneten Menge (X , ⊆), X die
Menge aller widerspruchsfreien und T + erweiternden
σ + -Theorien, gibt es also nach dem Lemma von Zorn ein
maximales Element T ∗ .
D.h., T ∗ ist eine widerspruchsfreie, T + erweiternde
σ + -Theorie, und T ∗ ist in keiner anderen solchen Theorie echt
enthalten.
22
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Erweiterung zu vollständigen Henkin-Theorien cont.
Beweis von Lemma 2.5.15 cont.
Damit sieht man nun leicht, dass T ∗ sogar vollständig sein
muss: Es sei τ ein σ + -Satz. Nach vorhin gilt: Eine der beiden
σ + -Theorien T ∗ ∪ {τ } oder T ∗ ∪ {¬τ } ist ebenfalls
widerspruchsfrei und muss daher nach der Maximalität von
T ∗ mit T ∗ zusammenfallen. Dementsprechend gilt aber auch
τ ∈ T ∗ oder ¬τ ∈ T ∗ , wie in der Definition von
Vollständigkeit gefordert.
23
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Abschluss des Beweises des Vollständigkeitssatzes
Beweis von Satz 2.5.3
Zur “einfachen” Richtung, “⇐”: Wie angekündigt, ist das
eine relativ einfache Folgerung aus dem Korrektheitssatz, Satz
2.4.5: Angenommen, T hat ein Modell M, aber T ist nicht
widerspruchsfrei. D.h., es gibt ψ1 , . . . , ψn ∈ T mit
`σ ¬(ψ1 ∧ · · · ∧ ψn ). Nach dem Korrektheitssatz gilt dann
M |= ¬(ψ1 ∧ · · · ∧ ψn ). D.h., in M können nicht alle ψi ,
i = 1, . . . , n, zugleich wahr sein, im Widerspruch dazu, dass
M ein Modell von T ist.
Zur “schwierigen” Richtung, “⇒”: Es sei T eine
widerspruchsfreie σ-Theorie. Erweitere T gemäß Lemma
2.5.15 zu einer vollständigen (σ + C )-Henkintheorie T ∗ über
C . Nach Satz 2.5.9 hat T ∗ ein Modell, und damit hat nach
Lemma 2.5.14 auch T ein Modell.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Abschluss des Beweises des Vollständigkeitssatzes cont.
Beweis von Satz 2.5.1
Folgt sofort aus Satz 2.5.3 und Proposition 2.5.4.
Nachdem wir den Gödelschen Vollständigkeitssatz nun endlich
bewiesen haben, verwenden wir den Rest dieser Vorlesungseinheit,
um einige interessante Folgerungen aus ihm (bzw. dem stärkeren
Satz 2.5.3) zu besprechen.
25
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Vollständigkeitssatz für Theorien
Die Bedeutung des Vollständigkeitssatzes rührt daher, dass er
zeigt, dass für Prädikatenlogiken erster Stufe über einer
beliebigen Signatur σ der syntaktische Ableitungsbegriff `σ
(von nun an werden wir, wie angekündigt, auch einfach nur `
schreiben) und der semantische Ableitungsbegriff |=σ
(bzw. einfach nur |=) zusammenfallen.
Wir haben auch in Definition 2.5.10 einen allgemeineren
syntaktischen Ableitungsbegriff für σ-Theorien eingeführt
(T `σ ϕ), aber noch keine entsprechende Verallgemeinerung
für den semantischen. Diese ist aber sehr naheliegend:
Definition 2.5.18
Es sei σ eine Signatur, T eine σ-Theorie, ϕ eine σ-Formel. Wir
sagen “ϕ folgt semantisch aus T ” und schreiben T |=σ ϕ, falls ϕ
in allen Modellen von T unter allen Belegungen gilt.
26
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Vollständigkeitssatz für Theorien cont.
Man kann leicht folgende Verallgemeinerung des klassischen
Vollständigkeitssatzes zeigen:
Korollar 2.5.19
Es sei σ eine Signatur, T eine σ-Theorie, ϕ eine σ-Formel. Dann
gilt: T `σ ϕ ⇔ T |=σ ϕ.
Beweis
Beachte zunächst: Bezeichnet τ den universellen Abschluss
von ϕ, so gilt T `σ ϕ ⇔ T `σ τ (sh. die Übungen) und
T |=σ ϕ ⇔ T |=σ τ (trivial). Wir können also
o.B.d.A. annehmen, dass ϕ ein σ-Satz ist. Außerdem können
wir annehmen, dass T widerspruchsfrei ist (ansonsten ist die
Aussage des Korollares trivial).
27
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Vollständigkeitssatz für Theorien cont.
Beweis von Korollar 2.5.19 cont.
In diesem Fall reduzieren wir die behauptete Äquivalenz auf
Satz 2.5.3. Dazu zeigen wir:
ϕ ist genau dann nicht syntaktisch aus T ableitbar, wenn
T ∪ {¬ϕ} widerspruchsfrei ist.
2 ϕ folgt genau dann nicht semantisch aus T , wenn T ∪ {¬ϕ}
ein Modell hat.
1
Zur ersten Aussage:
T 6`σ ϕ ⇔6 ∃χ1 , . . . , χm ∈ T : (`σ χ1 ∧ · · · ∧ χm → ϕ)
⇔6 ∃χ1 , . . . , χm ∈ T : (`σ ¬(χ1 ∧ · · · ∧ χm ∧ ¬ϕ)),
und in Anbetracht der Widerspruchsfreiheit von T heißt das
gerade, dass T ∪ {¬ϕ} widerspruchsfrei ist.
28
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Vollständigkeitssatz für Theorien cont.
Beweis von Korollar 2.5.19 cont.
Die zweite Aussage ist trivial.
Genau wie Satz 2.5.1 uns erlaubt, einfach ` ϕ statt `σ ϕ zu
schreiben, können wir nun auch einfach T |= ϕ und T ` ϕ
schreiben.
Satz 2.5.3 hat auch noch ein anderes, sehr interessantes
Korollar, den so genannten Kompaktheitssatz, den wir auf der
nächsten Folie formulieren und beweisen. Mit ihm lassen sich
auch einige interessante Dinge anstellen, aber bevor wir darauf
zurückkommen, formulieren und beweisen wir auf der
übernächsten Folie noch den Satz von Löwenheim-Skolem als
letztes großes Korollar aus der entwickelten logischen Theorie.
29
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Kompaktheitssatz
Korollar 2.5.20
Es sei σ eine Signatur. Eine σ-Theorie T hat genau dann ein
Modell, wenn jede endliche Teilmenge von T ein Modell hat.
Beweis
Zur Richtung “⇒”: trivial (ein Modell von T ist auch ein
Modell jeder Teilmenge von T ).
Zur Richtung “⇐”: Wir zeigen die Kontraposition: Hat T
kein Modell, so gibt es auch eine endliche Teilmenge F von T ,
die kein Modell hat. Denn nach Satz 2.5.3 ist dann T
widersprüchlich, d.h., es gibt ψ1 , . . . , ψn ∈ T mit
` ¬(ψ1 ∧ · · · ∧ ψn ). Damit ist auch F := {ψ1 , . . . , ψn }
widersprüchlich und hat somit nach Satz 2.5.3 auch kein
Modell.
30
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Satz von Löwenheim-Skolem
Korollar 2.5.21
Es sei σ eine abzählbare Signatur. Wenn eine σ-Theorie ein Modell
hat, dann hat sie auch ein abzählbares Modell.
Beweis
Geht man die entsprechenden Beweise aus diesem Abschnitt noch
einmal durch, so wird man feststellen, dass die Konstruktionen
auch folgende Resultate liefern (unter der Annahme, dass σ
abzählbar ist):
1
Jede σ-Theorie T lässt sich zu einer vollständigen
(σ + C )-Henkin-Theorie T ∗ über einer abzählbaren Menge C
neuer Konstantensymbole für σ erweitern.
31
A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Satz von Löwenheim-Skolem
Beweis von Korollar 2.5.21 cont.
2
Ist σ + eine abzählbare Signatur, so ist für jede vollständige
σ + -Henkin-Theorie T ∗ das bis auf Isomorphie eindeutig
bestimmte Modell aus Konstanten für T ∗ abzählbar.
Damit ist die Aussage des Korollars klar.
Der Satz von Löwenheim-Skolem führt zu folgendem Paradoxon:
ZFC ist eine σset -Theorie, wobei die Signatur σset nur aus einem
binären Relationssymbol ∈ besteht, insbesondere abzählbar ist.
Glaubt man (so wie fast alle MathematikerInnen) an die
Widerspruchsfreiheit von ZFC, so muss man nach dem
Vollständigkeitssatz auch daran glauben, dass ZFC ein Modell hat,
und daher nach dem Satz von Löwenheim-Skolem, dass es auch ein
abzählbares Modell hat, obwohl man in ZFC doch ableiten kann,
dass es überabzählbare Mengen gibt.
A. Bors
Logik
32
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Der Kompaktheitssatz und Nichtstandardmodelle von PA
Abschließend zeigen wir noch, wie man mit Hilfe des
Kompaktheitssatzes zeigen kann, dass es Modelle der Theorie
PA (“Peano-Arithmetik”) gibt, die nicht zum
“Standard-Modell”, den natürlichen Zahlen, isomorph sind.
Wir werden auch ein allgemeineres Resultat besprechen, das,
philosophisch interpretiert, zeigt, dass die Prädikatenlogik
erster Stufe tatsächlich echt ausdrucksschwächer ist als die
Prädikatenlogik zweiter Stufe.
Zuerst müssen wir natürlich PA exakt definieren.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Definition der Theorie PA
Definition 2.5.22
Wir definieren σPA als die Signatur, bestehend aus
einem Konstantensymbol 0,
einem unären Operationssymbol S sowie
zwei binären Operationssymbolen + und ·.
Definition 2.5.23
Wir definieren PA als die σPA -Theorie, welche aus folgenden
Axiomen besteht:
1
∀x0 : 0 6= Sx0 ,
2
∀x0 ∀x1 : (Sx0 = Sx1 → x0 = x1 ),
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Definition der Theorie PA cont.
Definition 2.5.23 cont.
3
∀x0 : x0 + 0 = x0 ,
4
∀x0 ∀x1 : x0 + Sx1 = S(x0 + x1 ),
5
∀x0 : x0 · 0 = 0,
6
∀x0 ∀x1 : x0 · Sx1 = x0 · x1 + x0 ,
7
Für jede σPA -Formel ϕ(x):
(ϕ(0) ∧ ∀x : (ϕ(x) → ϕ(Sx))) → ∀x : ϕ(x).
Das “Standard-Modell” von PA, das wir alle kennen, hat die
natürlichen Zahlen N als Trägermenge, und in ihm wird das
Konstantensymbol 0 als die Zahl 0 interpretiert, S wird als die
Nachfolgerfunktion x 7→ x + 1 interpretiert, und + bzw. · werden
als die gewöhnliche Addition bzw. Multiplikation auf N
interpretiert.
A. Bors
Logik
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Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Standard-Zahlen in Modellen von PA
Folgendes Konzept hilft, das Standardmodell von PA von anderen,
nichtisomorphen Modellen zu unterscheiden:
Definition 2.5.24
Es sei M ein Modell von PA. Eine Standard-Zahl in M ist ein
Element von M der Gestalt (S M )n (0M ) für ein n ∈ N. Hierbei
bezeichnet (S M )n die n-fache Komposition der Funktion
S M : M → M mit sich selbst.
D.h., die Standard-Zahlen in M sind gerade die Elemente 0M
(also sozusagen “die 0 von M”), (S0)M (“die 1 von M”),
(SS0)M (“die 2 von M”) usw.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Einige Ableitungen aus PA
Wir brauchen folgendes einfache Lemma betreffend einige aus PA
ableitbare Sätze, welches wir in Auszügen in den Übungen
beweisen werden (S n steht für die Zeichenkette, die durch n-faches
Hintereinanderschreiben des Symbols S entsteht):
Lemma 2.5.25
Es seien n, m ∈ N. Dann gilt:
1
Ist n 6= m, so gilt PA ` ¬(S n 0 = S m 0).
2
PA ` S n 0 + S m 0 = S n+m 0.
3
PA ` S n 0 · S m 0 = S n·m 0.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Standard-Zahlen und das Standard-Modell
Es gilt folgendes einfache, aber nützliche Resultat:
Proposition 2.5.26
Es sei M ein Modell von PA. Folgende Aussagen sind äquivalent:
1
M ist isomorph zum Standard-Modell von PA.
2
M besteht nur aus Standard-Zahlen.
Beweis
Zu “⇒”: Es sei F : N → M ein Isomorphismus zwischen dem
Standardmodell N und M. Fixiere a ∈ M. Weil F surjektiv
ist, gibt es ein n ∈ N mit F (n) = a. D.h., da F ein
Isomorphismus ist,
a = F (n) = F ((S N )n (0N )) = (S M )n (0M ). Also ist a eine
Standard-Zahl, wie gewünscht.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Standard-Zahlen und das Standard-Modell cont.
Beweis von Proposition 2.5.26 cont.
Zu “⇐”: Nach Lemma 2.5.25(1) und Korollar 2.5.19 gilt für
n, m ∈ N mit n 6= m: M |= S n 0 6= S m 0, also
(S M )n (0M ) 6= (S M )m (0M ). Damit ist die Funktion
F : N → M, n 7→ (S M )n (0M ), eine Bijektion. Ebenso kann
man mittels Lemma 2.5.25(2,3) sowie Korollar 2.5.19
nachrechnen, dass F ein Isomorphismus von σPA -Strukturen
ist.
Wir verwenden Proposition 2.5.26 in Kombination mit dem
Kompaktheitssatz nun, um zu zeigen:
Proposition 2.5.27
Es gibt Nicht-Standard-Modelle von PA, d.h., Modelle von PA, die
nicht zum Standard-Modell isomorph sind.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Nicht-Standard-Modelle von PA
Beweis von Proposition 2.5.27
Es sei c ein neues Konstantensymbol für σPA . Setze
+
σPA
:= σPA + {c}.
+
Wir definieren eine σPA
-Theorie PA+ wie folgt: PA+ bestehe
aus allen Sätzen aus PA sowie zusätzlich noch aus den
+
abzählbar unendlich vielen σPA
-Sätzen der Gestalt
n
¬(c = S 0) für n ∈ N (wobei S n eine Kurzschreibweise für die
Zeichenkette ist, die man durch n-maliges
Hintereinanderschreiben von S erhält).
Offenbar besitzt jede endliche Teilmenge von PA+ ein Modell:
verwende einfach das Standard-Modell von PA und
interpretiere das Symbol c als eine genügend große natürliche
Zahl.
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Nicht-Standard-Modelle von PA cont.
Beweis von Proposition 2.5.27 cont.
Nach dem Kompaktheitssatz besitzt damit auch PA+ als
Ganzes ein Modell M. Das Redukt N von M auf PA ist
natürlich ein Modell von PA, enthält aber nach Konstruktion
mit c M eine Nicht-Standard-Zahl. Damit ist N nach
Proposition 2.5.25 nicht isomorph zum Standard-Modell.
Mit einer ähnlichen Idee kann man zeigen (sh. die Übungen):
Satz 2.5.28
Es sei σ eine Signatur, T eine σ-Theorie. Wenn T ein unendliches
Modell besitzt, dann besitzt T auch beliebig große Modelle (d.h.,
es gibt dann für jede Menge X ein Modell M von T mit
Trägermenge M, sodass |X | ≤ |M|).
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Prädikatenlogik erster vs. höherer Stufe
Wenn man Prädikatenlogik zweiter Stufe zur Verfügung hat (also
auch über Teilmengen der Grundgesamtheit quantifizieren kann),
gibt man die Peano-Axiome normalerweise wie folgt an (wobei
groß geschriebene Variablen hinter Quantoren für Teilmengen
stehen, klein geschriebene wie gewohnt für Elemente):
1
∀x0 : 0 6= Sx0 ,
2
∀x0 ∀x1 : (Sx0 = Sx1 → x0 = x1 ),
3
∀x0 : x0 + 0 = x0 ,
4
∀x0 ∀x1 : x0 + Sx1 = S(x0 + x1 ),
5
∀x0 : x0 · 0 = 0,
6
∀x0 ∀x1 : x0 · Sx1 = x0 · x1 + x0 ,
7
∀X : ((0 ∈ X ∧ ∀x0 : (x0 ∈ X → Sx0 ∈ X )) → ∀x0 : x0 ∈ X ).
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A. Bors
Logik
Prädikatenlogiken
Vollständigkeitssatz
Prädikatenlogik erster vs. höherer Stufe cont.
Diese Theorie besitzt aber bis auf Isomorphie genau ein
Modell, nämlich das Standard-Modell.
Das folgt, indem man in einem beliebigen Modell M das
siebte Axiom (das Induktionsaxiom) auf die Teilmenge X ,
bestehend aus allen Standard-Zahlen in M, anwendet.
Andererseits folgt aus Satz 2.5.28, dass es keine
prädikatenlogische Theorie erster Stufe in der Signatur σPA
geben kann, die so ausdrucksstark ist, dass sie bis auf
Isomorphie genau ein Modell, und zwar das Standardmodell,
besitzt.
Damit ist die Prädikatenlogik erster Stufe tatsächlich echt
ausdrucksschwächer als die Prädikatenlogik zweiter Stufe.
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A. Bors
Logik
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