Arbeitseinheit 6 zum Software-Praktikum im Wintersemester 2008/09 Prof. Dr. Christoph Schweigert mit Dr. Urs Schreiber und Dipl.-Math. Christian Curilla Aufgabenblatt für Endziffer 0,8,9 der Matrikelnummer. Abgabe spätestens am 17.12.2008 um 12 Uhr. Name: Vorname: Matrikelnummer: Matrizen mit positiven Einträgen Literaturhinweise für dieses Aufgabenblatt: • B. Huppert: Angewandte Lineare Algebra, de Gruyter, 1990 • F. R. Gantmacher: The Theory of Matrices, Volume 2, Chapter XIII, Chelsea Publishing Company, 1959. 1 Positive und positiv-definite Matrizen Wir wollen in dieser Aufgabe quadratische Matrizen mit reellen Einträgen untersuchen. Eine Matrix A ∈ M(n × n, R) heißt nicht-negativ, wenn alle Einträge nicht-negativ sind, und positiv, wenn alle Einträge positive Zahlen sind. Verwechseln Sie diese Begriffe nicht mit dem Begriff einer positiv (semi-)definiten Matrix, der nur für symmetrische Matrizen definiert ist. (a) (b) (a) Auch eine Matrix, die negative Einträge enthält, kann positiv definit sein. (c) (b) Hat eine Matrix nur nicht-positive Einträge, so kann sie nicht positiv defi- (d) nit sein. 1.1 Welche der folgenden Aussagen sind wahr? (c) Eine Diagonalmatrix mit nur positiven Einträgen auf der Diagonalen ist positiv definit. (d) Eine positive symmetrische Matrix kann indefinit sein. Machen Sie sich klar, dass die Positivität einer Matrix nicht unter den Ihnen aus der Vorlesung bekannten Äquivalenzrelationen auf der Menge von Matrizen invariant ist: Ist zum Beispiel die Matrix A positiv/nicht-negativ und B ähnlich zu A, so ist B nicht notwendiger Weise auch positiv/nicht-negativ. Im Gegensatz zu den Begriffsbildungen der Vorlesung “Lineare Algebra” wird also hier eine Basis ausgezeichnet. Bei gewissen mathematischen Problemen ist dies natürlich, insbesondere bei solchen, die aus der Darstellungstheorie, einem Teilgebiet der Algebra, kommen. Auch die Positivität der Matrixelemente ist in gewissen mathematischen Zusammenhängen eine natürliche Bedingung, z.B. wenn die Einträge der Matrix die Interpretation von Wahrscheinlichkeiten haben. Wie Sie gesehen haben, muss man dann mit Ähnlichkeitstransformationen vorsichtig umgehen. Wir benötigen noch folgende Definition: Eine quadratische Matrix A = (ai j )i, j∈J heißt reduzibel, wenn die Indexmenge J in zwei nichtleere disjunkte Teilmengen I, K zerlegt werden kann, I ∩ K = 0/ und I ∪ K = J, so dass aik = 0 für alle i ∈ I und k ∈ K gilt; andernfalls heißt sie irreduzibel. 1.2 Welche der drei folgenden Matrizen ist irreduzibel? 1 0 1 (a) 0 1 1 1 1 1 1 0 0 (b) 0 1 0 1 1 1 1 0 1 (c) 0 1 0 0 0 1 (a) (b) (c) Man beachte folgendes: fasst man eine im Sinne der obigen Definition reduzible Matrix A als darstellende Matrix eines Endomorphismus von R|J| auf, so hat dieser Vektorraum einen invarianten Unterraum, d.h. einen Untervektorraum U ⊂ R|J| , für den gilt Au ∈ U für alle u ∈ U. Dieser Untervektorraum lässt sich als Erzeugnis einer Untermenge der Standardbasis des R|J| schreiben. Machen Sie sich jedoch bitte klar: Die Existenz eines invarianten Untervektorraums ist eine von der Wahl einer Basis unabhängige Aussage, die obige Definition von Irreduzibilität einer Matrix jedoch nicht. Insbesondere gehört zwar zu jeder reduziblen Matrix ein invarianter Untervektorraum, die Umkehrung gilt jedoch im allgemeinen nicht: Es gibt irreduzible Matrizen, für die ein invarianter Unterraum existiert. Betrachten Sie zum Beispiel die Matrix ! 0 1 1 0 Überzeugen Sie sich davon, dass diese nicht-negative Matrix irreduzibel im Sinne unserer Definition ist. Fasst man sie jedoch als darstellende Matrix eines Endomorphismus Φ von R2 bezüglich der Standardbasis (e1 , e2 ) auf, so ist der von e1 + e2 erzeugte Untervektorraum ein invarianter Unterraum für Φ. 1.3 Welcher der folgenden Vektoren spannt einen echten invarianten Untervektorraum von R2 zu der reduziblen Matrix ! 1 1 A= 0 1 (a) (b) auf? 2 ! (a) 0 1 ! (b) 1 0 Eigenwerte positiver Matrizen Wir wissen, dass die Eigenwerte positiv definiter symmetrischer Matrizen reell sind, und möchten nun untersuchen, ob eine ähnliche Aussage auch für die Eigenwerte positiver Matrizen gilt. Wir beginnen mit ein paar Vorarbeiten. Wir wollen zunächst eine Routine allesreell := proc(vect) schreiben, die true ausgibt, wenn die Komponenten eines Vektors vect in Cn ausschließlich reelle Zahlen sind, sonst false. Probieren Sie zur Illustration zunächst folgenden Code aus is(4+I*0,real); is(4+I,real); vect := Vector([1,2*I+4,I*2,I,4.3,a]); with(LinearAlgebra): l:=[seq(is(vect[i],real),i=1..Dimension(vect))]; Hierbei wurde die Länge des Vektors vect mithilfe des Befehls Dimension aus dem Paket LinearAlgebra bestimmt. Die eckigen Klammern erzeugen eine geordnete Liste (siehe Aufgabenblatt Nr 1, Aufgabe 3). Laden Sie nun das Paket ListTools. Mithilfe des darin enthaltenen Befehls Occurrences können Sie zählen, wie viele Komponenten des Vektors vect nicht reell sind: with(ListTools): Occurrences(false,l); Benutzen Sie nun einen ähnlichen Code, um die Routine allesreell zu definieren. Testen Sie mindestens 10 positive 5 × 5-Matrizen daraufhin, ob die Eigenwerte reell sind. Erzeugen Sie dazu geeignete Matrizen mithilfe des Befehls RandomMatrix aus dem Paket LinearAlgebra (siehe Aufgabenblatt Nr. 3, Aufgabe 2) und verwenden Sie die vordefinierte Routine Eigenvalues (siehe Aufgabenblatt Nr 5, Aufgabe 3) sowie Ihre Routine allesreell. Verwenden Sie etwa folgende for-Schleife: . for i to 10 do allesreell( evalf(Eigenvalues(RandomMatrix(5)+W)) ) od; Hierbei müssen Sie W:=Matrix(5,(i,j)- > ...) so definieren, dass RandomMatrix(5)+W tatsächlich eine positive Matrix ergibt (Aufgabenblatt Nr. 3, Aufgabe 2). Beachten Sie, dass wir evalf verwendet haben, um die Ausdrücke, die RootOf beinhalten, in numerische Ausdrücke umzuwandeln (siehe M APLEHilfe). 2.1 Sind die Eigenwerte von positiven Matrizen immer reell? Ja Nein 2.2 Sind die Eigenwerte positiver symmetrischer Matrizen immer reell? Ja Nein 3 Der Frobenius-Perron-Eigenwert Wir betrachten nun für irreduzible nicht-negative Matrizen das Maximum M der Absolutbeträge aller Eigenwerte. Ein positiver reeller Eigenwert λ mit λ = M heißt Frobenius-Perron-Eigenwert. Es gilt: • Der Frobenius-Perron-Eigenwert existiert. • Die algebraische Vielfachheit des Frobenius-Perron-Eigenwerts - und somit auch seine geometrische Vielfachheit – ist gleich eins. Da es nicht ganz einfach ist, sich irreduzible nicht-negative Matrizen zu verschaffen, werden wir uns bei der praktischen Implementierung auf die Unterklasse positiver Matrizen beschränken. Verschaffen Sie sich nun mithilfe des Codes B:=RandomMatrix(4)+Matrix(4,4,100); evalf(Eigenvectors(B)); positive 4 × 4-Matrizen und deren Eigenwerte. Im allgemeinen findet man vier verschiedene Eigenwerte. Suchen Sie den Frobenius-Perron-Eigenwert heraus. Sie können dazu ein ähnliches M APLEProgramm schreiben wie das im vorangehenden Abschnitt. Dazu sollten Sie die Pakete LinearAlgebra und ListTools laden und einen Code der folgenden Form verwenden: . Digits:=20; EV:=evalf(Eigenvalues(B)); Betraege:=map(abs,convert(EV,list)); EV[Search(max(op(Betraege)),Betraege)]; Hierbei wandeln wir zunächst mithilfe des Befehls convert den Vektor EV in eine Liste um (siehe Aufgabenblatt Nr. 1, Aufgabe 3) und wenden mithilfe von map den Befehl abs auf diese Liste an. Die Eingabe op(Betraege) extrahiert dann die Einträge der Liste Betraege (hierbei kürzt op das englische Wort operand ab), der Befehl max bestimmmt das Maximum. Der Befehl Search aus dem Paket ListTools bestimmt die Position des Maximums max(op(Betraege)) in der Liste Betraege, und mithilfe der eckigen Klammern lesen wir schließlich den entsprechenden Eintrag aus dem Vektor der Eigenwerte aus. Geben Sie diese Befehle auch einzeln ein, um den Code zu verstehen! Vernachlässigen Sie wieder offensichtliche Rundungsfehler. 3.1 Wahr oder falsch? Im Eigenraum zum Frobenius-Perron-Eigenwert gibt es einen Wahr Eigenvektor, dessen Komponenten alle positiv sind. Falsch Überprüfen Sie mit M APLE auch die folgende Aussage an hinreichend großen Matrizen: Alle komplexen Eigenwerte λ vom Absolutbetrag r sind Lösungen der Gleichung λh − rh = 0, wobei h die Zahl der komplexen Eigenwerte vom Absolutbetrag r ist. 4 Komplexe Zahlen in der Gauß’schen Zahlenebene Wir möchten bei dieser Gelegenheit erklären, wie man in M APLE komplexe Zahlen als Elemente der komplexen Zahlenebene graphisch ausgeben kann. Testen Sie dazu zunächst, wie Sie in M APLE mithilfe des Befehls listplot die komplexen Zahlen 0, 1 + i, 1 − i und 2 + 4i in eine 2-dimensionale Graphik eintragen können. Laden Sie dazu das Paket plots und geben Sie für die oben gewählten komplexen Zahlen ein: liste:=[[0,0],[1,1],[1,-1],[2,4]]; pointplot(liste); Wir möchten nun die komplexen Zahlen λ, die λh − rh = 0 für fest gewähltes h ∈ {2, 3, 4} und r = 1, 2, 3 erfüllen, von M APLE in der Gauß’schen Ebene einzeichnen lassen. Bestimmen wir dazu zunächst die Lösungen der Gleichung λ4 − 1 = 0: loes:=[solve(lˆ4-1,l)]; Hierbei machen die eckigen Klammern aus der so genannten exprseq, die vom Befehl solve ausgegeben werden, eine Liste, also ein Objekt vom Typ list, siehe auch Aufgabenblatt Nr. 1, Aufgabe 3. Die Elemente unserer Lösungsliste loes schreiben wir nun als Paare von Real- und Imaginärteil: . aufteil:=z- > [Re(evalf(z)),Im((evalf(z))]; loesReIm:=map(aufteil,loes); und wenden pointplot auf die entstandene Liste an: pointplot(loesReIm); Erzeugen Sie nun entsprechende Graphiken für die Lösungen von λh − rh = 0 für h = 2, 3, 4, r = 1, 2, 3. Was fällt Ihnen auf? 4.1 Wie viele Lösungen besitzt λh − rh = 0, r > 0, über C? (a) (a) h (b) Das hängt von r ab. (c) eine (b) (c) 5 Anwendung: eine Algebra aus der Darstellungstheorie Wir wollen nun für jede natürliche Zahl k eine k + 1-dimensionale reelle Algebra Ak zusammen mit einer geordneten Basis (b0 , b1 , . . . , bk ) einführen. Das Produkt führen wir auf den Basiselementen ein und setzen es bilinear fort: mk (i, j) bi · b j = ∑ bl , l=|i− j| wobei l nur die Werte annehmen darf, für die i + j + l gerade ist, und die obere Schranke in Abhängigkeit von k durch mk (i, j) := min(i + j, 2k − i − j) definiert ist. Die Algebra Ak tritt auf, wenn man Darstellungen von Verallgemeinerungen von Gruppen, so genannte Quantengruppen, betrachtet. 5.1 Überlegen Sie sich auf dem Papier (ohne M APLE zu verwenden), welche Aussagen stimmen: (a) Die Algebra ist kommutativ. (a) (b) (c) (b) Die Algebra ist assoziativ. (c) Die Algebra ist unitär, d.h. es gibt ein Einselement. Das Produkt der oben eingeführten Algebra Ak schreiben wir als k bi · b j = ∑ Nilj bl l=0 mit nicht-negativen ganzen Zahlen Ni lj für i, j, l ∈ {0, 1, . . . , k}. Wir führen nun k + 1 verschiedene Matrizen Nn ∈ M((k + 1) × (k + 1), Z) ein, deren Element in der i-ten j Zeile und j-ten Spalte gleich Nni ist, j j (Nn )i = Nni . Alle Matrizen sind offenbar nicht-negativ. Sie können für gegebenes k die Matrix Nn mithilfe des folgenden Codes erzeugen: N:=proc(n,k); Matrix(k+1, (i,j)- > if ((j-1) >=abs(n-(i-1))) and (j-1) <=min(2*k-n-(i-1),n+i-1) and type(i+j+n,even) then 1 else 0 end if); end; (a) (b) (c) (a) Jede Matrix Ni ist diagonalisierbar über dem Körper der komplexen Zah- (d) len. 5.2 Welche Aussagen treffen zu? Hierbei sollten Sie sowohl von Hand rechnen als auch Ihre Vermutungen mit M APLE überprüfen. (b) Die Matrizen vertauschen, d.h. Ni · N j = N j · Ni für alle i, j. (c) Die k + 1 Matrizen Ni sind gleichzeitig diagonalisierbar. (d) Die k + 1 Matrizen Ni sind irreduzibel. Schließlich sollen Sie noch mithilfe von Eigenvalues experimentell Vermutungen für den FrobeniusPerron Eigenwert der Matrix Ni überprüfen. 5.3 Welche Aussagen sind korrekt: (a) Für k = 2 und i = 1 erhält man √ 2. (b) Für alle k und i = 0 erhält man 1. (a) (b) (c) (d) (c) Für alle k und i = k erhält man 1. (d) Für alle k und alle i ∈ {1, 2, . . . , k − 2} erhält man Werte strikt größer als 1. Die Aufgaben dieser Einheit müssen Sie bis zu dem Datum bearbeitet haben, das oben auf dem Blatt erscheint. c Bahns, Schweigert, Waldorf.