Einführung in die Geo

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Geophysik
4. Fraktale und chaotische Prozesse
Wir beobachten Prozesse, die sich, auch wenn wir ihre Vergangenheit vollständig kennen
würden, nicht vorhersagen lassen. Die räumlichen oder zeitlichen Strukturen, die diese Prozesse erzeugen, sind selbstähnlich.
Die Plattentektonik lässt sich heute durch Wiederholungsmessungen mit GPS (Global Positioning System) direkt nachweisen. Für die Menschheit sind besonders zwei Konsequenzen der
Plattentektonik bedeutsam: Vulkanismus und Erdbeben.
4.2. Plattentektonik
Wir kehren zur Modellvorstellung von den Konvektionswalzen im Erdmantel zurück: Wenn
wir jetzt noch einige Lithosphärenplatten auf die Konvektionszellen packen, haben wir eine
‚Plattentektonik‘ , in der die Konvektion der verantwortliche physikalische Mechanismus ist.
Das Modell ist noch zu einfach: Während in den ersten Modellen die Lithosphärenplatten nur
passive ‚Reiter‘ auf den Konvektionszellen waren, haben wir jetzt Hinweise darauf, dass die
Bewegung dieser Platten selbst – etwa das Eintauchen eines subduzierten Slabs in den Mantel - eine der die Konvektion treibenden Kräfte ist. Bisher gar nicht verstanden ist die Koexistenz von Konvektionszellen und sogenannten Plumes, unter denen man sich ‚schnelle‘
Aufströme von heissem Material vorstellt. Einige Wissenschaftler glauben, dass solche Plumes für das Auseinanderbrechen der alten Superkontinente verantwortlich sind. So ist etwa
der jetzige Hotspot Tristan da Cunha ein Überbleibsel von einem Plume, der vor 200 Millionen Jahren eine besonders hohe Förderleistung hatte und sich zudem genau unter Südamerika und
Afrika befand (damals als Teil von Godwanaland zusammenhängend).
4.2.1. Fragen
Wir verzichten hier auf die Darstellung der wissenschaftlichen Kontroverse, die der Akzeptanz der Plattentektonik vorausging, und stellen nur 6 Fragen, die sich ohne Plattentektonik
nicht (oder falsch) beantworten lassen.
1. Warum gibt es kontinentale Kruste mit jedem Alter < 3.5 10 9 a, aber keine ozeanische
Kruste mit Alter > 250  10 6 a?
2. Indien war im Perm (vor 270  10 6 a) vereist (wie Skandinavien in der letzten Eiszeit).
Wie kann der Planet so stark abkühlen, dass es sogar am Äquator Eis gibt – was passiert
mit dem Leben?
1
3. Altersbestimmung indischer Basalte + Paläomagnetismus (Kap. 2.4 und 3.4): Indien hat
sich in den letzten 100 10 6 a um 9000 km von Süden zu seiner jetzigen Position ' bewegt ' .
Wie?
4. Zurück zur Seismologie: Aus dem zeitlichen Abstand zwischen P und S Wellen kann man
die (horizontale) Herdentfernung bestimmen. – Kann man auch die Tiefe des Epizentrums
bestimmen? Ja, mit der Laufzeitdifferenz pP  P . Ergebnis: Vertikalschnitt durch die
Neuseeländischer Nordinsel:
Die Verteilung der Hypozentren folgt Flächen, die mit Winkeln von 40°-60° in den Mantel abtauchen, den sogenannten ' Benioffzonen ' . Warum?
5. Warum sind junge Gebirge länglich?
6. Warum sind einige Inselketten Kreisabschnitte?
4.2.2. Von der Konvektion zur Subduktion
Besonders der Befund aus Frage 3 (Bewegung Indiens, ca 9 cm/a) zeigt, dass im Erdmantel
Konvektion mit Geschwindigkeiten von einigen cm/a auftreten. Das Bild vom ' Mantel als
Flüssigkeit auf großen Zeitskalen ' (Kap 3 – V) ist aber zu einfach, wenn auf der Flüssigkeit
eine rigide (nicht-viskose) Schicht, die Lithosphäre (Kruste + oberster Mantel), liegt:
2
Konvektion führt zu Relativbewegungen einzelner Bestandteile der Lithosphäre, der sogenannten Lithosphärenplatten. Es gibt zwei ‚Sorten’ von Lithosphäre: (ozeanische (d  30 km)
und kontinentale (d  50 – 250 km, je nach Alter)
Die folgende Tabelle gibt zwei Arten von Relativbewegungen der Platten zueinander für drei
verschiedene Kombinationen der beiden Lithosphärensorten an.
Rift
←→
ozean – ozean
Subduktion
→↙
mitteloz. Rücken, z.B. Atlantik
Inselbogen
Abkühlung durch Diffusion
Lithosphären-Dicke ist Parabel
ozean – kontinent
kontinent – kontinent
Continental
Breakup
z.B. Kenia Rift
z.B. Aleuten
(Subduktion auf Kugeloberfläche
 Antwort auf Frage 6)
oz↘←kont
Gebirgsbildung
z.B. Anden (Antw. Frage 5)
Subduktion?
Gebirgsbildung
z.B. Himalaya
Sind die Lithosphären-Platten nur passive ' Reiter ' auf der ' Flüssigkeit ' , oder aktiv am Antrieb der Konvektion beteiligt (neben der Heizung von unten durch den Kern) ?
Antwort: quantitative Abschätzung der Kräfte, die auf die Platte wirken:
Ps gravitativer Zug der abtauchenden Platten infolge ihrer höheren Dichte [slab pull]
Pr Rückenschub der aus der Höhe h abgeleiteten Platte [ridge push]
 viskose Reibung an der Plattenbasis
3
Ps  Pr

?
(Übung: Bestimme die Plattengeschwindigkeit wenn Ps  Pr   )
4.2.3. Subduktion, Vulkanismus und Erdbeben
Bei der Subduktion ozeanischer Lithosphäre werden mit jungen, porösen See-Sedimenten
große Mengen Wasser transportiert. Zwar wird der größte Teil davon unter dem Akkretionsprima wieder herausgequetscht, aber ein Teil
des Wassers gelangt in 100 bis 150 km Tiefe
und ist dort Mit-Ursache von Vulkanismus:
Wasser verringert die Schmelztemperatur, bis
diese etwa gleich der Temperatur in 100 km
Tiefe ist.
Partielle Schmelzen, Vulkanismus.
Bei oz – oz Subduktion ist diese Erscheinung für das Auftreten von Inselbögen ca.
100 – 150 km hinter der Subduktionsfront
verantwortlich. Was kann die Subduktion
noch alles in den Mantel transportieren?
Auf einer (geologisch) ' kurzen ' Zeitskala von 100 a reagiert der Mantel wieder elastisch. In dieser Zeit hat die
Subduktion eine Versetzung ⇋ von einigen m (in einem
Festkörper!!) aufgebaut, die nur durch ein Erdbeben abgebaut werden kann (Frage 4). Treten Erdbeben regelmäßig auf? (  Kap. 4.3)
4.2.4. Die Plume-Hypothese
Die meisten Vulkane auf der Erde sind durch Subduktion entstanden und befinden sich in unmittelbarer Nähe (max. 200 km) von Subduktionszonen – verkürzt dargestellt transportiert die
Subduktion u.a. junge ozeanische Sedimente in den Mantel, und das darin enthaltene Wasser
verringert die Schmelztemperatur und macht Schmelzen wahrscheinlicher als anderswo. Es
gibt aber auch 50 – 100 (diese Zahl wird später diskutiert) Intraplattenvulkane, deren Entstehung nicht mit den bisher diskutierten Konvektionsmechanismen verknüpft zu sein scheint –
ein Musterbeispiel ist Hawaii. Die Lage dieser Vulkane korreliert keineswegs mit den Plattengrenzen, aber ‚etwas‘ mit langwelligen Geoidanomalien, die durch räumliche Temperaturvariationen im unteren Mantel entstehen. Die attraktivste Hypothese zur Entstehung dieser Intraplattenvulkane ist die von Wilson, dass sie Oberflächensignaturen von an der Kern-Mantelgrenze aufsteigenden Aufströmen verringerter Viskosität, sogenannter ‚Plumes‘ sind. Zur Unterscheidung von den ‚echten‘ Vulkanen wurden sie auch hotspots genannt. In den guten alten
Zeiten (also bis etwa 1998) glaubten die meisten Geowissenschaftler, dass die Plumes fest an
der Kern-Mantelgrenze ‚kleben‘ und die durch Konvektion verursachten Horizontalbewegungen nicht oder nur mit sehr viel geringerer Geschwindigkeit mitmachen; während die vertikale Geschwindigkeitskomponente des Plume-Materials wegen der verringerten Viskosität um
eine Grössenordnung höher ist als die der Plattenbewegungen – etwa 1m/a. Da wir an der
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Erdoberfläche nicht die Kernmantelgrenze, sondern die sich bewegenden Platten sehen, bot
die Vorstellung von den stationären Plumes die Möglichkeit, einen festen Bezugsrahmen, den
hot spot reference frame zu definieren, relativ zu dem sich das Mantelmaterial und die Platten
bewegen. Diskrepanzen zwischen den mit GPS relativ zu diesem hot spot reference frame bestimmten Bewegungsrichtungen der Platten und mit anderen geophysikalischen Methoden,
welche direkt durch die Lithosphäre ‚sehen’ können (Seismologie mit Oberflächenwellen,
Elektromagnetische Tiefenforschung), bestimmten Richtungen haben seitdem dazu geführt,
dass ein etwas anders definierter reference frame verwendet wird, bei dem alle Plattenbewegungen zusammen kein Netto-Drehmoment auf die Erde ausüben.
4.2.5. Antworten
1. Wenn wir die Abmessungen der größten, nämlich der pazifischen Platte mit den Plattengeschwindigkeit vergleichen, ergibt sich ein Alter von 250  10 6 a . Alle ältere
ozeanische Kruste ist bereits wieder subduziert worden.
2. Indien war damals in der Nähe des Südpols.
3. Infolge der Konvektion
4. Die Seismologie ‚sieht’ hier eine Subduktionszone.
5. Diese Gebirge zeigen den Verlauf von aktiven Kontinentalrändern an, an denen ozeanische unter kontinentale Lithosphäre subduziert wird.
6. Subduktion auf einer Kugeloberfläche kann man sich am Beispiel eines eingedrückten
Tischtennisballes klarmachen….
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