Kapitel 8 Perikarditis 8 INHALT B. Maisch, M. Herzum 8.1 8.1.1 8.1.2 8.1.3 8.1.4 Grundlagen 159 Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese 159 Pathologisches Bild und Pathophysiologie 159 Klinisches Bild und Verlauf 160 Diagnostik der Perikarderkrankungen 161 8.2 8.2.1 8.2.2 Allgemeine Aspekte der Therapie Perikardtamponade 163 Pericarditis constrictiva 165 Hinsichtlich der Therapie muß zwischen einer infektiösen und einer sterilen Perikarditis – und bei letzterer zwischen einer autoimmunen, einer metabolischen und neoplastischen Ursache – unterschieden werden. Infektiöse Herzbeutelentzündungen können durch Infiltration der Erreger aus der Nachbarschaft, lymphogen und hämatogen hervorgerufen werden. In Tabelle 8.1 sind häufige Ursachen und die Pathogenese von Perikarderkrankungen aufgeführt. 163 8.3 Spezielle Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses 166 8.3.1 Bakterielle und mykotische Perikarditis 166 8.3.2 Tuberkulöse Perikarditis 166 8.3.3 Virale Perikarditis 166 8.3.4 Autoreaktive Perikarditis 167 8.3.5 Idiopathische Perikarditis 167 8.3.6 Perikarditis beim „post-cardiac-injury syndrome“ 168 8.3.7 Urämische Perikarditis 168 8.3.8 Perikarditis bei Vaskulitiden und Kollagenosen 8.3.9 Rezidivierend-akute Perikarditis, chronische Perikarditis 169 8.3.10 Maligner Perikarderguß 169 Literatur 8.1.2 Pathologisches Bild und Pathophysiologie 168 170 8.1 Grundlagen Herzbeutelerkrankungen umfassen sterile und infektiöse Entzündungen des Epi- und Perikards mit und ohne Ergußbildung, den neoplastischen Perikarderguß sowie die chronische Perikarditis und Pericarditis constrictiva als Folgezustände der akuten Perikarditis. Unter Concretio pericardii versteht man Verwachsungen des viszeralen mit dem parietalen Perikardblatt, unter Accretio pericardii die Verwachsungen des parietalen Perikardblatts mit der Umgebung. 8.1.1 Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese Bei 2 – 10 % aller Autopsien findet sich eine Perikarditis. Häufig sind epikardnahe Myokardschichten mitentzündet. Dann findet sich meist eine Außenschichtschädigung im EKG. Pathologie Abhängig von der Ätiologie der Perikarditis zeigt sich pathologisch-anatomisch eine vorwiegend granulozytäre oder lymphozytär-mononukleäre Infiltration des Epi- und Perikards sowie häufig auch des epikardnahen Myokards. Der fakultative Erguß ist zellreich und purulent im Fall einer bakteriellen Infektion, oft hämorrhagisch bei der Tuberkulose oder einer Neoplasie, seriös und serofibrinös bei viraler, immunologisch reaktiver oder autoimmuner Genese. Pathophysiologie Fibrinöse Beläge am Perikard verursachen durch Reibung die meist heftigen präkordialen Schmerzen sowie ein präsystolisches, systolisches und frühdiastolisches Geräusch bei der Perikarditis. Wegen der Straffung des Perikards bei inspiratorischem Tiefertreten des Herzbeutels können bei der Einatmung sowohl die Schmerzen als auch der Geräuschbefund zunehmen. Eine rasche Ergußentwicklung im Perikard führt durch Kompression des rechten Ventrikels und ggf. des rechten und/oder linken Vorhofes zur Füllungsbehinderung der Herzkammern und damit zum Abfall des Herzminutenvolumens und des Blutdrucks. Die venöse Einflußstauung vor dem rechten Herz ist an der deutlichen Halsvenenstauung und dem hohen zentralen Venendruck zu erkennen. 160 Kapitel 8 Perikarditis Tabelle 8.1. Ursachen, Häufigkeit und Pathogenese der Perikarditis [9, 13, 16] Ätiologie Häufigkeit [%] Pathogenese idiopathisch > 50% aller Perikarditiden sterile, seröse oder fibrinöse, manchmal hämorrhagische Entzündung mit fraglich viraler, autoimmuner und postinfektiöser sekundärer Immunpathogenese infektiöse Perikarditis durch Viren durch Bakterien bei Tuberkulose bei Lues durch Pilze durch Parasiten 30–50 5–10 3–20 selten selten selten durch Vermehrung der Erreger und ggf. Bildung von Toxinen im Perikardgewebe verursachte seröse, fibrinöse, z.T. hämorrhagische Entzündung (Bakterien, Viren, Tuberkulose, Pilze) oder purulente Entzündung (Bakterien) 30 30 ? selten ? selten bei Myokarditis und Pneumonie als infektiöse (Viren, Bakterien) oder als para- und postinfektiös steril auftretende Entzündung; bei Aortenaneurysma blutiger Erguß Perikarditis und Perikarderguß bei Erkrankungen benachbarter Organe Myokardinfarkt (P. epistenocardica) Myokarditis Aortenaneurysma Lungeninfarkt Pneumonie Ösophaguserkrankungen Infektiöse Endokarditis pathognomonisch für Klappenringabszeß Perikarditis bei Stoffwechselerkrankungen Niereninsuffizienz (Urämie) Myxödem Addison-Krise diabetische Ketoazidose häufig 30 selten selten virale, toxische und/oder automimunologische fibrinöse Entzündung bei Niereninsuffizienz; seröser, cholesterinreicher Erguß bei Myxödem Andere Formen Cholesterinperikarditis selten bei hypertrophischer Kardiomyopathie bei Schwangerschaft ca. 10% selten Transsudation von Cholesterin nach Perikardverletzung, das eine sterile, serofibrinöse Entzündung verursacht meist kleine Ergüsse unklarer Genese meist kleine Ergüsse unklarer Genese Perikarderguß bei Tumoren primäre Herztumoren sekundäre metastasierende Tumoren selten häufig Bei langsamer Ergußentwicklung kommt es zur Dehnung des Perikards. Dadurch kann es zu einem Erguß von bis zu 2 l ohne Herzbeuteltamponade kommen. Die Pericarditis constrictiva entsteht durch bindegewebig-narbige und häufig auch kalkeinlagernde Organisation der Entzündung im Perikard. Auch hierbei kommt es zur Füllungsbehinderung insbesondere des rechten Ventrikels. Die chronische venöse Einflußstauung verursacht periphere Ödeme,Aszites sowie eine „cirrhose cardiaque“. 8.1.3 Klinisches Bild und Verlauf Der Verlauf einer Perikarditis wird in erster Linie von ihrer Genese geprägt. Bei purulenter Perikarditis ste- seröse oder fibrinöse, häufig hämorrhagische Begleitperikarditis durch die Infiltration maligner Zellen hen ein septischer Zustand des Patienten mit hohem Fieber und Schüttelfrost im Vordergrund. Bei den übrigen Perikarditiden kann eine Temperaturerhöhung bis 39 °C vorkommen. Zum Teil treten jedoch heftige präkordiale Schmerzen auf, die inspiratorisch verstärkt sind. Häufig steht die perikardiale Erkrankung im Hintergrund der Allgemeinerkrankung und wird zufällig bei echokardiographischen oder radiologischen Untersuchungen entdeckt. Nach ihrem Verlauf lassen sich Perikarditiden einteilen in ∑ ∑ ∑ ∑ akute Perikarditis, rezidivierend-akute Perikarditis, chronische Perikarditis, Pericarditis constrictiva. Jede akute Perikarditis kann in eine akut- oder chronisch-rezidivierende Verlaufsform übergehen, ohne 8.1 Grundlagen 8.1.4 Diagnostik der Perikarderkrankungen a b c d Abb. 8.1 a – d. EKG-Veränderungen im Verlauf der Perikarditis; a Normalbefund, b akute Perikarditis Stadium I, c akute Perikarditis Stadium II, d akute Perikarditis Stadium III. (Nach Holzmann [8]) daß dafür Risikofaktoren definiert sind. Während bei den akuten infektiösen Perikarditiden Erreger die Entzündung verursachen, sind ihre Rezidive meistens als sterile, postinfektiös autoimmune Erkrankung aufzufassen. Abb. 8.2. Bocksbeutelartige oder zeltförmige Verbreiterung des Herzens bei großem Perikarderguß. Es fällt die fehlende Lungenstauung besonders auf, die bei „Kardiomegalie“ myogenen Ursprungs sonst charakteristisch wäre Klinische Zeichen. Perikardreiben, leise Herztöne, Halsvenenstauung, periphere Ödeme einschließlich Aszites, niedrige arterielle Blutdruckwerte mit einem Pulsus paradoxus sind klinische Zeichen einer Perikardentzündung bzw. eines Perikardergusses. EKG. Im EKG kann eine ST-Streckenelevation aus dem deszendierenden Teil der R-Zacke (Abb. 8.1), eine periphere und zentrale Niedervoltage, bei großem Erguß mit einem „swinging heart“ auch ein elektrischer Alternans bestehen. Röntgen. Die „bocksbeutelartige“ Verbreiterung der Herzsilhouette im Röntgenbild der Thoraxorgane legt den Verdacht auf einen Perikarderguß nahe (Abb. 8.2). Echokardiographie. Die Echokardiographie stellt heute die sensitivste Methode zur Diagnose eines Perikardergusses dar. Selbst kleine Ergußmengen von 5–10 ml können sicher festgestellt werden. Man unterscheidet je nach Ausdehnung und Organisationsgrad des Ergusses 6 Typen, die in Abb. 8.3 a 161 162 Kapitel 8 Perikarditis Abb. 8.3 a, b. Typen des Perikardergusses (nach [8]); a Bewegungsformen von Perikard und Epikard, EN: Endokard, P: Perikard, EP: Epikard; b zweidimensionales Echokardiogramm eines Perikardergusses mit Fibrinfäden zwischen Epiund Perikard Typ A Typ B EKG EKG EKG EN EN EP EN EP P a Typ C P P kein Erguß feuchtes Perikard kleiner Erguß Typ D Typ E Typ F klassischer Erguß EKG EKG EKG EN EP EN EN EP P P P Perikardfibrose in Organisation befindlicher Erguß b schematisch aufgeführt sind.Abbildung 8.3 b zeigt im zweidimensionalen Echokardiogramm einen großen zirkulären Perikarderguß, der sich teilweise in Organisation befindet. Die Echokardiographie mit Doppleruntersuchung kann wertvolle Hinweise liefern, insbesondere der Versuch der Abgrenzung von einer restriktiven Kardiomyopathie ([7]; Abb. 8.4). Perikardiozentese. Eine Aufklärung der Ätiologie und Pathogenese ermöglicht in vielen Fällen die Perikardiozentese (Perikardpunktion) mit anschließender mikrobiologischer, serologischer, laborchemi- scher, immunologischer und zytologischer Untersuchung des Punktates. Perikardioskopie. Die Perikardioskopie kann gefahrlos ab einer Ergußmenge von etwa 200 ml durchgeführt werden. Dabei wird ein 8-F-Einführungskatheter in den Herzbeutel eingebracht, der Erguß entfernt und etwa 150 ml sterile, angewärmte Kochsalzlösung instilliert. Über ein Endoskop können Epikard und Endokard inspiziert und auffällige Strukturen biopsiert werden (Abb. 8.5a). Dadurch konnte die diagnostische Aussagefähigkeit der Perikardiozentese deutlich gesteigert werden [18, 22]. 8.2 Allgemeine Aspekte der Therapie A E A E E E E 163 A A A a b Abb. 8.4 a – e. Schematische Darstellung der Dopplerflüsse des linksventrikulären Einstroms über der Mitralklappe. a Normales Flußverhalten (E > A; E: early, früher diastolischer Einstrom; A: atrialer, präsystolischer Einstrom); b gestörte Relaxation (E < A) z. B. bei LV-Hypertrophie, hypertrophischer Kardiomyopathie oder Amyloidose des Herzens; c Pseudonormalisierung z. B. bei Übergang von der Relaxationsstörung zum restriktiven Muster, wenn eine vermehrte Kammersteifigkeit und hohe Vorhofdrücke vorliegen; d das restriktive Muster, wie es bei einer restriktiven Kardiomyopathie vorliegt, zeigt eine verkürzte isovolumetrische Relaxationszeit, eine Zunahme der frühdiastolischen Einstromgeschwindigkeit, die sich durch den hohen atrioventrikulären Drucksprung erklären läßt, eine verkürzte Druckhalbwertszeit und einen minimalen Fluß bei der atrialen Kontraktion; e das konstriktive Muster unterscheidet sich von d kaum; es hat einen hochnormalen frühen diastolischen Einstrom und eine Einstrombehinderung in der späten Diastole, so daß meist keine A-Welle mehr nachweisbar ist. Die Wertigkeit verschiedener diastolischer Funktionsstörungen in b, c und d wird auch dadurch beeinträchtigt, daß z. B. bei Mitralinsuffizienzen das E/A-Verhältnis relativ erhöht, bei niedrigen Füllungsdrücken z. B. nach Diuretika- oder ACEHemmer-Therapie erniedrigt ist und bei Vorhofflimmern zur Beurteilung die A-Welle ganz fehlt. Zur Differenzierung zwischen restriktivem und konstriktivem Muster ist die Flußmessung nicht geeignet Makroskopisch kann eine fibrinöse Perikarditis (Abb. 8.5 b) gut von neoplastischen Perikardaffektionen mit Protrusionen (Abb. 8.5 c) unterschieden werden. Die Perikardzytologie ergibt Hinweise auf einen entzündlichen Erguß (Abb. 8.5 d) oder einen neoplastischen Prozeß (Abb. 8.5 e; kleinzellige Bronchialkarzinomaussaat im Perikard). Die Histologie sichert die Diagnose nach Epikardbiopsie (Beispiel: lymphozytäre Perimyokarditis, Abb. 8.5 f). Herzkatheteruntersuchung. Dennoch erfordert eine Pericarditis constrictiva auch heute noch die invasive Diagnostik durch Herzkatheterismus, die häufig eine Endomyokardbiopsie zur Unterscheidung der restriktiven (infiltrativen) Kardiomyopathie beinhaltet. Eine Synopsis des diagnostischen Ablaufs ist in Abb. 8.6 vorgegeben: In Abhängigkeit von der Größe des im Echokardiogramm validierten Ergusses und dem Auftreten einer Tamponade ist die Ergußpunktion dringlich oder elektiv vorzusehen. Bei kleinen Ergüssen kann zunächst ein Therapieversuch mit Antiphlogistika unternommen werden, bevor eine diagnostische Perikardpunktion angestrebt wird. c d e 8.2 Allgemeine Aspekte der Therapie Die Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses hängt stark von der Ätiologie und Genese ab. Deshalb sollte der Behandlung immer eine ausreichende Diagnostik möglichst mit Punktion des Perikardergusses oder Biopsie des Perikards und Epikards vorausgehen. Die häufig starken Schmerzen der Perikarditis sprechen in der Regel auf die Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika besser an als auf Morphinderivate. In der allgemeinen antiinflammatorischen Therapie wird heute vermehrt Colchicum als Therapie bereits beim ersten Auftreten eines Ergusses eingesetzt (s. Übersicht 8.3). Vorsicht ist bei der Gabe von Antikoagulanzien gegeben, da therapeutische Marcumardosierungen und Heparingaben im Rahmen der Exsudation zu Einblutungen in den Herzbeutel führen können. Eine niedrigdosierte Heparingabe kann jedoch durchgeführt werden. 8.2.1 Perikardtamponade Ursachen Eine sofortige Intervention erfordert die Perikardtamponade, da sie durch Kompression meist des rechten Ventrikels, aber auch des rechten und/oder linken Vorhofes zur Füllungsbehinderung der Kammern mit Halsvenenstauung, Pulsus paradoxus, Abfall des arteriellen Blutdruckes und einem kardiogenen Schock führt. Die wichtigsten Ursachen für eine Perikardtamponade sind in Übersicht 8.1 aufgeführt. Diagnose und Perikardiozentese Die Diagnose wird echokardiographisch, vor allem aber klinisch gestellt. Eine große Ergußmenge allein sollte nicht zur Diagnose einer Perikardtamponade verleiten, da bei rascher Entwicklung des Ergusses selbst 100 ml zur Tamponade führen können, andererseits bei langsamer Entstehung 2 l Erguß klinisch keine Tamponadezeichen hervorrufen müssen [5]. ! 164 Kapitel 8 Perikarditis a d b e c f Abb. 8.5 a – e. a Röntgenbild der Perikardioskopie mit einem flexiblen Glasfiberinstrument. Das Fiberglasendoskop kann zu vielen Epikard- und Perikardlokalisationen gesteuert werden; b Perikardioskopie einer fibrinösen Perikarditis mit spiegelglattem Epikard und Fibrinsträngen sowie einer vermehrt epikardialen Gefäßinjektion und Neovaskularisation; c Peri- Übersicht 8.1. Ursachen der Perikardtamponade (nach [2,14]) ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ Neoplastische Erkrankungen, idiopathische (virale) Perikarditiden, Urämie, akuter Myokardinfarkt (v. a. bei Antikoagulation), bakteriell, tuberkulös, nach Bestrahlung, Postperikardiotomiesyndrom, Vaskulitiden, Kollagenosen. kardioskopie einer neoplastischen Perikardaffektion mit Protrusionen und Neovaskularisation; d zytologisch gesicherter entzündlicher Erguß (lympho- und leukozytenreich); e zytologisch gesicherte Metastasen eines Bronchialkarzinoms; f Epikardbiopsie einer aktiven Epimyokarditis mit Zellinfiltraten, Myozytolyse und interstitiellem Ödem Bei Perikardtamponade sollte nach Einleitung blutdruckunterstützender Maßnahmen durch Volumenzufuhr und Gabe a-adrenerger Katecholamine umgehend die Perikardiozentese durchgeführt werden. Dazu wird das Perikard in Lokalanästhesie von links subxiphoidal in Richtung rechtes Ohr punktiert und zur Drainage ein Pigtail-Katheter eingelegt. Ausnahmsweise kann auch in Richtung linkes Ohr, von apikal oder von präkordial punktiert werden, obwohl 8.2 Allgemeine Aspekte der Therapie Abb. 8.6. Diagnostik und Therapie bei Perikarderguß Verdacht auf Perikarditis (EKG, Perikardreiben, Rö-Thorax) Echokardiographie großer Erguß (> 250 ml) Tamponade kleiner Erguß (< 250 ml) akute Perikardpunktion Therapieversuch + Kontrolle Zytologie Bakteriologie (Kultur) Virologie (PCR) Immunologie Rezidiv kleine Tamponade elektive Perikardpunktion Zytologie Bakteriologie (Kultur) Virologie (PCR) Immunologie Rezidiv intraperikardiale u/o systemische Therapie Fensterung, Kardiochirurgie Rezidiv hierbei wesentlich häufiger die Komplikationen eines Pneumothorax, einer Verletzung der Koronararterien oder Punktion der rechten Kammer oder des rechten Vorhofes auftreten. Bei wiederholtem Auftreten von die Hämodynamik beeinträchtigenden Perikardergüssen sollte die Fensterung des Perikards durch eine Ballonkathetertechnik [32] oder durch die operative Fensterung des Perikards erfolgen. 8.2.2 Pericarditis constrictiva Ursachen Bei der Pericarditis constrictiva kommt es zur chronischen Füllungsbehinderung des Herzens durch eine Fibrosierung und/oder Verkalkung des Perikards und/ oder des Epikards. Die häufigsten Ursachen der Pericarditis constrictiva sind in Übersicht 8.2 aufgeführt. Diagnose Klinisch imponieren meistens Zeichen der chronischen Rechtsherzinsuffizienz mit peripheren Ödemen,Aszites und auch Leberzirrhose. Eine Kalksichel um die Herzsilhouette kann im Röntgenbild der Thoraxorgane erste Hinweise geben. Die sichere Dia- Perikardioskopie, Epi-, Perikardbiopsie Ausheilung Übersicht 8.2. Häufigste Ursachen der Pericarditis constrictiva ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ ∑ Idiopathisch, tuberkulös, urämisch, rheumatoide Arthritis und Lupus erythematodes, neoplastische Infiltration des Perikards, nach mediastinaler Bestrahlung, nach Hämoperikard, nach bakterieller und mykotischer Perikarditis. gnose erlaubt die Herzkatheteruntersuchung, bei der ein (enddiastolischer) Druckangleich in allen 4 Herzhöhlen auffällt und die Endomyokardbiopsie eine Abgrenzung zur restriktiven (infiltrativen) Kardiomyopathie ermöglicht [14]. Therapie Die Therapie besteht in der (Teil-)Resektion des Perikards. Die Mortalität bei dieser Operation beträgt bis zu 20%. Postoperativ tritt häufig eine akute Dilatation des Herzens auf, die mit Herzglykosiden sowie Vorund Nachlastsenkung behandelt werden kann. Auch nach erfolgreicher Perikardresektion kann durch eine Epicarditis constrictiva erneut eine Rechtsherzinsuffizienz auftreten, deren Therapiemöglichkeiten sehr begrenzt sind [11]. 165 166 Kapitel 8 Perikarditis CAVE 8.3 Spezielle Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses Therapie ist neben einer gezielten Antibiotikabehandlung der rasche Herzklappenersatz. 8.3.1 Bakterielle und mykotische Perikarditis 8.3.2 Tuberkulöse Perikarditis (Tabelle 8.2) Die meist mit hohem Fieber und septischem Krankheitsbild einhergehende Infektion des Herzbeutels durch Bakterien verursacht einen purulenten Perikarderguß. Perikarditiden durch Pilze, die vor allem bei immunsupprimierten Patienten auftreten, können klinisch auch mit geringen Infektionszeichen verlaufen. Bei bakteriellen Infektionen der das Herz umgebenden Lunge, Herzoperationen sowie der Anlage epikardialer und sehr viel seltener auch endomyokardialer Schrittmachersonden muß mit dieser lebensbedrohlichen Erkrankung gerechnet werden. Dementsprechend sind Pneumokokken, Staphylokokken und Streptokokken besonders häufige Erreger [12, 25]. Die Punktion des Ergusses ermöglicht zwar die Diagnose, die Isolation des Erregers und die testgerechte antibiotische und antimykotische Therapie, die Infektion kann jedoch nur durch frühzeitige chirurgische Eröffnung des Perikards und Anlage einer Saugspüldrainage beherrscht werden. Die alleinige Drainage des Ergusses nach Punktion und Instillation von antimikrobiellen Substanzen führt in der Regel nicht zum dauerhaften Erfolg. Eine immunsuppressive Behandlung ist kontraindiziert. Die Prognose der Erkrankung ist mit einer Mortalität bis 50 % ernst, insbesondere wenn die chirurgische Intervention erst spät erfolgt. Perikarditiden durch Protozoen sind selten. Die durch Amöben und Toxoplasmen (zunehmend durch AIDS!) induzierte Herzbeutelentzündung wird medikamentös im Rahmen der Allgemeininfektion behandelt. Infektionen mit Echinokokken (Zysten) und Zystizerken erfordern in der Regel neben einer medikamentösen antiparasitären Medikation die chirurgische Entfernung der Zysten, sofern diese ohne erneute Aussaat des Erregers erfolgen kann. Die Therapie der Perikarditis bei Borreliose (Nachweis durch PCR in der Biopsie oder Elisa im Erguß oder Plasma) erfolgt mit einer 3wöchigen intravenösen Therapie durch ein Cephalosporin der 3. Generation. Die Therapie einer durch Q-Fieber (Rickettsien) oder durch Chlamydien hervorgerufene Perikarditis kann mit einem Makrolidantibiotikum (z. B. Azithromycin) oder einem Tetrazyklin erfolgen. Der Perikarderguß bei infektiöser (bakterieller) Endokarditis ist meist Zeichen eines Klappenringabszesses. Die Mit dem Rückgang der tuberkulösen Erkrankungen in Westeuropa ist auch die tuberkulöse Perikarditis selten geworden. Sie stellt aber in Entwicklungsländern immer noch eine bedeutende Komplikation der Tuberkulose dar. Die Diagnose kann durch Perikardpunktion und ggf. perikardioskopisch geführte Biopsie gesichert werden, ist aber klinisch auch bei einer Lungen-Tbc und Perikarderguß wahrscheinlich. Dennoch sind isolierte tuberkulöse Perikardergüsse gar nicht so selten, so daß eine weitere wegweisende akute Organmanifestation an Lunge oder Niere nicht obligat ist. Die Adenosindeaminase (ADA) im Perikarderguß ist ein wegweisender diagnostischer Marker. Therapie Die Therapie erfolgt mit einer tuberkulostatischen Viererkombination für mindestens 6 Monate. Zusätzlich führt die Gabe von 60 mg Prednison, vor allem zu Anfang der Behandlung, zu einer schnelleren klinischen Besserung. Ob die Steroidmedikation die Inzidenz und die Ausprägung einer Pericarditis constrictive zu senken vermag, bleibt umstritten [21, 28]. 8.3.3 Virale Perikarditis Ursachen Als Erreger werden, ähnlich der Myokarditis, in erster Linie Coxsackievirus der Typen B und A, Echo-, Masern-, Röteln- und Mumpsvirus sowie EBV und Zytomegalievirus angenommen.Wegen der zeitlichen Verzögerung zwischen Virusinfektion und klinischer Manifestation gelingt in der Regel die Isolation des Virus aus dem Herzbeutel nicht, so daß nur serologisch und, bei epikardialer Biopsie, molekularbiologisch (PCR bzw. In-situ-Hybridisierung auf Enterovirus-RNS,Adeno-DNS und CMV-DNS) Hinweise auf die Ätiologie gewonnen werden können [21, 26]. Therapie Die Therapie richtet sich nach dem klinischen Bild. Bei großem Erguß oder Tamponadezeichen muß eine Perikardiozentese, ggf. mit Perikardioskopie und Epikardbiopsie durchgeführt werden. Eine Schmerzlinderung ist meist durch Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika zu erzielen, z. B. 8.3 Spezielle Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses Tabelle 8.2. Tuberkulostatische Basistherapie bei tuberkulöser Perikarditis Arzneistoff Dosierung Nebenwirkungen Interaktionen Isoniazid (INH) 5–10 mg/kg/Tag, max. 400 mg/Tag Hepatitis, Neuropathie, allergische Hautreaktionen, hämolytische/aplastische Anämie, Psychosen, lupoide Reaktionen Carbamazepin, Phenytoin, Phenobarbital, Salizylate, Rifampicin (RMP) 10 mg/kg/Tag Hepatitis, allergische Hautreaktionen, thrombozytopenische Purpura, hämolytische Anämie, akutes Nierenversagen Antikoagulanzien, Verapamil, orale Kontrazeptiva, Kortikoide, Digitalis, Theophyllin, Chinidin Streptomycin (SM) 0,5–1,0 g/Tag, kumulativ max. 30 g Hörverlust, Drehschwindel, Ataxie, Nephropathie, Agranulozytose, aplastische Anämie Aminoglykoside Pyrazinamid (PZA) 25 mg/kg/Tag, max. 2 g/Tag Hepatitis, Erbrechen, Arthralgien, allergische Hautreaktionen, Photosensibilisierung, sideroblastische Anämie urikosurische Pharmaka, Askorbinsäure, Probenecid Ethambutol (EMB) 25 mg/kg/Tag dosisabhängig, Retrobulbärneuritis, Arthralgien, allergische Hautreaktionen, selten Transaminaseanstieg, periphere Neuropathie – ∑ ∑ ∑ Acetylsalicylsäure 2 – 3 g/Tag oder Indometacin 100 – 200 mg/Tag Colchicum 1 – 2 g/d in der 1 – 3 Woche Erhaltungsdosis 1 g/d über 3 – 6 Monate Cadelitiv. Eine antivirale Behandlung von Perikarditiden mit Hyperimmunglobulinen (z. B. bei CMV-assoziiertem Perikarderguß) oder von Interferon-a oder -g wurde bisher nur in Kasuistiken berichtet. Die prospektive Wertigkeit dieser Therapie, die bei Myokarditis in größeren Patientengruppen bereits angewendet wurde, bleibt für die reine Perikarditis noch zu validieren. Ist die virale Genese aus Erguß (Isolation/PCR) oder Epikard (PCR) nicht zu sichern, kann wie bei der idiopathischen Perikarditis eine 3 – 6monatige Therapie mit Colchicum sinnvoll sein. Diese kann auch die antivirale Therapie ergänzen. kardbiopsie, keine IgM-Titer gegen kardiotrope Viren im Perikardexsudat nachweisbar), aber durch vermehrt lymphozytäre und mononukleäre Zellen in der Perikardflüssigkeit sowie Antikörper gegen Herzmuskelgewebe, insbesondere gegen sarkolemmale Proteine. Die initiale Therapie erfolgt bei Ergüssen, die ohnehin einer Perikardpunktion unterzogen werden, durch eine einmalige intraperikardiale Instillation von 1 g Triamcinolon-Kristallsuspension oder einfacher von Dexamethason-21-acetat-Kristallsuspension (Fortecortin) 8 – 16 mg in hoher Dosis und muß durch eine perorale Prednisolontherapie mit oder ohne Kombination mit Azathioprin bis zum völligen Verschwinden des Ergusses fortgeführt werden (Dosierung s. Übersicht 8.3). 8.3.5 Idiopathische Perikarditis 8.3.4 Autoreaktive Perikarditis Diese ist gekennzeichnet durch einen fehlenden Virusnachweis (Virusisolation negativ, PCR negativ auf Enteroviren und CMV in den Leukozyten und der Epi- Pathogenese Die idiopathische Perikarditis stellt heute zahlenmäßig den größten Anteil an den Perikardentzündungen. Dies liegt daran, daß die meist durchgeführten Untersuchungen der Perikardflüssigkeit auf 167 168 Kapitel 8 Perikarditis Eiweiß, Bakterien und die Ergußzytologie nicht ausreichen, um Diagnosen wie Virusperikarditis oder autoreaktive Perikarditis zu erhärten, weil nicht überall molekularbiologische Verfahren und immunserologische Untersuchungen zur Verfügung stehen, die die Voraussetzung für eine differenzierte Diagnostik sind. Diese modernen Untersuchungsmethoden sowie serologische und molekularbiologische Techniken konnten einerseits eine virale Ätiologie für die bisher als idiopathisch geltenden Erkrankungen nahelegen [22, 26, 31], pathogenetisch werden andererseits nach Elimination der Viren am ehesten zelluläre und humorale Immunreaktionen für die Entzündung der Perikardblätter verantwortlich gemacht [16]. Insofern gilt hier auch das unter autoreaktiver Perikarditis ausgeführte Therapieschema. sche und laborchemische Zeichen für die Erkrankung. Pathogenetisch werden zelluläre und humorale Autoimmunreaktionen gegen das Perikard und Epikard verantwortlich gemacht [3, 20]. Das autoimmune Postinfarktsyndrom (Dressler) ist von der Pericarditis epistenocardica bei transmuralem Infekt (entzündungs- und nekrosebedingt) und der frühen autoimmunen Perikarditis durch Boosterung präexistenter Antikörper differentialdiagnostisch abzugrenzen. Die Therapie wird in gleicher Weise wie bei der idiopathischen Perikarditis durchgeführt. Bei etwa 1 % der Patienten mit Postkardiotomiesyndrom muß mit der Entwicklung einer Perikardtamponade gerechnet werden, die eine umgehende Perikardiozentese erfordert. Therapie Therapeutisch steht bei der nichtinfektiösen, am ehesten autoimmunen Genese der Erkrankung die Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika, z. B. 8.3.7 Urämische Perikarditis ∑ ∑ ∑ Acetylsalicylsäure 2 – 3 g/Tag oder Indometacin 100 – 200 mg/Tag oder mit Colchicin (2 – 3 g/Tag über 1 – 3 Wochen, Erhaltungsdosis 1 – 2 g/Tag über 3 – 6 Monate im Vordergrund. Bei unzureichendem Behandlungserfolg können Glukokortikoide (Prednison 100 mg für 3 Tage bis zu 3 Wochen, dann treppenförmige Dosisreduktion unter klinischer und echokardiographischer Kontrolle der Perikarditis; Medikation bis mindestens 1 Woche nach Verschwinden der Perikarditis fortführen) oftmals das Krankheitsbild kennzeichnen. Große Ergußmengen, insbesondere mit Tamponadezeichen, erfordern die Perikardpunktion und ggf. die Perikardioskopie mit Epikardbiopsie. Eine intraperikardiale Instillation von kristalloiden Glukokortikoiden (Triamcinolonacetat 500 – 1000 mg über 24 h) erbringt gegenüber der systemischen Gabe den Vorteil einer initial hohen Lokaldosis und macht eine Fortführung der Therapie durch weitere perorale Behandlung notwendig [14]. Eine Begleitmedikation zum Schutz der Magenschleimhaut (z. B. mit Sostril oder Antra) und zur vorbeugenden Osteoporosebehandlung ist obligat. 8.3.6 Perikarditis beim „post-cardiac-injury syndrome“ Typischerweise tritt das „post-cardiac injury syndrome“ 2 – 4 Wochen nach Herzinfarkt oder Herzoperationen auf. Retrosternale Schmerzen, Fieber bis 39 °C, Leukozytose (Granulozytose), Perikardreiben und -erguß sowie BSG-Erhöhung sind typische klini- Am häufigsten erleiden Patienten mit Niereninsuffizienz kurz vor oder nach dem Beginn einer Hämodialysebehandlung eine Perikarditis. Dabei wurden Virusinfekte, toxisch wirkende retinierte Substanzen und immunologische Reaktionen als Ursache für eine Entzündung des Perikards verantwortlich gemacht [15, 19]. Mit einer hämodynamisch wirksamen Ergußbildung ist bei etwa 20 % der Patienten zu rechnen. Therapie Eine Schmerzlinderung ist häufig durch den Beginn oder die Intensivierung der Hämodialysebehandlung zu erreichen. Dagegen ist die Reduktion der Ergußmenge durch diese Behandlung meist nicht zu erzielen [23]. Nichtsteroidale Antiphlogistika führen zwar zur Normalisierung einer erhöhten Körpertemperatur, sind jedoch meist ungeeignet, Schmerz und Ergußmenge oder die Perikardtamponade zu beseitigen [27]. Bei der urämischen Perikarditis mit Ergußbildung hat sich gleichfalls die intraperikardiale Instillation von Kortikosteroiden zur Beseitigung und Rezidivprophylaxe eines Ergusses als nützlich erwiesen. Nach Instillation von 50 – 100 mg Triamcinolonacetat in den Herzbeutel wird der Perikardkatheter umgehend entfernt, um einer bakteriellen Infektion des Perikards vorzubeugen [24]. 8.3.8 Perikarditis bei Vaskulitiden und Kollagenosen Patienten mit systemischem Lupus erythematodes zeigen autoptisch in bis zu 60 % der Fälle Zeichen 8.3 Spezielle Therapie der Perikarditis und des Perikardergusses einer Perikarditis. Klinisch manifestiert sie sich jedoch nur bei 25 %. Eine Perikardtamponade ist sehr selten (bis 1 %) [4]. Eine Therapie ist nur bei symptomatischen Patienten erforderlich. Sollte die Perikarditis nicht auf eine Behandlung mit ∑ ∑ Acetylsalicylsäure (2 – 3 g/Tag) oder Indometacin (100 – 200 mg/Tag) ansprechen, führt der Einsatz von Kortikosteroiden (50 – 100 mg/Tag, in abfallender Dosierung bis 1 Woche nach Verschwinden der Perikarditis) in der Regel zum Erfolg. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis finden sich bei nur 10 % klinische Zeichen einer Perikarditis, obwohl echokardiographisch bei bis zu 50 % der Patienten im Verlauf der Erkrankung ein Perikarderguß nachweisbar wird. Nur symptomatische Patienten bedürfen einer Behandlung der Perikarditis, die aus der Gabe von nichtsteroidalen Antiphlogistika (Acetylsalicylsäure oder Indometacin) oder, bei ungenügendem Erfolg, Kortikosteroiden besteht. Die symptomatische Perikarditis bei Patienten mit rheumatoider Arthritis sollte engmaschig kontrolliert werden, da es bei etwa 25 % dieser Patienten rasch zur hämodynamisch wirksamen, auch hämorrhagischen Ergußbildung kommt. Die Entwicklung einer Pericarditis constrictiva im Gefolge der Perikarditis bei rheumatoider Arthritis tritt vergleichsweise oft auf und scheint durch die Anwendung von Kortikosteroiden nicht zu verhindern zu sein. Nur die Perikardektomie führt dann zur Verbesserung der klinischen und hämodynamischen Situation [29, 30]. 8.3.9 Rezidivierend-akute Perikarditis, chronische Perikarditis Ein besonderes Problem der Perikarditis besteht in der Rezidivfreudigkeit der Erkrankung. Hierfür scheinen autoimmunologische Pathomechanismen verantwortlich zu sein. Eine infektiöse Ursache findet sich in der Regel nicht. Ein Therapieschema für die akute, die rezidivierende und die chronische Perikarditis ist in Übersicht 8.3 zusammengefaßt. 8.3.10 Maligner Perikarderguß Die seltenen primären Herztumoren (Rhabdomyosarkom, Angiosarkom, Mesotheliom, Teratom, Fibrosarkom) sowie die Infiltration des Perikards durch lokales Tumorwachstum oder Metastasen eines Malignoms Übersicht 8.3. Behandlung der akuten, der rezidivierenden und der chronischen virusnegativen, meist autoreaktiven Perikarditis ∑ Therapie bei akuter, rezidivierender und chronischer virusnegativer Perikarditis: Acetylsalicylsäure 2 – 3 g/Tag oder Indometacin 100 – 200 mg/Tag unter gleichzeitiger Magenschutztherapie (z. B. mit Cimetidin [200 – 400 mg/Tag]), Ranitidin (150 – 300 mg/Tag) oder Omeprazol (20 – 40 mg/Tag) bis 1 Woche nach Verschwinden der Perikarditis/des Perikardergusses. oder Colchicin 2 – 3 mg/Tag über 1 Woche. Erhaltungsdosis 1 – 2 mg/Tag für 2 – 6 Monate. Beim Auftreten von Diarrhoen: Immodium bei Bedarf und Dosisreduktion. ∑ Bei ungenügendem Therapieerfolg: Kortikosteroide, z. B. Prednison, beginnend mit 100 mg/ Tag über mindestens 1 Woche, treppenförmig abfallende Dosierung bis 25 mg/Tag je nach Therapieerfolg, dann langsame Dosisreduktion um 5 mg/Woche bis zum Verschwinden der Perikarditis/des Perikardergusses, überlappender Einsatz von nichtsteroidalen Antiphlogistika oder Colchicin kurz vor Beendigung der Kortikosteroidtherapie ist möglich. ∑ Bei wiederholt rezidivierender Perikarditis und chronischer Perikarditis unter konventionellen Antiphlogistika Versuch mit Colchicin, beginnend mit 3 mg/Tag; Fortführung bis 1 Woche nach Verschwinden der Perikarditis [6]; ggf. Kombination mit Glukokortikoiden (50– 100 mg/ Tag Prednison), Therapiedauer meist 3–9 Monate, Blutbildkontrollen erforderlich. ∑ Bei wiederholt rezidivierender und chronischer colchicinresistenter Perikarditis (nach [1]): Kombinationstherapie aus erste 3 Wochen weitere 3 – 6 Monate Prednison 1,25 mg/kg KG/Tag 0,30 mg/kg Kg/Tag Azathioprin 2,00 mg/kg KG/Tag 0,85 mg/kg KG/Tag Die Gesamtleukozytenzahl sollte dabei nicht unter 3000/mm3 fallen. ∑ Bei medikamentös therapierefraktärer chronischer Perikarditis: Perikardfensterung oder Perikardektomie (chirurgisch) chirurgische transkutane Perikardfensterung. ∑ Pericarditis constrictiva: Perikardektomie oder Teilperikardektomie. (v. a. Bronchialkarzinom, Mammakarzinom, malignes Melanom, Leukämien, Hodgkin- und Non-HodgkinLymphome) führen in bis zu 85% zur perikardialen Mitbeteiligung mit Ausbildung von großen Ergußmengen und Zeichen der Perikardtamponade [12]. Bei Verdacht auf einen malignen Perikarderguß sollte nach Punktion und ggf. Perikardioskopie mit gezielter Epikardbiopsie ein Pigtail-Katheter in den Herzbeutel eingebracht werden. Zeigen die laborche- 169 170 Kapitel 8 Perikarditis mischen Untersuchungen (hämorrhagischer Erguß, spezifische Dichte > 1,016 und Proteinkonzentration > 3 mg/dl), die Ergußzytologie und/oder die Perikardbiopsie eine maligne Ursache des Ergusses, sollte zur Vermeidung eines frühzeitigen Rezidivs palliativ ein Chemotherapeutikum (50 mg cis-Platin/alternativ: Mitoxantrone) in den Herzbeutel instilliert werden. Nach 24 h kann die Perikardflüssigkeit und anschließend der Perikardkatheter entfernt werden. Die Prognose ist in der Regel von der Grundkrankheit bestimmt. Rezidive werden mit dieser Therapie selten erlebt. Wenn diese dennoch auftreten, ist eine wegen der möglichen peritonealen Aussaat nicht ganz unproblematische chirurgische oder kardiologische Perikardfensterung möglich. Letztere erfolgt mit Hilfe eines durch den Punktionskanal vom Perikard nach abdominal durchgezogenen Valvuloplastiekatheters unter ausreichender Sedierung und Analgesie des Patienten. Literatur 1. Asplen CH, Levine HD (1970) Azathioprine therapy of steroid-responsive pericarditis. Am Heart J 80 : 109 – 111 2. Corey GR, Campbell PT, Trigt P van, Kenney RT, O’Connor CM, Sheikh KH, Kisslo JA, Wall TC (1993) Etiology of large pericardial effusions. Am Heart J 95 : 209 – 213 3. De Scheerder I, Vandekerckhove J, Robbrecht J, Algoed L, de Buyzere M, de Langhe J, de Shriver G, Clement G (1985) Post-cardiac injury syndrome and an increased humoral immune response against the major contractile proteins (action and myosin). Am J Cardiol 56 : 631 – 633 4. Doherty NE, Siegel RJ (1985) Cardiovascular manifestations of systemic lupus erythematosus. Am Heart J 110 : 1257 – 1265 5. Fowler NO (1993) Cardiac tamponade: a clinical or an echocardiographic diagnosis? Circulation 87 : 1738 – 1741 6. 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