Dissoziative Bewegungsstörungen in der Psychosomatik

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Krankenhaus für Kinder und Jugendliche
Dissoziative Bewegungsstörungen
in der Psychosomatik
Neurologisch? Psychisch? Beides?
Dr. Gereon Schädler
Chefarzt Pädiatrie 2
(Neuropädiatrie-Sozialpädiatrie-Psychosomatik)
Krankenhaus für Kinder und Jugendliche
Agenda
1.
2.
3.
4.
5.
Definitionen, Erscheinungsformen
Fallbeispiele kurz
Neurobiologie von Motorik, Lernen und Emotion
Fallbeispiel ausführlich
Zusammenfassung
Krankenhaus für Kinder und Jugendliche
Allgemeine Definition: Dissoziative Störung (F44)
• Teilweiser oder vollständiger Verlust der normalen
Integration des Erlebens und Handelns
(Erinnerungen, Identitätsbewusstsein, Empfindungen,
Kontrolle von Körperbewegungen)
• Kein Nachweis einer körperlichen Krankheit, um die
Symptome (hinreichend) zu erklären
• Zeitlicher Zusammenhang der Symptomatik mit
belastenden Ereignissen, Problemen, Bedürfnissen
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Konzept der dissoziativen Störung
• Eng verbunden mit dem Namen Pierre Janet (Zeitgenosse Freuds),
der sich der Erforschung dieses Phänomens gewidmet hat.
• Entstehung einer Dissoziation: verschiedene Faktoren –
insbes. real erlebte Traumata blockieren die integrative Funktion
des Bewußtseins und entwickeln sich zu "idées fixes“
("L’Automatisme psychologique" ,1889)
• Modell der Desintegration und Fragmentierung des Bewußtseins
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Merkmale Dissoziative Störung (I)
• Verlust oder eine Veränderung von Bewegungsfunktionen
oder Empfindungen, meist Hautempfindungen
• Patient wirkt körperlich krank, ohne dass eine körperliche Ursache
zur Erklärung der Symptome nachweisbar ist.
• Die Symptome folgen häufig den Vorstellungen des Patienten von
einer körperlichen Krankheit, die von physiologischen oder
anatomischen Gegebenheiten abweichen können.
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Merkmale Dissoziative Störung (II)
• Behinderung durch den Funktionsverlust hilft dem Patienten,
einem unangenehmen seelischen Konflikt zu entgehen
• Obwohl die Probleme oder Konflikte anderen klar sein können,
verleugnet die betroffene Person sie häufig und führt jegliches
Leiden auf die Symptome oder die daraus entstehende
Behinderung zurück.
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Merkmale Dissoziative Störung (III)
• Der Grad der Behinderung, der auf diese Symptome
zurückzuführen ist, kann von Mal zu Mal wechseln und hängt
von der Zahl und von der Art der anwesenden Personen, sowie
vom emotionalen Zustand des Patienten ab
• Neben einem zentralen und konstanten Kern von Symptomen mit
Bewegungsverlust oder Empfindungsstörungen, ohne willentliche
Kontrolle, kann zusätzlich aufmerksamkeitssuchendes Verhalten
unterschiedlichen Ausmaßes vorkommen.
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Merkmale Dissoziative Störung (IV)
• Bei einigen Patienten entwickeln sich die Symptome in enger
Beziehung zu psychischem Stress, bei anderen aber lässt sich
dieser Zusammenhang nicht feststellen.
• Das ruhige Annehmen einer ernsthaften Behinderung kann sehr
auffallend wirken, ist aber nicht die Regel;
• Dieses findet sich auch bei Personen, die mit einer
offensichtlichen und ernsten körperlichen Krankheit
konfrontiert sind.
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Merkmale Dissoziative Störung (V)
• Häufig prämorbide Auffälligkeiten in Beziehungen und
Persönlichkeit
• Enge Verwandte oder Freunde haben vielleicht unter einer
körperlichen Krankheit mit ähnlichen Symptomen gelitten wie
jetzt der Patient.
• Leichte und vorübergehende Formen dieser Störungen findet
man in der Jugend häufig, besonders bei Mädchen, längere
Verläufe meist bei jungen Erwachsenen.
• Manche Menschen entwickeln mit Ausbildung dieser Symptome
bei Belastung ein sich wiederholendes Reaktionsmuster, das
auch noch im mittleren und hohen Alter auftreten kann.
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Dissoziative Bewegungsstörung (F 44.4)
• Vollständiger oder teilweiser Verlust der Bewegungsfähigkeit
eines oder mehrerer Körperglieder
• Die Lähmung kann partiell, mit schwachen oder langsamen
Bewegungen, oder vollständig sein.
• Unterschiedliche Formen und verschiedene Grade mangelnder
Koordination (Ataxie) können besonders in den Beinen
vorkommen, so dass es zu einem bizarren Gang kommt oder zur
Unfähigkeit, ohne Hilfe zu stehen (Astasie, Abasie).
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„Pseudoneurologische“ Manifestation
•
•
•
•
•
Oft Para- oder Hemisymptomatik
Partielle Schwäche oder vollständige Schlaffheit
Zittern, Schütteln
Unfähigkeit zu stehen und zu gehen
Patienten suchen Hilfe, lehnen sich an, halten sich fest,
akzeptieren Hilfsmittel
• Symptomatik stärker ausgeprägt bei Publikum,
schwächer bei Ablenkung
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Epidemiologie
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Fallbeispiele
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Beispiel 1, Dissoziative Bewegungsstörung (I)
• In der Schule spricht eine
Mitschülerin von "Krabbeltieren",
darauf entwickelt sich bei der
Patientin ein Zucken von Schulter
und Kopf.
• Bisher waren derartige
Beschwerden nie aufgetreten,
keine Krampfanfälle bisher, keine
Epilepsien in der Familie
bekannt.
• Z.n. Appendektomie 2011,
sonst keine Erkrankungen
in der Vorgeschichte.
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Beispiel 1, Dissoziative Bewegungsstörung (II)
• Zunächst erschien die Patientin auf Station völlig unauffällig
und unbeschwert. Am Morgen des 27.04.2012 sah die Patientin
eine Fliege im Zimmer krabbeln und begann erneut mit
Zuckungen von Schultern und Hals
• Sie bewegte wechselnd die Schulter zur Wange oder die Wange
zur Schulter, durch Ablenkung kurz zu unterbrechen
• Gesamtdauer ca. 20 min.
• Unbeeinträchtigte Kommunikation und korrekte Ausführung von
neurologischen Tests
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Beispiel 2
B. Felix * 11.6.1999
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B. Felix * 11.6.1999, Anamnese
• 6. Klasse Gymnasium mit guten Leistungen, sozial integriert.
• Vor 2 Wochen während einer Mathematikprüfung
Hitzegefühl und Schwindel. Ganzer Körper habe „gezittert“.
Dabei wach, orientiert und ansprechbar.
• Zittern der Arme sei nach 2 Tagen verschwunden.
• Zittern der Beine immer noch beim Gehen, läuft auf den
Zehenspitzen. Braucht Hilfe bei Treppensteigen.
• Seit dem Vorfall kein Schulbesuch mehr
• Stationäre Aufnahme zur Beobachtung, Diagnostik
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B. Felix * 11.6.1999
Ambulante Voruntersuchung am 14.3.2012
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Konsil Psychosomatik
(OÄ Dr. Hämmerle 16.03.2012)
• Verdacht auf dissoziative Bewegungsstörung:
• Hinweise auf mathematikbezogene schulische Leistungsängste
bei hohen Selbstansprüchen.
• Psychoedukatives Gespräch mit der Mutter,
die offen für eine psychosomatische Hypothese war.
• Ermutigung des Jungen zur Wiederaufnahme der
Alltagsaktivitäten einschließlich Schulbesuch
• keine "Schonung" aus mütterlicher Besorgnis
• sekundären Krankheitsgewinn vermeiden
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Zusammenfassung kurzstationärer Aufenthalt:
• Felix erscheint sehr ehrgeizig und leistungsorientiert. Klarer Zusammenhang
zwischen dem Zeitpunkt der Symptomatik mit der Mathematik-Prüfung, die
Felix sehr viel Stress macht, da Mathe sein einziges Fach mit einer
durchschnittlichen Leistung ist.
• Zunächst noch Laufen mit kleinschlägigem Tremor in beiden Beinen, keine
Gleichgewichtsprobleme, keine Stürze.
• Beginn einer physiotherapeutischen Behandlung. Hier wird v. a. die
Propriozeption und Wahrnehmung geübt. Davon profitiert Felix deutlich, im
Verlauf zittert nur noch das linke Bein beim Gehen. Nach der 2. Behandlung
fast eine Restitutio ad integrum.
• Empfehlung: Physiotherapie weiter für 2 Termine zur Stabilisierung des
Erfolgs. Im Verlauf Erlernen von Entspannungsverfahren.
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Verlauf nach 5 Tagen (19.3.2013)
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Beispiel 3
D, Melanie, * 23.3.2000
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Beispiel 3, D, Melanie, * 23.3.2000
• 5/12 Beginn der Symptomatik mit einer Visusstörung
des linken Auges, die sich spontan besserte.
• 6/12 Kraftminderung und Sensibilitätsstörung des rechten
Armes. Unauffällige Abklärung im Zentalklinikum Augsburg
(MS-Diagnostik inkl. LP und MRT Schädel)
• Seit 27.06. 12 Besserung der Armsymptomatik. Statt dessen
Kraftminderung- und Sensibilitätsminderung im Bereich beider
Beine strumpfförmig unterhalb der Patella beginnend
• Kein Laufen, Fortbewegung nur im Rollstuhl.
Geringer Leidensdruck für die Patientin.
• Melanie besucht die 6. Klasse in der Realschule, welche sie
vermutlich wiederholen muss. Sie gibt Stress durch diverse
Lehrer an.
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D., Melanie, Anamnese, Untersuchung 3.7.2013
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Sensibilitätsprüfung, Kraft-Prüfung
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D., Melanie, Verlauf
• Es zeigten sich neurologisch inkongruente Befunde. Die
Symptomatik kann keinem organischen Krankheitsbild
zugeordnet werden.
• Melanie selber kann sich gut vorstellen, dass die Symptomatik
durch Schulstress bzw. Stress mit ihren Lehrern kommen könne.
Eine weitere ambulante und ggf. im Verlauf stationäre
Anbindung an die Psychosomatik wurde mit Melanie und der
Mutter besprochen.
• Der vorsichtshalber vereinbarte Termin zum MRT der Wirbelsäule
wurde von der Mutter abgesagt, da Melanie einen Tag nach
Entlassung erfreulicherwiese wieder beschwerdefrei war und
regulär laufen konnte.
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Gangbild nach 14 Tagen
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4. Neurobiologie von Motorik, Lernen und Emotion
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Lokalisation motorischer Handlungsplanung
Aus: Kandel et al.,
Principles of Neural Science, 2000
Motorisches System:
Corticospinal
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Cerebellär
Kandel et al., Principles of Neural Science, 2000
Extrapyramidal
Rohkamm: Taschenatlas Neurologie, 2009
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Spezifische somatotope Gliederung
von Motorik und Sensorik
Motorik
Sensorik
Duus: Neurologisch-topische Diagnostik, 1987
Kandel et al.: Principles of Neural Science, 2000
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Verbindungen zwischen motorischem und limbischem System:
Neuronen-Kreis v. Papez
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Neuronale Wege für gelernte Angst
Olfaktorische Reize
Fight or
Flight
Visuelle
Auditive
Gustatorische
Taktile Reize
Modifiziert nach Bear et al. 2009
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Zusammenhang von
Angst und Amygdala-Funktion
Ängstliche Gesichter: Höhere Aktivität in Amygdala
Neutrale Gesichter: Unveränderte Amygdala-Aktivität
Nach Breiter et al. 1996
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Topik von Emotion und Lernen
Angst
Lernen
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Schmerz:
Gleiche Lokalisation für emotionale Bewertung
Cing. cort
von physischem und „sozialem“ Schmerz im ACC Ant. Cing.
Physischer Schmerz
Sozialer Schmerz
ACC
ACC
Science 1997
Science 2003
für Kinder und Jugendliche
Lernen:Krankenhaus
Dauerstimulation
bewirkt
Synapsen-Vermehrung
Repetitive Stimulation
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Glutamat-Rezeptoren
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Dystone Phänomene bei Epilepsien
Schmidt, Elger 1999
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Rezeptorstimulation beim epileptischen Anfall
Reziprok verknüpfte Transmittersysteme:
Initiation and
Modulation
von Bewegungen
Krankenhaus
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Excitatory
• Cerebral, frontal Cortex
• Thalamus
IL, intralaminar thalamic nuclei;
VA, ventral anterior nucleus;
VL, ventral lateral nucleus
MD, mediodorsal nucleus;
STN, subthalamic nucleus;
Inhibitory
•
•
Caudatum/Putamen
Globus pallidus
GPe, globus pallidus pars externa;
GPi, globus pallidus pars interna;
•
Substantia nigra
SNpc, substantia nigra pars compacta;
SNpr, substantia nigra pars reticulata;
•
•
Superior colliculus (SC)
Pedunculo-Pontine Area (PPA)
Singer et al. 2010
Wichtige Neurotransmitter: Glutamat, GABA, Dopamin
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Gezielte Handlung
durch räumliche und zeitliche perifokale Hemmung
Nambu A, Tokuno H, Hamada I, et al: Excitatory cortical inputs to pallidal neurons
via the subthalamic nucleus in the monkey, J Neurophysiol 84:289–300, 2000.)
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Medikamenteninduzierte Dystonie
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Multifaktorielle Genese
Genetisch bedingte Disposition + Persönlichkeitsmerkmale
+ frühe Erfahrungen + live events + Stressantwort:
→ Überproduktion von Neurotransmittern und Stresshormonen
→ funktionelle und strukturelle Beeinträchtigung der
Informationsverarbeitung (Gedächtnis und exekutive
Funktionen) und der Affektregulation, prozedurales und
deklaratives Gedächtnis arbeiten „parallel“
→ dissoziative Symptomatik → Psychopathologie
→ diese erhöht den Stress → circulus vitiosus
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Einfluss frühkindlicher Erfahrungen auf Anfälligkeit bzw.
Widerstandskraft für körperliche oder seelische Erkrankungen
Neue Erklärungen für menschliches Verhalten (Spektrum Spezial: Gene und Umwelt, 2/13)
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Fallvorstellung 4
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B., Sebastian, * 6.3.2000
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Vorgeschichte
• Schwangerschaft o. B., Sectio bei BEL
• Kindergarten: gerne alleine gespielt
• Grundschule: Integration erschwert, Hänseleien,
Probleme: Lesenlernen, Motorik und Konzentration
• Übertritt Gymnasium, mäßige Leistungen, rasche
Auffassungsgabe, Anstrengungsbereitschaft gering,
Bloßstellungen durch Sportlehrerin
• Chronische Ticstörung, bislang unbehandelt
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Vorgeschichte
• Klassensprecher, Saxophon in der Gemeindeband,
Ministrant, Aikidotraining
• Benennt Freunde, beschäftigt sich jedoch am liebsten
allein oder mit dem Vater (Modelleisenbahn, Zeichnen)
• 2011 nach Infekt kein Schulbesuch zwischen Faschingsund Osterferien wegen Husten
• Primärpersönlichkeit: Ängstlich-vorsichtig, sensibel
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Aktuelle Anamnese
•
•
•
•
•
•
3 Wochen vor Aufnahme Racheninfekt
29.11. (anstrengender Schultag): Auffälligkeiten der Atmung
30.11.: Kein Schulbesuch
01.12.: Zucken und Schütteln der Extremitäten, Schwäche
Zunahme der Beschwerden, Schreckhaftigkeit, Astasie, Abasie
05.12.: Einweisung (V. a. Ticstörung nach Streptokokkeninfektion,
Bitte um organische Abklärung)
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S. - Aufnahmetag - 5.12.11
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Neurologische Untersuchung - 5.12.11
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Zeichnen - 8.12.11
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Zeichnungen - 8.12.11
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Differenzialdiagnosen
• Infektiöse Enzephalitis
• Immunologisch verursachte Enzephalopathie
(Hashimoto, NMDA, LE, Multiple Sklerose…..)
• Tumore, Intoxikationen
• Störung der Basalganglien, EPMS, Chorea Sydenham
• Epilepsie
• Neuro-muskuläre Erkrankungen
• Gilles-de-la-Tourette Syndrom
• Artifizielle Störung / Simulation
• PANDAS
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Klinische Befunde
• Somatischer Status
Adipositas, Hyperopie, sonst unauffällig
• Neurologischer Status
Keine Steh- oder Gehfähigkeit bei regelrechter Kraft,
keine Choreoathetose oder Ataxie,
Eigenreflexe, Hirnnerven unauffällig,
keine pathologischen Reflexe
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Apparative Befunde
• EEG keine epileptische Aktivität,
während Fotostimulation massive
Zunahme der Bewegungsstörung
• MRT unauffällig, insbesondere Basalganglien und
Substantia nigra
• EKG, Echokardiografie unauffällig
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Labor
• Keine Entzündungszeichen (Serum, Liquor)
• Infektserologie, Liquor, Stuhl negativ (HSV, HHV6,
VZV, Mycoplasma pneumoniae, Enteroviren, FSME)
• Liquorbefunde negativ: NMDA-Rezeptoranalyse,
Anti-Kaliumkanal-Antikörper, oligoklonale Banden, Proteine
• Autoantikörper negativ: ANA, Anti-ds-DNS, Schilddrüse
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PANDAS ?
Pediatric Autoimmune Neuropsychiatric Disorder Associated with
Streptococcal Infection
• Anamnestisch Infekt mit Halsschmerzen drei Wochen
vor Beginn der Symptomatik
• Einweisung: V. a. Ticstörung nach Streptokokkeninfektion
• ASL-Titer und DNAse B nicht hinweisend für frisch
abgelaufene Streptokokkeninfektion
• Kein Nachweis von Streptokokken im Rachenabstrich
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Psychische Diagnostik
• Intelligenz (HAWIK IV): gute Begabung, diskrepantes Profil
• Ängste (AFS, PHOKI, SPAIK): soziale Erwünschtheit hoch, hohe
allgemeine Ängstlichkeit, soziale Ängste
• Persönlichkeit (PFK 9-14): auffälliges Profil
• Depression (DIKJ): kein Hinweise auf Depressivität
• Stresserleben und -bewältigung (SSKJ): hohes Stresserleben,
starke Stresssymptomatik, verstärkt Suche nach sozialer
Unterstützung
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Dissoziative Störung - Diagnosesicherung
• Ausschluss einer somatischen Erkrankung
• Nachweis von belastenden Ereignissen oder
Umständen
• Einmal gründlich untersuchen, dann äußerste
Zurückhaltung mit somatischer Diagnostik
• Fixierung auf somatisches Symptom /
Krankheitsverständnis
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Therapie und Verlauf
• Übernahme in Abteilung
Psychosomatik am 12.12.11
• Sitzt im Rollstuhl
• Schreckhaft auf Geräusche
• 150 mg Tiapridex
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Therapieprinzipien - allgemein
•
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•
Der Patient simuliert nicht – er kann nicht!
Folgeschäden und Chronifizierung vermeiden
Reduktion des sekundären Krankheitsgewinnes
Gemeinsame Krankheitshypothese entwickeln
Möglichkeit schaffen, das Symptom ohne Gesichtsverlust
aufgeben zu können („escape under honour“)
• Zuversicht vermitteln
• Selbstheilungskräfte wecken
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Physiotherapie 15.12.2011
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Tischtennis – 27.12.11
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Schwimmbad – 30.12.11
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Therapie und Verlauf
• Intensive Krankengymnastik
• Schrittweise soziale und schulische
Anforderungen
• Elternarbeit / Familientherapie
• Einzelpsychotherapie
• Fachtherapien
• Minimierung des Krankheitsgewinnes
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Schwimmbad - 15.2.12
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Interview bei Entlassung - 16.2.12
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Zusammenfassung
• Dissoziative Bewegungsstörungen sind ein durchaus häufiges Phänomen
bei Kindern und Jugendlichen
• Im Einzelfall kann die Differentialdiagnose bei medizinischen
Co-Morbiditäten schwierig sein.
• Ein klare Trennung zwischen organischer und psychischer Ätiologie
ist nicht möglich.
• Die beteiligten Hirnstrukturen und Transmittersysteme sind so eng
miteinander verknüpft, dass stets eine neurobiologische Grundlage
gegeben ist.
• Die Behandlung sollte auf den Grundprinzipien des Lernens aufgebaut
sein und durch wiederholte positive Lernerfahrungen
wieder zu alltagstauglichen Reaktionsweisen und Handlungen führen.
• Psychosomatische Behandlungskonzepte sind geeignet
für diese Störungsbilder und können oft sehr hilfreich sein.
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Vielen Dank !
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