Krebs - Schulbuchzentrum Online

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6 Krebs
180.1 Krebsentstehung
durch
Mutationen.
A ProtoOnkogen;
B TumorSuppressor-Gen
Als Krebs wird das autonome, ungesteuerte
und invasive Wachstum von menschlichen
und tierischen Körperzellen bezeichnet. Der
griechische Arzt HIPPOKRATES gab der Krankheit ihren Namen. Er verglich etwa 400 vor
Christus die langen Venen, die von manchen
Brusttumoren ausgehen, mit den Beinen eines
Krebses (gr. carcinoma).
Jährlich erkranken etwa 350 000 Menschen in
Deutschland an Krebs. Die Zahl der Neuerkrankungen steigt jährlich um etwa 6000. Krebs ist
mit etwa 220 000 Todesfällen nach den Herzund Kreislauferkrankungen die zweithäufigste
Todesursache in Deutschland. 70 000 Krebstodesfälle sollen allein auf die Folgen von
Tabakkonsum zurückzuführen sein.
Man unterscheidet zwischen gutartigen (benignen) Tumoren (lat. Schwellung) wie etwa
Warzen und bösartigen (malignen) Tumoren.
Allen gemein sind Zellen, deren Wachstum
außer Kontrolle geraten ist und die sich bis
zu 100-mal schneller teilen. Es entsteht ein
Primärtumor. Bösartige Tumoren dringen in
umliegendes Gewebe ein und schädigen dieses. Ihre ursprüngliche Funktion üben maligne
Tumorzellen nicht mehr aus.
Man unterscheidet nach ihrem Ursprungsgewebe drei Haupttypen: Tumoren aus Deckgewebe bezeichnet man als Karzinome, aus
Lymphgewebe als Lymphome und aus Bindegewebe als Sarkome.
Eine weitere Gefahr von malignen Tumoren ist,
dass sich Zellen aus dem Primärtumor ablösen, über Blutgefäß- und Lymphsystem in den
ganzen Körper verteilt werden, sich festsetzen
und dort Sekundärtumoren bilden. Dies wird
als Metastasierung bezeichnet. Sie ist in der
Regel für die tödliche Ausbreitung der Erkrankung im Körper verantwortlich. Metastasen
stören lebenswichtige Organfunktionen nach
und nach durch:
– Verdrängen gesunden Gewebes
– Lahmlegen von Nerven
– Verschluss von Organhohlräumen
– Blockade von Lymph- und Blutgefäßen
Man schätzt, dass nur eine von 10 000 aus dem
Primärtumor abgelösten Zellen es schafft, den
Transport im Blut unerkannt vom Immunsystem zu überstehen und einen Sekundärtumor
zu bilden.
Die meisten Krebsarten bilden Metastasen in
bevorzugten Geweben: Zirkulierende Tumorzellen verfangen sich im allgemeinen im ersten
Kapillarnetz, in das sie nach ihrem Ursprungsort geraten. Primärtumore im Magen-DarmTrakt bilden bevorzugt Metastasen in der
Leber, Tumore der meisten anderen inneren
Organe metastasieren in das Lungengewebe.
Krebs ist eine genetische Krankheit. Was allerdings in den allermeisten Fällen nicht heißt,
dass das Leiden vererbt wird. Mittlerweile hat
stimulierender
Wachstumsfaktor
Am Beispiel Dickdarmkrebs wurde das Modell
der Transformation durch einen Mehrschrittprozess belegt: Der Ausfall des Tumor-SuppressorGens (APC) auf Chromosom 5 einer Schleimhautzelle des Dickdarms kann bereits deren
erhöhte Teilungsrate auslösen. Wird durch eine
weitere Mutation das ras-Onkogen auf Chromosom 12 „angeschaltet“, wächst ein gutartiger Tumor, ein Darmpolyp (Adenom).
Fällt auch das Tumor-Suppressor-Gen p53 aus,
wird aus dem Adenom ein Karzinom. Weitere
Mutationen werden sich anhäufen da die DNAReparatur eingeschränkt wird. Die Aggressivität des Karzinoms steigt dadurch bis hin zur
Ausbildung von Metastasen.
Dickdarmpolyp (mit
Indigokarmin angefärbt)
181.1 Entstehung von Dickdarmkrebs.
A Schema;
B LM-Bild
Erstmutation
APC-Gen
ras-Mutation
p53-Mutation
Rezeptor
Folge einer Mutation
in einem der ras-Gene
Mutein von ras
erzeugt von sich
aus Signale
gesundes Darmepithel
ras-Protein
intakt
Folge einer Mutation
im p53-Gen
Moleküle einer
fördernden
Signalkette
in der Zelle
Moleküle einer
hemmenden
Signalkette
in der Zelle
Transkriptionsfaktor
intakter Transkriptionsfaktor p53
DNA
180
gefallen. Als Transkriptionsfaktor stoppt das
codierte p53-Protein den Zellzyklus in der
G1-Phase und ermöglicht damit, den DNASchaden zu reparieren oder bei irreparablen
Schäden die Apoptose einzuleiten.
Tritt in einer Zelle eine Krebs fördernde Mutation auf, gibt sie diese bei ihrer Teilung an die
Tochterzellen weiter. Ein solcher genetischer
Defekt kann bereits ererbt sein, sodass er von
Geburt an in allen Körperzellen vorhanden ist.
Derartige Keimbahnmutationen erklären die
genetische Veranlagung, die Prädisposition, für
bestimmte Krebsarten in manchen Familien.
Ereignen sich in einer vorgeschädigten Zelle
im Laufe des Lebens weitere Mutationen, kann
die Schwelle zum bösartigen Tumor überschritten werden. Dies erklärt, warum die Krebsanfälligkeit mit zunehmendem Alter steigt.
A
Rezeptor
kein
inneres
Signal
Häufig sind bei Tumoren dominant wirkende
Gene mutiert, deren Genprodukte die Zellteilung stimulieren. Die Mutation in einem Allel
dieser Onkogene (gr. onkos, Geschwulst; gr.
genan, erzeugen) entspricht im Tumor einem
durchgetretenen Gaspedal beim Autofahren.
Onkogene leiten sich von intakten zellulären
Genen ab, die als Proto-Onkogene Signalmoleküle wie zum Beispiel Wachstumsfaktoren
oder deren Rezeptoren codieren. Ein Beispiel,
das vom ras-Gen codierte ras-Protein, ist an
der Weiterleitung von Wachstumssignalen
von der Zelloberfläche in den Zellkern beteiligt. Das Mutein kreiert Wachstumssignale,
auch ohne entsprechende Information über
Wachstumsrezeptoren erhalten zu haben.
Eine weitere Gruppe von Krebs-Genen ist mit
der Bremse im Auto vergleichbar. Die Genprodukte dieser Tumor-Suppressor-Gene hemmen
das Zellwachstum. Fallen beide Allele eines
solchen Gens durch Mutationen aus, teilt sich
die betroffene Zelle ebenfalls zu schnell. Das
Tumor-Suppressor-Gen p53 auf Chromosom
17 ist bei ungefähr jedem zweiten Tumor aus-
wachstumshemmender
Faktor
Zellmembran
kein
äußeres
Signal
sich die Theorie der „klonalen“ Krebsentstehung durchgesetzt. Sie besagt, dass die Milliarden von wuchernden Zellen, aus denen ein
Tumor besteht, einer einzigen Ursprungszelle
entstammen. Sie wird im allgemeinen durch
die sukzessive Anhäufung mehrerer somatischer Mutationen in wachstumsregulierenden
Genen zur Krebszelle. Dieser Vorgang wird
Transformation genannt.
übermäßige
Zellvermehrung
Entwicklungsbiologie
Protein, das die
Zellteilung fördert
erhöhte Zellteilungsrate
(kleiner Polyp)
großer benigner Polyp
(Adenom)
Karzinom
B
anomales Protein
von p53 aktiviert
keine Gene mehr
Kern
A
B
Protein, das die
Zellteilung hemmt
als Zellteilungsbremse benötigtes Protein fehlt
Entwicklungsbiologie
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