Molekularbiologie von Tumor 1.a Molekularbiologie von Krebs Einleitung FOLIE 1, 2 In den entwickelten Ländern ist Krebs – nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen – die zweitwichtigste Todesursache. Der genaue Anteil ist unterschiedlich von Land zu Land, aber die Wahrscheinlichkeit, dass wir an einer Krebserkrankung sterben werden, liegt über etwa 20%. Tumorzellen teilen sich unkontrolliert, sie haben ihre Fähigkeit verloren, die Zellteilung zu regulieren. Krebs ist eine genetische Krankheit. Das Wort „genetisch” benutzen wir in 2 Sinnen: als vererbbare Eigenschaft und als eine Eigenschaft mit der DNA im Hintergrund. Krebs als genetische Krankheit wird im letzteren Sinne verstanden; da Krebs als eine vererbbare Krankheit nur 10% der Fälle ausmacht. 20% der menschliche Tumoren werden von Infektionen (meisstens viralen) verursacht, und 70% der Fälle sind sporadisch, also durch Mutationen und epigenetische Veränderungen in den Zellen des Individuums entstanden. Der Begriff „Krebs” ist nicht mit dem Begriff „Tumor” identisch. Tumoren können gutartige, prämaligne (Stadium vor Krebs, wenn es nicht behandelt wird, führt es zum Krebs) und bösartige (maligne; also Krebs) sein. Mehr als 100 Arten von Krebs sind bekannt. Etwa 85% von Krebsen entsteht in Epithelzellen ektodermaler Herkunft, diese sind die Karzinomen. Krebs, der aus mesodermalen Zellen (zB. Knochen, Muskel) entsteht nennen wir Sarkom, Krebsgewebe, die sich aus Drüsen (zB. Brust) entsteht, nennen wir Adenokarzinom. Die Verwendung der konventionellen Therapien, Chirurgie, Chemotherapie und Radiotherapie sind in den meisten Fällen uneffektiv. Deshalb geht die Aufmerksamkeit während den letzten Jahren in die Richtung der alternativen Lösungen. Über einen Durchbruch bei der Krebsheilung können wir nicht sprechen. In den letzten Jahren ist aber eine Revolution bei der Krebsdiagnostik stattgefunden: eine frühe Diagnostisierung der Krankheit wurde mit Hilfe der unterschiedlichen nicht-invasiven Techniken (zB. PET-CT) möglich. Die unterschiedlichen molekularbiologischen Methoden (z.B. Chip-Technologie, nächste Generation Sequenzierung) spielen bei der Identifizierung der Tumoren eine grundlegende Rolle. Auch beim Verstehen der genetischen Gründe von Krebs hat die Wissenschaft während den letzten Jahren riesige Fortschritte gemacht, wobei es sich herausgestellt hat, dass unsere vorige Kenntnisse gründlich überprüft werden müssen. Früher waren die Forscher darüber überzeugt, dass die Wissenschaft schon die endliche Antwort auf die Frage der Krebsentstehung gefunden hat, was aussagt, dass Krebs die Akkumulation von Mutationen in mit Krebs zusammenhängenden Genen ist. Diese Mutationen betreffen zwei Gentypen. In der einen Gruppe sind die sogenannten Tumorsuppressorgene, deren Produkte den normalen Ablauf der Zellteilung kontrollieren; die Mutationen führen zum Verlust dieser Kontrolle. Die andere Gruppe von Genen sind die sogenannten Onkogene, welche die Zellteilung stimulieren; als Ergebnis von Mutationen bleiben die Onkogene in einem kontinuierlich aktiven Zustand. In den letzten wenigen Jahren gibt es aber auch neue Entwicklungen (siehe Kapitel „Neue Theorien”). Tumorentstehung FOLIE 3 Intelligente Tumoren Die Tumorbildung ist ein Prozess aus mehreren Schritten. Die zirka 1014 Zellen, die den Körper aufbauen, müssen kooperieren, um den Körper durchschnittlich 80 Jahre lang gesund halten zu können. Wie ist es möglich, dass wir so viele Zellen haben, und alle von denen Krebs verursachen können, die Krankheit entwickelt sich aber nicht beim grösseren Teil der menschlichen Population? Die Erklärung dafür ist, dass eine Zelle viele extraordinäre Eigenschaften erwerben muss, um maligne werden zu können. Eine Störung in mindestens 7 unterschiedlichen Regulierungssystemen ist nötig für die Krebsentstehung. Vom Aussen sieht es so aus, dass die Tumoren Schritt für Schritt viele Probleme lösen müssen (mit genetischen Mitteln), damit sie groβ wachsen und im Körper verbreitet werden können. (1) Eingefrorenes Gaspedal Tumorzellen teilen sich auch unter solchen Umständen, wo normale Zellen sich nicht teilen. Eine gesunde Zelle braucht stimulierende Signale für die Zellteilung, die Tumorzellen brauchen solche Signale nicht. Anschaulich sieht die Lage so aus, als wäre das Gaspedal eingefroren. (2) Keine Bremse Eine Tumorzelle muss solche Befehle unbeachtet lassen, die von den benachbarten Zellen kommen und heissen: „Stopp mit der Zellteilung!” Die Lage ist, als wäre die Bremse in einem Auto kaputt gegangen. (3) Töte dich selbst nicht! Die Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 1 Molekularbiologie von Tumor 1.a Tumorzellen existieren während ihrer Entstehung und Verbreitung unter stressvollen Umständen (zB. wenig Sauerstoff und Nahrung, DNA-Brüche), welche normalerweise zur Apoptose führen. Der Tumor muss sein Selbstvernichtungsmechanismus ausschalten. (4) Anziehen von Blutgefässen Die Tumoren, die grösser als eine Erbse sind, leiden unter Sauerstoff- und Nahrungsmangel, da diese Stoffe die inneren Zellen durch Diffusion nicht mehr erreichen können. Deswegen müssen die Tumoren die nahelegenden Blutgefässen überzeugen, dass sie den Tumor einnetzen. (5) Unsterblichkeit Körperzellen gehen im normalen Körper und in Zellkulturen eine bestimmte Anzahl (50-70) von Zellteilungen durch, dann halten sie an. Dass ist mehr als genug für unsere Zellen, uns 100 Jahre lang im Leben zu halten. Die Hauptschranke der Teilung von Zellen ist die Verkürzung der Telomere. Tumoren müssen ihr Telomerase-Enzym aktivieren, um diese Schranke auszuschalten (6) Invasion Um in dem Körper verbreitet werden zu können, müssen die Tumoren eine Reihe von Problemen lösen: aus der Gefangenschaft der extrazellulären Matrix befreit zu werden, die Wände der Blutgefässe mit Enzymen zu lösen, und erfolgreich an einer neuen Stelle anzusiedeln. 90% der Krebskrankheiten werden von Metastase verursacht. (7) Der Aufmerksamkeit des Immunsystems ausweichen Die unkontrolliert sich vermehrenden Zellen werden schnell von dem Immunsystem entfernt. Eine erfolgreiche Tumorzelle muss deshalb diese Mechanismen blockieren. Protoonkogene, Tumorsuppressoren (1) Onkogene: Abnormale Zellteilung FOLIE 4 In den meissten Tumorzellen erleidet mindestens eins von den sogenannten Protoonkogenen eine Mutation. Protoonkogene regulieren die Teilung der Zellen (stimulierend). Diese Gene kodieren für Wachstumsfaktoren, deren Rezeptoren, andere Signalproteine und Transkriptionsfaktoren. Wenn ein Protoonkogen eine Mutation erleidet oder überexprimiert wird, wird es zu einem Onkogen, und kann dann die Zellteilung-regulierende Funktion nicht mehr erfüllen: die nicht-teilenden Zellen beginnen sich zu teilen, die schon früher teilenden Zellen werden sich noch schneller teilen. Eine Mutation in einem der beiden Allele dieser Gene reicht schon für die abnormale Expression aus. (2) Tumorsuppressorgene FOLIE 5 Die Gene der Empfänglichkeit für Tumorbildung sind meisstens Tumorsuppressorgene. Sie zeigen eine rezessive Vererbung, eine fehlerhafte Kopie kann also symptomlos weitervererbt werden. Für die Krebsentstehung müssen beide Allele von diesen Genen Mutant (oder abwesend) sein. Die Voraussetzungen von Krebs sind also die Mutation in einem Allel eines Protoonkogens und die Disfunktion von beiden Allelen eines Tumorsuppressorgens. Zwei-treffer-Modell FOLIE 6 Da nach umfangreichen Familienanalysen die Vererbung einer Tumor-disponierenden Mutation keine ausreichende Bedingung für die Tumorentstehung ist, erhob sich die Frage nach Natur und Zahl der zusätzlich notwendigen somatischen Mutationen, die Ende der 60er Jahre wesentlich von Alfred Knudson mittels statistischer Verfahren am Beispiel des Retinoblastoms erhellt werden konnte. Das Retinoblastom ist der häufigste Augentumor im Kindesalter und tritt sowohl in erblicher (40-50%) als auch in sporadischer Form auf. Knudson postulierte, dass zur Entstehung des Retinoblastoms 2 Mutationsschritte notwendig sind: bei der erblichen Form ist die erste Mutation über die Keimbahn vererbt, während die zweite Mutation (im anderen Allel) bevorzugt in den Retinoblasten auftritt. Bei der sporadischen Form müssen die Mutationen in beiden Allelen dieser retinalen Zielzellen erfolgen. Als häufigste somatische Veränderungen im Sinne des zweiten Treffers gelten chromosomale oder regionale Genverluste, molekular nachweisbar als Heterozygotieverluste. Verlust der Heterozygotie FOLIE 7 Im Fall der erblichen Krebskrankheiten sind die Personen Heterozygoten. Diese Personen sind empfänglich auf die Krankeit, werden aber nicht krebskrank, weil das normale Allel für die Funktion des kranken Allels kompensiert. Der Verlust der Heterozygotie kann durch die Mutation oder Deletion des normalen Allels, durch Chromosomverlust, ungleiche Translokation, mitotische Rekombination oder durch Wiederverdoppelung nach Chromosomverlust erfolgen. Die Mehrtrefferhypothese DIA 8 Dickdarmkarzinom ist ein klassisches Beispiel für das Grundprinzip, dass mehrere, aufeinanderfolgende Mutationen für die Entstehung vom Krebs nötig sind. Die familiäre (adenomatose) Polypose (FAP) ist eine Krankheit, wo im Dickdarm des Patienten Polypen entstehen, einige von welchen sich entarten können. Der erste Schritt beim Entstehen von FAP ist die Vererbung des mutanten Allels von dem Tumorsuppressorgen FAP, worauf die Mutation des normalen Allels folgt. Dieser Prozess resultiert in gutartige Polypen (Adenomen). Für den zum Karzinom führenden Weg ist die Aktivierung des Onkogens K-ras (Kristen rat sarcoma) nötig. Die Mutation des Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 2 Molekularbiologie von Tumor 1.a DDC (deleted in colorectal carcinoma) Gens ist die Voraussetzung der Metastasierung. Die Mutation des p53 Gens kann sowohl davor oder danach erfolgen. Rolle der Entzündung in Krebsentstehung Folie 9 Einige virale und bakterielle Infektionen verursachen chronische Entzündung, was zum Krebs führen kann. Entzündung ist der Verteidigunsmechanismus des Wirts gegen Erreger und Verletzungen, es ist Teil des Wundeheilungsprozesses. Unter normalen Bedingungen ist es ein regulierter, kurzlebiger Prozess, welchen die entzündunghemmenden Faktoren beenden. Die neuesten Ergebnisse zeigen, dass die sich verzögernden, chronischen Entzündungen zum Krebs führen können. Weiterhin, die chronischen Entzündungen können auch ohne Erreger Krebs verursachen. Der Schlüsselfaktor der Entzündung ist der Transkriptionsfaktor NF- B. Ausser Entzündung spielt NF- B in mehreren anderen downstream Prozessen eine Rolle, welche zur Krebsbildung führen können. NF- B ist also das molekulare Bindeglied zwischen Entzündung und Krebsbildung. Die onkogene Aktivität des NF- B Gens wurde in mehreren menschlichen Tumoren beobachtet, zB. multiple Myelom, akute Lymphozytenleukämie, Prostata- und Brustkrebs. Helicobacter pylori ist ein Bakterium, welches Magengeschwür verursachen kann. Für diese Entdeckung haben Barry Marshall und Robin Warren im Jahre 2005 den Nobelpreis bekommen. Das Bakterium verursacht chronische Entzündung im Magen, welche zur Karzinogenese führen kann. Die Wahrscheinlichkeit von diesem Ereignis ist aber nur 1% (dies ist nicht das Ergebnis der beiden Nobelpreisträgern). Onkogene, Protoonkogene FOLIE 10 Die Onkogene („Tumor-verursachende Gene”) wurden in tierlichen Retroviren entdeckt (v-onc). Es sind mehr als 20 solche virale Onkogene bekannt, für die auch eine zelluläre Version existiert (zB. c-onc ist die zelluläre Version von v-onc). Offensichtlich haben die Vorfahren von diesen Viren die Gene vom zellullären Genom vor Jahrmillionen gestohlen. Die Struktur der zellullären Protoonkogenen ist evolutionär sehr stark konserviert, was darauf hinweist, dass sie eine wichtige Rolle beim Leben der eukaryotischen Zellen spielen. In allen Fällen, wo ihre Funktion bekannt ist, sind die Onkogene Komponente von Signaltransduktionswegen, und nehmen solche Signale an oder führen solche Instruktionen aus, welche die Zellteilung betreffen. Die Onkogen-aktivierende Mutationen können (1) strukturelle Mutationen sein, welche auch ohne einkommende Signale eine ständige Aktivität verursachen (zB. Proteinkinasen oder Ras), oder (2) regulatorische Mutationen sein, welche die Expression eines Gens ändern: erhöhte Genexpression, oder Genexpression zur falschen Zeit am falschen Ort (zB. Wachstumsfaktoren und Transkriptionsfaktoren). Neben den genetischen Gründen kann ein Gen auch im Folge von epigenetischen Änderungen zum Onkogen werden. Virale Onkogene FOLIE 11 (1) Rous-Sarkomvirus (Retrovirus vom Hühnchen) Der erste Beweis für die Existenz von Onkogenen wurde von Peyton Rous im Jahre 1911 geliefert. Das Experiment der amerikanischen Forscher hat auch bewiesen, dass die Viren Tumoren verursachen können. Rous hat Fibrosarkomen (Bindegewebetumore) aus Hühnchen herausgeschnitten, sie zermahlt, und die Zellen dann mit Zentrifugierung entfernt. Er hat den Überstand durch ein kleinporiges Filter filtriert (wo nicht einmal Bakterienzellen durchgehen können) und dann die filtrierte Lösung in andere Hühnchen injiziert. Ein Sarkom entwickelte sich in den meissten abgeimpften Hühnchen. Man hat später nachgewiesen, dass der infektiöse Agent ein Virus ist, welches nach dem Entdecker Rous-Sarkomvirus (RSV) genannt wurde. Rous hat mehr als 50 Jahre später, im Jahre 1966 den Nobel-Preis für seine Entdeckung bekommen. Es hat sich herausgestellt, dass das RSV ein Retrovirus ist. Das RNA-Genom des Virus wird durch reverse Transkription in doppelsträngige DNA umgeschrieben und ins Hühnchengenom integriert. Die nichttransformierende Retroviren enthalten gag, pol und env Gene, welche die Strukturelemente des Virus, die reverse Transkriptase, und andere Proteine kodieren. Die Tumortransformation-verursachende Retroviren, wie RSV, enthalten noch ein Onkogen, welches im Fall des RSV das v-src (src kommt aus dem Wort sarcome) Gen ist. Der nächste Durchbruch erfolgte im Jahre 1977, wenn Michael Bishop und Harold Varmus gezeigt haben, dass das Genom des Hühnchens und Genome von anderen Tierarten ein mit dem v-src Gen verwandtes Gen enthalten. Dies wurde normales zelluläres Protoonkogen (c-src) genannt, wo „c” die zelluläre Herkunft zeigt, gegenüber „v”, was für „viral” steht. Michael Bishop und Harold Varmus erhielten den Nobel-Preis im Jahre 1989. Diese Entdeckung hat die vorherige Orientierung der Krebsforschung grundlegend verändert, weil es sich herausgestellt hat, dass normale Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 3 Molekularbiologie von Tumor 1.a zelluläre Gene zu Onkogenen umgewandelt werden können. Die meissten onkogenen Retroviren verursachen aber Krebs nicht innerhalb von wenigen Tagen, sondern erst nach Monaten oder Jahren. Diese „langsamen” Viren unterscheiden sich von den „schnellen” Viren (wie zB. RSV) in einem wichtigen Aspekt: sie haben keine Onkogene. „Langsame” Retroviren verursachen Krebs dadurch, dass sie sich in der Nähe von einem zellulären Protoonkogen ins Genom integrieren und die Expression dieses Gens dadurch verändern. FOLIE 12 (2) Humanes Papillomavirus (HPV) hat ein doppelsträngiges DNA-Genom, und greift die Epithelzellen der Haut und Schleimhaut an. Harald zur Hausen hat im Jahre 1976 eine Hypothese publiziert, welche aussagt, das HPV eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Gebährmutterhalskrebs spielt. Im Jahre 1984 hat der deutsche Forscher seine Hypothese auch bewiesen, wofür er 2008 den Nobel-Preis erhielt. Das Virus enthält zwei Onkogene. Das Gen E6 kodiert für ein Protein mit UbiquitinLigase-Aktivität, welche die Degradation von p53 in Proteasomen verursacht (die Rolle von p53 wird später besprochen). Das andere Genprodukt, Protein E7 ist in einer Kompetition mit dem rb-Protein für die Bindung am zellulären E2F. Als Ergebnis wird der zelluläre Faktor freigesetzt, was die Zellteilung stimuliert. Das Epstein-Barr-Virus (Onkogen: LMP-1) und das Hepatitis B Virus (kein Onkogen) sind auch fähig, Tumoren zu verursachen. Das Epstein-Barr Virus (EBV) ist ein humanpathogenes Gammaherpesvirus. Das EBV kodiert für mehrere solche virale Proteine, die Effekte auf die Signalwege des Wirts haben. Eines von denen ist LMP1, welches fähig ist, kultivierte Zellen in Tumorzellen umzuwandeln. Einer der multifunktionellen Effekte von LMP ist die Aktivierung von solchen Genen, welche (1) eine Rolle in der Stimulierung der Zellteilung spielen (zB. EGFR – epidermal growth factor receptor; epidermaler Wachstumsfaktor Rezeptor) und (2) die Apoptose hemmen (zB. Bcl-2). (3) LMP1 aktiviert auch den Transkriptionsfaktor NF- B. EBV ist der Ursachefaktor der B-Zellen-lymphoproliferativen Krankheit und des nasopharyngealen Karzinoms, da es nur mitspielt in der Entwicklung des Burkitt-Lymphoms (zB. zusammen mit Malaria). Kaposi-Sarkom-assoziiertes Herpesvirus (KSHV = human herpesvirus 8; HHV8; Betaherpesvirus) ist ein Kofaktor des Kaposi-Sarkoms (Haut- und Bindegewebekrebs). Kaposi-Sarkom kommt häufig in Patienten mit AIDS vor. KSHV trägt durch mehrere Mechanismen zur Tumorbildung bei. Einige viralen Proteine induzieren in der infizierten Zelle die Produktion von Zytokinen und Wachstumsfaktoren, welche auf die benachbarten, nicht-infizierten Zellen wirken (parakriner Effekt). Weiterhin, KSHV produziert auch mehrere antiapoptotische Proteine (zB. vBcl-2), und das virale Protein LANA stört die Funktion der Rb und p53 Proteine. Hepatitis B Virus (HBV) Eine starke Korrelation existiert zwichen HBV-Infektion und Leberkrebs (hepatozelluläres Karzinom). Die Wirt-Virus-Wechselwirkung löst eine Immunantwort aus, welche Nekrose, Entzündung und dann Regeneration verursacht. Diese Wirkungen bleiben sich in 10% der adulten Patienten dauernd erhalten, was eine chronische Infektion verursacht. Es ist angenommen, dass die erhöhte Fortpflanzungsrate der Zellen und/oder der durch die Entzündung ausgelöste oxidative Stress zu einer Onkogenmutation führt. Die durch das HBV Virus verursachte Entzündung ist ein wichtiger Faktor bei der Entwicklung von Leberkrebs. Das HBV X multifunkzionelles Protein spielt eine wichtige Rolle bei der Karzinogenese; es verursachte Leberkrebs in transgenischer Maus. Das HBV X Protein aktiviert die Protoonkogene in unterschiedlichen Signalwegen: die Kinase-Kaskaden (zB. den RAS-MAPK Weg); NF- B; und es inaktiviert das p53 Protein. Protoonkogene und zelluläre Onkogene FOLIE 13 Wenn sie normal exprimiert werden, nennen wir die zellulären Onkogene Protoonkogene. (Im Fall der viralen Onkogene ist die Tumorbildung die „normale” Funktion, deshalb haben diese keine Protoonkogene.) Die zellulären Protoonkogene können durch zwei Mechanismen in Onkogene umgewandelt werden. (1a) Quantitative Veränderung: Veränderung der Menge von den Protoonkogen-Produkten (Amplifikation des Gens) oder die Erscheinung der Genexpression in solchen Zellen, wo es vorher nicht charakteristisch war (regulatorische Mutation: Promotormutation oder chromosomale Translokation, welche dazu führen, dass das Gen unter die Kontrolle von anderen regulatorischen Elementen gelangt.) Als Ergebnis von diesen Veränderungen wird die Aminosäurezusammensetzung der Proteine in Frage nicht geändert, sie werden „nur” in grösseren Mengen anwesend wie im Normalfall, und sie erscheinen in solchen Zellen, wo sie früher nicht exprimiert worden sind. Transposone des Genoms oder die zell-infizierenden, sich ins Genom integrierenden Viren (Retroviren) können in unterschiedliche Regionen des Gens eingebaut werden. Wenn die Integration in die Regulatorregion erfolgt, dann kann die Genexpression verändert werden, weil die eigenen Promotoren des Virus oder des mobilen Elements die Steuerung der Expression des benachbarten Gens übernehmen können. (1b) Qualitative Veränderung: Verwandlung zum Onkogen durch Mutation. Mutation oder Deletion in der kodierenden Region des Proto-Onkogens, welche zur Aminosäureänderung führt. Das entstandene Onkoprotein ist auch ohne stimulierende Signale aktiv: es schickt ununterbrochen zellteilungstimulierende Signale. Im Folge von chromosomaler Translokation kann ein Fusionsonkoprotein mit neuer Funktion entstehen. Protoonkogene können zum Onkogen werden auch (2) durch nicht-genetische Mechanismen, zB. epigenetische Veränderungen, (Histon-Acetylierung oder –Demethylierung, miRNA-Effekte, usw.) oder durch die Effekte von unterschiedlichen Faktoren (zB. Entzündungsfaktoren, virale Faktoren) auf die Protoonkogene. Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 4 Molekularbiologie von Tumor 1.a Jagd auf Onkogene. FOLIE 14 (1) Etdeckung des c-src Protoonkogens. Bishop und seine Mitarbeiter haben die Existenz des zellulären src Gens mit der folgenden Methode nachgewiesen: Sie haben das v-src Gen aus dem RSV-Virus isoliert und radioaktiv markiert. Die markierten Proben wurden für Hybridisierung mit dem Hühnchengenom verwendet. Die Southern-Blot Analyse hat gezeigt, dass v-src eine homologe zelluläre Version hat (c-src). FOLIE 15 (2) Klonen des humanen Onkogens. Wenn die DNA aus menschlichen Blasentumorzellen (nach Zerbrechen in Stücke von 3050 Tausend Basenpaaren) in kultivierte Mauszellen eingeschleust wurde, die eingeschleuste DNA induzierte Tumor in diesen Zellen. Diese transformierten Mauszellen enthielten etwa eine Million Basenpaare menschlicher DNA, der grösste Teil woraus irrelevant für die Tumorentwicklung ist. Aus den transformierten Mauszellen isolierte man wieder DNA und eine zweite Transformation wurde durchgeführt. In den so erzeugten Tumorzellen war nur die Tumor-verursachende menschliche DNA vorhanden, weil die DNA aus den transformierten Zellen nur noch wenig menschliche DNA enthält, so sind die Chancen darauf gering, dass gleichzeitig mehrere unabhängige, menschliche DNA-Abschnitte in eine Zelle eingebaut werden können (bei der ersten Transformation war diese Chance hoh, weil da man das gesamte menschliche Genom für die Transformation benutzte). Die menschliche und MausDNA können an Hand der Alu-Sequenzen von einander differenziert werden (in der Maus gibt es keine Alu-Sequenzen, im Menschen kommen Alu-Sequenzen zerstreut im ganzen Genom, ein Paar Tausende Basen voneinander entfernt vor). Radioaktiv markiert kann die Alu-Sequenz als Probe für die Hybridisierung mit der - mit Restriktionenzymen zerschnittenen - DNA aus transformierten Mauszellen verwendet werden. Auf dem Southern-Blot ist es sichtbar, dass nach der ersten Transformation noch viele humane DNA-Abschnitte in eine einzige Mauszelle eingebaut wurden (Tumoren entwickeln sich aus einer einzigen Zelle), nach der 2. Transformation wurde(n) aber nur 1 oder gelegentlich 2 Fragmente eingebaut. Wenn wir die DNA-Fragmente aus den unterschiedlichen Klonen miteinander vergleichen, das Fragment gemeinsam in allen Klonen ist das Onkogen, was wir suchen, es muss nur sequenziert werden. Weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass das src Gen in vielen Organismen vorhanden ist, zB. ausser Säugern auch in Insekten. Die Forschungen in Zusammenhang mit dem src Gen führten zur grundlegenden Erkenntnis der Krebsbiologie, dass die Onkogene in der Regel die veränderten Formen der Protoonkogene sind. Wachstumsfaktorsignalwege und Onkogene FOLIE 16 Gruppen der zellulären Protoonkogene (nach ihrer Funktion) (1) Wachstumsfaktoren, (2) Wachstumsfaktorrezeptoren, (3) Signaltransduktionsproteine, (4) Transkriptionsfaktoren, welche durch die Regulierung der Genexpression ihre mitogene (Zellteilung stimulierende) Wirkung ausüben, (5) Zellzyklusregulatoren und (6) viele mikroRNAs. Die meissten Wachstumsfaktorrezeptoren haben Tyrosinkinase-Aktivität. Die Tyrosinkinasen phosphorylieren die Tyrosin Aminosäuren, derweil die Serin/Threonin Kinasen die Serin oder Threonin Aminosäuren eines Proteins. Die Phosphatgruppe kann (a) als Erkennungsstelle für ein anderes Protein (zB. eine andere Kinase) dienen und/oder (b) kann die Raumstruktur des Proteins verändern, dadurch (abhängig vom Proteintyp) das gegebene Protein aktivieren oder inaktivieren. FOLIE 17 Zum Onkogen werden – siehe extra File: 1b. Tumorsuppressorgene FOLIE 19 Es gibt Mechanismen im menschlichen Körper, welche die Teilung der Zellen regulieren und darauf aufpassen, dass die DNA in Ordnung repliziert wird. Diese sind die Tumorsupressorgene, viele von denen die Vermehrung der Zellen als Stopsignale hemmen, die Differenzierung der Zellen helfen und - wenn nötig - Apoptose induzieren. Im Gegensatz der zellulären Onkogenen, wo die normale Funktion auch schon im Fall der Mutation eines einzigen Allels verändert wird, im Fall der Tumorsuppressorgenen ist oft die Mutation (oder epigenetische Veränderung) von beiden Allelen für die Veränderung der Funktion nötig. Dieses Ereignis lä t sich mit der Zweitrefferhypothese erklären. Wenn das hemmende Signal verschwindet, unkontrollierte Zellteilung ist das Ergebnis, was das Merkmal vom Krebs ist. Andere Tumorsuppressorgene spielen bei der DNA-Reparatur eine Rolle. Wenn diese inaktiviert werden, die unreparierten DNA-Mutationen können zum Krebs führen. Das gegebene Tumor kann sporadischer oder genetischer (erblicher) Herkunft sein. (I) Im erblichen Fall, falsche Kopien können von beiden Eltern vererbt werden (solche Embryonen sind aber meisstens Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 5 Molekularbiologie von Tumor 1.a lebensunfähig), oder nur von einem Elternteil. In solchen Fällen erfolgt die Mutation des zweiten Allels schon im Körper des Patienten im embryonalen Alter oder nach dem Geburt. (II) Die nicht-erblichen (sporadischen) Tumoren können auf zwei Wege entstehen: (1) in der Urkeimzelle der Eltern (das ist eigentlich erblich, wir nennen es doch noch sporadisch, weil die Eltern das fehlerhafte Allel nicht tragen); (2) beide Mutationen sind de novo (neu) im Körper des Patienten entstanden. Wenn das gegebene Gen völlig rezessiv vererbt wird, dann kommt die zweite Möglichkeit (2 unabhängige Mutationen) selten vor. Wenn der Person schon ein fehlerhaftes Allel hat, dann ist das Risiko hoch. Erklärung: in den Tumoren ist die Mutationsrate meisstens höher (siehe Kapitel „Moderne Theorien”). FOLIE 20 (1) Zelloberflächenmoleküle Es gibt viele Zelloberflächenmoleküle, die Antagonisten der normalen Zellteilung sind. (a) Transformierender Wachstumsfaktor (TGF)-β Rezeptor übt seine Hemmungsfunktion durch die Stimulierung der Produktion von CDK-Is. (b) Das im Dickdarmkarzinom deletierte Proteinprodukt DCC reguliert Zellwachstum durch die Integration der Signalen aus der zellulären Umwelt. FOLIE 21 (2) Intrazelluläre Signaltransduktionsproteine Diese Moleküle haben hemmende Effekte an den zellulären Protoonkogenen. (a) Neurofibromatose Faktor 1 (NF)-1 und die (b) GTPaseaktivierende Proteine (GAP) aktivieren die GTPase Funktion von Ras. (Nach einer Stimulierung bindet Ras GTP anstatt von GDP, und aktiviert die späteren Komponente des Signalweges. Ras hat eine GTPase Aktivität, so inaktiviert es sich selbst kurz nach der Aktivierung) welches GTP in GDP umwandelt. (c) Adenomatosis polyposis coli (APC) befördert die Degradierung von β-Catenin (die Zellteilung stimulierender Transkriptionsfaktor). (3) Transkriptionsfaktoren Viele Tumorsupressorproteine die sich im Zellkern befinden spielen wichtige Rollen bei der Integration von wachstumsfördernden und wachstumshemmenden Signalen. FOLIE 22 (a) Retinoblastom-Gen (Rb) ist das erste entdeckte Tumorsuppressorgen. Retinoblastom ist ein seltener Krebs im Kindesalter, es kommt mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:20,000 vor. Retinoblastom hat zwei Formen: erblich (familiär; 40%) und nicht erblich (sporadisch; 60%). Die häufigste erbliche Mutation resultiert in ein stummelhaftes Protein. Diese Mutation (entgegen dem rezessiven Charakter der Tumorsuppressorgene) ist dominant mit einer Penetranz um 90%. Im Fall einer vererbten Krankheit (eine fehlerhafte Kopie) treten die Tumoren im frühen Kindesalter in beiden Augen auf. Mehrere, weniger häufige erbliche Retinoblastomen zeigen einen rezessiven Erbgang. Im Fall vom sporadischen Retinoblastom leidet das rb Gen meisstens auch rezessive Mutation, dementsprechend müssen beide Allele für die Tumorentwicklung mutieren. In diesem Fall erscheint die Krankheit erst spät und nur in einer Auge. Vorsicht: in der meissten vorhandenen Literatur ist das erbliche Retinoblastom als eine von rezessiven Allelen kodierte Krankheit diskutiert, was nicht korrekt ist. Das Rb Gen diente als Modell für die Zweitrefferhypothese, wonach die eine fehlerhafte Rb Kopie von den Eltern stammt, und das andere sich erst später entwickelt (die Aussage, nach der die erste Mutation genetische Instabilität verursacht und so kann die 2. Mutation sich leichter ausbilden – ist nicht wahr). Es ist nicht wahr für die häufigste, erbliche Form der Krankheit! Die identifizierten Mutationen sind vorwiegend Deletionen, Frameshift-, Nonsense- oder Missence-Mutationen, welche zur Verderbung der Rb Funktion führen. Da der RB-Weg eine zentrale Rolle bei der Zellzyklusregulierung spielt, die Tumorinitiation kann von jeglicher Mutation ausgelöst werden, welche die Rb-Funktion blockiert, und so durch die Befreiung von E2F möglich macht, das dieser Transkriptionsfaktor die Genexpression auch in der Abwesenheit der Wachstumssignale aktiviert. Bemerkung: Das RB-Protein kontrolliert im Zellzyklus den wichtigen Übergang von der G1 zur S-Phase. Ohne Phosphatgruppen blockiert das RB-Protein den Zellzyklus in der G1-Phase, indem es Transkriptionsfaktoren der E2F-Familie, die für die Einleitung der S-Phase benötigt werden, einfängt und festhält. Obwohl das Rb Gen in allen Gewebetypen exprimiert wird, verursacht die Disfunktion des Gens trotzdem nur Retinoblastom und Krebs in sehr wenigen anderen Gewebetypen. Der Rb-Weg ist aber in den meissten Tumoren inaktiviert (nicht Rb, sondern andere Gene sind betroffen). Weiterhin, der Rb-Weg und selbst das Rb Gen sind Zielpunkte von Tumorviren. FOLIE 23 (b) Das Tumorprotein 53 (p53; kodiert vom Gen p53) wird durch DNA-Verletzung oder Zellstress (Hypoxie, andere Zellzyklusanomalien) aktiviert. p53 kann seine Wirkung auf zwei Wege ausüben: (1) induziert die Transkription von CDK-I p21, welches die Phosphorylierung von Rb durch CDK/Zyklin hemmt. Das phosphorylierte Rb ist für die Transition von der G1 Phase in die S Phase nötig. (2) Wenn der Fehler nicht repariert werden kann, gibt das p53 Protein einen Befehl auf Apoptose aus. In einer gesunden Zelle ist das p53 Protein mit dem MDM2 Protein gebunden (dieses Chaperon sichert die Inaktivität von p53). Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 6 Molekularbiologie von Tumor 1.a P53: repariere oder töte! FOLIE 24 p53 ist ein Tumorsuppressor und proapoptotisches Gen. Es funktioniert nicht in nahezu der Hälfte der humanen Tumoren. Die Aufgabe von p53 ist die DNA- und andere Zellbeschädigungen zu beobachten, und abhängig von dem Grad der Beschädigung eine entsprechende Antwort auszuüben. Wenn der Schaden klein ist, bringt es den Zellzyklus zum Stillstand solange, bis die Reparatur erfolgt, wenn der Schaden gross ist, startet p53 den apoptotischen Weg. Die konventionellen anti-Tumor Therapien (Chemotherapie und Radiotherapie) beschädigen die Tumorzellen nicht direkt, sondern sie verursachen DNA-Brüche, welche das p53-Gen aktivieren. Diese Therapien können dementsprechend in solchen Zellen nicht funktionieren, welche kein funktionsfähiges p53-Gen enthalten. Genaueres über die Rolle von p53 FOLIE 25 – siehe Extra File 1c (4) DNA-Reparaturgene FOLIE 26 (a) BRCA 1 (Breast Cancer Type 1 susceptibility protein) und BRCA2 haben unterschiedliche Genstrukturen, einige Funktionen von den beiden Genprodukten sind aber gemeinsam. BRCA1 und BRCA2 wirken als Tumorsuppressorgene. Molekularbiologische Untersuchungen zeigen, dass BRCA1 und BRCA2 mit RAD51 und p53 Multiproteinkomplexe bilden, die im Zellzyklusarrest und der Induktion von DNA-Reparatur von Brüchen (zB. im Folge von Strahlugen) involviert sind. Ein Funktionsausfall von BRCA1 oder BRCA2 bedingt eine abnormale Regulation von p53 und eine erhöhte genetische Instabilität durch nicht-homologe Rekombination. BRCA1 und BRCA2 wirken somit als „Caretaker” für das Genom. Ihr Funktionsausfall erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass eine Schädigung des Genoms im Sinne einer Tumorinitiation erfolgen kann. FOLIE 27 (b) Xeroderma pigmentosum (XP) Gene. Das Akronym XP steht für Xeroderma pigmentosum, ein autosomal-rezessiv vererbtes Krankheitsbild mit über 1000-fach erhöhtem Risiko für Hauttumoren an sonnenexponierten Stellen. Es beruht auf Mutationen in einem der 7 Gene XPA bis XPG. Diese Gene spielen eine Rolle bei der Reparatur von DNA-Schaden, die im Folge der UVStrahlung und unterschiedlichen chemischen Karzinogene entstehen. Wenn auch die Tumorsuppressorgene (zB. p53) verletzt sind, das Ergebnis ist meisstens Krebsbildung. In dieser Krankheit ist das Risiko der Hautkrebsentstehung mehr als tausendmal höher. Krebs entwickelt sich meisstens in einem Alter unter 10 Jahren. (5) miRNAs können auch als Tumorsuppressoren wirken. Andere Krebsgene FOLIE 28 Neben Mutationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen gibt es eine Reihe von anderen Schlüsselmutationen, welche die Verbreitung von Krebs ermöglichen. Alle involvierten Mutationen sind noch nicht bekannt. Neben dem Beitrag der Onkogenen und mutierten Tumorsuppressorgenen, weitere genomische Mutationen ermöglichen die Invasion von benachbarten Geweben, das Ausweichen dem Immunsystem, die Beschaffung von Blutversorgung, die Disseminierung und Targeting von neuen Stellen, und die Penetration und Reinvasion durch neue Blut- und Gewebeschichte. Nach einer Zeit erfolgt eine erfolgreiche Metastase. Metastase FOLIE 29 Die meissten Zellen ändern sich ihre Position nicht, sie bleiben in der gegebenen Gewebe bis zum Ende ihres Lebens (Ausnahme: zB. die hämatopoetischen Stammzellen); eine Leberzelle bleibt im Leber, und kommt nie in der Lunge vor und verkehrt. Als „Metastase” nennen wir den Prozess, wobei die Tumorzellen von ihrem Entstehungsort zu anderen Stellen des Körpers wandern. Das grundlegende Unterschied zwischen gutartigen und bösartigen Tumoren ist die Fähigkeit auf Metastasierung. Das Risiko der Metastasierung von einem Krebs ist zwar gross, die Chancen einer einzigen Zelle auf das Haftenbleiben ist nur 1 : 10 000. Das primäre Tumor kann meisstens einfach entfernt werden, aber es ist praktisch unmöglich, die mehreren Hunderten oder Tausenden von Metastasen zu entfernen. Leider verbreiten sich mehr als 50% der Tumoren im Körper schon bevor Krebs diagnostisiert wird. Krebszellen konkurrieren mit den normalen Zellen für die Nahrung und Sauerstoff, und verschlechtern die Funktion des befallenen Organs auch auf anderen Wegen. Die unterschiedlichen Tumorarten bleiben an preferierten Stellen haften. Die Ursache der Metastasepreferenzen ist im Blutkreislauf zu suchen. Da das Blut die Tumorzellen transportiert, sie Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 7 Molekularbiologie von Tumor 1.a setzen sich in den zum Krebsgewebe nahelegenden Organen mit einer grösseren Wahrscheinlichkeit. Interessanterweise, 1/3 der Metastasen können nicht mit dem obengenannten Prinzip erklärt werden. – Zum Beispiel, Brustkrebs gibt Metastasen hauptsächlich in die Knochen, was anatomisch nicht begründet ist. Diese Beobachtung erklärt man seit mehr als 100 Jahren mit der „Same und Boden” Theorie, wo die Krebszellen („Samen”) eine optimale Umgebung („Boden”) für ihre Fortpflanzung brauchen. Für die erfolgreiche Metastase treten die Zelloberflächenmoleküle der Tumorzellen mit Molekülen der umliegenden Zellen und der extrazellulären Matrix in Kontakt, und da, wo die Wechselwirkung günstig ist, siedeln sie an. Nach den neuesten Beobachtungen beeinflussen die Rezeptoren an der Wand der Kapillaren den Zielpunkt der metastatischen Zellen. Die Same und Boden Theorie ist von dem Konzept der prä-metastatischen Niche unterstützt, wonach sie Stelle der zukünftlichen Metastase sich so ändert, damit es günstig für das Haftenbleiben der Krebszellen wird. Also es ist eine Vorbereitung mit der Hilfe von nicht-Tumorzellen auf das Empfangen der Tumorzellen. Der molekulare Hintergrund von diesem Prozess ist noch nicht bekannt. Wir wissen soviel, dass die den Knochenmark VEGFR1 Rezeptor (vascular endothelial growth factor receptor 1) exprimierenden blutbildenden Präkursorzellen an den zukünftlichen metastatischen Stellen erscheinen, und Formen die Stelle des zukünftlichen Tumors (Niche). Der Sinn von diesem Prozess könnte sein, dass nach der Bindung von VEGF die VEGFR Rezeptoren schalten Angiogenese-verursachende Signalwege ein. Die gezielte Hemmung der prämetastatischen NicheStellen könnte grossen therapeutischen Wert im Kampf gegen Krebs haben. FOLIE 30 Schritte der Metastasierung: Migration, Intravasation (Eindringen in die Blutgefässe durch die Organen umfassende Grundmembran), Transport durch Blut, Extravasation (Austreten aus dem Kapillar, Eindringen in die Zielorgane), Kolonisierung („Haftenbleiben” im gegebenen Organ), dann Angiogenese (Blutgefässbildung). Die langsamsten Prozesse der Metastase sind die Migration und Kolonisierung. Epigenetische Faktoren FOLIE 31 Vieles ist über die Rolle der epigenetischen Faktoren beim Krebs noch nicht bekannt. Wenn der regulatorische Abschnitt von einem bei der Reparatur von DNA-Fehlern teilnehmenden Gen methyliert wird, das hat Effekte auch auf die Mutationsrate der anderen Gene. Die Methylierung eines rezessiven Protoonkogens kann auch Tumorigenese induzieren, wenn das andere Allel des Gens mutant ist. Die epigenetischen Faktoren regulieren die Expression der Gene durch DNA-Methylierung, oder Histonmethylierung und Acetylierung. Diese Faktoren können den Phänotyp im Fall einer ungeänderten Hintergrund. Zum Beispiel der Brust- und Eierstockkrebs ist wahrscheinlicher im Fall von solchen Frauen, bei denen die erste Menstruation (Menarche) früh erscheint und die Menopause spät kommt, bzw. die kein Kind haben oder nach dem Alter von 30 Jahren Kind bekommen haben. Dieses Phänomen ist wahrscheinlich auf die epigenetischen Effekte von Östrogenen und Progesteron zurückzuführen. Generelle Aspekte FOLIE 32 Dasselbe Allel, andere Mutation, anderer Phänotyp Unterschiedliche Mutationen in demselben Gen können unterschiedliche Phänotypen hervorrufen. Ein gutes Beispiel darauf ist das RET Protoonkogen (RET: rearranged after transfection = umorganisiert nach Transfektion). Die erblichen Mutationen führen zur Typ 2 multiplen endokrinen Neoplasie (MEN: multiple endocrine neoplasia). Die Krankheit ändert sich abhängig davon, wo die Mutation innerhalb des RET Gens erfolgte: MEN-2A, MEN-2B, oder familiärer medullärer Schilddrüsenkrebs. Bemerkung: meisstens ist aber die Lage, dass die Mutation in demselben Gen dieselbe Krankheit verursacht. Nicht alle Genfunktion verderbende Mutation führt zum Krebs, was vorwiegend auf die Protoonkogene wahr ist, wo nur die Mutation einer für eine gegebene Funktion (zB. Ligandbindung) verantwortlichen Domäne Krebs verursacht. FOLIE 33 Anderer Locus, derselbe Phänotyp In vielen Fällen verursacht die Mutation in unterschiedlichen Genen denselben Krebstyp. Zum Beispiel, die Empfänglichkeit für den vererbbaren Brust- und Eierstockkrebs kann durch zwei auf unterschiedlichen Chromosomen liegende Gene: BRCA1 und BRCA2 verursacht werden. FOLIE 34 Autosomal dominante Vererbung Die meissten erblichen Krebskrankheiten werden autosomal (nicht an den Sexchromosomen X, Y) vererbt. Die dominante Vererbung bedeutet, dass ein mutantes Allel für die Erscheinung der Krankheit ausreicht. Im Fall einer kompletten Penetranz manifestiert sich die Krankheit in allen Generationen. Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 8 Molekularbiologie von Tumor 1.a FOLIE 35 Im Fall einer autosomal rezessiven Vererbung müssen für die Krebsentwicklung beide Kopien des betroffenen Gens mutant sein. In den Trägern ist nur ein Allel mutant, deshalb werden sie nicht krank. FOLIE 36 Penetranz Es kommt manchmal vor, dass die Krankheit in einem dominantes Allel tragenden Person nicht exprimiert wird, während in anderen Personen dieselbe Mutation Krankheit verursacht. Das ist der Fall der inkompletten Penetranz. In solchem Fall ist die somatische Mutation des zweiten Allels nötig. Also das eine kranke Allel wird von dem Patienten vererbt (ist in allen Zellen anwesend, verursacht aber keinen Krebs), während die zweite Mutation in irgendwelcher seiner Körperzellen passiert. In der Tat basiert die Zweitrefferhypothese auch meisstens auf Vererbung solcher Typ (und nicht auf die Vererbung eines mutanten Allels und die spätere Mutation eines weiteren Allels). FOLIE 37 Häufigkeit und Gründungseffekt In einigen Populationen ist die Häufigkeit von bestimmten, mit Krebs zusammenhängenden Allelen höher, als in anderen Populationen. Ein Grund dafür kann der sogenannte Gründungseffekt sein, welcher durch das plötzliche gross Wachsen einer kleinen Population verursacht wird. Das kann auch die Abwanderung einer kleinen Population sein, worauf dann Isolation folgt. Isolation kann auch so eine Fortpflanzungsisolierung sein, wenn die Mitglieder einer etnischen Gruppe regelmä ig unter einander heiraten. Ein Beispiel dafür ist der Fall der Ashkenazi (europäischen) Juden. Unter diesen Menschen trägt einer aus 40 Personen die sogenannte 185delAG (AG Dinukleotiddeletion in der 185. Position) im BRCA1 Gen, deshalb kommt unter diesen Leuten der Brust- und Eierstockkrebs mit einer grossen Häufigkeit vor. Grundanforderung Boldogkői Zsolt© 9