VL Biochemie 7

Werbung
Nukleotide und Nukleinsäuren
Prof. Dr. Albert Duschl
Genetischer Code






Der genetische Code entsteht durch die Abfolge
von Basen in der DNA. Dadurch wird die Abfolge
von Aminosäuren in einem Protein codiert.
Der genetische Code ist mit wenigen Ausnahmen
für alle Lebewesen gleich, ein starkes Argument
für eine monophyletische Entstehung des Lebens.
Ausnahmen sind etwa Trypanosomen und
Mitochondrien.
Trypanosomen sind einzellige Parasiten die
z.B. Schlafkrankheit und Chaga's Disease
verursachen.
In Mitochondrien kann sich der genetische Code je
nach Ursprungsorganismus unterscheiden.
Die Veränderungen gegenüber dem generellen
Code betreffen aber jeweils nur wenige
Buchstaben des Codes.
© Alberts et al.: Molecular Biology of the Cell
Codons







4 Basen codieren für 20 proteinogene Aminosäuren - geht so nicht.
16 Basenpaare (42) codieren für 20 proteinogene Aminosäuren - geht auch nicht.
64 Basentripletts (43) codieren für 20 proteinogene Aminosäuren - diese Lösung ist
verwirklicht worden. Die Basentripletts nennt man Codons.
Der genetische Code ist damit degeneriert: In den 64 Codons steckt weniger
Information als maximal möglich.
Die Codons sind nicht gleichmässig auf die Aminosäuren verteilt. Für Leucin, Arginin
und Serin codieren jeweils 6 verschiedene Codons. Für Methionin und Tryptophan
gibt es jeweils nur ein einziges Codon. Die anderen Aminosäuren haben 2, 3 oder 4
Codons.
Drei Codons signalisieren das Ende eines Gens und codieren nicht für eine
Aminosäure (STOP-Codons).
Der Beginn eines Gens wird von dem Codon AUG (ATG) definiert, das allerdings
gleichzeitig noch für Methionin codiert (START-Codon).
Ursprung des Lebens



Wir würden denken daß die
Entstehung des Lebens mindestens
drei Elemente benötigt:
Membranen, um die komplexen
Reaktionen von der Umwelt
abzuschirmen
Katalysatoren, um die Reaktionen zu
beschleunigen
Informationsüberträger, um
Selbstreproduktion zu ermöglichen
Das schwierigste daran ist der letzte
Punkt, denn wir benötigen ja Proteine
um DNA zu machen, die dann für
Proteine codiert … ein Henne / Ei Problem.
© Sidney Harris: Einstein simplified
Molekularbiologisches Dogma








DNA makes RNA makes Protein.
Eine Ausnahme sind manche Viren, die RNA als
Erbmaterial verwenden und in der Zelle daraus
wieder DNA machen (reverse Transkriptase).
Der Sinn von DNA ist, daß diese Form stabiler und
weniger von chemischen Agenzien angreifbar ist als
RNA. Sie eignet sich daher besser als dauerhafter
Informationsspeicher.
Für den Ursprung des Lebens vermutet man eine
"RNA-Welt", seit man festgestellt hat daß bestimmte
RNAs enzymatische Eigenschaften aufweisen.
Die allererste Version des molekularbiologischen
Dogmas könnte also gelautet haben: RNA makes
RNA.
Replikation: DNA-Verdopplung.
Transkription: RNA-Synthese an der DNA-Matritze.
Translation: Proteinsynthese an der RNA-Matritze.
© Alberts et al.: Molecular Biology of the Cell
RNA-Welt



Die RNA-Welt klingt sehr überzeugend
und wird heute für ein wahrscheinliches
Szenario gehalten. Im Detail gibt es
allerdings offene Fragen. Beispielsweise
benötigen einige Komponenten des
RNA Oxidierungen in der Synthese. Wie
geht das genau, wenn die Atmosphäre
Sauerstoff-frei war?
Die ersten relevanten Moleküle waren
sicher noch nicht so wie die heute
vorliegenden RNAs, sondern hatten eine
heterogenere Zusammensetzung.
Wichtig ist dass die Komponenten
abiotisch produziert vorlagen. (Ich
glaube nicht dass sie vom Mars kamen:
Man bräuchte schon eine Menge
Chemikalien dafür.)
© Science 343:259 (2014)
Basen, Desoxyribose, Phosphorsäure




Die Bestandteile der DNA sind Purinbasen
(Adenin, Guanin) und Pyrimidinbasen
(Thymin, Cytosin), die jeweils an
Desoxyribose gebunden sind.
Base + Desoxyribose: Nukleosid
Die Nukleoside werden untereinander
durch Phosphorsäure zusammengehalten.
Base + Desoxyribose + Phosphorsäure:
Nukleotid
© all figures Stryer: Biochemistry
Basenpaarung






Es paart sich immer ein Purin mit
einem Pyrimidin, und zwar
Adenin mit Thymin und
Guanin mit Cytosin.
A:T ist in einer DNA daher immer
gleich und C:G auch, aber A+T:C+G
kann unterschiedlich sein.
DNA hat ein 5'- und ein 3'-Ende.
Warum ist DNA eine Säure?
© both figures Stryer:
Biochemistry
Nukleotide





Nukleotide haben ähnlich wie die
Aminosäuren eine 1- und einen
3-Buchstaben-Code.
Beachten Sie die
unterschiedlichen Bezeichnungen
für
Basen
Nukleoside
Nukleotide
© Voet/Voet/Pratt: Lehrbuch der Biochemie
DNA-Replikation





Erstes Problem: DNA-Replikation muß die
Basenpaarung erhalten, d.h. ein A muß wieder mit
einem T paaren.
Das ist nicht so problematisch, weil nur für die richtigen
Basen eine Basenpaarung möglich ist. Komplementäre
Basensequenzen können auch spontan die
Doppelhelix bilden.
Zweites, schwierigeres Problem: Die Reihenfolge der
Basen darf nicht verändert werden.
Lösung: Die Wasserstoffbrücken zwischen den Basen
werden durch spezifische Enzymkomplexe gelöst und
jeder der beiden Einzelstränge dient als Matritze für
die Neusynthese eines Tochterstrangs.
Die DNA-Synthese ist damit semikonservativ.
Die zwei neuen Tochter-DNAs enthalten also jeweils
einen alten Originalstrang und einen neu
synthetisierten Strang.
© both figures Nelson/Cox: Lehninger
Principles of Biochemistry
Replikationsmechanismus




Die DNA-Synthese läuft immer von 5'
nach 3'.
Damit kann an einem Strang die
Synthese glatt durchlaufen, am
anderen erfolgt sie in Stücken von ca.
1000 bp Länge (Okazaki-Fragmente),
die später durch Ligasen verbunden
werden.
Der 5' → 3' synthetisierte Strang wird
leading strand genannt, weil die
Synthese schneller erfolgt.
Der 3' → 5' synthetisierte Strang ist
wegen der verzögerten Synthese der
Okazaki-Fragmente und der
notwendigen Auffüllung durch DNA
Ligase später fertig: lagging strand.
© Stryer: Biochemistry
DNA-Mutationen






Den Sinn des Lebens erfahren Sie erst in einer späteren Vorlesung, aber hier ist der
Sinn des Todes:
Die DNA-Polymerase ist ein sehr exakt arbeitendes Enzym. Sie macht nur ca. alle
108 Nukleotide einen Fehler bei der Replikation. Das menschliche Genom besteht
aber aus 3 x 109 Basenpaaren. Fehler sind also unvermeidlich.
Die DNA mutiert ausserdem somatisch u.a. durch chemische Agenzien, UV-Licht,
radioaktive und andere hochenergetische Strahlung (wichtig: 40K), oder durch
Radikale die in vielen zellulären Prozessen entstehen.
DNA degeneriert also mit zunehmender Lebensdauer immer weiter. Um zu
vermeiden daß sich Individuen mit zu sehr geschädigter DNA noch fortpflanzen oder
mit jüngeren Individuen weiter kompetieren, hat die Evolution Gegenmechanismen
hervorgebracht: Menopause und Tod. Für das Fortbestehen der Gene ist das
nützlich und Evolution erfolgt auf der Ebene der Gene ("selfish gene").
Tod ist ein vorgeplanter Prozess. Die freien Enden der Chromosomen bestehen aus
hochrepetitiver, nicht codierender DNA (Telomere). Durch den semikonservativen
Mechanismus verkürzen sie sich mit jeder Zellteilung. Die Lebensdauer des
Individuums wird durch die Zahl der möglichen DNA-Replikationen begrenzt.
Nur wenige Zellen, etwa Keimbahnzellen oder bestimmte Tumore besitzen
Telomerase, ein Enzym das kurze Telomere wieder verlängert.
Telomere



Telomere verkürzen sich mit jeder
Zellteilung, weil die DNA-Polymerase eine
RNA-Matritze benötigt um mit der Synthese
zu beginnen. Diese RNA-Matritze wird am
Ende des Replikationsvorgangs abgebaut
und die betreffende DNA-Sequenz geht am
5'-Ende verloren.
Das Enzym Telomerase bringt eine RNA
als Matritze mit und kann die Telomere so
wieder verlängern.
Es ist also prinzipiell durchaus möglich, die
Chromosomenenden wieder zu verlängern.
Telomerase wird jedoch in normalen
Körperzellen nicht exprimiert. Zelltod durch
Chromosomenverkürzung ist daher ein
biologisch geplanter Prozess.
© Löffler/Petrides: Biochemie und Pathobiochemie
DNA-Schädigungen


Einige der Mechanismen durch die DNA geschädigt
werden kann. Es gibt zahlreiche verschiedene Arten
von DNA-Defekten.
Diese Schäden können z.T. repariert werden, aber
nicht immer.
© all figures Nelson/Cox:
Lehninger Principles of Biochemistry
Cytostatika



DNA-Schädigung kann auch
beabsichtigt sein, und zwar in der
Tumortherapie.
Cytostatika hemmen in der Regel die
DNA-Replikation. Alkylantien und
Interkalatoren modifizieren DNA so, daß
Replikation und Transkription behindert
werden. Antimetabolite hemmen die
Produktion von DNA-Vorstufen, die von
schnell wachsenden Zellen in höherer
Anzahl benötigt werden.
Ebenso wie bei der Strahlentherapie ist
neben der direkten Beschädigung
schnellwachsender Zellen auch die
Einleitung von Apoptose in diesen Zellen
ein erwünschter Effekt.
© Koolman/Röhm: Taschenatlas der Biochemie
DNA/RNA





DNA enthält Desoxyribose, RNA
enthält Ribose.
RNA enthält Uracil statt Thymin, sonst
werden die gleichen Basen verwendet.
Der Grund ist, daß Cytosin zu Uracil
desaminiert werden kann. Wenn DNA
Uracil verwenden würde, gäbe es
keine Möglichkeit diesen Fehler wieder
zu korrigieren.
Andererseits kostet die Synthese von
Thymin aus Uracil Energie. Da in RNA
nichts repariert wird, ist dieser
Aufwand unnötig.
Genauso wird die im Stoffwechsel
anfallende Ribose verwendet, anstatt
der stabileren aber eigends dafür
synthetisierten Desoxyribose.
© Nelson/Cox: Lehninger Principles of Biochemistry
RNA als Enzym


Produktrepression ist eine übliche Art der
Kontrolle von proteinvermittelter
Genexpression. Der Tryptophanrepressor
von E. coli (oben) ist ein Lehrbuchbeispiel.
Die Glucosamin-6-Phosphat Repression in
B. subtilis funktioniert durch Bindung des
Produkts an eine 75 b Sequenz in der
mRNA, was eine 1000fach verstärkte
Selbstspaltung der mRNA durch ein
Ribozym auslöst. Sie erinnern sich –
RNA kann ein Enzym sein!
T.R. Cech, Nature 428:263-264 (2004)
RNA – eine wachsende Familie


RNA war früher eine einfache Sache:
mRNA, tRNA, rRNA. In den letzten
Jahren sind immer neue funktionelle
Varianten von RNA und neue
Aufgaben hinzugekommen.
Bei den unten gezeigten Petunien
sind z.B. die siRNAs (RNAi) entdeckt
worden: In weissen Bereichen wird
dadurch die Entwicklung von Farbe
verhindert.
Both figures:
H. Grosshans and
W. Filipowicz:
Nature 451:414415 (2008)
An Apple a Day




„Eat food. Not too much. Mostly
plants.“ Michael Pollan: In defence of
food.
Richtige Ernährung vermindert
Alterungserscheinungen (An apple a
day keeps the doctor away).
Die Vorteile des Apfels lassen sich
nicht auf Radikalfänger reduzieren,
Vitaminpillen sind daher bestenfalls
wirkungslos und eventuell sogar
schädlich (Cochrane Database of
Systematic Reviews 2008, 2); bleiben
Sie also lieber beim Apfel.
Gegen die Telomerenverkürzung sind
wir allerdings machtlos.
© Lukas Cranach der Ältere, "Adam und Eva"
Uffizien, Florenz
Herunterladen